Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 20. Juli 2015 - RN 6 S 15.906

published on 20/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 20. Juli 2015 - RN 6 S 15.906
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Gericht

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Tenor

I. Der Antrag wird abgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.5.2015 verfügte Baueinstellung.

Mit am 11.4.2014 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Formblättern vom 27.3.2014 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnhauses mit Garage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung … (VE-157-2014). Die nördlich (Fl.Nr. ...) und südlich (Fl.Nr. ...) angrenzenden Nachbarn haben die Bauunterlagen unterschrieben. Beantragt wurden eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Wandhöhe bergseitig 5,50 m“ sowie eine Abweichung „Wandhöhe Grenzgarage“. Der Abstand des Bauvorhabens zum angrenzenden Straßengrundstück Fl.Nr. ... beträgt laut Plan 2,00 m.

Mit Bescheid vom 17.6.2014 erteilte die Antragsgegnerin die Baugenehmigung (Nr. 1). Die beantragte Befreiung von den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans „Wohnen K … II; 5. Änderung“ hinsichtlich der bergseitigen Wandhöhe des Wohnhauses (statt max. 5,50 m – rd. 6 m) wird zugelassen, § 31 Abs. 2 BauGB (Nr. 2). Die beantragte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 Abs. 9 BayBO für die Wandhöhe der Grenzgarage wird zugelassen, Art. 63 BayBO (Nr. 3).

Als Tag des Baubeginns wurde der 4.9.2014 angezeigt.

Mit E-Mail vom 30.4.2015 zeigte Herr …R …, Ehemann der Frau … S …, die Eigentümerin des der Straße gegenüberliegenden Nachbargrundstücks Fl.Nr. ... ist an, dass der Rohbau fertiggestellt und die Fenster eingesetzt seien. Seiner Ansicht nach seien die Bebauungsgrenzen, die durch den Bebauungsplan und die BayBO vorgegeben seien, im Hinblick auf die Abstandsflächen und die zulässigen Geschosshöhen nicht eingehalten. Der Abstand zur Straße betrage 2 m, deren Breite 3,50 bzw. bei der Einbuchtung 4,50 m. Er bitte um Prüfung des Sachverhalts und die entsprechende Regulierung.

Die Antragsgegnerin übersandte dieses Schreiben am 13.5.2015 per E-Mail an den Architekten des Antragstellers mit der Bitte um Kenntnisnahme. Die schriftliche Baueinstellung werde am Freitag folgen. Er möge auf der Baustelle regeln, dass die Baueinstellung „geordnet“ ablaufe.

Mit Schreiben des Herrn R … vom 13.5.2015, dem eine Vollmacht seiner Ehefrau vom 7.5.2015 beigefügt war, legten (beide) „Widerspruch ein gegen das vom gültigen Bebauungsplan abweichende Bauvorhaben.“ Die Abstandsflächen reichten nicht nur bis zur Straßenmitte, sondern überdeckten zusätzlich noch einen Teil ihres Grundstücks. Dies werde insgesamt als eine spürbare Wertminderung ihrer Immobilie gesehen. Sie gingen davon aus, dass die Bauaufsichtsbehörde die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften überwache.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 15.5.2015 ordnete die Antragsgegnerin unter Zwangsgeldandrohung an, die Bauarbeiten zur Errichtung des Wohngebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung … ab sofort einzustellen. Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO könne sie die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlichen Vorschriften errichtet würden. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage seien erfüllt. Die Einhaltung der Abstandsflächen sei im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO nicht geprüft worden, weil vom Planfertiger keine Abweichung beantragt worden sei. Durch die derzeitige Bauausführung halte das Gebäude die Vorgabe des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht ein, dass Abstandsflächen auf dem (Bau-)Grundstück selbst liegen müssten bzw. sich nach Satz 2 auch auf öffentliche Verkehrsflächen bis zu deren Mitte erstrecken dürften. Vorliegend falle die Abstandsfläche nicht nur über die Mitte der Verkehrsfläche, sondern sogar in das gegenüberliegende Nachbargrundstück. Die Antragsgegnerin mache von ihrem Ermessen Gebrauch, weil bis zu einer Entscheidung über eine mögliche Anordnung eines möglichen (Teil-)Rückbaus verhindert werden solle, dass weitere vollendete Tatsachen geschaffen würden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei im öffentlichen Interesse, weil verhindert werden solle, dass bis zum Abschluss eines möglichen Klageverfahrens die Arbeiten vollständig beendet würden und damit die Anordnung eines Rückbaus zu erheblich höheren und dann möglicherweise unzumutbaren Kosten führe. Im gegenwärtigen Zustand sei eine Korrektur noch leichter möglich.

