Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 23. Aug. 2017 - 1 L 806/17.NW
Gericht
Tenor
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, das Dienstverhältnis der Antragstellerin als Juniorprofessorin über den 11. Juli 2017 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über ihren Antrag vom 6. Juli 2017, längstens um die Dauer der Inanspruchnahme von Mutterschutz und Elternzeit aus Anlass der Geburt ihres Kindes am 3. Juli 2017 zu verlängern in dem Umfang, in dem keine Erwerbstätigkeit erfolgt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Streitwert wird auf 25.940,76 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig und hat mit dem im Tenor ausgesprochenen Inhalt Erfolg. Die Antragstellerin hat hierfür einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
- 2
Der Anordnungsgrund liegt unzweifelhaft vor, weil die Antragstellerin ohne ein Eingreifen des Gericht im Eilverfahren ihre Rechtsstellung als Beamtin auf Zeit ab 12. Juli 2017 verliert, was mit wesentlichen, im Hauptsacheverfahren nicht ausreichend wiedergutzumachenden Nachteilen verbunden wäre.
- 3
Der Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf Verlängerung des Beamtenverhältnisses auf Zeit um die Dauer von Mutterschutz und Elternzeit nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 3. Juli 2017 in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt. Er folgt aus §§ 55, 60 Landeshochschulgesetz – HochSchG –.
- 4
Gemäß § 55 Abs. 1 HochSchG werden Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren für die Dauer von drei Jahren zu Beamtinnen oder Beamten auf Zeit ernannt. Das Beamtenverhältnis soll – wie hier bei der Antragstellerin geschehen – bei Bewährung um weitere drei Jahre verlängert werden. Nach § 55 Abs. 1 Satz 3 HochSchG ist eine weitere Verlängerung, abgesehen von den Fällen des § 60 Abs. 2 und 6, nicht zulässig; dies gilt auch für eine erneute Einstellung als Juniorprofessorin oder Juniorprofessor. Die Antragstellerin erfüllt schon bei summarischer Prüfung im derzeitigen Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung ihres Beamtenverhältnisses auf Zeit, und die Einwände des Antragsgegners gegen das Bestehen ihres Anspruchs greifen nicht durch.
- 5
Die Antragstellerin befand sich unstreitig bis zum 11. Juli 2017 in einem bisher zweimal verlängerten Beamtenverhältnis auf Zeit als Juniorprofessorin im Dienst des Antragsgegners. Ihr Beamtenverhältnis auf Zeit hat sich durch den Beginn der Mutterschutzfrist am 16. Mai 2017 nicht automatisch verlängert. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 4 Hochschulgesetz – HochSchG – gilt nämlich § 51 Abs. 3 Satz 2 hier entsprechend. Danach ist die Beamtin auf Zeit mit Ablauf ihrer Amtszeit durch Gesetz entlassen. Damit endet gemäß § 21 Nr. 1 BeamtStG das Beamtenverhältnis und ist lediglich in bestimmten Fällen zu verlängern. Mutterschutz und Elternzeit unterbrechen nach dieser gesetzlichen Konstruktion den Ablauf der in der Ernennungsurkunde festgesetzten Amtszeit nicht.
- 6
Das Beamtenverhältnis auf Zeit der Antragstellerin überschreitet – schon vor der hier streitgegenständlichen Verlängerung – den Zeitraum des § 51 Abs. 2 Satz 1 HochSchG von insgesamt sechs Jahren. Daraus kann aber entgegen der Auffassung des Antragsgegners kein Hinderungsgrund für eine weitere Verlängerung hergeleitet werden. Denn die in § 55 Abs. 1 Satz 3 HochSchulG für Juniorprofessoren normierte Ausnahme geht der allgemeinen Bestimmung des § 51 Abs. 2 Satz 1 HochSchG als lex spezialis vor. Nur so war schon die zweite Verlängerung des Beamtenverhältnisses der Antragstellerin über sechs Jahre hinaus möglich. § 55 Abs. 1 HochSchG verweist nicht auf § 51 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes und bei umfassender Geltung des § 51 HochSchG wäre der eingeschränkte Verweis in § 55 Abs. 1 Satz 4 HochSchG auf bestimmte Regelungsinhalte des § 51 HochSchG sinnlos.
