Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Okt. 2016 - RN 12 K 16.345

published on 19/10/2016 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Okt. 2016 - RN 12 K 16.345
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Gericht

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Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 4.2.2016 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen im Rahmen der Bauüberwachung ergangenen Mängelbescheid.

Der Kläger ist Geschäftsführer der ... GmbH, welche Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. ...24/1... der Gemarkung ... (Anwesen ... 1) ist. Dieses Grundstück ist mit dem „2...“ bebaut.

Mit Bescheid vom 23.8.1982 wurde der F. als Vertreterin des damaligen Eigentümers des Grundstücks, H., eine Baugenehmigung zum Aufbau eines zweiten Stockwerks und zur Erweiterung der Vorhalle des bereits bestehenden 1... erteilt. Dieser Bescheid enthält in seinem Anhang zahlreiche Auflagen. Unter anderem ist dort geregelt:

Ziff. 2, fünfter Absatz:

„Die Ausgänge ins Freie bzw. zu den Fluchtwegen müssen jederzeit ohne Behinderung begehbar sein. Ferner sind Vorkehrungen zu treffen, dass im Gefahrenfall die Balkone ohne nennenswerte Behinderung bzw. Gefährdung als Fluchtweg benützt werden können. Die Trennwände zwischen den einzelnen Zimmern auf den Balkonen müssen entsprechend gestaltet sein.“

Ziff. 2, siebter Absatz:

„In den Treppenräumen und den dazugehörigen unmittelbaren Ausgängen ins Freie dürfen keine brennbaren Verkleidungen verwendet werden. Im Übrigen müssen brennbare Verkleidungen in Fluren mindestens schwer entflammbar sein. Das Gleiche gilt auch für Bodenbeläge.“

Ziff. 15:

„Das Haupttreppenhaus in Gebäudemitte vom 1. ins 2. OG sowie das weitere Treppenhaus im östlichen Trakt muss in ganzer Höhe feuerbeständige Wände in Brandwandstärke und eine F-90-Decke erhalten. Zu den Fluren hin sind die Treppenhäuser mind. mit rauchdichten, selbstschließenden Metalltüren mit Drahtglasfüllung abzutrennen.

Alle Treppenhäuser erhalten direkten Ausgang ins Freie.“

Ziff. 24:

„Glastüren und Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, sind so zu kennzeichnen, dass sie leicht erkannt werden können. Für sie ist ausreichend dickes und bruchsicheres Glas zu verwenden.“

Ziff. 25:

„Wand- und Deckenverkleidungen im Treppenhaus müssen aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen; in allgemein zugänglichen Fluren, die als Rettungswege dienen, müssen Wandoberflächen und Verkleidungen, Einbauten und Dämmschichten aus mindestens schwer entflammbaren Baustoffen bestehen.“

Mit notariellem Vertrag vom 5.7.1990 erwarb die damals in Gründung befindliche ... GmbH, vertreten durch drei Gründungsgesellschafter, darunter auch der Kläger, dieser auch zusätzlich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, das Eigentum am streitgegenständlichen Grundstück.

Mit Schreiben vom 23.10.1990 teilte das Landratsamt ... in einem an die ... GmbH in W. adressierten Schreiben mit, welche Beanstandungen sich im Rahmen einer Baukontrolle am 5.9.1990 ergeben hatten (Bl. 145, 146 d. A.). Auch ein weiteres Schreiben des Landratsamts vom 30.1.1995 war an die ... GmbH in W. adressiert (Bl. 153 d. A.), die unter ihrem Briefkopf antwortete (Bl. 154 d. A.).

Nachdem der damalige Pächter, W2..., am 12.1.2013 eine Mängelliste an den Eigentümer und an das Landratsamt versandt hatte, welche auch Mängel hinsichtlich des Brandschutzes enthielt, fand am 17.1.2013 eine weitere Ortseinsicht durch das Landratsamt ... statt. Auf der Grundlage der dabei getroffenen Feststellungen versandte das Landratsamt ... mit Schreiben vom 23.1.2013 eine neue Mängelliste, die an den damaligen Pächter, W2... adressiert war. Diese enthielt u. a. folgende Forderungen:

„4. Die Türen in Rettungswegen sind so auszustatten, dass sie während des Aufenthalts von Personen jederzeit in Fluchtrichtung mittels eines Handgriffs in voller Breite geöffnet werden können (§ 9 Abs. 3 VStättV und § 11 Abs. 1 BStättV). Empfohlen werden Paniktürverschlüsse.