Mit Schreiben vom 15.6.2015 teilten Frau S … und Herr R … der Antragsgegnerin mit, dass sie mit dem Bauvorhaben in der jetzigen Form nicht einverstanden seien und erwarteten, dass alle Teile des Bauwerks beseitigt würden, die im Widerspruch zur BayBO, dem gültigen Bebauungsplan und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften stünden.

Am 15.6.2015 hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen die Stadt Passau erhoben (RN 6 K 15.907) und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (RN 6 S 15.906).

Zur Begründung der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO wird im Wesentlichen vorgetragen: Durch die derzeitige Bauausführung halte das Gebäude die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO zu den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... und ... nicht ein. Der streitgegenständliche Bescheid sei ausschließlich mit der Verletzung der Abstandsflächen zum Grundstück Fl.Nr. ... begründet. Am 7.5.2015 sei es zur Erörterung der Angelegenheit bei der Antragsgegnerin gekommen. Der Nachbar R … habe hierbei zugesichert, er werde seine Unterschrift unter den Änderungsantrag vom 5.5.2015 erteilen. Im Gegenzug hätte er Leistungen des Architekten des Antragstellers erhalten sollen. Herr R … habe jedoch die diesem übergebenen Unterlagen am 10.5.2015 zurückgefordert und am 13.5.2015 die Baueinstellung beantragt. Der Antragsteller und seine Ehefrau hätten ihre Eigentumswohnung veräußert und sich verpflichtet, diese zum 1.8.2015 zu räumen. Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbarantrag auf vorläufigen Rechtsschutz entfalle mit der Fertigstellung des Rohbaus, wenn der Nachbar nur eine Beeinträchtigung durch das Gebäude als solches, etwa weil es die Abstandsflächen nicht einhalte, vorläufig abwehren wolle. Diese Erwägungen müssten auch für die vorliegende Situation gelten, in der sich der Antragsteller im Wege der Anfechtungsklage sowie mit Eilantrag gegen die Baueinstellung durch die Antragsgegnerin zur Wehr setze. Dem Antragsteller entstünde durch die bereits erfolgte und noch zu befürchtende Baueinstellung ein erheblicher Schaden, der durch nichts gerechtfertigt sei. Insbesondere könne der Nachbar keine zivilrechtlichen Beseitigungsansprüche mehr geltend machen. Sein Widerspruch sei zudem gemäß § 912 BGB nicht rechtzeitig gewesen. Dieser hätte vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung erfolgen müssen. Es sei also nicht ersichtlich, dass die Baueinstellung noch ein nachbarschützendes Recht sichern müsste oder könnte. Der Änderungsantrag sei gemäß Art. 63 BayBO genehmigungsfähig. Die künftige Anordnung eines (Teil-)Rückbaus aus irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt sei nicht vorstellbar. Ein Teilabriss des Gebäudes bei diesem Baufortschritt wäre ermessensfehlerhaft. Der Antragsteller erleide durch die Verzögerung der weit fortgeschrittenen Baufertigstellung einen erheblichen Schaden, dem kein Vorteil eines anderen Beteiligten gegenüberstehe. Der Antragsteller habe auch nicht abweichend von den genehmigten Bauvorlagen gebaut. Vielmehr habe die Antragsgegnerin bei der Baugenehmigung nicht erkannt bzw. gemäß Art. 59 BayBO nicht geprüft, ob die Abstandsflächen eingehalten würden. Bereits aus dem Bauantrag ergebe sich, dass diese nicht eingehalten würden. Herr R … sei nicht Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... Insofern bestehe von dieser Seite her keinerlei Rechtsschutzbedürfnis für das bauaufsichtliche Einschreiten. Aus dem Grundbuch sei ersichtlich, dass zu Lasten des Grundstücks Fl.Nr. ... in großem Umfang Dienstbarkeiten zu Gunsten anderer bestünden. Damit gelte Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO. Es sei rechtlich gesichert, dass die betroffene Fläche nicht überbaut werden dürfe. Aus diesem Grund dürfe die Antragsgegnerin auch ohne die Zustimmung des Eigentümers von Fl.Nr. ... die Ausnahmegenehmigung erteilen. Im ursprünglichen Bauantrag habe der Antragsteller Ausnahmen von den Abstandsflächenvorschriften beantragt. