Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Jan. 2017 - M 3 K 15.50916
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. November 2015 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid des Bundesamtes vom 2. November 2015 aufzuheben sowie hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Gründe
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Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Jan. 2017 - M 3 K 15.50916 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der am ... 1993 oder 1996 geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und jezidischer Religionszugehörigkeit und reiste am
Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller am
Mit Blick auf die obigen Angaben und Treffern der Kategorie 2 bezüglich Ungarns im EURODAC-Fingerabdrucksystem wandte sich das Bundesamt am
Mit Bescheid vom ... November 2015, dem Antragsteller zugestellt am
Mit Schriftsatz vom ... November 2015, eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom ... November 2015 (M 3 K 15.50916) zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und weiter beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine Begründung erfolgte nicht.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Eilantrag bleibt ohne Erfolg, weil er unbegründet ist.
Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides, da nach vorläufiger Prüfung derzeit davon auszugehen ist, dass der angefochtene Bescheid sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a i. V. m. § 27a AsylG sind nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Überprüfung gegeben. Danach ist Ungarn aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers rechtmäßig nach § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich dabei vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Nach den hiernach maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO ist Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil der Antragsteller in diesen Mitgliedsstaat eingereist ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO). Dass er dort tatsächlich einen Asylantrag gestellt hat, ist nicht erforderlich. Bereits die illegale Einreise nach Ungarn von einem Drittstaat kommend wirkt nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO zuständigkeitsbegründend.
Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO ist gewahrt. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Stattgabe Ungarns hinsichtlich des Aufnahmegesuchs vom
Eine Überstellung an Ungarn als den grundsätzlich zuständigen Mitgliedstaat (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin-III-VO) hat auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO zu unterbleiben. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Ungarn infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wäre:
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist aus derzeitiger Sicht - jedenfalls soweit es sich nicht um besonders schutzbedürftige Personen wie Familien mit kleinen Kindern handelt - nicht davon auszugehen, dass Asylantragsteller in Ungarn aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
Insbesondere hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner
„(…) Abgesehen davon gehen sowohl das Verwaltungsgericht Berlin (B.v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - Asylmagazin 2015, 80 = juris) wie das Verwaltungsgericht München (B.v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris) nicht von einem systemischen Verstoß gegen Art. 4 EU-Grundrechtscharta aus, wie in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bestimmt ist. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-VO festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta“) zugrunde gelegt haben (vgl. auch OVG SH, B.v. 13.4.2015 - 2 LA 39/15 - juris). Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die Dublin II-VO verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10
In gleicher Zielrichtung argumentiert das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein (vgl. Beschl. v. 13.04.2015 - 2 LA 39/15, Rn. 3 bei juris):
„(…) Abgesehen davon erlaubt auch nach Auffassung des VG Berlin (Beschluss vom 15. Januar 2015 a. a. O., juris Rn. 8) die Auskunftslage nicht die Feststellung systemischer Mängel aufgrund unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen in Ungarn; das VG Stuttgart (Beschluss vom 19. Februar 2015 a. a. O. juris Rn. 9) sieht es als offen an, ob die Asylhaftpraxis in Ungarn gegen Art. 6 EuGrCh verstößt. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-Verordnung festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta") zugrundegelegt haben. Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die vorangehende Dublin-II-Verordnung verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C - 411/10 u. a.).“
Auch der EGMR (U.v. 3.7.2014 - 71932/12) geht - sowie andere deutsche Verwaltungsgerichte (z. B. VG Würzburg, B.v. 06.07.2015 - W 6 S 15.50224; VG Augsburg B.v. 17.06.2015 - Au 5 S 15.50317; VG Düsseldorf B.v. 05.06.2015 - 13 L 1253/15.A, VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014 - RN 6RN 6 K 14.50089; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021; VG München, B. v. 17. 5. 2015 - M 9 S 15.50457; VG München, B. v. 9.4.2015 - M 18 S 15.50119; VG München, B. v. 25.2.2015 - M 7 S7 15.50165; VG München, B. v. 13.4.2015 - M 2 S 15.50210; VG Stade, B. v. 04.11.2015 - 1 B 1749/15 m. w. N.; VG Ansbach, B. v. 29.10.2015 - AN 3 S 15.50473 m. w. N.) - davon aus, dass keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr stattfindet, Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen sind und insgesamt gesehen Verbesserungen festgestellt werden können.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten.
2. Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen würden, sind vom Antragsteller weder geltend gemacht noch ersichtlich.
3. Der Abschiebung des Antragstellers stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427).
Der Antrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.
...
