Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2016 - M 17 K 16.2357
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrte mit Formblatt vom ... ... 2014 die Gewährung von Beihilfe u. a. für Aufwendungen seiner mit einem Bemessungssatz von 70% berücksichtigungsfähigen Ehefrau für ein Rezept vom ... ... 2014 betreffend „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ in Höhe von 63,50 €.
Mit Bescheid vom
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom
Mit Schreiben vom 12. April 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 14. April 2015, erhob der Kläger hiergegen Klage und beantragte,
den Bescheid vom
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Hinweis auf eine PZN nicht geeignet sei, die Beihilfefähigkeit eines fachärztlich verordneten und in einer Apotheke erworbenen Arzneimittels in Frage zu stellen. Diese diene lediglich als Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Apothekenprodukten und habe keinerlei amtliche Funktionen, wie die Rechtsprechung (BayVGH
Im Hinblick auf ein Parallelverfahren (M 17 K 15.1482) ordnete das Gericht mit Beschluss vom 4. Mai 2015
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Die Beihilfefähigkeit des Präparats „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ sei seitens des Gerichts bereits wiederholt verneint worden. Die Klage sei folglich auch in diesem Verfahren unbegründet.
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 30. Juni 2016
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 und 8. Juli 2016 rügte der Kläger die fehlende Anhörung zur Einzelrichterübertragung und führte ergänzend insbesondere aus, dass der Begriff des Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn nunmehr ausdrücklich in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV umschrieben sei, sich in der Sache aber wenig geändert haben dürfte. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg
Die Neufassung des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV widerspreche höherem Recht, indem sie auf Begriffe des Arzneimittelgesetzes verweise. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die ganz anders gearteten Zielsetzungen des Arzneimittelgesetzes mit den Prinzipien des Beihilferechts nicht vereinbar seien. Es sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht zu vereinbaren, bei einer fortschreitenden schwerwiegenden Erkrankung, die zur Erblindung führe und für die es kein als Arzneimittel zugelassenes Präparat gebe, die Beihilfefähigkeit von Produkten auszuschließen, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dem Urteil des verantwortungsvoll handelnden Augenarztes am ehesten Linderung und Verzögerung der Krankheitsfolgen versprächen. Der Antrag auf Beihilfe schließe den Antrag auf eine Härteleistung ein.
Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 11. Juli 2016, dass die Beihilfefähigkeit der streiteigen Präparate unabhängig davon, ob es sich um Arzneimittel handele, nach der zum 1. Oktober 2014 geänderten Vorschrift des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auch daran scheitere, dass diese Präparate nicht apothekenpflichtig seien. Im Übrigen werde zur Frage der Arzneimitteleigenschaft auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München
Mit Beschluss vom 11. Juli 2016
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Gründe
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom
Der Rechtsstreit konnte auch auf den Einzelrichter übertragen werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere geht es hier um die Apothekenpflicht von „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ und damit um einen Einzelfall. Die versehentlich unterbliebene Anhörung der Beteiligten wurde durch die Schreiben der Beteiligten vom 30. Juni 2016 und 11. Juli 2016 sowie den erneuten Übertragungsbeschluss vom 11. Juli 2016 geheilt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom 27. Januar 2015 und 1. April 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2013 (GVBl S. 450), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil das streitgegenständliche Rezept vom ... ... 2014 datiert.
2. Nach § 18 BayBhV in dieser Fassung sind beihilfefähig die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen oder Heilpraktikerleistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten
1. apothekenpflichtige Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG),
2. Verbandmittel,
3. Harn- und Blutteststreifen sowie
4. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nrn. 1 bis 3 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind.
Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel,
1. die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, zur Rauchentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen,
2. die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen,
3. Vitaminpräparate, die keine Fertigarzneimittel im Sinn des Arzneimittelgesetzes darstellen.
3. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Präparat „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ nicht um ein Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 AMG handelt.
3.1 Nach § 2 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Arzneimittel sind u. a. nicht Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.
3.2 Eine pharmakologische Wirkung von „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers ist nicht ersichtlich. Zudem handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätetisches Lebensmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Auf die Ausführungen in den zwischen den Beteiligten ergangenen Urteilen des Verwaltungsgerichts München zu dem streitgegenständlichen Präparat
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. Vielmehr sprechen die vom Kläger zitierten Studien insoweit ebenfalls von „Nahrungsergänzungsmitteln“ (s. Nr. 12., 13. des Schreibens v. 30.06.2016) und der behandelnde Arzt beantragte mit Schreiben vom 15. März 2011 die Kostenübernahme für die „diätetische Behandlung“ durch „Vitalux Plus“. Die Beihilfefähigkeit ist daher gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV ausgeschlossen.
4. Letztendlich kann aber dahingestellt bleiben, ob es sich bei „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ um ein Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 AMG oder um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt, da dieses Präparat zumindest nicht apothekenpflichtig ist (vgl. § 43 AMG), was jedoch gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. a. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. Januar 2016, § 18 BayBhV Anm. 2 (2)). Das Mittel ist im Handel frei erhältlich (vgl. z. B. www.amazon.de), während Arzneimittel, die der Apothekenpflicht unterliegen, nur in Apotheken (vgl. § 43 AMG) und dort nicht einmal im Wege der Selbstbedienung (vgl. § 17 Abs. 3 Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO) in den Verkehr gebracht werden dürfen, da grundsätzlich vor der Abgabe dieser Mittel ein Beratungsgespräch erforderlich ist (vgl. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. Januar 2016, § 18 BayBhV Anm. 2 (2)).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Präparat eine PZN hat. Denn dabei handelt es sich lediglich um einen bundeseinheitlichen Identifikationsschlüssel für Arzneimittel, Hilfsmittel und andere Apothekenprodukte (https://de.wikipedia.org/wiki/Pharmazentralnummer). Wie der Kläger selbst ausführt, besagt das Vorhandensein einer PZN somit allenfalls, dass „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ apothekengängig ist (vgl. a. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 50). Über die Apothekenpflicht sagt diese Nummer dagegen nichts aus.
Schließlich ergibt sich auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts München
5. Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere verstößt die Beschränkung nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn:
5.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fordert die Fürsorgepflicht, die die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht ergänzt, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind. Dabei ist der Dienstherr durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Er muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Der Dienstherr kann die Kosten bestimmter Medikamente ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Aufwendungen, die bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126 - juris Rn. 13, 15 m. w. N.).
5.2 Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch den generellen Ausschluss nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel ist im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb nicht gegeben, weil § 49 Abs. 2 BayBhV eine Härtefallregelung vorsieht. Danach kann die oberste Dienstbehörde in besonders begründeten Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabs anzunehmen sind, über die BayBhV hinaus die Gewährung von Beihilfe zulassen. Dadurch ist sichergestellt, dass der pauschale Leistungsausschluss bei nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Einzelfällen, wie z. B. bei chronischen Erkrankungen, die finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen nicht in unzumutbarer Weise übersteigt (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126 - juris Rn. 16 und OVG NRW, U.v. 20.6.2013 - 1 A 334/11 - juris Rn. 43ff. zum Beihilfeausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel; BayVGH, U.v. 10.8.2015 - 14 B 14.766 - juris Rn. 34ff. zu § 22 BBhV; VG Minden, U.v. 14.4.2016 - 4 K 2320/14 - juris Rn. 67ff. zur insoweit vergleichbaren BVO NRW; VG Bayreuth, U.v. 10.11.2015 - B 5 K 15.96 - juris Rn. 25ff.).
Ein derartiger Härtefall ist hier aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat sich der Kläger allein auf die schwerwiegende Erkrankung seiner Ehefrau, die durch als Arzneimittel zugelassene Präparate nicht geheilt werden könne, berufen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger durch den Umstand, dass er die Aufwendungen für „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ nicht erstattet bekommt, in seiner angemessenen Lebensführung beeinträchtigt und unzumutbar belastet wäre.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Gerichts auch der Verweis auf § 2 AMG in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Insbesondere betrafen die vom Kläger insoweit zitierten Gerichtsentscheidungen zu den unterschiedlichen Zielsetzungen des Arzneimittelgesetzes einerseits und des Beihilferechts andererseits das Beihilferecht in Fassungen, in denen ein derartiger Verweis auf das AMG gerade nicht enthalten war. Letztendlich ist diese Frage hier aber nicht relevant, da die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen bereits aufgrund der fehlenden Apothekenpflicht von „Vitalux Plus Lutein und Omega 3 Kapseln“ zu verneinen ist (s.o. 4.).
6. Der Kläger kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass die private Krankenversicherung seiner Ehefrau die Aufwendungen für das streitgegenständliche Präparat erstattet hat. Denn Versicherungsleistungen und Beihilfeleistungen unterscheiden sich aufgrund der verschiedenen Rechtsgrundlagen, auch wenn diese teilweise aneinander angenähert sind. Insbesondere hängt der Umfang der Leistungen der privaten Krankenversicherung vom Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen ab.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Entgegen der Auffassung des Klägers war die Berufung nicht zuzulassen, da es hier - wie bereits dargelegt - um einen Einzelfall geht, so dass keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 44,45 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2016 - M 17 K 16.2357
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Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2016 - M 17 K 16.2357 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist gegenüber dem Beklagten beihilfeberechtigt. Auf seinen Antrag vom
Gegen die Ablehnung legte der Kläger mit Schreiben vom
Das Landesamt für Finanzen wies mit Bescheid vom
Bei dem Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln mit der PZN 5135957 sei festgestellt worden, dass es kein Arzneimittel sei, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Im Gegensatz zu früher könne jetzt durch die Angabe der PZN eindeutig für jedes Mittel die Zuordnung zu einer Warengruppe und daher die Beihilfefähigkeit festgestellt werden.
Mit Schreiben vom
Die Klage stütze sich auf Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf fehlerhafte Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften durch den angefochtenen Bescheid. Die PZN und die Zuordnung zu einer Warengruppe seien nicht geeignet, die Beihilfefähigkeit eines fachärztlich verordneten Arzneimittels in Frage zu stellen. Sie diene nur als Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Apothekenprodukten und habe keinerlei amtliche Funktion (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - Rn. 50).
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom
Klageabweisung.
Zur Begründung verwies er darauf, dass für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts München in seinem
In seiner weiteren Klagebegründung vom
An der Richtigkeit des Urteils des VG München
Das Landesamt teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2013 mit, es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2013 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an, bis rechtskräftig über Rechtsmittel gegen das Urteil des VG München
Der Beklagte regte mit Schreiben vom .... März 2015 an, das Verfahren fortzusetzen. Das Gericht wies mit Schreiben vom .... April 2015 darauf hin, dass die Berichterstatterin im Verfahren M 17 K 12.1007 am 31. März 2013 in den Ruhestand getreten sei, so dass sich der Befangenheitsantrag vom 28. Mai 2013 erledigt habe.
Der Beklagte verwies mit Schreiben vom .... Mai 2015 auf ein Urteil des VG Regensburg
Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Mit Einverständnis der Beteiligten (Schriftsatz des Klägers vom 28. Mai 2013 S. 14 unten sowie Schreiben des Beklagten vom 19. Juni 2013 und vom 31. März 2015) kann das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln zu. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 21. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger vorträgt, es sei ihm vor Erlass des Beihilfebescheides nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, gilt Folgendes:
Eine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG musste nicht erfolgen, da sie zwingend nur für die Eingriffsverwaltung vorgesehen ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, in Antragsverfahren vor Erlass des Bescheides dem Bürger ihre Argumente darzulegen. Außerdem hatte der Kläger Gelegenheit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seine Argumente vorzutragen. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre zudem während des gerichtlichen Verfahrens nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden.