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Der von § 55 Abs. 1 Satz 3 HochSchG in Bezug genommene Verlängerungsgrund des § 60 Abs. 2 Nr. 5 HochSchG lag bei der Antragstellerin noch während ihrer Amtszeit im Beamtenverhältnisses auf Zeit vor. Danach ist die Inanspruchnahme von Elternzeit und Beschäftigungsverbot im Rahmen der Mutterschutzverordnung Grund für die Verlängerung des Dienstverhältnisses. Dazu ist zu sehen, dass die Mutterschutzfristen für Beamtinnen unbedingt und ohne Antrag gelten, selbst wenn ein Kind nicht lebend geboren wird (vgl. §§ 2 ff., 4 Abs. 1 Satz 2 MuSchVO). Die Antragstellerin befand sich ab 16. Mai 2017 und damit noch vor Ende ihrer Amtszeit in dieser besonderen Schutzfrist. Ein Antrag der Antragstellerin kann für den Verlängerungsgrund des Mutterschutzes mithin nicht konstitutiv sein. Auch wenn das Beamtenverhältnis auf Zeit, wie hier, noch innerhalb der Mutterschutzfrist endet, zeigt insbesondere § 11 a der MuSchVO, dass die frühere Beamtin in dieser Zeit den besonderen Schutz über das Ende der Amtszeit hinaus genießt. Sie erhält nämlich für die Dauer des Mutterschutzes auf Antrag ein Mutterschaftsgeld – was erklären mag, dass der Antragstellerin bisher noch kein Übergangsgeld gezahlt wurde.
- 8
Bereits mit ihrer E-Mail vom 13. Januar 2017 hat die Antragstellerin ihre Schwangerschaft beim Antragsgegner angezeigt, auf die Mutterschutzfrist sowie die anschließend beabsichtigte Elternzeit und sogar auf die zeitliche Problematik des Ablaufs ihres Beamtenverhältnisses hingewiesen. Selbst wenn in dem Schreiben vom 13. Januar 2017 nicht auch schon die „Inanspruchnahme von Elternzeit“ gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 5 HochSchG zu sehen ist, lag jedenfalls der Verlängerungsgrund der Mutterschutzfrist noch innerhalb der Amtszeit vor. Das Beamtenverhältnis war schon aus diesem Grund jedenfalls im voraussichtlichen Umfang des Beschäftigungsverbots nach § 2 Abs. 2, 4 Abs. 1 MuSchVO zu verlängern, auch wenn der Geburtstermin noch nicht exakt feststand. Denn die Gesamtdauer der Schutzfrist beträgt unabhängig davon 14 Wochen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 MuSchV). Aus dem entsprechend zu verlängernden Dienstverhältnis kann sodann Elternzeit in Anspruch genommen werden (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 6. Juni 2005 – 1 K 1235/04 –, juris). Die Antragstellerin hat sodann noch vor Ablauf der Amtszeit Elternzeit beantragt, und es sind keine Gründe erkennbar, aus denen dieser Antrag rechtmäßig abgelehnt werden könnte.
- 9
Für die Entscheidung über den damit verbundenen Antrag auf Verlängerung des Beamtenverhältnisses auf Zeit findet § 60 Abs. 1 HochSchG Anwendung. Danach ist das Dienstverhältnis der Hochschullehrerin und Hochschullehrer auf Zeit auf Antrag der Beamtin oder des Beamten aus den in Absatz 2 genannten Gründen zu verlängern, sofern dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners gilt die Norm unmittelbar für Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren. Denn die vom Regelungsbereich erfassten Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer werden in § 46 HochSchG als Professorinnen und Professoren, Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren definiert. Das hat zur Folge, dass ein Beamtenverhältnis auf Zeit auch einer Juniorprofessorin aus den Gründen des Absatzes 2 zu verlängern ist, ohne dass dem Antragsgegner ein Ermessen zustünde oder abweichende Erwägungen oder ein schwächerer Schutz gelten könnte als für sonstige Beamtinnen und Beamte auf Zeit. Dieses Ergebnis entspricht auch dem familienpolitischen Schutzzweck der Norm.
