Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2018 - M 11 K 17.5651

bei uns veröffentlicht am15.02.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds sowie die Androhung eines erhöhten Zwangsgelds.

Die Klägerin betreibt mit gaststättenrechtlicher Erlaubnis vom 18. April 2007, mit der als Betriebsart eine Schankwirtschaft genehmigt worden ist, auf dem Anwesen ... Wiese 2 in ... die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“.

Bereits mit Bescheid vom 24. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens eine Baugenehmigung zur Erweiterung des Kellergeschosses sowie zur Nutzungsänderung des ersten und zweiten Untergeschosses in der Gaststätte „...“ zur Erweiterung der Gaststätte. Die Betriebsbeschreibung „für die Gaststättenerweiterung des ... in die bestehenden Kellergewölberäume“ sah u. a. unter Nummer 4 vor, dass „Musikveranstaltungen (z. B. Konzert, Kabarett, Kleinkunst) in unregelmäßigen Abständen geplant“ seien. Die Betriebsbeschreibung ist mit einem Prüfungsvermerk der Beklagten vom 24. Oktober 2006 versehen, wobei allerdings die Nummer 4 handschriftlich durchgestrichen und daneben der Vermerk „nicht zulässig i. S. VStättV“ angebracht wurde (Bl. 17 der Behördenakte). Der Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2006 selbst enthält unmittelbar nach dem Tenor den – deutlich hervorgehobenen – Hinweis, dass sich die Genehmigung ausschließlich auf den Betrieb einer Gaststätte beziehe und der Betrieb einer Vergnügungsstätte unzulässig sei.

Am 19. Januar 2011 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens ... Wiese 2 eine die Gaststätte betreffende Tekturgenehmigung, die allerdings die zulässige Nutzungsart des Lokals „... Cocktailbar und Lounge“ nicht veränderte. Der Genehmigungsbescheid enthielt in unmittelbarem Anschluss an den Tenor in Fettdruck folgenden Hinweis: „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte (Diskothek) nicht zulässig ist!“.

In der Folge kam es immer wieder zu Beschwerden, da die Klägerin die Gaststätte in der Form einer Vergnügungsstätte betreibe.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin, die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ ab dem 15. März 2013 in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte und somit in einer anderen Betriebsart zu betreiben, als in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 18. April 2007 und den Baugenehmigungen vom 24. Oktober 2006 und 19. Januar 2011 festgelegt sei (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 wurde verfügt, dass zur Einhaltung der in den vorgenannten Bescheiden festgelegten Betriebsart ab dem 15. März 2013 insbesondere folgende „Auflagen“ zu erfüllen seien:

Pro Monat seien in der Gaststätte maximal an zwei Tagen bei der Beklagten angezeigte bzw. von ihr genehmigte Vergnügungsveranstaltungen zulässig. Unter Vergnügungsveranstaltungen seien insbesondere solche Veranstaltungen zu verstehen, bei denen die Lautstärke der musikalischen Darbietung über die einer Hintergrundmusik hinausgehe und der Musik damit eine betriebsprägende Rolle zukomme. Das sei regelmäßig beim Einsatz eines Diskjockeys der Fall, ferner bei Veranstaltungen, bei denen das Tanzen geduldet oder sogar gefördert werde (Nr. 2.1).

Während der Betriebszeit, außerhalb der angezeigten bzw. genehmigten Vergnügungsveranstaltungen, dürfe das Musikangebot allenfalls den Charakter von Hintergrundmusik annehmen und habe sich in der Lautstärke den anderen Geräuschen in der Gaststätte, welche durch Unterhaltung und andere Nebengeräusche entstünden, unterzuordnen (Nr. 2.2).

Hinsichtlich der Nummern 1 bis 2.2 wurde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet (Nr. 3). Ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro je Verstoß wurde für den Fall, dass die Verpflichtungen aus den Nummern 1 bis 2.2 nicht bis spätestens 15. März 2013 erfüllt würden, angedroht (Nr. 4).

Der Bescheid vom 16. Januar 2013 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. Januar 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Januar 2013 ließ die Klägerin gegen den Bescheid vom 16. Januar 2013 Klage erheben (M 11 K 13.295).

