Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 05. Okt. 2018 - 5 L 1338/18.NW
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 4. Oktober 2018 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung des Antragsgegners vom 27. September 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. Oktober 2018 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Mit der genannten Verfügung hat der Antragsgegner versammlungsrechtliche Beschränkungen erlassen im Hinblick auf den vom Antragsteller für unter dem Motto „Kein Platz für Rechte Hetze“ angemeldete Demonstrationszug, der am morgigen Samstag in Kandel stattfinden soll.
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Bei der in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Auflagenverfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Durchführung der angemeldeten Versammlung ohne die angeordneten Beschränkungen, weil diese sich nach der im vorliegenden Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, die allerdings aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine intensive Befassung mit den unterschiedlichen Regelungen erlaubt, offensichtlich rechtmäßig sind.
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Die in dem angefochtenen Bescheid vom 27. September 2018 in der Änderungsfassung vom 4. Oktober 2018 geregelten Beschränkungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz – VersG –.
Danach kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Oktober 2015 – 7 B 10990/15.OVG, veröffentlicht in esovg, m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass § 15 VersG Beschränkungen der durch Art. 8 Grundgesetz – GG – geschützten Versammlungsfreiheit auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung erlaubt, vorausgesetzt, dass diese nicht aus dem Inhalt der Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung folgen. Der Begriff der öffentlichen Ordnung verweist auf ungeschriebene Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann verletzt sein und Beschränkungen der Versammlungsfreiheit rechtfertigen bei einem aggressiven und provokativen, die Bürger einschüchternden Verhalten der Versammlungsteilnehmer, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 7 B 11149/14.OVG –, esovg).
Die in der Verfügung als Auflagen bezeichneten Anordnungen sind dabei keine Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, sondern eigenständige Regelungen. Sie dienen dazu, Versammlungen und Aufzüge zu ermöglichen, die aus rechtlichen Gründen ansonsten nicht zugelassen werden könnten. Demzufolge müssen durch Auflagen im genannten Sinne Gründe der unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung abgewendet werden (Sächsisches OVG, Beschluss vom 04. April 2002 – 3 BS 103/02 –, Rn. 2, juris).
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Nach diesen Kriterien sind die mit der angefochtenen Verfügung formulierten Anforderungen an die Durchführung der Demonstration insgesamt nicht zu beanstanden.
- 5
Soweit der Antragsteller sich dagegen wendet, dass der Antragsgegner überhaupt einen Auflagenbescheid erlassen hat, ist auf die im angefochtenen Bescheid ausführlich dargelegten konkreten Erfahrungen der Versammlungsbehörde zu verweisen. Dass es in dem aufgeheizten Klima anlässlich der seit Monaten in Kandel stattfindenden Demonstrationen sowohl des rechten als auch des linken Spektrums erforderlich ist, unmittelbaren Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorbeugend mittels einschränkenden Verfügungen zu begegnen, wird durch die im Bescheid geschilderten Vorkommnisse insbesondere anlässlich der Veranstaltungen vom 3. und 24. März 2018 anschaulich untermauert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine unmittelbare Verbindunglinie zwischen den vom Antraggegner herangezogenen Vorfällen und der Gruppierung ziehen lässt, für die der Antragsteller versammlungsrechtlich in Erscheinung tritt. Angesichts der zeitlichen und räumlichen Überschneidungen der für morgen geplanten insgesamt sechs Veranstaltungen kommt von vornherein nur eine Gesamtbetrachtung der Risiken in Betracht.
