Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 06. Nov. 2014 - 4 A 493/11
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit sinngemäß in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der Hansestadt Wismar, D-Straße 2 c. Es liegt nicht unmittelbar an der öffentlichen (Sackgassen-)Straße „D-Straße“, sondern beginnt ca. 30 m hinter den dort unmittelbar anliegenden Grundstücken mit den postalischen Anschriften „D-Straße 2 a“ und „D-Straße 2 b“. Die Straße „D-Straße“ kann vom Grundstück des Klägers aus nur über einen insgesamt ca. 100 m langen Weg erreicht werden; eine weitere Möglichkeit, das öffentliche Verkehrsnetz zu erreichen, gibt es nicht. Der befestigte Weg zweigt vom südlich gelegenen Wendehammer der Straße „D-Straße“ ab und endet seit mehreren Jahren kurz hinter dem rückwärtigen Ende des Grundstücks des Klägers. Am Ende des Wegs befindet sich ein Abwasserpumpwerk.
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dieser vom Kläger sog. Verbindungsweg – ohne jedes Präjudiz übernimmt das Gericht nachfolgend diesen Terminus - vor den Straßenbaumaßnahmen u. a. zur Straße „Am H.“ einen weiteren Verlauf zur Straße „Am T.“ hatte und straßen- und wegerechtlich ein öffentlicher Weg ist.
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Im Februar 1996 wurde für den Kläger u. a. eine Zuwegung zu seinem Grundstück über das Wegegrundstück des umfänglich ggf. verbliebenen „Verbindungswegs“ als Baulast im Baulastenverzeichnis der Hansestadt Wismar eingetragen. Zugunsten des Klägers erteilte der Beklagte in Erfüllung einer entsprechenden Auflage der Baugenehmigung zum Umbau des Gartenhauses zu Wohnzwecken im August 1996 eine Genehmigung zur Herstellung einer Überfahrt über den Bürgersteig zu seinem Grundstück.
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Einen Antrag des Klägers zur Aufnahme der vorhandenen Zuwegung (Zu- und Abfahrt) auf dem Wegegrundstück (Flurstück 3808/4) in das amtliche Straßenverzeichnis der Hansestadt Wismar lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 4. Juni 2006 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Zuwegung handele es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche. Für das Grundstück des Klägers sei eine Baulast als Zuwegung eingetragen worden. In das amtliche Straßenverzeichnis der Hansestadt Wismar würden nur gewidmete Straßen aufgenommen werden. Ein öffentliches Interesse, diese Zuwegung als öffentliche Verkehrsfläche zu widmen, bestehe auch zum heutigen Zeitpunkt nicht. Weiterhin seien die Anforderungen an eine öffentliche Straße wie z. B. ein Wendehammer, Beleuchtung u. a. hier nicht gegeben.
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Die Straße „D-Straße“ befindet sich in der Reinigungsklasse 4 (nur Fahrbahnen) der Straßenreinigungssatzung der Hansestadt Wismar vom 6. November 2009 (Stadtanzeiger v. 21. November 2009, S. 5 ff.) und wird bis zum vorgenannten Wendehammer gereinigt.
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Mit „Gebührenbescheid Straßenreinigung 2011“ vom 26. Januar 2011 erhob der Beklagte vom Kläger im Hinblick auf sein vorgenanntes Grundstück für das Jahr 2011 Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 111,86 €, wobei 34 „Frontmeter“ (à 3,29 €/m) zugrunde gelegt wurden. Angaben zur Berechnung der „Frontmeter“ fehlen.
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Dagegen legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 21. Februar 2011 Widerspruch ein. Er zweifelte zum einen die Frontmeter an, zum anderen trug er vor, sein Grundstück werde an der Südseite von einer eigenständigen Straße erschlossen. Früher habe es sich um einen eigenständigen Weg, einen Verbindungsweg bis zur Straße „Am T.“ gehandelt. Anfang der 90er-Jahre sei ein Abschnitt ausgebaut worden und verlängere heute die Straße „D-Straße“ bis zum Abwasserpumpwerk. Die weiteren Wegstücke bis zur Poeler Straße und bis zur Straße „Am T.“ seien nicht mehr befahrbar. Er habe weder eine Zuwegung an die Straße „D-Straße“ zwischen den unmittelbar angrenzenden Grundstücken noch ein Überfahrtsrecht. Er sei auch kein Hinterlieger.
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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2011 zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen zunächst darauf hingewiesen, dass das Grundstück des Klägers durch die Straße „D-Straße“ erschlossen werde. Es handele sich darüber hinaus um ein Hinterliegergrundstück i. S. des § 7 Abs. 1 und 2 der Gebührensatzung für Straßenreinigung (vom 6. November 2009, Stadtanzeiger v. 21. November 2009, S. 7 f.). Die Straße, an der das Grundstück des Klägers anliege, sei keine öffentliche, sondern eine Privatstraße, für die er nur ein Überwegerecht besitze. Aus den Unterlagen ergebe sich, dass das Grundstück nicht an einer für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße anliege. So sehe es auch das VG Schwerin, das im Beschluss 7 B 527/02 (vom 13. September 2002) sinngemäß ausführe, dass nach den Unterlagen für die Erschließung des Grundstücks eine Baulast notwendig gewesen sei. Es bestehe keine Verpflichtung der Stadt, diese Privatstraße zu reinigen. Für Hinterlieger werde die Länge der Grundstücksseite, die der Straße zugewandt sei, zu Grunde gelegt, § 7 Abs. 3 Satz 3 der Satzung.
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Am 18. März 2011 hat der Kläger Klage erhoben und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt (Az. 4 B 137/11). Letzteren hat die Kammer mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 versagt. Den Prozesskostenhilfeantrag für eine Beschwerde gegen diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Beschluss vom 24. Februar 2012 (Az. 1 M 194/11) abgelehnt.
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Der Kläger trägt vor:
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Sein Grundstück liege am Verbindungsweg an. Dieser Weg stehe seit mindestens 150 Jahren der Öffentlichkeit zur Verfügung. Wenn eine Widmung für den öffentlichen Verkehr nicht schon aus dem Überlassen für den öffentlichen Verkehr folge, dann sei sie zumindest aufgrund unvordenklicher Verjährung gegeben. Es werde auf den Stadtplan der Hansestadt aus dem Jahre 1986 verwiesen, wo der Verbindungsweg als „Fahrweg“ eingetragen sei.
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Die Befahrbarkeit für den öffentlichen Straßenverkehr sei zuletzt Anfang der 90er Jahre durch eine neue Betonsteinpflasterdecke verbessert worden. Im Rahmen der Baugenehmigung vom 11. Juni 1996 habe er, der Kläger, hierzu eine Überfahrt zum Verbindungsweg herzustellen gehabt. Der Weg sei sowohl in der Baubeschreibung zum Bauantrag als auch in der Baugenehmigung als „sonstiger öffentlicher Weg“ angesehen worden. Die öffentliche Verkehrsfläche sei mittels Baulast im Baulastenverzeichnis zusätzlich „öffentlich-rechtlich“ abgesichert worden, und zwar „als Zuwegung (Zu- und Abfahrt) im Sinne des § 4 Abs. 1 der Landesbauordnung“. Das Recht zum Benutzen dieser Straße habe weiterhin der Öffentlichkeit zugestanden. Der Weg sei im westlichen Teil beispielsweise für den Ostseeradfernweg zur Verfügung gestellt worden. Durch verschiedene Umgestaltungen seien immer mehr Teile des Wegs, zuletzt durch den Bau des Zubringers zum Gewerbegebiet H.-Nord 2003, entfallen. Der Weg führe heute nur noch etwa 100 Meter von der Straße „D-Straße“ bis kurz hinter ein anliegendes Abwasserpumpwerk.
