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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
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Die Rechtsgrundlage für den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.10.2003 findet sich in §§ 48, 49 a LVwVfG. Das Landesverwaltungsverfahrensgesetz und nicht das SGB X ist anwendbar, weil es an einer Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X fehlt, durch die das SGB X für die Durchführung des Grundsicherungsgesetzes für anwendbar erklärt wird (vgl. Renn in Lehr- und Praxiskommentar , 1. Auflage 2003, Anhang 1 Rdnr. 4).
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Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn das Vertrauen des Begünstigten nicht schutzwürdig ist (§ 48 Abs. 2 LVwVfG) und die Behörde rechtzeitig handelt (§ 48 Abs. 4 LVwVfG).
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Die Bewilligungsbescheide vom 25.02.2003, 24.06.2003 und 11.07.2003, durch die der Klägerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz bewilligt wurden, sind von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin wegen der Höhe ihres Vermögens keine Leistungen nach diesem Gesetz zustanden.
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Nach § 3 Abs. 2 GSiG gelten für den Einsatz des Einkommens und des Vermögens im Rahmen der Grundsicherung die §§ 76 bis 88 BSHG entsprechend. Nach § 88 Abs. 1 BSHG gehört zum Vermögen das gesamte verwertbare Vermögen. Zweifel an der Verwertbarkeit des von der Klägerin längerfristig, mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten, angelegten Geldes im Sinne des § 88 Abs. 1 BSHG bestehen nicht. Es auch gibt keine Vorschriften, die ausdrücklich bestimmen, dass Vermögen, das aus Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung angespart wurde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen sei.
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Von den in § 88 Abs. 2 BSHG geregelten Fällen trifft nur dessen Nr. 8 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes zu. Danach hat die Klägerin kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte nur dann einzusetzen, wenn sie den Betrag von 2.301 EUR übersteigen. Eine Erhöhung dieses Betrages nach § 2 der oben zitierten Verordnung ist nicht möglich. Dies würde bei der Klägerin das Bestehen einer besonderen Notlage voraussetzen, welche aber nicht erkennbar ist.
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Über den Betrag von 2.301 EUR hinaus darf die Grundsicherung nur dann nicht vom Einsatz des Vermögens der Klägerin abhängig gemacht werden, wenn dies für die Klägerin eine besondere Härte darstellen würde. Die Klägerin hatte im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide darüber hinausgehendes Vermögen.
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Die Kammer konnte zwar auch in der mündlichen Verhandlung keinen vollständigen Eindruck von den Vermögensverhältnissen der Klägerin gewinnen. So ist weiter unklar geblieben, ob das von der Klägerin auszugsweise in Kopie und in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Sparbuch der Sparkasse eine vollständige Auskunft über das Vermögen der Klägerin gibt. Zweifel bestehen deshalb, weil weiterhin nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Auskunft des Bundesamtes für Finanzen richtig ist, wonach der Klägerin im Jahr 2002 von der Postbank Zinsen in Höhe 334,-- EUR zugeflossen sind. Diese Zinszahlung und die Zinsen von der Sparkasse könnten auch auf ein höheres Vermögen hindeuten, als es im Sparkassenbuch ausgewiesen ist. Handelt es sich bei der Angabe des Bundesamtes für Finanzen zu den Zinsen von der Postbank um einen Irrtum, ließe sich dieser leicht aufklären, wenn die Klägerin endlich dabei mitwirken würde. Ihre Mitwirkung läge auch in ihrem eigenen Interesse, denn die Frage der Höhe ihres Vermögens wird sich wieder stellen, wenn die Klägerin in naher Zukunft einen neuen Antrag auf Grundsicherung stellen wird. Von Seiten des Gerichts kann der Klägerin nur dringend geraten werden, der Beklagten zu ermöglichen, selbst eine Auskunft von der Postbank und der Sparkasse einzuholen.
