Verwaltungsgericht München Urteil, 02. März 2016 - M 25 K 14.1364

published on 02/03/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 02. März 2016 - M 25 K 14.1364
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine gegen ihn ergangene Ausweisung. Er ist irakischer Staatsangehöriger und reiste im März 2011 in das Bundesgebiet ein. Er stellte einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom ... Juni 2011 ablehnte und ihm zugleich die Abschiebung androhte. Dieser Bescheid ist seit dem 19. Juni 2011 bestandskräftig. Der Kläger erhielt in der Folgezeit Duldungen.

Der Kläger hat eigenen Angaben zufolge noch sechs Schwestern und sechs Brüder, ein weiterer Bruder sei bereits verstorben; alle Geschwister und die Eltern des Klägers seien in den letzten Jahren als Asylbewerber in das Bundesgebiet eingereist und lebten in Deutschland.

Der Kläger wurde wie folgt in strafrechtlicher Hinsicht auffällig:

1. Am ... Juni 2013 verurteilte ihn das Landgericht ... wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Az.: ...). Das Urteil ist seit dem 15. November 2013 rechtskräftig. Wegen der abgeurteilten Tat befand sich der Kläger seit dem 10. September 2012 zunächst in Untersuchungshaft, später bis zum 26. Februar 2016 in Vollzugshaft.

Der Verurteilung lag ein Angriff des Klägers am ... September 2012 mit einem Taschenmesser auf einen anderen jungen Mann zugrunde. Der Kläger wollte sich hierbei für eine vorangegangene, aber bereits beendete körperliche Auseinandersetzung rächen, bei der er selbst erheblich verletzt worden war. Der Kläger führte mit dem Taschenmesser mit einer Klingenlänge von 3,5 cm mindestens drei bogenförmige Schnittbewegungen in Richtung der Körpermitte des Geschädigten durch und traf den Geschädigten oberhalb und unterhalb der linken Körpermitte und am Hals. Der Geschädigte erlitt eine 1 cm lange und 3 mm tiefe Schnittwunde oberhalb der linken Brustwarze, eine etwa 3 cm lange und 1 cm tiefe Schnittwunde unterhalb dieser, sowie eine oberflächliche Schnittverletzung am Hals mit einer Länge von etwa 12 cm. Hinsichtlich dieser drei Verletzungen bestand jeweils abstrakte Lebensgefahr.

2. Ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Bedrohung wurde vom Amtsgericht ... am ... November 2013 hinsichtlich des Klägers nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil die zu erwartende Ahndung neben der oben genannten rechtskräftigen Verurteilung nicht beachtlich ins Gewicht falle (Az.: ...).

Diesem Verfahren lag gemäß der Anklageschrift vom 20. Dezember 2011 eine Tat vom ... Juli 2011 zugrunde. Hierbei soll der Kläger zusammen mit seinem älteren Bruder (geb. 1980) und einem Dritten einen Mann überfallen haben. Der Kläger soll hierbei dem Geschädigten mit dem Fuß mehrmals in das Gesicht getreten haben, wobei er die Tritte jeweils wie Elfmeterkicks ausgeführt haben soll. Er habe auch mehrmals geäußert, dass er und seine sechs Brüder den Geschädigten töten würden. Als ein weiterer Mann dem Geschädigten zu Hilfe habe kommen wollen, hätten der Kläger und ein weiterer Täter auf diesen Mann eingeschlagen.

3. Das Amtsgericht ... stellte mit Beschluss vom ... Februar 2015 (Az. ...) ein Verfahren wegen Beleidigung eines Mitgefangenen nach § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die oben genannte Verurteilung ein. Zugrunde lag diesem Verfahren nach den insoweit identischen Anklageschriften vom 17. Juni 2014 und 4. Juli 2014 ein Vorfall in der Justizvollzugsanstalt vom 19. Januar 2014, in dem der Kläger einen Mithäftling beleidigt haben soll.

4. Der Kläger wurde vom Vorwurf der Beleidigung einer Justizvollzugsbeamtin mit Urteil des Amtsgerichts ... vom ... Februar 2016, Az.: ... freigesprochen. Die angeklagte Tat soll sich am 10. September 2015 ereignet haben.