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der am ... 1993 oder 1996 geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und jezidischer Religionszugehörigkeit und reiste am
Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller am
Mit Blick auf die obigen Angaben und Treffern der Kategorie 2 bezüglich Ungarns im EURODAC-Fingerabdrucksystem wandte sich das Bundesamt am
Mit Bescheid vom ... November 2015, dem Antragsteller zugestellt am
Mit Schriftsatz vom ... November 2015, eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom ... November 2015 (M 3 K 15.50916) zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und weiter beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine Begründung erfolgte nicht.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Eilantrag bleibt ohne Erfolg, weil er unbegründet ist.
Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides, da nach vorläufiger Prüfung derzeit davon auszugehen ist, dass der angefochtene Bescheid sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a i. V. m. § 27a AsylG sind nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Überprüfung gegeben. Danach ist Ungarn aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers rechtmäßig nach § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich dabei vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Nach den hiernach maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO ist Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil der Antragsteller in diesen Mitgliedsstaat eingereist ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO). Dass er dort tatsächlich einen Asylantrag gestellt hat, ist nicht erforderlich. Bereits die illegale Einreise nach Ungarn von einem Drittstaat kommend wirkt nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO zuständigkeitsbegründend.
Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO ist gewahrt. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Stattgabe Ungarns hinsichtlich des Aufnahmegesuchs vom
Eine Überstellung an Ungarn als den grundsätzlich zuständigen Mitgliedstaat (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin-III-VO) hat auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO zu unterbleiben. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Ungarn infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wäre:
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist aus derzeitiger Sicht - jedenfalls soweit es sich nicht um besonders schutzbedürftige Personen wie Familien mit kleinen Kindern handelt - nicht davon auszugehen, dass Asylantragsteller in Ungarn aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
Insbesondere hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner
„(…) Abgesehen davon gehen sowohl das Verwaltungsgericht Berlin (B.v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - Asylmagazin 2015, 80 = juris) wie das Verwaltungsgericht München (B.v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris) nicht von einem systemischen Verstoß gegen Art. 4 EU-Grundrechtscharta aus, wie in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bestimmt ist. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-VO festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta“) zugrunde gelegt haben (vgl. auch OVG SH, B.v. 13.4.2015 - 2 LA 39/15 - juris). Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die Dublin II-VO verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10
In gleicher Zielrichtung argumentiert das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein (vgl. Beschl. v. 13.04.2015 - 2 LA 39/15, Rn. 3 bei juris):
„(…) Abgesehen davon erlaubt auch nach Auffassung des VG Berlin (Beschluss vom 15. Januar 2015 a. a. O., juris Rn. 8) die Auskunftslage nicht die Feststellung systemischer Mängel aufgrund unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen in Ungarn; das VG Stuttgart (Beschluss vom 19. Februar 2015 a. a. O. juris Rn. 9) sieht es als offen an, ob die Asylhaftpraxis in Ungarn gegen Art. 6 EuGrCh verstößt. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-Verordnung festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta") zugrundegelegt haben. Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die vorangehende Dublin-II-Verordnung verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C - 411/10 u. a.).“
Auch der EGMR (U.v. 3.7.2014 - 71932/12) geht - sowie andere deutsche Verwaltungsgerichte (z. B. VG Würzburg, B.v. 06.07.2015 - W 6 S 15.50224; VG Augsburg B.v. 17.06.2015 - Au 5 S 15.50317; VG Düsseldorf B.v. 05.06.2015 - 13 L 1253/15.A, VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014 - RN 6RN 6 K 14.50089; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021; VG München, B. v. 17. 5. 2015 - M 9 S 15.50457; VG München, B. v. 9.4.2015 - M 18 S 15.50119; VG München, B. v. 25.2.2015 - M 7 S7 15.50165; VG München, B. v. 13.4.2015 - M 2 S 15.50210; VG Stade, B. v. 04.11.2015 - 1 B 1749/15 m. w. N.; VG Ansbach, B. v. 29.10.2015 - AN 3 S 15.50473 m. w. N.) - davon aus, dass keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr stattfindet, Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen sind und insgesamt gesehen Verbesserungen festgestellt werden können.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten.
2. Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen würden, sind vom Antragsteller weder geltend gemacht noch ersichtlich.
3. Der Abschiebung des Antragstellers stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427).
Der Antrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.
...
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 7. Kammer, Einzelrichter - vom 3. November 2014 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht vorliegt.
- 2
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedarf, oder wenn sie eine tatsächliche Frage aufwirft, deren in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat. Verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat die Klärung einer Tatsachenfrage, wenn sich diese Frage nicht nur in dem zu entscheidenden Fall, sondern darüber hinaus auch noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft stellt. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.
