Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 27. Mai 2015 - 3 K 359/14.NW
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Schlüsselzuweisungen nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 (Zentrale-Orte-Ansatz) des Landesfinanzausgleichsgesetzes – LFAG – für das Haushaltsjahr 2013.
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Nach der Grundkonzeption des Landesfinanzausgleichgesetzes wird der Finanzbedarf einer Gemeinde im Wesentlichen durch die Zahl der Einwohner bestimmt, für die kommunale Einrichtungen vorgehalten und Leistungen erbracht werden müssen. Dieser Systematik entsprechend stellt der Gesetzgeber zur Festsetzung der für die Bemessung der Schlüsselzuweisung B2 maßgeblichen Bedarfsmesszahl auf die Zahl der Einwohner ab, die zu einem bestimmten Stichtag mit ihrer Hauptwohnung den melderechtlichen Vorschriften unterliegen (§ 11 Abs. 3 i. V. m. § 29 Abs. 1 LFAG).
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Der Hauptansatz wird zum Ausgleich besonderer Belastungen durch so genannte Leistungsansätze ergänzt. Das Landesfinanzausgleichsgesetz von Rheinland-Pfalz geht von einem raumordnerischen Ansatz in Form des Leistungsansatzes für Zentrale-Orte aus. Der so genannte „Zentrale-Orte-Ansatz" nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG orientiert sich an der Bevölkerung im Umland (Verflechtungsbereiche) zentraler Orte (Grund-, Mittel- und Oberzentren) und differenziert dabei zwischen Einwohnern im Nah-, Mittel- und Regionalbereich. Die Mitnutzung der Leistungen zentraler Orte durch die Einwohner im Verflechtungsbereich stellt einen externen Effekt dar. Da die Inanspruchnahme der öffentlichen Güter des Ortes mit zentralörtlicher Funktion durch das Umland nicht anderweitig abgegolten wird, erfolgt eine Berücksichtigung von Sondereinwohnern beim zentralen Ort. Existieren dabei für den Verflechtungsbereich dergleichen Zentralitätsstufe mehrere zentrale Orte, wird die Einwohnerzahl des Verflechtungsbereichs im Verhältnis der Einwohnerzahlen der zentralen Orte zueinander aufgeteilt (vgl. § 11 Abs. 4 Nr. 2 S. 2 LFAG).
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Im Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV, das unter dem 14. Oktober 2008 durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärt wurde und am 28. November 2008 in Kraft getreten ist, ist unter Nummer 3.1.1 „Zentrenstruktur, Mittelbereiche und mittelzentrale Verbünde“ als Ziel (Z) 39 „Zentrale-Orte-Struktur“ festgelegt, dass Gemeinden, die allein für einen Verflechtungsbereich (Mittelbereich) eine vollständige Versorgung der mittelzentralen Funktionen leisten, als Mittelzentren (MZ) ausgewiesen werden und insbesondere im ländlichen Raum in dieser Funktion zu stärken und zu sichern (Sicherungsfunktion) sind. Als Z 40 ist in dieser Nummer festgelegt, dass es sich um einen „mittelzentralen Verbund kooperierender Zentren“ handelt, wenn innerhalb eines Mittelbereiches mehrere zentrale Orte der mittel- und oberzentralen Stufe (Mittel- und Oberzentren) einen Beitrag zur mittelzentralen Versorgung leisten. Die bisherige Differenzierung nach Mittelzentren im Grundnetz oder Ergänzungsnetz sowie von gemeinsamen Mittelzentren entfällt (siehe LEP IV, Begründung zu Z 35 bis Z 40, S. 90, linke Spalte oben).
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Gemäß Z 45 der Nummer 3.1.2 „Interkommunale Zusammenarbeit und Finanzausgleich“ des LEP IV ist in den ländlichen Räumen – insbesondere in den Räumen ohne eine hohe Zentrenerreichbarkeit – die Daseinsvorsorge in den zentralen Orten (insb. Mittelzentren) zu sichern und weiterzuentwickeln. Dazu sind diese zentralen Orte innerhalb der Mittelbereiche des ländlichen Raums zu intensiver Zusammenarbeit verpflichtet, um dies in einer möglichen Funktionsteilung zu erreichen (Kooperationsgebot). Auch für weitere Aufgabenbereiche von überörtlicher Bedeutung können interkommunal abgestimmte Handlungskonzepte erarbeitet werden.
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Zu den Mittelbereichen (Z 40) gehört der Verdichtungsraum Landstuhl; als kooperierende Zentren sind die Städte Landstuhl und Ramstein-Miesenbach ausgewiesen. Im LEP III, das von dem LEP IV abgelöst wurde, war die Stadt Landstuhl als ein Mittelzentrum im Grundnetz (LEP III, S.40) ausgewiesen. Die Stadt Ramstein-Miesenbach wurde im LEP III im Zusammenhang mit einer mittelzentralen Funktion nicht erwähnt.
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Nach Z 49 der Nummer 3.1.2 „Interkommunale Zusammenarbeit und Finanzausgleich“ im LEP IV sind Regelungen für den zentralörtlichen Ansatz im Landesfinanzausgleichsgesetz, insbesondere in Bezug auf den mittelzentralen Verbund, zu prüfen. Die Mittelzentren und kooperierenden Zentren im mittelzentralen Verbund (bisher: Mittelzentren im Grund- und Ergänzungsnetz gemäß LEP III) werden bis zu einer abschließenden Neuregelung wie bisher behandelt. Im folgenden LEP sei zu prüfen, welche Gemeinden aufgrund ihrer mittelzentralen Aufgaben weiterhin als kooperierende Zentren einem mittelzentralen Verbund zuzurechnen sein werden.
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Bei Änderungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes im Jahre 2009 wurden keine Korrekturen zur Anpassung des finanzausgleichsrechtlichen Zuweisungssystems in Bezug auf den Ansatz für zentrale Orte vorgenommen.
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Am 16. Juli 2012 hatte die Verbandsgemeinde Landstuhl gegen die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen Klage erhoben, mit dem Ziel einer Neufestsetzung der Schlüsselzuweisungen für das Jahr 2011, weil der Leistungsansatz für zentrale Orte nicht zwischen Landstuhl und der Stadt Ramstein-Miesenbach aufgeteilt werden dürfe.
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Mit Urteilen vom 3. Juni 2013 – 3 K 312/13.NW und 3 K 641/12.NW – verpflichtete das Gericht den Beklagten, unter Abänderung des Bescheides des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz vom 19. Juli 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Festsetzung der Schlüsselzuweisung für das Haushaltsjahr 2011 für die Verbandsgemeinde Landstuhl zu entscheiden, weil sich die Umsetzung des grundsätzlich zulässigen raumordnerischen Ansatzes des Landesfinanzausgleichsgesetzes mit der Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach in Z 40 des LEP IV als kooperierendes Mittelzentrum in dem Verdichtungsraum Landstuhl als fehlerhaft erweise.
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Ein Rechtsmittel wurde gegen die Urteile seitens des Beklagten nicht eingelegt, weil nach Einschätzung des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung sowie des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur die Urteile aus fachlicher und juristischer Sicht nachvollziehbar seien und ein Berufungsverfahren als wenig erfolgversprechend bewertet werde (s. Bl. 80 VA).
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Mit Bescheid vom 15. Juli 2013 wurden die Schlüsselzuweisungen für die Klägerin für das Jahr 2013 unter der Einschränkung festgesetzt, dass die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen B2, soweit es den Leistungsansatz für zentrale Orte gemäß § 11 Abs.4 Nr. 2 LFAG betreffe, zunächst nur vorläufig unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung ergehe. Diese vorläufige Festsetzung erfolgte vor dem Hintergrund der Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 3. Juni 2013 – 3 K 312/13.NW und 3 K 641/12.NW –.