Mit Schreiben vom 18. März 2014 äußerte sich der Klägerbevollmächtigte zur beabsichtigten Ausweisung. Der Kläger habe im Irak keine Verbindung mehr, insbesondere keine Familienangehörigen, die ihn unterstützen könnten. Es bestehe keine bzw. allenfalls eine sehr geringe Wiederholungsgefahr. Der Kläger habe während seiner Inhaftierung viel über seine Fehler nachgedacht und sei fest entschlossen, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen. Er habe in seinem Strafverfahren ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt. Er sei zum Tatzeitpunkt nicht vorbestraft und bei der Tat alkoholbedingt enthemmt gewesen. Er sei zur Tatzeit gerade erst 21 Jahre alt gewesen und habe selbst erhebliche Verletzungen erlitten. Der Kläger habe sich im Strafvollzug ausgezeichnet geführt. Er sei Erstverbüßer, so dass grundsätzlich die Vermutung dafür spreche, dass ihn die Mahnung der Strafhaft erreicht habe und ihm Anlass zu einer zukünftigen Verhaltensänderung gebe. Er habe die Straftat, derentwegen er verurteilt worden sei, aufgrund einer besonderen Situation begangen, die sich so sicherlich nicht wiederholen werde. Eine Ausweisung sei auch im Hinblick auf Art. 6 Grundgesetz (GG) und Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Fast alle Familienangehörigen lebten in Deutschland.

Mit Bescheid vom ... März 2014 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziff. 1) und untersagte ihm die Wiedereinreise für sieben Jahre (Ziff. 2). Der Kläger sei gemäß dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... Juni 2011 zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet und werde im Vollzug des Bescheides nach erfülltem Strafanspruch des Staates aus der Haft in den Irak oder in einen anderen zur Rückübernahme verpflichteten oder bereiten Staat abgeschoben. Der zwingende Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG sei durch die Verurteilung vom... Juni 2013 erfüllt. Der Kläger könne keinen besonderen Ausweisungsschutz geltend machen, insbesondere da der Asylantrag abgelehnt worden sei. Die Ausweisung sei daher zwingend zu verfügen gewesen. Eine strafgerichtliche Verurteilung im hier vorliegenden Umfang wegen eines Gewaltdeliktes sei hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK stünden der Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen, insbesondere, da der Kläger kein Aufenthaltsrecht habe und auch über die Asylanträge der Eltern nach derzeitigem Kenntnisstand noch nicht entschieden sei. Der Kläger sei aufgrund der rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrags zur Ausreise verpflichtet. Er sei volljährig und nicht auf den Beistand der Familienangehörigen angewiesen. Der Kläger sei erst vor drei Jahren nach Deutschland eingereist und habe bis dahin im Irak gelebt. Es sei ihm daher zuzumuten, sich im Heimatland wieder zurecht zu finden. In Deutschland habe er sich weder beruflich noch sozial in irgendeiner Weise in die Gesellschaft integriert. Die persönlichen Interessen des Klägers seien berücksichtigt worden, hätten jedoch zu keinem anderen Ergebnis geführt. Eine Wiedereinreisesperre für die Dauer von sieben Jahren sei wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotenzial Rechnung tragen zu können.

Mit Schriftsatz vom 31. März 2014, bei Gericht am selben Tag eingegangen, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom ... März 2014 aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 10. April 2014 begründete der Bevollmächtigte die Klage u.a. damit, dass derzeit die gesamte Familie des Klägers in Deutschland lebe. Zum Irak habe der Kläger keine Verbindung mehr, insbesondere habe er dort keine Familienangehörigen, die ihn unterstützen könnten. Unter Berücksichtigung der familiären und sozialen Bindungen des Klägers sei nicht vom Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen. Der Kläger sei aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zu einem Inländer geworden und ein Leben im Irak sei ihm mangels Bezugspunkten nicht zuzumuten.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 24. April 2014,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei im Jahr 2011 in das Bundesgebiet eingereist, habe vor seiner Inhaftierung etwa eineinhalb Jahre im Bundesgebiet gelebt und sei zur Tatzeit 21 Jahre alt gewesen.

Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2014 legte die Beklagte ein Schreiben des Klägers vor, in dem dieser sich zur Tat äußert und insoweit ausführt, dass er sich nur gegenüber den beiden Angreifern verteidigen habe wollen. Er habe erfolgreich an einem Deutschkurs teilgenommen und arbeite seit November 2013 in der Haft in der Druckerei. Seine Schulden könne er bezahlen, wenn er seine Strafe verbüßt habe, denn er habe einen sicheren Arbeitsplatz draußen. Er sehe seine Schuld ein. Er sei mittlerweile geistig erwachsen geworden und bitte um die Chance ein anderer Mensch zu sein.

Das Bundesamt erließ am ... Mai 2015 einen Bescheid, in dem es dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannte, den Antrag auf Asylanerkennung ablehnte und die mit Bescheid vom ... Juni 2011 erlassene Abschiebungsandrohung aufhob. Aufgrund der gegenwärtigen veränderten innenpolitischen Lage im Irak könne sich der Vortrag des Antragstellers bei objektiver Beurteilung zu seinen Gunsten auswirken. Im Bescheid wurde das Strafurteil nicht erwähnt, das dem Bundesamt bei Bescheidserlass aber bekannt war (vgl. Bl. 30 der Akte des Bundesamtes).

Der Klägerbevollmächtigte legte eine Bestätigung des Bundesamtes vom 3. September 2015 vor, wonach die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund des Bescheides vom ... Mai 2015 unanfechtbar sei; die Teilbestandskraft sei eingetreten am ... Juni 2015.

Mit Schriftsatz vom 16. September 2015 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung im Kreise seiner Familie leben werde. Der Kläger werde ohne weiteres Aufnahme in einer der verschiedenen Wohnungen der Familie finden können. Dem Kläger stehe ein Arbeitsplatz zur Verfügung. Beigefügt war eine Bestätigung der Firma „... Gebäudereinigung“ vom ... Oktober 2014 in Kopie, wonach der Kläger ab sofort als Vollzeitkraft als Gebäudereiniger arbeiten könne.

Die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichtes ... beim Amtsgericht ... beschloss am ... Januar 2016, dass die nach vollständiger Verbüßung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts ... vom ... Juni 2013 und Haftentlassung gemäß § 68 f Abs. 1 StGB eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt. Die Dauer der Führungsaufsicht wurde auf fünf Jahre festgesetzt. Der Kläger wurde für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung der für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe unterstellt. Ihm wurden umfangreiche Weisungen erteilt, unter anderem hinsichtlich seiner Kontakte zur Bewährungshilfe, Meldepflichten hinsichtlich Wohnort und Arbeitsplatz, Verbot des Kontakts mit dem Geschädigten, Verbot des Tragens von Waffen aller Art, Verbot des Genusses alkoholischer Getränke und entsprechende Nachweispflichten. Weiter wurde ihm die Verpflichtung auferlegt, ein Antigewalttraining anzutreten, ordnungsgemäß durchzuführen und nur mit Zustimmung des Gerichtes zu beenden. Die Staatsanwaltschaft habe beantragt, es bei der gesetzlich eintretenden Führungsaufsicht zu belassen. Auch die Justizvollzugsanstalt habe dies befürwortet. Es habe kein Anlass bestanden, anzuordnen, dass die gesetzlich vorgesehene Führungsaufsicht entfalle, da nicht zu erwarten sei, dass der Kläger auch ohne diese Maßnahme künftig straffrei leben werde (§ 68 f Abs. 2 StGB). Die angeordnete Dauer der Führungsaufsicht erscheine angemessen (§ 68 c I StGB).

Der Kläger wurde am 26. Februar 2016 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen.

Die Staatsanwaltschaft ... legte am 1. März 2016 ein psychiatrisches Gutachten des Dr. med. ..., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom ... Juni 2015 vor, das von der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... beim Amtsgericht ... in Auftrag gegeben worden war, um die Frage der fortbestehenden Gefährlichkeit des Klägers zur Vorbereitung der vorzeitigen Entlassung des Klägers aus der Strafhaft zu klären (Gutachten).

Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 1. März 2016 einen aktualisierten Führungsbericht vom ... Februar 2016 vor. Der Kläger sei nach wie vor im Druckereibetrieb beschäftigt. Es gebe weder an der Arbeitsleistung noch am Verhalten des Klägers etwas zu beanstanden. Neben dem Disziplinarverfahren im Juli letzten Jahres sei er im September 2015 erneut wegen Nichtbefolgens einer Anordnung negativ aufgefallen. Seitdem sei die Führung des Klägers hausordnungsgemäß.

Die Beklagte erließ am ... März 2016 einen Bescheid, in dem sie Ziff. 2 des Bescheides vom ... März 2014 dahingehend formulierte, dass unter der Bedingung, dass keine weiteren Ausweisungsgründe bekannt werden, ferner Straf- und Alkoholfreiheit nachgewiesen werde, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 7 Jahre befristet werde. Die Frist beginne mit der Ausreise. Werde diese Bedingung nicht erfüllt, betrage die Sperrfrist 9 Jahre ab Ausreise. Begründet wurde dies damit, dass nach einer Rechtsänderung nun im Ermessen über die Länge der Wiedereinreise- und Titelsperre entschieden werden müsse. Der Kläger sei besonders schwerwiegend strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es bestehe die konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten. Der Kläger sei - unabhängig von der Ausweisungstat - vorher einschlägig in Erscheinung getreten. Für eine Wiederholungsgefahr sprächen ferner die bestehende Alkoholproblematik sowie die Notwendigkeit einer Teilnahme an einer Anti-Gewalt-Maßnahme. Von einer Führungsaufsicht habe nicht nur nicht abgesehen werden können; vielmehr sei die gesetzliche Höchstfrist ausgeschöpft worden. Nach Abwägung und Berücksichtigung aller Umstände erscheine bei Erfüllung der aufgeführten Bedingung ein 7-jähriges Betretensverbot als geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel, weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Soweit der Kläger die Bedingungen nicht erfülle, werde die Sperrfrist auf 9 Jahre ab Ausreise befristet. Die Festsetzung einer längeren Frist sei zwingend (§ 11 Abs. 2 Satz 6 AufenthG). Über die Länge der Frist sei wiederum im Ermessen zu entscheiden. Unter erneuter Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Interessen - insbesondere des besonders schweren Anlassdeliktes und der sozialen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet - erscheine eine Verlängerung der Grundfrist um 2 Jahre geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Mit weiterem Schreiben vom 1. März 2016 ergänzte die Beklagte die Begründung des verfahrensgegenständlichen Bescheides. Die Ausweisung erfolge aus spezialpräventiven Gründen. Es bestehe die konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten. Der Kläger sei bereits vor der Ausweisungsanlasstat einschlägig in Erscheinung getreten. Die bestehende Alkoholproblematik und die Notwendigkeit der Teilnahme an einer Anti-Gewalt-Maßnahme sprächen ebenfalls für eine Wiederholungsgefahr. Von einer Führungsaufsicht habe nicht abgesehen werden können; vielmehr sei die gesetzliche Höchstfrist ausgeschöpft worden. Angesichts der massiven Körperverletzung sei das Grundinteresse der Gesellschaft offenkundig berührt. Hierbei sei insbesondere die hohe Bedeutung der körperlichen Unversehrtheit zu sehen (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2015 - 10 ZB 13.2665, Rn. 5). Die Ausweisung sei auch unerlässlich. Sie sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Die Tatsache, dass der Betroffene aufgrund der Entscheidung des Bundesamtes nicht abgeschoben werden könne, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Betroffene habe ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse erheblich übererfüllt. Jedenfalls liege ein ausdrücklich geregeltes Bleibeinteresse nicht vor (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen, insbesondere auf die zum Verfahren beigezogenen Strafakten in den Verfahren der Staatsanwaltschaft ... (...) und der Staatsanwaltschaft ... (...) und auf die Akte des Bundesamtes zum Asylfolgeverfahren des Klägers.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... März 2014 in der Fassung der beiden Ergänzungen vom ... März 2016 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U. v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig, da das persönliche Verhalten des Klägers gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, sodass die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (§ 53 Abs. 3 AufenthG) und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (§ 53 Abs. 1 AufenthG). Eine nach bis zum 31. Dezember 2015 anwendbarem Recht verfügte (Ermessens-)Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthaltG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht (bei VGH, B. v. 3.3.2016 – 10 ZB 14.844).