- 6
Im Einzelnen ist von Folgendem auszugehen:
Die Auflagen Nrn. 1 und 2 betreffen Transparente, Plakate etc. Zwar umfasst die durch Art. 8 GG geschützte Versammlungsfreiheit auch ein Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über die Bestimmungen der Modalitäten der Versammlung. Dazu gehört auch das Mitführen von Fahnen oder Flaggen zur Verdeutlichung oder Unterstützung des mit der Versammlung verfolgten Anliegens (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Oktober 2015, a.a.O.). Daher können Transparente bei einer öffentlichen Versammlung nicht allein wegen der allgemeinen Möglichkeit ihres Missbrauchs zur Verhinderung der Identifizierung von Störern untersagt oder reglementiert werden. Es bedarf vielmehr konkreter und nachvollziehbarer tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass das Mitführen der Transparente - bzw. deren Größe - die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet. Eine derartige Prognose kann die Versammlungsbehörde etwa auch mit konkreten Vorfällen belegen, die sich in der Vergangenheit in vergleichbaren (Versammlungs-)Situationen ereignet haben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03. November 2017 – 15 B 1371/17 –, juris, Rn. 11). Dies ist hier der Fall, wobei allerdings das Mitführen von Transparenten etc. gerade nicht prinzipiell untersagt wird. Das Erfordernis einer Reglementierung kann der Antragsgegner aber mit konkreten Vorkommnissen in Kandel in den vergangenen Monaten begründen. Er hat im angefochtenen Bescheid hinreichend dargelegt, dass die Einschränkung notwendig ist, um den Missbrauch mitgeführter Transparente zum Zwecke der aggressiven Sprengung des friedlichen Charakters der Versammlung vorzubeugen („Blockbildung“) und dass zudem in den vergangenen Monaten versucht wurde, das Vermummungsverbot mittels der Nutzung von Transparenten zu umgehen. Dabei beruhen die konkreten Reglementierungen insoweit offensichtlich auf polizeilichen Erfahrungssätzen.
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Auch die Auflage Nr. 3, wonach die Abgabe, Mitnahme und der Konsum alkoholischer Getränken verboten ist, begegnet in der mit Bescheid vom 4. Oktober 2018 neu formulierten und begründeten Fassung keinen rechtlichen Bedenken. Zu Recht verweist der Antragsgegner zunächst darauf, dass die Abgabe von Alkohol nicht zu den von Art. 8 GG umfassten und damit nach dem Versammlungsgesetz erlaubnisfreien Tätigkeitsarten gehört und somit den allgemeinen straßenrechtlichen Bestimmungen über die Sondernutzungserlaubnis unterliegt (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 22. April 2009 – 1 A 355/07 –, Rn. 76, juris, m.w.N.).
Das Verbot der Mitnahme und des Konsums von Alkohol erscheint hier jedenfalls ausreichend gerechtfertigt. Zwar mag das Mitführen und der Verzehr von alkoholischen Getränken in der Öffentlichkeit nicht an sich regelmäßig und typischerweise gefahrenauslösend sein (vgl. VG Meiningen, Beschluss vom 08. Juni 2018 – 2 E 862/18 Me –, juris; VG Trier, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 1 L 376/14.TR –, Rn. 10, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 16. August 2013 – 1 K 2068/13 –, Rn. 12, juris). Vorliegend geht es aber nicht um ein etwa durch Polizeiverordnung angeordnetes Verbot, Alkohol in der Öffentlichkeit zu konsumieren, sondern um die Gefahren des Alkoholkonsums in einer spezifischen Situation, die durch besondere Umstände geprägt ist (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 19. April 2018 – 3 B 126/18 –, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 05. September 2017 – 7 K 11854/17 –, juris). Der Antragsgegner kann sich hier auf solche besonderen Umstände berufen, die im konkreten Fall eine unmittelbare Gefahrenlage begründen.
- 8
Er verweist insbesondere auf Vorkommnisse vom 3. März 2018, wo sich die Gefahr, dass friedlicher Protest in aggressives Verhalten durch Körperverletzungen, Sachbeschädigungen u.v.m. gegenüber Meinungsgegnern, der Polizei oder unbeteiligten Dritten umschlagen kann, bereits realisiert habe. Aufgrund der enthemmenden Wirkung birgt dabei gerade der Alkoholkonsum ein besonderes Risiko, dass es zu einem gewalttätigen Zusammentreffen mit den Teilnehmern von Gegenveranstaltungen, die bei einer Aufhebung des Alkoholverbots ebenfalls oftmals alkoholisiert sein können, kommt. Dabei muss den örtlichen Gegebenheiten großes Gewicht beigemessen werden. In dem kleinen Ort Kandel sollen am 6. Oktober 2018 insgesamt sechs Versammlungen stattfinden. Wegen zeitlicher Überschneidungen und leicht zu überwindender räumlicher Abgrenzungen in der beengten örtlichen Situation besteht angesichts der derzeitig hochemotionalen Atmosphäre bei einem Zusammentreffen „gegnerischer“ Gruppen ersichtlich eine erhebliche Gefahr des Umschlagens in gewalttägige Aktionen. Dass ein für alle Teilnehmer geltendes Alkoholverbot in dieser Situation eine wirksame vorbeugende Maßnahme darstellt, liegt auf der Hand.
