Verwaltungsgericht Münster Urteil, 16. Okt. 2015 - 1 K 2394/14
Gericht
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerinnen ihre Klage zurückgenommen haben.
Im Übrigen wird festgestellt, dass der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 3, mit dem die durch den Landrat des Kreises Borken vorgenommene Beanstandung der unter Punkt 6 der Sitzung des Beklagten vom 17. Juni 2014 erfolgten Wahl zur Besetzung des Kreisausschusses bestätigt wurde, die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten verletzt.
Ferner wird festgestellt, dass der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 4, mit dem die Wahl zur Neubesetzung des Kreisausschusses erfolgte, die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten verletzt.
Die Klägerinnen und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Bei den im Mai 2014 durchgeführten Kommunalwahlen wurden die Klägerin zu 2. als Wahlbewerberin von der Liste der Partei 000 M. und die Klägerin zu 3. als Wahlbewerberin von der Liste der Q. zu Mitgliedern des Beklagten gewählt.
3Am 12. Juni 2014 reichte die Klägerin zu 2. bei der Stabsstelle des Kreises Borken, wo auch die Geschäftsstelle des Beklagten angesiedelt ist, die zusammen mit der Klägerin zu 3. beschlossene „Satzung der Kreistagesgruppe 000 M. /Q1. – Kommunalwahlperiode 2014-2020“ ein. Die Klägerin zu 2. nahm am 13. Juni 2014 für die Klägerinnen zu 2. und 3. an einer gemeinsamen Besprechung zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung des Beklagten am 17. Juni 2014 teil. Dabei wurde die Klägerin zu 2. als Vorsitzende einer Gruppe 000 M. /Q1. behandelt. Auf einen entsprechenden Hinweis der Stabsstelle des Kreises nach Prüfung der Satzung strichen die Klägerinnen zu 2. und 3. zum 17. Juni 2014 hieraus eine einzelne Regelung zur Liquidation der Gruppe in § 8 Abs. 3 Satz 2. Die Satzung enthält unter anderem eine Präambel, in der die Ziele, für die die Gruppe im Kreis Borken eintreten will, und die durch die Gruppenbildung geschaffenen Möglichkeiten festgehalten sind. Ferner werden insbesondere Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder (§ 3), zum geschäftsführenden Gruppenvorsitz (§ 4) sowie zum Abstimmungsverhalten in Sitzungen (§ 5 Abs. 1 und 2) getroffen. Das Inkrafttreten der Satzung ist auf den 1. Juni 2014 bestimmt (§ 10).
4Im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Beklagten am 17. Juni 2014 wurden die Klägerinnen zu 2. und 3. weiterhin als Angehörige einer gemeinsamen Gruppe 000 M. /Q1. behandelt. Namentlich erfolgte die Besetzung des Kreisausschusses durch den Beklagten nach den Grundsätzen der Verhältniswahl unter Einbeziehung eines Gruppenwahlvorschlags der Klägerinnen zu 2. und 3. Die Klägerin zu 2. wurde daraufhin als Mitglied des Kreisausschusses und die Klägerin zu 3. als deren Stellvertreterin gewählt.
5In der nächsten Sitzung des Beklagten am 3. Juli 2014 entschied dieser insbesondere über die Besetzung seiner Ausschüsse, Beiräte, Arbeitskreise sowie interfraktionellen Arbeitsgruppen und wählte die Vertreter des Kreises Borken in Organen, Beiräten oder Ausschüssen von juristischen Personen/Personenvereinigungen oder sonstigen Institutionen zur Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten. Dabei kam es mit Ausnahme einer Wahl unter dem Tagesordnungspunkt 10.15 durchgehend nach interner Abstimmung zu einem einheitlichen Wahlvorschlag der Kreistagsmitglieder unter Beteiligung der als Gruppe 000 M. /Q1. geführten Klägerinnen zu 2. und 3.
6Mit Schreiben vom 26. August und 1. September 2014 forderte der Landrat des Kreises Borken die Klägerinnen zu 2. und 3. auf, die erforderlichen Nachweise zum Bestehen der Gruppe 000 M. /Q1. bis zum 5. September 2014 zu führen.
7Daraufhin teilten die Klägerinnen zu 2. und 3. dem Landrat mit Schreiben vom 28. August 2014 und 4. September 2014 mit, dass sie ohne Zweifel eine Gruppe gebildet hätten, da sie als solche anerkannt worden seien und auch bereits erfolgreich – auch mit allen anderen Fraktionen und Gruppen – die Arbeit aufgenommen hätten. Zudem trugen sie zu ihrer grundsätzlichen politischen Übereinstimmung vor und fügten als Beleg die Wahlprogramme ihrer beiden Parteien für die vergangene Kommunalwahl im Kreis Borken bei.
8Im Rahmen einer Klausursitzung am 10. September 2014 beschlossen die Klägerinnen zu 2. und 3. ein „Aktionsprogramm 2014-2020“, welches sie am 17. September 2014 dem Landrat und den Mitgliedern des Beklagten zuleiteten. Das Aktionsprogramm ist nach verschiedenen politischen Themenfeldern gegliedert und formuliert – auch mit Bezug zum Kreis Borken – zu klärende Fragestellungen und gemeinsame Zielsetzungen.
9Mit Schreiben vom 10. September 2014 beanstandete der Landrat des Kreises Borken den Beschluss des Beklagten vom 17. Juni 2014 zur Besetzung des Kreisausschusses und berief sich dabei auf die nach seiner Ansicht unzulässige Einbeziehung eines Gruppenwahlvorschlags der Klägerinnen zu 2. und 3.
10Unter dem 15. September 2014 reichten die Klägerinnen zu 2. und 3. zwei gemeinsame Anfragen zu den Kosten und dem Arbeitsaufwand der rechtlichen Prüfung der Wahl des Kreisausschusses sowie zu den Aufwendungen der Überprüfung von Fraktions- und Gruppenbildung des Beklagten bei der Stabsstelle des Kreises Borken ein.