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Der Verbindungsweg sei ohne Einschränkung öffentlich zugänglich. Es gebe weder einen Hinweis „Privatweg, Betreten verboten“ noch ein Schild „Nur für Anlieger“, sondern nur das Zeichen 357 StVO (Sackgasse) ohne Zusatzschild. Eigentümer sei weiterhin die Hansestadt Wismar. Äußerlich gehe die Straße „D-Straße“ über den Wendehammer ohne jede Zugangsbeschränkung in einem straßenbaulichen Zusammenhang in den Verbindungsweg über. Eine Einziehung sei nie vorgenommen worden. Es bestünden auch keine zivilrechtlichen Beziehungen wie eingetragene Wegerechte, Dienstbarkeiten usw. zwischen den Beteiligten. Das ausgebaute Teilstück werde daher entweder weiterhin als eigenständiger öffentlicher Weg gesehen oder als Fortsetzung der Straße „D-Straße“.
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Mangels Reinigung des Abschnitts, an dem sein Grundstück anliege, dürften auch keine Straßenreinigungsgebühren erhoben werden.
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Gegenwärtig würden für die drei benachbarten Privatgrundstücke mit den Flurstücksnummern a, b und c keine Straßenreinigungsgebühren erhoben. Es sei daher Gleichbehandlung zu fordern.
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Unabhängig davon könne Gebührenmaßstab nur die Länge am Verbindungsweg sein, weil dieser beim Bau des Wohnhauses öffentlicher Weg gewesen sei und nicht einfach durch Abtrennung der westlichen Wegteile zu einer Hinterliegerzuwegung herabgestuft werden dürfe.
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Falls der Beklagte den Weg als Privatstraße einziehe, sei auf die eingetragene Baulast zu verweisen, die bis zur Länge von neun Metern parallel zum Grundstück verlaufe.
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Selbst wenn man der Auffassung des Beklagten im Hinblick auf die Berechnung der Frontmeterzahl folge, wäre die Ostseite des Grundstücks jedoch nur knapp 28 Meter lang.
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Der Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 6. April 2011, hier am 8. April 2011 eingegangen, den Gebührenbescheid vom 26. Januar 2011 dahingehend geändert, „als er Frontmeter über 29 m festsetzt“. Daraus ergebe sich eine Gebührenhöhe von insgesamt 95,41 €. Eine darüber hinausgehende Gebühr werde nicht mehr erhoben.
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Der Kläger hat daraufhin die Klage in der Hauptsache insoweit für erledigt erklärt.
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Der Kläger beantragt,
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den Heranziehungsbescheid des Beklagten zu Straßenreinigungsgebühren vom 26. Januar 2011 und seinen Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2011 in der Fassung des Änderungsverwaltungsakts vom 6. April 2011 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und trägt dazu unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vor:
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In dem Schreiben des Bauamts vom 4. Juni 2006 werde dem Kläger erläutert, dass die vorhandene Zuwegung keine öffentliche Verkehrsfläche und auch nicht beabsichtigt sei, diese als öffentliche Verkehrsfläche zu widmen. Der ca. 1992 gebaute „Verbindungsweg“ zum Pumpwerk „D-Straße“ sei nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet.
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Recherchen sowohl im Bauamt als auch im Entsorgungs- und Verkehrsbetrieb der Hansestadt zum „Verbindungsweg“ aus vergangenen Zeiten seien erfolglos geblieben. Es könnten keine Unterlagen hierzu eingereicht werden.
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Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. November 2013 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Das Gericht hat durch Vernehmung der Zeugen B., A. und C. zur Behauptung des Klägers Beweis erhoben, es habe einen öffentlichen Verbindungsweg zwischen der Straße „D-Straße“ und der Straße „Am T.“ gegeben. Wegen der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Soweit der Beklagte den angefochtenen Gebührenbescheid mit Schriftsatz vom 6. April 2011 ermäßigt hat, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Der Kläger hat in diesem Umfang den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Eine ausdrückliche entsprechende Erklärung des Beklagten fehlt zwar, indessen liegt es in der Natur der Sache, dass er mit dem insoweit auszulegenden Schriftsatz nicht nur den Gebührenbescheid reduziert, sondern in diesem Umfang auch den Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt ansieht. Alles andere wäre widersinnig, jedenfalls wenn er nicht auf ein Interesse an einer Entscheidung auch über diesen Teil hinweist. Letzteres ist hier nicht geschehen und wäre auch nicht nachvollziehbar.
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Die Klage ist im verbleibenden Umfang unbegründet.
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Der Bescheid des Beklagten über Straßenreinigungsgebühren vom 26. Januar 2011 - ebenso sein Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2011 - in der Fassung des Änderungsverwaltungsakts vom 6. April 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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I. Bedenken an der formellen oder materiellen Rechtmäßigkeit der aktuellen Straßenreinigungsgebührensatzung bzw. der Straßenreinigungssatzung sind nicht erhoben worden und auch nicht offenkundig (zur Regelung in § 3 Abs. 5 siehe unten). Insbesondere besteht zwar keine Pflicht zur Heranziehung der Hinterlieger zu Straßenreinigungsgebühren (OVG Greifswald, Urt. v. 21. Dez. 1995 – 6 L 200/95 -, LKV 1996, 379, 381), indessen hat sich der Satzungsgeber vorliegend dazu entschlossen (§ 7 der Gebührensatzung für Straßenreinigung in der Hansestadt Wismar vom 6. November 2009), ohne dass dies Anlass zur rechtlichen Beanstandung gibt.
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II. 1. Die Kammer hat im Hinblick auf die „individuelle“ Straßenreinigungsgebührenpflicht des Klägers im Rahmen einer vorangegangenen entsprechenden Satzung der Hansestadt Wismar mit Beschluss vom 13. November 2003 (4 B 749/02) ausgeführt:
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„… (D)er Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der … Klagen ist auch aus materiell-rechtlichen Gründen abzulehnen.
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Der Kläger wird durch die angegriffenen Straßenreinigungsgebührenbescheide vom … und … jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom … zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren für die Jahre 2000 und 2001 für die Reinigung der öffentlichen Straße ‚D-Straße’ in Wismar herangezogen. Zwar liegt der Kläger mit seinem Grundstück ‚D-Straße’ nicht unmittelbar an der Straßenfront ‚D-Straße’ an, es wird aber durch die Straße ‚D-Straße’ erschlossen, da der Kläger nur durch (B)efahren der Straße ‚D-Straße’ überhaupt sein Grundstück (‚D-Straße’) über eine Zuwegung erreichen kann. Das Grundstück des Klägers ist ein Hinterliegergrundstück im Sinne des § 7 der ‚Gebührensatzung für Straßenreinigung in der Hansestadt Wismar’ vom 09. November 1994 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 06. Dezember 1999 bzw. vom 19. Dezember 2000 und damit ist er grundsätzlich zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren für die Straße ‚D-Straße’ verpflichtet. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat § 50 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (StrWG-MV) dahin ausgelegt, dass eine Straßenreinigungsgebührenpflicht bereits dann festgesetzt werden kann, wenn das Grundstück entweder an der zu reinigenden Straße anliegt oder, wie hier, durch diese erschlossen wird (vgl. OVG M-V, Urteil vom 21. Dezember 1995 - 6 L 200/95 -, LKV 1996, 379) …“
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Wann ein Grundstück von der zu reinigenden öffentlichen Straße erschlossen wird bzw. als dazu gehörendes Hinterliegergrundstück einzuordnen ist, kann nicht generell beurteilt werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Umstritten und – soweit ersichtlich – obergerichtlich für das hiesige Landesrecht noch nicht entschieden ist, ob für die Frage der Erschließung auf den Erschließungsbegriff des Baugesetzbuchs (§§ 131 Abs. 1, 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB) zurückgegriffen werden kann oder im Straßenreinigungsgebührenrecht wegen des historischen Bezugs zum Wegerecht ein eigenständiger Erschließungsbegriff mit einem weiteren Umfang gilt (vgl. dazu Aussprung, in: ders./Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: September 2012, § 6 Anm. 10.7.3 S. 326 m. w. N.; OVG Magdeburg, Urt. v. 14. August 2007 – 4 L 400/06 -, juris, Rn. 22 m. w. N. auf die Rechtsprechung anderer Obergerichte). Dies kann hier offen bleiben.