Der Beihilfebescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15), geändert durch Verordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 10. November 2012 datiert.
Das streitgegenständliche Präparat ist kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn gemäß § 18 Satz 1 BayBhV (in der bis 30.9.2014 geltenden Fassung). Das bis September 2014 geltende Bayerische Beihilferecht enthielt keine eigene Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzte diesen vielmehr voraus (vgl. etwa BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.). § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) i. d. F. vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I 2005, 3394) kann - wegen des anderweitigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, für Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen - nicht ohne weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, sondern allenfalls als Ausgangspunkt für eine Begriffsbestimmung dienen (BVerwG, U.v. 30.5.1996 - 2 C 5/95 - BayVBl 1997, 572; BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; BayVGH, B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 1012 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 27).
Lediglich als Anhaltspunkt dienen kann die Zulassung oder Registrierung eines Präparats als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 4 AMG oder die Aufnahme in die sog. „Rote Liste“. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist nicht auf die formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter, d. h. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29, u. a. unter Verweis auf BayVGH, U.v. 28.4.1993 - ZBR 1993, 347). Ein Erzeugnis, das geeignet ist, therapeutische Zwecke zu erfüllen, ist in jedem Fall ein Arzneimittel (BVerwG, U. v. 25.7.2007 - 3 C 22/06 - PharmR 2008, 73, 76). Im beihilferechtlichen Sinne maßgeblich ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung und Linderung einer Krankheit zu dienen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.).
Nahrungsergänzungsmittel sind im Regelfall keine Arzneimittel (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30) und daher gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV i. V. m. Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung (VV-BayBhV) i. d. F. vom 1. August 2009 als Güter des täglichen Bedarfs von der Beihilfefähigkeit ausgenommen. Jedoch können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040). Nach neuerer Rechtsprechung gilt dies namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31).
Ist nicht feststellbar, ob der Heilungs- oder der Nahrungsergänzungszweck überwiegt, ist eine Einordnung als Lebensmittel veranlasst (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32). Zur Begriffsdefinition kann auf die auf das Beihilferecht übertragbare Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG zurückgegriffen werden (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 28). Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LBFG) i. d. F. vom 22. August 2011 (BGBl. I 2011, 1770) sind demnach keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) i. d. F. vom 28. April 2005 (BGBl. I 2005, 1161) fallen auch diätetische, also für eine besondere Ernährung bestimmte Lebensmittel unter den Begriff. § 1 Abs. 4a DiätV stellt klar, dass auch „diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ hierzu zählen. Kann bei solchen eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebensmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV.
Unter diesen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff ist das streitgegenständlichen Präparat nach keiner Betrachtungsweise einzuordnen. Die fehlende Beihilfefähigkeit ergibt sich bereits aus § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV. Es handelt sich bei dem Produkt um ein Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätisches Lebensmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 VV-BayBhV zählen dazu auch Nahrungsergänzungsmittel. Diese dienen der allgemeinen Lebenshaltung und können unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24;
Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft des ihm verordneten Produktes substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.; B.v.
Im vorliegenden Fall wird das streitgegenständliche Präparat Vitalux Plus auf der Packung ausdrücklich als „Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen“ oder als „Ergänzende bilanzierte Diät“ „zur diätetischen Behandlung von Altersbedingter Makuladegeneration“ bezeichnet. In der Produktbeschreibung heißt es „Die Zusammensetzung von Vitalux Plus ist speziell darauf ausgerichtet, die natürlichen Schutzmechanismen Ihrer Augen zu unterstützen. (…) Lutein, Zeaxanthin, Omega-3-Fettsäuren und Vitamine müssen dem menschlichen Organismus mit der Nahrung zugeführt werden. Aufgrund unterschiedlicher individueller Lebensstile ist eine ausgewogene Ernährung aber nicht immer möglich. In diesen Fällen kann eine Nahrungsergänzung mit Zink und DHA zum Erhalt der normalen Sehkraft beitragen. Eine positive Wirkung von DHA stellt sich bei einer täglichen Einnahme von 250 mg DHA ein. Eine Nahrungsergänzung mit Vitamin C, Vitamin E, Zink und Kupfer kann in diesen Fällen außerdem dazu beitragen, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen. (…) Die regelmäßige Einnahme von Vitalux Plus über einen längeren Zeitraum ist daher empfehlenswert.“
Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wird dagegen nicht dargetan. Das Präparat ersetzt nur die durch die Krankheit reduzierten Mineralstoffe bzw. Vitamine.
Für die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Präparates kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für den Kläger bzw. seine Ehefrau persönlich eine therapeutische Wirkung haben. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft des Mittels ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung des streitgegenständlichen Präparates würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.;
Die Leistung der Privaten Krankenversicherung ist für das Beihilferecht unerheblich, denn der Umfang der Leistungen hängt vom Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen ab.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen fehlt, wenn um die Auslegung von Recht gestritten wird, dessen Geltung ausläuft. Mit der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352) wurde § 18 Satz 1 BayBhV neugefasst und der Begriff des Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn ausdrücklich definiert. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit keine grundsätzliche Bedeutung.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
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einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 478,73 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 17 K 15.1706
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 17. August 2015
17. Kammer
Sachgebiets-Nr. 1335
Hauptpunkte:
Beihilfe;
fehlende Apothekenpflicht;
Nahrungsergänzungsmittel
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle Ansbach Bezügestelle Brauhausstr. 18, 91522 Ansbach
- Beklagter -
wegen Beihilfe
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 17. Kammer,
durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin, ohne mündliche Verhandlung am 17. August 2015 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70%. Mit Formblatt vom ... März 2015 beantragte sie u. a. die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen für zwei Rezepte vom ... März 2015. Hinsichtlich des ersten Rezeptes über 339,80 € wurde mit Bescheid vom ... März 2015 die Beihilfefähigkeit lediglich in Höhe von 144,92 € anerkannt und dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 92,44 € gewährt. Bezüglich der Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ (194,88 €) verneinte der Beklagte die Beihilfefähigkeit. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (z. B. Lebensmittel, Diätkost, ballaststoffreiche Kost, glutenfreie Nahrung, Säuglingsfrühnahrung, Mineral- und Heilwässer, medizinische Körperpflegemittel und dergleichen), nicht beihilfefähig seien (§ 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV). Dies schließe auch Vitamine als Monopräparate und Kombinationen, Mineralstoffe, Mineralstoffkombinationen und Kombinationen von Mineralstoffen mit Vitaminen ein. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ (181,44 €), die mit dem zweiten Rezept verordnet wurden, wurde die Beihilfefähigkeit ebenfalls verneint. Beihilfe könne nicht gewährt werden, da es sich um kein apothekenpflichtiges Arzneimittel nach § 2 AMG handle (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV).
Mit Schreiben vom ... März 2015, beim Beklagten eingegangen am 30. März 2015, legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, wobei sie sich zur Begründung auf ein beigefügtes Attest von Dr. med. ... (Neurologe) vom ... April 2012 bezog. Danach bestehe bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom und eine Homocysteinämie, welche blutchemisch nachgewiesen worden seien. Zusätzlich bestehe eine Immunschwäche, derentwegen das Präparat Unizink unabdingbar zur Einnahme notwendig sei, um Infekte fernzuhalten, insbesondere Virusinfekte. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass im Falle von Schäden, die ohne Berücksichtigung der ärztlichen Maßnahmen unausweichlich seien, und zwar eine funiculäre Myelose, ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt, von Seiten der Klägerin ein Leistungsanspruch an den Kostenträger bestehe zur Übernahme der Kosten für unterlassene Hilfeleistungen.
Diesem Widerspruch wurde mit Bescheid vom ... April 2015 nicht stattgegeben. Im Gegensatz zu früheren Beihilfefestsetzungen sei die Frage, ob „Vitasprint B12 Trinkampullen“ oder andere Präparate apothekenpflichtige Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes seien, nun durch die zwingend notwendige Angabe der PZN (Pharmazentralnummer) zu jedem verordneten Mittel treffend zu beantworten. Es habe festgestellt werden können, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ nicht um ein Arzneimittel handele. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ liege der Arzneimittelstatus zwar vor. Eine Apothekenpflicht für dieses Arzneimittel bestehe jedoch nicht. Die Aufwendungen für die Präparate seien daher jeweils nicht beihilfefähig, auch wenn die Mittel zur Behandlung einer Erkrankung verordnet und verwendet worden seien.
Mit Schriftsatz vom ... April 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hiergegen Klage und beantragten,
den Widerspruchsbescheid vom ... April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Beihilfe entsprechend dem Antrag der Klägerin vom ... März 2015 zu bewilligen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Präparate „Vitasprint B12 Trinkampullen“ und „Methylcobalamin“ beihilfefähig seien, da diese dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen seien. Die Präparate seien der Klägerin aus Anlass einer Krankheit schriftlich verordnet worden, da bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bestehe. Auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren, auf das fachärztliche Attest vom ... April 2012 sowie ein weiteres Attest vom ... November 2010 wurde Bezug genommen. In Letzterem wurde festgestellt, dass bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bei einer Polyneuropathie bestehe, die im Zusammenhang mit viralen Infekten und Schwermetall-Intoxikationen stehe. Um der Klägerin unliebsame Folgeerkrankungen zu ersparen, sei eine Medikation mit B12 Vitasprint-Trinkampullen und Folsäure mit Folsan 5 mg aus ärztlicher Indikation zwingend notwendig. Eine Alternative bestehe nicht. Die Klägerin müsse außerdem wegen einer Immunschwäche Vivaglobin erhalten, um bei ihr erneute virale Infekte und deren Folgen zu verhindern.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der seit 1. Oktober 2014 geltenden Fassung seien schriftlich verordnete Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes nur dann beihilfefähig, wenn diese apothekenpflichtig seien. Da es dem Präparat „Vitasprint B12-Trinkampullen“ an der Apothekenpflicht fehle, handele es sich auch um kein beihilfefähiges Arzneimittel. Die der Klage beigefügten fachärztlichen Atteste führten zu keinem anderen Ergebnis. Denn die noch zur Rechtslage vor Beschaffung des streitgegenständlichen Präparats erstellten Atteste führten wegen der fehlenden Apothekenpflicht auch dann nicht zur Beihilfefähigkeit, wenn die Präparate schriftlich verordnet und zur Behandlung einer Erkrankung verwendet würden. Ebenso wenig könne sich die Klägerin aufgrund der früheren Beihilfeleistungen zu dem Präparat auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, da sie im Bescheid vom ... Februar 2015 ausdrücklich auf die neue Rechtslage hingewiesen worden sei.