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Für die Entscheidung des vorliegenden Falles reichen die Kenntnisse des Gerichts über die Höhe des Vermögens der Klägerin aber noch aus. Aufgrund des vorgelegten Sparkassenbuches kann die Kammer davon ausgehen, dass die Klägerin am 01.01.2003 ein Vermögen in Höhe von mindestens 10.000 EUR hatte, dieses im September 2003 mindestens 10.554,89 EUR und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mindestens 3.900,--EUR betrug.
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Der Einsatz des Vermögens der Klägerin für ihren Lebensunterhalt, soweit es einen Betrag in Höhe von 2.301 EUR überstieg bzw. noch übersteigt, stellt keine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 GSiG dar. Eine Härte liegt nicht deshalb vor, weil die Klägerin ihr Vermögen aus Leistungen der ergänzenden Sozialhilfe gespart hat. Die Sozialhilfe (vgl. § 11 BSHG) wie auch die Grundsicherung (vgl. § 1 GSiG) dienen als Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts der Abdeckung eines aktuellen Bedarfs. Das Verlangen, die Mittel hierfür auch einzusetzen, bedeutet regelmäßig keine Härte. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich der Hilfeempfänger bzw. der Empfänger von Leistungen der Grundsicherung einen finanziellen Freiraum nur innerhalb der Vermögensgrenzen der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes verschaffen können. Für den Einsatz des Vermögens gilt nur dann etwas anderes, wenn die Einkünfte, aus denen das Vermögen gebildet wird, einem anderen Zweck zu dienen bestimmt sind als der Sicherung des Lebensunterhalts und nur solange, als dieser Zweck auch noch erreicht werden kann. So hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 04.09.1997 - 5 C 8/97 -, BVerwGE 105, 199 = FEVS 48, 4) entschieden, dass der Einsatz von Vermögen, das aus dem Erziehungsgeld erspart wurde, wegen dessen besonderer Zweckbestimmung eine Härte darstellt, aber auch nur solange es um den Zeitraum geht, für den Erziehungsgeld gezahlt wird. Der Einsatz von ersparter Sozialhilfe über den kleineren Barbetrag des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG hinaus ist regelmäßig keine Härte (a.A. bei einer nicht zu hohen Überschreitung des geschützten Barbetrags: Schoch in LPK-GSiG a.a.O. § 3 Rdnr. 162). Die Klägerin hat auch keinen konkreten Verwendungszweck für ihr Vermögen genannt, das seinen Einsatz ausnahmsweise zu einer Härte machen könnte.
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Das im Zeitpunkt des Ergehens der aufgehobenen Bewilligungsbescheide von der Klägerin einzusetzende Einkommen und Vermögen (mindestens 7699,- EUR) überstieg ihren Bedarf nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 GSiG. Für den Vermögenseinsatz ist wie im Recht der Sozialhilfe darauf abzustellen, ob der einzusetzende Teil gegebenenfalls zusammen mit dem einzusetzenden Einkommen den Bedarf im Bedarfszeitraum, der regelmäßig einen Kalendermonat umfasst, deckt. Zwar wird die Grundsicherung nach § 6 GSiG anders als in der Sozialhilfe regelmäßig für den Zeitraum eines Jahres (vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres) bewilligt. Es fehlt aber eine Regelung, wie sie etwa das Bundesausbildungsförderungsgesetz in seinem § 30 enthält, wonach das einzusetzende Vermögen auf die Kalendermonate des Bewilligungszeitraums aufzuteilen ist. Grundsicherungsleistungen werden wie Leistungen der Sozialhilfe erst dann bewilligt, wenn die Hilfebedürftigkeit eingetreten ist.
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Ein Vertrauen der Klägerin auf den Fortbestand der aufgehobenen Bewilligungsbescheide ist nicht schutzwürdig. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG). Dies war hier der Fall. Die Klägerin hat die Frage im Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vermögen mit "Kein Vermögen" beantwortet. Diese Angabe ist nach den obigen Ausführungen falsch. Mit dieser falschen Angabe hat sie die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen bewirkt. Hätte sie richtige Angaben gemacht, wäre ihr Antrag auf Grundsicherungsleistungen mit Sicherheit abgelehnt worden. Für den Ausschluss des Vertrauens ist es nicht erheblich, ob die falsche Angabe auf einem Verschulden der Klägerin beruht (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage 1998, § 48 Rdnr. 161).