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An der rechtlichen Einordnung des Grundstücks des Klägers als erschlossenes Hinterliegergrundstück i. S. des (nunmehr) § 7 der Gebührensatzung für Straßenreinigung in der Hansestadt Wismar vom 6. November 2009 ändert auch der nunmehr detailliertere Vortrag des Klägers nichts. Sein Grundstück wird von der öffentlichen Straße „D-Straße“ erschlossen i. S. des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (StrWG – MV). Danach sind die Gemeinden berechtigt, durch Satzung die Eigentümer oder die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten (der Straßenreinigung) heranzuziehen. Die Straßenreinigungsgebührenpflicht für ein Grundstück kann mithin festgesetzt werden, wenn das Grundstück entweder an der zu reinigenden Straße anliegt oder durch diese erschlossen wird. Es muss darüber hinaus eine vernünftige objektive Beziehung des Grundstücks zur Straße vorhanden sein, die es sachlich rechtfertigt, die Eigentümer der angrenzenden bzw. erschlossenen Grundstücke zu Gebühren für die von der Gemeinde durchgeführte Straßenreinigung heranzuziehen. In diesem Zusammenhang reicht eine Zugangsmöglichkeit aus (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 21. Dezember 1995, a. a. O.; Beschl. v. 6. Sept. 2000 – 1 L 117/00 -, NordÖR 2001, 117 = S. 3 ff. des amtlichen Umdrucks).
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Das Grundstück des Klägers liegt nicht an einer – namenlosen – öffentlichen Straße. Der Kläger hat nicht beweisen können, dass es sich bei dem streitigen Weg, an dem sein Grundstück anliegt, um keinen Privatweg (der Hansestadt Wismar), sondern eine öffentliche Straße handelt, entweder als eigenständige öffentliche Straße (ohne Namen) oder als Teil der öffentlichen Straße „D-Straße“.
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a) Es ist zunächst nichts aktenkundig oder sonst wie ersichtlich, dass der hier streitige Weg gem. § 2 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 StrWG – MV dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist. Auch eine – indizielle - Eintragung dieses heutigen Stichwegs als eigenständige öffentliche Straße in das amtliche Straßenverzeichnis des Beklagten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StrWG – MV ist ausweislich des Schreibens des Beklagten vom 4. Juni 2006 nicht bereits vor diesem Datum erfolgt und der entsprechende Antrag des Klägers auf Aufnahme in dieses Verzeichnis abgelehnt worden. Aus diesem Schreiben folgt zudem, dass der Beklagte diesen Weg auch nicht als Teil der öffentlichen Straße „D-Straße“ ansieht.
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b) Der Umstand, dass diese Wegefläche offenbar – so der unstreitige Vortrag des Klägers – der Hansestadt Wismar gehört, sagt für sich genommen noch nichts Entscheidendes aus für die Frage, ob es sich dabei um eine öffentliche Straße bzw. einen öffentlichen Weg handelt. Eigentum der öffentlichen Hand ist bei dem größten Teil der öffentlichen Straßen gegeben und auch gewünscht, ist aber straßen- und wegerechtlich nicht zwingend für die Einstufung einer (dann Privat-)Straße als öffentlich (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 StrWG – MV; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, § 1 Rn. 44).
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c) Nicht wegweisend für die Einstufung dieses Wegs als (eigenständige oder von der Straße „D-Straße“ umfasste) öffentliche Straße im Sinne des Straßen- und Wegerechts ist das offenbar am Übergang vom Wendehammer zum hier streitigen Weg aufgestellte Richtzeichen 357 „Sackgasse“ der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung. Hier könnte auch lediglich eine tatsächlich-öffentliche Straßenverkehrsfläche auf privatem Grund, bei dem öffentlicher Straßenverkehr vom Eigentümer (hier: der Hansestadt Wismar) zugelassen ist, im Sinne des Straßenverkehrsrechts vorliegen (wie z. B. bei Parkflächen im Bereich des Einzelhandels), für die ein öffentliches Regelungsbedürfnis für den Hinweis gesehen wird, dass dieser Weg jedenfalls seit dem Bau der benachbarten öffentlichen Straße „Am H.“ eine Sackgasse – gerade kein faktischer „Verbindungsweg“ zum übrigen Straßen- und Wegenetz (mehr) - ist.
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d) Ein vom Kläger gefordertes, hier aber fehlendes Straßenschild „Privatweg (Betreten verboten)“ o. Ä. ist ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für die straßen- und wegerechtliche Einordnung eines Wegs als „privat“ und mag selbst bei entsprechender Aufstellung allein straßenverkehrsrechtliche Gründe haben. Andererseits spricht das Fehlen eines Straßennamens allerdings auch nicht zwingend gegen das Vorliegen einer eigenen öffentlichen Straße bzw. einer Beurteilung des Wegestücks als integralen Bestandsteil der öffentlichen Straße „D-Straße“.
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e) Auch eine „altrechtliche“ Verkehrsfläche aus früheren (DDR- oder Reichs-)Zeiten als kraft Überleitungsrechts nach § 62 StrWG – MV wegerechtlich (alt-)öffentliche Straße (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008 – 3 L 336/05 -, juris, Rn. 78 ff.; OVG Magdeburg, Urt. v. 14. August 2007, a. a. O., Rn. 26 ff.), deren (Teil-)Einziehung der Beklagte seit der Deutschen Einheit unterlassen hätte, hat der Kläger nicht nachweisen können. Er trägt dafür die materielle Beweislast, da in diesem Falle mangels Aufnahme in das Straßenverzeichnis der zu reinigenden öffentlichen Straßen keine Straßenreinigungsgebührenpflicht für ihn im Hinblick auf sein dortiges Grundstück bestünde.
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aa) Alle Straßen, die nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen, bleiben nach § 62 Abs. 1 Satz 1 StrWG – MV öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes. Maßgebend ist insoweit das Straßenrecht der früheren DDR (Sauthoff, a. a. O., Rn. 125 m. w. N.): „Bisheriges Recht“ i. S. dieser Vorschrift war danach die Straßenverordnung der DDR vom 22. August 1974 (GBl. DDR I S. 515), die nach der Anlage II Kapitel XI Sachgebiet D Abschnitt 111 Nr. 1 des Einigungsvertrags vom 30. September 1990 als Landesrecht bis zum Inkrafttreten des hiesigen Straßen- und Wegegesetzes am 30. Januar 1993 fortgalt. § 3 Abs. 1 dieser Straßenverordnung, der die öffentlichen Straßen definierte, ist wiederum dahingehend zu interpretieren, dass bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehende öffentliche Straßen ihren Status behielten (Beschl. der 7. Kammer des Gerichts vom 9. April 2014 – 7 B 360/14 -, S. 6 des amtlichen Umdrucks unter Hinweis auf den Beschluss des OVG Greifswald vom 8. Dezember 1999 – 2 M 54/99 -, LKV 2000, 542, 543 m. w. N.). Es ist also jeweils für den maßgebenden historischen Zeitpunkt zu ermitteln, welche Anforderungen für das Vorliegen einer öffentlichen Straße nach damals geltendem Recht zu erfüllen waren, denn die vorliegenden abgeschlossenen Rechtsverhältnisse sind nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts gemäß den seinerzeit geltenden Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung der seinerzeitigen Rechtspraxis zu beurteilen (Beschl. der 7. Kammer des Gerichts vom 7. April 2014 – 7 B 328/14, S. 7 des amtlichen Umdrucks; VG Greifswald, Urt. v. 22. August 2012 – 6 A 2074/08 -, S. 5 des amtlichen Umdrucks m. w. N.; Sauthoff, Alte Straßen in den neuen Ländern, LKV 1998, 472, 473 m. w. N.). Dies sind diejenigen Vorschriften, unter denen die Straße respektive der Weg erstellt bzw. von der Öffentlichkeit benutzt worden ist (vgl. Beschl. der 7. Kammer des Gerichts vom 7. April 2014, a. a. O.; Sauthoff, a. a. O.), also neben der genannten Straßenverordnung der DDR vom 22. August 1974 auch ggf. die Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 (GBl. DDR I S. 377). Für bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Straßenverordnung 1957 am 31. Juli 1957 (vgl. den dortigen § 26 Abs. 1) bestehende kommunale Straßen, zu denen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d der Straßenwesenverordnung 1957 Stadt- und Gemeindestraßen, -wege und -plätze zählten (vgl. auch § 1 Abs. 6 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Straßenwesenverordnung 1957) galt wiederum § 3 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung. Danach waren kommunale Straßen (und Wege) und Kreisstraßen öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen wurde.