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehörten die beantragten Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 BayBO auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zum Prüfungsumfang. Dadurch seien alle Abstandsflächen im Prüfungsprogramm der angefochtenen Baugenehmigung enthalten gewesen. Trotz der Einschränkung des Art. 59 Satz 1 BayBO sei es rechtlich nicht möglich, Abstandsflächen einzelner Gebäudeseiten isoliert zu prüfen. Die Antragsgegnerin habe diese Prüfung fehlerhaft vorgenommen. Dadurch sei es zur jetzigen Situation gekommen. Dies sei bei der Abwägung im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen. Es sei nicht richtig, dem Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO das Risiko aufzuerlegen. Vielmehr wäre es Sache der Nachbarin, bei der geschilderten rechtlichen und tatsächlichen Situation ihre Rechte aktiv durchzusetzen und damit auch das Risiko des Prüfungsvorgangs im Eilverfahren zu tragen. Die Antragsgegnerin sei nicht aufgrund eines Anrufs des Eigentümers des Nachbargrundstücks, sondern des Anrufs eines Nichtberechtigten tätig geworden.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids der Stadt Passau vom 15.5.2015 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Fertigbau seines Vorhabens, solange über die Möglichkeit, rechtmäßige Zustände herzustellen, nicht entschieden sei. Es werde vorgetragen, dass ein Rückbau bereits jetzt nicht mehr vorstellbar sei. Erst recht würde dies gelten, ließe man eine Fertigstellung und eventuell sogar einen Einzug der Familie des Antragstellers zu. Zum Prüfungsumfang im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehörten bauordnungsrechtliche Bestimmungen nur insoweit, als Abweichungen beantragt würden. Das sei im Bauantrag nicht der Fall gewesen. Dementsprechend sei eine Prüfung der Abstandsflächen nicht erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO seien gegeben. Es werde eine Anlage errichtet, die trotz erteilter Baugenehmigung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe, weil die konkret betroffene Vorschrift – Art. 6 BayBO – im vereinfachten Verfahren nicht geprüft worden und damit nicht Bestandteil der Baugenehmigung sei. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liege vor. Die Abstandsflächen lägen nicht auf dem Baugrundstück selbst, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Auch durch die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO – wonach sie sich bis zur Mitte öffentlicher Verkehrsflächen erstrecken dürften – und Art. 6 Abs. 6 Satz 1 – wonach bei zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge die Hälfte der Abstandsfläche ausreiche – könne kein ordnungsgemäßer Zustand erreicht werden. Das Vorhaben halte die Abstandsflächen an drei Seiten nicht ein. Die Abstandsfläche sei nicht wie im ursprünglichen Abstandsflächenplan dargestellt rechteckig, sondern weite sich trapezförmig auf und falle insoweit auf die Grundstücke der Nachbarn. In Frage komme nur die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO, die aufgrund der erteilten Nachbarzustimmungen möglich erscheine. Gegenüber der öffentlichen Verkehrsfläche sei nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 die Straßenmitte einzuhalten. Die Herstellung rechtmäßiger Zustände wäre am einfachsten durch eine Abstandsflächenübernahme durch die Eigentümer zu erreichen. Eine solche habe aber zum Zeitpunkt der Baueinstellung nicht vorgelegen und erscheine auch nicht greifbar zu sein. Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände stelle ein Rückbau des Obergeschosses dar. Mit jeder Fortsetzung der Bauarbeiten bis hin zur vollständigen Fertigstellung oder gar gefolgt von der Nutzungsaufnahme würde ein Rückbau noch weiter erschwert. Öffentlich-rechtlich sei ein Rückbau weder rechtlich noch praktisch völlig ausgeschlossen. Wenn eine vorherige Prüfung im vereinfachten Verfahren vom Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten werde und gleichzeitig ein Einschreiten ab Rohbau-Fertigstellung nicht mehr verhältnismäßig sein solle, beschränkten sich die Möglichkeiten der Bauaufsichtsbehörden auf einen sehr engen Zeitraum und würden vielfach ins Leere laufen. Es könne nicht Ergebnis des vereinfachten Verfahrens sein, dass Abweichungen, die zwischen Baubeginn und Rohbau-Fertigstellung mangels nicht durchführbarer lückenloser Baukontrolle nicht erkannt würden, im Nachhinein hingenommen werden müssten.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der gewechselten Schriftsätze in den beiden Verfahren.