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Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 22. Juli 2013 der Klägerin mit, dass in Kürze ein endgültiger Festsetzungsbescheid nebst korrigierten Berechnungsbögen ergehen werde und von einer nach § 30 Abs. 2 LFAG möglichen Berichtigung der Schlüsselzuweisungsbescheide der Jahre 2010 bis 2012 sowie mit einer damit einhergehenden Rückforderung zu viel gezahlter Schlüsselzuweisungen B2 von jährlich rund 100.000,-- € bis 115.000,-- € abgesehen werde, da die Berechnung des Leistungsansatzes für zentrale Orte nicht auf unrichtigen Angaben der Klägerin bzw. der Stadt Ramstein-Miesenbach, sondern auf den (fehlerhaften) landesplanerischen Festsetzungen im LEP IV beruhten.
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Mit Bescheid vom 9. September 2013 wurden die vorläufigen Festsetzungsbescheide aufgehoben und die Schlüsselzuweisungen endgültig festgesetzt. Nachdem die Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 3. Juni 2013 rechtskräftig geworden seien, sei bei der Aufteilung des Leistungsansatzes für zentrale Orte im Verflechtungsbereich Landstuhl gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG nur die Stadt Landstuhl als Mittelzentrum zu berücksichtigen. Es sei nach den genannten Urteilen von einer teilweisen Unwirksamkeit der Z 40 des LEP IV auszugehen, soweit darin die Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Zentrum im mittelzentralen Verbund des Verdichtungsraums Landstuhl eingestuft werde.
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Die Klägerin hat am 16. April 2014 Klage erhoben gegen den vorläufigen Festsetzungsbescheid vom 15. Juli 2013 und den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 9. September 2013 – beide ohne Rechtsmittelbelehrung –, weil ein Leistungsansatz für die Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum im mittelzentralen Verbund des Verdichtungsraums Landstuhl (§ 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 LFAG) nicht gewährt worden sei. Zahlenmäßig bedeute die Nichtanerkennung der mittelzentralen Funktion der Stadt Ramstein-Miesenbach für die Klägerin ein Minus an Schlüsselzuweisungen B2 sowie an Investitionsschlüsselzuweisungen für das Jahr 2013 in Höhe von 120.768,-- €. Davon würde auf die Klägerin ein Betrag von 37.862,-- € und auf die Stadt Ramstein-Miesenbach von 82.906,--€ entfallen.
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Sie ist der Auffassung, der Beklagte habe bei der Festsetzung der Schlüsselzuweisungen nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG den LEP IV in seiner aktuellen Fassung zugrunde zu legen. Die Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 3. Juni 2013 würden nur zwischen den Beteiligten wirken, hierzu gehöre die Klägerin nicht. Sie sei zu den seinerzeitigen Verfahren nicht beigeladen worden, obwohl sie notwendig beizuladen gewesen wäre. Eine inzidente Normprüfung, wie sie das Verwaltungsgericht im Rahmen der Klage über die Festsetzung und Höhe der Schlüsselzuweisungen für die Stadt Landstuhl seinerzeit vorgenommen habe, könne nicht zu einer allgemein-verbindlichen Unwirksamkeit bzw. gerichtlichen Verwerfung der Z 40 des LEP IV führen, soweit dort auch die Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Zentrum im mittelzentralen Verbund des Verdichtungsraums Landstuhl ausgewiesen sei. Die Folgen der Entscheidung würden bei einer Inzidentkontrolle regelmäßig nur die Prozessparteien für den Einzelfall binden, nicht aber Dritte. Der Beklagte habe damals auf ein Rechtsmittel gegen die verwaltungsgerichtlichen Urteile vom 3. Juni 2013 verzichtet, weil es ihm wohl im Ergebnis gleichgültig gewesen sei, ob der Leistungsansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG zwischen der Klägerin und Landstuhl aufgeteilt werde oder vollständig an Landstuhl gehe. Der Beklagte hätte bei der endgültigen Festsetzung der Schlüsselzuweisungen B2 für die Klägerin folglich weiter die mittelzentrale Funktion der Stadt Ramstein-Miesenbach im Verflechtungsraum Landstuhl zugrunde legen müssen, wie sie in Z 40 des LEP IV unverändert ausgewiesen sei.
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Dem Beklagten stehe auch keine Normverwerfungskompetenz zu, die angesichts des in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG – verankerten Grundsatzes der Gesetzesbindung der Verwaltung und dem damit verbundenen Auftrag zur Gesetzesanwendung (wenn überhaupt) grundsätzlich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zugelassen werde, die hier nicht vorlägen.
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Eine behördliche Normverwerfungskompetenz würde hier ferner zu einer Verletzung des Vertrauensschutzgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG) führen, dessen Schutzbereich auch die Klägerin als Gemeinde erfasse. Durch ihren Haushalt für das Jahr 2013 habe die Klägerin ihr Vertrauen, kooperierendes Mittelzentrum zu sein und entsprechende Schlüsselzuweisungen zu erhalten, betätigt. Durch die in Widerspruch zur Gesetzeslage – der nach wie vor bestehenden Einstufung der Klägerin als kooperierendes Mittelzentrum im LEP IV – erfolgte Verweigerung dieser Schlüsselzuweisungen sei sie in diesem Vertrauen enttäuscht worden.
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Der Klägerin komme aber auch nach dem LEP IV zu Recht die Funktion als kooperierendes Mittelzentrum im Verflechtungsbereich Landstuhl zu.
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Ein Verstoß gegen das planungsrechtliche Abwägungsgebot bzw. das interkommunale Gleichheitsgebot im Zentrale-Orte-System könne nicht darin gesehen werden, dass Kriterien für eine Gewichtung der einzelnen als zum Mindeststandard gehörenden in Tabelle 5 des LEP IV aufgelisteten Einrichtungen für die Einstufung in das Zentrale-Orte-System nicht einzeln und buchhalterisch aufgelistet seien. Sie ergäben sich bisher aus den verschiedenen Aspekten und Anforderungen in einer Gesamtschau im Rahmen des Zentrale-Orte-Konzepts; damit könne der Besonderheit der Verflechtungsräume und deren Entwicklung Rechnung getragen werden. Eine solche Ausgestaltung liege im raumordnerischen Planungsermessen der Planungsbehörden, die nach § 8 Landesplanungsgesetz – LPlG – dabei die umfangreichen Anforderungen an die Aufstellung des LEP IV zu beachten hätten; das LEP IV sei dann durch Rechtsverordnung der Landesregierung für verbindlich erklärt worden.
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Im Übrigen würden die Vorhaltungen an Einrichtungen in der Stadt Ramstein-Miesenbach die Anforderungen und Voraussetzungen für die Einstufung als Mittelzentrum erfüllen, so dass der Einwand, das LEP IV enthalte keine verlässlichen Gewichtungsvorgaben für die einzelnen zum Mindeststandard gehörenden Einrichtungen für die Einstufung einer Gemeinde als – kooperierendes – Mittelzentrum ins Leere gehe.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juli 2013 und des Bescheides vom 9. September 2013 zu verpflichten, gegenüber der Klägerin die Schlüsselzuweisungen B2 für das Haushaltsjahr 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich des Leistungsansatzes für zentrale Orte nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG neu festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zutreffend sei, dass dem Beklagten grundsätzlich keine Normverwerfungskompetenz zustehe. Allerdings erkenne die Rechtsprechung eine solche Kompetenz an, wenn ein Verwaltungsgericht eine Norm in einem Parallelverfahren als ungültig behandelt habe (OVG RP, Beschluss vom 14. Mai 2013 – 8 A 10043/13 –, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2005 – 20 A 3988/03 –, NuR 2006, 191f.). Genau dies sei hier der Fall.