Beim Präparat „Methylcobalamin Kapseln“ stehe eine Berücksichtigung § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV entgegen, wonach Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, nicht beihilfefähig seien. Darunter fielen u. a. sogenannte Nahrungsergänzungsmittel. Um ein solches handele es sich im Streitfall. Bereits auf ihrer Homepage stelle sich die Herstellerfirma als „professionellen Anbieter hochwertiger, orthomolekularer Nahrungsergänzungsmittel“ dar. Entsprechend beschreibe die Produktinformation zu „Methylcobalamin Kapseln“ den rechtlichen Status des Präparats als Nahrungsergänzungsmittel. Auch die Tatsache, dass der Hersteller eine Verzehrempfehlung statt einer Dosierempfehlung gebe, spreche für ein ergänzendes Lebensmittel. Im Ausnahmefall könne es sich zwar auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel um ein Arzneimittel handeln, wenn dieses eine pharmakologische Wirkung habe. Eine solche Wirkung sei jedoch weder der Beschreibung des Produkts noch den Bescheinigungen des behandelnden Arztes zu entnehmen. Dies könne jedoch offen bleiben da, selbst wenn „Methylcobalamin Kapseln“ ein Arzneimittel wäre, dessen Beihilfefähigkeit wegen der fehlenden Apothekenpflicht gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ausscheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe:
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom ... Juni 2015 bzw. ... August 2015 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist dahingehend auszulegen (vgl. § 88 VwGO), dass unter (teilweiser) Aufhebung des Beihilfebescheids vom... März 2015 und des Widerspruchsbescheids vom ... April 2015 die Gewährung weiterer Beihilfe für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ begehrt wird.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom ... März 2015 und ... April 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil die streitgegenständlichen Rechnungen vom ... März 2015 sind.
2. Gemäß § 18 Satz 1 BayBhV sind beihilfefähig die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen oder Heilpraktikerleistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes - AMG - (Nr. 1), Verbandmittel (Nr. 2), Harn- und Blutteststreifen (Nr. 3) sowie Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nrn. 1 bis 3 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder m menschlichen Körper bestimmt sind (Nr. 4).
2.1 Da „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes sind, richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt:
Zwar wurden die streitgegenständlichen Mittel von einem Arzt schriftlich verordnet, aber weder „Methylcobalamin Kapseln“ noch „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind apothekenpflichtig (vgl. § 43 AMG). Diese Mittel sind vielmehr frei, etwa im Internet, erhältlich (vgl. z. B. www.amazon.de). Die fehlende Apothekenpflicht wurde auch von Klägerseite nicht bestritten.
2.2 Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel ist nach Auffassung des Gerichts auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere ist die Beschränkung nicht wegen Fehlens einer Härtefallregelung unwirksam (vgl. zu § 22 BBhV: OVG NRW, U. v. 20.6.2013 - 1 A 334/11 - juris Rn. 43ff.; BayVGH, U. v. 10.8.2015 - 14 B 14.766 Rn. 34ff.; VG Greifswald, U. v. 25.9.2014 - 6 A 77/13 - juris Rn. 23ff.), da in § 49 Abs. 2 BayBhV eine derartige Härtefallregelung enthalten ist.
2.3 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ auch nicht um Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 AMG handelt.
a) Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Keine Arzneimittel sind insbesondere Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches - LBFG - (§ 2 Abs. 3 AMG). Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Auch Nahrungsergänzungsmittel sind damit im Regelfall keine Arzneimittel (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30). Zwar können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040), namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31). Kann eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall aber nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32).
b) „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind nicht in der sogenannten „Roten Liste“ aufgeführt und nach den Angaben im Internet als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen (vgl. z. B. www. vitabay.net, www.medikamente.netdoktor.de; vgl. zu Vitasprint auch VG Würzburg, U. v. 24.3.2009 - W 1 K 09.2039 - juris Rn. 22ff.). Ihr Hauptbestandteil ist Vitamin B12 bzw. eine daraus gebildete Coenzymform sowie die Aminosäure Glutamin und das Aminosäurederivat DL-Phosphonoserin. Bei Vitaminen und Aminosäuren handelt es sich um Nahrungsbestandteile, die dazu bestimmt sind und bei denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden, was der Definition in Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 entspricht, auf die § 2 Abs. 2 LFGB verweist. Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wurde weder von Klägerseite geltend gemacht noch ist diese den Herstellerangaben zu entnehmen. Vielmehr dienen die Mittel der Deckung eines beeinträchtigten oder höheren Bedarfs des Vitamins B12, sie sollen einen (vorübergehenden) Vitaminmangel bzw. erhöhten Vitaminbedarf ausgleichen.
Nach ihrem überwiegenden Zweck sind „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ somit Nahrungsergänzungsmittel, da sie der allgemeinen Lebenshaltung dienen und unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden können (vgl. a. VG München, U. v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24;
Auch ein verständiger Durchschnittsverbraucher käme bei der Zufuhr von Vitaminen nicht auf die Idee, diese als Arzneimittel einzustufen (vgl. BayVGH, U. v. 17.2.2011 - 14 ZB 10.1403 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind nur Präparate, die durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung, Linderung oder Verhütung einer Krankheit beitragen sollen (vgl. VGH B-W,
Nach alledem handelt es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ - auch wenn deren Einnahme die Beschwerden der Klägerin zu lindern bzw. zu beseitigen vermag - um Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel, so dass diesbezügliche Aufwendungen von der Klägerin aus ihren Bezügen zu bestreiten sind (vgl. auch § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV).
3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfegewährung auch nicht unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch den Umstand, dass sie die Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ selbst tragen muss, unzumutbar belastet wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 257,41 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist gegenüber dem Beklagten beihilfeberechtigt. Auf seinen Antrag vom
Gegen die Ablehnung legte der Kläger mit Schreiben vom
Das Landesamt für Finanzen wies mit Bescheid vom
Bei dem Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln mit der PZN 5135957 sei festgestellt worden, dass es kein Arzneimittel sei, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Im Gegensatz zu früher könne jetzt durch die Angabe der PZN eindeutig für jedes Mittel die Zuordnung zu einer Warengruppe und daher die Beihilfefähigkeit festgestellt werden.
Mit Schreiben vom
Die Klage stütze sich auf Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf fehlerhafte Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften durch den angefochtenen Bescheid. Die PZN und die Zuordnung zu einer Warengruppe seien nicht geeignet, die Beihilfefähigkeit eines fachärztlich verordneten Arzneimittels in Frage zu stellen. Sie diene nur als Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Apothekenprodukten und habe keinerlei amtliche Funktion (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - Rn. 50).
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom
Klageabweisung.
Zur Begründung verwies er darauf, dass für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts München in seinem
In seiner weiteren Klagebegründung vom
An der Richtigkeit des Urteils des VG München
Das Landesamt teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2013 mit, es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2013 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an, bis rechtskräftig über Rechtsmittel gegen das Urteil des VG München
Der Beklagte regte mit Schreiben vom .... März 2015 an, das Verfahren fortzusetzen. Das Gericht wies mit Schreiben vom .... April 2015 darauf hin, dass die Berichterstatterin im Verfahren M 17 K 12.1007 am 31. März 2013 in den Ruhestand getreten sei, so dass sich der Befangenheitsantrag vom 28. Mai 2013 erledigt habe.
Der Beklagte verwies mit Schreiben vom .... Mai 2015 auf ein Urteil des VG Regensburg
Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Mit Einverständnis der Beteiligten (Schriftsatz des Klägers vom 28. Mai 2013 S. 14 unten sowie Schreiben des Beklagten vom 19. Juni 2013 und vom 31. März 2015) kann das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln zu. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 21. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger vorträgt, es sei ihm vor Erlass des Beihilfebescheides nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, gilt Folgendes:
Eine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG musste nicht erfolgen, da sie zwingend nur für die Eingriffsverwaltung vorgesehen ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, in Antragsverfahren vor Erlass des Bescheides dem Bürger ihre Argumente darzulegen. Außerdem hatte der Kläger Gelegenheit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seine Argumente vorzutragen. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre zudem während des gerichtlichen Verfahrens nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden.
Der Beihilfebescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15), geändert durch Verordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 10. November 2012 datiert.
Das streitgegenständliche Präparat ist kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn gemäß § 18 Satz 1 BayBhV (in der bis 30.9.2014 geltenden Fassung). Das bis September 2014 geltende Bayerische Beihilferecht enthielt keine eigene Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzte diesen vielmehr voraus (vgl. etwa BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.). § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) i. d. F. vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I 2005, 3394) kann - wegen des anderweitigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, für Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen - nicht ohne weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, sondern allenfalls als Ausgangspunkt für eine Begriffsbestimmung dienen (BVerwG, U.v. 30.5.1996 - 2 C 5/95 - BayVBl 1997, 572; BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; BayVGH, B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 1012 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 27).
Lediglich als Anhaltspunkt dienen kann die Zulassung oder Registrierung eines Präparats als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 4 AMG oder die Aufnahme in die sog. „Rote Liste“. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist nicht auf die formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter, d. h. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29, u. a. unter Verweis auf BayVGH, U.v. 28.4.1993 - ZBR 1993, 347). Ein Erzeugnis, das geeignet ist, therapeutische Zwecke zu erfüllen, ist in jedem Fall ein Arzneimittel (BVerwG, U. v. 25.7.2007 - 3 C 22/06 - PharmR 2008, 73, 76). Im beihilferechtlichen Sinne maßgeblich ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung und Linderung einer Krankheit zu dienen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.).
Nahrungsergänzungsmittel sind im Regelfall keine Arzneimittel (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30) und daher gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV i. V. m. Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung (VV-BayBhV) i. d. F. vom 1. August 2009 als Güter des täglichen Bedarfs von der Beihilfefähigkeit ausgenommen. Jedoch können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040). Nach neuerer Rechtsprechung gilt dies namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31).
Ist nicht feststellbar, ob der Heilungs- oder der Nahrungsergänzungszweck überwiegt, ist eine Einordnung als Lebensmittel veranlasst (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32). Zur Begriffsdefinition kann auf die auf das Beihilferecht übertragbare Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG zurückgegriffen werden (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 28). Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LBFG) i. d. F. vom 22. August 2011 (BGBl. I 2011, 1770) sind demnach keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) i. d. F. vom 28. April 2005 (BGBl. I 2005, 1161) fallen auch diätetische, also für eine besondere Ernährung bestimmte Lebensmittel unter den Begriff. § 1 Abs. 4a DiätV stellt klar, dass auch „diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ hierzu zählen. Kann bei solchen eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebensmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV.
Unter diesen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff ist das streitgegenständlichen Präparat nach keiner Betrachtungsweise einzuordnen. Die fehlende Beihilfefähigkeit ergibt sich bereits aus § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV. Es handelt sich bei dem Produkt um ein Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätisches Lebensmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 VV-BayBhV zählen dazu auch Nahrungsergänzungsmittel. Diese dienen der allgemeinen Lebenshaltung und können unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24;
Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft des ihm verordneten Produktes substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.; B.v.
Im vorliegenden Fall wird das streitgegenständliche Präparat Vitalux Plus auf der Packung ausdrücklich als „Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen“ oder als „Ergänzende bilanzierte Diät“ „zur diätetischen Behandlung von Altersbedingter Makuladegeneration“ bezeichnet. In der Produktbeschreibung heißt es „Die Zusammensetzung von Vitalux Plus ist speziell darauf ausgerichtet, die natürlichen Schutzmechanismen Ihrer Augen zu unterstützen. (…) Lutein, Zeaxanthin, Omega-3-Fettsäuren und Vitamine müssen dem menschlichen Organismus mit der Nahrung zugeführt werden. Aufgrund unterschiedlicher individueller Lebensstile ist eine ausgewogene Ernährung aber nicht immer möglich. In diesen Fällen kann eine Nahrungsergänzung mit Zink und DHA zum Erhalt der normalen Sehkraft beitragen. Eine positive Wirkung von DHA stellt sich bei einer täglichen Einnahme von 250 mg DHA ein. Eine Nahrungsergänzung mit Vitamin C, Vitamin E, Zink und Kupfer kann in diesen Fällen außerdem dazu beitragen, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen. (…) Die regelmäßige Einnahme von Vitalux Plus über einen längeren Zeitraum ist daher empfehlenswert.“
Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wird dagegen nicht dargetan. Das Präparat ersetzt nur die durch die Krankheit reduzierten Mineralstoffe bzw. Vitamine.