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids der Stadt Passau vom 15.5.2015 ist unbegründet, da das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Baueinstellung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. In materieller Hinsicht hat das Gericht im Rahmen des Verfahrens zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt. Dabei ist zunächst von der Entscheidung des Gesetzgebers in § 80 Abs. 1 VwGO auszugehen, dass ein Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat. Der in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete umfassende effektive Rechtsschutz durch die Gerichte würde hinfällig, wenn die Verwaltung Maßnahmen durchsetzen könnte, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit überprüft haben. Diese auf das Rechtsstaatsprinzip gestützte Forderung nach aufschiebender Wirkung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens in der Hauptsache verliert jedoch an Sinngehalt und Gewicht, wenn der Misserfolg des Rechtsmittels zweifelsfrei erkennbar ist.

Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich erkennen, dass die Klage des Antragstellers keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid verletzt den Antragsteller nach Aktenlage nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Offen bleiben kann, ob die Antragstellerseite vor Erlass der Baueinstellungsverfügung im Sinne des Art. 28 BayVwVfG angehört worden ist. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre jedoch in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG in diesem Eilverfahren geheilt worden (vgl. BayVGH, B. v. 28.4.2015 – 9 ZB 15.714).

Die Rechtmäßigkeit der mit sofortiger Wirkung angeordneten Baueinstellung beruht auf Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Bauaufsichtsbehörde kann ein Bauvorhaben einstellen, wenn es im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wird. Die Behörde prüft dabei nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Baueinstellung erforderlich ist. Nach herrschender Meinung ist die Ermessensentscheidung aber dahingehend „intendiert“, dass unzulässige Bauarbeiten untersagt werden. Es müssen damit besondere Gründe vorliegen, die der Baueinstellung entgegengehalten werden können. Wirtschaftliche Gründe gehören hierzu in aller Regel nicht (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand: Februar 2015, Art. 75 Rdnr. 83, 84).

Im vorliegenden Fall verstößt das Bauvorhaben gegen Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO. Nach Art. 6 Abs. 2 BayBO müssen die Abstandsflächen auf dem Grundstück selbst liegen (Satz 1). Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrs-, Grün- und Wasserflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte (Satz 2). Abstandsflächen dürfen sich ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden, oder wenn der Nachbar gegenüber der Bauaufsichtsbehörde schriftlich zustimmt (Satz 3).