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Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide lag somit im Ermessen der Beklagten. Ermessensentscheidungen können vom Verwaltungsgericht nur eingeschränkt überprüft werden (vgl. § 114 VwGO). Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn die Behörde ein ihr zustehendes Ermessen nicht ausübt (Ermessensnichtgebrauch) oder die im Ermessenswege verhängte Rechtsfolge von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt ist (Ermessensüberschreitung). Ein Ermessenfehler liegt auch dann vor, wenn sich die Behörde von sachfremden Erwägungen leiten lässt, sie den Zweck des Gesetzes verkennt, sie nicht von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgeht oder sie einem Gesichtspunkt ein Gewicht beimisst, das ihm objektiv nicht zukommen kann (Ermessensfehlgebrauch).
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Maßgeblich ist die im Widerspruchsbescheid der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung. Dieser lässt im Gegensatz zu dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid auch erkennen, dass sich die Beklagte bewusst war, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen. Die Erwägung der Beklagten, die Gewährung von Grundsicherungsleistungen für die Zukunft habe eingestellt und - was nicht ausdrücklich in der Begründung erwähnt ist -, der Bewilligungsbescheid habe entsprechend für die Zukunft aufgehoben werden dürfen, ist nicht zu beanstanden. Denn es ist kein Grund erkennbar, der es hier gebieten würde, rechtswidrige Leistungen auch noch in der Zukunft zu erbringen. Da es dem Anliegen des Gesetzgebers regelmäßig entspricht, rechtswidrige Bescheide aufzuheben und rechtmäßige Zustände wiederherzustellen, wenn nicht Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, ist auch die Ermessensentscheidung der Beklagten über die Aufhebung der Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit nicht zu beanstanden, zumal da die Klägerin keine Gesichtspunkte vorgetragen hat, die nicht schon bei Entscheidung der Frage, ob eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG vorliegt, von der Beklagten geprüft wurden.
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Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten. Dies ist hier offensichtlich, da sie bereits in dem Kalenderjahr zurückgenommen wurden, in dem sie erlassen wurden.
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Die Rückforderung der bereits ausbezahlten Leistungen der Grundsicherung folgt zwingend aus § 49 a Abs. 1 LVwVfG. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Leistung gewährt, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Eine Entreicherung der Klägerin (§ 49 a Abs. 2 LVwVfG) war jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht eingetreten. Die Klägerin hatte sich durch die Leistung von Grundsicherung die Ausgabe ihres eigenen Vermögens in entsprechender Höhe erspart. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2003 wies ihr Vermögen noch eine Höhe auf, die weit über den zurückgeforderten 5463,27 EUR lag.
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Dem Einstellungsbescheid vom 29.10.2003 kommt neben dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 29.10.2003 rechtlich keine eigene Bedeutung mehr zu. Die Einstellung der Grundsicherungsleistungen ist schon Folge der Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 11.07.2003, der den Zeitraum bis zum 30.06.2004 regelte. Ohne Bewilligungsbescheid besteht kein Anspruch auf Leistungen. Anders als im Bereich der Sozialhilfe, wo Sozialhilfe regelmäßig monatlich bewilligt und durch einen Einstellungsbescheid zum Ausdruck gebracht wird, dass die Sozialhilfe für die Folgemonate nicht mehr bewilligt wird, erfasst ein Bewilligungsbescheid im Recht der Grundsicherung regelmäßig einen längeren Zeitraum (nach § 6 GSiG den Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres). In einem laufenden Bewilligungszeitraum ist es dann bei der Grundsicherung mit dem Erlass eines "Einstellungsbescheides" nicht getan. Soll die Auszahlung von Grundsicherungsleistungen für die Zukunft vermieden werden, kann dies nur dadurch geschehen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 LVwVfG der rechtswidrige Bewilligungsbescheid aufgehoben wird. Es ist auch daran zu denken, dass der Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid aufschiebende Wirkung hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Das Gericht macht von der Möglichkeit, die Entscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch.
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