...

7. Die Haupteingangshalle mit Treppe zum ersten Obergeschoss ist mit rauchdichten und selbst schließenden Türen - in den Bauzeichnungen zu Bauantrag Nr. 07... werden mit Rotrevidierung Stahlrahmentüren mit Brandschutzverglasung gefordert - von den angrenzenden Fluren zu trennen.

Alternativ sind in der Eingangshalle mit Rezeption die Wand- und Deckenverkleidungen sowie die Möblierung nicht brennbar auszubilden.

10. Glastüren und andere Glasflächen bei allgemein zugänglichen Flächen sind ausreichend dick und bruchsicher auszubilden (Art. 35 BayBO).

Als brandschutzrechtliche Anforderungen an diese Türen gestellt werden - s. Ziffer 7 - müssen diese Verglasungen die Mindestanforderung G 30 erfüllen.“

Mit Schreiben vom 29.1.2013 wandte sich die ... GmbH mit einem vom Kläger mit dem Zusatz „Geschäftsführer“ unterzeichneten Schreiben an den Landrat des Landkreises ... und beklagte, dass in der Mängelliste vom 23.1.2013 Mängel konstruiert würden. Eine Antwort des Landratsamtes ... erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 5.4.2013 wandte sich die ... GmbH erneut mit einem wiederum vom Kläger mit dem Zusatz „Geschäftsführer“ unterzeichneten Schreiben an das Landratsamt ..., wobei u. a. hinsichtlich Nr. 10 um Konkretisierung gebeten wurde, um welche Glasscheiben es sich handle. Eine Antwort des Landratsamtes ... erfolgte auch diesmal nicht.

Mit Schreiben vom 18.4.2013 teilte die ... GmbH erneut mit einem wiederum vom Kläger mit dem Zusatz „Geschäftsführer“ unterzeichneten Schreiben an das Landratsamt ... mit, dass man sich mit dem Pächter in einem Rechtsstreit befinde, derzeit keinen Zugang zum 2... habe und bemüht sei, die Mängel zu beheben.

Mit an den Kläger persönlich gerichtetem Bescheid vom 4.2.2016 erließ das Landratsamt ... einen das 2... betreffenden Mängelbescheid, mit welchem im Rahmen der Bauüberwachung verschiedene Mängel festgestellt bzw. Nachweise angefordert wurden.

U. a. wurde gefordert:

„d. Die Türen in Rettungswegen sind so auszustatten, dass sie während des Aufenthalts von Personen jederzeit in Fluchtrichtung mittels eines Handgriffs in voller Breite geöffnet werden können (§ 9 Abs. 3 VStättV und § 11 Abs. 1 BStättV). Empfohlen werden Paniktürverschlüsse.

g. Die Haupteingangshalle mit Treppe zum ersten Obergeschoss ist mit rauchdichten und selbst schließenden Türen - in den Bauzeichnungen zu Bauantrag 07... werden mit Rotrevidierung Stahlrahmentüren mit Brandschutzverglasung gefordert - von den angrenzenden Fluren zu trennen.

h. In den Treppenräumen und den dazugehörigen unmittelbaren Ausgängen ins Freie dürfen keine brennbaren Verkleidungen verwendet werden. Die vorhandenen Wand- und Deckenverkleidungen aus brennbaren Baustoffen im Haupttreppenhaus bis ins Freie müssen durch nicht brennbare Verkleidungen ersetzt werden.

i. Glastüren und andere Glasflächen bei allgemein zugänglichen Flächen sind ausreichend dick und bruchsicher auszubilden (Art. 35 BayBO).

Als brandschutzrechtliche Anforderungen an diese Türen gestellt werden - s. Ziffer 7 - müssen diese Verglasungen die Mindestanforderung G 30 erfüllen.“

Zur Begründung stützte sich das Landratsamt ... auf Art. 54 Abs. 2, 78, 75 und 76 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde darüber zu wachen habe, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten würden und die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlichen Maßnahmen treffen könne.