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Er habe sich die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt aus den Urteilen vom 3. Juni 2013 (3 K 312/13.NW und 3 K 641/12.NW) zu eigen gemacht und halte seine frühere Rechtsauffassung nicht mehr aufrecht. Dies beruhe darauf, dass die gerichtliche Entscheidung als nachvollziehbar und rechtlich überzeugend erachtet werde.
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Selbst bei Anerkennung der Tatsache, dass ein kooperierendes Mittelzentrum keine so umfassende Ausstattung wie ein monozentrales Mittelzentrum haben müsse und insoweit mit dem weiteren Mittelzentrum – hier der Stadt Landstuhl – gemeinsam eine möglichst umfassende Versorgung der Bevölkerung sicherstellen solle, sei die im LEP IV erfolgte Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum zu Unrecht erfolgt, wie das Verwaltungsgericht überzeugend festgestellt habe. Hinzu komme, dass derzeit kaum erkennbar sei, wie die Klägerin entgegen der in G 46 des LEP IV verankerten Kooperationsempfehlung mit dem benachbarten Mittelzentrum Landstuhl im Bereich der Einrichtungen von mittelzentraler Bedeutung kooperiere. Es liege lediglich eine entsprechende Vereinbarung für das Hallenbad „Azur“ zwischen der Verbandsgemeinde Landstuhl und der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach sowie eine Vereinbarung für den Schulzweckverband IGS (Integrierte Gesamtschule) zwischen der Verbandsgemeinde Landstuhl und dem Landkreis Kaiserslautern vor. Dies werde durch eine Rückmeldung im Zuge einer Umfrage für die Erstellung des Raumordnungsberichtes 2013 belegt.
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Die Beigeladenen beantragen,
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die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juli 2013 und des Bescheides vom 9. September 2013 zu verpflichten, gegenüber der Klägerin die Schlüsselzuweisung B2 für das Haushaltsjahr 2013 im Hinblick auf § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
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Sie sind der Auffassung, dass der Klägerin die nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – erforderliche Klagebefugnis fehle. Den Leistungsansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG könne nur die Gemeinde beanspruchen und gegebenenfalls einklagen, der die geltend gemachte Funktion im Zentrale-Orte-System zukomme. Hier gehe es um die mittelzentrale Funktion der Stadt Ramstein-Miesenbach, nicht aber der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach. Klagebefugt sei zur Geltendmachung des Leistungsansatzes nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG daher nur die Stadt Ramstein-Miesenbach gewesen.
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Soweit in Bezug auf § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG das Bestehen eines unmittelbar wechselbezüglichen Rechtsverhältnisses in Betracht komme, könne ein einheitliches Rechtsverhältnis mit den mit einer notwendigen Beiladung verbundenen Rechtsfolgen nur entstehen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage entgegen seines Urteils vom 3. Juni 2013 – 3 K 641/12.NW und entgegen seiner Rechtsauffassung, der sich der Beklagte angeschlossen habe, mit der Folge stattgeben würde, dass die Beigeladenen den ihnen für ihren Mittelbereich allein zu stehenden Leistungsansatz für „Zentrale Orte“ mit der Klägerin nach Maßgabe der finanzausgleichsrechtlichen Verteilungsregelung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG wegen der durch das LEP IV neu eingeführten Zuordnungskategorie des kooperierenden Mittelzentrums und der aus diesem Anlass vorgenommenen Einstufung der verbandsangehörigen Stadt der Klägerin als Mittelzentrum teilen müssten. Dies sei aber nach diesseitiger Rechtsauffassung sowohl aus raumplanungs- als auch aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Dabei sei unerheblich, dass den Urteilen des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 3. Juni 2013 keine Bindungswirkung gegenüber der Klägerin bzw. der verbandsangehörigen Stadt Ramstein-Miesenbach beizumessen sei.
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Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, sei die landesplanerische Ausweisung der Stadt Ramstein-Miesenbach als Mittelzentrum schon deshalb unwirksam, weil das LEP IV keine verlässlichen Gewichtungsvorgaben für die einzelnen zum Mindeststandard gehörenden Einrichtungen für die Einstufung einer Gemeinde als kooperierendes Mittelzentrum enthalte. Dies gelte unverändert auch für den streitgegenständlichen Schlüsselzuweisungsbescheid.
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Durch die Veränderung der landesplanerischen Einstufungsmaßstäbe im LEP IV gegenüber denen nach LEP III sei nicht durch den Landesgesetzgeber, sondern durch den Planungsträger eine Systemverschiebung im gesetzlichen Regelungswerk ausgelöst worden, die zu einer nicht systemkonformen Verschiebung der finanzausgleichsrechtlichen Verteilung führe, ohne dass der Landesgesetzgeber dafür die Maßstäbe festgelegt habe. Dies habe er aufgrund einer dynamischen Verweisung dem Landesplanungsträger überlassen, der dieser Aufgabe aber im Rahmen des bestehenden LEP IV nicht gerecht geworden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Verwaltungsakte und Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakten 3 K 641/12.NW und 3 K 312/13.NW, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Des Weiteren wird Bezug genommen auf die Niederschrift vom 27. Mai 2015.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
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Der Klägerin fehlt nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zur Erhebung der Klage, mit der sie die Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 15. Juli 2013 und vom 9. September 2013 sowie die Verpflichtung des Beklagten begehrt, die Schlüsselzuweisungen B2 für das Haushaltsjahr 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Hinblick auf den Zentrale-Orte-Ansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG neu festzusetzen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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Die Schlüsselzuweisungen stehen nach der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2 Nr. 2 LFAG den Verbandsgemeinden als Gläubiger zu. Dies folgt aus der besonderen gesetzlichen Regelung, dass der jeweilige Leistungsansatz nach § 11 Abs. 5 Satz 1 LFAG der Verbandsgemeinde gewährt wird. Nach § 11 Abs. 5 Satz 2 LFAG hat die Verbandsgemeinde zwar den auf den Leistungsansatz der Ortsgemeinde entfallenden Teilbetrag der Schlüsselzuweisungen im Falle des Absatzes 4 Nr. 2 zu 70 v. H. an die Ortsgemeinde weiterzuleiten, der restliche Teilbetrag von 30 v. H. steht aber der Verbandsgemeinde zu. Sowohl die Ortsgemeinde als auch die Verbandsgemeinde sind somit von dem Zentrale-Orte-Ansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG in ihrer Finanzausstattung betroffen. Die Versagung des Leistungsansatzes nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG betrifft daher sowohl die Ortsgemeinde als auch die Verbandsgemeinde in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Die Klagebefugnis der Verbandsgemeinde ist damit gegeben (vgl. OVG RP, Urteil vom 8. Juni 2004 – 7 A 11227/03.OVG –).
II.
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Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch hat, dass der Beklagte die für das Haushaltsjahr 2013 festgesetzte Schlüsselzuweisung unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juli 2013 und des Festsetzungsbescheides vom 9. September 2013 im Hinblick auf den Zentrale-Orte-Ansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG neu festsetzt.
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1. Der Beklagte hat zu Recht in den angefochtenen Festsetzungsbescheiden der Klägerin keine Schlüsselzuweisungen nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG (Zentrale-Orte-Ansatz) gewährt.
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Er hat sich dabei auf die Urteile des Gerichts vom 3. Juni 2013 (3 K 312/13.NW, 3 K 641/12.NW) gestützt, in denen die Unwirksamkeit der Festsetzung Z 40 des LEP IV – Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach als mittelzentraler Ort im Verdichtungsraum Landstuhl – festgestellt wurde. Da die Stadt Ramstein-Miesen-bach in den damaligen Klageverfahren nicht beigeladen war, erzeugen jene Urteile weder gegenüber der Stadt Ramstein-Miesenbach noch gegenüber der Klägerin gemäß § 121 Nr. 1 VwGO Rechtskraft.