Das Bauvorhaben des Antragstellers hält die Abstandsflächen an drei Seiten (zu den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ..., den nördlich und südlich angrenzenden Nachbarn, sowie nach Osten zum Straßengrundstück Fl.Nr. ...) nicht ein. Gegenüber der öffentlichen Verkehrsfläche ist nach Art.6 Abs. 2 Satz 2 BayBO die Straßenmitte einzuhalten. Vorliegend erstreckt sich die Abstandsfläche aber über die gesamte gewidmete Straßenfläche und fällt teilweise sogar auf das Grundstück der östlich angrenzenden Frau S … (Fl.Nr. 7..., S …-Straße 13). Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite kann nicht davon ausgegangen werden, dass rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass die betreffende Fläche nicht überbaut wird. Die im Grundbuch für das Grundstück Fl.Nr. ... eingetragenen Lasten und Beschränkungen (Unterlassungsverpflichtung von eigenen Empfangsanlagen, Ver- und Entsorgungsleitungssowie Straßen- und Wegebeleuchtungskörperrecht, Immissionsduldungsverpflichtung, Gewerbebetriebsbeschränkung, Oberflächenwasserduldungs- und –einleitungsverpflichtung) vermögen kein Bauverbot zu begründen. Erscheint im Hinblick auf die Abstandsflächen zu den nördlichen und südlichen Nachbarn aufgrund der von diesen erteilten Nachbarzustimmungen die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO möglich, scheitert derzeit die Herstellung rechtmäßiger Zustände an einer Abstandsflächenübernahme durch Frau S …, der Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... Diese hat ihr fehlendes Einverständnis als Eigentümerin durch ihren bevollmächtigten Ehemann … R … vorbringen lassen, so dass nicht entscheidungserheblich ist, dass dieser selbst nicht (Mit-)Eigentümer ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich nur ein dinglich Berechtigter, in der Regel der Eigentümer, öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz in Anspruch nehmen (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.1982 – 4 C 51/79; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 5.9.2013 – RN 6 K 12.827, bestätigt durch BayVGH, B. v. 21.10.2013 – 15 ZB 12.2274). Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände wäre ein Rückbau des Obergeschosses. Diese beiden Möglichkeiten rechtfertigen die Einstellung der Bauarbeiten zur Verhinderung vollendeter Tatsachen.

Im Falle eines Verstoßes eines – wie hier – im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO genehmigten Vorhabens gegen materielle Vorschriften, die in diesem Verfahren nicht geprüft werden, ist eine Baueinstellung durch die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Es muss ihr möglich sein, auf solche Rechtsverstöße repressiv im Wege der Baueinstellung zu reagieren. Dies gilt umso mehr, als gemäß Art. 55 Abs. 2 BayBO das vereinfachte Genehmigungsverfahren die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt lässt (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 75 Rdnr. 85, 85a). Soweit die Antragstellerseite wegen der mit der Baugenehmigung vom 17.6.2014 erteilten Befreiung von den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans und der Abweichung für die Wandhöhe der Garage einwendet, damit seien umfassende Abstandsflächenvorschriften geprüft und Bestandteil der Baugenehmigung geworden, kann sie damit nicht gehört werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Baugenehmigung eine Aussage bezüglich einer umfassenden Prüfung der Abstandsflächen enthält. In den Gründen wird ausdrücklich auf das vereinfachte Verfahren nach Art. 59 BayBO hingewiesen.

Neben der Frage, ob überhaupt gegen unzulässige (Bau-)Arbeiten eingeschritten wird, steht auch der Zeitpunkt des Einschreitens im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die antragstellerseits eingewandte Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 29.9.2014 – 2 CS 14.1786 m.w.N.) zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis eines Nachbarn zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Gericht in Bezug auf ein in Entstehung befindliches Bauvorhaben nach Fertigstellung des Rohbaus lässt sich auf die vorliegend zu beurteilende Sach- und Rechtslage nicht übertragen, da dies die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse (vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO) unzulässigerweise einschränken würde. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob ein Nachbar zivilrechtlich gegen ein Bauvorhaben noch vorgehen könnte oder mit solchen Ansprüchen ausgeschlossen wäre. Ein wirtschaftlicher Schaden, der dem Bauherrn durch die Verzögerung der Bauarbeiten entsteht, führt auch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Baueintellungsverfügung, denn er ist unmittelbare Folge des vom Bauherrn vorgenommenen illegalen Bauens (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 75 Rdnr. 94).

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
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published on 29/09/2014 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird verworfen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf
published on 20/07/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet s
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published on 20/07/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet s
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Annotations

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.