- 3
Nach diesen Maßstäben kommt der aufgeworfenen Frage,
- 4
ob ein Asylbewerber sich gegen eine Überstellung in einen Drittstaat darauf berufen darf, dass Deutschland die Überstellungsfrist gemäß Art. 19 Abs. 4 Dublin-II-VO bzw. Art. 29 Abs. 3 Dublin-III-VO versäumt hat,
- 5
keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage bedarf bereits deshalb nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres - verneinend - beantworten lässt.
- 6
Die Kläger können kein subjektives Recht auf Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristvorschriften der Dublin-II-Verordnung geltend machen; auf die hier nicht anwendbaren Vorschriften der Dublin-III-Verordnung kommt es nicht entscheidungserheblich an. Die Dublin-II-Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 ist trotz § 77 Abs. 1 AsylVfG und der zwischenzeitlich erlassenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-Verordnung - auf den vorliegenden Fall weiterhin anzuwenden, weil nach Art. 49 Dublin-III-Verordnung die Neuregelung erst auf Anträge der Mitgliedstaaten auf Wiederaufnahme anzuwenden ist, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind.
- 7
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 - Abdullahi -, NVwZ 2014, 208, juris; vgl. auch Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. -, Slg 2011, I-13905-14033, juris Rn. 96 und vom 14. November 2013 - C-4/11, Puid - juris) ist davon auszugehen, dass sich die Kläger nicht auf die Versäumung von Fristen berufen können. Denn die Dublin-II-VO gewährt den Klägern keinen subjektiv einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass ihre Asylanträge in einem bestimmten Mitgliedsstaat geprüft werden, den sie für zuständig halten. Die jeweiligen Fristbestimmungen der Dublin-II-VO dienen hiernach ebenfalls allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zeitnahen Überstellung in diesen Staat im Verhältnis der Dublin-Staaten untereinander, ohne aber den Klägern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 - Rn. 10 ff., VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 - Rn. 59 und vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - Rn. 25, Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2014 - 2 A 976/14.A -, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 - jeweils juris, siehe auch Berlit, Anmerkung zu BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris PR-BVerwG 12.2014). Ein Asylantragsteller kann der Überstellung in den nach der Dublin-II- Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen treten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14. u.a. - Rn. 4, vom. 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, vom 21. Mai 2014 - 10 B 3110 B 31.14 - Rn. 4 und vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, jeweils juris).
- 8
Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Dezember 2013 (- C-394/12 - „Abdullahi", a.a.O.) kann ein Asylantragsteller nach einem erfolgreichen Aufnahmeersuchen mit dem in Art. 19 Abs. 2 Dublin II-VO vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Zwar sind diese Ausführungen des Gerichtshofes ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zuständigkeit eines Mitgliedsstaats gemäß Kapitel III der Dublin II-Verordnung erfolgt. Aus ihren tragenden Erwägungen kann aber unmittelbar gefolgert werden, dass sich ein Asylantragsteller ebenfalls nicht mit Erfolg auf einen Zuständigkeitsübergang nach den im Kapitel V geregelten Art. 16 ff. Dublin II-VO berufen kann (ebenso Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 - juris Rn. 10).
- 9
Genauso wie die Vorschriften über die Bestimmung der Zuständigkeit im Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine subjektiven Rechte vermitteln, sondern als Organisationsvorschriften einer klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten dienen (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16), sollen auch die Vorschriften des Kapitel V der Verordnung - ebenfalls als Organisationsvorschriften - in erster Linie eine rasche Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedsstaates ermöglichen (Erwägungsgrund 4). Auch sie vermitteln Asylantragstellern keine subjektiven Rechte, sondern bei ihnen steht das Interesse im Vordergrund, die Zuständigkeit zeitnah festzustellen und den Asylantrag durch einzig den zuständigen Mitgliedstaat prüfen zu lassen, nicht aber, die Prüfung einem ganz bestimmten Mitgliedstaat zuzusprechen, in dem der Antragsteller einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat.
- 10
Dementsprechend führt der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (a.a.O.) aus, dass der Unionsgesetzgeber diese Vorschriften erlassen hat, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping" zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (Rn. 53). Auch er sieht einen der Hauptzwecke der Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (Rn. 59). Vorrangiges Ziel der Dublin-II-Verordnung insgesamt, und nicht nur der Zuständigkeitskriterien des Kapitels III, ist danach eine möglichst eindeutige Bestimmung des zuständiges Mitgliedstaates und in der Folge eine zeitnahe Prüfung des Asylantrages. Der Unionsgesetzgeber wollte einem Asylantragsteller mit der Dublin II-Verordnung (ebenso mit der Dublin III-Verordnung) aber keine weitergehende Rechtsposition einräumen, seinen Asylantrag in einem ganz bestimmten Mitgliedstaat, in dem er einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat, prüfen zu lassen.