- 10
Allerdings ergibt sich abweichend von der Ansicht der Antragstellerin aus § 60 Abs. 1 HochSchG auch, dass der Verlängerungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn dienstliche Gründe entgegenstehen. Solche dienstlichen Gründe hat der Antragsgegner aber nicht dargelegt.
- 11
„Dienstliche Gründe“ sind als unbestimmter Rechtsbegriff vom Gericht grundsätzlich voll zu überprüfen. Da sie der Verlängerung des Dienstverhältnisses „entgegenstehen“ müssen, ist nicht maßgeblich, ob umgekehrt dienstliche Gründe für eine Verlängerung „gefunden“ werden. Die entgegenstehenden dienstlichen Gründe i.S.d. § 60 Abs. 1 HochSchG sind außerdem begrifflich nicht mit einem „dienstlichen Interesse“ an der Verlängerung des Dienstverhältnisses gleichzusetzen, das im vorliegenden Fall beim Fachbereich 06 abgefragt und von dort – indessen ohne weitere Begründung – verneint wurde.
- 12
Die im Eilverfahren vom Antragsgegner angeführten Erwägungen beinhalten keine ausreichenden dienstlichen Gründe, die einer Verlängerung des Dienstverhältnisses mit der Antragstellerin entgegenstehen.
- 13
Die Inanspruchnahme von Elternzeit und die damit verbundenen gesetzlichen Rechte und Folgen (Befreiung von einer Lehrverpflichtung, weiter bestehende Beihilfeansprüche, Freihalten der Planstelle) können von vornherein nicht als entgegenstehende dienstliche Gründe anerkannt werden, da sie regelmäßig mit einer Inanspruchnahme von Elternzeit verbunden sind und vom Gesetzgeber mithin im Rahmen der Regelfälle des § 60 Abs. 1 HochSchG einbezogen wurden. Es widerspräche der gesetzgeberischen Wertung, auf der einen Seite den mit bestimmten Schutzrechten verbundenen Verlängerungstatbestand zu schaffen, und diese Schutzrechte auf der anderen Seite dem Beamten als entgegenstehende dienstliche Gründe entgegenzuhalten. Im Übrigen ist im konkreten Fall nicht erkennbar, warum die Lehrverpflichtung der Antragstellerin nicht - ebenso wie bei der früheren Inanspruchnahme von Elternzeit - durch Ersatzkräfte ausreichend abzudecken wäre. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen wie vorgetragen nur eine hälftige Lehrvertretung im nicht professoralen Rang möglich sein sollte und warum der Antragsgegner dem nicht abhelfen könnte, wenn er dies für notwendig hält.
- 14
Der Anspruch aus §§ 55 Abs. 1, 60 HochSchG besteht unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt des laufenden Beamtenverhältnisses Mutterschutz und Elternzeit in Anspruch genommen werden. Eine nur noch kurze Restdauer des Dienstverhältnisses und/oder eine mögliche Weiterqualifizierung der Juniorprofessorin oder des Juniorprofessors nach Beendigung der Elternzeit kann deshalb dem Anspruch der Antragstellerin ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Zudem hat die Antragstellerin auf konkrete Tätigkeiten aus ihrem Aufgabenbereich als Juniorprofessorin hingewiesen, die sie nach dem Ende ihrer Elternzeit ausüben könne. Dem ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Des Weiteren steht derzeit noch nicht fest, ob die Antragstellerin während ihrer Elternzeit nicht eine zulässige Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen wird. Eine wiederholte Verlängerung des Beamtenverhältnisses wegen Mutterschutz und Elternzeit ist – unter Beachtung der Höchstdauer von vier Jahren – nach § 60 Abs. 3 HochSchG möglich.
