Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 22. Juni 2018 - 4 A 786/17 SN
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen werden der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
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Der Kläger ficht einen Bescheid über die Kostenerstattung für einen Teil des Trinkwasserhausanschlusses seines Hausgrundstücks an.
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Er ist Eigentümer des Grundstücks gemäß Rubrumsadresse, das mit einem mindestens schon zu DDR-Zeiten errichteten Haus bebaut ist.
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Im Jahre 1996 oder 1998 wurden Arbeiten am Trinkwasserhausanschluss des Grundstücks durchgeführt. In den Verwaltungsvorgängen wird einmal davon gesprochen „TW/HA wurde erneuert“, ein anderes Mal von einer Umbindung.
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Im September 2015 stellte ein Mitarbeiter des Zweckverbands im Rahmen eines turnusmäßig anstehenden Wechsels der Wasseruhr fest, dass der Anschluss „marode“ sei. Er unterließ deshalb zunächst den Wechsel.
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Der Beklagte erstellte daraufhin ein Angebot zur Erneuerung des Trinkwasserhausanschlusses vom 3. November 2015 in Höhe von 2.036,36 €. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2015 und forderte die sinngemäße Abänderung des Angebots auf „... Austausch eines Stahl-Rohrwinkels durch einen neuen Rohrwinkel aus dem gleichen Material ...“ Darauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2015, das Angebot basiere auf den vor Ort festgestellten Mängeln und beinhalte einen Austausch der Trinkwasserleitung. Bereits 1998 sei ein Hausanschluss vorgelegt und angeschlossen worden. Ein Austausch des vorhandenen Anschlusses sei aus seiner Sicht jetzt sinnvoll, um späteren Schäden entgegenzuwirken. Dies entspreche auch der DIN 50930-6. Wegen der Replik des Klägers wird auf den Inhalt seines Schreibens vom 28. Dezember 2015 verwiesen.
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Unter dem 22. Januar 2016 erstellte der Beklagte ein „Angebot I“ zur Instandhaltungsmaßnahme in Höhe von 102,29 € sowie ein „Angebot II“ zur Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses des Grundstücks über 1.166,96 €. Im Begleitschreiben gleichen Datums wird u. a. ein Austausch des Stahlwinkels, mit Einbau eines Stahladapters, in Messing unter Hinweis darauf empfohlen, dass die Armaturen und Formstücke hinter dem vorhandenen Winkel bereits aus Messing seien. Dazu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 16. März 2016 u. a. dahingehend, dass dem korrodierten Stahlwinkel nachgelagerte Armaturen tatsächlich aus Messing bestünden, die unfachmännische Vorgehensweise bei der letzten Installation belege und ggf. ein Stück weit auch die Korrosionsschäden am direkt benachbarten Stahlwinkel erkläre. Es sei aber als fundiertes Argument für einen unproblematischen erneuten Einsatz von Messing im Zulauf seiner stählernen Hausleitung unbrauchbar. Es verstehe sich für den Korrosionsfachmann – der Kläger trägt im Schreiben vom 28. Dezember 2015 vor, er sei Diplom-Ingenieur und promovierter Korrosionsexperte – von selbst, dass sich die Aktivität dieser alten Messingoberflächen hinsichtlich der Abgabe edlerer Metallionen – mithin das heute noch verbleibende Schädigungspotential dieser Altarmaturen auf die nachgelagerte Stahlleitung – infolge üblicher Ablagerungen an den Rohrwänden im Laufe der Jahre deutlich reduziert haben solle. Dies gelte nicht beim Einbau neuer Messingware, die in diesem Fall durch ihre aktivere Oberfläche ein erhebliches Schädigungspotential neu eröffnen würde. Der Kläger schlug dann zum „Angebot I“ sechs Zusatzvereinbarungen vor, auf die wegen der Einzelheiten auf das Schreiben verwiesen wird. Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 nahm der Beklagte ausführlich Stellung. Es folgte noch weitere Korrespondenz, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
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Mit dem hier streitgegenständlichen Kostenerstattungsbescheid vom 7. November 2016 forderte der Beklagte vom Kläger 53,98 € für die „Erneuerung an alten Teilstrecken des Trinkwasserhausanschlusses ... Leistungsdatum: [korrekt, Anm. des Gerichts] 25.10.2016“. Die einzelnen Positionen sind dort näher ausgeführt, insoweit wird darauf Bezug genommen.
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Den im gleichen Monat eingelegten Widerspruch des Klägers, den er mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 begründete, wies der Beklagte nach Einholung einer internen fachlichen Stellungnahme vom 23. Dezember 2016 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde ihm am 24. Januar 2017 zugestellt.
