Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 22. Mai 2018 - 12 B 31/18
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auf 18.832,38 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag der Antragstellerin,
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die endgültige Besetzung der Schulleiterstelle an der Schule am Meer, Grund- und Gemeinschaftsschule der Hansestadt A-Stadt zu unterlassen, bevor nicht rechtskräftig über ihren Bewerbungsverfahrensanspruch entschieden worden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung), wobei ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch in rechtlicher Hinsicht gegeben sein müssen und die dem Anordnungsgrund und dem Anordnungsanspruch zugrunde liegenden Tatsachen von der Antragstellerin glaubhaft zu machen sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
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Ein Anordnungsanspruch ist in beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren glaubhaft gemacht, wenn der unterlegene Bewerber darlegt, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft war und seine Aussichten, bei erneuter Auswahlentscheidung ausgewählt zu werden, zumindest offen sind, seine Auswahl mithin möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - BvR 857/02 -, juris Rn. 83; BVerwG, Beschluss vom 20. 01.2004 - 2 VR 3.03 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 28.04.2017 – 2 MB 5/17). Die Anforderungen würden überspannt, wenn für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt würde, dass der Bewerber die realistische, nicht nur entfernte Möglichkeit glaubhaft machen muss, dass er bei Vermeidung des Fehlers dem Mitbewerber vorgezogen wird.
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Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gewährt ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dementsprechend hat jeder Bewerber Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es dabei, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen und als vorrangiges Auswahlkriterium auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; BVerfG, Beschluss vom 04.10.2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris Rn. 12).
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Gemessen hieran ist die angegriffene, zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden.
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Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie durch die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten der Beigeladenen in ihren Rechten verletzt wird. Nach der primär maßgeblichen aktuellen Beurteilungslage gebührt der Beigeladenen im Ergebnis der Vorrang. Zwar sind sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene in ihrer letzten Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil („sehr gut“) bewertet worden. Allerdings hat die Beigeladene ihre Beurteilung in einem statushöheren Amt als die Antragstellerin erhalten. Die Höherwertigkeit des Amtes folgt dabei aus der der Beigeladenen gewährten höheren Besoldung. Das Amt im statusrechtlichen Sinn ist gekennzeichnet durch die Amtsbezeichnung, die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und die Zuordnung zu einer Besoldungsgruppe. Die Beigeladene erhält Besoldung nach A14 Z, die Antragstellerin eine solche nach A13 Z; die Beigeladene ist demnach Inhaberin eines höheren Statusamt (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschlüsse vom 29.09.2017 -2 MB 13/17 – und vom 04.12.2017 - 2 MB 20/17).
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Beziehen sich indes dienstliche Beurteilungen konkurrierender Bewerber - wie hier - auf unterschiedliche Statusämter, ist bei formal gleichlautenden Gesamturteilen die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser als diejenige des für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Maßstab für die dienstlichen Anforderungen regelmäßig im Blick auf das innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne zu bestimmen ist und dass mit einem verliehenen höheren Statusamt im Allgemeinen gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 – 2 BvR 1958 – juris Rn. 59 und vom 11.05.2011 - 2 BvR 764/11 - juris, Rn. 11; BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, a. a. O., Rn. 52; OVG NRW, Beschlüsse vom 30.11.2015 - 6 B 1080/15 -, juris, Rn. 28, und vom 17.02.2015 - 1 B 1327/14 -, juris, Rn. 13, m.w.N).
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Zwar darf diese Regel nicht schematisch angewendet werden; es mag Ausnahmefälle von der grundsätzlichen Höhergewichtung der statushöheren Beurteilung gegeben. So geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass ein Statusrückstand im Einzelfall durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17.02.2017 - 2 BvR 1558/16 -, a. a. O., Rn. 21, vom 11.05. 2011 - 2 BvR 764/11 -, a. a. O., Rn. 11, 14, und vom 20.03. 2007 - 2 BvR 2470/06 -, NVwZ 2007, 691 = juris, Rn. 17 ff.; s. auch OVG NRW, Beschluss vom 12.07.2010 - 1 B 403/10 -, juris, Rn. 18 ff).
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Hier bedarf es keiner Klärung, welche dies sein können und ob dazu mit Blick auf die vorstehend dargestellten Grundsätze des Statusamtsbezuges die besondere Eignung des Bewerbers für das angestrebte konkrete Amt gehören kann (vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2001 - 6 B 1408/01 -, juris Rn. 7).
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Derartige Umstände sind von der Antragstellerin nämlich nicht dargelegt worden und sind auch für die Kammer nicht erkennbar. Ausweislich des Auswahlvermerks vom 20.02.2018 hat der Antragsgegner darüber hinaus ausdrücklich geprüft, ob vorliegend ein Ausnahmefall bei der Antragstellerin vorliegt, sie insbesondere über Qualifikationen verfügt, die den Unterschied aufgrund des höheren Statusamts der Beigeladenen ausgleichen könnten. Er hat dies jedoch verneint. Von einer schematischen Anwendung des oben zitierten Grundsatzes kann demzufolge nicht ausgegangen werden.
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Damit ist die Beigeladene, da sie im höheren statusrechtlichen Amt beurteilt worden ist, trotz formal gleichem Gesamturteil besser beurteilt worden als die Antragstellerin und durfte folglich vom Antragsgegner ausgewählt werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr.1 , § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.