- 11
Auch das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14. u.a. - Rn. 4, vom. 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, vom 21. Mai 2014 - 10 B 3110 B 31.14 - Rn. 4 und vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, jeweils juris) entnimmt der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, dass ein Asylantragsteller einer Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann. Auch nach seinem Verständnis dieser Rechtsprechung kann eine Berufung auf eine Verletzung von Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin-II-Verordnung der Klage eines Asylbewerbers demnach grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen (so ausdrücklich Berlit, jurisPR- BVerwG 12/2014 Anm. 3, Buchst. B am Ende).
- 12
Die Kläger machen geltend, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe, dass Asylantragsteller zwar keine Fristversäumnisse im Rahmen des (Wieder-)Aufnahmeersuchens geltend machen könnten - dies könne nur der ersuchte Staat - (Beschluss vom 21. Mai 2014 a.a.O.), ein Ablauf der Überstellungsfrist führe aber zu einem Zuständigkeitswechsel und dies könne der Flüchtling geltend machen. Im Beschluss vom 14. Juli 2014 (a.a.O.) habe das Bundesverwaltungsgericht durch den Begriff des zuständigen (statt des ersuchten) Mitgliedsstaats deutlich gemacht, dass der Asylantrag nur dann unzulässig sei, wenn ein anderer Mitgliedsstaat zuständig sei. Auch für den Gerichtshof der Europäischen Union sei in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (a.a.O.) ausschlaggebend, dass der ersuchte Staat der Übernahme zugestimmt habe. Damit sei aber nichts dazu gesagt, dass nach Fristablauf die Zuständigkeit wieder auf den ersuchenden Staat übergehe und der Antragsteller dies geltend machen könne.
- 13
Der Senat vermag diesen Ausführungen der Kläger nicht zu folgen, solange Frankreich weiterhin bereit ist, ihre Asylanträge zu bearbeiten, da es keinen Anspruch der Kläger auf Prüfung ihrer Anträge durch einen (von ihnen) bestimmten Staat gibt. Dafür, dass Frankreich seine mit Schreiben vom 31. März 2014 erklärte Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger nach Fristablauf zurücknehmen und sich auf den Fristablauf berufen werde, gibt es weder Feststellungen des Verwaltungsgerichts - zum Zeitpunkt seiner Entscheidung war die Frist des Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1, Abs. 4 Satz 1 Dublin-II-VO noch nicht abgelaufen - noch wird von den Klägern behauptet oder gar dargelegt (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG), dass Frankreich wegen des Fristablaufs nicht mehr zur Aufnahme bereit wäre. Ob etwas anderes dann gilt, wenn feststeht, dass der ersuchte Mitgliedstaat - hier Frankreich - nicht mehr zur Aufnahme bereit ist (vgl. zu dieser Fallkonstellation VG Schleswig, Gerichtsbescheid vom 19. Februar - 5 A 374/14 -), bedarf hier schon deshalb keiner weiteren Erörterung. Diese Fallkonstellation ist auch nicht vorsorglich vom Senat in die Prüfung einzubeziehen. Sofern mit einem solchen Fall eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 41 Abs. 1 i.V.m. Art 51 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh einherginge, hätten die Kläger einen Wiederaufgreifensanspruch (vgl. § 51 VwVfG; zur Notwendigkeit in einem solchen Fall ein Verfahren auf Wiederaufgreifen einzuleiten, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14-juris Rn. 59juris).
- 14
Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine bundeseinheitliche Klärung erforderte, ist nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 2014 -11 B 789/14.A - zeigen die Kläger letztlich keine abweichende Entscheidung auf, da dieser Beschluss schon keine (nähere) Begründung enthält. Damit bleibt unklar, auf welchen Überlegungen der Beschluss beruht, ob ihm eine Auseinandersetzung mit der dargelegten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorausgegangen ist, und insbesondere, ob hier im Einzelfall neben dem Ablauf der Überstellungsfrist weitere Umstände hinzugekommen sind, aufgrund derer feststand, dass Italien nicht mehr zur Aufnahme bereit war. Ähnlich verhielte es sich mit der von den Klägern herangezogenen Entscheidung eines Einzelrichters beim österreichischen Bundesverwaltungsgericht, unterstellt mit dem Verweis auf derartige erstinstanzliche Entscheidungen könnte überhaupt eine Klärungsbedürftigkeit dargelegt werden.
- 15
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da dem Antrag auf Zulassung der Berufung nach dem Ausgeführten die hierfür gem. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten abzusprechen sind.
- 16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG; Gründe für eine Abweichung (§ 30 Abs. 2 RVG) sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.
- 17
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Februar 2014 wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Nach eigenen Angaben ist der Kläger malischer Staatsangehöriger. Er reiste vermeintlich am ... August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am ... August 2013 Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.