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. März 2015 wurde die Klage im Verfahren M 11 K 13.295 abgewiesen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. August 2015 ließ die Klägerin beantragen, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. März 2015 im Verfahren M 11 K 13.295 zuzulassen (1 ZB 15.1673).

Am 3. Oktober 2015 fand in der Zeit von 01:00 Uhr bis 01:30 Uhr eine Gaststättenkontrolle im Betrieb der Klägerin statt. Hinsichtlich der hierbei getroffenen Feststellungen wird auf die Sachverhaltsfeststellung durch die Beklagte samt Lichtbildern (Bl. 1068 bis 1071 der Behördenakte) verwiesen.

Mit Schreiben der Beklagten vom 7. Oktober 2015 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass aufgrund des im Rahmen der Gaststättenkontrolle am 3. Oktober 2015 festgestellten Sachverhalts das im Bescheid vom 16. Januar 2013 unter Nr. 4 angedrohte Zwangsgeld von 1.000,- € zur Zahlung fällig geworden sei.

Gleichzeitig wurde mit Bescheid vom 7. Oktober 2015, der mit dem o.g. Schreiben vom 7. Oktober 2015 verbunden war, ein weiteres Zwangsgeld i.H.v. 2.000,- € je Verstoß für den Fall angedroht, dass die Klägerin die Auflagen unter Nr. 2.1 und 2.2 des Bescheids vom 16. Januar 2013 nicht innerhalb einer Woche nach Zugang dieser Anordnung erfüllt (Nr. 1).

Das Schreiben vom 7. Oktober 2015 sowie der damit verbundene Bescheid vom 7. Oktober 2015 wurden am 15. Oktober 2015 zur Post gegeben (s. Bl. 1078 der Behördenakte).

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 4. November 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben.

Die Klägerin beantragt,

I. Es wird festgestellt, dass das mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 fällig gestellte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist.

II. Der im Schreiben vom 7. Oktober 2015 enthaltene Bescheid wird aufgehoben.

Schriftlich wurde die Klage im weiteren Verlauf nicht begründet. In der mündlichen Verhandlung trug der Bevollmächtigte der Klägerin noch vor, dass die erneute Zwangsgeldandrohung überhöht sei, weil sich die Beklagte am vermeintlichen Umsatz orientiert habe, was bekanntermaßen nicht mit dem zu erwartenden Gewinn übereinstimme. Des Weiteren sei bei der Gaststättenkontrolle am 3. Oktober 2015 nur Hintergrundmusik zu hören gewesen. Zudem sei das Messgerät schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht geeicht gewesen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine nähere Begründung des Abweisungsantrags erfolgte nicht.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Oktober 2017 ist der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung im Verfahren 1 ZB 15.1673 abgelehnt worden.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2017 hat die Klägerin gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2017 im Verfahren 1 ZB 15.1673 Anhörungsrüge erheben lassen (1 ZB 17.2199), die mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2017 zurückgewiesen worden ist.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Januar 2018 hat die Klägerin beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2017 erheben lassen (1 BvR 154/18), über die noch nicht entschieden ist.

Die Kammer hat am 15. Februar 2018 die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, sowohl im Verfahren gegen die Grundverfügung (M 11 K 13.295) als auch im vorliegenden Verfahren sowie auf die Behördenakten, sowohl hinsichtlich des Verfahrens M 11 K 13.295 als auch hinsichtlich des vorliegenden Verfahrens Bezug, genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

a) Der gemäß § 43 Abs. 1 VwGO als solcher zulässige Feststellungsantrag, dass das mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 eingeforderte Zwangsgeld i.H.v. 1.000,- € nicht fällig geworden ist, ist unbegründet, da das Zwangsgeld i.H.v. 1.000,- € fällig geworden ist.

Ein sofort vollziehbarer Verwaltungsakt kann mithilfe eines angedrohten Zwangsgeldes vollstreckt werden, das bei nicht fristgerechter Erfüllung fällig wird, vgl. Art. 19, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 VwZVG.

Der Klägerin wurde mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 16. Januar 2013 aufgegeben, es ab dem 15. März 2013 zu unterlassen, den streitgegenständlichen Gaststättenbetrieb in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu betreiben. Die Zwangsgeldandrohung unter Nr. 4 dieses Bescheids war bereits wegen Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar.