Für die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Präparates kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für den Kläger bzw. seine Ehefrau persönlich eine therapeutische Wirkung haben. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft des Mittels ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung des streitgegenständlichen Präparates würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.;
Die Leistung der Privaten Krankenversicherung ist für das Beihilferecht unerheblich, denn der Umfang der Leistungen hängt vom Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen ab.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen fehlt, wenn um die Auslegung von Recht gestritten wird, dessen Geltung ausläuft. Mit der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352) wurde § 18 Satz 1 BayBhV neugefasst und der Begriff des Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn ausdrücklich definiert. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit keine grundsätzliche Bedeutung.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Arzneimittel, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Außerhalb der Apotheken darf außer in den Fällen des § 47 Abs. 1 mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden. Die Angaben über die Ausstellung oder Änderung einer Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln nach Satz 1 sind in die Datenbank nach § 67a einzugeben.
(2) Die nach Absatz 1 Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimittel dürfen von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Vereinen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts an ihre Mitglieder nicht abgegeben werden, es sei denn, dass es sich bei den Mitgliedern um Apotheken oder um die in § 47 Abs. 1 genannten Personen und Einrichtungen handelt und die Abgabe unter den dort bezeichneten Voraussetzungen erfolgt.
(3) Auf Verschreibung dürfen Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden.
(3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 dürfen ärztliche Einrichtungen, die auf die Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie spezialisiert sind, in ihren Räumlichkeiten einen Vorrat an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf (Notfallvorrat) bereithalten. Im Rahmen der Notfallversorgung darf ein hämostaseologisch qualifizierter Arzt Arzneimittel aus dem Notfallvorrat nach Satz 1 an Patienten oder Einrichtungen der Krankenversorgung abgeben.
(4) (weggefallen)
(5) (weggefallen)
(6) (weggefallen)
(1) Arzneimittel dürfen nur von zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Betrieben erworben werden.
(1a) Arzneimittel dürfen, außer im Falle des § 11a des Apothekengesetzes und des Absatzes 2a, nur in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht und nur durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt werden. Satz 1 ist auf apothekenpflichtige Medizinprodukte entsprechend anzuwenden.
(1b) Automatisierte Ausgabestationen sind zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln nur zulässig, wenn sie sich innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke befinden, einen Zugriff von außen für den Empfänger ermöglichen, sofern eine Ausgabe außerhalb der Betriebszeiten dieser Apotheke vorgesehen ist, und erst durch Personal dieser Apotheke bestückt werden, nachdem
- 1.
die Bestellung des Arzneimittels oder der Arzneimittel bei dieser Apotheke erfolgt ist, - 2.
bereits eine Beratung, die auch im Wege der Telekommunikation durch diese Apotheke erfolgen kann, stattgefunden hat und - 3.
bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes unterliegen, die Verschreibung im Original gemäß den Dokumentationspflichten nach den Absätzen 5 und 6 geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist.
(2) Die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke ist ohne Erlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes zulässig. Bei der Zustellung durch Boten der Apotheke sind die Arzneimittel für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift zu versehen. Absatz 2a Satz 1 Nummer 1, 2 und 8 und Satz 2 gilt entsprechend. Bei einer Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke hat der Apothekenleiter sicherzustellen, dass die Arzneimittel dem Empfänger in zuverlässiger Weise geliefert werden. Die Zustellung muss durch pharmazeutisches Personal der Apotheke erfolgen, wenn vor der Auslieferung
- 1.
bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes unterliegen, die Verschreibung nicht in der Apotheke vorgelegen hat oder - 2.
keine Beratung zu den Arzneimitteln stattgefunden hat.
(2a) Bei dem nach § 11a des Apothekengesetzes erlaubten Versand hat der Apothekenleiter sicherzustellen, dass
- 1.
das Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt; insbesondere müssen die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden; die Einhaltung muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden, - 2.
das Arzneimittel entsprechend den Angaben des Auftraggebers ausgeliefert und gegebenenfalls die Auslieferung schriftlich bestätigt wird; der Apotheker kann in begründeten Fällen entgegen der Angabe des Auftraggebers, insbesondere wegen der Eigenart des Arzneimittels, verfügen, dass das Arzneimittel nur gegen schriftliche Empfangsbestätigung ausgeliefert wird, - 3.
der Besteller in geeigneter Weise davon unterrichtet wird, wenn erkennbar ist, dass die Versendung des bestellten Arzneimittels nicht innerhalb der in § 11a Nr. 3 Buchstabe a des Apothekengesetzes genannten Frist erfolgen kann, - 4.
alle bestellten Arzneimittel, soweit sie im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in den Verkehr gebracht werden dürfen und verfügbar sind, geliefert werden, - 5.
für den Fall von bekannt gewordenen Risiken bei Arzneimitteln dem Kunden Möglichkeiten zur Meldung solcher Risiken zur Verfügung stehen, der Kunde über ihn betreffende Risiken informiert wird und zur Abwehr von Risiken bei Arzneimitteln innerbetriebliche Abwehrmaßnahmen durchgeführt werden, - 6.
die behandelte Person darauf hingewiesen wird, dass sie mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt Kontakt aufnehmen soll, sofern Probleme bei der Anwendung des Arzneimittels auftreten, - 7.
die behandelte Person darauf hingewiesen wird, dass sie als Voraussetzung für die Arzneimittelbelieferung mit ihrer Bestellung eine Telefonnummer anzugeben hat, unter der sie durch pharmazeutisches Personal der Apotheke mit Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel gemäß § 11a des Apothekengesetzes auch mittels Einrichtungen der Telekommunikation ohne zusätzliche Gebühren beraten wird; die Möglichkeiten und Zeiten der Beratung sind ihnen mitzuteilen, - 8.
eine kostenfreie Zweitzustellung veranlasst wird und - 9.
ein System zur Sendungsverfolgung unterhalten wird.
(2b) Für Arzneimittel, die die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten sowie für zur Notfallkontrazeption zugelassene Arzneimittel mit den Wirkstoffen Levonorgestrel oder Ulipristalacetat, ist ein Inverkehrbringen im Wege des Versandes nach § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes nicht zulässig.
(3) Der Apothekenleiter darf Arzneimittel und Medizinprodukte, die der Apothekenpflicht unterliegen, nicht im Wege der Selbstbedienung in den Verkehr bringen.
(4) Verschreibungen von Personen, die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigt sind, sind in einer der Verschreibung angemessenen Zeit auszuführen.
(5) Die abgegebenen Arzneimittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Arzneimittelversorgung entsprechen. Verordnete Arzneimittel, die an Versicherte in der privaten Krankenversicherung, Beihilfeempfänger und Selbstzahler abgegeben werden, können durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden, das mit dem verordneten Arzneimittel in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt, sofern die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt dies nicht ausgeschlossen hat und die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, einverstanden ist. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben oder im Falle der Verschreibung in elektronischer Form der elektronischen Verschreibung hinzuzufügen und das Gesamtdokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Die Vorschriften der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung bleiben unberührt.
(5a) Abweichend von Absatz 5 Satz 1 darf der Apotheker bei der Dienstbereitschaft während der Zeiten nach § 23 Absatz 1 Satz 2 ein anderes, mit dem verschriebenen Arzneimittel nach Anwendungsgebiet und nach Art und Menge der wirksamen Bestandteile identisches sowie in der Darreichungsform und pharmazeutischen Qualität vergleichbares Arzneimittel abgeben, wenn das verschriebene Arzneimittel nicht verfügbar ist und ein dringender Fall vorliegt, der die unverzügliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich macht.
(5b) Abweichend von Absatz 5 Satz 1 und 2 und Absatz 5a darf der Apotheker bei einem verordneten Arzneimittel, das nicht verfügbar im Sinne des § 129 Absatz 2a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist, das verordnete Arzneimittel gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen, sofern der verordnende Arzt dies nicht ausgeschlossen hat und die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, einverstanden ist. Dabei dürfen Apotheker ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:
- 1.
die Packungsgröße, - 2.
die Packungsanzahl, - 3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und - 4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
(6) Bei der Abgabe der Arzneimittel sind auf der Verschreibung und, falls es sich um eine Verschreibung nach § 3a Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung handelt, auf der Durchschrift der Verschreibung, anzugeben oder im Falle der Verschreibung in elektronischer Form der elektronischen Verschreibung hinzufügen
- 1.
der Name oder die Firma des Inhabers der Apotheke und deren Anschrift, - 2.
das Namenszeichen des Apothekers, des Apothekerassistenten, des Pharmazieingenieurs oder des Apothekenassistenten, der das Arzneimittel abgegeben, oder des Apothekers, der die Abgabe beaufsichtigt hat; im Falle der Verschreibung in elektronischer Form ist das Namenszeichen durch eine elektronische Signatur zu ersetzen, wobei der Apothekenleiter die Rückverfolgbarkeit zum jeweiligen Unterzeichner und deren Dokumentation sicherzustellen hat, - 3.
das Datum der Abgabe, - 4.
der Preis des Arzneimittels, - 5.
das in § 300 Abs. 3 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannte bundeseinheitliche Kennzeichen für das abgegebene Fertigarzneimittel, soweit es zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist.
(6a) Bei dem Erwerb und der Abgabe von Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und Zubereitungen aus anderen Stoffen menschlicher Herkunft sowie Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie sind zum Zwecke der Rückverfolgung folgende Angaben aufzuzeichnen:
- 1.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 2.
die Chargenbezeichnung und die Menge des Arzneimittels, - 3.
das Datum des Erwerbs und der Abgabe, - 4.
Name und Anschrift des verschreibenden Arztes sowie Name oder Firma und Anschrift des Lieferanten und - 5.
Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse des Patienten oder bei der für die Arztpraxis bestimmten Abgabe der Name und die Anschrift des verschreibenden Arztes.
- 1.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 2.
die Chargenbezeichnung und die Menge des Arzneimittels, - 3.
das Datum der Abgabe und - 4.
Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort des Patienten.
(6b) Bei dem Erwerb und der Abgabe von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid und dem Erwerb dieser Wirkstoffe sind folgende Angaben aufzuzeichnen:
- 1.
die Bezeichnung und die Chargenbezeichnung des Arzneimittels oder des Wirkstoffs, - 2.
die Menge des Arzneimittels oder des Wirkstoffs, - 3.
das Datum des Erwerbs, - 4.
das Datum der Abgabe, - 5.
Name oder die Firma und die Anschrift des Lieferanten, - 6.
Name und Anschrift der verschreibenden Ärztin oder des verschreibenden Arztes und - 7.
Name und Anschrift der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist.
(6c) Apotheken dürfen von anderen Apotheken keine Arzneimittel beziehen. Satz 1 wird nicht angewendet auf Arzneimittel,
- 1.
die gemäß § 52a Absatz 7 des Arzneimittelgesetzes im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs von Apotheken bezogen werden, - 2.
die von Apotheken bezogen werden, für die dieselbe Erlaubnis nach § 1 Absatz 2 in Verbindung mit § 2 Absatz 4 des Apothekengesetzes erteilt wurde, - 3.
die von Apotheken gemäß § 11 Absatz 3 oder 4 des Apothekengesetzes bezogen werden dürfen, - 4.
die nach Schließung einer Apotheke an einen nachfolgenden Erlaubnisinhaber nach dem Apothekengesetz weitergegeben werden oder - 5.
die in dringenden Fällen von einer Apotheke bezogen werden; ein dringender Fall liegt vor, wenn die unverzügliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich ist und wenn das Arzneimittel nicht rechtzeitig bezogen oder hergestellt werden kann.