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Am 20. Februar 2017 hat der Kläger daraufhin Klage erhoben, mit der er vorträgt:
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Gemäß § 10 KAG M-V bestehe eine Erstattungspflicht für Aufwendungen an einem Hausanschluss nur im Zusammenhang mit der erstmaligen Herstellung des Anschlusses. Die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen für die Erneuerung sei danach ausgeschlossen. Dies gelte schon nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 KAG M-V auch für die Auswechselung eines stark korrodierten Stahlrohrwinkels. Nach dieser Norm sei Gegenstand eines Kostenerstattungsanspruchs nur der Aufwand, der erforderlich sei, um ein Grundstück an Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen anzuschließen. Das hier betroffene Grundstück sei bereits angeschlossen gewesen. Im Rahmen der Baumaßnahme sei lediglich ein bereits bestehender Stahlrohrwinkel ausgewechselt worden. Dies stelle sowohl nach rechtlichem als auch nach tatsächlichem Verständnis keine Maßnahme der Herstellung dar.
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Gemäß § 10 Abs. 4 KAG M-V entstehe zudem ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch erst mit der Beendigung der Maßnahme. Unterstelle man, dass der bereits vor der Baumaßnahme bestehende Grundstücksanschluss endgültig hergestellt gewesen sei, wäre ein Erstattungsanspruch verjährt. Der Grundstücksanschluss sei nämlich bereits vor dem 1. Januar 2000 endgültig hergestellt gewesen.
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Unterstelle man, der vor der Baumaßnahme bestehende Grundstücksanschluss stelle ein „rechtliches Provisorium“ dar, wäre ein Kostenerstattungsanspruch gleichfalls ausgeschlossen. Dann wäre die Maßnahme zur endgültigen Herstellung der Anschlussleitung noch nicht beendet. Die Auswechselung des korrodierten Stahlrohrwinkels stelle nicht die endgültige Herstellung eines Provisoriums, sondern lediglich einen Bestandteil der umfassenden „technischen“ Erneuerung dar.
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Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass ohnehin aufgrund der aktuellen Rechtsprechung spätestens seit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 2016 die Festsetzung eines Kostenerstattungsanspruchs für Baumaßnahmen an einem bereits bestehenden Anschluss nicht mehr erstattungsfähig seien (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 7. Juni 2017 – 1 L 300/16 –).
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Der Kläger beantragt,
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den Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und seinen Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2018 aufzuheben.
- 16
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und trägt dazu vor:
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Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch sei §§ 10 Abs. 2, Abs. 1, 9 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 21 der Wassersatzung und § 4 der Wassergebührensatzung des Zweckverbands.
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Der Begriff der „Herstellung“ sei in einem rechtlichen Sinne zu verstehen. Mit Blick auf das im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen geltende Gesamtanlagenprinzip komme es darauf an, ob sich die Einrichtung (noch) in der Herstellungsphase befinde, weil sie ihre Endausbaustufe (noch) nicht erreicht habe. Ein Fall der „Herstellung“ liege daher insbesondere auch dann vor, wenn ein Grundstück zwar bereits erstmalig angeschlossen sei, die Anlage jedoch nicht (mehr) den technischen Anforderungen genüge (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13. Febr. 2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20; VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 18 ff.; VG B-Stadt, Urt. v. 7. Jan. 2016 – 4 A 2054/13 –, juris, Rn. 39 ff.).
- 21
So liege es hier, denn bei dem Hausanschluss des Klägers wie auch seiner Kundenanlage handele es sich um einen sog. Altanschluss aus DDR-Zeiten, der nicht (mehr) den Anforderungen an die Wassersatzung und den technischen Regeln entspreche. Er bestehe aus Stahlrohrleitungen. Da solche Leitungen eine verringerte Lebenserwartung hätten, entsprächen sie heute eigentlich nicht mehr dem Stand der Technik. Der Beklagte habe dem Kläger daher zu einer umfangreicheren (Teil-)Erneuerung geraten, die er jedoch abgelehnt habe. Der Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels sei unabdingbar, um regelkonforme Verhältnisse sicherzustellen.
- 22
In dem Parallelverfahren 7 A 785/17 SN greife der Kläger im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage eine Anordnung des Beklagten vom 10. Oktober 2016 zum Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels und zum Wechsel des Wasserzählers an. Er, der Beklagte, habe dabei zunächst nur den absolut unabdingbaren Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels in ein Messingventil angeordnet, welches anschließend auch umgesetzt worden sei.
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Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. April 2018 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Die zulässige Anfechtungsklage im verbleibenden Umfang ist begründet.