11In seiner Sondersitzung am 18. September 2014 bestätigte der Beklagte die Beanstandung der Besetzung des Kreisausschusses durch den Landrat und beschloss dessen Neubesetzung ohne Einbeziehung eines ausdrücklich als Gruppenvorschlag titulierten Wahlvorschlags der Klägerinnen zu 2. und 3., der die Klägerin zu 2. als Mitglied des Kreisausschusses und die Klägerin zu 3. als deren Stellvertreterin nominierte.
12Die Klägerinnen zu 2. und 3. reichten am 25. September 2014 für die Sitzung des Beklagten am 30. September 2014 einen Ergänzungsantrag zur Breitbandversorgung im Westmünsterland, fünf Anfragen (Erweiterung von § 13 der Geschäftsordnung des Beklagten, Lage von Flüchtlingen im Kreisgebiet, besondere Wohnformen, Betreuungs- und Arbeitsplätze für psychisch Kranke, Überstunden in der Kreisverwaltung) sowie einen Dringlichkeitsantrag zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA ein. Ferner beschlossen sie am 27. September 2014 eine neue Fassung der „Satzung der Kreistagesgruppe 000 M. /Q1. – Kommunalwahlperiode 2014-2020“, wonach die Präambel nunmehr auf das „Aktionsprogramm 2014-2020“ Bezug nimmt und auch § 5 angepasst wurde. Mit Schreiben vom 29. September 2014 zeigten die Klägerinnen zu 2. und 3. dem Landrat die erneute Gründung ihrer Gruppe zum 27. September 2014 an.
13In seiner Sitzung am 30. September 2014 lehnte der Beklagte die von den Klägerinnen zu 2. und 3. angezeigte Gruppenbildung mit Mehrheitsbeschluss ab. Ferner löste er den Rechnungsprüfungsausschuss, den Ausschuss für Sicherheit und Ordnung, den Ausschuss für Bildung und Schule sowie den Ausschuss für Kultur und Sport auf und beschloss jeweils dessen Neubesetzung ohne Einbeziehung eines als Gruppenwahlvorschlag titulierten Vorschlags der Klägerinnen zu 2. und 3. Der Beklagte behandelte in dieser Sitzung daneben unter anderem auch die von den Klägerinnen zu 2. und 3. am 25. September 2014 eingereichten Anträge und Anfragen.
14Die Klägerinnen haben am 14. November 2014 Klage erhoben.
15Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 teilte der Landrat des Kreises Borken den Klägerinnen zu 2. und 3. mit, dass durch ihre gemeinsamen Aktivitäten nach seinem Eindruck jetzt ausreichend belegt sei, dass sie eine Gruppe im Sinne der gesetzlichen Vorschriften seien, und ihnen ab dem 1. Januar 2015 als solche Zuwendungen zustünden.
16Die Klägerinnen tragen vor: Die Gruppeneigenschaft der Klägerin zu 1. werde von dem Beklagten seit dem 1. Januar 2015, aber nicht rückwirkend anerkannt. Ein Feststellungsinteresse ergebe sich einmal aufgrund von Wiederholungsgefahr. Die Klägerin zu 1. sei zudem nach wie vor nicht im Kreisausschuss vertreten und bereite die Einforderung der finanziellen Vergütungen für die Vergangenheit vor. Die Klägerinnen zu 2. und 3. besäßen eine hohe inhaltliche Übereinstimmung. Sie hätten diese zunächst bereits mit ihrer geprüften und unbeanstandet gebliebenen Satzung gezeigt. Sodann hätten sie sich in den bisherigen Sitzungen des Beklagten auch aktiv gemeinschaftlich verhalten, indem sie an den gemeinsamen Wahlvorschlägen mitgearbeitet und gemeinsame Anträge und Anfragen zu Sachproblemen des Kreises gestellt hätten. Die Klägerinnen zu 2. und 3. seien als gemeinschaftlich handelnd wahrgenommen worden. Ihre hohe inhaltliche Übereinstimmung zeige sich auch in dem am 10. September 2014 beschlossenen Aktionsprogramm. Der Beklagte habe nichts Substanziiertes zur Heterogenität der Vorstellungen ihrer beiden Parteien vorgetragen. Vielmehr seien ihre kommunalpolitischen Programme kompatibel. Die im Falle der Klägerinnen angezeigte Kontrolle der Gruppeneigenschaft sei auf eine Missbrauchskontrolle zu beschränken.
17Soweit die Klägerinnen mit ihrem angekündigten Hauptantrag zunächst auch die Feststellung des ununterbrochenen Bestehens der Gruppeneigenschaft der Klägerin zu 1. seit dem 1. Juni 2014 begehrt haben, haben sie die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
18Die Klägerinnen beantragen,
19festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 3, mit dem die durch den Landrat des Kreises Borken vorgenommene Beanstandung der unter Punkt 6 der Sitzung des Beklagten vom 17. Juni 2014 erfolgten Wahl zur Besetzung des Kreisausschusses bestätigt wurde, die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten verletzt, sowie
20festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 4, mit dem die Wahl zur Neubesetzung des Kreisausschusses erfolgte, die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten verletzt.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er trägt vor: Die Klage sei bereits unzulässig. Die Anerkennung der Klägerin zu 1. als Gruppe mit Wirkung zum 1. Januar 2015 führe dazu, dass es den Klägerinnen am Feststellungsinteresse fehle. Zwar treffe es zu, dass auch ein vergangenes Rechtsverhältnis feststellungsfähig sein könne. Dies erfordere jedoch, dass es über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung äußere. Eine solche Fallgestaltung liege hier nicht vor. Zudem sei das nunmehr von den Klägerinnen als Antrag formulierte und mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2015 eingeführte Begehren mittlerweile verwirkt. Im Übrigen habe die Klägerin zu 1. vor dem 1. Januar 2015 keine Gruppe im Sinne der gesetzlichen Vorschriften dargestellt. Die Klägerinnen könnten sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Behandlung als Gruppe in der konstituierenden Sitzung des Beklagten berufen. Denn für die Gruppeneigenschaft komme es allein auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen an. Auch die beschlossene Gruppensatzung spreche nicht dafür, dass sich die Klägerinnen zu 2. und 3. auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen hätten. Insbesondere § 5 Abs. 2 der Satzung spreche dagegen, da die Berücksichtigung der dort gemachten Vorgaben aufgrund der heterogenen Struktur der Parteien nicht möglich sei. Dies zeige sich beispielhaft anhand des Themenbereichs Wirtschaft in den jeweiligen Wahlprogrammen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Zusammenarbeit der Klägerinnen zu 2. und 3. bei der Besetzung der kommunalen Gremien und dem „Aktionsprogramm 2014-2020“. Das Programm enthalte nahezu durchgehend Sachstandsanfragen in bestimmten Themenbereichen und nur vereinzelt Zielsetzungen in allgemeiner Form.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte Heft 1) Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Das Verfahren war gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerinnen ihre Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen haben.
