Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Feb. 2016 - M 12 K 14.30620

bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Klägerin vom 15. Juli 2013 innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Entscheidung über ihren bislang noch nicht verbeschiedenen Asylantrag.

Die am ... 1981 geborene, verheiratete Klägerin ist afghanische Staatsangehörige hazarischer Volks- und schiitischer Religionszugehörigkeit. Am 15. Juli 2013 stellte sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag, über den bislang noch nicht entschieden ist.

Mit den Schreiben vom ... Januar 2014, ... März 2014 und ... März 2014 bat die Bevollmächtigte der Klägerin um die Anberaumung eines Anhörungstermins und eine zeitnahe Entscheidung über den Asylantrag. Des Weiteren wies die Bevollmächtigte der Klägerin unter Vorlage eines psychiatrischen Berichts der ...-Klinik ... vom 19. März 2014 darauf hin, dass die Klägerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) und einer schweren depressiven Episode (F32.2) leide. Die Unsicherheit über die Zukunft, die äußeren Umstände und die Ängste und Unsicherheit anderer Personen, die zusammen mit der Klägerin untergebracht seien, verschlimmerten die Situation signifikant.

Das Bundesamt erklärte mit Schreiben vom 27. März 2014, dass aufgrund der derzeitigen Arbeitsbelastung ein konkreter Anhörungstermin nicht genannt werden könne. Es mache von seinem Recht auf Priorisierung Gebrauch.

Am ... April 2014 hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte Untätigkeitsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben lassen. Sie hat ursprünglich beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, bei der Klägerin Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 AsylVfG hinsichtlich Afghanistans festzustellen.

Hilfsweise wurde beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, zugunsten der Klägerin die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes hinsichtlich Afghanistans festzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 75 VwGO erfüllt seien. Eine zureichende Erklärung für die Verfahrensdauer habe die Beklagte auch in ihrer Stellungnahme vom 25. März 2014 nicht gegeben. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 AsylVfG lägen vor. Insoweit werde auf den Inhalt der Verfahrensakte, insbesondere die von der Klägerin vorgelegten Nachweise über ihre Tätigkeit für internationale Organisationen in Afghanistan verwiesen. Die Klägerin sei Schiitin und mit einem Sunniten verheiratet, weshalb sie in Afghanistan auch Schwierigkeiten mit ihrer eigenen und der Familie ihres Ehemannes gehabt habe.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 23. April 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Einer Klage nach § 75 VwGO fehle das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie auf eine gebundene Entscheidung gerichtet sei, der kein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum innewohne. Im Asylverfahren seien überwiegend gebundene Entscheidungen zu treffen. In solchen Fällen sei ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Bescheides zu verneinen. Auf jeden Fall aber liege auf Seiten der Beklagten ein zureichender Grund für die noch nicht erfolgte Verbescheidung vor. Ein zureichender Grund für die verzögerte Entscheidung könne insbesondere in einer vorübergehend besonders hohen Geschäftsbelastung einer Behörde mit anderen Verfahren oder aus anderen Gründen liegen, die diese zwinge, unter anderem Priorisierungsentscheidungen zu treffen. Im Falle der Beklagten könne jederzeit der Geschäftsstatistik entnommen werden, dass sich die Zugangszahlen von Asylantragstellern exorbitant erhöht hätten. Dieser Herausforderung müsse im Asylbereich durch organisatorische Umverteilungsmaßnahmen und Priorisierungsentscheidungen Rechnung getragen werden. Derzeit seien alle Entscheider, Prozesssachbearbeiter und für den Asylbereich reaktivierte, im Asylrecht versierte Regionalkoordinatoren mit dem Abbau des weiter steigenden Antragsanfalls beschäftigt. Die vorübergehende Erhöhung der Verfahrensdauer für Antragsteller aus anderen Herkunftsländern sei daher gegenwärtig unvermeidlich.