(7) Soweit öffentliche Apotheken Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, gelten die Vorschriften des § 31 Abs. 1 bis 3 sowie § 32 entsprechend. Satz 1 gilt für apothekenpflichtige Medizinprodukte entsprechend.
(8) Das pharmazeutische Personal hat einem erkennbaren Arzneimittelmißbrauch in geeigneter Weise entgegenzutreten. Bei begründetem Verdacht auf Mißbrauch ist die Abgabe zu verweigern.
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 17 K 15.1706
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 17. August 2015
17. Kammer
Sachgebiets-Nr. 1335
Hauptpunkte:
Beihilfe;
fehlende Apothekenpflicht;
Nahrungsergänzungsmittel
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle Ansbach Bezügestelle Brauhausstr. 18, 91522 Ansbach
- Beklagter -
wegen Beihilfe
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 17. Kammer,
durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin, ohne mündliche Verhandlung am 17. August 2015 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70%. Mit Formblatt vom ... März 2015 beantragte sie u. a. die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen für zwei Rezepte vom ... März 2015. Hinsichtlich des ersten Rezeptes über 339,80 € wurde mit Bescheid vom ... März 2015 die Beihilfefähigkeit lediglich in Höhe von 144,92 € anerkannt und dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 92,44 € gewährt. Bezüglich der Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ (194,88 €) verneinte der Beklagte die Beihilfefähigkeit. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (z. B. Lebensmittel, Diätkost, ballaststoffreiche Kost, glutenfreie Nahrung, Säuglingsfrühnahrung, Mineral- und Heilwässer, medizinische Körperpflegemittel und dergleichen), nicht beihilfefähig seien (§ 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV). Dies schließe auch Vitamine als Monopräparate und Kombinationen, Mineralstoffe, Mineralstoffkombinationen und Kombinationen von Mineralstoffen mit Vitaminen ein. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ (181,44 €), die mit dem zweiten Rezept verordnet wurden, wurde die Beihilfefähigkeit ebenfalls verneint. Beihilfe könne nicht gewährt werden, da es sich um kein apothekenpflichtiges Arzneimittel nach § 2 AMG handle (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV).
Mit Schreiben vom ... März 2015, beim Beklagten eingegangen am 30. März 2015, legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, wobei sie sich zur Begründung auf ein beigefügtes Attest von Dr. med. ... (Neurologe) vom ... April 2012 bezog. Danach bestehe bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom und eine Homocysteinämie, welche blutchemisch nachgewiesen worden seien. Zusätzlich bestehe eine Immunschwäche, derentwegen das Präparat Unizink unabdingbar zur Einnahme notwendig sei, um Infekte fernzuhalten, insbesondere Virusinfekte. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass im Falle von Schäden, die ohne Berücksichtigung der ärztlichen Maßnahmen unausweichlich seien, und zwar eine funiculäre Myelose, ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt, von Seiten der Klägerin ein Leistungsanspruch an den Kostenträger bestehe zur Übernahme der Kosten für unterlassene Hilfeleistungen.
Diesem Widerspruch wurde mit Bescheid vom ... April 2015 nicht stattgegeben. Im Gegensatz zu früheren Beihilfefestsetzungen sei die Frage, ob „Vitasprint B12 Trinkampullen“ oder andere Präparate apothekenpflichtige Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes seien, nun durch die zwingend notwendige Angabe der PZN (Pharmazentralnummer) zu jedem verordneten Mittel treffend zu beantworten. Es habe festgestellt werden können, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ nicht um ein Arzneimittel handele. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ liege der Arzneimittelstatus zwar vor. Eine Apothekenpflicht für dieses Arzneimittel bestehe jedoch nicht. Die Aufwendungen für die Präparate seien daher jeweils nicht beihilfefähig, auch wenn die Mittel zur Behandlung einer Erkrankung verordnet und verwendet worden seien.
Mit Schriftsatz vom ... April 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hiergegen Klage und beantragten,
den Widerspruchsbescheid vom ... April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Beihilfe entsprechend dem Antrag der Klägerin vom ... März 2015 zu bewilligen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Präparate „Vitasprint B12 Trinkampullen“ und „Methylcobalamin“ beihilfefähig seien, da diese dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen seien. Die Präparate seien der Klägerin aus Anlass einer Krankheit schriftlich verordnet worden, da bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bestehe. Auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren, auf das fachärztliche Attest vom ... April 2012 sowie ein weiteres Attest vom ... November 2010 wurde Bezug genommen. In Letzterem wurde festgestellt, dass bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bei einer Polyneuropathie bestehe, die im Zusammenhang mit viralen Infekten und Schwermetall-Intoxikationen stehe. Um der Klägerin unliebsame Folgeerkrankungen zu ersparen, sei eine Medikation mit B12 Vitasprint-Trinkampullen und Folsäure mit Folsan 5 mg aus ärztlicher Indikation zwingend notwendig. Eine Alternative bestehe nicht. Die Klägerin müsse außerdem wegen einer Immunschwäche Vivaglobin erhalten, um bei ihr erneute virale Infekte und deren Folgen zu verhindern.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der seit 1. Oktober 2014 geltenden Fassung seien schriftlich verordnete Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes nur dann beihilfefähig, wenn diese apothekenpflichtig seien. Da es dem Präparat „Vitasprint B12-Trinkampullen“ an der Apothekenpflicht fehle, handele es sich auch um kein beihilfefähiges Arzneimittel. Die der Klage beigefügten fachärztlichen Atteste führten zu keinem anderen Ergebnis. Denn die noch zur Rechtslage vor Beschaffung des streitgegenständlichen Präparats erstellten Atteste führten wegen der fehlenden Apothekenpflicht auch dann nicht zur Beihilfefähigkeit, wenn die Präparate schriftlich verordnet und zur Behandlung einer Erkrankung verwendet würden. Ebenso wenig könne sich die Klägerin aufgrund der früheren Beihilfeleistungen zu dem Präparat auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, da sie im Bescheid vom ... Februar 2015 ausdrücklich auf die neue Rechtslage hingewiesen worden sei.
Beim Präparat „Methylcobalamin Kapseln“ stehe eine Berücksichtigung § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV entgegen, wonach Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, nicht beihilfefähig seien. Darunter fielen u. a. sogenannte Nahrungsergänzungsmittel. Um ein solches handele es sich im Streitfall. Bereits auf ihrer Homepage stelle sich die Herstellerfirma als „professionellen Anbieter hochwertiger, orthomolekularer Nahrungsergänzungsmittel“ dar. Entsprechend beschreibe die Produktinformation zu „Methylcobalamin Kapseln“ den rechtlichen Status des Präparats als Nahrungsergänzungsmittel. Auch die Tatsache, dass der Hersteller eine Verzehrempfehlung statt einer Dosierempfehlung gebe, spreche für ein ergänzendes Lebensmittel. Im Ausnahmefall könne es sich zwar auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel um ein Arzneimittel handeln, wenn dieses eine pharmakologische Wirkung habe. Eine solche Wirkung sei jedoch weder der Beschreibung des Produkts noch den Bescheinigungen des behandelnden Arztes zu entnehmen. Dies könne jedoch offen bleiben da, selbst wenn „Methylcobalamin Kapseln“ ein Arzneimittel wäre, dessen Beihilfefähigkeit wegen der fehlenden Apothekenpflicht gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ausscheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe:
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom ... Juni 2015 bzw. ... August 2015 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist dahingehend auszulegen (vgl. § 88 VwGO), dass unter (teilweiser) Aufhebung des Beihilfebescheids vom... März 2015 und des Widerspruchsbescheids vom ... April 2015 die Gewährung weiterer Beihilfe für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ begehrt wird.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom ... März 2015 und ... April 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil die streitgegenständlichen Rechnungen vom ... März 2015 sind.
2. Gemäß § 18 Satz 1 BayBhV sind beihilfefähig die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen oder Heilpraktikerleistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes - AMG - (Nr. 1), Verbandmittel (Nr. 2), Harn- und Blutteststreifen (Nr. 3) sowie Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nrn. 1 bis 3 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder m menschlichen Körper bestimmt sind (Nr. 4).
2.1 Da „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes sind, richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt:
Zwar wurden die streitgegenständlichen Mittel von einem Arzt schriftlich verordnet, aber weder „Methylcobalamin Kapseln“ noch „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind apothekenpflichtig (vgl. § 43 AMG). Diese Mittel sind vielmehr frei, etwa im Internet, erhältlich (vgl. z. B. www.amazon.de). Die fehlende Apothekenpflicht wurde auch von Klägerseite nicht bestritten.
2.2 Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel ist nach Auffassung des Gerichts auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere ist die Beschränkung nicht wegen Fehlens einer Härtefallregelung unwirksam (vgl. zu § 22 BBhV: OVG NRW, U. v. 20.6.2013 - 1 A 334/11 - juris Rn. 43ff.; BayVGH, U. v. 10.8.2015 - 14 B 14.766 Rn. 34ff.; VG Greifswald, U. v. 25.9.2014 - 6 A 77/13 - juris Rn. 23ff.), da in § 49 Abs. 2 BayBhV eine derartige Härtefallregelung enthalten ist.
2.3 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ auch nicht um Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 AMG handelt.
a) Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Keine Arzneimittel sind insbesondere Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches - LBFG - (§ 2 Abs. 3 AMG). Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Auch Nahrungsergänzungsmittel sind damit im Regelfall keine Arzneimittel (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30). Zwar können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040), namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31). Kann eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall aber nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32).
b) „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind nicht in der sogenannten „Roten Liste“ aufgeführt und nach den Angaben im Internet als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen (vgl. z. B. www. vitabay.net, www.medikamente.netdoktor.de; vgl. zu Vitasprint auch VG Würzburg, U. v. 24.3.2009 - W 1 K 09.2039 - juris Rn. 22ff.). Ihr Hauptbestandteil ist Vitamin B12 bzw. eine daraus gebildete Coenzymform sowie die Aminosäure Glutamin und das Aminosäurederivat DL-Phosphonoserin. Bei Vitaminen und Aminosäuren handelt es sich um Nahrungsbestandteile, die dazu bestimmt sind und bei denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden, was der Definition in Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 entspricht, auf die § 2 Abs. 2 LFGB verweist. Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wurde weder von Klägerseite geltend gemacht noch ist diese den Herstellerangaben zu entnehmen. Vielmehr dienen die Mittel der Deckung eines beeinträchtigten oder höheren Bedarfs des Vitamins B12, sie sollen einen (vorübergehenden) Vitaminmangel bzw. erhöhten Vitaminbedarf ausgleichen.
Nach ihrem überwiegenden Zweck sind „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ somit Nahrungsergänzungsmittel, da sie der allgemeinen Lebenshaltung dienen und unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden können (vgl. a. VG München, U. v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24;
Auch ein verständiger Durchschnittsverbraucher käme bei der Zufuhr von Vitaminen nicht auf die Idee, diese als Arzneimittel einzustufen (vgl. BayVGH, U. v. 17.2.2011 - 14 ZB 10.1403 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind nur Präparate, die durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung, Linderung oder Verhütung einer Krankheit beitragen sollen (vgl. VGH B-W,
Nach alledem handelt es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ - auch wenn deren Einnahme die Beschwerden der Klägerin zu lindern bzw. zu beseitigen vermag - um Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel, so dass diesbezügliche Aufwendungen von der Klägerin aus ihren Bezügen zu bestreiten sind (vgl. auch § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV).