Mit Schreiben vom 2.3.2016 legte die Tochter des Klägers im Namen ihres Vaters gegen den Bescheid zunächst „Widerspruch/Einspruch“ ein, welcher beim Landratsamt ... am 7.3.2016 einging.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten hat der Kläger am 4.3.2016 Klage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 4.2.2016 beim Verwaltungsgericht Regensburg erhoben.

Der Kläger macht geltend, dass er den Mängelbescheid des Landratsamtes ... vom 4.2.2016 lediglich in den Ziffern 1 d, g, h und i anfechte. Es handle sich um die Anordnung der Beseitigung eines Bauzustandes, wie er seit Jahrzehnten bestehe und auch Gegenstand von baurechtlichen Genehmigungsverfahren beim Landratsamt ... gewesen sei. Er berufe sich insoweit auf Bestandsschutz. Zum Hintergrund führt der Kläger aus, dass er das seit mindestens 100 Jahren bestehende Gebäude 1990 nach einem acht Jahre zurückliegenden Brandschaden käuflich erworben habe, in dessen Folge umfangreiche Sanierungsarbeiten am Objekt veranlasst worden seien. Dabei sei der Zustand des Bauwerks belassen worden. Dieser Zustand sei geprüft, genehmigt bzw. jedenfalls nicht gerügt worden, jetzt aber Gegenstand der angefochtenen Teile des streitgegenständlichen Bescheids. Hierzu gehöre die Ausgestaltung der Gänge und Treppenräume in bzw. zu den Geschossen und der Eingangshalle im Parterre bezüglich Wänden und jeweiliger Abtrennung. Die Einrichtungen seien in ortsüblicher Weise mit einer Holzvertäfelung versehen, wobei die in bestimmten Abständen vorhandene Abtrennung der Gänge Metalltüren darstellten, deren Füllung aus Gitterglas bestehe. Bei der damaligen, sicherlich vorgenommenen Bauabnahme sei auch der noch vorhandene Zustand von der zuständigen Baubehörde des Beklagten beim Landratsamt ... akzeptiert worden. Jedenfalls habe der Verkäufer im Rahmen des Kaufvertrages versichert, dass ihm „bisher nicht erfüllte behördliche Auflagen nicht bekannt“ seien. Die Investitionen zur Erfüllung der angefochtenen Auflagen würden einen Aufwand im sechsstelligen Eurobereich erfordern und die Einstellung des Betriebs des Objekts nach sich ziehen. Dabei legte der Kläger den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Grundstück mit der ... GmbH vor. Eine Änderung des Zustands würde unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen, so dass die streitgegenständlichen Anordnungen gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstießen. Der Bescheid erlege dem Kläger im Wesentlichen zwei technische Aspekte neu auf. Dies betreffe zum einen die Ausgestaltung der Türen von der Eingangshalle zum Obergeschoss und dort den Zugang zu den Fluren der Zimmerfluchten und zum anderen die Holzverkleidung der Eingangshalle, deren Wände fast vollständig von dem Gewerk bedeckt seien. Die zunächst ebenfalls beanstandete Ausgestaltung der mit Eichenstufen belegten Holztreppe von der Eingangshalle zum Obergeschoss werde gemäß der im Ortstermin abgegebenen Erklärung des Beklagten offensichtlich nun nicht mehr gerügt. Wie der Beklagte selbst vortrage, sei in der Genehmigung von 1982 für die Abschnittstüren lediglich die Verwendung dicken und bruchsicheren Glases vorgeschrieben worden. Im Ortstermin sei dies dahingehend ergänzt worden, dass Metalltüren mit Drahtspiegelglas gefordert worden seien. Welche von beiden Forderungen auch zutreffe, es stehe fest, dass genau die letztgenannte Ausfüllung an Ort und Stelle vorhanden sei, der Kläger berufe sich insoweit auf Bestandsschutz. Dies gelte auch für die Ausgestaltung der Holzverkleidung. Insoweit komme hinzu, dass der Beklagte nicht beachte, dass die vorliegende Holzverkleidung wohl noch aus der Zeit der Errichtung des Objekts stamme, also viele Jahrzehnte alt sei. Damals seien derartige Gewerke aus Massivholz hergestellt worden. Der Kläger habe eine gutachterliche Überprüfung vornehmen lassen, welche ergeben habe, dass alle im streitigen Bereich verwendeten Holzteile eine Mächtigkeit von mehr als 12,5 mm aufwiesen. Damit könne die Vorgabe der DIN 4102 am gesamten Holzgewerk erreicht werden. Der Beklagte hätte bei Erlass des angefochtenen Bescheids prüfen können und müssen, ob anstelle der dort geforderten kostenträchtigen Beseitigungsmaßnahmen nicht mildere Mittel, wie die Anbringung feuerhemmenden Schutzanstrichs ausreichten. Darauf hinzuweisen sei auch, dass sich der Bescheid gegen den Kläger richte, obwohl dieser weder Eigentümer noch Betreiber oder sonst haftungsrechtlich Eintrittspflichtiger für die richtige Eigentümerin des Objekts sei. Insoweit werde die „Passivlegitimation des Klägers“ für die gegen ihn im angefochtenen Bescheid gerichteten Ansprüche und Auflagen bestritten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 4.2.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landratsamt ... beruft sich auf die Baugenehmigung vom 23.8.1982. Mit Schreiben vom 26.5.1993 sei der Tochter des Klägers mitgeteilt worden, dass die Gaststättenbauverordnung in Kraft getreten sei und deshalb Betriebe den Bauvorschriften anzupassen seien. Mit Schreiben vom 23.1.2013 sei dem damaligen Pächter eine Mängelliste übersandt worden. Im Rahmen eines neuen Konzessionsantrags sei am 27.4.2015 eine erneute Baukontrolle durchgeführt und die noch nicht erledigten Mängel mit Schreiben vom 6.5.2015 erneut zur Behebung angemahnt worden. Der Kläger könne sich nicht auf Bestandsschutz berufen. Das Bauvorhaben sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Mängel nicht genehmigungskonform errichtet worden, weil die im Baugenehmigungsbescheid verlangte Bauausführung nicht hergestellt worden sei. Im Übrigen könne die Mängelbeseitigung, die ihre Rechtsgrundlagen in der Versammlungsstättenverordnung vom 2.11.2007 habe, jederzeit verlangt werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einnahme eines Augenscheins durch den Berichterstatter am 13.5.2016.

Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze, die Behördenakten sowie den Inhalt der Niederschriften über die Beweisaufnahme vom 23.6.2016 und die mündliche Verhandlung vom 19.10.2016.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 4.2.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), weil dieser nicht richtiger Adressat des vom Beklagten erlassenen Mängelbescheids ist.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Landratsamt ... den Mängelbescheid auf die im Rahmen von Art. 54 Abs. 2 BayBO erfolgende allgemeine Bauüberwachung oder auf Art. 54 Abs. 4 BayBO stützen kann. In beiden Fällen wäre nämlich die ... GmbH richtiger Adressat einer behördlichen Anordnung.

Erlässt die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Art. 54 BayBO Anordnungen, so hat sie die sicherheitsrechtlichen Grundsätze der Störerauswahl zu berücksichtigen, wonach grundsätzlich zunächst der „Doppelstörer“, also die Person, die Handlungs- und Zustandsstörer zugleich ist, und im Übrigen der Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer heranzuziehen ist (Vgl. Dirnberger in: Simon/Busse, BayBO, Art. 54, Rn. 110).

Vorliegend knüpft die vom Beklagten getroffene Anordnung an die Nichterfüllung der im Bescheid vom 23.8.1982 verfügten Auflagen an. Insoweit war zunächst der damalige Adressat der Baugenehmigung, nämlich die F. zum Handeln, nämlich zur Erfüllung der Auflagen verpflichtet. Soweit dieser Adressat seine Rechtspflicht zum Handeln rechtswidrig nicht erfüllt hat, konnte zunächst er als Handlungsstörer angesehen werden. Da allerdings durch die mit notariellem Vertrag vom 5.7.1990 erfolgte Eigentumsübertragung der frühere Eigentümer nicht mehr zur Erfüllung der Auflagen auf einem nunmehr fremden Grundstück berechtigt war, scheidet seine Inanspruchnahme vorliegend aus, so dass für eine Erfüllung der Auflagen nur noch der Zustandsstörer herangezogen werden konnte.