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§ 3 Satz 2 der Straßenwesenverordnung 1957 bezog sich auf kommunale (und Kreis-) Straßen, die nach Inkrafttreten der Verordnung erstellt bzw. benutzt wurden. Diese wurden öffentlich, wenn die Räte der Kreise bzw. die Räte der Städte und Gemeinden sie nach Zustimmung der Rechtsträger oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr freigaben (Beschl. der 7. Kammer des Gerichts vom 7. April 2014, a. a. O.; Sauthoff, a. a. O.).
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Für die Beurteilung der Öffentlichkeit von Straßen i. S. des § 3 Abs. 1 der Straßenverordnung der DDR 1974, die erst nach deren Inkrafttreten am 1. Januar 1975 neu hergestellt wurden, war das entscheidende Indiz deren öffentliche Nutzung. Maßgeblich für die Abgrenzung zu nicht-öffentlichen Straßen (und Wegen) war, ob der Rechtsträger oder Eigentümer dieser Fläche darüber entscheiden konnte, von wem und zu welchem Zweck sie genutzt wurde (Beschl. der 7. Kammer des Gerichts vom 7. April 2014, a. a. O., S. 8 des amtlichen Umdrucks; Zörner, Alte Straßen in den neuen Bundesländern im Spiegel der Rechtsprechung, LKV 2000, 526, 527).
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Von der Überleitungsnorm des § 62 Abs. 1 Satz 1 StrWG – MV erfasst werden auch alle vor 1957 liegenden Fälle der „faktischen Widmung“ und der Widmung kraft „unvordenklicher Verjährung“. Fand bei Inkrafttreten der Straßenwesenverordnung 1957 auf der fraglichen Fläche öffentlicher Verkehr statt, galt der Weg oder die Straße als öffentlich; Entsprechendes galt für Straßen und Wege bei Inkrafttreten der Nachfolgeregelung, der Straßenverordnung der DDR 1974, am 1. Januar 1975 (Sauthoff, Öffentliche Straßen, a. a. O., Rn. 126 m. w. N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Entscheidend für die Öffentlichkeit dieser Straßen war (s. o.), dass der Weg tatsächlich von der Öffentlichkeit genutzt wurde und der damalige Rechtsträger bzw. Eigentümer der Nutzung durch jedermann nicht widersprochen hatte (OVG Greifswald, Beschl. v. 8. Dezember 1999, a. a. O., S. 543; Sauthoff, a. a. O.). Ein öffentlicher Verkehr lag vor, wenn ein nicht auf einen individuell feststehenden und abgegrenzten Personenkreis beschränkter, sondern der Allgemeinheit ungehindert offen stehender Verkehr stattgefunden hat (VG Greifswald, Urt. v. 1. Juni 2011 – 6 A 671/09 -, S. 5 des amtlichen Umdrucks m. w. N.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 12. Januar 2000 – A 1 S 85/99 -, LKV 2000, 543, 544). Dagegen spricht u. a., wenn ein Teil des Weges nahezu unpassierbar war (OVG Greifswald, Beschl. v. 8. Dezember 1999, a. a. O., S. 543; Sauthoff, a. a. O., Rn. 127).
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bb) Sowohl nach Aktenlage als auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht zwar hinreichend davon überzeugt, dass es einen alten (Sand-)Weg zwischen den öffentlichen Straßen „Am T.“ und „D-Straße“ gab.
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Wie dargestellt, reicht dies indessen nicht aus, sondern dieser muss nach den jeweiligen historischen Verhältnissen ein öffentlicher Weg sein. Bereits der von dem Zeugen C. beschriebene Zustand dieses früheren Wegs lässt Zweifel an der jederzeitigen objektiven Nutzbarkeit für jedermann aufkommen. Erst recht ist für das Gericht unklar geblieben, ob eine (unwidersprochene) Nutzung dieses Wegs durch die Allgemeinheit in den vergangenen Jahren/Jahrzehnten vor dem 30. Januar 1993 stattgefunden hat. Dazu ist im Einzelnen Folgendes auszuführen:
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(1) Über den Zustand und die öffentliche Nutzung des hier streitigen „Verbindungswegs“ im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Straßenwesenverordnung 1957 am 31. Juli 1957 gibt es nach Auffassung der Kammer keine hinreichenden Fakten oder mindestens Indizien.
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Die vom Kläger im Großformat in der mündlichen Verhandlung vorgelegten (und im DIN-A4-Format als Kopie zu den Akten eingereichten) Luftbildaufnahmen dieses Bereichs der Hansestadt Wismar vom 2. August 1944 und 25. Juni 1953 lassen zwar erkennen, dass ein solcher „Verbindungsweg“ zum Zeitpunkt der jeweiligen Aufnahme bestand. Es spricht sogar viel dafür, dass er schon mindestens im (und wohl auch vor dem) Jahre 1912 existierte, wie sich aus dem vom Kläger in Kopie vorgelegten Auszug aus der – so nach seinen Angaben - „Flurkarte x, Gemarkung Wismar, 1912“ ergeben dürfte; dieser Auszug vermittelt nach den bisherigen Erfahrungen des Gerichts den Eindruck einer offenkundig alte Flurkarte, die womöglich aus der vom Kläger angegebenen Zeit stammt.
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Über die von dem oder den damaligen Eigentümer/n zu „Reichszeiten“ bzw. ggf. dem Rechtsträger seit DDR-Zeiten unwidersprochene Nutzung durch jedermann wie überhaupt die Frage, ob dieser Weg nur von einem gewissen Kreis von „Berechtigten“ (z. B. den Landwirten, um auf die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen zu gelangen) oder von der Allgemeinheit genutzt wurde (und genutzt werden durfte), können diese Luftbilder und die alte Flurkarte wohl aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg keine Auskunft geben. Auch über die damalige „Qualität“ bzw. den damaligen Zustand dieses Verbindungswegs, die Hinweise auf die hier streitige Frage eines für die Allgemeinheit „tauglichen“, namentlich zu jeder Zeit mindestens begehbaren Weg und der „Alt-Öffentlichkeit“ geben könnten, kann anhand dieser Dokumente nicht geurteilt werden.
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Dabei lässt das Gericht offen, ob die mehrfache Änderung des Verlaufs dieses Wegs einen Hinweis auf die Frage nach dem Vorliegen eines alten öffentlichen Wegs gibt. So hat selbst der Kläger in seiner selbstverfassten „Chronik“ dieses Wegs eingeräumt, dass der Weg jeweils „Anfang der 1930er-Jahre“, „Ende der 1940er-Jahre“ und „Mitte der 1980er-Jahre“ aus dort beschriebenen Gründen verlegt wurde.