3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfegewährung auch nicht unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch den Umstand, dass sie die Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ selbst tragen muss, unzumutbar belastet wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 257,41 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tatbestand
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Der Kläger ist beihilfeberechtigter Versorgungsempfänger. Seinen Antrag, ihm auch Beihilfe zu den Aufwendungen für die beiden Medikamente "Doloteffin" und "Dona 200 S" zu gewähren, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Aufwendungen beträfen nicht verschreibungspflichtige Medikamente und seien deshalb nicht beihilfefähig. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte auch insoweit zur Beihilfegewährung in Höhe von 407,65 € verurteilt. Die Berufung der Beklagten blieb insoweit erfolglos, im Wesentlichen aus folgenden Gründen:
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Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BhV in der hier noch anzuwendenden Fassung der 27. und 28. Änderungsvorschrift zu. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen sei nicht wirksam ausgeschlossen worden. Soweit § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente ausschließe, sei der Ausschluss wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig und auch nicht übergangsweise anzuwenden. Durch die verwendete Verweisungstechnik habe sich der Dienstherr der inhaltlichen Kontrolle der Ausschlussregelungen mit Blick auf die von ihm zu wahrenden fürsorgebezogenen Belange bewusst und vollständig begeben. Der Ausschluss führe zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, weil die wirkungsgleiche Übertragung von Grundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung auf das Beihilferecht kein tragfähiges Motiv sei. Darüber hinaus habe er seine Regelungsabsicht verfehlt, weil es an einer § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V entsprechenden Regelung fehle, die es Vertragsärzten in medizinisch begründeten Einzelfällen gestatte, auch nicht zugelassene verschreibungsfreie Medikamente zu verordnen. Außerdem hätte sich der Dienstherr über die Auswirkungen vergewissern müssen, die sich durch den Ausschluss im Gesamtgefüge von Eigenvorsorge, Beilhilfe und verfügbarer Alimentation ergeben. Der Leistungsausschluss stelle einen Eingriff in den Kern der Fürsorgepflicht dar und sei mit ihr unvereinbar, weil er der Rücksichtnahme auf die finanzielle Belastbarkeit des Beamten entbehre. Dies alles schließe auch die nur übergangsweise weitere Anwendung des Leistungsausschlusses aus. Sie widerspreche eindeutig den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten rechtlichen Obersätzen und würde die Anwendung verfassungsrechtswidrigen Rechts perpetuieren.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 20. April 2007 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1, § 141 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Medikamente "Doloteffin" und "Dona 200 S".
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1. Die Beklagte hat ihren Bescheid auf §§ 5 und 6 der Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl S. 918), zuletzt geändert durch Art. 1 der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift - ÄndVwV - vom 30. Januar 2004 (GMBl S. 379), gestützt. Danach wird Beihilfeberechtigten auf Antrag Beihilfe zu den Aufwendungen gewährt, die ihnen u.a. als Folge einer Erkrankung entstehen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und wenn die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BhV sind die vom Arzt schriftlich verordneten Arzneimittel beihilfefähig. Jedoch sind nach Satz 2 Buchst. b dieser Vorschrift nicht beihilfefähig Aufwendungen für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind. Von diesem Leistungsausschluss sind nach Satz 3 der Vorschrift solche Arzneimittel ausgenommen, die nach den Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - aufgrund von § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausnahmsweise verordnet werden dürfen. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für ärztlich verordnete, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel hängt somit von den Entscheidungen des gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten Gemeinsamen Bundesausschusses ab.
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2. Mit Recht geht das angefochtene Urteil davon aus, dass die Beihilfevorschriften in dieser Fassung für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar waren (vgl. Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <105 ff.> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 10 f., vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 9 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17, vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - juris Rn. 8, vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 C 62.08 - ZBR 2010, 88). Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, war die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers noch nicht abgelaufen. Sie sind erst seit Inkrafttreten der Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV, BGBl I 2009 S. 326) am 14. Februar 2009 nicht mehr anwendbar.
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Soweit danach die Beihilfevorschriften weiterhin anwendbar waren, gilt dies grundsätzlich auch für Regelungen über Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen in bestimmten Fällen. Der vorläufigen weiteren Anwendbarkeit der Regelungen über den Leistungsausschluss für die Kosten nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV steht nicht entgegen, dass diese in der 27. ÄndVwV enthaltene Vorschrift erst ab dem 1. August 2004 angewandt wurde (vgl. Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren vom 20. Juli 2004 - D I 5 - 213 100 - 1/14). Sie war bereits Bestandteil des Beihilfeprogramms, das bei Verkündung des Urteils des Senats vom 17. Juni 2004 (a.a.O.) vorhanden war. Ihre Anwendung war lediglich bis zu dem Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsverordnung vom 12. Juli 2004 (BGBl I S. 1611) am 21. Juli 2004 hinausgeschoben (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11 und vom 26. August 2009 a.a.O.).
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3. Allerdings setzt die weitere Anwendbarkeit dieser Regelungen voraus, dass sie nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstoßen (Urteile vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 13 und - BVerwG 2 C 12.07 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 30 Rn. 19). Als Prüfungsmaßstab kommen insbesondere der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Betracht, soweit sie als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlichen Schutz genießt.
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a) Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313 f.> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 4 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. auch Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 Rn. 12). Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Juni 1994 - 1 BvL 14, 15/88 - BVerfGE 91, 118 <123>). Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.
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Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvL 29/87 - BVerfGE 85, 238 <247>). Durch Leistungseinschränkungen und Leistungsausschlüsse darf sich der Vorschriftengeber innerhalb des geltenden Beihilfensystems nicht zu seiner grundsätzlichen Entscheidung in Widerspruch setzen, Beihilfe zu gewähren, soweit sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BhV). Da es sich bei der Begrenzung der Beihilfefähigkeit durch Leistungsausschlüsse und Leistungsbeschränkungen um eine Einschränkung dieses Grundsatzes handelt, bedarf ein Ausschluss oder eine Begrenzung in materieller Hinsicht einer inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung und in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BhV; Urteile vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - IÖD 2009, 174 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14).
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Hieran gemessen ist der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente nicht zu beanstanden. Dieses Differenzierungsmerkmal knüpft daran an, dass die Kaufpreise für diese Medikamente im Allgemeinen deutlich unter den Abgabepreisen für verschreibungspflichtige Medikamente liegen. Der Entscheidung des Vorschriftengebers, Aufwendungen für diese Medikamentengruppe generell von der Beihilfefähigkeit auszuschließen, liegt erkennbar die Wertung zugrunde, dass ihre Beschaffung finanzielle Aufwendungen verursacht, die dem Beamten im Regelfall ohne beihilferechtlichen Ausgleich zugemutet werden können. Hierbei ist in Rechnung zu stellen, dass die Ausschlussregelung nicht ausnahmslos gilt. In den durch § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfassten Fällen, in denen Arzneimittel ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschrieben werden dürfen, greift auch der Beihilfeausschluss nicht ein (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b Satz 2 BhV). Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Dienstherr nicht verpflichtet ist, den Beamten von allen Behandlungskosten im Krankheitsfall freizustellen, beruht dieser Ausschluss somit, an Art. 3 Abs. 1 GG gemessen, auf einem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt.
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b) Auch die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet es nicht, dem Beamten zu den Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Beihilfe zu gewähren. Sie ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <233>; BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <282> = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1 S. 5, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <24> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 S. 27, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 22 und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 13 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17).
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Diesen Anforderungen wird der Ausschluss der Beihilfegewährung für die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV nicht in vollem Umfang gerecht, weil die Beihilfevorschriften, wie das Berufungsgericht mit Recht beanstandet hat, insoweit keine Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten enthalten. Dies gilt ungeachtet des revisionsrechtlich nicht beachtlichen Vortrages des Klägers, es gebe für ihn neben den ihm verschriebenen Medikamenten keine verschreibungspflichtigen und damit beihilfefähigen Medikamente, die in medizinischer Hinsicht gleich wirksam und ohne Nebenwirkungen anwendbar seien.
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Allerdings ist der Dienstherr durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Er muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Der Dienstherr kann die Kosten bestimmter Medikamente ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Aufwendungen, die bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken (Urteile vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 23 m.w.N. und vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 16).
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Jedoch hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf (BVerfG, Beschlüsse vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <100> und vom 7. November 2002 a.a.O. S. 232). Demgegenüber werden die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BhV). Dies mag zwar die Erfüllung der Fürsorgepflicht gegenüber der großen Mehrzahl der Beamten nicht in Frage stellen. Unter Geltung des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" aus Beihilfe und darauf abgestimmter Eigenvorsorge kann der pauschale Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfegewährung aber in Einzelfällen die finanziellen Möglichkeiten des Beamten erheblich übersteigen. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten, wenn deren Behandlung die Einnahme nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfordert, um Nebenwirkungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu verringern. Für derartige Fallgestaltungen muss der Dienstherr normative Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. An einer solchen Härtefallregelung fehlt es in Bezug auf den Leistungsausschluss gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV (Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 17 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 C 62.08 - ZBR 2010, 88).
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An diesen Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht ändert nichts, dass die Ausschlussregelungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b BhV eingeführt wurden, um eine Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten zu erreichen (vgl. Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, Begründung zu Art. 1 Nr. 22, BTDrucks 15/1525). Denn die Sicherungssysteme "gesetzliche Krankenversicherung" und "private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe" weisen grundlegende Strukturunterschiede auf. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 1778/05 - und vom 13. Februar 2008 - 2 BvR 613/06 - jeweils in juris; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 <31 ff.> = Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17; Beschluss vom 19. Juli 2007 - BVerwG 2 B 56.07 - Buchholz 270 § 12 BhV Nr. 2). Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (Urteil vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17).
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Zudem sind die Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen über die Kostenübernahme für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht wirkungsgleich auf das Beihilferecht übertragen worden. Es fehlt an einer § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V entsprechenden Regelung, die es Vertragsärzten in medizinisch begründeten Einzelfällen gestattet, auch solche nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verordnen, die nach den Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses nicht zugelassen sind. Dadurch ermöglicht das Recht der gesetzlichen Krankenversicherungen im Gegensatz zum Beihilferecht Einzelfallentscheidungen, die am Kriterium der medizinischen Notwendigkeit ausgerichtet sind (Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 19 und vom 26. August 2009 a.a.O.).
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Der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht muss während des Übergangszeitraums bis zu der inzwischen in Kraft getretenen Neuregelung des Beihilferechts des Bundes Rechnung getragen werden. Sie verlangt unzumutbare Härten zu vermeiden, die sich in Einzelfällen ergeben können. Hierfür bedarf es einer abstrakt-generellen Härtefallregelung, wie sie die Beihilfevorschriften in § 12 Abs. 2 enthalten. Danach sind die in § 12 Abs. 1 BhV vorgeschriebenen Eigenbehalte für bestimmte beihilfefähige Aufwendungen innerhalb eines Kalenderjahres auf Antrag des Beihilfeberechtigten nicht mehr abzuziehen, sobald diese Abzüge für den Beihilfeberechtigten und seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen zusammen die festgelegte finanzielle Belastungsgrenze überschreiten (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 21 und vom 26. August 2009 a.a.O.).