Auf Befragen gab der Kläger an, dass ihm in I. Fingerabdrücke abgenommen worden seien; einen Asylantrag habe er jedoch dort nicht gestellt. Eine EURODAC-Abfrage bestätigte die Abnahme der Fingerabdrücke in I. (EURODAC-Treffer der Kategorie 1, vgl. Bl. ... f. der Behördenakte). Am ... Dezember 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-Verordnung) an I.. Die zuständigen italienischen Behörden antworteten auf das Übernahmeersuchen bisher nicht.
Mit Bescheid vom ... Februar 2014, dem Kläger zugestellt am ... März 2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach I. an (Nr. 2).
Am ... März 2014 erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
den Bescheid des Bundesamts vom ... Februar 2014 aufzuheben.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, eine Abschiebung nach I. sei rechtswidrig. Er sei von M. nach Libyen geflüchtet und dort inhaftiert und gefoltert worden. Mit einem Boot sei er zur italienischen Insel L. gelangt. Ein Camp dieser Insel habe er nach einem Monat verlassen, dann habe er auf Bahnhöfen und in Moscheen gelebt. Einen Asylantrag habe er in I. nicht gestellt. Soweit Angaben von ihm dahingehend interpretiert worden seien, sei dies ohne Dolmetscher und ohne sein Wissen und Wollen geschehen. Es sei für eine Rückschiebung nicht ausreichend, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates festgestellt worden seien. Elementare Rechte des Klägers könnten dort nicht mehr verwirklicht werden. Es gebe in I. faktisch keine ausreichenden Aufnahmemöglichkeiten mehr. Es drohe Obdachlosigkeit und eine Leben ohne gesicherten Zugang zu Nahrung, Wasser und Elektrizität. Soziale Rechte seien dem Kläger in I. nicht eröffnet. Der Kläger legte ein Foto vor zum Beweis, dass er durch Würgen gefoltert worden sei.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom ... März 2014 die Asylakten vor. Mit Beschluss vom ... April 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Am ... Dezember 2014 verzichtete der Kläger, der sich noch immer im Bundesgebiet aufhält, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beklagte erklärte dies am ... Dezember 2014 ebenso.
Mit Beschluss vom ... April 2014, dem Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheids bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen (§§ 31, 24 AsylVfG). Das Bundesamt hat sich wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 27a AsylVfG bisher lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheids wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
Die Klage auf isolierte Aufhebung des Bescheids ist auch von einem Rechtsschutzbedürfnis getragen. Selbst wenn das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als Zweitantrag behandeln wollte, hätte er jedenfalls Anspruch auf sachliche Prüfung, ob Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diesem Anspruch müsste durch Einstieg in ein Zweitverfahren Genüge getan werden.
2. Die Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen Der Bescheid ist mit dem Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden. Da der Beschluss des Gerichts vom ... April 2014, in dem der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde, dem Bevollmächtigten des Klägers am 2. Mai 2014 bekannt gegeben wurde, endete die Überstellungsfrist von sechs Monaten am 2. November 2014. Nach Ablauf der Frist geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf den ersuchenden Mitgliedstaat, also die Beklagte, über (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung). Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 27a AsylVfG unzulässig. Eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG kommt nicht mehr in Betracht. Dass I. nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme des Klägers bereit wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
Der Bescheid kann auch nicht durch Umdeutung nach § 47 VwVfG als Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (ebenso VG Augsburg, U. v. 12.11.1014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 35 ff.; VG Regensburg, U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris Rn. 22 ff.;
Ein Bescheid gemäß § 71a AsylVfG hätte nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen. Das nach § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständige Bundesamt hat den Kläger nicht zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Gelegenheit zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der Aktenlage mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.
Außerdem obliegt der Beklagten gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegt. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung ursprünglich keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme dem im Rahmen eines Zweitantrags Bedeutung zu, zumal hierbei nicht die Umstände in I., sondern im Herkunftsstaat zugrunde zu legen sind.
Nr. 1 des Bescheids kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil die Rechtsfolgen ungünstiger wären. Rechtsfolge des Bescheids gemäß § 27a AsylVfG ist nach § 34a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den Staat der Asylantragstellung. Asylantragstellern verbleibt die Möglichkeit, auch nach einer Abschiebung aus Deutschland nach Maßgabe der nationalen Regelungen um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch das Stellen eines Folgeantrags. Dagegen geht mit dem Erlass eines ablehnenden Bescheids gemäß § 71a AsylVfG in aller Regel eine den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG, § 59 AufenthG).
Außerdem scheidet eine Umdeutung der Anordnung der Abschiebung nach I. in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland aus, da diese nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.