Gegen diese Anordnung hat die Klägerin verstoßen, da sie die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ am 3. Oktober 2015 in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte betrieben hat. Eine Sonderveranstaltung, wie sie gemäß Bescheid vom 16. Januar 2013 zweimal pro Monat zulässig ist, war für den betreffenden Tag weder angezeigt noch genehmigt.

Als Ausgangspunkt für die Auslegung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der „Schank- und Speisewirtschaft“, der in der BauNVO nicht näher definiert ist, können die bundesrechtlichen Legaldefinitionen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GastG dienen (Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 4 Rn. 57). Danach wird eine Schankwirtschaft betrieben, wenn im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden; eine Speisewirtschaft liegt vor, wenn zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. In beiden Fällen muss der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sein. Die in der BauNVO ebenfalls nicht näher definierte „Vergnügungsstätte“ ist dagegen durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 6 Rn. 42).

Unter Würdigung der maßgeblichen Gesamtumstände ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Gaststättenbetrieb der Klägerin zur maßgeblichen Zeit der Gaststättenkontrolle am 3. Oktober 2015 nach wie vor in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte geführt worden ist. Die Kammer hat aufgrund der in den Behördenakten dokumentierten Feststellungen der Gaststättenkontrolle vom 3. Oktober 2015 (Bl. 1068 bis 1071 der Behördenakte) sowie aufgrund der aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung geschöpften richterlichen Überzeugung keine Zweifel, dass der Betrieb der Klägerin zum Zeitpunkt der Gaststättenkontrolle am 3. Oktober 2015 tatsächlich in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erfolgte und nicht in der allein genehmigten Form der Schank- und Speisewirtschaft.

Insbesondere hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die Musikdarbietung über bloße Hintergrundmusik hinausgegangen ist und betriebsprägend war. Gemäß dem Bescheid vom 16. Januar 2013 kommt der Musikdarbietung in der Regel eine prägende Rolle zu, wenn Discjockeys für die Musikauswahl sorgen. Dies war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fall. Aus den Lichtbildern (Bl. 1068 f. der Behördenakte) ist zudem ersichtlich, dass eine ausgelassene Stimmung herrschte. Der Kontrolleur hielt seinen subjektiven Eindruck fest, dass die Lautstärke der Musik sämtliche anderen Nebengeräusche (z.B. Unterhaltungen) deutlich übertönte. Der Kontrolleur hielt zudem fest, dass im Bereich zwischen dem Discjockey und der Bar mehrere Leute tanzten. Die Veranstaltung war dort (nach seinem Eindruck) eindeutig eine Vergnügungsveranstaltung. Weiterhin waren Türsteher im Einsatz, die mithilfe einer Einrichtung die Gesamtzahl von 141 Gästen ermittelten. Das Gericht hat keinen Anlass, an diesen Feststellungen zu zweifeln, insbesondere da auch festgehalten worden ist, dass von den Rauchern vor der Tür kein übermäßiger Lärm ausgegangen ist. Der Einwand des Bevollmächtigten der Klägerin, dass das Messgerät mit dem die Lärmmessungen stattfanden (92 dB(A) im großen Raum und 86 dB(A) im kleinen Raum), nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht geeicht gewesen sei, vermag die richterliche Überzeugungsbildung, dass ein Betrieb in Form einer Vergnügungsstätte vorlag, nicht zu erschüttern. Eine präzise Lärmmessung für die Feststellung, dass das Musikangebot über Hintergrundmusik hinausging, ist zudem weder erforderlich noch allein entscheidend, da hierdurch nicht belegt wird, welcher Anteil die Musik bzw. die Gespräche an diesem Lärm haben. Auch ist die Feststellung eines bestimmten Lärmpegels für sich genommen nicht ausschlaggebend für die Annahme, dass ein Betrieb in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte vorliegt. Die absoluten Lärmwerte sind vielmehr nur ein Kriterium unter mehreren. Entscheidend für die Einstufung des Betriebs als Vergnügungsstätte ist vielmehr ein Gesamteindruck, der sich vorliegend aus der Kumulation der genannten Punkte ergibt. Im Übrigen ist trotz der fehlenden Eichung des Messgeräts anzunehmen, dass eine Lautstärke herrschte, die für Vergnügungsstätten dieser Art typisch ist. In Anbetracht der Tatsache, dass eine Erhöhung um 3 dB(A) jeweils einer Verdoppelung der Lautstärke entspricht und dass der Bereich, in dem sich die Messungen bewegten (zwischen 80 und 100 dB(A)) in etwa einem vorbeifahrenden LKW, einer Motorsäge oder einem Winkelschleifer entspricht (vgl. http://www.sueddeutsche.de/wissen/laerm-wie-laut-ist-welcher-laerm-1.632597), ist nicht ersichtlich, dass eine durch die Nichteichung des Messgeräts hervorgerufene Abweichung über eine Verdopplung der tatsächlichen Lautstärke hinausreicht. Selbst um 3 dB(A) reduzierte Werte würden immer noch zu einer Lautstärke von 89 dB(A) im großen und 83 dB(A) im kleinen Raum führen, und somit zu Werten, die für eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte kennzeichnend sind.