Das Alkoholverbot berührt demgegenüber die Gestaltungsfreiheit des Veranstalters nicht oder nur minimal. Die Tatsache, dass der Genuss von Alkohol möglicherweise eine angenehme Begleiterscheinung der Versammlung ist, im Rahmen des Art. 8 GG ohne Belang (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 19. April 2018 – 3 B 126/18 – Rn. 22, juris, m.w.N.).
- 9
Die Auflage Nr. 4 (Verbot des Mitführens von Glasbehältnissen und Dosen) ist weiter nicht zu beanstanden. Neben der Verletzungsgefahr durch zerbrochene Flaschen, denen sowohl die Versammlungsteilnehmer als auch unbeteiligte Dritte ausgesetzt sind, können sie als Wurfgeschosse eingesetzt werden. Auch diesbezüglich hat der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid bereits auf konkrete Erfahrungen in den vergangenen Monaten verwiesen. Auch insoweit sieht die Kammer eine andere Ausgangslage als in dem vom VG Karlsruhe mit Beschluss vom 16. August 2013 entschiedenen Fall (a.a.O.). Mit der Verwendung von Getränken in Plastikflaschen und Tetrapackungen haben die Versammlungsteilnehmer im Übrigen eine ohne Weiteres verfügbare Alternative.
- 10
Zudem ist das Hundeverbot in Auflage Nr. 5 versammlungsrechtlich zulässig. Die Kammer schließt sich insoweit der Bewertung des Bayerischer VGH im Beschluss vom 13.Oktober 2003 (- 24 ZB 03.1711 -, juris, Rn 22) an, wonach diese Anweisung darauf abzielt, die öffentliche Sicherheit bei der Durchführung der Kundgebung zu gewährleisten und auch dem Wohl der Tiere dient (so auch VG Göttingen, Urteil vom 22. April 2009 – 1 A 355/07 –, Rn. 79, juris).
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Weiterhin begegnet das in Nr. 6 der Verfügung des Antragsgegners vom 27. September 2018 formulierte Vermummungsverbot keinen rechtlichen Bedenken. Die Regelung basiert auf der gesetzlichen Normierung in § 17a Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VersG. Danach ist es verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel in einer Aufmachung teilzunehmen bzw. den Weg dorthin zurückzulegen, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern oder entsprechende Gegenstände mit sich zu führen. Eine Regelungsfunktion kann hier darin gesehen werden, dass der Antragsgegner beim Antragsteller die Beachtung der gesetzlichen Pflicht wegen bereits konkret festgestellter Verstöße anmahnt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Januar 1999 – 8 B 12627/98 –, Rn. 15, juris), denn er kann auf konkrete Vorkommnisse am 3. März und 24. März 2018 in Kandel verweisen, wo eine Identifizierung von Demonstrationsteilnehmern aufgrund von Vermummung unmöglich gemacht wurde. Dies gibt der Versammlungsbehörde hinreichenden Anlass, auch bei sämtlichen angemeldeten Demonstrationen in Kandel für den kommenden Samstag die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmung im Wege einer versammlungsrechtlichen Verfügung einzufordern.
Wollte man dies anders sehen, so könnte die Auflage Nr. 6 nur als schlichter Hinweis auf die Rechtslage gelten. In beiden Fällen ist jedenfalls eine Rechtsverletzung des Antragstellers nicht ersichtlich.
