Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 15. Sept. 2015 - 15 A 1961/13
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Mitglied des beklagten Rates der Gemeinde T.
3In seiner Sitzung am 7. Oktober 2009 beschloss der Beklagte den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. W. „Lebensmittelmarkt Q. “ als Satzung. Am 28. Oktober 2009 schloss der Bürgermeister der Gemeinde T. den Durchführungsvertrag mit dem Vorhabenträger.
4Am 11. Februar 2010 griff ein Anwohner - Herr U. X. - den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. W. bei dem erkennenden Gericht mit einem Normenkontrollantrag an, der unter dem Aktenzeichen - 10 D 17/10.NE - geführt wurde.
5In seiner Hinweisverfügung vom 6. Februar 2012 machte der 10. Senat des erkennenden Gerichts in dem Normenkontrollverfahren darauf aufmerksam, dass nach Aktenlage im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses lediglich ein abgestimmter Vertragsentwurf, nicht aber ein bindendes Vertragsangebot des Vorhabenträgers für den Abschluss eines Durchführungsvertrags vorgelegen habe.
6Die Gemeinde T. nahm diesen Hinweis zum Anlass, ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchzuführen. In der Sitzung am 8. Februar 2012 beschloss der Beklagte unter TOP I.9 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. W. in öffentlicher Sitzung erneut rückwirkend zum 29. Oktober 2009. In dem zugehörigen Auszug aus der Sitzungsniederschrift heißt es, der Bürgermeister habe die rechtliche Situation erläutert. Insbesondere habe er darauf verwiesen, dass zur Sitzung die Originale des Bebauungsplans mit der Planzeichnung und der Begründung, des Durchführungsvertrags und der Abwägungsunterlagen vorlägen und dass diese Unterlagen den Ratsmitgliedern bei Bedarf zur Einsicht bzw. in Fotokopien zur Verfügung stünden. Der Kläger war bei der Ratssitzung am 8. Februar 2012 anwesend.
7Auf dessen Frage, ob das ergänzende Verfahren des § 214 Abs. 4 BauGB ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, teilte der Kläger Herrn X. mit E-Mail vom 7. März 2012 Folgendes mit: „… ich habe das Thema heute Abend in der Fraktionssitzung der N. zur Sprache gebracht. Mein Fraktionskollege hat dabei erklärt, dass er zum fraglichen TOP nicht im Rathaussaal anwesend gewesen ist. Er kam rechtzeitig zur Abstimmung in den Saal zurück … Wir haben uns dann kurz noch abgestimmt, dass wir gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung gestimmt haben. Ich habe mir allerdings die Mühe gemacht, weitere Personen zu hinterfragen. Dabei ging es um einen Zuhörer, den Fraktionsvorsitzenden der P. und ein Mitglied des Rates der D. Alle drei haben mir erklärt, eine entsprechende Erklärung des BM - so wie im Sitzungsprotokoll niedergelegt - nicht vernommen zu haben. Dabei sind alle drei nicht willens resp. nicht in der Lage, diese Feststellung weitergehend öffentlich zu unterstützen, was leider zu erwarten war. Nichtsdestotrotz werde ich die Niederschrift in Absprache mit meinem Fraktionskollegen in der nächsten Ratssitzung dieserhalb beanstanden. Dabei wird es dann sicherlich zur Abstimmung kommen, ob denn das Protokoll entsprechend geändert wird oder nicht. Zu befürchten ist allerdings, dass eine deutliche Ratsmehrheit - wie zu erwarten - gegen eine Änderung des Protokolls sein wird. Doch ich möchte damit erreichen, dass sich dort diejenigen, die dem Beschlussvorschlag zugestimmt haben, sich nochmals erklären sollen. Damit ist Ihnen in Ihrer Angelegenheit leider nicht gedient, was mir im Sinne der Sache leid tut, denn was da abgelaufen ist, als der alte Rat zu einem Zeitpunkt, als der neue Rat bereits gewählt war, noch über den vorhabenbezogenen B-Plan abgestimmt hat - trotz klarer Kritik an dieser Vorgehensweise in dieser Sitzung -, lässt viele Vermutungen zu und war ein klarer Verstoß gegen geübte demokratische Praxis. Doch das hilft hier nicht weiter - leider. Ich bedauere, Ihnen dazu keine positivere Nachricht übermitteln zu können …“
8Diese E-Mail führte Herr X. mit Schriftsatz vom 7. März 2012 in das Normenkontrollverfahren ein. Er verband dies mit dem Vortrag, aus der Mitteilung des Klägers ergebe sich, dass dieser die Sitzung vom 8. Februar 2012 als unrichtig protokolliert ansehe.
9Mit Urteil vom 8. März 2012 - 10 D 17/10.NE - stellte der 10. Senat die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. W. fest. Zur Begründung hob er darauf ab, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan an einem formellen Fehler leide. Er sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Das ergänzende Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB sei hingegen rechtmäßig durchgeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die entscheidungsrelevanten Unterlagen - anders als im Protokoll der Ratssitzung vom 8. Februar 2012 festgehalten - nicht vorgelegen und den Ratsmitgliedern nicht bei Bedarf zur Einsicht in Fotokopie zur Verfügung gestanden hätten, ergäben sich aus dem unsubstantiierten Vortrag des Antragstellers auch in Würdigung des vorgelegten Schreibens eines Ratsmitglieds nicht. Durchgreifende materielle Mängel des Bebauungsplans lägen nicht vor.
10In der Sitzungsvorlage-Nr. 53/2012 vom 14. März 2012 führte der Bürgermeister der Gemeinde T. aus, in seiner E-Mail vom 7. März 2012 habe der Kläger wider besseres Wissen falsch vorgetragen, um dem Antragsteller des Normenkontrollverfahrens - 10 D 17/10.NE - einen Vorteil gegen die Gemeinde zu verschaffen. Durch diese Handlungen habe der Kläger in eklatanter Weise gegen seine Pflichten als Ratsmitglied, insbesondere gegen seine Treuepflichten, verstoßen. Ein derartiges Verhalten sei nach seiner Auffassung nicht hinnehmbar und werde jedenfalls von der Verwaltung missbilligt. Es sei nicht akzeptabel, wenn einzelne Ratsmitglieder aktiv gegen das Wohl der Gemeinde handelten. Davon abgesehen werde durch derartige Handlungen die Würde des Gremiums missachtet und es in nicht hinnehmbarer Weise diskreditiert. Um kein Präjudiz zu schaffen, werde von einer konkreten Beschlussempfehlung abgesehen.