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Der Beklagte beruft sich bei seiner Entscheidung, die Stadt Ramstein-Miesenbach nicht als mittelzentralen Ort im Verdichtungsraum Landstuhl anzuerkennen, aber auch nicht auf die Rechtskraft jener Urteile, sondern auf eine ihm wegen dieser rechtskräftigen Urteile ausnahmsweise zustehenden Normverwerfungskompetenz, die die Klägerin indessen als nicht gegeben ansieht.
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Es kann dahin stehen, ob der Beklagte sich bei der vorgenommenen Festsetzung der Schlüsselzuweisungen auf die Urteile des Gerichts vom 3. Juni 2013 berufen durfte, weil ihm aufgrund dieser ausnahmsweise eine Normverwerfungskompetenz zustehe, wie er gestützt auf Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz und des Bundesverwaltungsgerichts meint. Denn bei Anerkennung einer Normverwerfungskompetenz hat das Gericht zu prüfen, ob die Normverwerfung materiell rechtmäßig ist. Steht dem Beklagten in Folge der Urteile vom 3. Juni 2013 keine Normverwerfungskompetenz zu, prüft das Gericht die angefochtenen Bescheide ebenfalls auf ihre materielle Rechtmäßigkeit hin. Dem Gericht obliegt also in jedem Fall die Prüfung, ob die Versagung eines Zentrale-Orte-Ansatzes nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG im Hinblick auf die Stadt Ramstein-Miesenbach materiell rechtmäßig ist.
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2. Der grundsätzliche Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Schlüsselzuweisung folgt aus Art. 49 Abs. 6 Satz 1 Landesverfassung Rheinland-Pfalz – LV – i. V. m. §§ 5 ff. LFAG (vgl. VGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, LKRZ 2012, 136 ff. = NVwZ 2012, 1034 ff.).
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Aus Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV ergibt sich die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Beklagten, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern (hierzu VGH RP, Urteil vom 25. Januar 2006 – VGH B 1/05 –, NVwZ 2006, 1050 ff. = ESOVGRP). Daraus folgt, dass der Beklagte jeder Gemeinde Finanzmittel im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gewähren muss. Die §§ 5 ff. LFAG regeln die Finanzzuweisungen innerhalb des Steuerverbundes. Dabei stellt die Gewährung der Schlüsselzuweisung B2 gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 LFAG nach Funktion und Umfang ein zentrales Element des kommunalen Finanzausgleichs dar. Mit ihr wird den kommunalen Gebietskörperschaften die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Bedarfsmesszahl und der Finanzkraftmesszahl gewährt, die nach einem in den §§ 11, 12 LFAG geregelten Verfahren errechnet werden. Zur Bestimmung der Bedarfsmesszahl wird der so genannte Gesamtansatz mit einem einheitlichen Grundbetrag gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 LFAG vervielfacht. Der maßgebliche Gesamtansatz setzt sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LFAG aus der Summe des Hauptansatzes gemäß § 11 Abs. 3 LFAG und der Leistungsansätze gemäß § 11 Abs. 4 LFAG zusammen.
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3. Die Klägerin kann im Rahmen der Schlüsselzuweisungen keinen Leistungsansatz als mittelzentraler Ort im Verdichtungsraum Landstuhl nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG beanspruchen.
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Ein solcher Leistungsansatz ist nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG für zentrale Orte vorgesehen. Danach beträgt dieser Ansatz a) für den Nahbereich 3,85 v. H., b) für den Mittelbereich 1,10 v. H. und c) für den Regionalbereich 0,33 v. H. der Einwohnerzahl des Verflechtungsbereichs; zum Verflechtungsbereich gehören der zentrale Ort und das Gebiet, für das nach dem LEP oder dem regionalen Raumordnungsplan (ROP) von dem zentralen Ort kommunale Einrichtungen vorgehalten werden sollen. Sind für einen Verflechtungsbereich der gleichen Zentralitätsstufe mehrere zentrale Orte ausgewiesen, so wird die Einwohnerzahl des Verflechtungsbereichs im Verhältnis der Einwohnerzahl dieser zentralen Orte aufgeteilt.
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a. Dieser raumordnerische Ansatz im Landesfinanzausgleichsgesetz durch Bezugnahme auf die Ausweisungen im LEP begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Zwar handelt es sich um eine dynamische Verweisung, da § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG den Begriff „zentrale Orte“ verwendet, ohne ausdrücklich auf das LEP in seiner im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landesfinanzausgleichgesetzes geltenden Fassung zu verweisen (vgl. zu Verweisungsregelungen im Sinne einer statischen Verweisung z.B. §§ 25 ff BauNVO). Auch aus Satz 3 des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG ergibt sich, dass die Zentrale-Orte-Funktion einer Gemeinde dem jeweils geltenden LEP zu entnehmen ist. Denn nach dieser Regelung bestimmt das für die Raumordnung und Landesplanung zuständige Ministerium die zentralen Orte und ihre Verflechtungsbereiche, wenn solche im LEP nicht ausgewiesen sind oder aber fortgeschrieben werden sollen. Diese Verweisung des § 11 Abs. 4 LFAG auf landesplanerische Festsetzungen unterliegt hier keinen durchgreifenden Zweifeln an ihrer Verfassungsmäßigkeit, weil der Gesetzgeber des Landesfinanzausgleichsgesetzes auf andere landesrechtliche (Gesetzes-)Normen, die für die Aufstellung des LEP maßgeblich sind, Bezug nimmt (§ 7 LPlG i.V.m. LEP; vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 1978 – 1 BvR 786/70 u.a. –, BVerfGE 47, 285; juris, Rn. 60 - 62).
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Auch unter Berücksichtigung der Anforderungen aus Art. 49 Abs. 6 LV und des Gebots zur Gleichbehandlung ist es dem Landesgesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, auf die Entscheidungen der zuständigen Raumordnungsbehörde hinsichtlich der raumordnerischen Einstufung einer Gemeinde zurückzugreifen, so dass die Verweisung des Gesetzgebers in § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG auf das LEP nicht zu beanstanden ist. Darüber hinaus wurde in § 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 LFAG Vorsorge getroffen, falls im LEP die zentralen Orte nicht ausgewiesen sind oder eine inhaltliche Fortschreibung des Zentrale-Orte-Prinzips ansteht; in diesem Fall bestimmt das für die Raumordnung und Landesplanung zuständige Ministerium die zentralen Orte und ihre Verflechtungsbereiche, wobei es hierbei angesichts des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums und seiner Bindung an den Gleichheitssatz wiederum objektive Gesichtspunkte zugrunde zu legen hat.
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b. Die Umsetzung des grundsätzlich zulässigen raumordnerischen Ansatzes des Landesfinanzausgleichsgesetzes erweist sich mit der Einstufung der zur Klägerin gehörenden Stadt Ramstein-Miesenbach in Z 40 des LEP IV als kooperierendes Mittelzentrum in dem Verdichtungsraum Landstuhl als fehlerhaft. Dies wirkt sich auf die hier streitige endgültige Festsetzung der Schlüsselzuweisung ohne einen Leistungsansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG für eine mittelzentrale Funktion der Stadt Ramstein-Miesenbach zu Lasten der Klägerin aus.
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Nach § 11 Abs. 4 LFAG wird der Hauptansatz im Hinblick auf Mehrbelastungen, die nicht in der Einwohnerzahl zum Ausdruck kommen, ergänzt um Leistungsansätze, wie z. B. den Ansatz für zentrale Orte. Der Ansatz für zentrale Orte wird danach den Gebietskörperschaften gewährt, denen in ihrer Funktion als zentraler Ort Mehrbelastungen entstehen für kommunale Einrichtungen, die sie für den Verdichtungsbereich vorhalten und die deshalb maßgeblich zur Ausweisung einer entsprechenden Zentralitätsstufe geführt haben. Da mit diesem Leistungsansatz besondere Belastungen des Ortes ausgeglichen werden, knüpft er an den Ist-Zustand des Ortes an; er ist hingegen, auch wenn er nicht zweckgebunden ist (vgl. § 18 LFAG), nicht dazu bestimmt, die Finanzierung einer angestrebten Ausstattung des Ortes mit Einrichtungen zu ermöglichen.