1.1. Dem Kläger wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Mai 2015 die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings nach § 3 AsylG zuerkannt. Er kann daher gemäß § 53 Abs. 3 AufenthG nur aus spezialpräventiven Gründen ausgewiesen werden unabhängig davon, ob ihm dieser Status im Hinblick auf § 60 Abs. 8 AufenthG rechtmäßig zuerkannt wurde. Die Beklagte hat ihre Ausweisung auf spezialpräventive Gründe gestützt.

1.2. Eine Ausweisung ist auch grundsätzlich zulässig, obwohl der Kläger aufgrund der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht abgeschoben werden darf (vgl. BVerwG, U. v. 30.7.2013 – 1 C 9/12 – juris Rn. 24; BVerwG, U. v. 31.8.2004 – 1 C 25/03 – juris Rn. 20). Eine Ausweisung kann ihren ordnungsrechtlichen Zweck sowohl unter spezialpräventiven als auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten auch dann erreichen, wenn sie nicht zu einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland, sondern nur zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt.

1.3. Das persönliche Verhalten des Klägers stellt gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

1.3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen. Dabei sind sie an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18). Der Rang des bedrohten Rechtsguts kann nicht außer Acht gelassen werden, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit einer Wiederholungsgefahr genügt. An die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dürfen keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (BVerwG, U. v. 10.7.2012, a.a.O.).

1.3.2. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist die Kammer zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO) gelangt, dass eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit für eine erneute Verletzung des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit und entsprechender schwerer Straftaten durch den Kläger vorliegt. Es besteht damit also gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und damit die Ausweisung unerlässlich macht.

1.3.2.1. Es würde eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellen, wenn der Kläger erneut eine Straftat begehen würde, die mit der der Ausweisung zugrunde liegenden vergleichbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2015 – 10 BV 13.421 – juris Rn. 57). Der Kläger hatte aus nichtigem Anlass, weil er sich aus der Gruppe, der der Geschädigte angehörte, heraus beleidigt gefühlt hatte, die körperliche Auseinandersetzung mit dem Geschädigten begonnen. Nach den Feststellungen des Landgerichtes war diese körperliche Auseinandersetzung bereits beendet, als der Kläger den Geschädigten mit einem Taschenmesser angriff; er handelte also nicht aus einer Notwehrsituation heraus. Die drei Schnittverletzungen, die der Kläger dem Geschädigten zugefügt hatte, waren nach Auffassung des Sachverständigen, der sich das Landgericht anschloss, jeweils für sich genommen bereits als abstrakt lebensgefährlich einzustufen (S. 24 ff. des Urteils). Der Kläger leugnete die Verwendung eines Taschenmessers, zeigte sich insoweit auch nicht geständig. Er war zur Tatzeit alkoholisiert, aber nach Angaben des Sachverständigen nicht in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt, wobei eine alkoholbedingte Enthemmung nicht ausgeschlossen werden könne; auch diesen Ausführungen des Sachverständigen schloss sich das Landgericht ... an (Urteil S. 29).

1.3.2.2. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr ist, dass die Strafvollstreckungskammer in ihrem Beschluss vom 8. Januar 2016 nicht nur nicht auf die Anordnung einer Führungsaufsicht verzichtet, sondern sogar die Höchstfrist für diese Führungsaufsicht angeordnet und zahlreiche Auflagen verhängt hat, nicht zuletzt auch die Durchführung eines Antigewalttrainings und Nachweise der Alkoholfreiheit. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass nicht zu erwarten sei, dass der Kläger auch ohne diese Maßnahme künftig straffrei leben werde. Die Strafvollstreckungskammer geht also von einer Wiederholungsgefahr aus.

