Verwaltungsgericht Münster Urteil, 10. Feb. 2016 - 9 K 2701/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheits-leistungen oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheiten in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Erteilung verschiedener glücksspiel- und gewerberechtlicher Erlaubnisse zum Betrieb einer Spielhalle.
3Am 29. Mai 2012 eröffnete der damalige Betreiber, Herr N., die Spielhalle „K.“ an der X Straße in W. Er betreibt außerdem seit längerer Zeit die ca. 200 Meter Luftlinie von diesem Standort entfernte und in Sichtweite liegende Spielhalle „S.“ an der Y Straße in W. Mit Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 erhielt er die für den Betrieb der Spielhalle „K.“ erforderliche gewerberechtliche Spielhallenerlaubnis gem. § 33 i Gewerbeordnung (GewO). Am 01. November 2012 eröffnete der Kläger im gleichen Gebäudekomplex ein Kino.
4Durch Gesetz vom 13. November 2012 (GV.NRW. 2012, 524) stimmte das Land NRW dem am 15. Dezember 2011 unterzeichneten und zum 1. Juli 2012 in Kraft tretenden Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag ‑ 1. GlüÄndStV ‑ ) zu. Zugleich wurde das hierauf bezogene und zum 1. Dezember 2012 in Kraft tretende Ausführungsgesetz des Landes NRW (AG GlüStV NRW) verkündet.
5Mit Infoschreiben vom 12. April 2013, 19. Juni 2013 und 04. Juli 2013 informierte die Beklagte den damaligen Betreiber darüber, welche Konsequenzen die Neuregelungen des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) für den weiteren Betrieb seiner zwei Spielhallen habe. Ihm wurde mitgeteilt, dass er insbesondere für die Spielhalle „K.“ nach Ablauf der hierfür geltenden einjährigen Übergangsfrist zum 01. Dezember 2013 eine sog. glücksspielrechtliche Erlaubnis gem. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW benötige. Die einjährige Frist sei einschlägig, da die Erlaubnis gem. § 33 i GewO nach dem Stichtag 28. Oktober 2011 erteilt worden sei. Ein Antrag auf Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis werde jedoch aufgrund der Nichteinhaltung des Mindestabstandes von 350 Metern Luftlinie zur nächsten Spielhalle nach heutigem Rechtsstand keinen Erfolg haben. Er müsse sich bis zum 01. Dezember 2013 entscheiden, welche Spielhalle er weiter betreiben wolle.
6Der damalige Betreiber gab die Spielhalle „K.“ zum 01. Dezember 2013 zugunsten seiner anderen Spielhalle auf. Seitdem wird die Spielhalle „K.“ nicht mehr betrieben.
7Am 03. November 2014 stellte der Kläger bezogen auf den vormaligen Standort „K.“ folgende Anträge:
81. Antrag auf glücksspielrechtliche Erlaubnis gem. § 24 GlüStV, sog. „staatsvertragliche Erlaubnis“
92. Antrag auf Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle oder eines ähnlichen Unternehmens gem. § 33 i GewO, sog. „gewerberechtliche Spielhallenerlaubnis“
103. Antrag auf Bestätigung über die Eignung als Aufstellungsort gem. § 33 c Abs. 3 S. 1 GewO, sog. „Geeignetheitsbescheinigung“
114. Antrag auf Erlaubnis zur Aufstellung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit gem. § 33 c Abs. 1 S. 1 GewO, sog. „Aufstellererlaubnis“.
12In dem Antrag war das Vorhandensein einer anderen Spielhalle im Umkreis von 350 Metern Luftlinie bejaht worden.
