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| Die Antragstellerin befindet sich in einer Ausbildung zur Erzieherin. Seit dem 27.09.2010 besucht sie das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten der ...-Schule in A. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolviert sie an einem Kindergarten in X. Die Antragstellerin wohnt in X, ihre Mutter in Y und ihr Vater in Z. |
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| Die Antragstellerin stellte am 21.10.2011 beim Landratsamt C einen Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung. |
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| Das Landratsamt C lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.11.2010 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 2 Abs. 1a BAföG werde der Besuch einer Berufsfachschule nur gefördert, wenn der Auszubildende aus einem von dieser Vorschrift anerkannten Grund nicht bei seinen Eltern wohne. Diese Gründe lägen nicht vor. Insbesondere sei von der Wohnung der Mutter eine Ausbildungsstätte, nämlich das Berufskolleg für Praktikantinnen der ... in Y erreichbar, die mit Ausbildungsstätte vergleichbar sei, die von der Antragstellerin besucht werde. Soziale Gründe, die die Verweisung des Auszubildenden auf das Elternhaus unzumutbar machten, könnten nicht berücksichtigt werden, weil die in § 2 Abs. 1a Satz 2 BAföG vorgesehene Rechtsverordnung der Bundesregierung nicht erlassen worden sei. |
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| Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 22.11.2010 am 23.11.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, ihr sei es unmöglich, bei ihrer Mutter zu wohnen. Dasselbe gelte auch für ihren Vater. … Sie wohne seit über einem Jahr in X und führe einen eigenen Haushalt. Nach langer Suche habe sie jetzt endlich einen Ausbildungsplatz gefunden, der ihr viel Freude bereite. |
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| Das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesamt für Ausbildungsförderung - wies den Widerspruch der Antragstellerin mit Bescheid vom 15.12.2010 zurück. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit der des Bescheides des Landratsamtes C. Der Widerspruchsbescheid wurde der Antragstellerin am 17.12.2010 zugestellt. |
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| Die Antragstellerin hat am 05.01.2011 (1 K 15/11) Klage erhoben und den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, bis Juni/Juli 2009 habe sie bei ihrem Vater in Z gewohnt. Bei ihrer Mutter habe sie nie gewohnt. … Der Umzug nach X sei im Rahmen einer Ausbildung zur ... erfolgt, für die sie Berufsausbildungsbeihilfe der Agentur für Arbeit erhalten habe. |
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| Es werde komplett ignoriert, dass sie seit einem Jahr mit ihrem Lebenspartner, der in X integriert sei, in einer eheähnlichen Gemeinschaft wohne und einen eigenen Haushalt führe. Sie könne nicht gezwungen werden sich von ihrem zukünftigen Ehemann zu trennen und wieder zu ihrer Mutter zu ziehen. |
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| Die Antragstellerin beantragt (sachdienlich formuliert), |
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| dem Antragsgegner im Wege der einsteiligen Anordnung aufzugeben, ihr für den Besuch des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten der ... Schule in A Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung in gesetzlicher Höhe zu leisten. |
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| Der Antragsgegner beantragt, |
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| Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit der des angefochtenen Bescheides. |
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| Der Kammer haben die Akten der Antragstellerin beim Landratsamt C und beim Regierungspräsidium Stuttgart sowie die Gerichtsakte aus dem Klageverfahren vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte aus dem vorliegenden Eilverfahren verwiesen. |
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| Der zulässige Antrag ist nicht begründet. |
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| Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO, dass ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch) und dass die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund). |
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| Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. |