1.3.2.3. Das von der Vollstreckungskammer eingeholte psychiatrische Gutachten vom ... Juni 2015 steht der Annahme einer konkreten Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Der Gutachter kommt darin unter sehr vorsichtigen Annahmen zum Ergebnis, dass es verantwortet werden könne, den Kläger unter zahlreichen Weisungen vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Fraglich ist aber bereits, ob die vom Gutachter unterstellten Voraussetzungen für die Entlassung überhaupt so geschaffen hätten werden können, da diese u.a. unter dem Vorbehalt eines dauerhaften Aufenthaltstitels in Deutschland standen. Das Gutachten hat weiter schon deshalb nur sehr begrenzt Aussagekraft für die hier zu beantwortende Frage der konkreten Wiederholungsgefahr, da der Gutachter von unzutreffenden Angaben des Klägers ausging. So hatte dieser dem Gutachter mitgeteilt, dass er abgesehen von der abgeurteilten Tat nie gewalttätig oder in Schlägereien verwickelt gewesen sei (vgl. S. 22 des Gutachtens). Daran bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Das Amtsgericht ... stellte mit Beschluss vom ... November 2013 ein Verfahren gegen den Kläger nach § 154 Abs. 2 StPO ein, dem eine Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Bedrohung vorangegangen war. Die Verfahrenseinstellung erfolgte nicht aus Mangel an Beweisen, sondern weil nach Angaben des Gerichts die zu erwartende Ahndung neben der rechtskräftigen Verurteilung nicht beachtlich ins Gewicht falle. Gegenstand der Anklageerhebung war ein Überfall des Klägers, seines älteren Bruders und eines Dritten auf einen Mann, wobei der Kläger den Geschädigten mit dem Fuß mehrmals in das Gesicht trat und hierbei die Tritte jeweils wie „Elfmeter-Kicks“ ausführte. Der Kläger äußerte hierzu in der mündlichen Verhandlung zwar, er selber habe seinen Bruder und den Geschädigten auseinanderhalten wollen. Diesem Vortrag schenkt das Gericht ebenso wie das Strafgericht keinen Glauben. Der Gutachter ging weiter von der Angabe des Klägers aus, dass er der Einzige in der Familie sei, der in nennenswertem Maß mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei (vgl. S. 14 des Gutachtens). Dies ist zumindest zweifelhaft, da nach der genannten Anklageschrift vom 20. Dezember 2011 auch dem Bruder ... eine massive Körperverletzungsstraftat vorgeworfen wurde.

Der Kläger zeigte damit sogar noch in seinen Äußerungen gegenüber dem Gutachter am ... April 2015 und am ... Juni 2015, dass er sich noch zu wenig mit seinem bisherigen Verhalten auseinandergesetzt hatte. Er leugnete gegenüber dem Gutachter seine Beteiligung an der Körperverletzungstat im Jahr 2011 (Gutachten S. 22). Zudem zeigte er auch nach Aussagen des Gutachters Tendenzen zur Verharmlosung seines Tatbeitrages hinsichtlich der abgeurteilten Tat (Gutachten S. 24).

1.3.2.4. Auch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2016 zur Tat vom ... Juli 2011 zeigen, dass der Kläger nach wie vor nicht die Verantwortung für sein Handeln übernehmen will. Soweit der Kläger hierzu ausgeführt hat, er habe auf den Geschädigten nicht eingeschlagen und habe nur seinen Bruder und den Geschädigten getrennt, stellt dies eine fortwährende Leugnung der Tat vom ... Juli 2011 dar.

1.3.2.5. Das Verhalten des Klägers seit der abgeurteilten Tat stützt die Annahme einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr. Zwar sind beim Kläger erfreuliche Entwicklungen festzustellen. Er hat in der Justizvollzugsanstalt eine Ausbildung im Druckergewerbe begonnen und will sich bemühen, diese fortzusetzen und zu beenden. Weiter hat der Kläger in der Justizvollzugsanstalt an einer Schuldenpräventionsmaßnahme mit fünf Gruppensitzungen und einem Anti-Aggressions-Training im Umfang von 15 Stunden teilgenommen. Der Kläger gibt weiter an, seit seiner Verhaftung keinen Alkohol getrunken zu haben und dies auch künftig nicht vorzuhaben.