Hierauf erwiderte die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom ... Mai 2014, dass der Klage nicht das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen sei. Ein solches ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte in einem Verfahren, welches kein Widerspruchsverfahren kenne, überhaupt noch nicht tätig geworden sei. Gerade bei Anträgen, die auf ein Tätigwerden, die Erteilung einer Genehmigung oder die Anerkennung von Rechten gerichtet seien, komme § 75 VwGO eine wichtige Bedeutung zur effektiven Umsetzung der Grundrechte zu und setze Art. 19 Abs. 4 GG einfachgesetzlich für den Bereich des Verwaltungsrechtes um. Die Entscheidung über einen Asylantrag sei auch kein Sonderfall. Weder sei die Anwendbarkeit von § 75 VwGO gesetzlich ausgeschlossen noch stelle sich die Interessenlage in irgendeiner Form anders dar, als in vergleichbaren Verwaltungsverfahren. Mit dem Status als Asylbewerber seien besonders einschneidende Einschränkungen nicht nur des Aufenthaltsstatus, sondern auch elementarer Grundrechte geknüpft. Daraus resultiere ein schützenswertes Interesse des Asylbewerbers an einer möglichst zeitnahen Sachentscheidung. Die Besonderheiten des Asylverfahrens stünden dem nicht entgegen. Daher sei das Gericht weder daran gehindert, die Sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden. Im Lichte der effektiven Gewährleistung materieller Ansprüche des Bürgers könne auch die derzeit gewählte Priorisierung der Beklagten nicht rechtmäßig sein. Die Erwägungen der Beklagten hierzu seien in jeder Hinsicht sachfremd und insoweit willkürlich.

Am 26. Mai 2014 wurde die Klägerin gemäß § 25 AsylVfG zu ihren Asylgründen angehört.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss des Gerichts vom 12. März 2015 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schreiben vom ... Mai 2015 legte die Bevollmächtigte den Zwischenbericht von Frau ..., Psychologische Psychotherapeutin vom 10. Mai 2015 vor.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. Oktober 2015 wurde das Bundesamt im Verfahren des Ehemanns der Klägerin (Az.: M 25 K 14.30901) verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorlägen. Den Urteilsgründen lässt sich unter anderem entnehmen, dass kein zureichender Grund dafür vorliege, dass über den Asylantrag des Ehemanns der Klägerin bislang noch nicht entschieden wurde.

Auf telefonische Nachfrage des Gerichts teilte das Bundesamt am 8. Dezember 2015 mit, dass es in der Vergangenheit Probleme gegeben habe, da der Fall der Klägerin einem Sachbearbeiter zugewiesen gewesen sei, der hierfür nicht mehr zuständig war. Ein weiteres Problem sei gewesen, dass vor Entscheidung über den Antrag der Klägerin zunächst die Anhörung des Ehemanns der Klägerin abgewartet werden sollte, da beide Verfahren in einem Zusammenhang stünden.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2016 erklärte die Klägerbevollmächtigte, dass über den Asylantrag der Klägerin nach wie vor nicht entschieden worden sei. Sie habe zuletzt am 27. Januar 2016 mit dem Bundesamt Kontakt gehabt. Man habe ihr weiterhin nicht sagen können, wann mit einer Entscheidung über den Asylantrag der Klägerin gerechnet werden könne. Der Ehemann der Klägerin sei bislang noch nicht zu seinen Asylgründen angehört worden.

Die Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung zuletzt beantragt:

die Beklagte zu verpflichten, über den Asylantrag der Klägerin vom 15. Juli 2013 binnen einer Frist von acht Wochen nach Zustellung des Urteils zu entscheiden.

Des Weiteren wurde beantragt,

für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld an die Beklagte nicht unter 25.000 € festzusetzen, hilfsweise Zwangshaft anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2016 entschieden werden, obwohl für die Beklagte kein Vertreter erschienen ist. Die Beklagte wurde ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 5. Februar 2016 form- und fristgerecht zur mündlichen Verhandlung geladen. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Die Regierung von Oberbayern, die sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt, hat in den generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 darum gebeten, ihr ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung verzichtet.

1. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr ursprüngliches Klagebegehren auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 AsylVfG, hilfsweise auf Feststellung der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes hinsichtlich Afghanistans in der Sache aufgegeben hat, liegt eine teilweise Rücknahme der Klage vor. Das Verfahren war insoweit gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

2. Die zulässige Klage hat im Übrigen lediglich im tenorierten Umfang Erfolg. Die Beklagte ist zu verpflichten, über den Asylantrag der Klägerin binnen einer Frist von acht Wochen nach Rechtskraft dieses Urteils zu entscheiden. Soweit beantragt wurde, für den Fall Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld nicht unter 25.000,00 Euro, hilfsweise Zwangshaft, gegen die Beklagte festzusetzen, war die Klage hingegen abzuweisen.

2.1. Die auf Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag der Klägerin vom 15. Juli 2013 gerichtete Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig.

Die in § 75 Satz 1 VwGO geregelten besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Danach ist die Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

Bis zu welchem Zeitpunkt die Frist für eine Entscheidung über einen Asylantrag noch als angemessen zu bewerten ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Hierbei kommt dem Schwierigkeitsgrad der Entscheidung eine maßgebliche Rolle zu. Der Behörde ist umso mehr Zeit für die Entscheidung einzuräumen, je komplexer sich die im Rahmen der Entscheidung über den Asylantrag ergebenden Fragen in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht darstellen. Daneben kann sich auch eine unklare Erkenntnislage hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsland sowie die Verletzung von Mitwirkungspflichten durch den Antragsteller fristverlängernd auswirken (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 29 ff.).

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass eine angemessene Entscheidungsfrist bereits abgelaufen ist. Die seit der Asylantragstellung vom 15. Juli 2013 verstrichene Zeit beträgt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mehr als zweieinhalb Jahre und kann damit sowohl vor dem Hintergrund der Regelung in § 24 Abs. 4 AsylG als auch von Art. 31 Abs. 3 der Europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU (Amtsblatt der Europäischen Union L 180/60) nicht mehr als angemessene Frist angesehen werden. Selbst unter Heranziehung von Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der genannten Richtlinie ist spätestens nach Ablauf von 18 Monaten davon auszugehen, dass eine angemessene Entscheidungsfrist abgelaufen ist.

Weiterhin liegt auch kein zureichender Grund dafür vor, dass über den Asylantrag der Klägerin bislang noch nicht entschieden wurde.

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob ein zureichender Grund für die Verzögerung darin zu sehen ist, dass die Beklagte vor einer Entscheidung über ihren Antrag zunächst den Ehemann der Klägerin zu dessen Verfolgungsschicksal anhören wollte, da beide Verfahren in einem Zusammenhang stehen. Denn angesichts der seit der Asylantragstellung vom 15. Juli 2013 verstrichene Zeit ist davon auszugehen, dass jedenfalls inzwischen kein zureichender Grund mehr für die unterbliebene Verbescheidung besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 75 Rn. 9). Den Urteilsgründen im Verfahren M 25 K 14.30901 lässt sich entnehmen, dass im Fall des Ehemanns der Klägerin ein zureichender Grund für die bislang unterbliebene Verbescheidung seines Asylantrags nicht zu erkennen war.

Ferner reicht auch der von der Beklagten angeführte starke Anstieg der Anzahl der Asylanträge und die damit einhergehende Überbelastung des für die Bearbeitung zuständigen Bundesamtes nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung des Asylantrags der Klägerin annehmen zu können. Denn die Überbelastung einer Behörde kann grundsätzlich nur dann einen zureichenden Grund im Sinne von § 75 VwGO darstellen, wenn es sich lediglich um eine vorübergehende Überbelastung aufgrund besonderer Umstände handelt. Unter Berücksichtigung der statistischen Zahlen kann vorliegend jedoch nicht mehr von einer nur vorübergehenden Überbelastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ausgegangen werden. Denn es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überbelastung der Behörde. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorischen Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - juris; Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Auflage 2015, Rn. 13). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offen bleibt, wann überhaupt über den Antrag entschieden wird.