11Mit Schreiben an den Bürgermeister vom 28. März 2012 trug der Kläger vor, er habe nicht gegen seine Pflichten als Ratsmitglied verstoßen. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 8. März 2012 keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass das Protokoll der Ratssitzung vom 8. Februar 2012 unrichtig gewesen sei. Daraus sei zu folgern, dass sich aus der Sicht des Oberverwaltungsgerichts die von dem Bürgermeister aufgestellte Behauptung über den Inhalt der E-Mail nicht ergebe. Der Kläger habe darin letztlich nur fremde Äußerungen wiedergegeben. Seine Kritik an der Beschlussfassung über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan durch den alten Rat als undemokratisch sei jedenfalls vertretbar. Die abschließende Formulierung der E-Mail stelle eine übliche Höflichkeitsformel dar. Sie könne nicht den Anlass dafür bilden, sein Verhalten zu beanstanden, wofür ohnehin keine Rechtsgrundlage gegeben sei.
12In seiner Sitzung vom 28. März 2012 beschloss der Beklagte nach entsprechender Beratung, die Verwaltung zu beauftragen, den Gesamtvorgang umfassend juristisch zu prüfen. Im Zuge dieser Ratssitzung nahm der Kläger dahingehend Stellung, Herr X. habe telefonisch bei ihm angefragt, ob das Zustande-kommen des Bebauungsplans, wie es in der Niederschrift vom 8. Februar 2012 dargestellt sei, richtig sei. Er, der Kläger, habe ihm darauf mitgeteilt, dass dem nicht so gewesen sei. Hierzu habe er einen Zuhörer sowie zwei Ratsmitglieder befragt, die seine Einschätzung bestätigt hätten. Vor diesem Hintergrund habe er die E-Mail vom 7. März 2012 geschrieben. Er sei in erster Linie der Wahrheit verpflichtet, wenn er gefragt werde. Dementsprechend könne er nicht das Gegenteil aussagen. Er sehe es als eine der wichtigsten Aufgaben eines Ratsmitglieds an, die Verwaltung zu kontrollieren. Deshalb würde er künftig genauso handeln. Ebenfalls in der Ratssitzung am 28. März 2012 erklärten der Vorsitzende der P.-Fraktion sowie ein Mitglied der D.-Fraktion, dass der Kläger deren Angaben in seiner E-Mail falsch wiedergegeben habe. Sie hätten dem Kläger lediglich gesagt, eventuell nicht alles mitbekommen zu haben bzw. sich nicht abschließend erinnern zu können.
13In der Ratssitzung am 28. März 2012 beanstandete der Kläger die Niederschrift zu TOP I.9 der Sitzung vom 8. Februar 2012. Zur Begründung trug er vor, der Bürgermeister habe nicht, wie in der Niederschrift dargestellt, eingehend auf das Vorliegen der Originale des Bebauungsplans nebst Anlagen und auf deren mögliche Einsichtnahme hingewiesen. Die Niederschrift sei nicht korrekt formuliert, weil die Erklärung des Bürgermeisters dort im Wortlaut nicht richtig bzw. nicht vollständig wiedergegeben sei. Er, der Kläger, habe jedenfalls den Hinweis, wie er in der Niederschrift enthalten sei, so nicht wahrgenommen. Der Bürgermeister erklärte dazu, die Niederschrift gebe seine Erläuterungen zwar nicht im Wortlaut, aber doch dem Inhalt entsprechend wieder, weil er sich in der Sitzung demgemäß geäußert habe. Er erinnere daran, dass nach der Geschäftsordnung kein Wortprotokoll, sondern ein Ergebnisprotokoll geführt werde. Auch von daher sei die Niederschrift korrekt. Daraufhin nahm der Kläger seinen Antrag auf Änderung der Niederschrift zurück.
14In der Sitzungsvorlage-Nr. 72/2012 vom 27. April 2012 legte der Bürgermeister der Gemeinde T. dar, die rechtliche Prüfung habe ergeben, dass der Kläger gegen seine Treuepflicht sowie gegen das Vertretungsverbot aus § 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 GO NRW verstoßen habe. Ein Verstoß gegen die Treuepflicht und/oder das Vertretungsverbot könne der Rat durch Beschluss rügen. Auch sei es möglich, ein Ratsmitglied aus dem Rat auszuschließen. Die Pflichtverletzung des Klägers liege darin, dass er dem Gegner der Gemeinde T. in einem Normenkontrollverfahren mit E-Mail vom 7. März 2012 unzutreffende Informationen habe zukommen lassen, die dieser im Verfahren für seine Zwecke gegen die Gemeinde benutzt habe. Der Kläger habe gewusst, dass für die Ratssitzung kein Wortprotokoll, sondern ein Ergebnisprotokoll geführt werde. Seine Aussage, die Erklärung des Bürgermeisters stimme nicht mit der Niederschrift überein, sei unzutreffend gewesen. Dies hätten sämtliche weitere Ratsmitglieder bestätigt. Die Beschlussempfehlung lautete:
15„Der Rat der Gemeinde T. missbilligt das Verhalten des RM T1. betreffend sein Vorgehen im Zusammenhang mit dem Normenkontrollverfahren der Gemeinde T. vor dem OVG, Az. 10 D 17/10.NE, und rügt es, da dieses Verhalten einen Verstoß gegen die ihm obliegenden Treuepflichten der Vorschriften des § 32 Abs. 1 GO i.V.m. § 43 GO darstellt, und behält sich vor, ihn im Wiederholungsfalle vom Rat der Gemeinde T. auszuschließen.“
16In seiner Sitzung am 23. Mai 2012 fasste der Beklagte mehrheitlich den in der Sitzungsvorlage-Nr. 72/2012 formulierten Beschluss.
17Der Kläger hat am 28. Juni 2012 Klage erhoben.
18Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2012 verletze ihn in seinem Recht auf freie Mandatsausübung aus § 43 Abs. 1 GO NRW. Dies folge bereits daraus, dass eine Rechtsgrundlage für die von dem Beklagten ausgesprochene Missbilligung und Rüge fehle. Erst recht gelte dies für einen Ausschluss aus dem Rat, den sich der Beklagte vorbehalte. § 51 GO NRW ermächtige lediglich zu Ordnungsmaßnahmen gegenüber Ratsmitgliedern innerhalb einer Ratssitzung. Des Weiteren habe er keine Pflichtverletzung nach § 32 Abs. 1 GO NRW begangen.
19Der Kläger hat beantragt,
20festzustellen,
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1. dass der Beschluss des Beklagten in der Sitzung vom 23. Mai 2012 ihn in seinen organschaftlichen Rechten als Ratsmitglied verletzt,
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2. dass er durch sein Schreiben vom 7. März 2012 nicht gegen seine Pflichten als Ratsmitglied aus § 32 i.V.m. § 43 Abs. 2 GO verstoßen hat.