Eine Bewährung der insoweit gewonnenen neuen Einsichten in Freiheit steht derzeit jedoch noch aus. Zudem war das Verhalten des Klägers in der Haft keineswegs beanstandungsfrei. Ein Strafverfahren wegen Beleidigung eines Mithäftlings im Januar 2014 wurde nicht aus Mangel an Beweisen eingestellt, sondern nach § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die abgeurteilte Straftat. Bei einem Vorfall im Juli 2015 weigerte sich der Kläger, den Speisesaal zu verlassen, obwohl ihn die Justizvollzugsbeamtin dazu aufforderte, und musste mit einer Disziplinarmaßnahme (3 Wochen Türsperre) belegt werden. Bei einem weiteren Vorfall im September 2015 leistete er den Anordnungen einer Justizvollzugsbeamtin keine Folge; in der Folge kam es zu einem Strafverfahren gegen den Kläger wegen Beleidigung, das mit einem Freispruch des Klägers endete. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung hatte er die Aufforderungen der Justizvollzugsbeamtin, sich umzuziehen, erst beim dritten Mal vollständig befolgt.

1.3.2.6. Die Tatsache, dass der Kläger erstmals eine langjährige Haftstrafe verbüßt hat, spricht nicht gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar kann die erstmalige Verbüßung einer längeren Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens mindern (st. Rspr.; vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 – 10 ZB 14.844). Der Kläger hat sich aber außerhalb der Justizvollzugsanstalt noch nicht über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs vor allem in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden. Eine keineswegs beanstandungsfreie Führung in der Haft und die Teilnahme an zwei Kursen (Schuldenprävention, Anti-Aggressionstraining) reichen insoweit jedenfalls noch nicht.

1.3.2.7. In familiärer Hinsicht hat sich keine wesentliche Veränderung ergeben, die zum Wegfall der Wiederholungsgefahr geführt hätte.

Zwar befindet sich nach Angaben der Klägerseite nunmehr die Familie des Klägers vollständig im Bundesgebiet. Allerdings konnten ihm seine Geschwister bisher nicht den erforderlichen Halt bieten, um ihn von Straftaten abzuhalten. Zudem ist mindestens der älteste Bruder ..., bei dem der Kläger seit Haftentlassung wohnt, bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die Angaben des Klägers lassen zudem den Schluss zu, er habe von seiner Familie nicht die für ein friedliches Zusammenleben erforderliche Prägung erhalten. Der Kläger gab gegenüber dem Gutachter im Hinblick auf die abgeurteilte Tat an (Gutachten S. 21), dass er unter anderen deswegen so gehandelt habe, weil er keine Ahnung von Recht und Gesetz in Deutschland gehabt habe. In seinem Land habe er mitbekommen, dass ein Mann einen anderen mit der Machete schwer verletzt habe und nach einem kurzen Verhör bei der Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt und dann nicht weiter belangt worden sei. In der Schule habe es Banden von Jugendlichen gegeben, die oftmals durch Gewalt aufgefallen seien, ohne Konsequenzen zu erfahren (Gutachten S. 21). Der Gutachter zitiert weiter aus einem Schuldfähigkeitsgutachten, das im Strafverfahren eingeholt worden war, und demzufolge der Kläger angegeben habe, „im Irak sei es keine große Sache, wenn man einen Menschen mit einem Messer steche. Er habe nicht gewusst, dass es so schlimm sei, habe aber gewusst, nicht mit einem Messer gestochen zu haben“ (Gutachten S. 10). Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger damit von seiner Familie keine Prägung dahingehend erfahren, dass das Leben und die Gesundheit anderer Personen nicht verletzt werden dürfen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass durch das Zusammenleben mit seiner Familie die Wiederholungsgefahr ohne weiteres entfällt.

Die Beziehung des Klägers zu seiner Freundin, die ihn in der Haft etwa alle zwei Monate besucht hatte, bestand bereits vor der Straftat und hat den Kläger nicht von der Tat abhalten können; durch die Besuche ist eine Festigung in der Weise, dass nun durch diese Partnerschaft von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden könnte, nicht eingetreten. Der Kläger hat nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung derzeit 29.000,- Euro Schulden. Er hat noch keinen Ausbildungsplatz. Da er nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung seine Ausbildung fortsetzen will, ist nicht davon auszugehen, dass er die ihm nach eigenen Angaben im Klageverfahren offenstehende Arbeitsstelle bei einer Gebäudereinigungsfirma annehmen will.