Auch war die Art, wie die Vergnügungsstätte betrieben wurde, im vorliegenden Fall kerngebietstypisch. Dies folgt daraus, dass der gesamte Betrieb offenbar auf einen größeren Einzugsbereich ausgerichtet war sowie darauf, für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar zu sein. Dies folgt insbesondere aus der hohen Anzahl an Gästen (141), der Tatsache, dass sich laut den Feststellungen des Kontrolleurs auch einige Fahrzeuge mit auswärtigem Kennzeichen auf dem Parkplatz befanden, sowie einem in den Akten befindlichen Ausdruck aus dem Internetauftritt der Klägerin (wohl Bl. 1067 der Behördenakte) vom 2. Oktober 2015. Aus letzterem ist ersichtlich, dass über den gesamten Monat Oktober 2015 hinweg jeder Freitag und Samstag mit einem bestimmten Motto und dem Auftritt eines Discjockeys beworben worden ist. Lediglich bespielhaft seien hier genannt: „...“ am 2. Oktober 2015 mit „DJ ... (Neuraum ...)“, „...“ am 3. Oktober 2015 mit „... vs. DJ R.“; in der Cocktailbar: „Heimatabend mit ...“, „...“ am 9. Oktober 2015 mit „DJ ... (...)“ und „...“ am 10. Oktober 2015 mit „... (...)“ etc.

b) Der zulässige Anfechtungsantrag hinsichtlich des Bescheids vom 7. Oktober 2015, mit dem ein erhöhtes Zwangsgeld angedroht wurde, ist ebenfalls unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Da das zunächst angedrohte Zwangsgeld i.H.v. 1.000,- € fällig geworden ist, weil die Klägerin gegen die Anordnung vom 16. Januar 2013 verstoßen hat (s.o.), konnte ein weiteres, erhöhtes Zwangsgeld angedroht werden.

Auch bestehen hinsichtlich der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keine Bedenken, da Rechtsfehler im Bescheid insoweit nicht erkennbar sind. Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder dem Unterbleiben der Handlung hat, erreichen, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Diesbezüglich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betrag von 2.000,- € unverhältnismäßig wäre. Zum einen entspricht der Umsatz zwar zugegebenermaßen nicht dem Reingewinn. Allerdings gibt es schon keinen Rechtssatz, der besagt, dass sich das Zwangsgeld der Höhe nach am zu erwartenden Gewinn zu orientieren hat. Jedenfalls sind 2.000,- € ohnehin unter Berücksichtigung der Gastzahl von 141 Personen zum maßgeblichen Zeitpunkt und eine Zugrundelegung von 10,- € Umsatz pro Gast, unter Berücksichtigung der Art und Weise der konkreten Ausgestaltung des Betriebs, der auf Amüsement angelegt ist (s.o.), eine sehr zurückhaltende Schätzung. Zum anderen ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nachweislich bereits einmal gegen dieselbe zwangsgeldbewehrte Auflage verstoßen hat. Aufgrund dessen steigt regelmäßig auch der Betrag an, der als verhältnismäßig angesehen werden kann, um den Pflichtigen zur Einhaltung der Erfüllung anzuhalten, da er bereits einmal gezeigt hat, dass er sich nicht an die zu vollstreckende Anordnung hält.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2018 - M 11 K 17.5651