Der Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er hat vorgetragen, der angegriffene Beschluss bedürfe keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Er sei von der aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht abgeleiteten Befugnis eines Kollegialorgans gedeckt, die zu seiner inneren Ordnung gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Zwar berühre der Beschluss den Status des Klägers als Ratsmitglied und damit als Mandatsträger. Er greife aber als Maßnahme unterhalb einer Sanktion nicht in dessen Recht auf freie Mandatsausübung ein. Der Beschluss beinhalte die Feststellung eines Rechtsverstoßes. Er sei kein politisches Instrument der Ratsmehrheit gegen einzelne Mitglieder oder Gruppen. Eine Verletzung der Treuepflicht für Ratsmitglieder gemäß §§ 32 Abs. 1, 43 Abs. 2 GO NRW sei gegeben. Zu dieser Treuepflicht gehöre, Handlungen zu unterlassen, die geeignet seien, die Kompetenzen anderer kommunaler Organe zu umgehen oder den Eindruck zu erwecken, diese würden unter Missachtung gesetzlicher Pflichten Äußerungen wahrheitswidrig bzw. nachträglich im Protokoll der Ratssitzung ergänzen. Die rechtliche Bewertung und Feststellung, ob ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB ordnungsgemäß vollzogen worden sei, entziehe sich der Einschätzung einzelner Ratsmitglieder. Zuständig dafür sei der Rat als Kollegialorgan gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 f) GO NRW. Ein Beanstandungsrecht gemäß § 54 Abs. 1, Abs. 2 GO NRW stehe ausschließlich dem Bürgermeister zu. Die Frage, ob ein Verfahren ordnungsgemäß stattgefunden habe, sei von einem Ratsmitglied gegenüber dem zuständigen Organ zu thematisieren. Dies gelte besonders, wenn ein in demselben Verfahren Beteiligter (unter Umständen sogar begünstigter Dritter) um eine solche Einschätzung nachsuche. Die alleinige Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters aus § 63 Abs. 1 GO NRW habe zur Folge, dass weder der Rat noch einzelne Ratsmitglieder dazu befugt seien, über eine ordnungsgemäße Heilung von Satzungen i.S.v. § 214 Abs. 4 BauGB externen Dritten eine verbindliche Auskunft zu erteilen. Darüber hinaus habe der Kläger gegenüber dem Antragsteller des Normenkontrollverfahrens bewusst den Eindruck erweckt, die entscheidenden Formalien einer Heilung gemäß § 214 Abs. 4 BauGB seien in der betreffenden Ratssitzung nicht eingehalten worden. Dies habe er zudem unter Verfälschung der Aussagen der von ihm befragten Ratsmitglieder und Zuhörer zu beweisen versucht. Es sei unerheblich, ob die E-Mail-Informationen des Klägers in dem Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eine entscheidungserhebliche Rolle gespielt hätten.
28Mit Urteil vom 12. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2012 den Kläger in seinen organschaftlichen Rechten als Ratsmitglied verletzt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Feststellungsantrag zu 1. sei zulässig und begründet. Die von dem Beklagten ausgesprochene Rüge und Missbilligung des Handelns des Klägers sowie der Vorbehalt des Ausschlusses aus dem Rat für den Wiederholungsfall verletzten den Kläger bereits deshalb in seinem organschaftlichen Recht auf freie Mandatsausübung gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW, weil es an der für diese Maßnahmen erforderlichen Rechtsgrundlage fehle. Diese lasse sich nicht aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 LVerf NRW herleiten. Der Feststellungsantrag zu 2. sei hingegen unbegründet. Der Kläger habe durch sein Schreiben vom 7. März 2012 gegen seine Pflichten als Ratsmitglied aus§ 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 GO NRW verstoßen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.
29Der Kläger hat am 16. August 2013 Berufung gegen das ihm am 24. Juli 2013 zugestellte Urteil eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 24. September 2013 ist dem Beklagten am 30. September 2013 zugestellt worden. Am 22. Oktober 2013 hat der Beklagte Anschlussberufung eingelegt.
30Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend beachtet, dass § 32 Abs. 1 GO NRW in einem Spannungsverhältnis zu dem durch Art. 28 Abs. 2 GG sowie § 43 Abs. 1 GO NRW gewährleisteten freien Mandat stehe. Die durch das kommunale Vertretungsverbot konkretisierte besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde schließe kritische Meinungsäußerungen eines Ratsmitglieds über die von Dritten geltend gemachten Ansprüche oder die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen weder innerhalb noch außerhalb der kommunalen Körperschaft aus. Einem Ratsmitglied könne es deshalb nicht verwehrt sein, sich kritisch über die vom Rat gefassten Beschlüsse zu äußern. Die Kritik, die er in seiner E-Mail vom 7. März 2012 an der Beschlussfassung über den vorhabenbezogenen BebauungsplanNr. W. durch den früheren Rat geäußert habe, weil dieser Rat seit der Kommunalwahl vom 30. August 2009 eine andere Zusammensetzung gehabt habe, überschreite die Grenzen freier Mandatsausübung nicht. Es sei verfassungsrechtlich zwingend, dass zwischen dem Wahltermin und dem erstmaligen Zusammentreten einer Kommunalvertretung maximal ein Zeitraum von drei Monaten liege. Er habe darauf hingewiesen, dass über eine Kommune wesentlich berührende Fragen wie die Aufstellung eines Bebauungsplans nur eine Ratsvertretung entscheiden dürfe, die auf eine unmittelbare demokratische Legitimation durch eine Kommunalwahl verweisen könne. Dies gelte erst recht, weil der Rat in seiner Sitzung am 7. Oktober 2009 wegen des Fehlens eines Durchführungsvertrags noch keinen Beschluss über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan habe fassen dürfen. Auch im Übrigen habe er seine Treuepflicht durch die Äußerungen im Schreiben vom 7. März 2012 nicht verletzt. Er habe im Zusammenhang mit den in Bezug genommenen Äußerungen anderer Ratsmitglieder bzw. Zuhörer lediglich übermittelt, was ihm von dritter Seite mitgeteilt worden sei. Diese Information beinhalte nicht die Feststellung, dass es die protokollierten Hinweise des Bürgermeisters nicht gegeben habe. Die befragten Personen hätten sich auf die Aussage beschränkt, sie „nicht vernommen“ zu haben. Er habe ferner geäußert, dass er die Angelegenheit in der nächsten Ratssitzung zur Sprache bringen werde, um die Niederschrift insoweit zu beanstanden. Im Umkehrschluss aus der Verschwiegenheitspflicht nach § 30 GO NRW ergebe sich, dass ein Ratsmitglied über die Vorgänge in öffentlicher Sitzung Dritten gegenüber ohne Weiteres Auskunft erteilen dürfe. Es sei ihm auch nicht darum gegangen, dem Antragsteller des Normenkontrollverfahrens zu helfen und der Gemeinde zu schaden. Aus dem Text der E-Mail gehe das Gegenteil hervor. Darin bringe er zum Ausdruck, dass er diesem leider keinerlei hilfreiche Informationen für dessen Normenkontrollverfahren geben könne. Zuletzt könne eine Verletzung der Treuepflicht nicht bereits darin gesehen werden, dass er den Eindruck erweckt habe, die Beschlussfassung des Rates in seiner Sitzung am 8. Februar 2012 sei zu beanstanden. Es müsse insoweit darauf ankommen, ob dieser Eindruck zutreffend sei. Nur eine solche Betrachtungsweise sei mit dem freien Mandat vereinbar.