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| Der Förderung der Ausbildung der Antragstellerin steht § 2 Abs. 1a Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 BAföG entgegen. Das von der Antragstellerin besuchte Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten wurde in den angefochtenen Bescheiden zu Recht als Berufsfachschule i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG eingeordnet. Diese Ausbildung ist nach den entsprechenden Schul- und Prüfungsordnungen eine eigenständige Ausbildung, die bei der Einstufung der Ausbildungen in das System des § 2 Abs. 1 BAföG isoliert und nicht im Zusammenhang mit der nachfolgenden Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher zu betrachten ist. Die Ausbildung als Praktikantin ist in der Schul- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg) über die Ausbildung und Prüfung an den Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten (BKPR) geregelt, die in Form einer Schulversuchsbestimmung (Schulversuchsbestimmung vom 13.04.2010, 41-6623.1-01/29) erlassen wurde (im Folgenden SuPOBKPR). Nach § 1 Abs. 1 SuPOBKPR bereitet das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten auf eine Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik vor. Der Besuch des Berufskollegs wird nach § 13 SuPOBKPR durch eine Prüfung abgeschlossen. Schon die Regelung dieses Berufskollegs in einem eigenen Regelungswerk und der Abschluss des Besuchs durch eine Prüfung sprechen für den eigenständigen Charakter der Ausbildung (vgl. zum Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten aufgrund einer früheren Schulversuchsregelung: Urteil der Kammer vom 03.04.2004 - 1 K 2020/03 - ). Die Eigenständigkeit des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten gegenüber dem Besuch der Schule für Sozialpädagogik folgt auch aus den Regelungen für die zuletzt genannte Schulart. Die Regelungen finden sich in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Kultusministeriums für die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik - Berufskolleg (im Folgenden AuPOSP), die in Form einer Schulversuchsbestimmung (Schulversuchsbestimmungen vom 09.03.2004, 41-6623.28/132, zuletzt geändert am 08.09.2010, 41-6623/179) erlassen wurden. Diese Schulversuchsbestimmungen dürften zumindest weitgehend an die Stelle der Erzieherverordnung vom 13.03.1985 (GBl. 1985 S. 57, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23.08.2007 - GBl. S. 397) getreten sein, die das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten auch in ihrer aktuellen Fassung als Zugangsvoraussetzung für den Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik nicht kennt (vgl. § 4 ErzieherVO). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2b AuPOSP ist der erfolgreiche Abschluss des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten nicht Teil des Besuchs der Fachschule für Sozialpädagogik, sondern eine Aufnahmevoraussetzung für den Besuch dieser Fachschule. |
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| Ausbildungsförderung für den Besuch des Berufskollegs für Praktikantinnen und Praktikanten wird nach § 2 Abs. 1a Satz 1 BAföG nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und dies aus den in dieser Vorschrift aufgezählten Gründen der Fall ist. Da die Antragstellerin nicht verheiratet ist und auch kein Kind hat, scheiden die Gründe des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 und 3 BAföG ohne Weiteres aus. |
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| § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG setzt voraus, dass, von der Wohnung der Eltern aus gerechnet, eine zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Aus dem Zusammenhang mit § 2 Abs. 1a Satz 2 BAföG wird deutlich, dass § 2 Abs. 1a Nr. 1 BAföG die Wohnung der Eltern nur als örtlichen Bezugspunkt aufnimmt und es nicht darauf ankommt, ob es dem Auszubildenden zumutbar ist, auch bei den Eltern zu wohnen. Dafür in Betracht kommende „schwerwiegende soziale Gründe“ können nach § 2 Abs. 1a Satz 2 BAföG nur berücksichtigt werden, wenn die Bundesregierung die in dieser Vorschrift vorgesehene Rechtsverordnung erlassen hat, was indes nicht der Fall ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 17.02.2003 - 7 S 1895/02). Das Bundesausbildungsförderungsgesetz gibt dem Amt für Ausbildungsförderung nicht die Möglichkeit die von der Antragstellerin vorgetragenen sozialen Gründe zu berücksichtigen. Für die Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG kommt es nur darauf an, ob sich die von dem Auszubildenden gewählte Ausbildungsstätte und diejenige, die von der Wohnung der Eltern aus in einem zumutbaren zeitlichen Aufwand erreichbar ist, entsprechen. |
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| Die Antragstellerin besucht das Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten an der ...-Schule in A Ein Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten gibt es auch am Wohnort der Mutter der Antragtragstellerin in Y. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass sich eine Schule, die sich am Wohnort der Mutter befindet, von der Wohnung der Mutter aus mit einem zumutbaren zeitlichen Aufwand erreichen lässt. |