Auch die von der Beklagten getroffenen Priorisierungsentscheidungen zur Bewältigung der steigenden Asylantragszahlen stellen keinen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag der Klägerin innerhalb einer angemessen Frist dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es der Beklagten als Ausfluss ihrer Organisationshoheit zwar grundsätzlich erlaubt, gewisse Priorisierungsentscheidungen zu treffen (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 38). Priorisierungsentscheidungen sind aber nur in einem gewissen Rahmen zulässig und können keinen zureichenden Grund für eine deutliche Verlängerung der Verfahrensdauer über die Regelbearbeitungszeit hinaus darstellen (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 38). Welche Verlängerung der Bearbeitungsdauer gerade noch mit Priorisierungsentscheidungen gerechtfertigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist eine Verfahrensdauer von über zweieinhalb Jahren - wie hier - nicht mehr davon umfasst. In diesem Fall gewinnt das Interesse der Klägerin an einer Entscheidung über ihren Asylantrag so stark an Gewicht, dass es das Interesse der Behörde an einer Priorisierung überwiegt.

2.2. Die Klage ist zum Teil begründet.

a) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verbescheidung des gestellten Asylantrags (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Unterlassen der Entscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich direkt aus Art. 16a Abs. 1 GG als einem subjektivöffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nichtverbescheidung von Anträgen, eintreten. Somit begründet Art. 16a Abs. 1 GG eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund von Art. 16a Abs. 1 GG als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben (vgl. VG München, U. v. 7.9.2015 - M 12 K 15.30300- juris Rn. 16).

Die für die Entscheidung gesetzte Frist von acht Wochen ab Rechtskraft des Urteils ist verhältnismäßig. Hierbei hat das Gericht neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren seit der Antragstellung insbesondere berücksichtigt, dass eine persönliche Anhörung der Klägerin bereits erfolgt ist. Der Fristlauf war vorliegend jedoch nicht bereits an die Zustellung des Urteils zu knüpfen, sondern an die Rechtskraft des vorliegenden Urteils. Denn eine vorläufige Vollstreckung ist bei Verpflichtungsklagen nur hinsichtlich der Kosten möglich (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).

b) Der Antrag der Klägerin, für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld, hilfsweise Zwangshaft, gegen die Beklagte festzusetzen, bleibt hingegen ohne Erfolg.

Das Gericht legt den Antrag gemäß § 88 VwGO dahingehend aus, dass die Klägerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Beklagte für den Fall der nicht fristgerechten Verbescheidung ihres Asylantrags zusammen mit dem zugrundeliegenden Verpflichtungsurteil begehrt.

Der so verstandene Antrag hat keinen ohne Erfolg.

Zwar kann nach § 172 VwGO auf Antrag ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 Euro gegen eine Behörde festgesetzt werden, wenn diese der ihr im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Aufgrund der Trennung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes zusammen mit dem zu vollstreckenden Titel jedoch nicht möglich (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 172 Rn. 30). Darüber hinaus macht § 172 Satz 1 VwGO die Festsetzung des Zwangsgeldes davon abhängig, dass die Behörde der ihr im Titel auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Dies setzt die Kenntnis des Bundesamts von seiner Verpflichtung und damit die Zustellung des Titels gemäß §§ 168 Abs. 2, 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 750 ZPO voraus (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 172 Rn. 30). Vor Zustellung des Urteils scheidet die Einleitung gerichtlicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen daher aus.