27Im Übrigen hat die Klage Erfolg.
28Sie ist zulässig. Für das Begehren der Klägerinnen, eine Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte durch die zu den Punkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse des Beklagten vom 18. September 2014 gerichtlich feststellen zu lassen, ist die Feststellungsklage im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreites statthaft.
29Die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 1. Fall VwGO setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus. Der Begriff des Rechtsverhältnisses ist nicht auf Außenrechtsverhältnisse beschränkt, sondern umfasst ebenso die Rechtsbeziehungen innerhalb von Organen einer juristischen Person. Daher ist auch der Streit über konkrete Rechtsbeziehungen zwischen verwaltungsrechtlichen Organen oder Organteilen ein solcher über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Auch ein Ratsbeschluss kann im Rahmen eines kommunalrechtlichen Organstreits überprüft werden, wenn und soweit er die Rechte kommunaler Organe oder Organteile konkretisiert oder nachteilig betrifft.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. September 2015 – 15 A 1961/13 –, Seite 14 des Entscheidungsabdrucks; OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 2006 – 15 A 817/04 –, juris Rn. 42 ff. mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002 – 15 A 2604/99 –, juris Rn. 8 ff.
31Eine demensprechende nachteilige Betroffenheit in eigenen Rechten durch die beiden genannten Beschlüsse des Beklagten vom 18. September 2014 machen die Klägerinnen geltend. Gegenstand des Klagebegehrens ist die Frage, ob die Klägerinnen durch diese Beschlüsse in ihren organschaftlichen Rechten als Gruppe (Klägerin zu 1.) sowie (stellvertretendes) Kreisausschussmitglied (Klägerinnen zu 2. und 3.) verletzt sind. Dem Rechtsstreit liegt damit ein konkretes organschaftliches Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 1. Fall VwGO zugrunde.
32Die Klägerinnen sind auch klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog. Es besteht nach ihrem Vortrag die Möglichkeit, dass sie durch die am 18. September 2014 vom Beklagten gefassten Beschlüsse zur Bestätigung der Beanstandung des Landrats hinsichtlich der ursprünglichen Besetzungsentscheidung für den Kreisausschuss (Punkt 3) sowie zur Neubesetzung des Kreisausschusses (Punkt 4) in ihnen zugewiesenen wehrfähigen Innenrechtspositionen verletzt sind.
33Die Beanstandung des Landrats mit Schreiben vom 10. September 2014 und damit auch deren Bestätigung durch den Beklagten am 18. September 2014 richten sich ausdrücklich gegen ein Wahlvorschlagsrecht der Klägerin zu 1. als Gruppe bei der Beschlussfassung über die Besetzung des Kreisausschusses nach §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 3 Sätze 2 ff. KrO NRW im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Beklagten am 17. Juni 2014. Da § 52 Abs. 3 Satz 3 KrO NRW einer Gruppe des Kreistags ein solches Wahlvorschlagsrecht ausdrücklich einräumt und sich die Klägerin zu 1. auf ihr seinerzeitiges Bestehen als Gruppe beruft, kommt insoweit eine Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte in Betracht. Nichts anderes gilt in Bezug auf den Beschluss des Beklagten zur Neubesetzung des Kreisausschusses am 18. September 2014. Denn zum einen richtet sich auch dieser Beschluss gegen die ursprüngliche Besetzungsentscheidung für den Kreisausschuss. Zum anderen macht die Klägerin zu 1. hinsichtlich der Neubesetzung ebenfalls ein Wahlvorschlagsrecht nach § 52 Abs. 3 Satz 3 KrO NRW als Gruppe des Kreistags geltend.
34Die Klagebefugnis der Klägerinnen zu 2. und 3. folgt daraus, dass sie sich auf ihre Wahl als Mitglied des Kreisausschusses bzw. persönliche Stellvertreterin (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 KrO NRW) in der Sitzung des Beklagten am 17. Juni 2014 berufen. Sie machen geltend, dadurch in ihren Rechten verletzt zu sein, dass sich der Beklagte mit seinen zu den Punkten 3 und 4 gefassten Beschlüssen vom 18. September 2014 gegen die ihnen aus dieser Wahl zukommende Rechtsstellung richtet. Die somit zwischen den Beteiligten streitige (stellvertretende) Mitgliedschaft im Kreisausschuss stellt eine wehrfähige Rechtsposition der Klägerinnen zu 2. und 3. dar.
35Vgl. zur Ausschussmitgliedschaft als wehrfähigen Rechtsposition OVG NRW, Beschluss vom 17. Oktober 2003 – 15 B 1798/03 –, juris Rn. 5 ff.
36Zudem berufen sich die Klägerinnen zu 2. und 3. darauf, dass sie bei der Neubesetzung des Kreisausschusses als (Listen-)Kandidaten der Klägerin zu 1. unberücksichtigt geblieben sind. Auch insoweit besteht die Möglichkeit einer Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte.
37Den Klägerinnen steht ferner das für die Klage erforderliche Feststellungsinteresse zu. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Hier ergibt sich das Feststellungsinteresse der Klägerinnen ohne Weiteres daraus, dass die Klägerin zu 1. seit den beiden Beschlüssen des Beklagten vom 18. September 2014 nicht mehr durch die Klägerin zu 2. bzw. die Klägerin zu 3. im Kreisausschuss vertreten sein soll. Es ist insoweit ein schutzwürdiges Rehabilitationsinteresse anzunehmen.