31Der Kläger beantragt,
32das angefochtene Urteil zu ändern und - unter Zurückweisung der Anschlussberufung - festzustellen, dass er durch sein Schreiben vom7. März 2012 nicht gegen seine Pflichten als Ratsmitglied aus § 32 i.V.m. § 43 Abs. 2 GO verstoßen hat.
33Der Beklagte beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen sowie das angefochtene Urteil im Umfang der Anschlussberufung zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
35Er trägt vor, im Hinblick auf die Missbilligung sei nicht von einer Sanktion gegenüber dem Kläger auszugehen. Vielmehr nehme der Gemeinderat als Gesamtheit aller Ratsmitglieder lediglich ein Recht wahr, das sich der Kläger als einzelnes Ratsmitglied selbst zueigen mache. Beinhalte das Recht auf freie Ausübung eines Ratsmandates gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW implizit das Recht auf Kritik an einem Verfahren bzw. an Handlungen der Gemeinde, sei es konsequent, ein solches Recht auf Kritik auch dem Rat als Kollegialorgan zuzugestehen, ohne dass es hierfür einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe. Feststellungen und Meinungsäußerungen erforderten auch in anderen kommunalrechtlichen Zusammenhängen keine geschriebene gesetzliche Grundlage. Nichts anderes könne für die von dem Beklagten ausgesprochene Rüge gelten, auch wenn diese in ihrem Aussagegehalt als Verhaltensaufforderung einen Schritt über die Missbilligung hinausgehe. Dennoch sei auch die Rüge noch eine Maßnahme unterhalb der Schwelle einer Sanktion mit rechtserheblicher Wirkung. Aus diesem Grund müsse auch für sie keine explizite Rechtsgrundlage vorhanden sein. Einem erneuten Treuepflichtverstoß habe der Beklagte im Rahmen seiner innerorganisatorischen Befugnisse vorbeugen dürfen. Im Übrigen habe der Kläger aus den von dem Verwaltungsgericht genannten Gründen gegen seine Treuepflichten aus§ 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 GO NRW verstoßen. Das Recht des Klägers auf freie Mandatsausübung finde seine Grenze in seiner Treuepflicht, die sich nicht im Vertretungsverbot erschöpfe. Bei den streitbefangenen Aussagen des Klägers in seiner E-Mail vom 7. März 2012 handele es sich nicht ausschließlich um Meinungen i.S.d. Art. 5 GG, sondern teilweise auch um verfälschte Tatsachenbehauptungen. Auch der Kläger selbst müsse in der Ratssitzung am 8. Februar 2012 irgendeine Erklärung des Bürgermeisters wahrgenommen haben, da er die betreffende Niederschrift am 28. März 2012 nur dahingehend beanstandet habe, die Erklärungen seien im Wortlaut nicht richtig bzw. nicht vollständig wiedergegeben. Sicher sei sich der Kläger nicht gewesen, weswegen er seinen Niederschriftsänderungsantrag zurückgezogen habe. Die Kritik des Klägers an dem Zeitpunkt der Heilung des Bebauungsplans sei nicht der Grund für den streitgegenständlichen Ratsbeschluss. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei auch nicht die demokratische Legitimation des Ratsbeschlusses vom 7. Oktober 2009, sondern das Verhalten des Klägers nach der Ratssitzung vom 8. Februar 2012 durch seine E-Mail vom 7. März 2012. Das Verhalten des Klägers sei nicht als bloße Auskunftserteilung über einen Ratsbeschluss zu interpretieren. Er berichte nicht nur über den Verlauf oder das Ergebnis einer Sitzung, sondern stelle bewusst und willentlich einen Zusammenhang falsch dar, der unmittelbar vor der Verhandlung des Normenkontrollverfahrens Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des zur Überprüfung gestellten Bebauungsplans hätte haben können. Unwesentlich sei, ob der Bebauungsplan im Normkontrollverfahren im Ergebnis bestätigt worden sei. Alternative Handlungsmöglichkeit für den Kläger sei gewesen, beim Bürgermeister einen Widerspruch gemäß § 54 Abs. 1 GO NRW oder eine Beanstandung nach § 54 Abs. 2 GO NRW anzuregen. Er habe auch ein Einschreiten der Kommunalaufsicht nach §§ 119 ff. GO NRW oder eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Betracht ziehen können.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Bezug genommen wird außerdem auf die Gerichtsakte des Normenkontrollverfahrens - 10 D 17/10.NE - und auf den Aufstellungsvorgang des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. W. „Lebensmittelmarkt Q. “ der Gemeinde T. .
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
38Die Berufung des Klägers (dazu I.) und die Anschlussberufung des Beklagten (dazu II.) haben keinen Erfolg.
39I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu 2. des Klägers festzustellen, dass er durch sein Schreiben vom 7. März 2012 nicht gegen seine Pflichten als Ratsmitglied aus § 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 GO NRW verstoßen hat, zu Recht abgewiesen.
41Dieser Antrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
421. Der negative Feststellungsantrag ist gemäß § 43 VwGO zulässig.
43a) Die mit ihm aufgeworfene Frage des Vorliegens eines Verstoßes des Klägers gegen seine Treuepflicht als Ratsmitglied aus §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW aus dem konkreten Anlass der E-Mail vom 7. März 2012 und des Beschlusses des Beklagten vom 23. Mai 2012 betrifft ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO. In diesem Rechtsverhältnis werden Organrechte des Klägers im Verhältnis zu dem Beklagten konkretisiert.
44Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 2. Mai 2006 - 15 A 817/04 -, juris Rn. 42 ff., und vom 5. Februar 2002 - 15 A 2604/99 -, NWVBl. 2002, 381 = juris Rn. 8 ff.
45b) Dem Kläger stehen ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO sowie eine Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO im Hinblick auf die begehrte Feststellung zu.
46Unter einem berechtigten Feststellungsinteresse ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse zu verstehen, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Eine Klagebefugnis besteht in einem(Intra-)Organstreitverfahren, wenn die Möglichkeit einer Verletzung von organschaftlichen Rechten durch das beanstandete Organhandeln gegeben ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der als verletzt gerügten Rechtsposition um ein durch das Innenrecht eingeräumtes, dem klagenden Organ oder Organteil zur eigenständigen Wahrnehmung zugewiesenes wehrfähiges subjektives Organrecht handelt. Geht es um die Verletzung organschaftlicher Mitwirkungsrechte durch einen Ratsbeschluss, setzt die Klagebefugnis dementsprechend im Ausgangspunkt voraus, dass dieser ein subjektives Organrecht des klagenden Organs oder Organteils nachteilig betrifft.
47Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 15 A 785/12 -, juris Rn. 25 ff., Urteile vom 2. Mai 2006 - 15 A 817/04 -, juris Rn. 47, und vom 5. Februar 2002 - 15 A 2604/99 -, NWVBl. 2002, 381 = juris Rn. 12.
48Gemessen daran sind ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers sowie seine Klagebefugnis zu bejahen.
49Das berechtigte - rechtliche wie ideelle - Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich zum einen daraus, den durch den Ratsbeschluss vom 23. Mai 2012 gesetzten Anschein aus der Welt zu schaffen, er habe durch seine E-Mail vom7. März 2012 gegen seine Treuepflicht als Ratsmitglied aus §§ 43 Abs. 2, 32Abs. 1 Satz 1 GO NRW verstoßen. Dieses Interesse hat der Kläger noch nicht durch den Feststellungsausspruch des Verwaltungsgerichts realisiert, der Beklagte habe ihn durch seinen Beschluss vom 23. Mai 2012 in seinen organschaftlichen Rechten als Ratsmitglied verletzt. Denn diese Feststellung beruht allein auf der Annahme, für einen derartigen Beschluss bedürfe es einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die indessen fehle. Zum anderen ist sein Feststellungsinteresse zukunftsgerichtet. Es geht ihm berechtigterweise unabhängig von einer etwaigen Missbilligungs- und Rügebefugnis des Rats um die Klärung der Grenzen und Reichweite seiner Rechte als Ratsmitglied aus § 43 Abs. 1 GO NRW.
50Die im Rahmen von § 42 Abs. 2 VwGO analog wehrfähige (Innen-)Rechtsposition des Klägers folgt im Anschluss daran aus seiner Stellung als Mitglied des Beklagten und den damit gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW verbundenen Statusrechten - hier in Verbindung mit seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG.
51§ 43 Abs. 1 GO NRW stattet die Ratsmitglieder als Vertreter der gesamten Gemeindebürgerschaft mit einem freien Mandat aus. Sie haben dabei insbesondere auch das Recht zur - ggf. gegenüber der Gemeinde und ihrer Politik kritischen - freien Meinungsäußerung, das im Übrigen nicht nur statusrechtlich, sondern - jedenfalls außerhalb von Ratssitzungen - zudem über Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG grundrechtlich geschützt ist. Das freie Mandat, das mit Blick auf die grundlegende Bedeutung des politischen Meinungskampfes für die Konstituierung eines demokratischen Gemeinwesens auch auf Gemeindeebene von ganz erheblichem Gewicht ist, erfährt durch § 43 Abs. 1 GO NRW nur insofern eine Beschränkung, als die Ratsmitglieder an das Gesetz gebunden sind und das öffentliche Wohl Rücksicht nehmen müssen.
52Vgl. zu alledem BVerwG, Beschlüsse vom 12. Februar 1988 - 7 B 123.87 -, DVBl. 1988, 792 = juris Rn. 4 ff., und vom 7. Februar 1956 - I B 40.55 -, BVerwGE 3, 127 = NJW 1956, 965 = juris Rn. 9; OVG NRW Beschluss vom 16. Mai 2013 - 15 A 785/12 -, juris Rn. 56, Urteil vom 5. Februar 2002 - 15 A 2604/99 -, NWVBl. 2002, 381 = juris Rn. 36 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 20. April 2015 - 4 CS 15.381 -, NVwZ-RR 2015, 627 = juris Rn. 25; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. Oktober 2000 - 1 S 2624/99 -, NVwZ-RR 2001, 262 = juris Rn. 27; Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2015, § 43 GO Erl. 1.1; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2013, § 43 Erl. II.1 und III.1; Articus/Schneider, GO NRW,2. Aufl. 2004, § 43 Erl. 1.1; Kleerbaum/Palmen, GO NRW, 2008, § 43 Erl. II.1.
53Dies zugrunde gelegt, kann die Annahme eines Treuepflichtverstoßes aufgrund der E-Mail des Klägers vom 7. März 2012 diesen in der freien Ausübung seines Ratsmandates beeinträchtigen. Diese Feststellung ist potentiell dazu geeignet, den Kläger von der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung im Verhältnis zur Gemeindeöffentlichkeit bzw. einzelnen Bürgern der Gemeinde abzuhalten oder ihn in dieser Hinsicht zumindest zu hemmen.
542. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
55Der Kläger hat durch seine E-Mail vom 7. März 2012 gegen seine Treuepflicht aus § 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW verstoßen.
56Für die Tätigkeit als Ratsmitglied gelten die Vorschriften der §§ 30 bis 32 GO NRW mit bestimmten Maßgaben gemäß § 43 Abs. 2 GO NRW entsprechend.§ 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW legt fest, dass Ratsmitglieder eine besondere Treupflicht gegenüber der Gemeinde trifft.
57Dahinter steht der Gedanke, die Gemeindeverwaltung von allen Einflüssen freizuhalten, die eine objektive, unparteiische und einwandfreie Führung der Geschäfte gefährden könnten. Ratsmitglieder müssen alles unterlassen, was dem Wohl der Gemeinde und der Einwohnerschaft zuwiderläuft. Sie haben alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Schaden von der Gemeinde abzuhalten und das Wohl der Einwohnerschaft zu fördern.
58Vgl. Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2015, § 32 GO Erl. 1.1; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2013, § 32 Erl. I.1 und I.2; Articus/Schneider, GO NRW, 2. Aufl. 2004, § 32 Erl. 1; Kleerbaum/Palmen, GO NRW, 2008, § 32 Erl. I. und II.