- 15
Der Antragsgegner kann dem Anspruch der Antragstellerin schließlich nicht entgegenhalten, dass sie den Antrag auf Elternzeit und Verlängerung ihres Beamtenverhältnisses zu spät gestellt hat und eine Verlängerung nicht mehr möglich war bzw. ist.
- 16
Es spricht einiges dafür, dass schon dem E-Mail-Schreiben der Antragstellerin vom 13. Januar 2017 das Anliegen einer Verlängerung ihres Dienstverhältnisses wegen Mutterschutz und der geplanten Inanspruchnahme von Elternzeit hinreichend deutlich zu entnehmen war, das lediglich nach der Geburt des Kindes noch um die konkreten Zeiträume ergänzt werden musste. Dafür lässt sich anführen, dass sie in dem Schreiben ausdrücklich die neue „Ernennungsurkunde/Vertrag“ bis Ende August 2018 erwähnte und auf den besonderen Umstand hinwies, dass die damalige Ernennungsurkunde (= Vertrag) nur noch bis Mitte Juli 2017 lief. Daraus wird bei verständiger Auslegung erkennbar, dass sie ihr Beamtenverhältnis verlängern wollte, auch wenn sie dies noch nicht förmlich beantragt hatte. Jedenfalls aber konnte sich der Antragsgegner angesichts des Inhalts ihres Schreibens rechtzeitig darauf einrichten, dass ein entsprechender förmlicher Antrag auf Elternzeit und Dienstzeitverlängerung nach der Geburt des Kindes gestellt würde. Hierzu hat er ihr mit Antwortschreiben vom 18. Januar 2017 das einschlägige Formular, in dem auch der Verlängerungsantrag enthalten war, übersandt - das heißt, er hat ihr Schreiben durchaus in diesem Sinn verstanden. Dass unter bestimmten Umständen organisatorische Gründe einer rechtzeitigen Verlängerung des Beamtenverhältnisses entgegenstehen könnten, hat er ihr zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, obwohl sie in ihrer E-Mail vom 13. Januar 2017 um Kontaktaufnahme gebeten hatte, falls es weiteren Klärungsbedarf gebe. Vielmehr hat der Antragsgegner im Schreiben vom 18. Januar 2017 darum gebeten, den Antrag auf Elternzeit „zeitnah nach der Geburt des Kindes“ zurückzusenden. Wie oben ausgeführt, lag indessen spätestens mit Antritt der Schutzfrist am 16. Mai 2017 der Verlängerungsgrund des Mutterschutzes vor. Insofern hätte es nahe gelegen, dass der Antragsgegner ihr zunächst einen zunächst auf die Schutzfrist beschränkten Verlängerungsantrag ermöglicht, durch den die weiteren zeitlichen Engpässe hätten vermieden werden können.
- 17
Vor dem Hintergrund der Korrespondenz im Januar 2017 konnte die Antragstellerin das Schreiben des Antragsgegners vom 24. Mai 2017 aus ihrem Empfängerhorizont nicht als Entscheidung verstehen, dass ihr Beamtenverhältnis trotz der Möglichkeit einer Elternzeit auf jeden Fall mit Ablauf des 11. Juli 2017 enden würde. Die Antragstellerin durfte darin lediglich einen Hinweis auf die damals (am 24. Mai 2017) noch aktuelle Situation sehen. Unabhängig davon war dem Schreiben des Antragsgegners vom 24. Mai 2017 keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, so dass eine etwaige vom Antragsgegner beabsichtigte Regelung nicht in Bestandskraft erwachsen konnte, nachdem die Antragstellerin am 11. Juli 2017 rechtzeitig Widerspruch gegen das Schreiben erhoben hat.
- 18
Der Antragsgegner kann sich gegenüber der Antragstellerin auch nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 4 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – berufen.