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe 1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft),3.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Okt. 2017 - 1 ZB 15.1673

bei uns veröffentlicht am 04.10.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht München Urteil, 19. März 2015 - M 11 K 13.295

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 11 K 13.295 Im Namen des Volkes Urteil vom 19. März 2015 Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: Nutzungsuntersagung; kerngebiets

Referenzen

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 11 K 13.295

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. März 2015

Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Nutzungsuntersagung; kerngebietstypische Vergnügungsstätte

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... Gastronomie GmbH vertreten durch die Geschäftsführer ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

... - Beklagte -

wegen Nutzungsuntersagung ... Wiese 2

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 11. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2015 am 19. März 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem ihr untersagt wird, die von ihr auf dem Anwesen ... Wiese 2 in ... betriebene Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ als kerngebietstypische Vergnügungsstätte zu betreiben. Das Grundstück liegt im Umgriff des Bebauungsplans „... Wiese“, der für die fragliche Fläche die Nutzungsart „Mischgebiet“ festsetzt. Außerdem liegt es im Umgriff des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“, nach dessen textlichen Festsetzungen bestimmte Nutzungen von der Zulässigkeit ausgenommen sind.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens eine Baugenehmigung zur Erweiterung des Kellergeschosses sowie zur Nutzungsänderung des ersten und zweiten Untergeschosses in der Gaststätte „...“ zur Erweiterung der Gaststätte. Die Betriebsbeschreibung „für die Gaststättenerweiterung des ... in die bestehenden Kellergewölberäume“ sah u. a. unter Nummer 4 vor, dass „Musikveranstaltungen (z. B. Konzert, Kabarett, Kleinkunst) in unregelmäßigen Abständen geplant“ seien. Die Betriebsbeschreibung ist mit einem Prüfungsvermerk der Beklagten vom ... Oktober 2006 versehen, wobei allerdings die Nummer 4 handschriftlich durchgestrichen und daneben der Vermerk „nicht zulässig i. S. VStättV“ angebracht wurde (Bl. 17 d. A.). Der Genehmigungsbescheid vom ... Oktober 2006 selbst enthält unmittelbar nach dem Tenor den - deutlich hervorgehobenen - Hinweis, dass sich die Genehmigung ausschließlich auf den Betrieb einer Gaststätte beziehe und der Betrieb einer Vergnügungsstätte unzulässig sei.

Am 29. März 2007 vermietete der Eigentümer die Kellerräume zur gastronomischen Nutzung an die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin. Am ... April 2007 wurde der Klägerin für das Lokal, die „... Cocktailbar und Lounge“, eine Gaststättenerlaubnis - Betriebsart: Schankwirtschaft - erteilt.

Mit Schreiben vom 18. September 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es gebe Lärmbeschwerden von Anwohnern. Außerdem habe man dem Wochenprogramm entnommen, dass jeden Mittwoch ein ...-Tanzkurs mit anschließender „...-Party“, jeden ersten Mittwoch im Monat eine „...-Vibes mit DJ“, jeden Donnerstag eine „...-Party mit DJ“, jeden Freitag ein „Clubabend mit DJ“ und jeden Samstag eine Party mit DJ stattfinde. Die Klägerin werde darauf hingewiesen, dass nur eine gaststätten- und baurechtliche Genehmigung für eine „Schank- und Speisewirtschaft“ vorliege, in der maximal vier „sog. öffentliche Vergnügungsveranstaltungen“ pro Monat durchgeführt werden dürften. Bei der Vielzahl der öffentlichen Vergnügungsveranstaltungen der Klägerin handele es sich um eine Vergnügungsstätte, welche dort baurechtlich nicht zulässig sei (Bl. 66 d. A.).