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Die Einordnung einer Gemeinde in das Zentrale-Orte-Konzept eines LEP unter-liegt dabei dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot, das als Ausfluss des Rechtsstaatsgebots bei jeder staatlichen Planung und damit auch bei der Aufstellung eines durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärten LEP zu beachten ist. Bei der Aufstellung eines LEP sind nach § 6 Abs. 1 LPlG die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen, wobei sonstige öffentliche Belange sowie private Belange zu berücksichtigen sind, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Die Ermächtigung zur (Raum-)Planung umfasst dabei notwendig die Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit. Diese erstreckt sich auf alle für die Planung relevanten Gesichtspunkte zur Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe sowie zur Bewältigung der aufgeworfenen Probleme und Interessenkonflikte, unterliegt jedoch – wie jede staatliche Planung – den rechtsstaatlichen Bindungen des Abwägungsgebots und ist hinsichtlich dessen Beachtung gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Angesichts des gesetzlich eröffneten Gestaltungsspielraums des Planungsträgers kann dessen Entscheidung allerdings nur daraufhin überprüft werden, ob die Grenzen des Abwägungsgebots eingehalten worden sind. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liegt vor, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung an Belangen nicht das eingestellt wurde, was in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), oder wenn die genannten Gewichtungsvorgaben nicht beachtet wurden (Abwägungsfehleinschätzung).
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Bei der diesen Abwägungsgrundsätzen unterliegenden Planungsentscheidung nach §§ 5, 6 LPlG geht es vom rechtlichen Anspruch her nicht darum, einen aktuell faktisch vorhandenen Zustand statistisch zu ermitteln oder einen in der Lebenswirklichkeit in den Gemeinden eingetretenen Zustand lediglich zu beschreiben und dann durch die Einordnung der jeweiligen Kommune „nachzuvollziehen“ oder mit Blick auf die ergänzenden Mittelzuweisungen an die Mittelzentren (§ 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG) zu „belohnen“. Planung stellt vielmehr den Versuch dar, eine in Bezug auf das jeweilige „Planungsthema“ – hier die Grundsätze der Raumordnung im Kontext der Siedlungsentwicklung – in die Zukunft gerichtete, mit prognosetypischen Unwägbarkeiten behaftete Ordnungsvorstellung zu konkretisieren. Daher kann es nicht nur Aufgabe der planenden Stelle sein, ihre Ordnungsvorstellung anknüpfend an den Status quo wiederzugeben. Die Planung ist vielmehr von ihrem Sinn her gerichtet auf die Entwicklung eines Konzepts zur Verwirklichung der mit ihr angestrebten Ziele (so OVG Saarland, Urteil vom 27. November 2008 – 2 C 120/07 –, AS RP-SL 37, 44, 54f.).
- 55
Die rahmenrechtliche Planung lässt damit in der Regel noch Raum für eigene Abwägungsentscheidungen anderer Planungsträger und formuliert Ziele für künftige Entwicklungen, so dass damit Schwerpunkte gesetzt werden dürfen und sollen. Dies gilt auch für die Ausgestaltung des Zentrale-Orte-Prinzips in Umsetzung des § 7 Abs. 1 LPlG, die auf der Ebene eines LEP gekennzeichnet ist vom Ineinandergreifen der darin formulierten allgemeinen Kriterien für die Ausweisung der zentralen Orte der Grundversorgung (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPlG) in den regionalen Raumordnungsplänen einerseits und abschließender Festlegungen der zentralen Orte für die Ober- und Mittelzentren (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPlG) andererseits.
- 56
Der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber hat sich in der Landesplanung von Anfang an grundsätzlich für dieses "Zentrale-Orte-Prinzip" entschieden und daran festgehalten. Hieran hat sich durch die Ablösung des LEP III durch das LEP IV nichts Grundlegendes geändert.
- 57
Im LEP III waren vorgesehen Oberzentren, Mittelzentren, bei denen wiederum differenziert wurde zwischen Mittelzentren des Grundnetzes und Mittelzentren des Ergänzungsnetzes, sowie Grundzentren. Nach Nummer 2.4.3.5 LEP III (S. 36) waren Mittelzentrum im Grundnetz – wie Landstuhl – Standorte für gehobene Einrichtungen im wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und politischen Bereich und für weitere private Dienstleistungen. Sie verfügten über eine vollständige mittelzentrale Ausstattung und stellten als Versorgungsschwerpunkte ihres jeweiligen Verflechtungsbereichs das Rückgrat dieser Versorgungsebene dar. Grundzentren – wie Ramstein-Miesenbach mangels anderer Einordnung – waren nach Nummer 2.4.3.7 LEP III (S. 41) vorrangig Standorte zur Konzentration von Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen, soweit dies für deren Tragfähigkeit und zur Entwicklung des Nahbereiches erforderlich war.
- 58
An dieser Klassifizierung Ober-, Mittel- und Grundzentren hat das LEPIV zunächst festgehalten. Eingeführt wurden aber mittelzentrale Verbünde. Gemäß Z39 LEP IV (S. 86) werden Gemeinden, die allein für einen Verflechtungsbereich (Mittelbereich) eine vollständige Versorgung der mittelzentralen Funktionen leisten, als Mittelzentren (MZ) ausgewiesen und sind insbesondere im ländlichen Raum in dieser Funktion zu stärken und zu sichern (Sicherungsfunktion). Leisten innerhalb eines Mittelbereiches mehrere zentrale Orte der mittel- und oberzentralen Stufe (Mittel- und Oberzentren) einen Beitrag zur mittelzentralen Versorgung, so handelt es sich um einen sogenannten „mittelzentralen Verbund kooperierender Zentren“ (Z40 LEP IV, S. 86).
- 59
Zu einem Mittelbereich – Verdichtungsraum zählt nach Z 40 des LEP IV (S. 87) Landstuhl und hierzu als kooperierendes Mittelzentrum die Stadt Ramstein-Miesenbach.
- 60
Dieses Zentrale-Orte-Konzept des LEP IV dient der Sicherung der Daseinsvorsorge und der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Landesteilen über eine zentralörtliche Versorgungsstruktur. Dabei hat die zentralörtliche Funktion einerseits eine raumbezogene Funktion (Mittel- und Nahbereich), die andererseits über die Bündelungen der zentralörtlichen Einrichtungen im zentralen Ort ausgeübt wird (vgl. Erläuterung zu Z 35 bis Z 40 des LEP IV, S. 86).
- 61
Die zentralörtlichen Einrichtungen zu benennen, die die Landesplanung zur Erfüllung des übergreifenden Versorgungsauftrags eines Mittelzentrums für erforderlich oder wünschenswert ansieht, ist die Landesplanung grundsätzlich befugt, aber wegen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots auch verpflichtet. Im Orientierungsrahmen der Tabelle 5 des LEP IV sind zwar Ausstattungskriterien für ein Mittelzentrum formuliert, aber nicht als Merkmale einer Anspruchsgrundlage in dem Sinne, dass bei Erfüllung der Anforderungen gleichsam automatisch ein Rechtsanspruch der Gemeinde gegen die Landesplanungsstelle bestünde, ebenfalls als Mittelzentrum festgelegt zu werden.
