Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2016 - M 4 K 15.1547
Gericht
Gründe
Gericht: VG München
Aktenzeichen: M 4 K 15.1547
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
4. Kammer
Sachgebiets-Nr. 600
Hauptpunkte:
Polnischer Staatsangehöriger;
Verlust des Rechtes auf Einreise und Aufenthalt;
Straftaten (Diebstähle, versuchte Strafvereitelung)
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Kläger -
bevollmächtigt: ...
gegen
... KVR HA II, Ausländerangelegenheiten
vertreten durch den Oberbürgermeister ...
- Beklagte -
wegen Ausländerrecht
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 4. Kammer,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin Dr. Pechtold, den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... ohne mündliche Verhandlung am 18. Oktober 2016 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der am ... Januar 1973 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass er sein Recht auf Einreise und Aufenthalt in die bzw. in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat.
Der Kläger reiste erstmals in den 1990er Jahren in die Bundesrepublik ein und arbeitete zunächst im Trockenbau. Im Februar 1993 wurde er wegen illegalen Aufenthalts aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und kehrte nach Polen zurück. In der Folgezeit wurde er im Bundesgebiet aufgegriffen und nach Polen abgeschoben.
In Polen heiratete der Kläger 1997 eine polnische Staatsangehörige. Die Ehe wurde 2007 geschieden. Aus ihr gingen zwei Kinder hervor, die gemeinsam mit ihrer Mutter in England leben.
Im Jahr 2007 reiste der Kläger erneut nach Deutschland. Hier war er vom ... Juni 2007 bis zum ... November 2008 gemeldet; danach war er ohne festen Wohnsitz.
Strafrechtlich trat der Kläger in der Bundesrepublik zunächst wie folgt in Erscheinung:
- ... September 1992, Diebstahl geringwertiger Sachen, abgesehen von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG.
- ... Februar 1993, unerlaubter Aufenthalt, eingestellt nach § 47 JGG.
- ... März 1993, unerlaubte Einreise, vier Wochen Jugendarrest.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Juli 1994, unerlaubte Einreise in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Aufenthalt in Tatmehrheit mit Missbrauch von Ausweispapieren, Freiheitsstrafe von vier Monaten.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... September 2008, fahrlässige Trunkenheit im Straßenverkehr, Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Oktober 2008, Diebstahl, Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Juli 2009, gemeinschaftlicher Betrug, Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 60 Euro.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom
In der Folgezeit folgte der Kläger nicht seinem Aufenthaltsverbot, sondern trat in der Bundesrepublik wie folgt strafrechtlich in Erscheinung:
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... April 2010, Diebstahl, Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 Euro.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... November 2011 (Az. 09 Ds 306 Js 128089/11), Diebstahl, Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung.
Dem Urteil liegt zugrunde, dass der Kläger in einem Geschäft Kosmetika im Wert von rund 880 Euro entwendete. Bei der Tat wurde beim Kläger eine Atemalkoholkonzentration von 2,20 Promille festgestellt. Das Amtsgericht ... stellte jedoch keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Klägers fest, da dieser keine Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Zulasten des Klägers wertete das Gericht, dass der Kläger bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten und der Wert des Diebesgutes für einen Ladendiebstahl hoch gewesen sei. Das Gericht führte zudem aus, dass der Kläger bei seinem Bruder in Polen in einer Autowerkstatt arbeite.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Oktober 2012 (Az. 845 Ds 253 Js 1345492/12), Diebstahl, Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung. Dem Urteil liegt zugrunde, dass der Kläger alkoholische Getränke, Lebensmittel und Kleidung im Wert von rund 244 Euro entwendete. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger bei der Tat alkoholisiert und deshalb bei Tatbegehung nur eingeschränkt schuldfähig gewesen sei. Zulasten des Klägers sei die enorme Rückfallgeschwindigkeit gewertet worden, da der Kläger die Tat nur drei Wochen nach seiner letzten Verurteilung begangen habe. In der Hauptverhandlung habe der Kläger zudem den Ladendetektiv einer schweren Straftat beschuldigt. Der Kläger habe ein nach wie vor unbehandeltes Alkoholproblem und sei bis eine Woche vor der Verhandlung arbeitslos gewesen. Seitdem arbeite er in einem Probeverhältnis als Küchenhelfer.
- Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Oktober 2013 (Az. 836 Ds 127 Js 141272/13), versuchte Strafvereitelung, Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Dieses Urteil wurde vom Landgericht München I
Der Verurteilung liegt eine körperliche Auseinandersetzung zwischen zwei Freunden des Klägers zugrunde, bei der ein Freund dem anderen einen Schraubenzieher wuchtig in den Rücken stach. Bei seiner Befragung am selben Tag gab der Kläger an, dass der niedergestochene Freund vorher mit einer Flasche ausgeholt und in Richtung des anderen Freundes geschlagen habe. Aufgrund der nicht nachvollziehbaren Angaben wurde der Kläger als Beschuldigter wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung belehrt. Am nächsten Tag berichtigte der Kläger seine Angaben. Das Landgericht ... führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass eine mehrere Stunden nach der Tat durchgeführte Alkoholmessung beim Kläger einen Wert von 1,31 mg/l ergeben habe. Das Landgericht folgert daraus, dass der Kläger damit zwar deutlich enthemmt gewesen sei, jedoch nicht erheblich beeinträchtigt im Sinne von § 21 Strafgesetzbuch -StGB-, da die Alkoholkrankheit des Klägers berücksichtigt werden müsse. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme und der Zeugenbefragung der damals mit der Vernehmung betrauten Polizeibeamten hätten sich keine Hinweise auf eine erhebliche Störung der Steuerungsfähigkeit des Klägers ergeben.
Der Kläger befand sich seit ... März 2014 in der Bundesrepublik in Haft. Vor seiner Inhaftierung war der Kläger als angestellte Reinigungskraft in einem Busunternehmen tätig.
Mit Bescheid vom 12. März 2015 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren habe (1.). Sie untersagte dem Kläger die Einreise und den Aufenthalt für fünf Jahre. Die Frist beginne mit der Ausreise (2.). Sie forderte den Kläger auf, das Bundesgebiet binnen einen Monats nach Bestandskraft des Bescheides zu verlassen. Sollte der Kläger nicht fristgerecht ausreisen oder aufgrund der Inhaftierung nicht fristgerecht ausreisen können, werde ihm die Abschiebung nach Polen oder einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (3.)
Die Beklagte begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern -FreizügG/EU- erfüllt seien, da der Kläger die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland durch sein Verhalten schwerwiegend beeinträchtigt habe. Nach Art und Umfang der abgeurteilten Straftaten sei davon auszugehen, dass der Kläger auch zukünftig nicht bereit oder in der Lage sei, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten. Gerade die versuchte Falschaussage zeige ganz deutlich die Einstellung des Klägers gegenüber der Rechtsordnung. Angesichts der massiven kriminellen Energie des Klägers in Verbindung mit seinem Alkoholproblem und der von ihm an den Tag gelegten Unbelehrbarkeit könne davon ausgegangen werden, dass die jetzigen Erfahrungen im Strafvollzug den Kläger auch zukünftig nicht abschrecken würden. Eine Gesamtwürdigung habe ergeben, dass im Fall des Klägers eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Zum Schutz möglicher künftiger Opfer könne die Gefahr weiterer derartiger Straftaten der Allgemeinheit nicht zugemutet werden. Zugunsten des Klägers sei gewürdigt worden, dass dieser vor der Haft bei seiner Lebensgefährtin in ... gewohnt habe, die ebenfalls polnische Staatsangehörige sei. Das mit ihr bestehende Verlöbnis sei jedoch nicht von der Ausstrahlungswirkung des Art. 6 Grundgesetz -GG- erfasst. Es könne dem Kläger zugemutet werden, nach Polen zurückzukehren und sich dort wieder eine Lebensgrundlage zu schaffen. In Deutschland habe er es letztendlich nicht geschafft, sich zu integrieren. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 21. April 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015,
die Klage abzuweisen.