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Die gehörten Zeugen konnten über die tatsächliche Nutzung des „Verbindungswegs“ zu Reichszeiten und zu Zeiten der frühen DDR nichts aussagen. Die Zeugin B. hat ausgesagt, sie kenne den Weg seit 1971. Der 44 Jahre alte Zeuge A. kann naturgemäß erst frühestens die vergangenen 42 Jahre über den „erlebten“ Weg berichten, realistisch betrachtet erst seit Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Selbst der 51jährige Zeuge C. kann aus eigenem Erleben bestenfalls noch bis in die 60er Jahre über den Weg berichten.
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(2) Über die öffentliche Nutzung des „Verbindungswegs“ im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Straßenverordnung 1974 am 1. Januar 1975 (und davor bis zum Inkrafttreten der Vorgängerregelung aus dem Jahre 1957, siehe zuvor), die ggf. Rückschlüsse auf die (auch) vorangegangene (unwidersprochene) Nutzung des Wegs durch jedermann zuließe, gibt es nach Auffassung des Gerichts ebenfalls keine hinreichenden Fakten oder mindestens Indizien.
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Das Gericht ist u. a. mit Blick auf das vorgelegte Luftbild aus dem Jahre 1944 hinreichend davon überzeugt, dass dieser Weg nicht erst unter der Geltung der Straßenwesenverordnung 1957 entstanden ist, sondern wohl deutlich älter als besagtes Luftbild ist. Selbst wenn es nach Ende Juli 1957 eine qualitative und quantitative Veränderung der Nutzung dieses Wegs gegeben hätte, die zu einer erstmaligen Einstufung als öffentlicher „DDR-Weg“ hätte führen können, wäre zumindest keine Freigabeentscheidung des Rats der Stadt Wismar mit Zustimmung der Eigentümer oder Rechtsträger ersichtlich.
- 59
Aufgestellte Verkehrsschilder entlang dieses Wegs, die auf eine (unwidersprochene oder gar gewollte) Nutzung durch jedermann oder aber nur einen eingeschränkten Personenkreis hätten hindeuten können, hat es auch nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen nicht gegeben.
- 60
Aber auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen hat das Gericht nicht die hinreichende Überzeugung davon gewinnen können, dass der damalige Verbindungsweg die hinreichenden sachlichen Qualitäten eines (öffentlichen) Wegs aufwies und zudem (unwidersprochen) von jedermann genutzt wurde bzw. hätte genutzt werden können.
- 61
So konnten die Zeugen übereinstimmend berichten, dass in der Zeit, in der sie diesen Weg erlebt haben, er ein (nicht gepflasteter oder sonst wie durchgängig befestigter) Sandweg war. Zu den Ausmaßen dieses Wegs hat die Zeugin B. ausgesagt, er sei recht breit gewesen und habe mit Lkw, Traktoren und Erntefahrzeugen befahren werden können. Ähnlich hat sich der Zeuge A. eingelassen, wenn er davon berichtet hat, dass seine Eltern bzw. Großeltern den Weg zu ihrem an der Straße „Am T.“ liegenden Acker mit Pferdewagen oder Trecker befahren hätten und der Feldweg mindestens 3 m breit gewesen sei. Der Zeuge C. hat dazu ausgesagt, die ersten ca. 200 m von der Straße „D-Straße“ sei der Weg eine Fahrspur breit gewesen und auch in diesem Bereich ein Feldweg, der allerdings bei sich gebildeten Pfützen mit Bauschutt belegt worden sei. In diesem ersten Teil habe man den Weg mit Pferdewagen, Traktoren und auch mit dem Fahrrad befahren können, wobei die LPG ihn als Ackerzufahrt genutzt habe. Den weiteren Verlauf des Wegs habe man aber nicht mit einem Auto befahren können, da dort teilweise tiefe Traktorfahrspuren vorhanden gewesen seien. Selbst mit dem Fahrrad habe man auf weiteren Streckenteilen absteigen und es schieben müssen. Mit Pferdewagen oder Traktoren habe man über diesen Weg allerdings die Straße „Am T.“ erreichen können.
- 62
Zur Frage, welcher Personenkreis diesen Weg in den 60er Jahren bis Mitte 1975, aber auch danach genutzt habe, haben die Zeugen ebenfalls nicht hinreichend eine Wegenutzung durch jedermann dargestellt. So hat die Zeugin B. bekundet, dass neben ihrer Familie der Weg vor allem durch die Bauern genutzt worden sei, die ihn mit ihren Fahrzeugen befahren hätten. Aber auch das russische Militär, das in der Nähe einen Übungsplatz gehabt habe, habe später mit seinen LKW diesen Verbindungsweg genutzt, um zur Straße „D-Straße“ zu gelangen. Der Zeuge A. konnte nur darüber berichten, dass seine Familie den Weg nutzte, um zu ihrem Acker an der Straße „Am T.“ zu kommen. Ob noch weitere Personen diesen Verbindungsweg genutzt hätten, wisse er nicht. Der Zeuge C. schließlich hat ausgesagt, dass das russische Militär den Weg nicht mit Fahrzeugen benutzt habe, sondern zu Fuß zu ihnen (in die Straße „D-Straße“) gekommen sei, um Uhren und Radios zu verkaufen.
- 63
Bei Würdigung dieser Aussagen kann das Gericht nicht hinreichend sicher beurteilen, dass dieser Weg nicht nur für einen eingeschränkten Personenkreis, namentlich die von der Zeugin B. erwähnten Landwirte, sondern tatsächlich damals von jedermann genutzt worden ist. Keiner der Zeugen konnte dem Gericht berichten, dass außer ihren Familien selbst, den Landwirten und dem sowjetischen Militär weitere Personen den Weg begangen oder befahren hätten. Insbesondere eine Nutzung durch die Bürger Wismars bzw. angrenzender Wohngebiete, um zum Kohlenlagerplatz an der Straße „Am T.“ zu kommen, hat keiner der Zeugen ausgesagt. Die Nutzung des Wegs vom nahe gelegenen Militärgelände durch die sowjetischen Truppen, sei es offiziell oder inoffiziell/privat, kann nicht die Nutzung durch jedermann belegen.
- 64
Das Gericht kann mit Blick auf die damaligen Machtverhältnisse in der DDR im Übrigen auch nicht einmal erkennen, dass irgendein „privater“ Eigentümer einer Nutzung des Wegs durch Angehörige der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte auf dem Gebiet der DDR – selbst einer „privaten“ wie etwa zum (Tausch-)Handel - zu widersprechen gewagt oder erst recht ein Rechtsträger der DDR entsprechende Einwände zur Nutzung durch die „Waffen- und Klassenbrüder“ – so wohl der weitere DDR-Jargon für die auch dort stationierten Sowjettruppen (zitiert laut Internet aus Manfred Quiring, Russland: Orientierung im Riesenreich, S. 77) - erhoben hätte.
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Ein (darüber hinausgehender) nennenswerter öffentlicher Fußgänger-, Fahrrad- oder Kraftverkehr weiterer Bürger der DDR über diesen Weg ist nicht hinreichend erwiesen.
- 66
Hinzu kommt, dass der vom Zeugen C. überzeugend geschilderte Zustand dieses Verbindungswegs auch Zweifel aufkommen lassen, ob der Weg überhaupt hinreichend geeignet war, um als solch öffentlicher Weg eingestuft zu werden. Eine nur temporär eingeschränkte durchgängige Nutzbarkeit eines Wegs reicht nach Auffassung des Gerichts, um ihn in den damaligen Status eines öffentlichen Wegs zu heben. Das Gericht hat dabei nicht nur die Bekundungen des Zeugen C. vor Augen, wonach der Weg manchmal durch tiefe Traktorfahrspuren schwer passierbar war, jedenfalls nach Einschätzung des Zeugen nicht mit einem (damaligen) Personenkraftwagen (ohne Allrad-Antrieb o. Ä.).