Die Klägerin kann auch nicht hilfsweise die Festsetzung von Zwangshaft gegenüber dem Bundesamt beantragen. Neben den obenstehenden Erwägungen scheidet die Festsetzung von Zwangshaft bereits deshalb aus, weil es sich hierbei um im gerichtlichen Erzwingungsverfahren nicht vorgesehenes Zwangsmittel handelt. Das gerichtliche Erzwingungsverfahren lässt eine (Ersatz-) Zwangshaft bzw. Ordnungshaft gegenüber einer Behörde nicht zu, um Beeinträchtigungen der Exekutive durch den Entzug ihrer Organwalter zu vermeiden (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 172 Rn. 11; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, 2014, § 172 Rn. 4).

Soweit das klägerische Begehren nach § 88 VwGO auch dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Klägerin einen bedingt für den Fall der nicht fristgerechten Verbescheidung Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gestellt hat, bleibt der Antrag ebenfalls ohne Erfolg. Ein bedingt für den Fall der nicht fristgerechten Verbescheidung gestellter Antrag ist bereits unzulässig, da er an eine außerprozessuale Bedingung anknüpft. In jedem Fall ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 172 Satz 1 VwGO jedoch erst möglich, wenn dieses zuvor angedroht wurde (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 172 Rn. 11). Hierdurch trägt § 172 Satz 1 VwGO der besonderen Person des Vollstreckungsschuldners sowie der im Rechtsstaat berechtigten Erwartung, zu weiteren Stufen des Vollstreckungsverfahrens werde es nicht kommen, Rechnung (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 172 Rn. 41). Vor einem Antrag auf Festsetzung des Zwangsgeldes muss die Klägerin als Vollstreckungsgläubigerin daher zwingend die Androhung des Zwangsgeldes beantragen, sofern das Bundesamt seiner Verpflichtung, über den Asylantrag der Klägerin zu entscheiden, nicht nachkommen sollte.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 und 2 VwGO und bemisst sich am geschätzten Umfang des jeweiligen Obsiegens. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Feb. 2016 - M 12 K 14.30620

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Feb. 2016 - M 12 K 14.30620

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 9. Oktober 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag. Bereits am 24. September 2013 beantragte er in Ungarn Asyl. Zu einer Rücküberstellung des Klägers nach Ungarn im Rahmen des Dublin-Verfahrens ist es in der Folge trotz Bereitschaft der ungarischen Behörden (Schreiben vom 28. November 2013) nicht gekommen. Vielmehr wurde dem Kläger trotz offener Überstellungsfrist für den 13. Januar 2014 ein Termin zur persönlichen Befragung vor dem Bundesamt eingeräumt (Schreiben des Bundesamts an die Bevollmächtigte des Klägers vom 7. Januar 2014). Zu dieser Anhörung ist es nicht gekommen; die Bevollmächtigte nahm mit Schriftsatz vom 17. Januar 2014 ausführlich zu den Fluchtgründen des Klägers Stellung.

Mit Schriftsatz vom 4. August 2014 reichte die Bevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht München ein und beantragte,

die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Flüchtling gemäß § 60 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 AsylVfG anzuerkennen.

Das Bundesamt äußerte sich mit Schriftsatz vom 14. August 2014 zum Vorwurf der Untätigkeit und bezog sich hierbei im Wesentlichen auf die in jüngster Zeit stark angestiegenen Zugangszahlen von Asylantragstellern.

Der Kläger ist mit einer afghanischen Staatsangehörigen verheiratet und Vater eines am ... 2014 geborenen gemeinsamen Kindes.

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, § 76 Abs. 1 AsylVfG.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 7. Oktober 2015 erklärte die Bevollmächtigte des Klägers, eine Anhörung vor dem Bundesamt habe nach wie vor nicht stattgefunden. Sie beschränkte den Klageantrag auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Akte des Bundesamts verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Feststellung des Bestehens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans.