13Mit Bescheid vom 24. November 2014 lehnte die Beklagte die Anträge ab. Der Antrag zu 1.) sei abzulehnen, da eine Erteilung aufgrund der Nichteinhaltung des Mindestabstandes gem. § 16 Abs. 3 S. 1 AG GlüStV NRW, der zur nächsten bestehenden Spielhalle nicht unterschritten werden soll, ausgeschlossen sei. Eine Abweichung im Einzelfall gem. § 16 Abs. 3 S. 3 dieser Bestimmung komme nicht in Betracht, da ein hierfür erforderlicher „atypischer Sonderfall“ weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich sei. Auch Vertrauensschutzerwägungen könnten keine Rolle spielen, da der Kläger bisher nicht selbst Betreiber einer Spielhalle gewesen sei. Auch sei ihm die neue Rechtslage bekannt gewesen. Über die übrigen Anträge sei nicht mehr entschieden worden, da dem Kläger aufgrund der Ablehnung des Antrags zu 1.) das Bescheidungsinteresse fehle.
14Am 19. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
15Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihr Ermessen im Rahmen der einschlägigen „Soll“-Vorschrift nicht ausgeübt. Dies habe sie – wie sich aus dem Schreiben vom 04. Juli 2013 ergebe - auch schon gegenüber dem vorherigen Betreiber nicht getan. Dieser hätte sich auf Vertrauensschutz berufen können. Er - der Kläger - habe sein Gesamtkonzept „Kinobetrieb nur in Verbindung mit der Spielhalle“ immer offen gegenüber der Beklagten kommuniziert, da er die Pachteinnahmen der Spielhalle benötige, um das Kino wirtschaftlich betreiben zu können. Deswegen habe die Beklagte auch im Juli 2012 die Erlaubnis gem. § 33 i GewO für die Spielhalle „K.“ erteilt. Dabei habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits die Neuregelung des GlüStV berücksichtigen müssen. Sie habe ihn - den Kläger - darauf hinweisen müssen, dass eine Spielhalle an diesem Standort nicht dauerhaft betrieben werden könne. Die Beklagte habe auch den vorherigen Betreiber nicht sachgerecht über die Sach- und Rechtlage aufgeklärt. Insbesondere sei es fehlerhaft gewesen darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis keine Aussicht auf Erfolg habe. Vielmehr habe die Beklagte bei Ausübung ihres Ermessens im Rahmen von § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW die besondere Situation des Einzelfalls berücksichtigen müssen.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinem Antrag vom 03. November 2014 auf
181. eine glücksspielrechtliche Erlaubnis gem. § 24 GlüStV, sog. „staatsvertragliche Erlaubnis“,
192. eine Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle oder eines ähnlichen Unternehmens gem. § 33 i GewO, sog. „gewerberechtliche Spielhallenerlaubnis“,
203. eine Bestätigung über die Eignung des Aufstellungsortes gem. § 33 c Abs. 3 S. 1 GewO, sog. „Geeignetheitsbescheinigung“ und
214. eine Erlaubnis zur Aufstellung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit gem. § 33 c Abs. 1 S. 1 GewO, sog. „Aufstellererlaubnis“
22stattzugeben.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie ist der Ansicht, die begehrte Erlaubnis sei auch nicht ausnahmsweise zu erteilen. Sie habe ihr Ermessen gegenüber dem Kläger ordnungsgemäß ausgeübt. Da der vorherige Betreiber nie einen Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach dem für Spielhallen geltenden neuen Recht gestellt habe, sei es hier auch nie zu einer Prüfung gekommen, ob ein atypischer Fall im Sinne des neuen Rechts vorliege. Gleiches gelte für die Frage, ob sich der vorherige Betreiber auf Vertrauensschutz habe berufen können. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen sei, könne er sich auf etwaige Ermessensfehler zu diesem Zeitpunkt oder auf ein Vertrauen nicht berufen. Es sei zwar wirtschaftlich nachvollziehbar, dass der Kläger an seinem Gesamtkonzept festhalten wolle. Dies allein sei aber noch kein beachtlicher Grund für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis im Ausnahmewege. Der Kläger habe die Neuregelung kennen müssen. Bei der Erteilung der Erlaubnis an den vorherigen Betreiber im Juli 2012 sei ohnehin noch nicht verbindlich bekannt gewesen, dass das AG GlüStV NRW einen Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie fordern werde. Die Erlaubnis sei damals allein deshalb erteilt worden, weil sie mit dem zu diesem Zeitpunkt allein einschlägigen § 33 i GewO in Einklang gestanden habe. Etwaiger Schriftverkehr zwischen der Beklagten und dem vorherigen Betreiber sei für dieses Verfahren nicht von Belang.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang und die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.