- 12
Was die versammlungsrechtliche Beschränkung unter Nr. 7 anbelangt, wonach das Mitführen und verwenden von Pyrotechnik und pyrotechnischer Munition untersagt ist, erweist sich die Verfügung ebenfalls als rechtmäßig. Auch insoweit kann der Antragsgegner bereits auf konkrete Vorkommnisse anlässlich vergangener Demonstrationen verweisen. In Anbetracht des hohen Verletzungspotentials von Pyrotechnik resultiert daraus eine erhebliche unmittelbare Gefahr für Leib und Leben sowohl für die Teilnehmer der Versammlung als auch für die Polizeibeamten, die zu deren Schutz abgestellt werden, sowie unter Umstände auch für unbeteiligte Dritte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Dezember 2016 – 15 B 1525/16 –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 29. November 2017 – AN 4 K 16.02167 –, Rn. 75 - 76, juris).
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Schließlich besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung. Dabei ist die besondere Situation zu berücksichtigen, dass nämlich insgesamt sechs Gruppierungen morgen in Kandel Demonstrationen angemeldet haben. Sie alle haben die genannten Auflagen zu beachten. Es stellt die Versammlungsbehörde und die Polizei seit Monaten vor große Herausforderungen, in dem kleinen Ort Kandel die sichere Durchführung der unterschiedlichen – zeitlich und örtlich nahe beieinanderliegenden – Demonstrationsveranstaltungen zu gewährleisten. Es handelt sich bei den vom Antragsteller angefochtenen Beschränkungen auch nicht um substantielle Beschränkungen des Versammlungsrechts, sondern um Maßnahmen, die sich bei den zurückliegenden, seit Monaten regelmäßig durchgeführten Demonstrationen in Kandel offensichtlich bewährt haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Wertfestsetzung richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 05. Okt. 2018 - 5 L 1338/18.NW
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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 05. Okt. 2018 - 5 L 1338/18.NW zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2014 wiederherzustellen, wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2014, veröffentlicht in der Rathauszeitung vom 25. Februar 2014 (S.8), mit der für den 27. Februar 2014 („Weiberdonnerstag“) in der Zeit von 9 Uhr bis 19 Uhr a) ein Verbot, den Hauptmarkt in Trier mit Glasgetränkebehältnissen zu betreten (Glasverbot) und b) ein Verbot des Mitführens (mit Ausnahmen von Bewohnern und Besuchern privater Veranstaltungen) und des Verzehrens (außer gewerblich konzessionierter Flächen) alkoholhaltiger Getränke im öffentlichen Raum (Alkoholverbot) angeordnet worden ist, ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt.
- 2
Der Antragsteller hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass er Handlungen beabsichtigt, die den genannten Verboten zuwiderliefen. Er ist dadurch in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs. 1 GG beeinträchtigt.
- 3
Der Antrag hat jedoch keinen Erfolg.
- 4
Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung zu treffen, ob das öffentliche Interesse am Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes so, wie es die erlassende Behörde begründet hat, oder das Interesse des Bürgers, vom Vollzug eines Eingriffs verschont zu bleiben, bis eine rechtsförmliche Entscheidung über seinen Widerspruch oder seine Klage ergangen ist, überwiegen.
- 5
Dabei spielt der voraussichtliche Ausgang der Rechtmäßigkeitsprüfung, die im vorliegenden Verfahren wegen der Zeitnähe des Geltungstages des Verwaltungsaktes nur summarisch erfolgen kann, eine gewichtige Rolle bei der Beurteilung der gegenläufigen Interessen (vgl. Kopp, VwGO, 19.A., 2013, RNr. 158 ff zu § 80).
- 6
Die Verfügung ist im Hinblick auf das Glasverbot auf dem Hauptmarkt offensichtlich rechtmäßig, bezüglich des Alkoholverbots bestehen nicht unerhebliche Bedenken hinsichtlich des Umfangs des Verbotsbereichs, der nahezu die gesamte Innenstadt erfasst. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen des Antragstellers und der öffentlichen Sicherheit ist vorliegend aber noch ein Vorrang der Gefahrenabwehr und der Verweis auf eine Klärung im Hauptsacheverfahren angemessen, auch soweit der Verbotsbereich überdehnt sein könnte.