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Der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2018 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Der Bescheid kann sich insoweit nicht auf eine rechtswirksame Ermächtigungsgrundlage stützen.
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Da die durch Verwaltungsakt zur Erstattung begehrte Maßnahme im Haus kurz vor dem Wasserzähler vorgenommen wurde, betrifft sie den Hausanschluss.
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Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und über die Abgabe von Wasser durch den Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Grevesmühlen (ZVG) (Wassersatzung - WS) vom 8. Dezember 2016, die nach ihrem § 26 Abs. 1 rückwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, gehören die Hausanschlüsse zwar zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands, nach § 11 Abs. 1 Satz 2 dieser Satzung sind sie aber nicht Teil der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung. Hausanschluss ist nach der Definition in § 2 Abs. 3 Wassersatzung die Verbindung von der Versorgungsleitung des Zweckverbands mit der Kundenanlage. Er beginnt mit der Absperrvorrichtung an der Versorgungsleitung und endet mit der Hauptabsperrarmatur vor dem Wasserzähler.
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Der hiermit durch Bescheid geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für eine Reparatur der Trinkwasserhausanschlussleitung besteht nicht.
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Zwar sehen die §§ 11 Abs. 4, 21 der Wassersatzung i. V. m. den §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1, 5 und 6 der Gebührensatzung zur Wassersatzung vom 8. Dezember 2016, Letztere ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2015, letztlich vor, dass vom Anschlussberechtigten die Kosten für Hausanschlüsse durch Bescheid erhoben werden, die erforderlich sind, um das Grundstück an die öffentliche Versorgungsleitung mit einem Hausanschluss anzuschließen, der den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
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Die satzungsrechtlichen Bestimmungen können sich für den vorliegenden Fall der Unterhaltung bzw. Reparatur des Hausanschlusses aber nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen und sind insoweit unwirksam.
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Zwar bleibt es dabei, dass der Zweckverband nach § 11 Abs. 3 Satz 1 der Wassersatzung ausschließlicher Aufgabenträger zur Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Änderung und Beseitigung des Hausanschlusses ist, eine entsprechende Maßnahme also nur durch ihn oder einen von ihm beauftragten Dritten (§ 11 Abs. 3 Satz 2 der Wassersatzung) durchgeführt werden kann.
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Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob er die Kosten für insoweit durchführte Maßnahmen auch stets zur Erstattung beanspruchen kann. Dies muss nach der komplexen gesetzlichen Grundlage in § 10 KAG M-V differenziert betrachtet werden und ist für die vorliegende Fallkonstellation ausgeschlossen.
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I. § 10 Abs. 2 und 4 KAG M-V trägt die genannten Satzungsbestimmungen bzw. den angefochtenen Kostenerstattungsbescheid in der vorliegenden Sachlage einer Wasserleitungsreparatur am Hausanschluss nicht.
- 36
Insofern ist bei der Frage einer Kostenerstattung stets der Gleichklang mit der Beitragserhebungsmöglichkeit zu wahren. § 10 KAG M-V eröffnet in seinem zweiten Absatz nur insoweit eine Kostenerstattung für Haus- und Grundstücksanschlüsse, als auch eine Beitragserhebung möglich wäre, wenn diese Anschlüsse Teil der öffentlichen Einrichtung i. S. des § 10 Abs. 1 KAG M-V wären. § 10 Abs. 2 KAG M-V will insoweit nur andere Refinanzierungsmodelle „anstelle eines Beitrags nach § 10 Abs. 1 KAG M-V“ ermöglichen.
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Der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Juni 2017 in der Sache 1 L 300/16 mag allerdings nicht zu verfangen, da dort noch keine Entscheidung zur Sache ergangen ist, sondern lediglich die Berufung der dortigen Kläger gegen ein Urteil des Schwestergerichts vom 20. Mai 2016 (Az. 3 A 128/14) zugelassen wurde. Es wird nach diesem Beschluss im Berufungsverfahren (nunmehr geführt unter dem Az. 1 LB 300/16) um die Auslegung des Begriffs der Herstellung eines Grundstücksanschlusses i. S. des § 10 KAG M-V gehen, insbesondere, ob auch eine „erneute Herstellung“ eine Kostenerstattungspflicht nach dieser Norm auslösen kann. Hier bleibt eine – wohl noch nicht getroffene – Entscheidung des Obergerichts im Berufungsverfahren abzuwarten, ohne dass Anlass besteht, das vorliegende Klageverfahren deshalb auszusetzen.