27Entscheidungsgründe:
28A. Die Klage hat keinen Erfolg. Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit Antrag vom 03. November 2014 begehrten Erlaubnisse. Die Versagung war rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
29I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „K.“ gem. § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW. Der Erteilung steht das Gebot zur Einhaltung des Mindestabstandes gem. § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 AG GlüStV NRW entgegen. Danach soll ein Mindestabstand vom 350 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht unterschritten werden. Die Spielhalle „K.“, auf die sich die Anträge beziehen, liegt nur ca. 200 Meter Luftlinie von der nächstgelegenen – vorhandenen - Spielhalle „S.“ an der Y Straße entfernt. Der Mindestabstand wird somit um gut 150 Meter unterschritten.
30Entgegen der Ansicht des Klägers stand der Beklagten in Bezug auf die Frage, ob eine Abweichung vom Mindestabstandsgebot gerechtfertigt ist, gerade kein uneingeschränktes Ermessen zu. Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Wenn eine Rechtsnorm wie hier als Soll-Vorschrift erlassen wird, ist der zur Entscheidung berufene Normadressat- im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss". Nur wenn ein im Sinne der Normierung hinreichend tragfähiger Grund der vorgesehenen Regelbeurteilung entgegensteht, also ein atypischer Fall vorliegt, darf die zuständige Stelle anders als im Gesetz vorgesehen verfahren. In den Regelfällen bedarf es keiner besonderen Begründung für die Anwendung der Soll-Vorschrift.
31Vgl. VG Köln, Urteil vom 29. Januar 2014 – 23 K 2890/13 –, juris, Rn. 22 sowie allgemein BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1975 - VIII C 77.74 -, juris, Rn. 34.
32Zur Prüfung, in welchen Situationen ein solcher atypischer Fall in Betracht kommt, hat der Gesetzgeber in § 16 Abs. 3 S. 3 AG GlüStV NRW bestimmt, dass die Behörde „unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls“ von der Maßgabe des Mindestabstandes abweichen darf. Dabei sind nach der Gesetzesbegründung nur städtebauliche Besonderheiten zu berücksichtigen.
33Vgl. Landtag NRW, Drs. 16/17, S. 43 f.
34Außerdem ist erforderlich, dass es ausnahmsweise mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vereinbar sein muss, den geforderten Mindestabstand zu unterschreiten.
35Vgl. auch VG Augsburg, Urteil vom 31. Januar 2013 – Au 5 K 12.1360 -, juris, Rn. 35.
36Liegt tatbestandlich ein solcher atypischer Fall vor, so verbleibt der Behörde lediglich ein „Rest-Ermessen“, ob sie die glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 GlüStV trotz Unterschreitung des Mindestabstandes nach den Verhältnissen im Umfeld und der Lage des Einzelfalls erteilt oder nicht.
37Die Beklagte ist, wie in dem Bescheid vom 24. November 2014 auch hinreichend zum Ausdruck gebracht worden ist, nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass kein atypischer Fall vorliegt und eine Abweichung von der gesetzlichen Vorgabe zum Mindestabstand damit ausscheidet. Eine solche Atypik ist auch weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.