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| Die Kammer geht davon aus, dass die Wohnung der Mutter der Antragsstellerin im Sinne des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG zur Verfügung steht. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg führte dazu in seinem Urteil vom 27.08.2003 (- 7 S 1652/02 - juris Rdnr. 21) das Folgende aus, dem sich die Kammer anschließt: |
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| „Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter dem Begriff "Wohnung der Eltern" im Ausbildungsförderungsrecht regelmäßig die Räumlichkeiten zu verstehen, in denen die Eltern des Auszubildenden oder der maßgebliche Elternteil - … - ihre nicht nur vorübergehende, sondern auf eine gewisse Dauer abzielende Unterkunft nehmen, unabhängig davon, ob sie Willens sowie tatsächlich und rechtlich in der Lage sind, den Auszubildenden bei sich aufzunehmen, oder ob zwischen dem Auszubildenden und seinen Eltern/dem Elternteil noch ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1986, BVerwGE 74, 260; Urteile vom 27.02.1992, NVwZ 1992, 887, und vom 17.02.1993, FamRZ 1993, 1005). In der bis zu dem Urteil vom 27.02.1992 ergangenen Rechtsprechung hatte das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen, ob der Begriff "Wohnung der Eltern" auch dann zu bejahen wäre, wenn die Eltern aus zwingenden persönlichen Gründen nicht mehr die Möglichkeit haben, über ihre Wohnverhältnisse frei zu bestimmen, wie beim Aufenthalt in einem Pflegeheim oder in einer vergleichbaren Lage, und wenn das Wohnen des Auszubildenden bei seinen Eltern an solchen oder anderen rechtlichen Hindernissen, wie sie in Tz 12.2.6 BAföGVwV Fassung 1980 (vgl. nunmehr Tz 2.1a.6 VwV Fassung 2001) angeführt sind, scheitert. In dem Urteil vom 27.02.1992 hat das Bundesverwaltungsgericht dahin entschieden, dass die gemeinsame Wohnung eines geschiedenen aber wiederverheirateten Elternteils und seines neuen Ehepartners jedenfalls dann nicht mehr als "Wohnung der Eltern" eines volljährigen Auszubildenden angesehen werden kann, wenn der neue Ehepartner die Aufnahme des Auszubildenden in diese Wohnung berechtigt ablehnt. Denn in derartigen Fällen könne der Gesetzgeber nach der von ihm selbst geschaffenen Rechtsordnung gerade nicht davon ausgehen, dass der Auszubildende bei dem betreffenden Elternteil wohnen könne und ihm dort Unterhalt in Naturalleistung gewährt werde. Eben dies aber sei der tragende Grund für die in Rede stehende Einschränkung der Schülerförderung. In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 28.04.1993 (FamRZ 1993, 1378) entschieden: Wohnt die Mutter des Auszubildenden, dessen Vater nicht bekannt ist, mit einem nichtehelichen Lebenspartner und einem gemeinsamen Kind in der Wohnung des Lebenspartners, so kann diese Wohnung jedenfalls dann nicht als "Wohnung der Eltern" angesehen werden, wenn der Partner die Aufnahme des Auszubildenden in die Wohnung berechtigt ablehnt“. |
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| Die Antragstellerin hat zu ihrer Mutter und deren Ehemann keine detaillierten Ausführungen gemacht und erklärte, keine weiteren Angaben machen zu wollen. Die Kammer kann nicht feststellen, ob aufgrund der zitierten Rechtsprechung eine Verweisung der Klägerin auf die Wohnung der Mutter ausgeschlossen wäre. |
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| Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin dann auf die Wohnung ihres Vaters zu verweisen wäre, von der sie möglicherweise das Berufskolleg in Y mit einem Schulweg von weniger als 2 Stunden Dauer erreichen könnte (Schulweg hin und zurück einschließlich notwendiger Wartezeiten aufgrund der Verkehrsverbindungen, vgl. Tz 2.1a.3 BAföG; je angefangenen Kilometer Fußweg wird eine Zeitdauer von 15 Minuten angesetzt). Eine genauere Berechnung ist nicht angezeigt, da derzeit davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin auf die Wohnung ihrer Mutter in Y zu verweisen ist. |
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| Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich das Berufskolleg für Praktikantinnen in und das Berufskolleg für Praktikantinnen in Y vom Inhalt der angebotenen Ausbildung so wesentlich unterscheiden, dass ihre Vergleichbarkeit in Hinblick auf die Ermöglichung des Zugangs zur Fachschule für Sozialpädagogik nicht gegeben wäre. Die Antragstellerin hat auch nichts dazu vorgetragen, dass sie am Berufskolleg in Y auch bei einer zeitigen Bewerbung keinen Ausbildungsplatz erhalten hätte. |
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