Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Sept. 2015 - M 12 K 15.30300
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Klägerin fortzusetzen und über ihren Antrag vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Klägerin wird unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe gewährt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine - nach eigenen Angaben - am ... geborene eritreische Staatsangehörige. Sei reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 7. Mai 2014 ins Bundesgebiet ein (Bl. 44 der Behördenakte) und stellte am 30. Mai 2014 einen Asylantrag (Bl. 6 der Behördenakte). Sie erhielt eine Aufenthaltsgestattung.
Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom
Am ... April 2015 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,
die Beklagte zu verpflichten, den Asylantrag der Klägerin zu bescheiden.
Gleichzeitig beantragte sie,
der Klägerin Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung zu bewilligen.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine Anhörung der Klägerin habe bisher nicht stattgefunden, es sei auch kein Termin dazu mitgeteilt worden. Der Asylantrag sei bereits vor über einem Jahr gestellt worden. Sollte das Bundesamt einen Rückstau in der Sachbearbeitung zur Begründung der Untätigkeit vortragen, sei auf die aktuelle Rechtsprechung zu verweisen. Andauernde Überlastung sei kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 VwGO.
Die Beklagte stellte
keinen Antrag.
Das Gericht bat die Beklagte mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 7. September 2015
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
Gründe
Über die Verwaltungsstreitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sowohl die Klägerbevollmächtigte (Schreiben vom ...9.2015) als auch die Beklagte (Schreiben vom
Die Klage ist als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Die Klägerin hat am 30. Mai 2014, mithin vor fast 16 Monaten, einen Antrag zur Durchführung eines Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gestellt (Bl. 6 der Behördenakte), über den bis heute nicht entschieden ist. Das Bundesamt hat sich zum Vorliegen eines Grundes für die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung auch im Klageverfahren trotz zweifacher Anfrage des Gerichts nicht geäußert. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt und auf entsprechende Schreiben überhaupt nicht reagiert, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entscheiden wird.
Die Klage ist begründet, § 113 Abs. 1 VwGO.
Die Klägerin hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags. Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich direkt aus Art. 16a Abs. 1 GG als einem subjektiv-öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nichtverbescheidung von Anträgen, eintreten. Somit begründet Art. 16a Abs. 1 GG eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund von Art. 16a Abs. 1 GG als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.
Da die Prozessbevollmächtigte keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt hat, kommt es vorliegend auf die Problematik des „Durchentscheidens“ nicht an.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Der Klägerin war Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hatte, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ff. ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Sept. 2015 - M 12 K 15.30300
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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.0.1967 geborene Klägerin ist Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina. Sie führte bereits im Jahr 1995 bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) ein Asylverfahren durch. Den entsprechenden Asylantrag nahm sie am 1. März 1995 zurück. Mit Bescheid vom 19. Mai 1995 stellte das Bundesamt das Asylverfahren ein und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 des damals geltenden Ausländergesetzes nicht vorliegen. Ferner erließ es eine Abschiebungsandrohung.
3Am 5. August 2013 stellte die Klägerin beim Bundesamt einen Wiederaufgreifensantrag mit dem Ziel, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG festzustellen. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2013 fragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Bundesamt an, wann eine Entscheidung erfolgen werde. Weitere Nachfragen nach dem Sachstand erfolgten am 7. November 2013 und am 2. Januar 2014. Mit Schreiben vom 13. Januar 2014 teilte das Bundesamt mit, dass aufgrund der im vergangenen Jahr dramatisch angestiegenen Asylbewerberzugänge derzeit leider keine Aussage hinsichtlich des Verfahrensstandes getroffen werden könne. Daraufhin wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Bundesamt mit Schreiben vom 23. Januar 2014 auf die Regelung des § 75 VwGO hin.
4Nachdem eine Bescheidung nicht erfolgte, hat die Klägerin am 13. Februar 2014 Untätigkeitsklage erhoben.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagte zu verpflichten, in der Person der Klägerin zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG festzustellen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Zur Begründung hat sie zunächst auf Ihr Schreiben vom 13. Januar 2014 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 12. März 2014 hat sie beantragt, das Verfahren für sechs Monate auszusetzen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es liege ein zureichender Grund für die bisherige Nichtbescheidung vor, weil es sich bei der Geschäftslage des Bundesamts um eine vorübergehende Überlastung bzw. besondere Geschäftsbelastung handele.
10Mit Beschluss vom 15. April 2014 hat das Gericht der Klägerin auf ihren entsprechenden Antrag hin für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beteiligten, deren persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden ist, in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie ordnungsgemäß geladen und auf diese Folgen des Ausbleibens mit der Ladung hingewiesen worden sind, § 102 Abs. 2 VwGO.
14Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
15Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Die in § 75 Satz 2 VwGO genannte Frist von drei Monaten war (bereits) im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen: Der Antrag der Klägerin beim Bundesamt datiert auf den 5. August 2013; die Klageerhebung erfolgte am 13. Februar 2014. Dabei wird die Frist des § 75 Satz 2 VwGO für das Asylverfahren nicht durch die Regelung des § 24 Abs. 4 AsylVfG - der eine Benachrichtigung bei mehr als sechsmonatiger Bearbeitungsfrist vorsieht - modifiziert.
16Vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 4. August 2014 - AN 11 K 13.31060 -, juris, Rn. 10.
17Im Übrigen war im Zeitpunkt der Klageerhebung auch die Frist von sechs Monaten seit Stellung des Antrags beim Bundesamt abgelaufen.
18Darüber hinaus lag bzw. liegt weder im Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Antrags der Klägerin im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO vor. Das Bundesamt hat insoweit vorgetragen, es habe exorbitante Zugänge von Asylbewerbern nach Deutschland im zweiten Halbjahr 2012 sowie unverändert hohe Zuzugszahlen seit Beginn des Jahres 2013 gegeben. Dieser Situation müsse bei im Wesentlichen unverändertem Personalbestand durch organisatorische Umverteilungsmaßnahmen und Priorisierungsentscheidungen Rechnung getragen werden.
19Diese Darlegungen rechtfertigen die Annahme eines zureichenden Grundes nicht. Das Vorliegen eines zureichenden Grundes im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO ist zunächst objektiv zu beurteilen. Ein zureichender Grund kann sich etwa aus dem besonderen Umfang oder der besonderen Schwierigkeit der Sachaufklärung sowie der besonderen Schwierigkeit des zu entscheidenden Falls ergeben. Mit Blick auf die Geschäftsbelastung einer Behörde gelten folgende Grundsätze: Zwar kann sich ein zureichender Grund aus einer kurzfristigen besonderen Geschäftsbelastung oder der Überlastung aufgrund einer Gesetzesänderung ergeben, von der ebenfalls anzunehmen ist, dass sie vorübergehend ist. Jedoch liegt ein zureichender Grund nicht bei einer permanenten Überlastung bestimmter Behörden vor, da es in einem solchen Fall Aufgabe des zuständigen Ministeriums bzw. der Behördenleitung ist, für hinreichenden Ersatz zu sorgen oder entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen.
20Brenner, in: Sodann/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Großkommentar, 3. Auflage, 2010, § 75 Rn. 52 mit entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen.
21Gemessen daran stellt die geschilderte - und unzweifelhaft vorliegende - hohe Geschäftsbelastung des Bundesamtes keinen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung des Antrags der Klägerin dar. Zunächst ist die durch den sehr starken Anstieg der Asylbewerberbezahlen begründete Geschäftsbelastung nicht (mehr) vorübergehend. Das Bundesamt hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass der sprunghafte Anstieg der Asylverfahren bereits im zweiten Halbjahr des Jahres 2012 begann und auch danach unverändert hohe Eingangszahlen zu verzeichnen gewesen seien. Zum anderen hat das Bundesamt bzw. die personalausstattende Stelle zwar organisatorische Maßnahmen ergriffen und ist das Personal auch (geringfügig) aufgestockt worden. Diese Maßnahmen genügen jedoch offenkundig nicht, um die eingehenden Asylverfahren in angemessener Zeit bearbeiten zu können. Es wäre insoweit Aufgabe und Pflicht der zuständigen Stelle, das Bundesamt in dem erforderlichen Umfang mit Personal auszustatten.
22Liegt ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung danach nicht vor, hatte das Gericht auch keinen Anlass, dem mit Schriftsatz des Bundesamts vom 12. März 2014 gestellten Antrag, das Verfahren für sechs Monate auszusetzen, nachzugehen. Im Übrigen ist selbst die beantragte Frist der Aussetzung im Zeitpunkt der hiesigen gerichtlichen Entscheidung abgelaufen.
23Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt in angemessener Frist über ihren Wiederaufgreifensantrag betreffend die Feststellung zu § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG entscheidet. Im Rahmen der vorliegenden Untätigkeitsklage sieht sich das Gericht insoweit wegen der Besonderheiten des Asylverfahrens zur Vermeidung des Verlustes einer Tatsacheninstanz gehindert, „durchzuentscheiden“ und eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Das Asylverfahren unterscheidet sich von anderen Verwaltungsverfahren durch seine besondere Struktur. Neben der Tatsache, dass das Bundesamt insoweit mit besonderer Sachkunde ausgestattet ist, gewährt das Asylverfahren auch besondere Verfahrensgarantien.
24Mit gleichem Ergebnis: VG Ansbach, Urteil vom 28. Januar 2014 - AN 1 K 13.31136 -, juris, Rn. 33 ff.; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 7. März 2012 - 21 K 7676/11.A -, juris, Rn. 20 ff; VG Freiburg, Urteil vom 20. März 1997 - A 2 K 13182/95 -, juris, Orientierungssatz 2.
25Diese Erwägungen gelten nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht nur für Asylerst- und Asylfolgeverfahren, sondern auch für das hier angestrengte Verfahren zur Abänderung der vormals getroffenen Feststellung zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG.
26Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 VwGO, 83b Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.