- 67
Noch eindringlichere Bedenken einer jederzeit uneingeschränkt möglichen „Passage“ von der Straße „D-Straße“ zur Straße „Am T.“ auf diesem Weg hat das Gericht wegen der glaubhaften Aussage des Zeugen C., dass im weiteren Verlauf der Weg – offenbar nahe seinem Zusammentreffen mit der Straße „Am T.“ – durch eine Senke geführt habe, die nach seiner Bekundung nach heftigen Regengüssen nicht befahrbar gewiesen sei. Dort sei eine sumpfige Wiese gewesen.
- 68
Es kann offen bleiben, ob dies ebenso für die Bekundung des letztgenannten Zeugen gilt, dass – nach seiner Erinnerung wohl Anfang der 80er Jahre, jedenfalls aber noch zu DDR-Zeiten – ein Teil des Wegs zusammen mit anderen Flächen zu einer Ackerfläche umgepflügt worden sei. Zwar wären dann umso größere Zweifel bereits am Vorliegen eines „feststehenden“ Wegs als Verbindung zwischen den beiden genannten Straßen angebracht. Hier erschiene dem Gericht aber auch eine Verwechselung der sich abzweigenden Wegeflächen mit derjenigen, die von der Straße „D-Straße“ kommend nach rechts nur zu einer landwirtschaftlichen Fläche führte, möglich.
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Das Gericht hat auch keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen C. zu zweifeln. Auch der Kläger, der sich vehement gegen die Einvernahme dieses Zeugen zur Wehr gesetzt hat (siehe zum einen seinen siebenseitigen Schriftsatz vom 28. Juli 2014, aber ebenso noch einmal in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf besagten Schriftsatz), hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass dieser Zeuge unglaubwürdig ist. Wie bereits mündlich darlegt, kann und darf das Gericht es grundsätzlich nicht von vornherein ablehnen, einen bestimmten Zeugen zu vernehmen, der von einem der Beteiligten benannt worden ist (oder von Amts wegen dafür in Betracht kommen). Der Einwand, der Zeuge sei damals noch ein Kind gewesen, überzeugt insoweit nicht einmal im Ansatz, hindert also nicht seine Vernehmung als heute erwachsener Zeuge und macht eine solche Zeugenaussage auch nicht etwa per se unglaubhaft oder den Zeugen gar unglaubwürdig. Der Umstand, dass ein zwischenzeitlich erwachsener Zeuge über von ihm wahrgenommene Vorgänge aus seiner Kindheit berichtet, ist vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO unter Berücksichtigung des § 286 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 5 m. w. N.) zu behandeln.
- 70
Dies gilt ebenso für die Frage, ob eine Zeugenaussage dann kritisch im Hinblick auf die inhaltliche Glaubhaftigkeit und/oder die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu hinterfragen sein wird, wenn dieser selbst einen unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil aus dem Ergebnis des Prozesses zieht oder zumindest ziehen kann.
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Konkret ist dafür aber mit Blick auf den Zeugen C., der auf dem Nachbargrundstück zum klägerischen Grundstück eine Glaserei betreibt, nichts ersichtlich. Nicht nachvollziehbar ist insoweit der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 28. Juli 2014, dortige Seite 5, der Zeuge werde von der beantragten Verurteilung in seinen Rechten betroffen, da er „über den“ streitigen Fahrbahnabschnitt ein Gewerbe betreibe, wofür dann Straßenreinigungsgebühren anfielen, sodass es verständlich sei, dass der Zeuge dies mit allen Mitteln zu verhindern suche. Das Grundstück des Zeugen mit der postalischen Adresse „C-Straße“ liegt an dieser öffentlichen Straße und unterliegt daher schon jetzt der Straßenreinigungsgebührenpflicht. Gleiches gilt, soweit dem Zeugen auch das benachbarte Flurstück 3883/2 (mit der postalischen Adresse „D-Straße 2b“) gehört und er dort sein Glasereigewerbe betreiben sollte. Es ist nicht ersichtlich, wie sich aus einer ggf. falschen Aussage im vorliegenden Klageverfahren für diesen Zeugen ein Vorteil etwa im Sinne von dann für ihn nicht anfallenden Straßenreinigungsgebühren ergeben könnte.
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Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen hat das Gericht auch nicht – weder von vornherein noch unter dem Eindruck der Zeugenvernehmung - deshalb, weil nach dem Vortrag des Klägers vor dem Amtsgericht Schwerin unter dem Aktenzeichen 38 Ds 279/04 ein nunmehr dann schon 10 Jahre altes Wiederaufnahmeverfahren wegen angeblich falscher Zeugenaussage des Zeugen C. vor dem Amtsrichter (immer noch) rechtshängig sei. Gleiches gilt, soweit außerdem/stattdessen ein (jüngerer) Strafprozess (?) bzw. zumindest, worauf das genannte Aktenzeichen „Js“ hindeutet, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen „falscher Verdächtigungen des Klägers bzw. Vortäuschung von Straftaten“ (Az. 241 Js 28405/13) noch nicht abgeschlossen seien. Auch „seit Jahrzehnten“ vorkommende Nachbarschaftsstreitigkeiten zwischen dem Kläger und dem Zeugen C., gegenwärtig nach dem Vortrag des Klägers eine Grenzstreitigkeit vor dem Amtsgericht Wismar (Az. 12 C 128/11) machen den Zeugen - unabhängig von der Frage, in welcher (ggf. jeweiligen) Rolle er dort aufgetreten ist bzw. auftritt - nicht von vornherein unglaubwürdig. Eine strafrechtliche Verurteilung des Zeugen C. wegen eines Aussagedelikts trägt auch der Kläger nicht vor.
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Konkrete Anhaltspunkte für die Einstufung der Person des Zeugen C. als unglaubwürdig hat das Gericht aber, wie gesagt, auch nicht unter dem Eindruck der erfolgten Zeugenvernehmung. Das Gericht hatte nicht den Eindruck, dass der Zeuge C. falsch ausgesagt hat, namentlich um dem Kläger Schaden zuzufügen. Die auch für das Gericht allerdings während der Zeugeneinvernahme spürbaren „Spannungen“ zwischen dem Zeugen und dem Kläger haben nach dem Eindruck des Gerichts nicht dazu geführt, dass der sachlich und nüchtern über das Beweisthema berichtende Zeuge als unglaubwürdig anzusehen wäre.
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Die weiteren Anwürfe im Schriftsatz des Klägers vom 28. Juli 2014, Seite 6, dritter und vierter Absatz, die wohl auf eine Art Verschwörung zwischen dem Beklagten und dem Zeugen zu Lasten des Klägers oder gar eine Erpressung des Zeugen durch die Hansestadt zur Erzwingung einer „willfährigen“ Aussage zugunsten des Beklagten hindeuten, sind für das Gericht nicht nachvollziehbar. Es gibt dafür keinen greifbaren Anhalt. Wenn der Kläger dann im Weiteren mit Blick auf den Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 13. Juni 2014, in dem ein Gespräch der beiden Mitarbeiterinnen des Beklagten mit dem Zeugen C. wiedergegeben wird, davon spricht, dass „(dabei) völlig unklar bleibt …, wieso der Beklagte einen Zeugen benennen lässt, der trotz allem faktisch zugunsten des Klägers ausgesagt hat …“, ist für das Gericht auch nicht nachvollziehbar, warum der Kläger dennoch den Zeugen C. bzw. dessen Aussage verhindern wollte.
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Auch im Rahmen der Zeugenvernehmung am Tag der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht nicht den Eindruck, hier habe der Zeuge C. eine (falsche) Aussage „absprachegemäß“ mit der Hansestadt Wismar und ihren Vertretern bzw. als „Gegenleistung“ (wofür auch immer) erbracht.
- 76
Schließlich hat auch der Kläger dann in der mündlichen Verhandlung selbst keine Fragen an den Zeugen gestellt, die dessen Glaubwürdigkeit hätten erschüttern können, sondern es ging stets nur um Fragen im Zusammenhang mit der Sache.