Die Bevollmächtigte des Klägers begründete die Klage in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2015 im Wesentlichen damit, dass der streitgegenständliche Bescheid zum Teil auf der Annahme falscher Fakten und zum Teil auf entsprechend falschen Schlussfolgerungen beruhe. Es sei richtig, dass der Kläger sich - alkoholbedingt - einer Reihe von Straftaten im Bereich der Kleinkriminalität schuldig gemacht habe. Es handle sich dabei ausnahmslos um Diebstähle im Bereich zwischen 20 und 100 Euro, zumeist zur Beschaffung von Lebensmitteln und Alkohol. Der Kläger habe die Diebstähle in stark alkoholisiertem Zustand begangen. Die Verurteilung des Klägers wegen Strafvereitelung und die von der Beklagten daraus gezogenen Schlüsse müssten relativiert werden. Zwischenzeitlich habe der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts ... wegen versuchten Mordes gegen den vom Kläger „begünstigten“ Täter aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Im Ergebnis sei der Täter, dessen Verfolgung der Kläger habe vereiteln wollen, wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Der Vorwurf des versuchten Mordes habe nicht aufrechterhalten werden können. Es sei auch zu berücksichtigen, dass im Fall des Klägers eine aus Verteidigersicht schwer nachvollziehbare Härte ausgeübt worden sei. Der Kläger sei bei der Auseinandersetzung seiner Freunde und bei seiner Aussage schwer alkoholisiert gewesen. Der noch vorhandene Alkoholisierungsgrad hätte es geboten, die Vernehmung des Klägers auf den nächsten Tag zu verschieben. Zwar sei das Urteil rechtskräftig, dies müsse jedoch nicht bedeuten, dass es nicht noch sachgerechtere Entscheidungen gegeben hätte. Der Kläger habe ein Alkoholproblem, werde aber nach Haftentlassung seine bereits in der Haft begonnenen Therapieanstrengungen weiterführen. Dies insbesondere deshalb, weil seine Verlobte nach wie vor zu ihm halte. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Kläger auch voll integriert.
Am ... Februar 2016 wurde der Kläger aufgrund eines europäischen Haftbefehls aus der Haft nach Polen ausgeliefert. Dort verbüßt er eine auf einem Körperverletzungsdelikt von 1998 beruhende Strafhaft von einem Jahr und sechs Monaten.
Die Bevollmächtigte des Klägers legte mit Schreiben vom 23. Mai 2016 eine schriftliche Stellungnahme der Verlobten des Klägers vor. Darin führt diese im Wesentlichen aus, dass sie den Kläger im Juli 2011 kennengelernt habe und sie seit Juli 2012 zusammenwohnten. Sie plane, den Kläger nach seiner Rückkehr, spätestens aber im Jahr 2017 zu heiraten.
Die Parteien wurden zur Durchführung eines schriftlichen Verfahrens angehört. Die Bevollmächtigte des Klägers erteilte ihr Einverständnis mit Schreiben vom 15. April 2016, die Beklagte mit Schreiben vom 8. Mai 2015.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Verfahren konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Parteien hierfür ihr Einverständnis gegeben haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. Satz 1 VwGO).
I.
Die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist rechtmäßig im Sinne von § 6 FreizügG/EU. Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Tatsachengerichts (vgl. BayVGH B. v. 10.10.2013 - 10 ZB 11.607 - juris; BVerwG U. v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - juris).
Nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt unbeschadet des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU und des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit festgestellt werden; die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt gemäß § 6 Abs. 2 FreizügG/EU für sich allein dafür nicht. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU). Nach § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung verlangt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung beeinträchtigen wird (vgl. BayVGH B. v. 18.3.2015 - 10 C 14.2655 -;
1. Auf den höheren Schutz nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU kann sich der Kläger nicht berufen.
Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU darf eine Feststellung nach Absatz 1 bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden.
Die Voraussetzung eines zehnjährigen Aufenthalts erfüllt der Kläger vorliegend jedoch nicht. Selbst wenn man zu seinen Gunsten davon ausginge, dass er die Bundesrepublik Deutschland nach seiner Wiedereinreise im Jahr 2007 nicht mehr verlassen hätte, wurde sein Aufenthalt durch die Auslieferung nach Polen im Februar 2016 noch vor Ablauf der Zehnjahresfrist beendet.