- 62
Nach Tabelle 5 „Orientierungsrahmen für Mindestversorgungsstandards in Bereichen mit unterschiedlicher zentralörtlicher Funktion“ des LEPIV hat ein Oberzentrum mindestens ca. 100.000 Einwohner und soll neben der Maximalversorgung im Gesundheitsbereich, zentralen Kultureinrichtungen (Theater/Orchester) und Sportstätten auch über einen IC/ICE-Haltepunkt und Fachhochschulen/Universitäten/ Forschungseinrichtungen verfügen. In Abgrenzung hierzu ist die Daseinsvorsorge in Mittelzentren (MZ) regelmäßig durch die Vorhaltung folgender Einrichtungen gekennzeichnet: Krankenhaus (Grundversorgung), Fachärztehaus, qualifizierte öffentliche Bibliothek als Einrichtung der Weiterbildung, Gymnasium/integrierte Gesamtschule (mit Ganztagsangebot) mit Abschluss Hochschulreife, berufsbildende Schule, behördliche Einrichtungen wie Amtsgericht, Finanzamt oder Agentur für Arbeit sowie Bahnhof und Haltepunkt (RLP-Taktverkehr). Im Mittelbereich/mittelzentraler Funktionsraum (MB) genügen dezentrale stationäre Pflegeeinrichtungen statt eines Fachärztehauses. Anzustreben ist hier als verbindliche Ausstattung das Vorhandensein einer Volkshochschule und/oder Ortsstelle einer anerkannten Landesorganisation, an Behörden bzw. Gerichten als verbindliche Ausstattung ein Amtsgericht, ein Finanzamt und eine Agentur für Arbeit. Dieser Orientierungsrahmen der Mindestversorgungsstandards ist bei der Zuordnung der Orte zu den einzelnen Zentralitätsstufen des LEPIV von dem Verordnungsgeber zu beachten.
- 63
Dem Beklagten folgend ist festzustellen, dass nicht eine rein nummerische Betrachtungsweise anhand dieser Tabelle für die Einordnung in das Zentrale-Orte-System des LEPIV ausschlaggebend sein kann, wobei allerdings auch nach Auffassung des Beklagten das Vorhandensein nur einer dieser Einrichtungen nicht ausreichend ist. Wie viele und welche der im Orientierungsrahmen der Tabelle 5 als für die Mindestversorgung aufgelisteten Einrichtungen ein Ort für die Einstufung in eine bestimmte Zentralitätsstufe vorzuhalten hat, lässt sich der Begründung/Erläuterung zu Z 35 bis Z 40 des LEP IV nicht entnehmen. Eine Gewichtung der in dem Orientierungsrahmen genannten der Mindestversorgung dienenden Einrichtungen nach Qualitätsstufen wurde ebenfalls nicht vorgenommen. Die Frage, welche Standards für die Funktionszuweisung eines Ortes im Zentrale-Orte-System erfüllt sein müssten, ist – so der Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Gerichts – zurzeit immer noch in der Diskussion (vgl.hierzu auch S. 3 der Niederschrift vom 3. Juni 2013 in dem Verfahren 3 K 312/13.NW).
- 64
Festzustellen ist damit, dass der LEP IV keine Gewichtungsvorgaben für die einzelnen zum Mindeststandard gehörenden Einrichtungen für die Einstufung einer Gemeinde als – kooperierendes – Mittelzentrum enthält. Sind noch nicht einmal die bei der Zuordnung der einzelnen Gemeinden in das Zentrale-Orte-System maßgeblichen Kriterien nach der Tabelle 5 des LEP IV in ihrer Gewichtung zu erkennen, so ist die gemäß § 6 LPlG vorzunehmende Abwägung im Rahmen der Einstufung nicht nachvollziehbar und als in sich nicht stimmig zu werten. Dies betrifft auch den vorliegenden Fall.
- 65
Die beigeladene Stadt Landstuhl war bereits im Regionalen Raumordnungsplan Westpfalz 2004 nach den Vorgaben im LEPIII als Mittelzentrum im Grundnetz ausgewiesen, die Stadt Ramstein-Miesenbach hingegen nur als Grundzentrum (Nr. 2.1 des Plans, S. 6f.). Im folgenden Regionalen Raumordnungsplan Westpfalz IV – rechtsverbindlich seit dem 6. August 2012 – (ROP IV) sind in Konkretisierung des LEPIV dann beide Orte – ohne Begründung – als kooperierende Mittelzentren (mittelzentrale Verbünde) ausgewiesen (Kapitel II.1.1 des Plans, S. 14).
- 66
Zu dem Einwand der Klägerin, die Stadt Ramstein-Miesenbach sei in der Teilfortschreibung 2014 des ROP IV (veröffentlicht im Staatsanzeiger Rheinland-Pfalz vom 16. März 2015, Nr. 9, S. 285) immer noch als „Mittelzentrum“ ausgewiesen, ist auf Folgendes hinzuweisen: Aus der textlichen Fortschreibung des ROP IV geht eindeutig hervor, dass vor allem das Kapitel II.3.2 „Energie“ des ROP IV Westpfalz durch die Teilfortschreibung in Kapitel II.3.2. „Erneuerbare Energien“ geändert wurde. Hingegen handelt es sich laut Legende zu der in dieser Teilfortschreibung des ROP IV enthaltenen Karte 8 bei der Darstellung von Ramstein-Miesenbach als „Mittelzentrum, Kooperation freiwillig (N)“ um eine „nachrichtliche Übernahme aus LEP IV Rheinland-Pfalz“.
- 67
Für die Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum fehlt im LEPIV unter Nummer 3.1 „Zentrale-Orte-Struktur“ und der Begründung/Erläuterung zu Z 35 bis Z 40 der Nummer 3.1.1 LEP IV eine Aussage.
- 68
Maßgebend für die Ausweisung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum muss die Wahrnehmung mittelzentraler Funktionen im Bereich der Daseinsvorsorge sein. Die Voraussetzungen zur Wahrnehmung einer mittelzentralen Funktion werden – wie aufgezeigt – in dem LEP IV nicht definiert. So heißt es auch in der Begründung zur Entwurfsfassung für das Anhörungs- und Beteiligungsverfahren „Zweite Teilfortschreibung LEP IV Z31, Z39, Z40, Z61 und Z92“, in der unter anderem die Ausweisung der Stadt Ramstein-Miesenbach in Folge der Urteile der Kammer vom 3. Juni 2013 nicht mehr als Mittelzentrum in einem „mittelzentralen Verbund kooperierender Zentren“ ausgewiesen werden soll, dass eine umfassende Überarbeitung der Regelungen im „Kapitel III., Sicherung der Daseinsvorsorge, Abschnitt 3.1 Zentrale-Orte-Struktur“ erfolgen solle. Dies sei aber für einen späteren Zeitpunkt beabsichtigt, um die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung auf Bundesebene prüfen und berücksichtigen zu können.
- 69
In diesem Sinne hat sich auch der in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesene Vertreter des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung geäußert. Danach enthalte die Tabelle 5 des LEP IV eine exemplarische Aufzählung von Einrichtungen, die für die Einstufung von Orten eine Bedeutung haben könnten, ohne dass aber die aufgezählten Einrichtungen als gleichgewichtig anzusehen seien. Die Konzeption für die Zentrale-Orte-Struktur sei 2008 auch im Hinblick auf die bereits angelaufene Gebietsreform auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Man habe bei der Orte-Einstufung 2008 eine Einzelfallbewertung vorgenommen.
- 70
Maßgeblich war bei dieser Einzelfallbetrachtung für den Beklagten zunächst das Vorhandensein folgender Ausstattungsmerkmale: ein Gymnasium, die Außenstelle einer Volkshochschule – der Kreisvolkshochschule Kaiserslautern – und ein Bahn-hof. Auch das bestehende Hallenbad sei Bestandteil des mittelzentralen Ausstattungskataloges.