- 19
Nach dieser Vorschrift ist die beamtenrechtliche Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig und insoweit unwirksam. Die Verlängerung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit dürfte aber kein Fall einer notwendigen Ernennung i. S. d. § 8 Abs. 4 BeamtStG sein. Das Landesbeamtengesetz – LBG – regelt nicht, dass eine Verlängerung des Beamtenverhältnisses auf Zeit durch Ernennung erfolgen muss. Auch § 8 Abs. 1 BeamtStG erfasst den Fall der Verlängerung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit nicht. Danach ist die Verlängerung in der Sache keine erneute Ernennung, sondern lediglich eine Hinausschiebung des Endes des Beamtenverhältnisses, auch wenn es unschädlich ist, den Beamten erneut zu ernennen (vgl. Reich, Hochschulrahmengesetz, 8. Auflage 2002, § 50 Rnr. 9). Die Verlängerung der Dauer eines Beamtenverhältnisses auf Zeit kann als „Minus“ zur Neubegründung des Dienstverhältnisses angesehen werden mit der Folge, dass für sie nicht die strengen Voraussetzungen einer Ernennung gelten und sie auch rückwirkend zulässig ist (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 6. Juni 2005 – 1 K 1235/04 –, juris).
- 20
Auch wenn man dieser Rechtsauffassung im Hinblick auf die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 BeamtStG notwendige Angabe der Zeitdauer der Berufung in der Ernennungsurkunde nicht folgen wollte, müsste die rückwirkende Verlängerung des Beamtenverhältnisses der Antragstellerin aus den oben beschriebenen besonderen Umständen des Einzelfalles hier zulässig sein. Sie hat ihrerseits alles für die rechtzeitige weitere Verlängerung getan und vom Antragsgegner keinerlei Hinweise erhalten, dass weitere Schritte vor der Geburt ihres Kindes möglich oder erforderlich sind, um eine rechtzeitige Bearbeitung der Angelegenheit zu gewährleisten. Die Mutterschutzfrist, die – wie ausgeführt – zwingend von Gesetzes wegen zuerkannt wird und einen Verlängerungsanspruch begründet, dauerte über die festgesetzte Amtszeit hinaus an und läuft im Übrigen nach der Berechnung des Gerichts auch heute noch bis zum 28. August 2017. Der rechtzeitigen Aushändigung einer neuen Ernennungsurkunde standen ausschließlich eine Untätigkeit und organisatorische Hindernisse auf Seiten des Antragsgegners entgegen. In diesem Fall muss das von § 8 Abs. 4 BeamtStG geschützte Interesse an Rechtssicherheit in Bezug auf die Ämterstabilität zurücktreten (vgl. zum umgekehrten Fall der Aufhebung einer Ernennung BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16/09 -, juris). Selbst wenn eine rückwirkende Ernennung der Antragstellerin aber gemäß § 8 Abs. 4 BeamtStG gesperrt wäre, müsste hier erwogen werden, sie aus Fürsorgegründen so zu stellen, als wäre ihr Anspruch auf Verlängerung des Dienstverhältnisses vom Antragsgegner rechtzeitig erfüllt worden.
- 21
Dieser Anspruch ist schließlich nicht dadurch untergegangen, dass durch die gemäß §§ 55 Abs. 1 Satz 4, 51 Abs. 2 Satz 2 HochSchG erfolgte Entlassung kein verlängerungsfähiges Dienstverhältnis mehr besteht, wie der Antragsgegner vorträgt. Die für den Regelfall vorgesehene Verlängerung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit wegen der Inanspruchnahme von Mutterschutz und Elternzeit ist nicht vergleichbar mit dem Fall eines nur ausnahmsweise zulässigen Hinausschiebens des Ruhestands, für den anerkannt ist, dass der Anspruch auf Hinausschieben sich mit Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand erledigt (vgl. VGH RP, Beschluss vom 14. April 2010 – VGH B 76/09 – und OVG RP, Beschluss vom 25. August 2010 – 2 B 10878/10.OVG –). Der gesetzlich in den Ruhestand entlassene Beamte kann nicht mehr rückwirkend für bestimmte, über den Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung hinausreichende Projekte eingesetzt werden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 2 B 94.11 –). Im Unterschied zur Ruhestandsversetzung stellt eine Mutterschutz- oder Elternzeit regelmäßig nur eine zeitliche Unterbrechung dar. Da in der Elternzeit – zumindest zu Beginn – typischerweise keine dienstlichen Tätigkeiten wahrgenommen werden, kann die rein zeitliche Anknüpfung des verlängerten Dienstverhältnisses an das Ende der bisherigen Amtszeit auch rückwirkend erfolgen.
