Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Juli 2015 - M 23 K 15.50066
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger sunnitischer Religionszugehörigkeit, der über Italien, wo er am
Nach Feststellung eines entsprechenden „EURODAC 1“ - Ergebnisses am
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Januar 2015 erklärte die Beklagte den Asylantrag für unzulässig (Nr. 1). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Nr. 2).
Durch Schriftsatz vom 26. Januar 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tage, erhob der Prozessbevollmächtigte hiergegen Klage mit dem Antrag,
„das Asylverfahren unbeschadet sonstiger Zuständigkeiten einzuleiten und die Flüchtlingseigenschaft des Klägers festzustellen“.
Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass auch Mutter und Geschwister des Klägers in Deutschland lebten und anerkannt seien.
Den mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Gericht durch Beschluss vom 3. März 2015
Durch Beschluss vom 20. April 2015
Die Parteien verzichteten auf mündliche Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, über die nach Verzicht beider Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist, soweit sie als Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom... Januar 2015 in Gewährung effektiven Rechtsschutzes auszulegen war (§ 86 Abs. 1, § 88 VwGO), zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger demzufolge nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gericht bezieht sich, nachdem in dem Zeitraum zwischen Entscheidung im Eilverfahren und dem im vorliegenden Klageverfahren keine relevanten Änderungen der Sach- und Rechtslage eingetreten sind, auf die Gründe des Beschlusses im Eilverfahren vom 3. März 2015, insbesondere auch zu den von Klageseite individuell vorgetragenen Umständen, und ergänzt lediglich wie folgt:
Gem. § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
Die Bestimmung des zuständigen Staates richtet sich nach der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 27 a AsylVfG (Nr. 1 des angefochtenen Bescheides) sind gegeben. Der Kläger hat bereits in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Italien ist somit gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 b Dublin- III-VO verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin-III-VO wieder aufzunehmen. Das Bundesamt hat das Wiederaufnahmegesuch am 27. November 2014, also innerhalb von zwei Monaten nach der EURODAC-Treffermeldung vom 20. November 2014, und damit innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO gestellt. Die italienische Behörde hat nicht binnen zwei Wochen geantwortet, was gem. Art. 25 Abs. 2, 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach fingierter Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs bzw. der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gem. Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Erst nach Fristablauf geht die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte über.
Die Frist, die vorliegend mit dem ablehnenden Beschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom
Auch unter Zugrundelegung der Rechtauffassung, dass in der Zeit zwischen der Zustellung des Bescheids des Bundesamtes bis zur Zustellung der negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Fristlauf gehemmt ist (vgl. VGH BW, U. v. 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 - juris Rn. 58; VG München
Ferner hat die Beklagte einen Selbsteintritt gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ermessensfehlerfrei abgelehnt. Insbesondere ist derzeit (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht ersichtlich, dass eine Überstellung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO unmöglich ist. Das ist dann der Fall, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller im zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EUGRCh - mit sich bringen. Nach der zur Rechtslage unter der Dublin-II-VO ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 - C-411/10
Das Gericht schließt sich ausdrücklich der Aus- und Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte (vgl. BayVGH, U. v. 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40 ff.; OVG NW, U. v. 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A - juris Rn. 28 ff. u.
Der Antragsteller gehört auch nicht zu einem besonders benachteiligten oder schutzbedürftigen Personenkreis wie Familien mit Kleinkindern oder Minderjährige, deren Rücküberstellung eine individuelle Zusage einer gesicherten Unterkunft durch die italienischen Behörden erfordert (BVerfG, B. v. 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - juris Rn. 13 f.; EGMR vom 4. November 2014 - a. a. O.). An dieser Bewertung ändern auch die vom Kläger schriftlich am 20. April 2015 vorgetragenen Umstände seines Aufenthalts in Italien nichts.
Soweit darüber hinaus von dem Klägerbevollmächtigten auch eine Verpflichtungsklage auf „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ erhoben wurde, ist diese in der vorzufindenden Konstellation der Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates unzulässig (vgl. etwa BayVGH, B. v. 20. Mai 2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 10 f.).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.