- 71
Nach den Hinweisen zu Nummer 2.4.3.7 des LEP III (S. 45) konnte allerdings ein Grundzentrum in der Regel auch Sport- und Freizeiteinrichtungen, Einrichtungen des Dienstleistungsbereichs vorhalten, gelegentlich aber auch Standort einer weiterführenden Schule sein. Das Vorhandensein dieser Ausstattungsmerkmale führte unter der Geltung des LEP III nicht zur Ausweisung der Stadt Ramstein-Miesenbach als Mittelzentrum im Ergänzungsnetz, wobei Mittelzentren im Ergänzungsnetz die Versorgung im jeweiligen Mittelbereich ergänzten und die langfristige Sicherung vorhandener zentralörtlicher Einrichtungen in den benachbarten Ober- und Mittelzentren des Grundnetzes berücksichtigten (s. S. 36 LEP III). Unter dem LEP IV wurde die Stadt Ramstein-Miesenbach wegen dieser – bisher grundzentrentypischen – Einrichtungen aufgrund der Tabelle 5 des LEP IV (Orientierungsrahmen) ohne weitere Begründung oder Erläuterung als Mittelzentrum eingestuft. Mit der Existenz der aufgezählten Einrichtungen erfüllt die Stadt Ramstein-Miesenbach aber nur einen Teil des in diesem Orientierungsrahmen wiedergegebenen Mindestversorgungsstandards, ohne dass die Bedeutung der einzelnen Einrichtungen für die mittelzentrale Funktion konkret nachvollziehbar dargelegt wurde, weil über die Gewichtung der einzelnen Merkmale der Tabelle 5 derzeit noch immer diskutiert wird. Danach ist die der Stadt Ramstein-Miesenbach durch Hochstufung von einem Grundzentrum – mit überörtlicher Grundversorgung – zugewiesene Funktion als kooperierendes Mittelzentrum mangels festgelegter Kriterien nicht nachvollziehbar, ohne dass der Frage des tatsächlichen Kooperationsumfangs nachgegangen werden müsste.
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Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auf die Existenz folgender nach ihrer Ansicht mittelzentraler Ausstattungsmerkmale der Stadt Ramstein-Miesenbach hingewiesen: Gymnasium mit ca. 1.000 Schülern, Realschule Plus mit ca. 450 Schülern, Volkshochschule, Freizeitschwimmbad mit Wettkampfbahn, das auch von den Schulen genutzt werde, Sportanlage ebenfalls mit einer Nutzung durch Schulen, Arztpraxen einschließlich Fachärztehaus sowie eine private an eine Praxis angegliederte HNO-Klinik, Bahnhof und ein weiterer Bahnhaltepunkt, VRN-Anschluss sowie zentraler Anschluss an den ÖPNV, diverse Einkaufsmöglichkeiten. Des Weiteren sei ein Industriegebiet (Industriezentrum Westrich) mit Ausstrahlung in den Raum (70 %ige Belegung) vorhanden, das mit Fördermittel geschaffen worden sei und von der Fördergemeinschaft Kaiserslautern als Schwerpunktgebiet beworben werde. Schließlich will die Klägerin die Air Base Ramstein der US-Luftstreitkräfte als Kriterium für ihre Einstufung als mittelzentraler Ort berücksichtigt wissen. Die zivile Militärgemeinde sei in das Gemeindeleben integriert, die gemeindliche Infrastruktur werde von Militärangehörigen genutzt, aber auch zum Teil (Straßen) beschädigt. Die Air Base Ramstein-Miesenbach verursache ihr schließlich Personalkosten, da sie dort einen Informationsstand mit drei Beschäftigten unterhalte.
- 73
Diese von der Klägerin zur Berechtigung ihrer Einstufung als mittelzentraler Ort im Verdichtungsraum Landstuhl aufgezählten Einrichtungen bzw. ihre Vorläufer, wie z. B. die Duale Oberschule, aus der nach einer Schulstrukturreform die Realschule Plus hervorging, existierten aber – überwiegend – bereits vor 2008, als die Stadt Ramstein-Miesenbach im LEP III noch als Grundzentrum, d. h. als Standort zur Konzentration von Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen, soweit dies für deren Tätigkeit und zur Entwicklung des Nahbereiches erforderlich war, ausgewiesen war.
- 74
Mangels sich aus dem LEP IV ergebender Kriterien für eine Gewichtung der einzelnen als zum Mindeststandard gehörenden in Tabelle 5 des LEP IV aufgelisteten Einrichtungen sowie sonstiger dort nicht aufgelisteter Einrichtungen und Dienstleistungen kann die Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach in das Zentrale-Orte-System des LEP IV anhand der oben wiedergegebenen klägerischen Aufzählung an vorhandenen Einrichtungen nicht nachvollzogen werden. Die Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach ist damit nicht nachvollziehbar und nicht schlüssig und demzufolge abwägungsfehlerhaft. Der Abwägungsfehler führt zu einer teilweisen Unwirksamkeit der Z 40 des LEP IV, soweit hierin die Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Zentrum im mittelzentralen Verbund des Verdichtungsraums Landstuhl erfolgte.
- 75
Hieran vermag auch das Vorbringen der Klägerin, die Stadt Ramstein-Miesenbach habe mit der Zuweisung einer „besonderen Funktion Verteidigungsinfrastruktur“ eine herausgehobene Aufgabenstellung wahrzunehmen, nichts zu ändern. Die Klägerin bezieht sich insoweit auf Z 29, Nr. 2.4 Unterabschnitt 2.4.1 LEP IV (S. 75), wo es heißt, „ergänzend zu den zentralörtlichen Funktionen werden weitere landesweit bedeutsame infrastrukturelle Funktionen festgelegt: Die Stadt Ramstein-Miesenbach sowie ihre Umlandgemeinden haben die besondere Funktion >>Verteidigungsstruktur<<“.
- 76
Es erscheint trotz dieser nur ergänzenden Zuweisung der Funktion >>Verteidigungsstruktur<< nicht ausgeschlossen, dass das Vorhandensein dieser Verteidigungsinfrastruktur zumindest mit maßgeblich für die seinerzeitige Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach als – kooperierendes – Mittelzentrum gewesen war. Die Verteidigungsinfrastruktur betrifft aber nicht die zentralörtliche Funktion der Stadt Ramstein-Miesenbach. Die hier in Rede stehende Verteidigungsinfrastruktur wirkt weit über den Verdichtungsbereich Landstuhl hinaus. Es handelt sich bei der US Air Base Ramstein um den größten NATO-Flugplatz in Europa, auf dem neben dem Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte in Europa (USAFE) seit März 1973 das NATO-Hauptquartier der alliierten Luftstreitkräfte in Europa-Nord untergebracht ist. Dieser militärischen Einrichtung kommt damit eine internationale Bedeutung zu, die aber keinen Einfluss auf die Ausweisung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum haben darf.
- 77
Denn nach „III. Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge – Leitbild Daseinsvorsorge“ des LEP IV (S. 83) bilden in einzelnen Teilbereichen – unabhängig von der Lage in ländlichen oder verdichteten Räumen – ausreichend ausgestattete Mittelzentren den alleinigen Versorgungsschwerpunkt eines Mittelbereichs. Danach ist die Sicherung eines qualitativ hohen und in zumutbarer Erreichbarkeit verfügbaren Angebots an öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen in anderen Teilräumen nur in Kooperation von mehreren Gemeinden langfristig sicherzustellen; diese Räume sind als >>mittelzentraler Verbund kooperierender Zentren<< gekennzeichnet. Hieraus folgt, dass maßgeblich für die Einreihung in das Zentrale-Orte-System des LEP IV die Ausstattung einer Gemeinde mit von ihren Einwohnern und den Bewohnern ihres räumlichen Umfeldes zu nutzenden Einrichtungen ist, weswegen auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich und ausführlich die vorhandenen kommunalen und privaten Einrichtungen in der Stadt Ramstein-Miesenbach aufgezählt und beschrieben hat. Diese allgemein zugänglichen Einrichtungen bestimmen die Funktion eines Ortes. Zu diesen der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Einrichtungen einer Gemeinde und in einer Gemeinde zählt nicht eine militärische Einrichtung wie hier die Air Base Ramstein der US-Luftstreitkräfte.