- 20
-
Um die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderungen im Übergangszeitraum zu gewährleisten, hält es der Senat für angezeigt, die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Falle ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit vorläufig im Rahmen des § 12 Abs. 2 BhV zusätzlich zu den in § 12 Abs. 1 genannten Aufwendungen zu berücksichtigen. Sobald der Gesamtbetrag der Eigenbehalte gemäß § 12 Abs. 1 BhV und der Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel die maßgebende Belastungsgrenze des § 12 Abs. 2 BhV im jeweiligen Kalenderjahr überschreitet, sind weitere derartige Aufwendungen nach den Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu erstatten. Demzufolge sind für die Dauer des Übergangszeitraums auch die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Antrag gemäß § 12 Abs. 2 BhV geltend zu machen. Im Hinblick auf diese Aufwendungen kann dem Antrag nicht entgegengehalten werden, er sei erst nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt worden (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 a.a.O. Rn. 22 und vom 26. August 2009 a.a.O.).
- 21
-
4. Der Ausschluss verschreibungsfreier Medikamente von der Beihilfefähigkeit scheitert nicht an der vom Vorschriftengeber verwendeten Verweisungstechnik. Zu Recht hat das Berufungsgericht zwar hervorgehoben, dass die Übertragung der Entscheidungskompetenz über den Ausschluss bestimmter Arzneimittel auf den nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V gebildeten Bundesausschuss im Wege der dynamischen Verweisung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b Satz 2 BhV verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. So liegt aufgrund der grundlegenden Strukturunterschiede der beiden Sicherungssysteme nahe, die Tatbestände beihilferechtlicher Leistungsausschlüsse normativ festzulegen, anstatt ihre nähere Bestimmung einem Gremium zu überlassen, in dem der Dienstherr nicht vertreten ist und das seine Entscheidungen nach Maßgabe des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaften trifft. Hieraus folgt aber nicht die Unanwendbarkeit der Regeln über Leistungsausschlüsse. Vielmehr hat der Senat mehrfach entschieden, dass den dargestellten Bedenken für den Übergangszeitraum nicht mehr nachgegangen zu werden braucht (Urteil vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 18). Dies gilt nicht nur für den Leistungsausschluss bei potenzsteigernden Mitteln, sondern für alle Leistungsausschlüsse, die den dargelegten Anforderungen des Gleichheitssatzes und der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nicht widersprechen.
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5. Nicht durchgreifend ist auch die Erwägung des Berufungsgerichts, bei der Schaffung der Ausschlussregelungen habe der Beihilfegeber keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen, um dem Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation gerecht zu werden.
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Richtig daran ist, dass sich beihilferechtliche Regelungen über Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen auf das Alimentationsniveau auswirken können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beamte der mit der Regelung - auch - beabsichtigten Verhaltenslenkung nicht entsprechen kann, weil er ohne die Möglichkeit, auf ein verschreibungspflichtiges Medikament auszuweichen, auf ein spezielles verschreibungsfreies Präparat zwingend angewiesen ist. Sofern nicht schon die Beihilfevorschriften selbst für solche Fälle eine Ausnahme vom vollständigen oder teilweisen Leistungsausschluss vorsehen, führt die Absenkung des Alimentationsniveaus jedoch nicht zur Unanwendbarkeit der sie verursachenden Vorschriften. Ist das Beihilfensystem als solches nicht verfassungsrechtlich verankert, so unterliegt der Gesetzgeber auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung keinen Bindungen durch das Alimentationsprinzip. Stellen Absenkungen des Beihilfestandards im Zusammenwirken mit anderen Besoldungseinschnitten die Amtsangemessenheit der Alimentation in Frage, so ist verfassungsrechtlich nicht die Anpassung der Beihilfen, sondern eine entsprechende Korrektur der Besoldungsgesetze geboten, die das Alimentationsprinzip konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 a.a.O. S. 233; Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - DVBl 2007, 1493 <1495>). Sinkt die Alimentation unter das verfassungsrechtlich gebotene Niveau ab, so führt dies nicht dazu, dass bestimmte Kürzungs- oder Streichungsregelungen außerhalb des Besoldungsgesetzes unwirksam oder unanwendbar sind. Dies gilt nicht nur für Vorschriften über die pauschale Selbstbeteiligung an Krankheitskosten (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <25> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 Rn. 24), sondern auch für Regelungen über Leistungsbeschränkungen und Leistungsausschlüsse.
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Aufgrund des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers können Beamten auch dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit ihrer Alimentation in Frage steht, keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Vielmehr sind sie darauf verwiesen, ihren Alimentationsanspruch dadurch geltend zu machen, dass sie Klagen auf Feststellung erheben, ihr Nettoeinkommen sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Teilt das Verwaltungsgericht diese Beurteilung, so muss es nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Besoldungsgesetzes einholen, das die Dienstbezüge festlegt. Demnach wird den Beamten im Erfolgsfall zugemutet abzuwarten, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung getroffen hat (Teilurteil vom 14. November 1985 - BVerwG 2 C 14.83 - Buchholz 235 § 2 BBesG Nr. 6; Urteile vom 20. Juni 1996 - BVerwG 2 C 7.95 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8 und vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <310> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1). Aufgrund der Bindung des Gesetzgebers an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) geht der Senat weiterhin davon aus, dass dieser Weg trotz des damit verbundenen Zuwartens auf ein Tätigwerden des Gesetzgebers mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist. In wirtschaftlichen Notlagen kommen möglicherweise unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht vorläufige Zahlungen in Betracht (vgl. Urteile vom 20. Juni 1996 a.a.O. und vom 20. März 2008 a.a.O. Rn. 29).
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-
6. Nach alledem hat der Kläger keine Beihilfeansprüche für die geltend gemachten Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Der Kläger ist darauf verwiesen, nachträglich einen Antrag nach § 12 Abs. 2 BhV für das Jahr 2005 zu stellen. Ergibt die Einbeziehung dieser Aufwendungen für sich genommen oder zusammen mit Eigenbehalten gemäß § 12 Abs. 1 BhV in diesem Kalenderjahr eine Überschreitung der Belastungsgrenze, so ist dem Kläger der darüber liegende Betrag zu erstatten.
Gründe
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Aktenzeichen: 14 B 14.766
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
(VG München, Entscheidung vom 23. Juli 2012, Az.: M 17 K 11.6231)
14. Senat
Sachgebietsschlüssel: 1315
Hauptpunkte: Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten, hier: Tears again Augenspray und Hylo-Vision Gel sine; Beschränkung der Beihilfefähigkeit durch Verweis auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch.
Rechtsquellen:
Leitsätze:
In der Verwaltungsstreitsache
...
gegen
...,
vertreten durch: Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, DGZ Ring ..., B.,
- Beklagte -
wegen Beihilfe;
hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Winter, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller ohne mündliche Verhandlung am 10. August 2015 folgendes Urteil:
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
(1) Beihilfefähig sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während einer Behandlung verbrauchte
- 1.
Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes, die apothekenpflichtig sind, - 2.
Verbandmittel, - 3.
Harn- und Blutteststreifen sowie - 4.
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte im Sinne des Medizinprodukterechts zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt, in Anlage 4 aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Arzneimittel, die überwiegend der Erhöhung der Lebensqualität dienen (Anlage 5), es sei denn, dass im Einzelfall nicht der in Anlage 5 genannte Zweck, sondern die Behandlung einer anderen Körperfunktionsstörung im Vordergrund steht, die eine Krankheit ist, und - a)
es keine anderen zur Behandlung dieser Krankheit zugelassenen Arzneimittel gibt oder - b)
die anderen zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall unverträglich sind oder sich als nicht wirksam erwiesen haben,
- 2.
verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von - a)
Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt, - b)
Mund- und Rachenerkrankungen, ausgenommen bei - aa)
Pilzinfektionen, - bb)
Geschwüren in der Mundhöhle oder - cc)
nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich,
- c)
Verstopfung, ausgenommen zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase oder - d)
Reisekrankheiten, ausgenommen bei der Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, zum Beispiel Menièrescher Symptomkomplex,
- 3.
nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, es sei denn, sie - a)
sind bestimmt für Personen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und an Entwicklungsstörungen leiden, - b)
wurden für diagnostische Zwecke, Untersuchungen oder ambulante Behandlungen benötigt und - aa)
in der Rechnung als Auslagen abgerechnet oder - bb)
auf Grund einer ärztlichen Verordnung zuvor von der beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Person selbst beschafft,
- c)
gelten bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard und werden mit dieser Begründung ausnahmsweise verordnet; die beihilfefähigen Ausnahmen ergeben sich aus Anlage 6, - d)
sind in der Fachinformation zum Hauptarzneimittel eines beihilfefähigen Arzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben oder - e)
werden zur Behandlung unerwünschter Arzneimittelwirkungen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines beihilfefähigen Arzneimittels auftreten können, eingesetzt; dabei muss die unerwünschte Arzneimittelwirkung lebensbedrohlich sein oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen,
- 4.
traditionell angewendete Arzneimittel nach § 109 Absatz 3 und § 109a des Arzneimittelgesetzes mit einem oder mehreren der folgenden Hinweise auf der äußeren Umhüllung oder der Packungsbeilage des Arzneimittels: - a)
zur Stärkung oder Kräftigung, - b)
zur Besserung des Befindens, - c)
zur Unterstützung der Organfunktion, - d)
zur Vorbeugung, - e)
als mild wirkendes Arzneimittel,
- 5.
traditionelle pflanzliche Arzneimittel nach § 39a des Arzneimittelgesetzes, - 6.
hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung; dies gilt nicht bei Personen unter 22 Jahren oder wenn diese Mittel unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung zur Behandlung einer Krankheit verordnet werden, - 7.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für Arzneimittel, für die Festbeträge nach § 35 Absatz 3, 5 und 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt sind, sind nur bis zur Höhe der Festbeträge beihilfefähig, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 35 Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im Internet veröffentlicht. Aufwendungen für Arzneimittel nach Satz 1 sind über den Festbetrag hinaus beihilfefähig, wenn die Arzneimittel
- 1.
in medizinisch begründeten Einzelfällen verordnet worden sind oder - 2.
in Richtlinien nach § 129 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind.
(4) Aufwendungen für Arzneimittel, bei denen nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist, sind nach Maßgabe der Anlage 8 beihilfefähig. Arzneimittel nach Satz 1 können darüber hinaus im Einzelfall als beihilfefähig anerkannt werden, wenn eine medizinische Stellungnahme darüber vorgelegt wird, dass das Arzneimittel zur Behandlung notwendig ist.
(5) Aufwendungen für ärztlich verordnete Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung sind zur enteralen Ernährung bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit, sich auf natürliche Weise ausreichend zu ernähren, beihilfefähig, wenn eine Modifizierung der natürlichen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Aufwendungen für Elementardiäten sind beihilfefähig für Personen, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mit Kuhmilcheiweiß-Allergie; dies gilt ferner bei Neurodermitis für einen Zeitraum von einem halben Jahr, sofern Elementardiäten für diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Im Übrigen sind Aufwendungen für Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Krankenkost und diätetische Lebensmittel nicht beihilfefähig.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Aufwendungen für Arznei- und Verbandmittel, Teststreifen und Medizinprodukte, die eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker während einer Behandlung verbraucht hat.