59Im Verhältnis der kommunalen Organe und Organteile zueinander gilt zudem der Grundsatz der Organtreue. Er begründet namentlich die Obliegenheit von Ratsmitgliedern, rechtliche Bedenken gegen eine (anstehende) Beschlussfassung in der verfahrensrechtlich gebotenen Form rechtzeitig geltend zu machen.
60Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - 15 A 785/12 -, juris Rn. 39, vom 19. August 2011 - 15 A 1555/11 -, NWVBl. 2012, 116 = juris Rn. 14 ff. (zum Hochschulrecht), vom 16. Juli 2009 - 15 B 945/09 -, juris Rn. 21, und vom 12. September 2008 - 15 A 2129/08 -, NWVBl. 2009, 221 = juris Rn. 11, Urteil vom 2. Mai 2006 - 15 A 817/04 -, juris Rn. 76.
61Soweit § 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW in dieser Lesart das Recht eines Ratsmitglieds auf freie Meinungsäußerung tangiert, das - wie unter I. 1. b) ausgeführt - zusätzlich den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG genießt, ist er - auch als allgemeines Gesetz i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG - seinerseits im Lichte der Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts verhältnismäßig auszulegen und anzuwenden.
62Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschlüsse vom 12. Juni 1989 - 7 B 123.88 -, NVwZ 1989, 975 = juris Rn. 3 f., und vom 12. Februar 1988 - 7 B 123.87 -, DVBl. 1988, 792 = jurisRn. 4 f.; Bay. VGH, Beschluss vom 20. April 2015 - 4 CS 15.381 -, NVwZ-RR 2015, 627 = juris Rn. 25 (jeweils zur Verschwiegenheitspflicht von Ratsmitgliedern).
63Nicht zuletzt diese verfassungsrechtliche Ausstrahlungswirkung führt dazu, dass die Treuepflicht des § 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW einem Gemeinderatsmitglied grundsätzlich nicht verbietet, sich auch außerhalb von Ratssitzungen gegenüber der Gemeindeöffentlichkeit oder einzelnen Bürgern zu Vorgängen der Gemeindepolitik kritisch zu äußern. Eine andere Betrachtungsweise würde dem freien Mandat einen wesentlichen Teil der ihm von § 43 Abs. 1 GO NRW zugedachten politischen Gestaltungskraft nehmen. Sie wäre mit der grundlegenden Bedeutung der mit der Mandatsausübung verbundenen Meinungsäußerungsfreiheit für das demokratische Gemeinwesen auf kommunaler Ebene nicht vereinbar. Dies schließt das prinzipielle Recht des Ratsmitglieds ein, Dritte über Vorgänge aus öffentlichen Ratssitzungen, die nicht der Verschwiegenheitspflicht des § 30 GO NRW unterliegen, zu informieren sowie eigene Einschätzungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Vorgänge kundzutun. Allerdings gilt dieses letztgenannte Recht nicht uneingeschränkt. Soweit ein Ratsmitglied derartige Äußerungen tätigt, muss es dies, auch um seiner Verpflichtung auf das Gesetz und das öffentliche Wohl durch § 43 Abs. 1 GO NRW zu genügen, nach pflichtgemäßer Prüfung insbesondere wahrheitsgemäß und - soweit geboten - vollständig tun. Zudem darf er die Gemeindeorgane durch seine Äußerungen nicht diffamieren.
64An diesen Maßstäben gemessen hat der Kläger mit seiner E-Mail vom 7. März 2012 gegen seine Treuepflicht aus §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW verstoßen.
65Dies folgt aus einem objektiven Verständnis der E-Mail in ihrem Gesamtzusammenhang entsprechend den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB von einem objektiven Empfängerhorizont aus gesehen. Danach hat der Kläger den Antragsteller des Normenkontrollverfahrens gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. W. , Herrn X. , nicht lediglich über Vorgänge aus der öffentlichen Ratssitzung vom 8. Februar 2012 informiert oder diese in zulässiger Weise kommentiert. Mit der Formulierung, es sei zu befürchten und zu erwarten, dass die drei von ihm zum Verlauf der Ratssitzung vom 8. Februar 2012 befragten Personen nicht bereit sein würden, öffentlich zu bestätigen, sie hätten die Protokollerklärung des Bürgermeisters nicht vernommen und dass insoweit eine deutliche Ratsmehrheit gegen eine Änderung der Niederschrift stimmen werde, hat der Kläger vielmehr in der Sache behauptet und suggeriert, der Beklagte werde sich unabhängig von der objektiven Sachlage nicht an Recht und Gesetz halten, weil er den in Rede stehenden Bebauungsplan in jedem Fall halten wolle. Diese den Rat diffamierende Aussage hat der Kläger durch die Wendung gegen Ende seiner E-Mail verstärkt, das Abstimmungsverhalten des Beklagten im Hinblick auf den Bebauungsplan „lasse viele Vermutungen“ zu. Auch dies lässt sich nicht anders verstehen, als dass der Kläger dem Beklagten pauschal unterstellt, sich bei seiner Abwägungsentscheidung von sachfremden Erwägungen leiten zu lassen.
66Bei alledem durfte der Kläger nicht darauf vertrauen, der Adressat der E-Mail werde deren Inhalt vertraulich behandeln, so dass das Ansehen des Beklagten keinen Schaden nehmen werde. Dem Kläger war bekannt, dass und warum Herr X. ein Normenkontrollverfahren gegen die Gemeinde T. betrieb und dass er gerade vor diesem Hintergrund mit ihm Kontakt aufgenommen hatte. Daher musste der Kläger damit rechnen, dass Herr X. die E-Mail in diesem Normenkontrollverfahren als Argument gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. W. verwenden und dadurch die treuwidrige Äußerung der Klägers der Öffentlichkeit zugänglich machen würde.
67II. Die Anschlussberufung des Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.
68Sie ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
691. Die Anschlussberufung ist gemäß § 127 VwGO zulässig.
70Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO können sich der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift (§ 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden (§ 127 Abs. 3 Satz 1 VwGO). § 124 a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 VwGO gilt entsprechend (§ 127 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
71Die Anschlussberufung ermöglicht es dem zuvor „friedfertigen“ Berufungsbeklagten, auch dann noch selbst in den Prozess einzugreifen, wenn er auf das Rechtsmittel des Gegners mit einem selbständigen eigenen Rechtsmittel wegen Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht mehr reagieren kann. Die Anschlussberufung muss nicht denselben Streitgegenstand betreffen wie die Hauptberufung. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den gegenläufigen prozessualen Ansprüchen genügt.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 10 C 5.11 -, BVerwGE 142, 99 = NVwZ 2012, 1045 = juris Rn. 10, Beschluss vom 3. September 2010 - 6 B 30.10 -, juris Rn. 8, Teilurteil vom 19. Januar 2006 - 3 C 52.04 -, BVerwGE 125, 44 = DÖV 2006, 652 = juris Rn. 14 ff.