2. Auch auf den höheren Schutz nach § 6 Abs. 4 FreizügG/EU kann sich der Kläger nicht berufen.
Nach § 6 Abs. 4 AufenthG können Feststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nach dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU steht einem Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt unabhängig von den Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU zu (Daueraufenthaltsrecht), wenn er sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dies bedeutet, dass der Unionsbürger während eines zusammenhängenden Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt gewesen sein muss (BVerwG, U. v. 31.5.2012 - 10 C 8/12 - NVwZ-RR 2012, 821). Vorliegend fehlt es jedoch an einem fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers.
Der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des 2007 wieder in die Bundesrepublik eingereisten Klägers steht zum einen die Verlustfeststellung aus dem Jahr 2010 entgegen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, D1, § 4a Rn. 17). Zum anderen hat der Kläger auch unabhängig hiervon die Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 FreizügG/EU nicht für einen Zeitraum von fünf Jahren erfüllt. Der Verlustfeststellung vom ... Februar 2010 ist zu entnehmen, dass der Kläger seit dem ... September 2009 Leistungen nach dem SGB II bezog und keine Bemühungen zeigte, sich um eine Arbeitsstelle zu kümmern. In seinem Urteil vom ... Dezember 2011 stellte das Amtsgericht ... fest, dass der Kläger bei seinem Bruder in Polen in einem Autogeschäft arbeite. Das Amtsgericht ... stellte in seinem Urteil vom ... Oktober 2012 fest, dass der Kläger seit einer Woche in einem Probearbeitsverhältnis als Küchenhelfer arbeite. Ab dem ... März 2014 befand sich der Kläger in der Bundesrepublik in Haft, ab Februar 2016 in Polen. Der Kläger war daher nicht in einem zusammenhängenden Fünfjahreszeitraum freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 2 FreizügG.
3. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt erweist sich vorliegend als rechtmäßig, da eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, vgl. § 6 Abs. 1, Abs. 2 FreizügG/EU.
Der Kläger ist in der Bundesrepublik wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die Schwelle von leichten Delikten (Ziff. 6.2.2.1.2 VV-FreizügG/EU) hat der Kläger vorliegend deutlich überschritten. Der Kläger wurde allein seit dem Jahr 2010 drei Mal wegen Diebstahls verurteilt. Der hier jeweils angerichtete Schaden bewegte sich auch nicht mehr im geringfügigen Bereich. Zudem wurde der Kläger zuletzt wegen versuchter Strafvereitelung - unter Einbeziehung des Urteils vom ... Oktober 2012 - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Das Gericht sieht vorliegend auch keinen Anlass, an der inhaltlichen Richtigkeit der rechtskräftigen Verurteilung durch das Strafgericht zu zweifeln. Die Tatsache, dass der BGH das sich auf die Grundtat beziehende Urteil mittlerweile aufgehoben hat (Az. 1 StR 735/13
Es besteht auch eine deutliche Wiederholungsgefahr. Dafür spricht zum einen die bisherige Rückfallgeschwindigkeit des Klägers, der sich durch seine wiederholten Verurteilungen nicht hat beeindrucken lassen. Dafür spricht zum anderen, dass der Kläger beim Großteil seiner Straftaten alkoholisiert war. Die beim Kläger vorliegende - offensichtliche massive - Alkoholerkrankung ist jedoch nicht therapiert (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 15.12.2015 - 10 ZB 13.2665 - juris Rn. 8). Es ist daher mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger bei einem Verbleib bzw. einer Wiedereinreise in das Bundesgebiet erneut massiv straffällig würde.
4. Die Beklagte hat die persönlichen Interessen des Klägers ausreichend berücksichtigt und zutreffend gewichtet. Das Gericht kann die Ermessensentscheidung der Beklagten gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich daraufhin überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.
Nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU sind bei der Verlustfeststellung insbesondere Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Daneben spielen die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bedrohten Rechtsguts, sowie die Entwicklung und die Lebensumstände des Klägers eine wichtige Rolle (vgl. BayVGH B. v. 23.11.2010 - 19 ZB 10.584 - juris). In dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte alle für den Kläger maßgeblichen Umstände berücksichtigt und sich auch mit den Schutzgütern des Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention -EMRK- und des Art. 6 GG auseinandergesetzt. Insbesondere hat die Beklagte zutreffend gewürdigt, dass ein Verlöbnis nicht von der Ausstrahlungswirkung des Art. 6 GG erfasst ist.
