Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2015 - M 1 K 14.50078

published on 22/01/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Jan. 2015 - M 1 K 14.50078
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Gericht

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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Februar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Nach eigenen Angaben ist der Kläger malischer Staatsangehöriger. Er reiste vermeintlich am ... August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am ... August 2013 Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Auf Befragen gab der Kläger an, dass ihm in I. Fingerabdrücke abgenommen worden seien; einen Asylantrag habe er jedoch dort nicht gestellt. Eine EURODAC-Abfrage bestätigte die Abnahme der Fingerabdrücke in I. (EURODAC-Treffer der Kategorie 1, vgl. Bl. ... f. der Behördenakte). Am ... Dezember 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-Verordnung) an I.. Die zuständigen italienischen Behörden antworteten auf das Übernahmeersuchen bisher nicht.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014, dem Kläger zugestellt am ... März 2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach I. an (Nr. 2).

Am ... März 2014 erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamts vom ... Februar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, eine Abschiebung nach I. sei rechtswidrig. Er sei von M. nach Libyen geflüchtet und dort inhaftiert und gefoltert worden. Mit einem Boot sei er zur italienischen Insel L. gelangt. Ein Camp dieser Insel habe er nach einem Monat verlassen, dann habe er auf Bahnhöfen und in Moscheen gelebt. Einen Asylantrag habe er in I. nicht gestellt. Soweit Angaben von ihm dahingehend interpretiert worden seien, sei dies ohne Dolmetscher und ohne sein Wissen und Wollen geschehen. Es sei für eine Rückschiebung nicht ausreichend, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates festgestellt worden seien. Elementare Rechte des Klägers könnten dort nicht mehr verwirklicht werden. Es gebe in I. faktisch keine ausreichenden Aufnahmemöglichkeiten mehr. Es drohe Obdachlosigkeit und eine Leben ohne gesicherten Zugang zu Nahrung, Wasser und Elektrizität. Soziale Rechte seien dem Kläger in I. nicht eröffnet. Der Kläger legte ein Foto vor zum Beweis, dass er durch Würgen gefoltert worden sei.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom ... März 2014 die Asylakten vor. Mit Beschluss vom ... April 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Am ... Dezember 2014 verzichtete der Kläger, der sich noch immer im Bundesgebiet aufhält, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beklagte erklärte dies am ... Dezember 2014 ebenso.

Mit Beschluss vom ... April 2014, dem Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 2. Mai 2014, lehnte das Gericht dessen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheids bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen (§§ 31, 24 AsylVfG). Das Bundesamt hat sich wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 27a AsylVfG bisher lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheids wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.

Die Klage auf isolierte Aufhebung des Bescheids ist auch von einem Rechtsschutzbedürfnis getragen. Selbst wenn das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als Zweitantrag behandeln wollte, hätte er jedenfalls Anspruch auf sachliche Prüfung, ob Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diesem Anspruch müsste durch Einstieg in ein Zweitverfahren Genüge getan werden.

2. Die Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen Der Bescheid ist mit dem Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden. Da der Beschluss des Gerichts vom ... April 2014, in dem der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde, dem Bevollmächtigten des Klägers am 2. Mai 2014 bekannt gegeben wurde, endete die Überstellungsfrist von sechs Monaten am 2. November 2014. Nach Ablauf der Frist geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf den ersuchenden Mitgliedstaat, also die Beklagte, über (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung). Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 27a AsylVfG unzulässig. Eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG kommt nicht mehr in Betracht. Dass I. nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme des Klägers bereit wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

Der Bescheid kann auch nicht durch Umdeutung nach § 47 VwVfG als Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (ebenso VG Augsburg, U. v. 12.11.1014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 35 ff.; VG Regensburg, U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris Rn. 22 ff.; U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 22 ff.; VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - AN 10 K 14.30043 - juris Rn. 20; VG Düsseldorf, U. v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 38). Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Vorschrift gilt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG allerdings dann nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.

Ein Bescheid gemäß § 71a AsylVfG hätte nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen. Das nach § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständige Bundesamt hat den Kläger nicht zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Gelegenheit zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der Aktenlage mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.

Außerdem obliegt der Beklagten gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegt. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung ursprünglich keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme dem im Rahmen eines Zweitantrags Bedeutung zu, zumal hierbei nicht die Umstände in I., sondern im Herkunftsstaat zugrunde zu legen sind.

Nr. 1 des Bescheids kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil die Rechtsfolgen ungünstiger wären. Rechtsfolge des Bescheids gemäß § 27a AsylVfG ist nach § 34a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den Staat der Asylantragstellung. Asylantragstellern verbleibt die Möglichkeit, auch nach einer Abschiebung aus Deutschland nach Maßgabe der nationalen Regelungen um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch das Stellen eines Folgeantrags. Dagegen geht mit dem Erlass eines ablehnenden Bescheids gemäß § 71a AsylVfG in aller Regel eine den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG, § 59 AufenthG).

Außerdem scheidet eine Umdeutung der Anordnung der Abschiebung nach I. in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland aus, da diese nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.

Der Kläger ist auch in seinen Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin II-Verordnung grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2014 a. a. O. Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.