381. Es sind schon keine städtebaulichen Besonderheiten gegeben, die eine Abweichung von dem gesetzlich geforderten Mindestabstand rechtfertigen könnten. Eine solche Besonderheit könnte beispielsweise anzunehmen sein, wenn der Mindestabstand, nach gesetzlicher Anordnung gemessen nach der Luftlinie, nur um wenige Meter unterschritten wird, der tatsächliche Fußweg zwischen den Spielhallen aufgrund der Straßenführung aber erheblich weiter ist. Die in Rede stehende Spielhalle ist jedoch nur ca. 200 Meter Luftlinie von der bereits betriebenen Spielhalle an der Y Straße entfernt. Der vom Gesetzgeber geforderte Mindestabstand wird nicht nur minimal, sondern um rund 150 Meter, also um über 40 Prozent, unterschritten. Schon deshalb ist die Annahme eines atypischen Sonderfalls nur noch schwer denkbar. Hinzu kommt, dass hier der Fußweg mit der Luftlinie nahezu identisch ist und die beiden fraglichen Spielhallen in Sichtweite zueinander liegen. Aufgrund dieser Lage ist eine Unterschreitung des Mindestabstandes auch nicht mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vereinbar. Würden beide Spielhallen betrieben, würde das primäre Ziel des neugefassten Glücksspielstaatsvertrages, nämlich die Verringerung der Anzahl der Spielhallenstandorte, unterlaufen. Auch das weitere Ziel der Regelungen, das pathologische Spielverhalten zu bekämpfen, wäre gefährdet. Der Mindestabstand soll sicherstellen, dass der Spieler nach dem Besuch einer Spielhalle nicht direkt zur nächsten Spielhalle gelangt, sondern sich durch die Zurücklegung eines entsprechenden Fußweges „eine gewisse Abkühlung verschafft“, bevor sich erneut die Gelegenheit zum Glücksspiel eröffnet.
39Vgl. Landtag NRW, Drs. 16/17, S. 43 f.
40Durch die Nähe der Spielhallen zueinander würde jedoch hier gerade ein besonders hoher Anreiz für die Spieler geschaffen, von einer Spielhalle zur nächsten Spielhalle „weiterzuziehen“.
412. Das übrige Vorbringen des Klägers ist von vornherein ungeeignet, nach den oben dargestellten Maßstäben eine Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis im Ausnahmewege zu ermöglichen.
42a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht daraus, dass der vorherige Betreiber der Spielhalle „K.“ sich – nach Ansicht des Klägers – auf Vertrauensschutz habe berufen können, um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis zu erlangen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich auf einen Vertrauensschutz, wenn überhaupt, nur der vorherige Betreiber persönlich hätte berufen können. Der Kläger selbst kann diesen nicht für sich geltend machen.
43Aber auch der vorherige Betreiber der Spielhalle hätte sich ohnehin nicht auf Vertrauensschutz berufen können, um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis gem. § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW zum Betrieb der Spielhalle „K.“ zu erhalten. Der Gesetzgeber hat dem Vertrauen eines Spielhallenbetreibers in den Bestand einer Spielhalle ausreichend und abschließend Rechnung getragen, indem er eine ein- bzw. fünf-jährige Übergangsfrist gewährt hat, in der eine gewerberechtliche Spielhallenerlaubnis gem. § 33 i GewO entgegen der Neuregelung nach wie vor ausreichen soll, um eine Spielhalle für eine gewisse Zeit weiter betreiben zu können. Diese Übergangsfrist, die sich aus § 29 Abs. 4 S. 3 GlüStV ergibt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist geeignet, den Gesetzeszweck – die Bekämpfung der Spielsucht – zu fördern. Die Regelung ist auch erforderlich, weil ohne sie die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV in absehbarer Zeit nicht erreicht werden könnte. Schließlich ist sie auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da das öffentliche Interesse an der Eindämmung der Gefahren der Spielsucht die wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber überwiegt.
44Vgl. dazu ausführlich BayVGH, Beschluss vom 08. April 2014 – 22 CS 14.224 -, juris, Rn. 13 ff.
45Diese hier im konkreten Fall einjährige Übergangsfrist ist am 30. November 2013 abgelaufen.
46b) Der Kläger kann auch keinen Vertrauenstatbestand daraus ableiten, dass er ein „Gesamtkonzept: Betrieb eines Kinos nur in Verbindung mit dem Betrieb einer Spielhalle“ verfolgt haben will und auch derzeit verfolge. Er hat schon, ohne dass es hierauf allerdings ankäme, nicht substantiiert vorgetragen, was genau Inhalt eines solchen Konzepts sein und wann die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt haben soll. Auch ist nichts von Substanz dazu vorgetragen, dass das Kino allein an diesem Standort nur defizitär betrieben werden kann. Zudem bleibt offen, warum in den betreffenden Räumlichkeiten gewinnbringend nur eine Spielhalle betrieben werden kann.