- 38
Nachdem zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenerstattungsbescheids wie auch der abgerechneten Arbeiten am Hausanschluss (25. Oktober 2016) die Möglichkeit eines Erneuerungsbeitrags durch das Änderungsgesetz zum Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 2016, in Kraft getreten am 30. Juli 2016, entfallen ist, kann vorliegend jedenfalls nicht untersucht werden, ob die vorliegende Maßnahme als Erneuerung zu werten ist, die, wenn sie einen Erneuerungsbeitrag (für die gesamte öffentliche Einrichtung oder für den Hausanschluss) gerechtfertigt hätte, auch eine entsprechende Kostenerstattung nach § 10 Abs. 2 KAG M-V hätte ermöglichen können.
- 39
Abzustellen wäre mithin hier eigentlich auf die Frage, ob für diese Maßnahme auch ein Herstellungsbeitrag möglich gewesen wäre, wenn der Hausanschluss einen Teil dieser öffentlichen Einrichtung dargestellt hätte. Wann die endgültige Herstellung der öffentlichen Einrichtung der Trinkwasserversorgung im Zweckverbandsgebiet vorliegt, wann also der „endgültige“ – eine Anlage wird tatsächlich wohl nie fertig, da sich stets ein neuer Grundstückseigentümer oder ein ganzes Baugebiet, auch „unerwartet“, also auch, wenn man damit nicht gerechnet (!) hat, gleichsam unkalkulierbar (!), anschließen lassen kann – Ausbauzustand erreicht ist, soll sich aus dem „Planungskonzept“ des Aufgabenträgers ergeben (Urt. der damaligen 8. Kammer des Gerichts v. 17. Juli 2008 – 8 A 2460/04 –, zitiert aus Aussprung, in: ders. Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Dez. 2017, § 9 Erl. 2.5.1 S. 48, dort auch auf S. 49 ein entsprechendes Urt. des OVG Berlin-Brandenburg v. 14. Nov. 2013 – 9 B 334.12 –). Da in Mecklenburg-Vorpommern kein förmliches Wasserversorgungskonzept zwingend erforderlich ist (vgl. Aussprung, a. a. O. S. 49 unter Hinweis auf Urteile der früheren 8. Kammer des Gerichts zu einem Abwasserbeseitigungskonzept), kann über die Planungen des Aufgabenträgers, soweit es keine anderen verbindlichen Planungsunterlagen gibt, wofür hier nichts vorgetragen oder ersichtlich ist, insbesondere eine Globalkalkulation zum Beitrag für die öffentliche Einrichtung (ohne Grundstücks- oder Hausanschluss) Auskunft geben.
- 40
Die Krux dieses Falls besteht insoweit aber darin, dass es eine solche – ebenso wie mindestens eine Rechnungsperiodenkalkulation – nicht gibt, da der Zweckverband keinen Trinkwasserbeitrag erhebt, sondern die Kosten der Herstellung der öffentlichen Einrichtung vollständig über Trinkwassergebühren refinanziert. Dies begegnet gebühren- und auch beitragsrechtlich mit Blick auf die Soll-Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zwar für sich genommen keinen rechtlichen Bedenken. Allerdings führt dies nach Auffassung des Gerichts dazu, dass hier die rechtlich zu betrachtende Phase der Herstellung der öffentlichen Einrichtung und vor allem ihres Endes nicht beurteilt werden kann, was bei der Betrachtung nach § 10 KAG M-V zu Lasten der Erstattung verlangenden Behörde des Aufgabenträgers geht.
- 41
In einem solchen Fall ist dann nach Wegfall der Möglichkeit, Erneuerungsbeiträge zu erheben, dem Aufgabenträger auch die Möglichkeit verwehrt, stattdessen eine entsprechende Kostenerstattung für kostenpflichtige Unterhaltungs- und Reparaturleistungen verlangen zu können, weil nicht zweifelsfrei beurteilt werden kann, wann die Herstellungsphase nach seinen Planungen zu Ende ist. Insofern ist nach Auffassung des Gerichts aber die Globalkalkulation keine „unendliche Geschichte“ bzw. eine „Jahrhundertrechnung“, sondern ein präziser Zeitraum, der allerdings auch mehrere Jahrzehnte umfassen kann, wenn dies der Aufgabenträger so geplant hat. Nach Auffassung des Gerichts ist jedenfalls die Globalkalkulation allerdings keine Berechnung, die – der Autohersteller mit der inspirierenden alten Werbung möge verzeihen – läuft und läuft und läuft ... (a. A. Aussprung, a. a. O., § 9 Erl. 2.5.1 am Ende, der meint, die öffentliche Gesamtanlage werde – was de facto unbestreitbar ist – nie fertig, die sog. Jahrhundertrechnung gehe weiter; anzumerken wäre hier, dass mit diesem Gedankengut die öffentliche Einrichtung auch nach einem, ja sogar vielen Jahrhunderten nicht fertig wäre, sodass wohl eher der Begriff „Ewigkeitsrechnung“ oder – bescheidener – „Kalkulation, solange es zivilisierte Menschen mit Wasser- und Abwasserkanalisationsbedarf gibt“ angebracht erschiene). Insofern muss nach Auffassung des Gerichts nach Wegfall der Möglichkeit zur Erhebung von Erneuerungsbeiträgen aber unterschieden werden zwischen dem faktischen Zustand der öffentlichen Einrichtung, die sich tatsächlich stets verändert (und insoweit größer, aber auch kleiner werden kann), und dem rechtlichen Begriff der Herstellung dieser Einrichtung, dem ein rechtliches Ende der Herstellungsphase entnommen werden muss.