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth
Aktenzeichen: B 5 K 15.96
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
rechtskräftig: Nein
5. Kammer
Sachgebiets-Nr. 1335
Hauptpunkte:
- Beihilfefähigkeit eines Vitamin-C-Präparats;
- Fürsorgepflicht
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
gegen
Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle Bayreuth -Bezügestelle Beihilfe- Tunnelstr. 2, 95448 Bayreuth
- Beklagter -
wegen Beamtenrechts (Beihilfe)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 5. Kammer,
durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... und die ehrenamtliche Richterin ... ohne mündliche Verhandlung am 10. November 2015 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen für ihren Ehemann.
1. Die 1965 geborene Klägerin steht als Beamtin im Dienst des Beklagten und ist als solche beihilfeberechtigt. Ihr beihilferechtlich berücksichtigungsfähiger Ehemann ist nicht erwerbstätig. Seine Aufwendungen sind mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v. H. zu berücksichtigen.
Mit Formblattantrag vom
Mit Bescheiden vom
Gegen den Bescheid vom
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamts vom
2. Mit am 19. Februar 2015 eingegangenem Schreiben vom 18. Februar 2015 erhob die Klägerin gegen die Beihilfebescheide vom 1. Dezember 2014 und 3. Februar 2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragt:
1. Der Beihilfebescheid des Landesamtes für Finanzen vom
2. Der Beihilfebescheid des Landesamtes für Finanzen vom
3. Der Beklagte wird verurteilt, die Beihilfefähigkeit des Vitamin-C-Präparats weiterhin anzuerkennen und den beihilfefähigen Kostenanteil für das ärztlich verordnete Vitamin-C-Präparat zu erstatten.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Entscheidung der Beihilfestelle sei nach der Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung zum 1. Oktober 2014, wonach nunmehr die Beihilfefähigkeit von nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln generell ausgeschlossen sei, formal nachvollziehbar und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Jedoch bestünden an der restriktiven Anwendung des neuen Beihilferechts im vorliegenden Einzelfall erhebliche Zweifel, da hier die Notwendigkeit der Einnahme des Arzneimittels besonders schwer wiege. Ihr Ehemann leide an einer schwerwiegenden genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung, welche die Bildung sogenannter Cystinsteine in den Harnwegen zur Folge habe. Aufgrund dessen habe ihm bereits eine Niere entfernt werden müssen. Zur prophylaktischen Beeinflussung des Ausscheidungsprozesses mit dem Ziel der Verhinderung einer Steinbildung sei ihm als lebenslange Therapie neben anderen Medikamenten die Einnahme des streitgegenständlichen Vitamin-C-Präparats verordnet worden. Ein Unterbleiben der Einnahme hätte ein erhebliches Risiko des Verlusts auch der rechten Niere zur Folge. Aus diesem Grund sei die formale Bewertung des Präparats als nicht apothekenpflichtiges Arzneimittel vorliegend nicht ausreichend. Das Medikament werde nicht, wie sonst häufig üblich, als Nahrungsergänzungsmittel bzw. „Lifestyle-Medikament“ eingenommen, sondern es bestehe eine medizinische Notwendigkeit. Die Einschränkung der Beihilfefähigkeit dürfe nicht so weit gehen, dass der Freistaat Bayern seiner Fürsorgepflicht nicht mehr in gebotenem Maße nachkomme. Im vorliegenden Einzelfall müsse Raum für die auch künftige Erstattung dieses medizinisch besonders notwendigen Medikaments geschaffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Dienstherr verpflichtet, in Zweifelsfällen zu prüfen, ob es die Fürsorgepflicht nicht gebiete, eine über die Beihilfevorschriften hinaus gehende Beihilfe zu gewähren. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Sowohl die gesetzliche Krankenkasse als auch die private Krankenversicherung hätten die entstandenen Kosten in der Vergangenheit nach Vorlage entsprechender Atteste erstattet.
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Beihilfefähig seien gem. Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) und § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 4 BayBhV Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach medizinische notwendig und der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Seit Inkrafttreten der Änderungsverordnung zur BayBhV vom 27. Juli 2014 (GVBl S. 352 vom 29.8.2104) am 1. Oktober 2014 seien gem. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen Leistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV nach Art und Umfang schriftliche verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 AMG beihilfefähig. Bei dem streitgegenständlichen Vitamin-C-Präparat handele es sich zwar um ein zugelassenes Arzneimittel nach § 2 AMG, durch die Änderung der BayBhV sei jedoch klargestellt worden, dass nur noch apothekenpflichtige Arzneimittel beihilfefähig seien. Apothekenpflichtige Arzneimittel unterlägen der Kontrolle und bedürften der Beratung durch den Apotheker, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten und den richtigen Umgang mit Medikamenten durch den Verbraucher sicherzustellen. Die Apothekenpflichtigkeit ergebe sich aus der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV). Bei dem Medikament „Hermes Cevitt Orange Brausetabletten“ handele es sich um kein apothekenpflichtiges Arzneimittel, so dass eine Beihilfefähigkeit nicht gegeben sei. Ausnahmen von der Apothekenpflichtigkeit sehe die BayBhV nicht vor. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Die Beihilfe diene nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht dazu, den Beamten von allen schicksalsmäßig auf ihn zukommenden Aufwendungen in Krankheitsfällen frei zu stellen, sondern solle lediglich eine auf der Fürsorgepflicht beruhende Entlastung und damit soziale Ergänzung der Alimentation bewirken. Sie könne die Eigenvorsorge nur ergänzen. Eine umfassende Absicherung aller Aufwendungen sei nicht möglich.
Die Beteiligten erklärten mit am
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Streitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Das Klagebegehren der anwaltlich nicht vertretenen Klägerin ist in ihrem wohlverstandenen Interesse dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass sie unter entsprechender Aufhebung der Bescheide des Landesamts vom 1. Dezember 2014 und 3. Februar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 die Verpflichtung des Beklagten begehrt, jeweils für das Vitamin-C-Präparat „Hermes Cevitt Orange Brausetabletten“ Beihilfe zu gewähren.
3. Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Bescheide des Beklagten vom
a) Beihilferechtliche Streitigkeiten sind grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe begehrt wird, zu beurteilen (vgl. BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40/12 - NVwZ-RR 2014, 609 - juris Rn. 9; BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4/12 - juris Rn. 12). Maßgebend für die Beihilfefähigkeit des in Streit stehenden Vitamin-C-Präparats ist daher die Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352; ber. S. 447), da die geltend gemachten Aufwendungen im November 2014 bzw. Januar 2015 entstanden sind.
b) Nach Art. 96 Abs. 1 BayBG erhalten Beamte für sich, den Ehegatten oder den Lebenspartner, soweit dessen Gesamtbetrag der Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor der Stellung des Beihilfeantrags 18.000 Euro nicht übersteigt, und die im Familienzuschlag nach dem Bayerischen Besoldungsgesetz (BayBesG) berücksichtigungsfähigen Kinder Beihilfen als Ergänzung der aus den laufenden Bezügen zu bestreitenden Eigenvorsorge, solange ihnen laufende Besoldung, Unterhaltsbeihilfe nach Art. 97 BayBesG oder Versorgungsbezüge zustehen Gemäß Art. 96 Abs. 5 BayBG regelt das Staatsministerium der Finanzen das Nähere hinsichtlich des Kreises der beihilfeberechtigten Personen und der berücksichtigungsfähigen Angehörigen, des Inhalts und Umfangs der Beihilfen sowie des Verfahrens der Beihilfengewährung durch Rechtsverordnung, konkret in Gestalt der Bayerischen Beihilfeverordnung. Beihilfen werden dabei zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge gewährt, Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG, § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV.
Die Klägerin macht vorliegend Beihilfeleistungen zu Aufwendungen ihres Ehemannes geltend, der selbst nicht erwerbstätig ist, so dass eine grundsätzliche Beihilfeberechtigung gegeben ist. Der Bemessungssatz beträgt 70 v. H. (Art. 96 Abs. 3 Satz 2 BayBG).
c) Nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV sind beihilfefähig die aus Anlass einer Krankheit nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtige Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes. Hieran ist die Beihilfefähigkeit des streitgegenständlichen Vitamin-C-Präparats zu messen. Das Präparat wurde dem Ehemann der Klägerin zwar von einem Arzt aufgrund einer medizinischen Indikation verordnet, aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 1 AMVerkRV ergibt sich jedoch, dass Ascorbinsäure (Vitamin C), auch als Tabletten, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen oder als Fertigarzneimittel und somit auch das streitgegenständliche Präparat nicht apothekenpflichtig ist. Eine beihilferechtliche Erstattungsfähigkeit ist damit nicht gegeben.
d) Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (OVG NRW, U. v. 20.6.2013 - 1 A 334/11 - juris Rn. 43 ff.; BayVGH, U. v. 10.8.2015 - 14 B 14.766 - juris Rn. 34 ff; beide zu § 22 BBhV). Insbesondere verstößt die Beschränkung nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fordert die Fürsorgepflicht, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126 - juris Rn. 13 m. w. N.). Dabei ist der Dienstherr durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Er muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Der Dienstherr kann die Kosten bestimmter Medikamente ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Aufwendungen, die bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken (BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126 - juris Rn. 15).
Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch den generellen Ausschluss nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel ist im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb nicht gegeben, da die Beihilfevorschriften in § 49 Abs. 2 BayBhV eine Härtefallregelung vorsehen. Danach kann die oberste Dienstbehörde in besonders begründeten Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabs anzunehmen sind, über diese Verordnung hinaus die Gewährung von Beihilfe zulassen. Dadurch ist sichergestellt, dass der pauschale Leistungsausschluss bei nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Einzelfällen, wie z. B. bei chronischen Erkrankungen, die finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen nicht in unzumutbarer Weise übersteigt (vgl. BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12/10 - ZBR 2011, 126 - juris Rn. 16 zum Beihilfeausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel).
Eine solche Fallkonstellation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Klägerin führt aus, die jährlichen Kosten für das Vitamin-C-Präparat beliefen sich auf 360,44 Euro. Davon werden 30% durch die private Krankenversicherung erstattet. Damit verbleibt ein ungedeckter Betrag in Höhe von 252,31 Euro. Darüber hinaus besteht für die Klägerin künftig die Möglichkeit, das nicht preisgebundene Präparat beispielsweise im Internet zu einem günstigeren Preis zu erwerben. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass diese Aufwendungen für die Klägerin und ihren Ehemann zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung führen würde.
e) Auch soweit die Klägerin auf die frühere Erstattung der Aufwendungen durch die Beihilfe bzw. auf die Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung hinweist, vermag dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Beihilfevorschriften bilden kein starres System unabänderlicher Regelungen, sondern unterliegen der Anpassung an die Gegebenheiten durch den Verordnungsgeber. Die Anerkennung von Aufwendung als beihilfefähig bindet den Dienstherrn nicht dergestalt, dass künftig durch Änderungen der zugrundeliegenden Normen nicht auch eine andere Entscheidung ergehen kann. Auch der Verweis auf die Erstattung durch die gesetzliche Krankenkasse geht ins Leere. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Systemunterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Beihilfe unterschiedliche Regelungen rechtfertigen. Die beamtenrechtliche Krankenfürsorge, die auf dem Grundsatz der Vorsorge des Staates für seine Beamten und seine Familie beruht, ist mit der gesetzlichen Krankenversicherung, die Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt, nicht vergleichbar (BVerwG, U. v. 15.12.2005 - 2 C 35/04 - BVerwGE 125, 21 - juris Rn. 33).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 132,25 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
eingeht.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.