Die Klage ist angesichts der seit der Asylantragsstellung am 9. Oktober 2013 verstrichenen Zeitspanne nach § 75 S. 1 Alternative 2 VwGO zulässig.

Über den Asylantrag des Klägers wurde in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Die seit der Asylantragstellung vom 9. Oktober 2013 verstrichene Zeit beträgt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mehr als zwei Jahre bzw. 24 Monate und kann damit sowohl vor dem Hintergrund der Regelung in § 24 Abs. 4 AsylVfG als auch von Art. 31 Abs. 3 der Europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU (Amtsblatt der Europäischen Union L 180/60) nicht mehr als angemessene Frist angesehen werden. Selbst unter Heranziehung von Art. 31 Abs. 3 S. 4 der genannten Richtlinie ist spätestens nach Ablauf von 18 Monaten davon auszugehen, dass eine angemessene Entscheidungsfrist abgelaufen ist.

Es liegt auch kein zureichender Grund dafür vor, dass über den Asylantrag des Klägers bislang noch nicht entschieden wurde. Ein Aussetzen des Verfahrens mit Fristsetzung durch das Verwaltungsgericht nach § 75 S. 3 VwGO scheidet demnach aus. Im Folgenden wird aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück zitiert (VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015, 5 A 390/15, juris, Rn. 33 - 35).

„Die Beklagte beruft sich insoweit auf einen starken Anstieg der Anzahl der Asylanträge und einer damit einhergehenden Überbelastung des für die Bearbeitung zuständigen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Eine Überbelastung der Behörde kann zwar grundsätzlich einen zureichenden Grund i. S. v. § 75 S. 1 VwGO darstellen. Dies korreliert im Übrigen mit der (noch nicht umgesetzten) Regelung in Art. 31 Abs. 3 S. 3 lit. b) der Richtlinie 2013/32/EU, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Verlängerung der Regelbearbeitungszeit von sechs Monaten um höchstens weitere neun Monate für den Fall einräumt, dass eine große Anzahl von Asylanträgen gestellt wird. Dies gilt aber nur dann, wenn es sich lediglich um eine vorübergehende Überbelastung aufgrund besonderer Umstände handelt. Einer länger andauernden Überbelastung ist hingegen mit organisatorischen Maßnahmen zu begegnen und stellt keinen zureichenden Grund im vorgenannten Sinne dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Auflage 2015, Rn. 13; nach der Rspr. des BVerwG, U. v. 11.07.2013 - 5 C 23/12 D -, juris, Rn. 43 rechtfertigen strukturelle Mängel, wie die Überlastung der Gerichte, keine überlange gerichtliche Verfahrensdauer). Bei der Abgrenzung zwischen einer nur vorübergehenden und einer länger andauernden Überlastung muss Berücksichtigung finden, dass die Asylantragszahlen starken Schwankungen ausgesetzt sind und eine konkrete Prognose für künftige Jahre schwer fallen dürfte. Daher wird dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einzuräumen sein, unter Beobachtung der Entwicklung der Asylantragszahlen eine gewisse Zeit abzuwarten, bis Neueinstellungen vorgenommen werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei der dann erfolgenden Einstellung neuen Personals eine gewisse Einarbeitungszeit erforderlich ist. Gerade bei Entscheidungen über Asylanträge bedarf es, neben den rechtlichen Kenntnissen, einer gewissen Grundkenntnis über die aktuelle Lage in den jeweiligen Herkunftsländern. Auch die europarechtlichen Vorgaben (vgl. zehnter Erwägungsgrund zu der Richtlinie 2005/85/EG bzw. sechzehnter Erwägungsgrund zu der Richtlinie 2013/32/EU) sehen vor, dass diese Entscheidungen von Personen getroffen werden, die angemessene Kenntnisse in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten aufweisen oder die hierfür erforderlich Schulung erhalten.