Nach erneuten Lärmbeschwerden von Anwohnern in November 2009 kontrollierte das Ordnungsamt der Beklagten am 9. Dezember 2009 das Lokal. In einem Vermerk vom 10. Dezember 2009 wurde u. a. festgehalten, dass sich im „Nebenraum“ eine Tanzfläche, eine Diskjockey-Kabine mit einer leistungsstarken Musikanlage und an der Decke mehrere farbige Strahler als Teil einer „Lichtorgel“ befänden. Der Raum mache den Gesamteindruck einer Diskothek (Bl. 110). In einem weiteren Vermerk vom 10. Dezember 2009 hielt das Ordnungsamt fest, dass ein „Kompromiss“ denkbar wäre, der „auf Widerruf sehr großzügig jeweils für z. B. 3 Tage in der Woche“ Tanz- bzw. Diskoveranstaltungen nach vorheriger LStVG-Anzeige erlaube, wobei um 24.00 Uhr (Mittwoch/Donnerstag) bzw. 02.00 Uhr (Freitag/Samstag) die Musik enden solle, das Lokal aber danach noch ohne Musik bis 05.00 Uhr offen gehalten werden dürfe (Bl. 114).

Mit Schreiben vom 28. Februar 2010 stellte der Eigentümer des Anwesens ... Wiese 2 bei der Beklagten einen Antrag auf Änderung des Bebauungsplans „... Wiese“. Anstelle des bisher festgesetzten Mischgebiets solle wegen der Gastronomieräumlichkeiten im zweiten Kellergeschoss seines Anwesens ein Sondergebiet festgesetzt werden. Beigefügt war ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Schallschutzgutachten vom 22. Februar 2010.

Am ... Januar 2011 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens ... Wiese 2 eine die Gaststätte betreffende Tekturgenehmigung, die allerdings die zulässige Nutzungsart des Lokals „... Cocktailbar und Lounge“ nicht veränderte. Der Genehmigungsbescheid enthielt in unmittelbarem Anschluss an den Tenor in Fettdruck folgenden Hinweis: „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte (Diskothek) nicht zulässig ist!“.

Im April 2011 beantragte ein in ... ansässiger Unternehmer bei der Beklagten, gegen die Klägerin bauaufsichtlich einzuschreiten, Er machte geltend, mit einem von ihm beabsichtigten Vorhaben, in ... eine Vergnügungsstätte betreiben zu dürfen, bei der Beklagten auf eine ablehnende Haltung gestoßen zu sein (Bl. 308 d. A.). Die Beklagte, der Eigentümer des Anwesens „... Wiese 2“ und die Klägerin versuchten, eine Übergangslösung bis zu einer Bebauungsplanänderung zu finden (Bl. 340 d. A.). Der zuständige Ausschuss des Stadtrats der Beklagten beschloss am ... Juni 2011, den derzeitigen Betrieb nur noch bis Ende 2011 zu dulden; bis dahin müsse vom Eigentümer des Anwesens das Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht sein (Bl. 346 d. A.). Das gelang jedoch nicht. Der vorgenannte Konkurrent der Klägerin wandte sich in der Folge an die Regierung ... (im Folgenden: Regierung). In einer Besprechung, die dort am 13. Februar 2012 stattfand, schlug die Beklagte vor, der Klägerin zwei bis drei Tanzveranstaltungen pro Woche zu erlauben, die Regierung hielt jedoch maximal zwei Vergnügungs- bzw. Tanzveranstaltungen pro Monat für zulässig (Bl. 577 d. A.). In einer weiteren Besprechung am 25. Mai 2012 vertrat die Regierung die Ansicht, dass eine weitere Duldung nicht mehr vertretbar sei (Bl. 618 d. A.).

Mit Schreiben vom 13. Juli 2012 wies die Beklagte die Geschäftsführer der Klägerin darauf hin, dass sie ihre Gaststätte mittlerweile fortgesetzt als Vergnügungsstätte betreiben würden. Sie müssten den Betrieb der Gaststätte auf den bau- und gaststättenrechtlich konzessionierten Umfang nach der Betriebsart Schankwirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit „zurückfahren“. Man empfahl die Einhaltung eines Stufenplans, der u. a. in der letzten Stufe, die bis zum 26. August 2012 erreicht sein sollte, im Wesentlichen vorsah, dass nur noch zwei Tanzveranstaltungen pro Monat stattfinden. Gelegenheit zur Äußerung wurde gegeben (Bl. 635 d. A.).

Auf Bitte des Bevollmächtigten der Klägerin verlängerte die Beklagte die Äußerungsfrist mehrfach weiter, zuletzt mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 bis zum 6. November 2012 (Bl. 683 d. A.).