Der Kläger ist auch in seinen Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin II-Verordnung grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2014 a. a. O. Rn. 45).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen Klagepartei und Beklagte je zur Hälfte.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klagepartei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klagepartei stellte am
Auf ein Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten bestätigte Ungarn die eigene Zuständigkeit unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom
Mit Bescheid vom
Die Klagepartei erhob Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Sie beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Mit Beschluss vom 21. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht München den Antrag der Klagepartei, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen, abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Bundesamt am 26. Februar 2014 zugestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der in Deutschland gestellte Asylantrag sei aufgrund des vorher in Ungarn gestellten Asylantrags und des dort betriebenen Asylverfahrens als „Zweitantrag“ i. S. von § 71 a AsylVfG anzusehen. Unabhängig von der Frage der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27 a AsylVfG könne ein wegen Unzulässigkeit des Antrags ablehnender Bescheid daher nur dann aufgehoben werden, wenn nach § 71 a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorlägen. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zuständig sei und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 VwVfG vorlägen. Weder das eine noch das andere sei zu bejahen. Der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige die Aufhebung des Bescheids nicht. Habe ein früheres Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat nämlich bereits zur Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes geführt, ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Unzulässigkeit des Antrags schon aus § 60 Abs. 2 S. 2 AufenthG. Aber auch wenn ein früheres Asylverfahren erfolglos abgeschlossen worden sei und Wiederaufgreifensgründe nicht vorlägen, könne die Aufhebung von Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides nicht verlangt werden. Sie brächte der Klagepartei gegenüber einer Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens keinen rechtlichen Vorteil, ihr fehle insofern das Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine entsprechende Umdeutung des Bescheides vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können. Bei beiden Tenorierungen sei das Ziel des Bescheids der Beklagten die Ablehnung einer materiellen Prüfung des Asylantrags. Die Aus- bzw. Weiterreise der Klagepartei nach Deutschland sei zudem als ausdrückliche oder konkludente Beendigung des ersten Asylverfahrens im anderen Mitgliedstaat zu verstehen. Auch wenn man ausnahmsweise nicht davon ausgehen sollte, wäre der vorliegende Asylantrag unzulässig. Ebenso wenig wie ein weiterer Asylantrag in Deutschland während eines noch anhängigen Klageverfahrens zulässig sei, sei die Durchführung paralleler Prüfungsverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten rechtlich möglich.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Mit Beschluss vom 7. November 2014
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die Gerichtsakte des abgeschlossenen Eilverfahrens sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat nur teilweise Erfolg.
1. Sie ist unzulässig, soweit über die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides hinaus im Wege der Verpflichtungsklage auch die Anerkennung der Klagepartei als Flüchtling bzw. dazu hilfsweise die Zuerkennung subsidiaren Schutzes und weiter hilfsweise die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten begehrt wird. Für Fälle einer (rechtswidrigen) Einstellung des Asylverfahrens ist geklärt, dass die besondere - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Asylverfahrens einer auf Asylanerkennung gerichteten Verpflichtungsklage, auf die das Verwaltungsgericht „durchzuentscheiden“ hätte, entgegen steht (vgl. BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - DVBl 1995, 857). Die gleiche Interessenlage besteht auch in der vorliegenden Fallkonstellation (vgl. VG Regensburg, U. v. 2.8.2012 - RO 7 K 12.30025 - juris m. w. N.). Auch ein zusätzlich gestellter Verpflichtungsantrag auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts wäre überflüssig, denn die Durchführung des Verfahrens, d. h. die inhaltliche Prüfung des Schutzbegehrens durch das Bundesamt, würde die zwangsläufige Folge einer gerichtlichen Aufhebung des auf §§ 27 a, 34 a AsylVfG gestützten Bescheids darstellen (vgl. VG Freiburg, B. v. 2.2.2012 - A 4 K 2203/11 - juris, Rn. 3 m. w. N.). Die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides reicht also bereits aus, um das Ziel einer Durchführung der Asylverfahren in Deutschland zu erreichen (BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13 a B 13.30295 - juris, Rn. 22; VG Düsseldorf, U. v. 27.6.2014 - 13 K 654/14.A - juris, Rn. 22 ff. m. w. N.; VG Regensburg, U. v. 29.4.2014 - RO 4 K 14.50022 - juris, Rn. 25;
2. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, auf den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG abzustellen ist, rechtswidrig und verletzt die Klagepartei in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - hierzu im Grundsatz im Folgenden unter a). Er kann auch nicht wegen Unzulässigkeit der Asylanträge bei Vorliegen ausländischer Anerkennungsentscheidungen oder aufgrund parallel laufender Asylverfahren - hierzu unter b) - oder im Wege der Umdeutung nach § 47 VwVfG als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71 a AsylVfG - hierzu unter c) - aufrechterhalten werden (wie hier: VG Regensburg
a) Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des Ablaufs der sog. Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Buchst d), Abs. 2 Dublin-II-VO rechtswidrig geworden.