Aber auch unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann sich das Bundesamt nicht mit Erfolg auf seine Überlastung wegen der gestiegenen Asylantragszahlen berufen. Unter Berücksichtigung der statistischen Zahlen kann nämlich nicht mehr von einer nur vorübergehenden Überbelastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ausgegangen werden (so auch VG Würzburg, U. v. 22.04.15 - W 6 K 15.30041 - juris, RN. 18; VG Dresden, U. v. 13.02.2015 - A 2 K 3657/14 -, juris, Rn. 16; VG Braunschweig, U. v. 08.09.2014 - 8 A 618/13 - V.n.b.).

Bereits seit dem Jahr 2010 liegt die Anzahl der im Kalenderjahr gestellten Asylanträge über der Anzahl der in diesem Zeitraum vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen über Asylanträge. Im Kalenderjahr 2010 sind 48.589 Asylanträge gestellt und 48.187 Entscheidungen getroffen worden. Im Kalenderjahr 2011 beträgt das Verhältnis 53.347 Asylanträge zu 43.362 Entscheidungen, im Jahr 2012 bei 77.651 Asylanträgen zu 61.826 Entscheidungen, im Jahr 2013 bei 127.023 Asylanträge zu 80.978 Entscheidungen und im Jahr 2014 bei 202.834 Asylanträge zu 128.911 Entscheidungen (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Juni 2015, S. 4 und 9). Entsprechend dieser Statistik ist auch die Zahl der am Jahresende anhängigen Asylverfahren beim Bundesamt in diesem Zeitraum permanent von 23.289 am Ende des Jahres 2010 auf 169.166 am Ende des Jahres 2014 gestiegen (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 55). Damit übertrifft die Anzahl der Asylanträge die Anzahl der Entscheidungen über Asylanträge bereits seit einem Zeitraum von etwa 5 ½ Jahren. Unter diesen Umständen kann nicht mehr von einer nur vorübergehenden Überbelastung der Behörde gesprochen werden“ (zu alledem vgl. VG Osnabrück, U. v. 14. 10.2015 Az: 5 A 390/15, juris, Rn. 33 - 35).

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die noch einmal deutlich angestiegenen Asylantragszahlen im Kalenderjahr 2015 berufen, denn der Kläger hat seinen Asylantrag nämlich bereits am 9. Oktober 2013 und damit deutlich vor der nochmaligen Zunahme der Asylantragszahlen im Kalenderjahr 2015 gestellt. Es ist auch kein Grund erkennbar, weswegen die auf den 13. Januar 2014 terminierte persönliche Befragung des Klägers nicht wie vorgesehen stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang stellt sich dem Gericht auch die Frage, weshalb das Bundesamt überhaupt einen Termin zur persönlichen Befragung anberaumt hat, nachdem die zuständigen Behörden in Ungarn mit Schreiben vom 28. November 2013 die Übernahme des Klägers im Rahmen des Dublin-Verfahrens zugesagt hatten und die halbjährige Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen war. Jedenfalls im Januar 2014 hätte also durchaus eine Anhörung des Klägers stattfinden können. Dass dies bis zur Entscheidung des Gerichts immer noch nicht geschehen ist, kann vor diesem Hintergrund nicht dem Kläger aufgebürdet werden. Dies gilt umso mehr, als spätestens im Frühjahr 2015 die Tatsache bekannt war, dass der Kläger Vater eines Kleinstkindes ist. Bereits im Juni 2015 hat sich der Berichterstatter des Gerichts mehrmals sowohl schriftlich als auch mündlich beim Bundesamt um eine kurze und unbürokratische Abhilfeentscheidung hinsichtlich des Vorliegens nationaler Abschiebungshindernisse bemüht. Eine kurze Abhilfeentscheidung, die vom zuständigen Sachbearbeiter des Bundesamts inhaltlich auch nicht in Frage gestellt wurde, hätte auch vor dem Hintergrund einer erhöhten Belastung ergehen können, dies umso mehr, als damit umfangreiche Schriftsätze bzw. das Umsetzen eines verwaltungsgerichtlichen Urteils hätte vermieden werden können.