- 22
Unter Abwägung aller beteiligten Interessen ist die im vorliegenden Fall angeordnete Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren zulässig und geboten. Dafür ist vor allem maßgeblich, dass der Anspruch der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – in der Sache mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht. In einem Hauptsacheverfahren kann sie diesen Anspruch nicht mehr effektiv durchsetzen, da ihre Rechte als Beamtin auf Zeit in Elternzeit ohne Verlängerung des Dienstverhältnisses durch Zeitablauf endgültig verloren gehen. Hier ist insbesondere der gesteigerte gesetzliche Schutz von Müttern und Eltern zu beachten, der naturgemäß auf eine bestimmte Zeit nach der Geburt des Kindes begrenzt ist und nicht nachgeholt werden kann. Auf der Seite des Antragsgegners ist zu sehen, dass die Verlängerung des Beamtenverhältnisses im Nachhinein nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wenn die Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren unterlegen wäre. Die ihn treffenden Belastungen sind aber hauptsächlich finanzieller Art, beispielsweise in Form der Weiterbewilligung von Beihilfeleistungen, die voraussichtlich nicht zurückgefordert werden könnten. Diese finanziellen Belange wiegen nicht so schwer wie der endgültige Verlust der besonderen Schutzrechte der Antragstellerin durch das sofortige Ende ihres Beamtenstatus.
- 23
Nach alledem hat der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Sinne des ersten Hilfsantrags der Antragstellerin Erfolg. Die Geltung der einstweiligen Anordnung ist auf die Dauer des Hauptsacheverfahrens und zusätzlich auf die Dauer der Inanspruchnahme von Elternzeit durch die Antragstellerin ohne Erwerbstätigkeit zu begrenzen. Da sie auch bei vollständiger Inanspruchnahme einer dreijährigen Elternzeit für ihr zweites Kind die Höchstfrist von vier Jahren gemäß § 60 Abs. 3 HochSchG nicht erreichen wird, war insofern keine weitere zeitliche Beschränkung nötig. Auf die Frage, ob jedenfalls die weiter hilfsweise beantragte erneute Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Zeit erfolgen müsste, kommt es nicht mehr an.
- 24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 25
Der Streitwert für das Eilverfahren wird wegen der damit verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache gemäß § 52 Abs. 6 GKG auf die Hälfte des für ein Kalenderjahr zu zahlenden Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe festgesetzt.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Das Beamtenverhältnis endet durch
- 1.
Entlassung, - 2.
Verlust der Beamtenrechte, - 3.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder - 4.
Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.
(1) Einer Ernennung bedarf es zur
- 1.
Begründung des Beamtenverhältnisses, - 2.
Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art (§ 4), - 3.
Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Grundgehalt oder - 4.
Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung, soweit das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde. In der Urkunde müssen enthalten sein
- 1.
bei der Begründung des Beamtenverhältnisses die Wörter „unter Berufung in das Beamtenverhältnis“ mit dem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz „auf Lebenszeit“, „auf Probe“, „auf Widerruf“, „als Ehrenbeamtin“ oder „als Ehrenbeamter“ oder „auf Zeit“ mit der Angabe der Zeitdauer der Berufung, - 2.
bei der Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art die diese Art bestimmenden Wörter nach Nummer 1 und - 3.
bei der Verleihung eines Amtes die Amtsbezeichnung.
(3) Mit der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe, auf Lebenszeit und auf Zeit wird gleichzeitig ein Amt verliehen.
(4) Eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig und insoweit unwirksam.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.