38Anders als der Beklagte meint, ist die Klage mit dem nunmehr gestellten und gegen die zu den Punkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse des Beklagten vom 18. September 2014 gerichteten Antrag auch nicht wegen Verwirkung ausgeschlossen. Denn die Klägerinnen haben mit ihrer Klage frühzeitig zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr Begehren auf Klärung der Gruppeneigenschaft gegenüber dem Beklagten zumindest auch auf diese Beschlüsse bezieht. Namentlich werden die Beschlüsse in der Klageschrift vom 13. November 2014 ausdrücklich und unter Hinweis auf die einschlägigen Fundstellen in dem als Anlage beigefügten Sitzungsprotokoll vom 18. September 2014 benannt, vgl. Seiten 4 und 5 der Klageschrift. Zudem haben die Klägerinnen mit dem ergänzenden Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Januar 2015 explizit herausgestellt, dass es ihnen entscheidend auf das unterbrechungslose Bestehen ihrer Gruppe – und damit auch am 18. September 2014 – ankomme. Der in der mündlichen Verhandlung von den Klägerinnen gestellte Antrag beinhaltet damit lediglich eine (ausschnittweise) Konkretisierung bzw. Präzisierung ihres bereits anfänglich geäußerten Begehrens, das diesen umfasste. Zudem hatten die Klägerinnen schon in der Sitzung am 18. September 2014 – insbesondere durch die Klägerin zu 2. als Gruppenvorsitzende – ihren Widerspruch bzw. Protest gegen die zu den Punkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse des Beklagten zum Ausdruck gebracht, vgl. Seiten 4 bis 6 des Sitzungsprotokolls.
39Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage. Insbesondere ist die Beteiligungsfähigkeit der Klägerin zu 1. nach § 61 Nr. 2 VwGO zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unstreitig.
40Die Klage ist auch begründet.
41Der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 3, mit dem die durch den Landrat des Kreises Borken vorgenommene Beanstandung der unter Punkt 6 der Sitzung des Beklagten vom 17. Juni 2014 erfolgten Wahl zur Besetzung des Kreisausschusses bestätigt wurde, verletzt die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten. Denn die Klägerin zu 1. war bereits am 17. Juni 2014 als Gruppe im Sinne von § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW anzusehen und besaß damit als solche ein Wahlvorschlagsrecht nach § 35 Abs. 3 Satz 3 KrO NRW für die Besetzung des Kreisausschusses gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 3 Sätze 2 ff. KrO NRW. Die Klägerinnen zu 2. und 3. können sich in diesem Zusammenhang mit Erfolg auf die Verletzung ihrer aus der Wahl am 17. Juni 2014 als Mitglied des Kreisausschusses bzw. persönliche Stellvertreterin resultierenden Rechtsposition berufen. Sie sind nach wie vor ordentliches bzw. stellvertretendes Mitglied im Kreisausschuss.
42Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 KrO NRW sind Fraktionen freiwillige Vereinigungen von Kreistagsmitgliedern, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben. Dies gilt nach § 40 Abs. 1 Satz 3 KrO NRW für Gruppen ohne Fraktionsstatus im Kreistag entsprechend. Eine Gruppe besteht aus mindestens zwei Kreistagsmitgliedern, § 40 Abs. 1 Satz 4 KrO NRW.
43Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt zunächst, dass es für die Entstehung einer Gruppe nicht eines konstitutiven, anerkennenden Aktes des Kreises oder des Landrates bedarf. Dies bedeutet andererseits aber nicht, dass jeder sich als Gruppe bezeichnenden Vereinigung die Rechte und Befugnisse einer Gruppe einzuräumen wären. Der Kreis ist durch das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, (nur) Gruppen im Sinne von § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW die diesen nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Regelungen zustehenden Vergünstigungen zu gewähren. Dies setzt eine entsprechende Prüfung der Gruppeneigenschaft durch den Kreis voraus, erfordert aber keinen weiteren, auch nach der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehenen konstitutiven Anerkennungsakt.
44Allerdings entsteht die Gruppeneigenschaft nicht schon mit der bloßen – wenn auch bereits rechtlich verfestigten – Absicht, eine Gruppe zu bilden. Aus dem gesetzlichen Erfordernis, dass sich die Kreistagsmitglieder zusammengeschlossen „haben“ müssen, folgt, dass der Zusammenschluss bereits verwirklicht sein muss. Zudem ergibt sich aus der finalen Präposition „zu“ möglichst gleichgerichtetem Wirken, dass die Gruppeneigenschaft nicht davon abhängt, dass ein gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung bereits vorliegt; allerdings muss dieser Zweck dem Zusammenschluss zugrunde liegen.
45Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 7 f. mit weiteren Nachweisen.
46Gemessen an diesen Voraussetzungen bildeten die Klägerinnen zu 2. und 3. bereits am 17. Juni 2014 die Klägerin zu 1. als Gruppe im Sinne von § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW. Die Klägerinnen zu 2. und 3. waren durch die Kommunalwahl von Mai 2014 zu Mitgliedern des Beklagten gewählt worden und hatten sich mit Wirkung zum 1. Juni 2014 freiwillig zu der Vereinigung „L. 000 M. /Q1. “ zusammengeschlossen. Dabei steht der Umstand, dass der Zusammenschluss am 27. September 2014 erneut und in weiten Teilen inhaltsgleich vorgenommen wurde, der Annahme der Ernsthaftigkeit nicht entgegen. Offensichtlich erfolgte der erneute Zusammenschluss in Ansehung der zu den Punkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse des Beklagten vom 18. September 2014. Damit belegt die formale Wiederholung des Gründungsaktes eher die Ernsthaftigkeit der Absicht, gemäß der beschlossenen Vereinbarung agieren zu wollen.
47Vgl. zu einer ähnlich gelagerten Konstellation VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Oktober 2014 – 1 K 4415/14 –, juris Rn. 39.