73Diese Anforderungen erfüllt die von dem Beklagten fristgerecht eingelegte und begründete Anschlussberufung. Zwischen dem mit ihr verfolgten prozessualen Anspruch - der Abänderung des stattgebenden Teils des verwaltungsgerichtlichen Urteils mit dem Ziel der Gesamtabweisung der Klage - und dem unter I. behandelten Gegenstand der Hauptberufung des Klägers besteht ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang. Die Missbilligungs- und Rügebefugnis, die sich der Beklagte beimisst, ist das organbefugnisrechtliche Spiegelbild der materiell-rechtlichen Feststellung der missbilligten bzw. gerügten Treuepflichtverletzung.
742. Die Anschlussberufung des Beklagten ist jedoch unbegründet.
75Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Feststellungsantrag zu 1. des Klägers zulässig und begründet ist.
76Der Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2012 verletzt den Kläger in seinen organschaftlichen Rechten als Ratsmitglied, weil es für eine Missbilligung und Rüge des Verhaltens des Klägers betreffend sein Vorgehen im Zusammenhang mit dem Normenkontrollverfahren der Gemeinde T. - 10 D 17/10.NE - an der insofern erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt (dazu a). Der außerdem im Beschluss vom 23. Mai 2012 enthaltene Vorbehalt, den Kläger im Wiederholungsfall vom Rat der Gemeinde T. auszuschließen, ist unabhängig davon auch deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte eine derartige Ausschlussbefugnis nicht hat und er sich diese deshalb auch nicht vorbehalten darf (dazu b).
77a) Der Beklagte kann eine Befugnis für den Missbilligungs- und Rügebeschluss nicht allgemein aus §§ 40, 41 Abs. 1 GO NRW in Verbindung mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG,Art. 78 LVerf NRW ableiten. Diese Normen ermächtigen den Beklagten lediglich dazu, Verstöße gegen organschaftliche Pflichten seiner Mitglieder festzustellen (dazu aa). Disziplinarische und disziplinarmaßnahmenähnliche Aussprüche wie Missbilligungen und Rügen, die im Regelungsfeld des - zumal, wie hier, durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG ergänzend geschützten - freien Mandats aus § 43 Abs. 1 GO NRW Sanktionscharakter haben, gehen über diese Kompetenz hinaus. Sie erfordern nach dem aus Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG abzuleitenden Wesentlichkeitsgrundsatz eine eigenständige gesetzliche Rechtsgrundlage (dazu bb).
78aa) Gemäß § 40 Abs. 1 GO NRW wird die Verwaltung der Gemeinde ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt. Die Bürgerschaft wird durch den Rat und den Bürgermeister vertreten (§ 40 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). Der Rat der Gemeinde ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
79Diese Bestimmungen machen deutlich, dass die Gemeindeordnung NRW von dem Grundsatz der Allzuständigkeit des Gemeinderats ausgeht. Der Rat ist das oberste Beschlussorgan der gemeindlich verfassten Bürgerschaft, das in allen wesentlichen Angelegenheiten der Gemeinde tätig wird. Dies unterstreicht § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW, demzufolge der Rat die Entscheidung über bestimmte, im Einzelnen aufgezählte Angelegenheiten nicht übertragen darf. Als allzuständiges Organ einer für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuständigen und mit Organisationshoheit ausgestatteten Körperschaft kann der Rat im Rahmen seiner Kompetenz im Grundsatz alles beschließen, was die Gesetze nicht verbieten.
80Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Oktober 2003 - 15 B 1798/03 -, NVwZ-RR 2004, 202 = juris Rn. 15; Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Band I, Loseblatt, Stand September 2009/Juli 2015, § 40 Erl. 2 und § 41 GO Erl. 1.1; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2013, § 40 Erl. I.1 und § 41 Erl. I.1 und I.2; Articus/Schneider, GO NRW, 2. Aufl. 2004,§ 40 Erl. 1.1 und § 41 Erl. 1.1 sowie 1.2; Kleerbaum/Palmen, GO NRW, 2008, § 40 Erl. II. und IV.1 und § 42 Erl. II.
81§§ 40, 41 GO NRW bekräftigen einfachgesetzlich das den Gemeinden - und gemeindeintern vor allem dem Rat - durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 78 LVerf NRW garantierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung,
82vgl. insoweit Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band I, Loseblatt, Stand Juli 2013, § 40 Erl. I.1; Articus/Schneider, GO NRW, 2. Aufl. 2004, § 41 Erl. 1.2; Kleerbaum/Palmen, GO NRW, 2008, § 41 Erl. II.,
83und sind daher im Kontext dieser verfassungsrechtlichen Rahmenvorgaben auszulegen.
84Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und der im Wesentlichen inhaltsgleiche Art. 78 LVerf NRW verbürgen der Gemeinde das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Daraus erwächst der Gemeinde die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen.
85Vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127 = DVBl. 1989, 300 = jurisRn. 41, 47 und 51 ff.; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 37.89 -, BVerwGE 87, 228 = DVBl. 1991, 491 = juris Rn. 19.
86Das den Gemeinden und insoweit prinzipiell dem Rat zustehende Recht, sich mit allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu befassen, schließt auch das Recht ein, sich zu etwaigen statusbezogenen kommunalrechtlichen Pflichtverstößen von Ratsmitgliedern zu äußern. Dafür bedarf es keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, solange der Rat sich mit diesbezüglichen Äußerungen unterhalb der Schwelle einer Sanktion bewegt.
87Vgl. insoweit Nds. OVG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 10 LC 37/10 -, juris Rn. 41; Sächs. OVG, Urteil vom 28. Mai 2013 - 4 A 536/12 -, NVwZ-RR 2014, 66 = juris Rn. 40 ff. (die allerdings trotz gleichlautenden Ausgangspunkts beide für Missbilligungen und Rügen keine besondere Ermächtigungsgrundlage verlangen); siehe außerdem OVG NRW, Beschluss vom 17. Oktober 2003 - 15 B 1798/03 -, NVwZ-RR 2004, 202 = jurisRn. 17, wo ein Stimmrechtsausschluss über § 40 Abs. 2 Satz 6 GO NRW hinaus ohne besondere Ermächtigung für möglich erachtet wird, wenn dies nach dem Sinn und Zweck der Stimmrechtsausschlussnorm oder dem systematischen Zusammenhang mit den in der Gemeindeordnung geregelten Fällen des Stimmrechts des Bürgermeisters zwingend geboten ist; im Ansatz wohl restriktiver, aber im Ergebnis wie hier VG Oldenburg, Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 A 1062/09 -, juris Rn. 20 ff.; VG Braunschweig, Urteil vom 18. Juli 2007 - 1 A 356/06 -, juris Rn. 24 ff.; Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen, 2008, S. 343.