Die Klage ist auch inhaltlich erfolgreich. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans, da gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden kann, dass er in Afghanistan den Lebensunterhalt für sich und seine Familie erwirtschaften kann.

Hinsichtlich des allein noch im Streit stehenden nationalen Abschiebungsverbots ist das Bundesamt nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U. v. 08.09.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319, Rn. 16 und 17). Insoweit ist die Sache auch spruchreif (§ 113 Abs. 5, S. 1 VwGO).

Dass schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen können, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führt und dass dies bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall ist, so dass für sie ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht, ist durch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hinreichend geklärt (vgl. hierzu nur B. v. 4.8.2015, 13 A ZB 1530032, juris). Vorliegend sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die den Fall des Klägers und seiner jungen Familie in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.


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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Klägerin fortzusetzen und über ihren Antrag vom 30. Mai 2014 zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Klägerin wird unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe gewährt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine - nach eigenen Angaben - am ... geborene eritreische Staatsangehörige. Sei reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 7. Mai 2014 ins Bundesgebiet ein (Bl. 44 der Behördenakte) und stellte am 30. Mai 2014 einen Asylantrag (Bl. 6 der Behördenakte). Sie erhielt eine Aufenthaltsgestattung.

Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 6. Juni 2014 wurde die Klägerin dem Landkreis Freising zugewiesen (Bl. 54 der Behördenakte).

Am ... April 2015 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, den Asylantrag der Klägerin zu bescheiden.

Gleichzeitig beantragte sie,

der Klägerin Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung zu bewilligen.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine Anhörung der Klägerin habe bisher nicht stattgefunden, es sei auch kein Termin dazu mitgeteilt worden. Der Asylantrag sei bereits vor über einem Jahr gestellt worden. Sollte das Bundesamt einen Rückstau in der Sachbearbeitung zur Begründung der Untätigkeit vortragen, sei auf die aktuelle Rechtsprechung zu verweisen. Andauernde Überlastung sei kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 VwGO.

Die Beklagte stellte

keinen Antrag.

Das Gericht bat die Beklagte mit Schreiben vom 24. August 2015 und 21. Juli 2015 um Mitteilung, wann mit einer Entscheidung über den von der Klägerin gestellten Antrag zu rechnen ist. Die Beklagte hat auf diese gerichtlichen Schreiben nicht reagiert.

Mit Beschluss vom 7. September 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sowohl die Klägerbevollmächtigte (Schreiben vom ...9.2015) als auch die Beklagte (Schreiben vom 24.6.2015) auf eine solche verzichtet haben.

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Die Klägerin hat am 30. Mai 2014, mithin vor fast 16 Monaten, einen Antrag zur Durchführung eines Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gestellt (Bl. 6 der Behördenakte), über den bis heute nicht entschieden ist. Das Bundesamt hat sich zum Vorliegen eines Grundes für die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung auch im Klageverfahren trotz zweifacher Anfrage des Gerichts nicht geäußert. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt und auf entsprechende Schreiben überhaupt nicht reagiert, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entscheiden wird.

Die Klage ist begründet, § 113 Abs. 1 VwGO.

Die Klägerin hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags. Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich direkt aus Art. 16a Abs. 1 GG als einem subjektiv-öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nichtverbescheidung von Anträgen, eintreten. Somit begründet Art. 16a Abs. 1 GG eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund von Art. 16a Abs. 1 GG als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.

Da die Prozessbevollmächtigte keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt hat, kommt es vorliegend auf die Problematik des „Durchentscheidens“ nicht an.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Der Klägerin war Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hatte, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ff. ZPO.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus den für vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen öffentlich-rechtlicher Schiedsgerichte, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

(2) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.