- 7
Die Antragsgegnerin durfte nach vorläufiger Betrachtung auf § 9 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) als Ermächtigungsgrundlage für eine Allgemeinverfügung zurückgreifen, ohne einen Fehler bei der gewählten Handlungsform zu begehen. Durch eine solche Verfügung dürfen konkrete Gefahren abgewehrt werden, die von einem, auch nach räumlichen Kriterien festgelegten, bestimmbaren Personenkreis ausgehen (konkret-generelle Gefahr), während abstrakt-generelle Gefahren nur mit dem Mittel der Gefahrenabwehrverordnung gemäß § 43 POG bekämpft werden dürfen (OVG Bremen B.v. 21.10.2011 -1 B 162/11-; VG Osnabrück B.v. 11.02.2010 -6 B 9/10-). Vorliegend kann von einer konkreten Gefahr gesprochen werden, da aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre vor 2013 an Weiberdonnerstag vornehmlich im Bereich des Hauptmarktes und seiner Zubringerstraßen und auf benachbarten Plätzen exzessiver Alkoholgenuss durch überwiegend minderjährige Personen und junge Erwachsene mit den in der Verfügung geschilderten Auswüchsen stattgefunden hat. Daher ist das Mittel der Allgemeinverfügung noch solange zulässig, wie die Antragsgegnerin hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Wiederholung darstellen kann (für ein Glasverbot im Kölner Karneval ebenso: OVG Münster U.v. 09.02.2012 -5 A 2375/10-). Freilich wäre bei dauerhafter Beibehaltung der umfassenden Verbote die Notwendigkeit einer Verordnung erneut zu prüfen, weil deren Voraussetzungen der Behörde einen weiteren Spielraum einräumen, die Formerfordernisse im Gegenzug strenger gefasst sind.
- 8
Inhaltlich sind die Voraussetzungen des § 9 POG dem Grunde nach erfüllt, legt man die letztlich nicht substantiiert bestrittene Lageeinschätzung der Antragsgegnerin zugrunde. Es besteht eine konkrete Gefahr für Leib, Leben und Eigentum von Personen sowie die Unversehrtheit von Sachen. Die Verfügung richtet sich neben potentiellen Verhaltensstörern i.S.d. § 4 POG zwar auch an eine Vielzahl von nicht verantwortlichen Personen gemäß § 7 POG, die nur unter besonderen Voraussetzungen mit einer solchen Verfügung belegt werden dürfen, und zu denen sich auch der Antragsteller unwidersprochen zählt. Die Voraussetzungen können aber bei summarischer Betrachtung auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsgegnerin für dieses Jahr noch vorläufig bejaht werden: es ist eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr abzuwehren, Maßnahmen gegen die Handlungsstörer sind wegen der zu befürchtenden unübersichtlichen Lage nicht umfänglich durchführbar, die Gefahr ist bei Eintreten einer Brennpunktsituation an verschiedenen Stellen nicht durch die Polizei ausreichend beherrschbar und – das ist besonders hervorzuheben- die Nichtstörer können ohne erhebliche eigene Gefährdung und mit nur geringer Beeinträchtigung an lediglich einem Tage in Anspruch genommen werden (s.o. ebenso OVG Münster, wobei es allerdings zum einen nur um ein Glasverbot ging und die Verhältnisse im Kölner Karneval sicherlich nicht auf die Situation im Gebiet der Antragsgegnerin übertragbar sind).
- 9
Dies vorausgeschickt ist auch die Auswahl der Mittel zur Gefahrenabwehr noch verhältnismäßig. Das Glasverbot im engen räumlichen Bereich des Hauptmarktes bekämpft eine Hauptquelle der Ausschreitungen der vergangenen Jahre und vor allem der Folgen durch Glasbruch, der im Gebiet der Antragsgegnerin auch außerhalb von Festzeiten zunehmend zum akuten Problem wird, dessen Behebung vordringlich ist. Das Verbot ist geeignet, ein milderes Mittel nicht ersichtlich und die Angemessenheit durch die räumliche Eingrenzung gewahrt.