- 77
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht die Einzeichnung des hier streitigen Wegs im Stadtplan von Wismar aus dem Jahre 1986 gemäß der Zeichenerklärung als „Fahrweg“ nicht hinreichend davon überzeugen können, dass von dessen damaliger öffentlicher Nutzung durch jedermann auszugehen ist.
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Auch im Zuge einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Dokumente und erhobenen Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung verbleiben beim Gericht die geschilderten Zweifel, ob der „Verbindungsweg“ bereits die tatsächlichen Qualitäten eines (öffentlichen) Wegs hatte und vor allem, ob er in der maßgeblichen Vergangenheit durch die Allgemeinheit als solcher genutzt worden war.
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(3) Schließlich ist nichts dafür ersichtlich, dass der hier streitige „Verbindungsweg“ – etwa nach dem Ergebnis des Ausmaßes einer späteren, vorliegend aber nicht erkennbaren Erweiterung/Veränderung - die Kriterien für eine neue Straße nach Inkrafttreten der Straßenverordnung 1974 ab dem 1. Januar 1975 erfüllt bzw. auch nur tatsächlich darstellt.
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cc) Weitere zur Sachverhaltsaufklärung taugliche Beweismittel vermag das Gericht nicht zu erkennen. Namentlich die vom Kläger beantragte Inaugenscheinnahme des heutigen Bereich des ehemaligen „Verbindungswegs“ ist kein taugliches Beweismittel für die hier maßgeblichen Fragen, wie der Weg – erstens - früher ausgesehen hat und ob und inwieweit er – zweitens - damals von der Allgemeinheit ohne Widerspruch des Eigentümers/Rechtsträgers genutzt worden ist.
- 81
2. Allerdings kann auch eine private Straße eine selbständige Erschließungsanlage sein (VG Leipzig, Urt. v. 16. Dez. 2008 – 6 K 1207/07 -, juris, Rn. 22 m. w. N.). Soweit ein Grundstück - wie hier dasjenige des Klägers - erst über einen von der gereinigten öffentlichen Straße abzweigenden Privatweg erreicht wird, ist deshalb insbesondere zu prüfen, ob die private Zuwegung nach den Umständen des Einzelfalles als selbstständige Erschließungsanlage den Erschließungszusammenhang zur öffentlichen Straße unterbricht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 20. Januar 2011 – 9 A 2634/09 -, juris, Rn. 2 m. w. N.; Aussprung, a. a. O., § 6 Anm. 10.7.3 S. 327) oder dies sogar nach umfänglich weiter gefassten Kriterien eines straßenreinigungsgebührenrechtlichen Erschließungsbegriffs gegen eine solche Erschließung spricht.
- 82
Maßgeblich dürfte nach beiden Auffassungen der Gesamteindruck sein, den ein unbefangener Beobachter nach den tatsächlichen Verhältnissen hat. Dieser Eindruck wird in erster Linie geprägt von der Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage sowie dem Maß der Abhängigkeit zu der Straße, in welche die Anlage einmündet. So ist eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion (Sackgasse) ausschließlich auf die Straße angewiesen, von der sie abzweigt, ohne dass dies allerdings bereits zwingend gegen eine Selbständigkeit dieses Wegs spricht. Da sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt, besteht der Eindruck einer Unselbstständigkeit häufig noch bei einer Ausdehnung, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt. Bedeutsam für die Einstufung als selbstständig oder unselbstständig sind ferner die Breite der Verkehrsanlage, Art und Anzahl der an sie angrenzenden Grundstücke, ihre Ausstattung mit Fahrbahn, Gehwegen, Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen sowie ihre (namentlich: Verkehrs-)Funktion im Vergleich zur Funktion der nächstgelegenen öffentlichen Straße (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 25. Okt. 2007 – 9 LA 285/06 -, NordÖR 2008, 44, hier zitiert aus juris, Rn. 7 m. w. N.; OVG Münster, Beschl. v. 20. Januar 2011, a. a. O., Rn. 5 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 13. Okt. 2005 – 2 LB 97/04 -, NordÖR 2006, 42, hier zitiert aus juris, Rn. 23 f.; VG Düsseldorf, Urt. v. 20. Okt. 2009 – 16 K 1111/09 -, juris, Rn. 24 m. w. N.; OVG Greifswald, Besch. v. 11. Dez. 2003 – 1 M 218/03 -, NordÖR 2004, 132, hier zitiert aus juris, Rn. 27 ff. zum Erschließungsbeitrags- bzw. Straßenbaubeitragsrecht; Aussprung, a. a. O., § 6 Anm. 10.7.3 S. 327 und 10.7.4 S. 328 f.).
- 83
Selbst wenn das Gericht hier die (engeren) Voraussetzungen einer selbständigen Erschließungsanlage i. S. der §§ 131 Abs. 1, 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB entsprechend im Straßenreinigungsgebührenrecht zugrunde legt, liegen diese nach dem Gesamteindruck eines unbefangenen Beobachters nicht vor.
- 84
Darüber hinaus besteht die aus straßenreinigungsgebührenrechtlicher Sicht erforderliche vernünftige objektive Beziehung zwischen dem Grundstück des Klägers und der öffentlichen Straße „D-Straße“, sogar eine zwingende Abhängigkeit der Nutzung des Grundstücks von dieser öffentlichen Straße. Der erschließungs- bzw. straßenreinigungsgebührenrechtliche Zusammenhang des Grundstücks des Klägers mit der öffentlichen Straße „D-Straße“ erfolgt über die mit einer öffentlich-rechtlichen Baulast gesicherte Zuwegung über das offenbar im städtischen Eigentum befindliche Wegegrundstück, das wiederum zur öffentlichen Straße „D-Straße“ führt. Insoweit ist Folgendes auszuführen:
- 85
Der hier in den Blick zu nehmende Stichweg ist nur ca. 100 m lang und lediglich im vom Wendehammer der Straße „D-Straße“ betrachtet vorderen Bereich von einer leichten Linkskurve geprägt, so dass er – wie die Inaugenscheinnahme der Luftbildaufnahmen in GeoPortal.MV bzw. GAIA-MV zeigt – auch vom Wendehammer der öffentlichen Straße „D-Straße“, von dem der Weg nach Westen abzweigt, aus bis zum Ende hin einsehbar ist. Insofern erweckt der Weg für einen unbefangenen Beobachter nicht bereits deshalb den Eindruck, er weise schon von seiner Ausdehnung her gegenüber der öffentlichen Straße „D-Straße“ einen selbst- bzw. eigenständigen Charakter auf.
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An diesen Weg grenzen außerdem nur sehr wenige Grundstücke an, von denen mit Ausnahme des nachfolgend benannten Eckgrundstücks nur das Grundstück des Klägers zu Wohnzwecken genutzt wird: Von Norden her ist es das Eckgrundstück „D-Straße 2 b“ und daran anschließend das Grundstück des Klägers, von Westen her das Flurstück z und von Süden gibt es überhaupt keine privat (etwa zu Wohnzwecken) genutzten Grundstücke, sondern offenbar nur öffentliche Wegeflächen.
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Der Weg hat nach den Luftbildern und dem Vortrag der Beteiligten offenbar auch lediglich eine Fahrbahndecke, hingegen weder einen Fußgängerweg noch eine Straßenbeleuchtung, die ein unbefangener Beobachter als – wenngleich nicht zwingende - Attribute einer selbständigen Straße (bzw. sogar eines Bestandteils der öffentlichen Straße „D-Straße“) werten könnte. Zu einer etwaigen Straßenentwässerungseinrichtung tragen die Beteiligten allerdings nichts vor, ebenso wenig zu der (Fahrbahn-)Breite des Wegs. Die Fahrbahn ist jedoch größtenteils – etwa ab der Hälfte des Eckgrundstücks „D-Straße 2 b“ bis etwa dem Ende des Grundstücks des Klägers - wesentlich schmaler als diejenige der öffentlichen Straße „D-Straße“, wie die Luftbildaufnahmen zeigen. Bereits ein ungefährdeter Begegnungsverkehr erscheint dem Gericht nicht möglich zu sein. Zum Ende hin scheint sich der Weg zwar zu verbreitern, einen Wendehammer stellt diese Fläche aber nicht dar, zumal der Umfang im Gegensatz zum Wendehammer an der öffentlichen Straße „D-Straße“ jedenfalls deutlich geringer wäre.