48Weiterhin war der Zusammenschluss auch auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung erfolgt. Der Annahme einer solchen grundsätzlichen politischen Übereinstimmung steht zunächst der Umstand nicht entgegen, dass die Klägerin zu 2. über die Wahlliste der Partei DIE M. und die Klägerin zu 3. über die Liste der Q. zu Mitgliedern des Beklagten gewählt wurden. Denn das Recht zur Gruppenbildung ist Ausfluss des freien Mandats der Kreistagsmitglieder, die in ihrer Tätigkeit ausschließlich dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung verpflichtet und an Aufträge (auch des Wählers) nicht gebunden sind (vgl. § 28 Abs. 1 KrO NRW).
49Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 9 mit weiterem Nachweis.
50Allerdings besteht in Fällen politisch extrem heterogener Zusammensetzung besonderer Anlass festzustellen, ob die erforderliche grundsätzliche politische Übereinstimmung besteht oder ob lediglich ein formaler Zusammenschluss zur Erlangung finanzieller Vorteile oder einer stärkeren Rechtsposition für die Verfolgung der uneinheitlichen individuellen politischen Ziele der einzelnen Mitglieder vorliegt. Demgegenüber ergibt sich bei einem Zusammenschluss aus Personen, die für ein und dieselbe Partei oder Wählergruppe angetreten sind, bereits aus dem Parteizusammenschluss bzw. dem mitgliedschaftlich organisierten Zusammenschluss der Wahlberechtigten zum Zwecke gemeinsamer Wahlvorschläge (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW), dass auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung ein möglichst gleichgerichtetes Wirken erfolgen soll. Weiterer Indizien bedarf es im letztgenannten Fall regelmäßig nicht.
51OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen.
52Eine in diesem Sinne politisch extrem heterogene Zusammensetzung liegt hier indes nicht vor. Sowohl die Partei DIE M. als auch die Q. gehören beide einem gemeinsamen politischen Spektrum an, das sich als Gegenentwurf zu den etablierten Parteien und rechtskonservativen Strömungen versteht. Sie präsentieren sich unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen kommunalen Wahlprogramme für den Kreis Borken – vgl. Beiakte Heft 1 Blatt 223 bis 239 – in vielen Fragen übereinstimmend als von sozialen und partizipatorischen Ansätzen geleitet, wobei ein besonderer Schwerpunkt im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge liegt.
53Schon vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Klägerinnen zu 2. und 3. geltend machen, in zentralen politischen Fragen eine grundsätzliche politische Übereinstimmung zu haben. Zwar kommt es angesichts des freien Mandats nicht zwingend auf die politischen Überzeugungen der Parteien oder Gruppierungen an, denen die gewählten Kreistagsmitglieder angehören. Diese können aber jedenfalls dann zugrunde gelegt werden, wenn sich die gewählten Kreistagsmitglieder – wie hier – nach der Wahl nicht erkennbar von „ihrem“ Wahlvorschlagsträger distanziert und einer abweichenden politischen Richtung zugewandt haben.
54Weitere indizielle Bedeutung für eine tatsächlich bestehende grundsätzliche politische Übereinstimmung kommt auch der Präambel der mit Wirkung zum 1. Juni 2014 von den Klägerinnen zu 2. und 3. beschlossenen „Satzung der L. 000 M. /Q1. – Kommunalwahlperiode 2014-2020“ zu. Diese beinhaltet bereits mit den Worten „gesellschaftliche und politische Teilhabe“, „Transparenz“, „soziale Gerechtigkeit“ sowie „Integration“ und „Inklusion“ die zentralen programmatischen Zielsetzungen einer gemeinsamen Politik für den Kreis Borken, die auch die Übereinstimmungen der Wahlprogramme der beiden Parteien als Grundlage der Zusammenarbeit (vgl. dazu § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung) widerspiegeln. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die kommunalpolitischen Zielsetzungen der „L. 000 M. /Q1. “ nur zum Schein formuliert wurden, um eine tatsächlich nicht vorhandene grundsätzliche politische Übereinstimmung vorzutäuschen, liegen nicht vor.
55In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass ausweislich der gesetzlichen Regelung nur eine „grundsätzliche“, also sich nicht zwingend auf alle Bereiche und alle Einzelheiten erstreckende politische Übereinstimmung erforderlich ist. Daher ist es nicht von Bedeutung, wenn die Klägerinnen zu 2. und 3. bzw. die hinter diesen stehenden Wahlvorschlagsträger gelegentlich unterschiedliche politische Ansätze verfolgen sollten.
56Zudem kann es den Klägerinnen zu 2. und 3. hier nicht zum Nachteil gereichen, dass sie am 17. Juni 2014 noch kein gemeinsames Aktionsprogramm vorgelegt hatten, wie es dann aber später am 10. September 2014 als „Aktionsprogramm 2014-2020“ beschlossen wurde. Denn die Klägerinnen zu 2. und 3. wurden nach Einreichung ihrer „Satzung der L. 000 M. /Q1. – Kommunalwahlperiode 2014-2020“ von allen Organen des Kreises – insbesondere auch den Mitgliedern des Beklagten – als Gruppe im Sinne von § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW akzeptiert, entsprechend behandelt und traten vor allem auch ihnen gegenüber überzeugend als solche auf. Dies wird namentlich daran deutlich, dass die Stabsstelle des Kreises Borken, bei der die Geschäftsstelle des Beklagten angesiedelt ist, nur eine einzelne Regelung zur Liquidation der Gruppe in § 8 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Klägerin zu 1. bemängelte. Zudem nahm die Klägerin zu 2. am 13. Juni 2014 als Vorsitzende der „L. 000 M. /Q1. “ an der gemeinsamen Besprechung zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung des Beklagten teil, ohne dass die anwesenden Teilnehmer (vgl. Beiakte Heft 1 Blatt 1) Anlass zu Einwendungen gesehen haben. Auch im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Beklagten am 17. Juni 2014 traten die Klägerinnen zu 2. und 3. weiterhin für alle überzeugend und ohne Beanstandung als Angehörige einer gemeinsamen Gruppe 000 M. /Q1. auf und wurden als solche behandelt. Entsprechendes gilt für den nachfolgenden Zeitraum. Hiermit geht einher, dass sich die erstmals mit Schreiben des Landrats vom 26. August 2014 – und damit mehr als zwei Monate später – an die Klägerinnen zu 2. und 3. herangetragenen Zweifel am Bestehen der Gruppeneigenschaft nicht auf ein konkretes (gruppenwidriges) Verhalten ihrerseits, sondern auf aktuelle Rechtsprechung stützten.