- 10
Gleiches gilt dem Grunde nach für das Alkoholverbot, das durch die getroffenen Ausnahmen für Anwohner und Besucher hinsichtlich des Mitführens und der Verzehrgelegenheiten in konzessionierten Bereichen sowie die zeitliche Eingrenzung die Verhältnismäßigkeit wahrt. Sicherlich sind die betroffenen Verhaltensweisen des Mitführens und Verzehrens von alkoholischen Getränken in der Öffentlichkeit nicht an sich regelmäßig und typischerweise gefahrenauslösend (VG Karlsruhe B.v. 25.08.2011 – 6 K 2261/11-). Allerdings kann ein an sich neutrales Verhalten ein Gefahrenpotential bergen und unter besonderen Umgebungsbedingungen in eine akute Schadensneigung umschlagen.
- 11
Diese konkrete Gefahr hat die Antragsgegnerin eindrucksvoll beschrieben. Erhebliche Zweifel bestehen allerdings bezüglich der Ermessensausübung bei der Ausdehnung des Verbotsbereichs. Die Verfügung beschreibt Vorkommnisse auf dem Hauptmarkt und den angrenzenden Straßen. Soweit nahezu die gesamte Innenstadt flächendeckend mit dem Verbot belegt wird, kommt nicht genügend zum Ausdruck, wieso die Beschränkung nicht auf bestimmte Brennpunkte konzentriert wird oder den Hauptmarkt, die unmittelbar benachbarten Plätze und Zugänge. Einerseits sind mögliche Gefahrenpunkte (Bahnhofsvorplatz) ausgenommen, andererseits Flächen einbezogen, auf denen sich ein Gefahrenmoment bisher nicht erschlossen hat. Die Antragsgegnerin muss sich darüber im Klaren sein, dass eine Allgemeinverfügung im Gegensatz zur Gefahrenabwehrverordnung immer konkrete Gefahren betreffen muss, d.h. auch räumlich eng abzugrenzende und zu begründende Flächenbereiche. Die unterschiedslose Aufzählung aller Einsätze von Polizei und Feuerwehr am 16.02.2012 in der Verwaltungsakte, die überdies auch einen Schwerpunkt im Bereich Hauptmarkt und angrenzendes Gelände ausweist, genügt für die Ermessensausübung nicht. Daher spricht einiges für die Unverhältnismäßigkeit der Verfügung in ihrer räumlichen Ausdehnung. Das Gericht kann eine eigene Ermessensentscheidung nicht an Stelle derjenigen der Antragsgegnerin setzen, hierfür müssten auch genauere tatsächliche Aufklärungen erfolgen.
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Insofern kommen dem Widerspruch des Antragstellers zwar durchaus Erfolgsaussichten zu. Die Interessenabwägung muss jedoch vorliegend zugunsten der öffentlichen Interessen ausfallen. Eine Aufhebung des Alkoholverbotes außerhalb des Hauptmarktes, der von der Antragsgegnerin in jedem Falle einbezogen werden soll und auch abgrenzbar einbezogen werden könnte, aus den genannten Gründen würde eine Gefahrensituation herbeiführen, auf die die Ordnungsbehörden sich für dieses Jahr nicht einstellen konnten, und die erhebliche Gefahren für Gesundheit und Sachwerte begründete. Auf der anderen Seite ist die Einschränkung für den Antragsteller an den Grundrechten gemessen gering (vgl. hierzu OVG Koblenz U.v. 6.12.2012 -7 C 10749/12-), sein Hauptinteresse, auf dem Hauptmarkt aus mitgebrachten Glasbehältnissen Sekt zu trinken, aber jedenfalls durch die Allgemeinverfügung im Schwerpunkt des Verhaltens zu Recht untersagt.