1.4. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers erweist sich die angegriffene Ausweisung für die Wahrung des genannten Grundinteresses der Gesellschaft als unerlässlich. Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist die Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG – allerdings nicht abschließend – aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Die Behörde hat sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt. Der Kläger ist mittlerweile 25 Jahre alt und bedarf der Pflege oder Zuwendung seiner Familie nicht. Bereits zum Zeitpunkt der Tatbegehung hielt sich der Kläger ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet auf und war lediglich geduldet. Seine Prägung hat der Kläger im Heimatland erhalten; er spricht nach eigenen Angaben sowohl Kurdisch als auch Arabisch und ist mit den Verhältnissen im Heimatland vertraut. Seine Eltern und alle Geschwister leben zwar nach Angaben des Klägers derzeit im Bundesgebiet. Daraus ergibt sich für den volljährigen Kläger jedoch kein Bleiberecht. Der Kläger selbst hält sich erst seit März 2011 im Bundesgebiet auf, hat hier nur kurz einen Sprachkurs besucht und lediglich in der Haft eine Ausbildung begonnen. Von einer Verfestigung seines Aufenthaltes in der Weise, dass von einer Ausweisung abzusehen ist, kann daher nicht ausgegangen werden. Dass grundsätzlich eine Ausweisung auch dann zulässig ist, wenn die Ausreise des Betroffenen wegen der Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus nicht durchsetzbar ist, wurde bereits oben dargestellt.

2. Auch die zuletzt von der Beklagten im Bescheid vom ... März 2016 verfügte Befristung der Wirkung der Ausweisung auf 7 Jahre ab Ausreise im Falle des Nichtbekanntwerdens weiterer Ausweisungsgründe sowie der Straffreiheit und Alkoholfreiheit, andernfalls von 9 Jahren ab Ausreise ist rechtlich nicht zu beanstanden.

2.1. Über die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist hat die Beklagte gemäß der seit 1. August 2015 verbindlichen Fassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Sie hat dies unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu tun und darf hierbei 5 Jahre nur überschreiten, wenn der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht; sie soll aber auch in diesen Fällen zehn Jahre nicht überschreiten. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes sowie der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Hierbei bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungzwecks orientierende Sperrfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wert-entscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Gerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (BVerwG, U. v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 42).

2.2. Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 7 bzw. 9 Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise als ermessensfehlerfrei. Die Beklagte war bei der Festsetzung der Frist nicht an die Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gebunden, weil der Kläger strafrechtlich verurteilt worden ist und seine Ausweisung darauf beruhte. Die mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten abgeurteilte Tat war gegen das Leben und die Gesundheit eines anderen Menschen gerichtet, also gegen ein besonders hochrangiges Rechtsgut. Es besteht gegenwärtig weiterhin eine konkrete Wiederholungsgefahr. Zum Schutz der Gesundheit anderer Personen ist derzeit nach wie vor eine lange Wiedereinreise- und Titelerteilungssperre erforderlich. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Interessen des volljährigen und unverheirateten Klägers, der derzeit noch keinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz innehat, war die von der Beklagten festgesetzte Wiedereinreise- und Titelerteilungssperre erforderlich, angemessen und verhältnismäßig. Die Behörde hat diese Sperre daher ermessensfehlerfrei festgesetzt. Die von der Beklagten verfügte Bedingung, bei deren Nichteintritt eine längere Wiedereinreise- und Titelerteilungssperre gelten soll, dient der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und hält sich im Rahmen der Ermächtigung des § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG.

2.3. Im Übrigen kann der Kläger jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der von der Beklagten festgesetzten Frist nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG stellen, wenn sich die für die Festsetzung maßgeblichen Kriterien nachträglich ändern sollten.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 03/03/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro fe
published on 03/02/2015 00:00

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2008 wird der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 ergänzten Änd
published on 15/12/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahr
published on 30/07/2013 00:00

Tatbestand 1 Der 1969 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit reiste 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er ist verheiratet und hat inzwischen sieben Kind
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Annotations

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.