88Damit sind bloße Feststellungen kommunalrechtlicher Pflichtverstöße durch Ratsmitglieder durch den Rat als solche von §§ 40, 41 Abs. 1 GO NRW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 78 LVerf NRW gedeckt. Diese Feststellungen haben noch keinen Sanktionscharakter. Vielmehr spricht der Rat durch sie lediglich aus, ob seiner Auffassung nach ein bestimmtes Verhalten eines Ratsmitglieds mit der Rechtslage im Einklang steht oder nicht.
89bb) Anders verhält es sich, sobald der Rat über die materielle Rechtslage wiedergebende Feststellungen von Rechtsverstößen hinausgeht und zu disziplinarischen oder diesen vergleichbaren Maßnahmen greift. Als solche sind in einer Parallelwertung zu §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 LDG wegen des Schutzzwecks des - im Einzelfall durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG ergänzten - freien Mandats auch Missbilligungen und Rügen des Verhaltens von Ratsmitgliedern außerhalb von Ratssitzungen anzusehen. Diese Maßnahmen gehen über das allgemeine Befassungs- und Äußerungsrecht der Gemeinde hinaus. Hierfür fordert der verfassungsrechtliche Wesentlichkeitsgrundsatz eine eigenständige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.
90Der im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot des Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG wurzelnde Parlamentsvorbehalt gebietet es, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen dem Gesetzgeber zu überlassen. Die Normierungspflicht betrifft nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben. Letzteres beurteilt sich im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes, insbesondere die Intensität der Grundrechtseingriffe.
91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94, 1 BvR 1299/94, 1 BvR 1332/95, 1 BvR 613/97 -, BVerfGE 111, 191 = NJW 2005, 45 = juris Rn. 146 f., Urteile vom 6. Juli 1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101,1 = DVBl. 1999, 1266 = juris Rn. 125, und vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 -, BVerfGE 98, 218 = NJW 1998, 2515 = juris Rn. 132.
92Aus diesen Grundsätzen und dem zuvor Gesagten folgt, dass ein Gemeinderat das Verhalten von Ratsmitgliedern außerhalb von Ratssitzungen ohne explizite gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht disziplinarisch bzw. disziplinarmaßnahmenähnlich missbilligen und rügen darf, selbst wenn in diesem Verhalten ein Verstoß gegen kommunalrechtliche Pflichten zu erblicken ist. Mit einer derartigen Missbilligung und Rüge greift der Rat sanktionierend in die - ggf. auch grundrechtlich geschützte - Ausübung des freien Mandats ein, was für diese sowohl spezialpräventiv als auch generalpräventiv einschränkende Konsequenzen haben kann. Ein solcher wesentlicher Eingriff, der sich auf die freie politische Willensbildung innerhalb der Gemeinde negativ auswirkt, muss vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst legitimiert werden.
93b) Der außerdem im Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2012 enthaltene Vorbehalt, den Kläger im Wiederholungsfall vom Rat der Gemeinde T. auszuschließen, ist des Weiteren unabhängig vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, weil der Beklagte eine derartige Ausschlussbefugnis nicht hat und er sich diese deshalb auch nicht vorbehalten darf.
94Die Ratsmitglieder werden gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GO NRW von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Die näheren Vorschriften trifft das Kommunalwahlgesetz (§ 42 Abs. 1 Satz 2 GO NRW). Dieses grenzt in seinem § 37 - abgesehen von§ 45 Abs. 1 Satz 1 KWahlG NRW und von § 42 Abs. 2 GO NRW - abschließend die Tatbestände ein, die in einen Mandatsverlust des Gemeinderatsmitglieds resultieren können. Diese Tatbestände greifen überwiegend Konstellationen auf, in denen ein öffentliches Interesse an einer Mandatsbeendigung besteht. Darüber hinausgehend kann ein demokratisch legitimierter und mit einem freien Mandat ausgestatteter Mandatsträger nicht aus sonstigen Gründen durch Mehrheitsbeschluss aus dem Gemeinderat abberufen werden.
95Vgl. insofern Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen, 2008, S. 353; Kleerbaum/Palmen, GO NRW, 2008, § 43 Erl. II.1
96Einer der Verlusttatbestände, die der Rat im Falle seines Vorliegens aufgrund von § 44 Abs. 1 KWahlG NRW feststellt, besteht gemäß § 37 Nr. 2 i.V.m. §§ 12 Abs. 2, 8 Nr. 2 KWahlG NRW in dem nachträglichen Verlust der Wählbarkeit. Diese Rechtsfolge tritt gemäß § 45 Abs. 1 StGB etwa ein, wenn der Betreffende wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird.
97Jenseits dessen räumt die Gemeindeordnung NRW dem Rat lediglich die Befugnis ein, Mitglieder von einzelnen Mitwirkungshandlungen (in einzelnen Ratssitzungen bzw. innerhalb einzelner Ratssitzungen) auszuschließen, wie dies beispielsweise in § 31 GO NRW oder in § 51 Abs. 3 Satz 1 GO NRW der Fall ist.
98Legt man dies zugrunde, erweist sich der Vorbehalt im Ratsbeschluss vom 23. Mai 2012, den Kläger im Wiederholungsfall vom Rat der Gemeinde T. auszuschließen, auch unter diesem Blickwinkel als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen organschaftlichen Rechten. Weder kann der Beklagte durch Mehrheitsbeschluss einzelne, demokratisch legitimierte Mitglieder wie den Kläger vollständig und auf Dauer aus seiner Mitte ausschließen, noch ist ein schlichter Verstoß gegen die Treuepflicht des §§ 43 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 GO NRW im Ansatz ein Tatbestand, der gemessen an den Vorgaben des § 37 KWahlG NRW zu einem Mandatsverlust führen kann.
99Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
100Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
101Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
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(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist; - 2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn - a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind, - b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben, - c)
(weggefallen) - d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist, - e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden, - f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder - g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
- 3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist; - 4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn
- 1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind; - 2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist; - 3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt; - 4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.
(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:
- 1.
(weggefallen) - 2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich. - 3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel. - 4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.
(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.
(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.
(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.