47Darüber hinaus, und hierauf kommt es rechtlich allein an, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aus einer etwaigen Kenntnis der Beklagten von diesem „Konzept“ eine rechtliche Bindungswirkung herleiten könnte. Ein solches unternehmerisches „Gesamtkonzept“ ist nämlich von vornherein untauglich, um hier eine entsprechende Rechtsbindung der Beklagten bei der nach dem Gesetz vorzunehmenden Entscheidung über die Erlaubnis zu begründen. Derartige unternehmerische Vorstellungen gehören vielmehr grundsätzlich zu dem allgemeinen Unternehmerrisiko, wozu auch gehört, dass sie gerade auch aufgrund gesetzlicher Änderungen nicht stets und zwangsläufig dauerhaft Bestand haben müssen. Hinzu kommt, dass die anstehenden Änderungen des GlüStV jedenfalls dem Grunde nach bereits etliche Monate vor Eröffnung der Spielhalle und sogar ein Jahr vor Eröffnung des Kinos aufgrund der öffentlichen Diskussion absehbar waren. In solchen Situationen obliegt es ausschließlich den Interessierten, sich selbst entsprechend über anstehende Rechtsänderungen zu unterrichten und ihre wirtschaftlichen Entscheidungen hieran auszurichten. So hätte etwa ein Blick in den Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 01. Juni 2012, der mithin bei der Genehmigung vom 16. Juli 2012 bereits zur Kenntnis hätte genommen werden können, die Wirkungen der anstehenden Rechtsänderungen präsent machen können. Wirtschaftliche Gesichtspunkte im Einzelfall können im Rahmen dieser Normierung keine Berücksichtigung finden. Sie wurden vielmehr bereits abschließend durch die gesetzlich vorgesehenen Übergangsregelungen berücksichtigt. Genauso wie ein Spielhallenbetreiber keinen Anspruch auf einen allgemeinen zukunftsgerichteten Schutz getätigter unternehmerischer Investitionen hat,
48vgl. BayVGH, Beschluss vom 08. April 2014 – 22 CS 14.224 -, juris, Rn. 29,
49hat auch der Kläger keinen Rechtsanspruch darauf, dass seine Vorstellung von einem „Betrieb eines Kinos nur in Verbindung mit einer Spielhalle“ dauerhaften Bestand haben müsse und sich der Kinobetrieb mit Hilfe der Pachteinnahmen aus der Spielhalle mitfinanziert.
50Die Voraussetzungen für die Anwendung der Härtefallregelung gem. § 29 Abs. 4 S. 4 GlüStV liegen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Regelung gibt es unter sehr engen Voraussetzungen die Möglichkeit weiterer Übergangsregelungen im Einzelfall. Dies betrifft jedoch lediglich Spielhallen, denen bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach bisherigem Recht erteilt worden ist. Um eine solche geht es hier nicht.
51c) Der Kläger kann schließlich sein Begehren nicht auf den Vortrag stützen, die Beklagte habe den vorherigen Betreiber der Spielhalle „K.“ im Infoschreiben vom 04. Juli 2013 nicht umfassend über die Sach- und Rechtslage informiert. Bereits diese Annahme ist unzutreffend. Die dem Vorbetreiber gegebenen Informationen haben uneingeschränkt den hieran zu stellenden Anforderungen genügt. Zu Hinweisen auf etwaige – nach Lage des Falls von vornherein nicht in Betracht kommende – Ausnahmemöglichkeiten war die Beklagte rechtlich nicht verpflichtet.
52II. Zu Recht hat die Beklagte davon abgesehen, über die weitergehenden Anträge des Klägers vom 03. November 2014 in der Sache zu entscheiden. Da eine Spielhalle gem. § 18 S. 1 AG GlüStV NRW nur derjenige betreiben darf, der eine glücksspielrechtliche Erlaubnis gem. § 24 GlüStV besitzt, fehlt dem Kläger, dem eine solche aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann, das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung hinsichtlich der weiteren beantragten Erlaubnisse.
53B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.