Anzuwenden ist im vorliegenden Fall wegen Art. 49 UAbs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) noch die Dublin-II-VO, da sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch das Übernahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind (vgl. den in dieser Sache ergangenen Eilbeschluss VG München
Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach dem somit einschlägigen Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Buchst d) Dublin-II-VO ist abgelaufen:
Nach Ansicht des Gerichts beginnt für den Fall, dass - wie hier (vgl. VG München
Hiernach ist mit der Zustellung der ablehnenden Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz an die Beklagte am
Der Fristablauf begründet gem. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO den Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte für die Prüfung des Asylbegehrens (vgl. zur aktuellen Rechtslage auch Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO). Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 27 a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Folglich kommt nach den einschlägigen europarechtlichen Regularien eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34 a AsylVfG ebenfalls nicht mehr in Betracht. Dass dieser ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (ebenso: VG Regensburg
Mit dieser zunächst objektiven Rechtswidrigkeit geht auch - eine - subjektive Rechtsverletzung der Klagepartei i. S. von § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO einher.
Zwar kann nach der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Europäischen Gerichtshofs ein Asylbewerber aus europarechtlicher Sicht einer Rücküberstellung im Dublin-Verfahren grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden (grundlegend EuGH v. 21.12.2011, Rs. C-411/10; bestätigt durch: EuGH v. 14.11.2013, Rs. C-4/11; EuGH v. 10.12.2013, Rs. C-394/12
b) Soweit die Beklagte auf BVerwG
c) Eine Umdeutung des maßgeblichen „Dublin-Bescheides“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71 a AsylVfG kommt nicht in Betracht.
Die Voraussetzungen des § 47 VwVfG für eine Umdeutung liegen auch nicht vor, auch wenn hinsichtlich des in Ungarn offenbar formal abgeschlossenen Verfahrens von einem dortigen „erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens“ im Sinne von § 71 a Abs. 1 AsylVfG auszugehen ist. Allgemein ist das Asylverfahren im anderen Mitgliedstaat als „erfolglos abgeschlossen“ anzusehen, wenn es durch inhaltliche Entscheidung des Asylantrags, Rücknahme oder auf andere Weise beendet worden ist. Erforderlich ist, dass der betroffene Antragsteller die Möglichkeit gehabt hat, politische Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend zu machen (Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 4, Stand: Juni 2014, zu § 71 a AsylVfG, Rn. 14). Das erkennende Gericht lässt die diesbezüglichen Sach- und Rechtsfragen, die erst im folgenden behördlichen Verfahren relevant werden, hier dahinstehen, weist aber darauf hin, dass die Details hinsichtlich der Annahme eines „erfolglosen Abschlusses“ i. S. von § 71 a Abs. 1 AsylVfG umstritten sind (nach Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: Juni 2014, § 71 a, Rn. 12, 13 genügt für eine konkludente Beendigung eines Asylverfahrens schon die bloße Weiterreise der Klagepartei nach Deutschland, während bei Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 34 a, Rn. 12, wesentlich strengere Anforderungen gestellt werden).
Da es auch in dem hier zu entscheidenden Fall keine Anhörung gem. § 25 AsylVfG gab und die Klagepartei im behördlichen Verfahren bislang nicht förmlich Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe bzw. zur Klärung der Voraussetzungen des § 71 a AsylVfG i.V. mit § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erhielt, nimmt das erkennende Gericht auf die folgenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts Regensburg (VG Regensburg
„3.1 Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
3.1.1 Hiernach scheitert die von der Beklagten ins Feld geführte Umdeutung der Ziffer 1 des inmitten stehenden Verwaltungsaktes bereits daran, dass ein Bescheid nach § 71 a AsylVfG nicht in der geschehenen Verfahrensweise hätte erlassen werden dürfen. Denn das hierzu nach § 71 a Abs. 1 a.E. i. V. m. § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AsylVfG gesetzlich verpflichtete Bundesamt hat zu keinem Zeitpunkt zu den im Rahmen des § 71 a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Tatsachen (materielle Fluchtgründe) und Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Ausweislich des vorgelegten Behördenakts kam es im Einklang mit § 24 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG ausschließlich zu einer Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG, welche lt. Niederschrift mit dem Hinweis endete, dass aufgrund der gemachten Angaben das Bundesamt nunmehr zunächst die Frage überprüfen werde, ob Deutschland für eine inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Ergebnis war die Einleitung eines Dublin-Verfahrens und der Erlass des hier streitbefangenen Bescheides. Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der gegebenen Aktenlage jemals auch nur hilfsweise mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71 a Abs. 1 i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.
