Verwaltungsgericht Münster Beschluss, 15. Aug. 2013 - 1 L 286/13
Gericht
Tenor
Die Stadt B. , vertreten durch den Bürgermeister, T.--straße 00, 00000 B. , wird beigeladen.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Aufnahme in die X-Schule B. , Städtische Katholische Grundschule – Primarstufe –, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beiladung der Stadt B. als Schulträger der X-Schule erfolgt gemäß § 65 Abs. 2 VwGO als notwendig, weil die Entscheidung auch der Stadt B. gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Sie hat als Schulträger die Zahl der Eingangsklassen bestimmt und die Klassengröße der Eingangsklassen der X-Schule auf 25 Schüler festgelegt und damit die Aufnahmekapazität der Schule festgelegt.
3Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin mit dem sinngemäß gestellten Antrag,
4den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über ihren Antrag auf Aufnahme in die X-Schule B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
5ist gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zulässig und begründet.
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
7Das Begehren der Antragstellerin auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Neubescheidung des Aufnahmeantrags ist auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, denn die Antragstellerin wird im vorläufigen Rechtsschutzverfahren bereits das erhalten, was sie auch im Klageverfahren beantragt hat. In diesen Fällen liegt der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund nur vor, wenn die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, dass ihr ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren schlechthin unzumutbar ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die einstweilige Anordnung ist notwendig zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes, da dieser bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens zu spät für die Antragstellerin kommen würde. Der Unterricht beginnt bereits Anfang September 2013. Das Hauptsacheverfahren wird in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden können. Es ist der Antragstellerin auch nicht zuzumuten, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig eine andere Grundschule zu besuchen. Eine andere Grundschule derselben Schulart ist für die Antragstellerin nicht in zumutbarer Weise erreichbar. Die O-Schule, auf die der Antragsgegner als nächstgelegene Grundschule verweist, ist eine Gemeinschaftsgrundschule und keine katholische Bekenntnisschule. Die Antragstellerin hat sich aber bewusst für die Schulart (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW) der katholischen Bekenntnisschule entschieden.
8Es besteht auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner den geltend gemachten Anordnungsanspruch auf Neubescheidung hat.
9Ein solcher Anspruch folgt aus § 46 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW. Danach hat jedes Kind einen Anspruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität, soweit der Schulträger keinen Schuleinzugsbereich gebildet hat.
10Die X-Schule B. ist, wie oben erläutert, die katholische Bekenntnisschule und damit die Grundschule der gewünschten Schulart, die der Wohnung der Antragstellerin am nächsten liegt.
11Die Aufnahmekapazität der X-Schule ist nicht erschöpft. Die Aufnahmekapazität bestimmt der Schulträger nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW, indem er unter Beachtung der Höchstgrenze für die zu bildenden Eingangsklassen an Grundschulen nach der Verordnung gemäß § 93 Abs. 2 SchulG NRW die Zahl und die Verteilung der Eingangsklassen auf die Schulen festlegt. Die Vorschrift des § 46 Abs. 3 SchulG NRW ist in der Fassung des 8. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 13. 11. 2012 (GV. NRW. 2012 S. 514) anwendbar, da das Gesetz am 22. 11. 2012 und damit vor der Entscheidung des Schulträgers und vor der Aufnahmeentscheidung in Kraft getreten ist. Nach dem Beschluss des Rates der beigeladenen Stadt B. vom 28. 2. 2013 werden an der X-Schule zwei Eingangsklassen gebildet.
12Die Zahl der pro Klasse aufzunehmenden Schüler richtet sich nach den Klassenbildungswerten, die sich aus der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW ergeben. Dabei lässt die Kammer offen, ob bereits die Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW für das Schuljahr 2013/2014 vom 13. 5. 2013 (GV. NRW. 2013 S. 245) anzuwenden ist, die nach Art. 2 der Verordnung erst am 1. 8. 2013 in Kraft getreten ist. Nach Art. 1 § 6 a Abs. 1 Satz 3 der ÄnderungsVO gilt für Eingangsklassen der Grundschulen die Bandbreite von 15 bis 29. Nach dem bis zum 31. 7. 2013 geltenden § 6 Abs. 4 Satz 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW galt die Bandbreite 18 bis 30. Nach beiden Vorschriften ist die Kapazität noch nicht erschöpft.
13Im Rahmen der Aufnahmeentscheidung ist der Antragsgegner verpflichtet, die Bandbreite auszuschöpfen.
14Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. 2. 2013 – 19 A 160/12 –, juris, Rdn. 54.
15Das sind im vorliegenden Fall 29 bzw. 30 Schüler pro Eingangsklasse. Die X-Schule musste also insgesamt 58 bzw. 60 Schüler aufnehmen. Tatsächlich stellte sie nur 50 Plätze zur Verfügung. Da nunmehr weitere acht bzw. zehn Plätze zu besetzen sind, ist eine Neubescheidung des Aufnahmeantrags der Antragstellerin dahingehend vorzunehmen, dass ein Aufnahmeanspruch besteht. Insofern verdichtet sich der von der Antragstellerin geltend gemachte Neubescheidungsanspruch zu einem Aufnahmeanspruch. Da außer über den Aufnahmeantrag der Antragstellerin nur über drei weitere Anträge noch nicht unanfechtbar entschieden ist (die übrigen nicht in die Schule aufgenommenen Kinder haben die ablehnenden Bescheide bestandskräftig werden lassen), wird auch die nach der Änderungsverordnung berechnete Kapazität durch eine Aufnahme der Antragsteller aller Verfahren nicht vollständig erschöpft.