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Auch die fehlende Verbindung zu einer anderen öffentlichen Straße als derjenigen „D-Straße“ spricht bei unbefangener objektiver Betrachtung gegen die Qualifizierung dieses (Sackgassen-)Wegs als selbständige Erschließungsanlage ohne Beziehung zur öffentlichen Straße „D-Straße“.
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Das Grundstück des Klägers befindet sich schließlich direkt hinter den an der öffentlichen Straße „D-Straße“ anliegenden Wohngrundstücken „D-Straße 2 a“ und „D-Straße 2 b“, wobei Letzteres zugleich das Eckgrundstück bildet, und liegt überdies nur ca. 30 m entfernt von (dem unstreitigen Teil) der öffentlichen Straße „D-Straße“.
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3. Auch die unstreitig nicht erfolgende Reinigung des Stichwegs macht den Straßenreinigungsgebührenbescheid nicht rechtswidrig, da dieser Weg – anders als in den vom Gericht zuletzt entschiedenen Fällen (rechtskräftige Urteile vom 28. Oktober 2013 in den Sachen 4 A 526/10, 4 A 579/10, 4 A 580/10, 4 A 581/10 und 4 A 586/10, Beschlüsse des OVG Greifswald vom 23. Oktober 2014, Az. 1 L 8/14 bis 1 L 12/14) - kein öffentlicher ist, sondern eine private (unselbständige) Stichstraße darstellt. Privatwege oder –straßen sind von der städtischen Reinigungspflicht, die nur öffentliche Straßen umfasst, ausgenommen (vgl. auch Beschl. d. 7. Kammer v. 13. Sept. 2002 in einer Sache gleichen Rubrums – 7 B 527/02 -, S. 3 des amtlichen Umdrucks, berichtigt lediglich im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung mit Beschluss vom 23. Sept. 2002, gegen den auch eine u. a. eingelegte Beschwerde erfolglos geblieben war, siehe Beschl. des OVG Greifswald v. 30. Oktober 2002 – 1 M 162/02 -).
- 91
Soweit der Kläger vorträgt, für die Privatgrundstücke mit den Flurstücksnummern a, b und c würden keine Straßenreinigungsgebühren erhoben, bleibt er bereits den Nachweis dafür schuldig, ebenso wie für die Behauptung, diese sehr kleinen und für sich genommen nicht selbständig bebaubaren Flurstücke bildeten ein bis drei Buchgrundstücke. Bei Betrachtung der Luftbilder dürften mindestens die Flurstücke a und b mit einem Gebäude des Nachbargrundstücks (Flurstück d) überbaut sein; auch das Flurstück c grenzt unmittelbar an dieses Grundstück an. Insofern erscheint schon nicht fernliegend, dass diese Flurstücke keine eigenständigen Buchgrundstücke, sondern Bestandteil des Buchgrundstücks „D-Straße 2 b“ sein könnten. Nicht nachvollziehbar bleibt allerdings, warum der Beklagte sich zu diesen Anwürfen in keiner Weise geäußert hat. Selbst wenn deshalb die Behauptung, diese Flur- und/oder Grundstücke seien zu Unrecht nicht zur Grundlage einer Straßenreinigungsgebührenpflicht des Eigentümers dieser Flächen gemacht worden, zuträfe, bestünde für den Kläger auch nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes kein Anspruch auf eine sog. Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. etwa BayVerfGH, Entsch. v. 20. Dez. 2012 – Vf. 25-VI-12 -, BayVBl. 2013, 334; VGH Mannheim, Urt. v. 7. Sept. 2011 – 2 S 1202/10 -, KStZ 2012, 17, 18 m. w. N.).
- 92
4. Da die Wegefläche vor dem Grundstück des Klägers mithin einen unselbständigen (Privat-)Weg darstellt, ist Maßstab der Straßenreinigungsgebühren auch nicht etwa nur die Länge der als Baulast eingetragenen Zuwegung (wohl im Umfang von neun Metern, wie der Kläger vorträgt) oder die gesamte deutlich längere Südseite des an dem Stichweg anliegenden Grundstücks.
- 93
Die Berechnung der – hier: fiktiven – „Straßenfrontmeter“ bei einem Hinterliegergrundstück ist vielmehr in § 7 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 der Gebührensatzung für Straßenreinigung in der Hansestadt Wismar vom 6. November 2009 geregelt. Der Beklagte hat seine Berechnung der mithin maßgeblichen Ostseite des Grundstücks des Klägers, die der reinigungspflichtigen öffentlichen Straße „D-Straße“ zugewandt ist, von zunächst 34 auf nunmehr noch 29 (fiktive) „Straßenfrontmeter“ revidiert.
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Zwar wendet der Kläger ein, diese Seite seines Grundstücks sei nur „knapp 28 Meter“ lang, dies wird jedoch bereits nicht substantiiert vorgetragen und ist auch nicht offenkundig. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen hinreichenden Anlass, dieser vagen Behauptung im Wege der Amtsermittlung weiter nachzugehen.
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Im Übrigen ist auf § 3 Abs. 5 der Gebührensatzung für Straßenreinigung in der Hansestadt Wismar vom 6. November 2009 hinzuweisen, wonach bei der Berechnung der Frontmeter Abweichungen bis zu einem Meter zulässig sind. Diese Regelung könnte sinngemäß in gleichem Maße für die Berechnung der fiktiven „Straßenfrontmeter“ eines Hinterliegergrundstücks anzuwenden sein. Dabei kann offen bleiben, ob eine solche Regelung, die offenbar nicht lediglich eine Auf- oder Abrundungsregelung hin zu jeweils „vollen“ Metern trifft, überhaupt rechtlich Bestand haben kann. Selbst wenn diese Satzungsvorschrift rechtswidrig wäre, ist nichts dafür ersichtlich, dass die Straßenreinigungsgebührensatzung bei Wegfall dieser Bestimmung nach dem Willen des Satzungsgebers entsprechend § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Ganzen keinen Bestand mehr haben soll. Fällt die Regelung, verbleibt es jedoch dabei, dass vorliegend nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden ist, warum die Berechnung der Länge der fraglichen Ostseite des Grundstücks immer noch um einen Meter zu hoch vorgenommen worden ist.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO. Im Hinblick auf den erledigten Teil des Gebührenbescheids wäre zwar bei isolierter Betrachtung eine Beteiligung des Beklagten an den Verfahrenskosten in Betracht gekommen. Bei der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung hat jedoch die Regelung in § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO Vorrang. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger im Übrigen nach einer kostenträchtigen Beweiserhebung durch Vernehmung von drei Zeugen in der Sache unterliegt. Selbst wenn seine Mutter als Zeugin keine Kosten geltend macht, blieben immer noch die durch die Vernehmung der übrigen Zeugen verursachten Kosten (für die Fahrten zum und vom Gerichtstermin sowie die entstandenen Verdienstausfälle).
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Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens sieht das Gericht ab, da auf Beklagtenseite eine insolvenzunfähige Stadt und damit eine kraft Gesetzes stets zahlungsfähige Schuldnerin steht.
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.
(2) Verteilungsmaßstäbe sind
- 1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung; - 2.
die Grundstücksflächen; - 3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.
(2) Verteilungsmaßstäbe sind
- 1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung; - 2.
die Grundstücksflächen; - 3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.