Zustandsstörer ist dabei der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache, deren Verhalten oder Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist (Decker in: Simon/Busse, BayBO, Art. 76, Rn. 166). Nach diesen Grundsätzen konnte vorliegend entweder die ... GmbH als im Grundbuch eingetragene Eigentümerin oder der jeweilige Pächter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt als Zustandsstörer herangezogen werden. Im zweiten Fall hätte es allerdings zusätzlich einer Duldungsanordnung gegenüber der ... GmbH als Eigentümerin bedurft. Im Übrigen ist auch weder von der Beklagtenseite vorgetragen noch sonst anzunehmen, dass der Kläger persönlich Pächter des streitgegenständlichen Grundstücks gewesen wäre.

Nichts anderes ergibt sich, wenn man auf die Rechtsgrundlage aus Art. 54 Abs. 4 BayBO abstellt, wonach bei bestandsgeschützten Anlagen nachträgliche Anforderungen gestellt werden können, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig ist. Zum einen kommt ein Rückgriff auf Art. 54 Abs. 4 BayBO nur in Betracht, soweit nicht die jeweilige Verpflichtung bereits bestandskräftig im Bescheid vom 23.8.1982 verfügt wurde, was für die meisten Anordnungen der Fall sein dürfte. Zum anderen wäre auch insoweit wieder der Eigentümer, also die ... GmbH, als Eigentümerin und damit Zustandsstörerin in Anspruch zu nehmen gewesen.

Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger persönlich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde als Bauherr bzw. als der maßgeblich Verantwortliche aufgetreten wäre und ein Hinweis auf die Verantwortlichkeit anderer Personen für den baurechtswidrigen Zustand unterblieben wäre. Zwar ist in diesen Fällen anerkannt, dass es nicht ermessenfehlerhaft ist, wenn die Behörde eine Anordnung gegen denjenigen richtet, der sich immer wieder als der maßgeblich Verfügungsberechtigte oder wirtschaftlich Verantwortliche geriert hat. Das hat der Kläger im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht getan. Vielmehr ist sowohl 1993 und 1995 als auch 2013 gegenüber dem Landratsamt stets die ... GmbH in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin aufgetreten, während der Kläger - soweit er selbst tätig wurde - Schreiben jeweils mit dem Zusatz „Geschäftsführer“ unterzeichnete. Umgekehrt richtete ausweislich der Behördenakten auch das Landratsamt ... seinerseits in den Jahren 1993 und 1995 Schreiben nicht an den Kläger, sondern an die ... GmbH. Da auf die in den Jahren 2013 an den Landrat bzw. das Landratsamt ... gerichteten Schreiben der ... GmbH keine Antwort mehr erfolgte, enthielt - soweit aus den vorgelegten Akten ersichtlich - der mit dieser Klage angefochtene Bescheid erstmals eine Adressierung an den Kläger persönlich.

Anders als die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne jeden Belang, dass nach Erlass des Mängelbescheids vom 4.2.2016 der Kläger persönlich, unter anderem als Kläger im vorliegenden Verfahren, bzw. die Tochter des Klägers in Vertretung für ihren Vater aufgetreten ist. Denn zum einen hätte die ... GmbH gar nicht einen nicht an sie gerichteten Bescheid angreifen können, da sie insoweit nicht klagebefugt gewesen wäre. Zum anderen ist im Rahmen einer Anfechtungsklage maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Aus dem gleichen Grund bleibt auch irrelevant, dass sich der Kläger im vorliegenden Verfahren auch zum Inhalt der ihm gegenüber geltend gemachten Mängel eingelassen hat.

Schließlich geht auch die Argumentation der Beklagtenseite fehl, eigentlicher Adressat des Bescheids sei letztlich die ... GmbH gewesen. Eine derartige Auslegung wäre allenfalls dann möglich, wenn ein entsprechender Wille des Landratsamts im Bescheid vom 4.2.2016 seinen Niederschlag gefunden hätte. Vorliegend enthalten jedoch weder Tenor noch Begründung des Bescheids auch nur den geringsten Hinweis auf die GmbH oder die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer, sondern richten sich ausschließlich an den Kläger persönlich.

Selbst wenn man davon ausginge, der Kläger sei aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der GmbH persönlich zum Handeln verpflichtet, wozu seitens des Beklagten keinerlei Überlegungen vorgetragen wurden, wäre in der hier beschriebenen Konstellation die Störerauswahl, den Kläger persönlich heranzuziehen, als ermessenfehlerhaft anzusehen.

II.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

III.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 11/01/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitslei
published on 17/05/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 25.000,- € festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin begehrt die
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.