57Die geschilderten Umstände dieses Einzelfalles haben schon an sich einen hohen indiziellen Wert für das Bestehen der Gruppeneigenschaft der Klägerin zu 1. Sie machen zudem deutlich, dass es für die Klägerinnen zu 2. und 3. nach Einreichung ihrer mit Wirkung zum 1. Juni 2014 beschlossenen Satzung keine Notwendigkeit mehr gab, ihre Gruppeneigenschaft gegenüber dem Kreis Borken und seinen Organen weiter darzulegen. Demgemäß dürfen für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des 17. Juni 2014 insoweit keine überspannten Anforderungen gestellt werden, sondern es müssen vielmehr entsprechend niedrigere Darlegungsanforderungen gelten. Namentlich stünde eine Berufung auf strenge Darlegungsanforderungen in Widerspruch zum beschriebenen Vorverhalten aller Organe des Kreises. Dies gilt auch deswegen, weil es gerade rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, innerhalb eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens unter Berücksichtigung gegebenenfalls zu beachtender (gesetzlicher) Ausschlussfristen zu bestimmten, für den Ausgang des Verfahrens maßgeblichen Aspekten ergänzend und vertiefend vorzutragen bzw. solche Aspekte in das Verfahren einzuführen.
58So zur Parallelvorschrift des § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2015 – 15 A 2439/14 –, nrwe Rn. 16.
59Ausdrücklich dahinstehen kann an dieser Stelle, ob die Gesamtumstände dieses Einzelfalles zugunsten der Klägerinnen sogar ausnahmsweise eine Umkehr der Beweislast gebieten. Damit ist hier von vornherein eine Stellungnahme dazu entbehrlich, inwiefern der von der Rechtsprechung entwickelte Leitsatz, dass diejenigen, die sich auf das Bestehen einer Fraktion bzw. Gruppe berufen, hierfür die materielle Beweislast tragen, Ausnahmen unterliegen kann.
60Vgl. zu dem genannten Leitsatz OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2013 – 15 B 279/13 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. Juni 2008 – 15 B 788/08 –, juris.
61Die vorangegangenen Ausführungen sind auch ohne Weiteres damit vereinbar, dass die Entstehung einer Gruppe – wie festgestellt – nicht von einem konstitutiven, anerkennenden Akt abhängt. Denn jedenfalls muss eine entsprechende Prüfung der Gruppeneigenschaft erfolgen – namentlich im Zusammenhang mit den Entscheidungen, für die es hierauf ankommt. Im Übrigen zeigt auch der im Verhältnis kommunaler Organe und Organteile zueinander geltende Grundsatz der Organtreue beispielhaft, dass das zwischen dem einen und dem anderen Organ(-teil) geschaffene Vertrauen – wie hier – rechtliche Folgen für den kommunalen Innenrechtsstreit nach sich ziehen kann.
62Vgl. dazu nur – jeweils mit weiteren Nachweisen – OVG NRW, Urteil vom 15. September 2015 – 15 A 1961/13 –, Seiten 17 f. des Entscheidungsabdrucks; OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2011 – 15 A 1555/11 – juris Rn. 14 ff.
63Weiterhin haben die Klägerinnen zu 2. und 3. zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass ihrem Zusammenschluss der Zweck zugrunde liegt, möglichst gleichgerichtet zusammenzuwirken. Wie ausgeführt hängt die Gruppeneigenschaft nicht davon ab, dass ein gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung bereits vorliegt. Die Absicht möglichst gleichgerichteten Zusammenwirkens kann aber unter Umständen – etwa bei schon längerem Bestehen der (vermeintlichen) Gruppe – nur dann als glaubhaft angesehen werden, wenn sich der Zweck des Zusammenschlusses nicht nur aus einer politischen Absichtserklärung ergibt, sondern er darüber hinaus auch sichtbaren – praktischen – Ausdruck gefunden hat.
64Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 13 mit weiterem Nachweis.
65Ob der erforderliche Zweck verfolgt werden soll, bemisst sich allgemein nach den Vereinbarungen im Rahmen des Zusammenschlusses und gegebenenfalls ihrer tatsächlichen Anwendung sowie den Bekundungen der Mitglieder des Zusammenschlusses, soweit sich die Erklärungen als glaubhaft erweisen. Zusammenfassend muss sich aus den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalles der zuverlässige Schluss ergeben, dass der Zusammenschluss nachhaltig auf das gleichgerichtete Zusammenwirken ausgerichtet ist.
66OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 13 mit weiteren Nachweisen.
67In Anwendung dieser Grundsätze liegt das erforderliche Merkmal hier vor. Zunächst ergeben sich aus der mit Wirkung zum 1. Juni 2014 beschlossenen „Satzung der L. 000 M. /Q1. – Kommunalwahlperiode 2014-2020“ gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass dem Zusammenschluss tatsächlich die Absicht möglichst gleichgerichteten Zusammenwirkens zugrunde liegt. Bei dieser Bewertung kommt der Funktion von Gruppen besondere Bedeutung zu, die Willensbildung und Entscheidungsfindung im Plenum vorzuprägen, indem sie vor der Plenardebatte und -abstimmung in interner Meinungsbildung Willensblöcke bilden, die sie im Plenum möglichst geschlossen zur Geltung bringen. Der Wesenskern einer Gruppe liegt darin, dass ihre Mitglieder unter Aufgabe ihrer vollen politischen Autonomie auf die Ausübung eines Teiles ihrer politischen Gestaltungsrechte zu Gunsten einer Bündelung durch die Gruppe verzichten.
68Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 14 mit weiteren Nachweisen.