16Dem steht die Festlegung des Schul- und Kulturausschusses des Rates der Beigeladenen, die Klassengröße in den Eingangsklassen aller Grundschulen mit Ausnahme der Schulen in Y und Z grundsätzlich auf 24 bzw. nach Entscheidung der jeweiligen Schulleitung auf 25 Schüler pro Klasse festzulegen, nicht entgegen. Eine solche Begrenzung der Klassengröße ist rechtswidrig. Sie ist nicht durch § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW gedeckt. Nach dieser Vorschrift kann der Schulträger die Zahl der in die Eingangsklassen aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler einer Grundschule oder mehrerer Grundschulen begrenzen, wenn dies für eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb einer Gemeinde erforderlich ist oder besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten berücksichtigt werden sollen. Die Kammer lässt offen, ob die Festlegung durch den Schul- und Kulturausschuss, die keine explizite Aufnahme in den Beschluss des Rates vom 28. 2. 2013 gefunden hat, überhaupt eine wirksam vorgenommene Begrenzung durch das dafür zuständige Organ des Schulträgers darstellt. Jedenfalls ist § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW nach seinem Wortlaut und nach der Gesetzesbegründung,
17LT-Drs. 16/815, S. 41,
18als Ausnahmevorschrift zu verstehen. Auch der Gesetzgeber ging davon aus, dass grundsätzlich die Klassengrößen nach der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW einzuhalten sind; das macht auch § 46 Abs. 3 Satz 4 SchulG NRW deutlich, der ausdrücklich bestimmt, dass die Vorschriften zu den Klassengrößen unberührt bleiben. Die mögliche Begrenzung der Zahl der Schüler in den Eingangsklassen kann daher nicht, wie die Beigeladene es getan hat, unter Ausschluss zweier Grundschulen „grundsätzlich“ auf alle übrigen Schulen angewendet werden. Denn durch eine solche generelle Festlegung würde der Schulträger in die Kompetenz des Verordnungsgebers eingreifen. Stattdessen wäre es erforderlich gewesen, für jede Grundschule, bei der eine ausnahmsweise Begrenzung der Klassengröße vorgenommen wird, anzuführen, welche der dafür zu erfüllenden Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW vorliegt. Eine konkret auf die X-Schule bezogene spezifische Begründung für eine Begrenzung der Klassengröße hat die Beigeladene indes nicht geliefert. Die in der Beschlussvorlage des Schul- und Kulturausschusses genannten – auf alle Grundschulen bezogenen – Gründe, noch Platz für zugezogene oder in der Eingangsphase verbleibende Schüler zu haben sowie einen adäquaten gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern zu ermöglichen, sind keine Gründe, die unter die in § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW genannten Voraussetzungen zu subsumieren sind. Gleiches gilt für die Empfehlung aus dem Protokoll der Lenkungsgruppe „Integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung“ vom 25. 1. 2013, die Klassengrößen sollten im Hinblick auf mögliche „GU-Kinder“ geplant werden. Hinsichtlich des Gemeinsamen Unterrichts fehlt es an einer Darlegung, dass die Begrenzung der Klassengröße gerade wegen der konkreten Durchführung dieses Unterrichts in den Eingangsklassen der X-Schule notwendig ist, weil z. B. die Schule einen besonderen Schwerpunkt für Integration und Inklusion hat.
19Vgl. dazu LT-Drs. 16/815, S. 41.
20Besteht ein Aufnahmeanspruch bereits wegen der nicht ausgeschöpften Kapazität, kommt es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung nicht mehr an. Die Kammer merkt jedoch, ohne dass es für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren erheblich ist, an, dass sich die vorrangige Auswahl der Kinder aufgrund des formellen Bekenntnisses weder aus einfachem Recht rechtfertigen lassen,
21vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. 4. 2008 – 18 K 131/08 – juris, Rdn. 12 ff.,
22noch von Verfassungs wegen geboten sein dürfte. Denn nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ergibt sich ein Aufnahmeanspruch auch für bekenntnisfremde Kinder an einer Bekenntnisschule aus Art. 4 Abs. 1 GG i. V. m. dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung, wenn die Eltern für ihr Kind die Ausrichtung der gewünschten Schule als Bekenntnisgrundschule auf die Grundsätze dieses Bekenntnisses voll und ganz bejahen.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. 1. 1989 – 19 B 2262/88 –, juris, Rdn. 23.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer bemisst die sich aus dem Antrag für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Sache im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Hälfte des Auffangwerts nach § 52 Abs. 2 GKG, der für einen in einem Hauptsacheverfahren verfolgten Aufnahmeanspruch anzunehmen wäre.
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(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.