Ferner ordnet § 71 a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG eine Entscheidung des Bundesamtes auch im Zweitantragsverfahren an, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates der Abschiebungsandrohung vorliegen. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach §§ 27 a, 34 a AsylVfG angeordnete Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat im durchgeführten Verwaltungsverfahren berechtigterweise keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme diesem Aspekt im Rahmen eines Zweitantrages gewichtige Bedeutung zu, nachdem der nach den o.g. Bestimmungen geforderten Entscheidung nicht die Umstände im ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat, sondern in erster Linie im Herkunftsstaat zugrunde zu legen wären.
3.1.2 Eine Umdeutung der Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides (Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat) in eine Anordnung der Abschiebung in das Herkunftsland wäre angesichts der Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 a AsylVfG offensichtlich rechtswidrig. Eine Umdeutung in eine Androhung des Abschiebung in das Herkunftsland nach § 34 AsylVfG führte dazu, dass der umgedeutete Verwaltungsakt nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.
3.2 Ziffer 1 des vorliegenden Bescheides kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71 a AsylVfG umgedeutet werden, weil seine Rechtsfolgen entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes.
Weitere Rechtsfolge eines Verwaltungsakts nach § 27 a AsylVfG ist nach § 34 a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat. Asylantragstellern verbliebe hier die Möglichkeit, auch nach Durchführung der Abschiebung aus Deutschland in diesen Staat dort nach Maßgabe entsprechender nationaler Regelungen weiterhin um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch Stellung eines Folgeantrages (vgl. Art. 2 q) und 40 bis 42 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.6.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Asylverfahrensrichtlinie; Umsetzungsfrist bis 20.7.2015, Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie). Hingegen geht mit dem Erlass eines die Voraussetzungen des § 71 a AsylVfG verneinenden Bescheides die in aller Regel unmittelbar den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71 a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG und § 59 AufenthG).
3.3 Ein „Herbeiführen“ der Voraussetzungen für eine Umdeutung im gerichtlichen Verfahren scheidet aus. Zwar ist grundsätzlich bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsaktes regelmäßig die dem Rechtsschutzbegehren der Klagepartei allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Das Gericht hat die Sache grundsätzlich spruchreif zu machen und darf sich nicht auf eine Entscheidung über die Aufhebung des den begünstigenden Verwaltungsaktes ablehnenden Bescheides beschränken, weil dies im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme (vgl. BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris). Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27 a AsylVfG ergangen sind, nach Auffassung des Gerichts keine Anwendung. Denn ist das Asylbegehren in der Sache - in dem durch § 71 a AsylVfG gezogenen Rahmen - noch gar nicht geprüft worden und wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, ginge der Klagepartei eine Tatsacheninstanz verloren, die mit den umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 a. a. O.). Das gilt etwa für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG), zur umfassenden Sachaufklärung sowie zur Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 87 b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist. Ungeachtet dessen führte ein „Durchentscheiden“ des Gerichts im Ergebnis dazu, dass es nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst sich mit dem Antrag sachlich auseinandersetzte und entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und den klaren Wortlaut des Gesetzes in § 71 a Abs. 1 a.E. AsylVfG zumindest bedenklich wäre, da eine Entscheidung, die der Gesetzgeber mit dem Asylverfahrensgesetz der Exekutive zur Prüfung zugewiesen hat, ausschließlich vom Gericht getroffen würde (vgl. zum Vorstehenden VG Regensburg, U. v. 18.7.2013 a. a. O.).
3.4 Ist also eine Umdeutung des streitbefangenen Verwaltungsaktes unzulässig, kann der Auffassung der Beklagten nicht gefolgt werden, eine Aufhebung des maßgeblichen Bescheides brächte der Klägerseite keinen rechtlichen Vorteil. Das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage ist gegeben.“
d) Somit war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben. Es ist Sache der Beklagten, ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren durchzuführen und dabei ferner (auch unter hinreichender Ermittlung des genauen Verfahrensstandes und Verfahrensabschlusses im anderen „Dublin-Staat“) zu prüfen, ob der in Deutschland gestellte Asylantrag als herkömmlicher „Erstantrag“ zu behandeln und zu prüfen ist, oder - sollte von einem „erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG)“ auszugehen sein - ob ein Zweitantragsverfahren nach den Vorgaben des § 71 a AsylVfG durchzuführen und mit entsprechendem rechtsmittelfähigem Bescheid abzuschließen ist.
3. Die Kostenfolge beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.
Das Verfahren wird eingestellt.
II.
Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Gründe
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. November 2014 - A 6 K 202/14 - wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.