- 78
Aufgrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) kommt es dem Gericht nicht zu, hier anhand der von der Klägerin benannten Einrichtungen und angebotenen Dienstleistungen in der Stadt Ramstein-Miesenbach die Funktion dieser Stadt im Zentrale-Orte-System des LEPIV zu definieren. Das Gericht darf nur die Beachtung des Abwägungsgebots in einem Landesentwicklungsprogramm anhand einer vom Verordnungsgeber vorgegebenen Konzeption überprüfen, nicht aber eine Konzeption entwickeln. Diese Aufgabe obliegt dem für das LEP zuständigen Verordnungsgeber, der nach den Angaben des Beklagten 2008 eine Konzeption für die Zentralität der Orte auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hatte und eine solche Konzeption zurzeit noch entwickelt.
- 79
c. Wegen des raumplanerischen Ansatzes des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG hat die Einstufung eines Ortes in das Zentrale-Orte-System nicht nur in raumplanerischer Hinsicht Bedeutung (z. B. Stichwort: großflächiger Einzelhandel), sondern hat Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung des Ortes.
- 80
Die fehlerhafte Zuordnung eines Ortes in einen mittelzentralen Verbund kooperierender Zentren wirkt sich wegen der Verteilungsregelung in § 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 LFAG auf die Finanzausstattung aus, und zwar auf alle zentralen Orte gleicher Zentralitätsstufe in dem Verbund (Verflechtungsbereich). Denn der Leistungsansatz nach Satz 1 des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG ist aufzuteilen auf mehrere zentrale Orte der gleichen Zentralitätsstufe in einem Verflechtungsbereich. Da mit der Vorhaltung von Einrichtungen mittelzentraler Bedeutung und der sich daraus ergebenden Wahrnehmung raumfunktioneller Aufgaben eine entsprechende finanzielle Belastung verbunden ist, die gerade durch den Leistungsansatz für zentrale Orte nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG ausgeglichen werden soll, liegt in einer fehlerhaften Zuweisung eines Ortes innerhalb des Zentrale-Orte-Systems des LEP IV ein sich im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs auswirkender Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.
- 81
Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Kommunen ist für das Finanzausgleichsystem in Art. 49 Abs. 6 LV verankert. Danach gilt es, die finanziellen Belange der Kommunen gerecht auszugleichen, wobei die Maßstäbe, denen der Finanzausgleich folgen soll, nicht in Widerspruch zueinander stehen und auch nicht ohne einleuchtenden Grund verlassen werden dürfen (vgl. VGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, NVwZ 2012, 1034; Urteil vom 25. Januar 2006 – VGH B 1/05 –, AS RP-SL 33, 66, 70f.). Diesem Ziel dient § 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 LFAG, wonach grundsätzlich für die Bewilligung eines Leistungsansatzes für zentrale Orte die Einstufung einer Kommune im LEP maßgebend ist. Aufgrund dieses Regelungszusammenhangs hat der Verordnungsgeber aber bereits bei der Abwägung der Ziele im Zusammenhang mit der Zentrale-Orte-Struktur die finanziellen Folgen einer Einstufung auf den Finanzausgleich in den Blick zu nehmen.
- 82
Dies hat der Verordnungsgeber des LEP IV im Ansatz getan. Denn er hat bei Erlass des LEP IV augenscheinlich selbst daran gezweifelt, dass seine Planungsentscheidung mit dem bisherigen Finanzausgleichssystem in Einklang steht, hält es aber für eine Übergangszeit für gerechtfertigt, gleichwohl die Maßstäbe des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG anzuwenden. Denn nach Z 49 des LEP IV sollen die Regelungen für den zentralörtlichen Ansatz im Landesfinanzausgleichsgesetz in Bezug auf den mittelzentralen Verbund einer Überprüfung unterzogen werden; bis zu einer abschließenden Neuregelung des Finanzausgleichs sollen die Mittelzentren und kooperierenden Zentren im mittelzentralen Verbund (bisher: Mittelzentren im Grund- und Ergänzungsnetz gemäß LEP III) aber wie bisher behandelt werden und die gesetzliche Verteilungsregelung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG soll weiterhin anwendbar sein. Durch ein derartiges Ziel im LEP IV können angesichts des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes die gesetzlichen Vorgaben des Landesfinanzausgleichsgesetzes sowie der hierdurch vermittelte Anspruch auf eine dem interkommunalen Gleichheitsgebot genügende Teilhabe am Finanzausgleich jedoch nicht in Frage gestellt werden (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. April 2012 – 1 K 148/12.KO –).
- 83
Das durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Kommunen (Art. 49 Abs. 6 LV) vorgegebene Ziel, gleichmäßige Maßstäbe für die Bemessung des Leistungsansatzes „Zentrale Orte“ zu finden, wird hier durch die Einbeziehung der Stadt Ramstein-Miesenbach als kooperierendes Mittelzentrum im Verbund innerhalb des Verdichtungsraums Landstuhl verfehlt (s. obige Ausführungen). Die Stadt Ramstein-Miesenbach, aber auch die Klägerin würden zum einen (nach den obigen Ausführungen) unberechtigt finanzielle Leistungen als kooperierendes Mittelzentrum im Verbund nach dem Leistungsansatz des § 11 Abs. 4 Nr. 2 Sätze 1 und 2 LFAG erhalten. Zum anderen würden die Beigeladenen hierdurch benachteiligt, weil sie die Mittel nach diesem Leistungsansatz, die dem Verdichtungsbereich Landstuhl insgesamt zustehen, systemwidrig mit der Klägerin teilen müssten.
- 84
Soweit für die Einstufung der Stadt Ramstein-Miesenbach auch die Funktion >>Verteidigungsstruktur<< maßgeblich gewesen sein sollte, ist im Rahmen des Landesfinanzausgleichgesetzes zudem auf Folgendes hinzuweisen: Für Belastungen, die der Stadt Ramstein-Miesenbach als Standort ausländischer Stationierungskräfte entstehen und die sie auch über den Leistungsansatz des § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG ausgeglichen sehen will, gilt, dass derartige Belastungen durch den Stationierungsansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 1 LFAG ausgeglichen werden. Würde die Anwesenheit von ausländischen Stationierungskräften die Einstufung eines Ortes als mittelzentraler Ort mit rechtfertigen und zu einem Leistungsansatz „Zentrale Orte“ nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG beitragen, würden die Belastungen durch die ausländischen Stationierungskräfte letztlich zweimal berücksichtigt und damit überkompensiert.
- 85
4. Die Klägerin kann sich gegenüber dem beklagten Land wegen der Bindung an das Gemeinwohl und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht auf Vertrauensschutz berufen, um den Leistungsansatz nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 LFAG für das Haushaltsjahr 2013 zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1980 – 5 C 11/78 –, juris, Rn. 24 m. w. Nachw.; Urteil vom 17. September 1970 – II C 48/68 –, BVerwGE 36, 108 ff. und juris, Rn. 42; OVG RP, Urteil vom 17. November 1987 –7 A 21/87 –, AS 22, 39 [41]).
III.
- 86
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen mit ihrer Antragstellung ein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es der Billigkeit der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
- 87
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.
- 88
Beschluss
- 89
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 120.768,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
- 90
Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
- 91
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
- 92
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.
- 93
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
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Annotations
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,
- 1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und - 2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.