69Diesem Wesenskern entsprechen namentlich die Präambel der Satzung sowie die Bestimmungen in §§ 3 Abs. 2, 4 und 5 Abs. 2. So stellt die Präambel ausdrücklich heraus, dass die Gruppe dazu diene, die Kompetenz und Zeitressourcen der Beteiligten zu bündeln, um gemeinsame Positionen wirkungsvoller zum Tragen zu bringen. Weiter schaffen § 3 Abs. 2, wonach die Mitglieder der Gruppe zur Teilnahme an Gruppensitzungen verpflichtet und zur Mitwirkung an allen anderen Tätigkeiten der Gruppe angehalten sind, sowie die in § 4 enthaltene Regelung zum geschäftsführenden Gruppenvorsitz die Grundlage dafür, dass die Gruppe tatsächlich Bündelungs- und Koordinierungsaufgaben wahrnehmen kann. § 5 Abs. 2 benennt zudem die Leitlinien, die bei der Wahrnehmung des Mandats der Gruppenmitglieder gelten sollen – namentlich die kommunalen Wahlprogramme der Partei 000 M. und der Q. sowie die Empfehlungen der gemeinsamen Arbeitsgruppen. Der in diesem Zusammenhang ebenfalls verwendete Begriff der Mehrheitsmeinung der Gruppe legt ohne Weiteres eine vorherige Abstimmung der Gruppenmitglieder bei der Wahrnehmung ihres Mandats nahe. Da bei einer aus nur zwei Mitgliedern bestehenden Gruppe – wie hier – niemand überstimmt werden kann, erübrigte sich von vornherein eine Regelung zur Gruppendisziplin nach Mehrheitsbeschlüssen.
70Im Übrigen gilt auch hier, dass keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen. Denn die mit Wirkung zum 1. Juni 2014 beschlossene Gruppensatzung ist – wie festgestellt – bis auf eine einzelne Regelung zur Liquidation der Gruppe in § 8 Abs. 3 Satz 2 unbeanstandet geblieben. Demnach bestand für die Klägerinnen zu 2. und 3. zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des 17. Juni 2014 keine Veranlassung, insoweit ergänzend bzw. vertiefend vorzutragen. In diesem Zusammenhang kommt somit ebenfalls der Gedanke zum Tragen, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und aufgrund des geschaffenen Vertrauens jedenfalls niedrigere Darlegungsanforderungen gelten müssen.
71Ungeachtet dessen legen die tatsächlichen Bekundungen der Klägerinnen zu 2. und 3. im Rahmen der mündlichen Verhandlung – vgl. dazu Seiten 2 und 3 des Terminsprotokolls – besonders nahe, dass ihr Zusammenschluss von Anfang an von der Absicht bestimmt war, im Sinne des § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW möglichst gleichgerichtet und nachhaltig zu wirken. So haben sie vorgetragen, dass sie sich bis zur konstituierenden Sitzung des Beklagten neben häufigen Telefonaten zwei bis drei Mal zu Tagesveranstaltungen getroffen hätten, um ihre Zusammenarbeit zu besprechen und zu planen. Sie betonten, dass die Klägerin zu 2. ihre Funktion als geschäftsführende Gruppenvorsitzende von Anfang an voll ausgefüllt habe. Ferner stellten sie heraus, dass neben den regelmäßigen Gruppentreffen mit den sachkundigen Bürgern vor allen Dingen eine intensive Abstimmung per Telefon und per E-Mail zwischen ihnen stattfinde, wobei diese Kommunikationswege der Distanz zwischen ihren beiden Wohnorten und der familiären Situation der Klägerin zu 3. mit einem Kleinkind geschuldet seien. Dass diese Angaben unzutreffend sein könnten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr waren die Ausführungen der Klägerinnen zu 2. und 3. in der mündlichen Verhandlung ausgesprochen überzeugend. In diesem Zusammenhang ist aus Sicht der Kammer auch zu berücksichtigen, dass vom Beklagten weder hinreichend nachvollziehbare Gründe dargelegt wurden, noch solche sonst ersichtlich sind, weshalb die Klägerinnen zu 2. und 3. nicht von Anfang an ernsthaft die weitere Zusammenarbeit im Rahmen der von ihnen gegründeten Gruppe angestrebt haben sollten. Eine Gruppe ist ein Zweckbündnis, das seinen Mitgliedern durch Gruppenrechte und die finanzielle Ausstattung der Vereinigung insbesondere im Vergleich zu Einzelmandatsträgern bessere Möglichkeiten bietet, politische Ziele effektiv durchzusetzen. Schon deshalb ist es für Kreistagsmitglieder grundsätzlich sinnvoll, sich in Gruppen zusammenzuschließen. Die Gruppenmitgliedschaft bedingt zwar in gewissem Umfang eine Zurückstellung der eigenen politischen Autonomie. Dieser Aspekt steht aber der Entscheidung zum Zusammenschluss mit anderen Kreistagsmitgliedern in einer Gruppe in geringerem Umfang entgegen, wenn – wie hier – die Gruppenmitglieder aus demselben Parteienspektrum stammen und bereits vor der Gruppenbildung gleiche oder jedenfalls ähnliche politische Vorstellungen verfolgt haben. Denn dann wirkt sich der Verlust individueller politischer Gestaltungsoptionen faktisch kaum aus.
72Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 16.
73Der letztgenannte Gesichtspunkt kommt vorliegend durch eine Bemerkung der Klägerin zu 3. in der mündlichen Verhandlung besonders deutlich zum Ausdruck, die erklärte, dass sie, wenn sie nicht zusammenwirken würden, beide isoliert ähnliche politische Vorstellungen und Schwerpunkte (sozialer Bereich, öffentlicher Personennahverkehr, Familie) in die Kreistagsarbeit einbringen würden, so dass es von daher nahe gelegen habe, als Gruppe im Kreistag zu agieren.
74Schließlich besteht auch nicht deshalb Anlass, den vorstehend geschilderten, dem Zusammenschluss zugrunde liegenden Zweck in Zweifel zu ziehen, weil er keinen ausreichend sichtbaren – praktischen – Ausdruck gefunden hat. Die Forderung nach einem sichtbaren – praktischen – Ausdruck der Zusammenwirkungsabsicht gewinnt vor allem bei bereits längerem Bestehen der (vermeintlichen) Gruppe Bedeutung.
75Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2014 – 15 B 1139/14 –, juris Rn. 17 mit weiterem Nachweis.
76Diese Situation lag zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des 17. Juni 2014 jedoch nicht vor. Denn die Klägerinnen zu 2. und 3. hatten die vorliegend in Rede stehende Gruppe erst mit ihrer mit Wirkung zum 1. Juni 2014 beschlossenen Gruppensatzung gegründet. Schon vor diesem Hintergrund können keine übertriebenen Erwartungen an die von ihnen zu verlangenden Aktivitäten gestellt werden.
77Unabhängig hiervon hat die Absicht der Klägerinnen zu 2. und 3., tatsächlich nachhaltig möglichst gleichgerichtet zusammenzuwirken, auch praktischen Ausdruck erfahren. Das gilt schon für die Zeit bis einschließlich 17. Juni 2014. So trat die Klägerin zu 2. überzeugend als Gruppenvorsitzende im Rahmen der gemeinsamen Besprechung am 13. Juni 2014 zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung des Beklagten auf. Die Klägerinnen zu 2. und 3. arbeiteten ferner für diese Sitzung am 17. Juni 2014 einen Gruppenwahlvorschlag aus, den sie dann erfolgreich einbrachten. Auch das Sitzungsprotokoll liefert keinerlei Anhaltspunkte für Unstimmigkeiten zwischen ihnen. Im Übrigen spricht der gesamte Geschehensablauf nach der konstituierenden Sitzung des Beklagten, wie er sich auch aufgrund der glaubhaften Ausführungen der Klägerinnen zu 2. und 3. in der mündlichen Verhandlung darstellte, ebenfalls für ihr nachhaltiges und möglichst gleichgerichtetes Zusammenwirken. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar, dass ihrem Zusammenschluss eine diesbezügliche Absicht nicht von Anfang an zugrunde lag.
78Vgl. dazu die parallele Argumentation in OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2015 – 15 A 2439/14 –, nrwe Rn. 17.
79Die Klägerinnen zu 2. und 3. sind auch in der zweiten Sitzung des Beklagten am 3. Juli 2014, in der es in erster Linie um die Besetzung von Ausschüssen und sonstigen Gremien ging, gemeinsam und mit übereinstimmender Willensbildung aufgetreten. Dafür, dass das Abstimmungsverhalten nur zufällig oder aus im vorliegenden Zusammenhang nicht anerkennenswerten Motiven gleichgerichtet war, sind greifbare Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Gerade die offenbar zielgerichtete Zusammenarbeit bei der Besetzung der Ausschüsse erscheint hier nur vor dem Hintergrund eines von den Klägerinnen zu 2. und 3. tatsächlich angestrebten nachhaltigen Zusammenwirkens sinnvoll. Nichts anderes ergibt sich aus dem nach Anforderung weiterer Nachweise vorgelegten „Aktionsprogramm 2014-2020“ vom 10. September 2014, das verschiedenste politische Themenfelder behandelt. Hier verfängt der Einwand des Beklagten nicht, dass dieses Programm – neben gemeinsamen Zielsetzungen – zahlreiche Sachstandsanfragen enthalte. Denn das insoweit bedeutsame Recht, Anträge unmittelbar in den Kreistag einzubringen, stand nach § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Beklagten in der seinerzeit geltenden Fassung nur einer Fraktion oder mindestens einem Fünftel der Kreistagsmitglieder, aber nicht einer Gruppe oder Einzelmandatsträgern zu. Schließlich reichten die Klägerinnen zu 2. und 3. für die erste vornehmlich mit Sachthemen befasste Sitzung des Beklagten am 30. September 2014 einen Ergänzungsantrag, fünf Anfragen sowie einen Dringlichkeitsantrag ein. Ihr Verhalten bot damit keinen Ansatz für begründete Zweifel an der Gruppeneigenschaft der Klägerin zu 1.
80Daneben verletzt auch der Beschluss des Beklagten in seiner Sitzung vom 18. September 2014 zu Punkt 4, mit dem die Wahl zur Neubesetzung des Kreisausschusses erfolgte, die Klägerinnen in ihren organschaftlichen Rechten. Dies folgt unmittelbar aus den vorangegangenen Ausführungen. Da nämlich schon keine Bestätigung der Beanstandung hinsichtlich der am 17. Juni 2014 durchgeführten Wahl zur Besetzung des Kreisausschusses durch den Beklagten erfolgen durfte, bestand auch keine Veranlassung für eine Entscheidung über die Neubesetzung des Kreisausschusses. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Kreisausschuss auch nicht von sich aus auflösen konnte. Denn die Mitglieder des Kreisausschusses und ihre persönlichen Stellvertreter werden – wie unmittelbar aus dem Wortlaut des § 51 Abs. 2 Satz 1 KrO NRW folgt – für die Dauer der Wahlperiode des Kreistags gewählt.
81Vgl. dazu Plückhahn, in: Held/Winkel/Wansleben, KrO NRW, § 51 Anm. 2.1, Stand: Dezember 2012.
82Die Wahl zur Besetzung des Kreisausschusses am 17. Juni 2014 war unter nicht zu beanstandender Einbeziehung eines Wahlvorschlags der Klägerin zu 1. erfolgt. Die Klägerinnen zu 2. und 3. waren damit ordnungsgemäß als Mitglied des Kreisausschusses bzw. deren persönliche Stellvertreterin gewählt worden. Die dagegen gerichtete Entscheidung zur Neubesetzung des Kreisausschusses verletzte die Klägerinnen schon deshalb in ihren organschaftlichen Rechten. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass selbst dann, wenn eine Neubesetzung des Kreisausschusses am 18. September 2014 rechtlich zulässig gewesen wäre, eine Einbeziehung der Klägerinnen als Gruppe bzw. Gruppenangehörige nach §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 3 Satz 3 KrO NRW hätte erfolgen müssen. Dies ergibt sich zwanglos aus den vorangegangenen Ausführungen zu § 40 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KrO NRW.
83Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
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(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
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Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.