5. Auch die bereits im Jahr 2010 erfolgte Verlustfeststellung steht der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids nicht entgegen. Die nach alter Rechtslage ergangene Verlustfeststellung vom ... Februar 2010 ist von der Ausländerbehörde von Amts wegen nachträglich zu befristen (BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 1 C 18.4 - ZAR 2015, 190). Das Gericht sieht in der erneuten Verlustfeststellung vom ... März 2015 daher eine konkludente Befristung der Verlustfeststellung aus dem Jahr 2010 auf den ... März 2015.
Selbst wenn man davon ausginge, dass keine konkludente Befristung vorliegt und die (unbefristete) Verlustfeststellung aus dem Jahr 2010 deshalb noch fortwirkt, wäre der streitgegenständliche Bescheid jedoch zumindest als Ausweisung rechtmäßig. Zwar hätte der Kläger dann sein Recht auf Einreise und Aufenthalt bereits verloren. Jedoch lägen jedenfalls die Voraussetzungen der sodann einschlägigen Ausweisung gemäß §§ 53 ff. AufenthG, § 11 Abs. 2 FreizügG/EU vor (vgl. Art. 47 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz -BayVwVfG-).
II.
Die in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf fünf Jahre begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Die festgesetzte Frist von fünf Jahren erscheint jedenfalls angemessen, um dem beim Kläger bestehenden hohen Gefahrenpotential Rechnung zu tragen.
III.
Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung -ZPO-.
IV.
Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.
(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen, - 2.
eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist, - 3.
der Richter eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder - 4.
der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts, soweit er nicht bereits der vorläufigen Einstellung zugestimmt hat. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
(3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 kann unbeschadet des § 2 Absatz 4 und des § 5 Absatz 4 nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Artikel 45 Absatz 3, Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) festgestellt und die Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskarte eingezogen werden. Aus den in Satz 1 genannten Gründen kann auch die Einreise verweigert werden. Die Feststellung aus Gründen der öffentlichen Gesundheit kann nur erfolgen, wenn es sich um Krankheiten mit epidemischem Potenzial im Sinne der einschlägigen Rechtsinstrumente der Weltgesundheitsorganisation und sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten handelt, sofern gegen diese Krankheiten Maßnahmen im Bundesgebiet getroffen werden. Krankheiten, die nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise auftreten, stellen keinen Grund für eine Feststellung nach Satz 1 dar.
(2) Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die in Absatz 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
(3) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(4) Eine Feststellung nach Absatz 1 darf nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden.
(5) Eine Feststellung nach Absatz 1 darf bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, und bei Minderjährigen nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden. Für Minderjährige gilt dies nicht, wenn der Verlust des Aufenthaltsrechts zum Wohl des Kindes notwendig ist. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können nur dann vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer odermehrervorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder wenn vom Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht.
(6) Die Entscheidungen oder Maßnahmen, die den Verlust des Aufenthaltsrechts oder des Daueraufenthaltsrechts betreffen, dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken getroffen werden.
(7) Wird der Pass, Personalausweis oder sonstige Passersatz ungültig, so kann dies die Aufenthaltsbeendigung nicht begründen.
(8) Vor der Feststellung nach Absatz 1 soll der Betroffene angehört werden. Die Feststellung bedarf der Schriftform.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden:
- 1.
ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen (Schengen-Visum), - 2.
ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen.
(2) Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen verlängert werden. Für weitere 90 Tage innerhalb des betreffenden Zeitraums von 180 Tagen kann ein Schengen-Visum aus den in Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009/EG genannten Gründen, zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder aus völkerrechtlichen Gründen als nationales Visum verlängert werden.
(2a) Schengen-Visa berechtigen nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, sie wurden zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt.
(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU geltenden Vorschriften. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts mit einem nationalen Visum wird auf die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Blauen Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU angerechnet.
(4) Ein Ausnahme-Visum im Sinne des § 14 Absatz 2 wird als Visum im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 erteilt.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.