- 42
Dabei lässt das Gericht offen, ob der zum gleichen Ergebnis kommenden Meinung in der Kommentarliteratur zu folgen ist, die bei Einbeziehung des Haus- oder Grundstücksanschlusses in die öffentliche Einrichtung zwar keinen Beitrag für deren Unterhaltung (und damit auch für den „Unterfall“ der Reparatur), wohl aber eine von allen Gebührenpflichtigen anteilig zu zahlende Abrechnung der Kosten über die (hier: Trinkwasser-)Gebühren nach § 6 KAG M-V ermöglicht, für den Fall, dass diese Anschlüsse aber – wie vorliegend – nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, eine Erstattungsfähigkeit für Unterhaltungs- bzw. Reparaturarbeiten an den Anschlüssen verneint. Begründet wird dies damit, dass die Kosten für die Unterhaltung von Haus- und Grundstücksanschlüssen – anders als in Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer – nicht in § 10 KAG M-V aufgeführt seien sowie keinen Zusammenhang mit der Herstellung der Anlage aufwiesen und deshalb keinen beitragsfähigen Aufwand i. S. des § 9 Abs. 1 KAG M-V bilden könnten (Seppelt, in: Aussprung et al., a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.4; so auch bereits der frühere Kommentator dieser Norm Aussprung z. B. in einer Vorauflage vom Juli 2014, a. a. O., § 10 Erl. 7.8.2.6 „Unterhaltung“ und 7.8.2.7 „Reparatur“). Demgegenüber hat das Gericht bereits mehrfach entschieden, dass der große Unterschied im insoweit seit etwa anderthalb Jahrzehnten wortkarg ausfallenden § 10 KAG M-V zu seinen Pendants in manch anderen Bundesländern, welche die erstattungsfähigen Maßnahmen detailliert aufführen, eher ein gesetzgeberischer „Unfall“ als eine „vorsätzliche“ Tat zur Eingrenzung der erstattungsfähigen Maßnahmen darstellen könnte und dürfte. So enthielt auch noch die erste Fassung dieser Vorschrift in § 10 Abs. 1 KAG vom 11. April 1991 eine entsprechende Aufzählung einschließlich der „Kosten für die Unterhaltung eines Haus- oder Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen“, während die Norm dann ohne Begründung in den Gesetzesmaterialien für dieses legislative Handeln mit Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 „gestutzt“ worden war (vgl. etwa zuletzt Urt. des Gerichts v. 24. Mai 2018 – 4 A 301/13 – unter Hinweis auf sein Urt. v. 11. Mai 2017 – 4 A 2558/16 SN –, Urt. v. 27. April 2018 – 4 A 624/16 SN –, S. 14 des amtlichen Umdrucks).
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2. Andere Anspruchsgrundlagen wie etwa der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht werden durch die Vorschrift des § 10 KAG M-V verdrängt (Urt. des Gerichts v. 11. Mai 2017, a. a. O., S. 14 des amtlichen Umdrucks m. w. N.; Seppelt, a. a. O. m. w. N.). Es erschiene ohnedies auch zweifelhaft, ob selbst bei Bejahung eines solchen Anspruchs dann die Befugnis zur Geltendmachung mittels Verwaltungsakts statt Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage bestünde.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Der Beklagte trägt nach billigem Ermessen auch für den erledigten Teil die Kosten des Verfahrens, da er sich – im Übrigen zu Recht – durch die entsprechende Aufhebung des angefochtenen Bescheids in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.
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Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens sieht das Gericht ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO), da auf Beklagtenseite ein insolvenzunfähiger Zweckverband und damit ein kraft Gesetzes stets zahlungsfähiger Schuldner steht.
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Annotations
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.