- 13
Daher ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen, die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG, wobei wegen des vorwegnehmenden Charakters der Entscheidung eine Reduzierung nicht angezeigt ist.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die im Bescheid vom 13. Oktober 2016 unter den Ziffern 1.9, soweit angefochten, 1.15 und 1.16 angeordneten versammlungsrechtlichen Beschränkungen rechtswidrig waren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den bis zur Abtrennung des Verfahrens mit dem Aktenzeichen AN 4 K 17.02473 angefallenen Verfahrenskosten trägt die Beklagte 4/5, der Kläger 1/5. Von den ab der Abtrennung des Verfahrens mit dem Aktenzeichen AN 4 K 17.02473 angefallenen Verfahrenskosten trägt die Beklagte 3/4, der Kläger 1/4.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die jeweiligen Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
„1.9 Das Mitführen sowie der Einsatz von Trommeln ist insoweit untersagt, als diese zur Herstellung eines militärisch anmutenden Aufzuges verwendet werden. Die Trommeln dürfen keinen Marschtakt erzeugen und nicht gleichzeitig mit Fackeln verwendet werden. (…) 1.15 Seitentransparente dürfen eine Höhe von 1 m und eine Länge von 3 m nicht überschreiten. Zwischen den einzelnen Seitentransparenten ist ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten. Eine Verbindung zwischen den einzelnen Seitentransparenten ist nicht zulässig (…).
1.16 Der Kopfbereich der Teilnehmer darf durch Transparente nicht verdeckt werden (…).
1.17 Eventuelle Musikdarbietungen, Textlesungen und szenarische Darbietungen müssen einen unmittelbaren Bezug zum Thema der Versammlung haben (…).
1.20 Es dürfen keine pyrotechnischen Gegenstände, wie Bengalisches Licht und Rauchtöpfe (Kategorie 1 und T1) mitgeführt und verwendet werden. Dies gilt gleichermaßen für die Auftakt-, Zwischen- und Abschlusskundgebung (stationär) als auch die sich fortbewegende Versammlung.“
„Es wird festgestellt, dass die folgenden Auflagenteile in dem Bescheid der Beklagten gegen den Kläger vom 13. Oktober 2016 rechtswidrig sind: 1) Auflage 1.9 hinsichtlich der Worte „und nicht gleichzeitig mit Fackeln verwendet werden“, 2) Auflage 1.15, 3) Auflage 1.16, 4) Auflage 1.17, 5) Auflage 1.20 hinsichtlich der Worte „Bengalisches Licht‘.“
Klageabweisung.
Gründe
I.
„(…) Stets, also auch bei der durch einstweiligen Rechtsschutz ermöglichten Durchführung der Versammlung, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr anzunehmen. Die Feststellung der Voraussetzungen einer Wiederholungsgefahr erfolgt im Zuge der Amtsermittlung durch das Gericht (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rn. 14 zu Vorb § 40 m.w.N.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 10 zu Vorb § 40 m.w.N.). Die in diesem Zusammenhang an den Kläger zu stellenden Darlegungsanforderungen sind unter Berücksichtigung des Art. 8 GG zu konkretisieren.
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus (aa), zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (bb).
(…) aa)
Auf Seiten des Klägers reicht es aus, wenn sein Wille erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen (vgl. BVerfGE 104, 92 <111>), darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden.
bb) Ferner sind Anhaltspunkte zu fordern, dass die betroffene Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Insofern darf vom Kläger, der regelmäßig keinen Zugang zum Willensbildungsprozess der Verwaltung hat, nicht mehr als die Darlegung verlangt werden, es gebe Anlass für die Annahme, dass beschränkende Verfügungen künftig auf die gleichen Gründe wie bei der im Streit befindlichen Versammlung gestützt werden.
(…)“
(BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 –, BVerfGE 110, 77-94, Rn. 40 ff.).
II.
„(…)Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG dürfen bei der nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG anzustellenden Prognose, ob nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist, auch beim Erlass von Beschränkungen keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn.17; B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17 jeweils m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für eine Beschränkung liegt dabei bei der Behörde (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn.17; B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 19).“ (BayVGH, B.v.24.2. 2015 – 10 CS 15.431 –, Rn. 18, juris).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.