Mit Schreiben vom 6. November 2012 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, er werde das nun noch in Feinheiten auszuarbeitende Konzept zur Fortführung des Unternehmens bis Ende der nächsten Woche übermitteln (Bl. 685). Das geschah jedoch in der Folge nicht.

Mit Bescheid vom ... Januar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin, die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ ab dem 15. März 2013 in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte und somit in einer anderen Betriebsart zu betreiben, als in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 18. April 2007 und den Baugenehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 festgelegt sei (Nummer 1 des Bescheids). In Nummer 2 wurde verfügt, dass zur Einhaltung der in den vorgenannten Bescheiden festgelegten Betriebsart ab dem 15. März 2013 insbesondere folgende „Auflagen“ zu erfüllen seien:

Pro Monat seien in der Gaststätte maximal an zwei Tagen bei der Beklagten angezeigte bzw. von ihr genehmigte Vergnügungsveranstaltungen zulässig. Unter Vergnügungsveranstaltungen seien insbesondere solche Veranstaltungen zu verstehen, bei denen die Lautstärke der musikalischen Darbietung über die einer Hintergrundmusik hinausgehe und der Musik damit eine betriebsprägende Rolle zukomme. Das sei regelmäßig beim Einsatz eines Diskjockeys der Fall, ferner bei Veranstaltungen, bei denen das Tanzen geduldet oder sogar gefördert werde (Nummer 2.1).

Während der Betriebszeit, außerhalb der angezeigten bzw. genehmigten Vergnügungsveranstaltungen, dürfe das Musikangebot allenfalls den Charakter von Hintergrundmusik annehmen und habe sich in der Lautstärke den anderen Geräuschen in der Gaststätte, welche durch Unterhaltung und andere Nebengeräusche entstünden, unterzuordnen (Nummer 2.2).

Hinsichtlich der Nummern 1 bis 2.2 wurde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet (Nummer 3). Ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro je Verstoß wurde für den Fall, dass die Verpflichtungen aus den Nummern 1 bis 2.2 nicht bis spätestens 15. März 2013 erfüllt würden, angedroht (Nummer 4).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen an:

Die Gaststätte der Klägerin verfüge über zwei Gasträume mit zusammen ca. 163 m². Der größere Gastraum sei mit einer leistungsstarken Musikanlage, einem DJ-Bereich und einer Lichtorgel ausgestaltet. In der Regel würden von Mittwoch bis Samstag Tanz- bzw. Vergnügungsveranstaltungen mit wechselnden Diskjockeys angeboten. Sonderveranstaltungen kämen hinzu. Die Konzeption der Gaststätte sei auf ein größeres, allgemeines Publikum ausgerichtet, welches vom Einzugsbereich nicht nur die nähere Umgebung, sondern zumindest das gesamte Stadtgebiet und die Nachbargemeinden umfasse. Die Autokennzeichen der Gäste sowie die Werbung im Internet ließen sogar auf einen Einzugsbereich bis außerhalb des Landkreises schließen.

Für eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO reiche grundsätzlich die bloße formelle Rechtswidrigkeit. Da die baurechtlichen Genehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 lediglich die Erweiterung einer Gaststätte ohne besondere Betriebseigentümlichkeit zuließen und beide Genehmigungen auch ausdrücklich darauf hinweisen würden, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte nicht zulässig sei, sei der derzeitige Betrieb als Vergnügungsstätte baurechtlich nicht genehmigt und formell rechtswidrig. Diese formell rechtswidrige Nutzung dürfe grundsätzlich nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig sei. Das Grundstück liege im Geltungsbereich zweier Bebauungspläne. Der Bebauungsplan „... Wiese“ sei ursprünglich im Jahr 1983 bekannt gemacht worden, die letzte Änderung stamme aus dem Jahr 1990, die jedoch die Grundzüge der Planung nicht tangiert habe. Es komme somit möglicherweise die BauNVO aus dem Jahr 1977 oder deren Fassung aus dem Jahr 1990 in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BVerwG könnten Diskotheken oder diskothekenähnliche Betriebe, die der oben beschriebenen Ausgestaltung der Gaststätte der Klägerin entsprächen, nicht nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 als sonstige Gewerbebetriebe zugelassen werden. Mit der BauNVO 1990 hätten die Vergnügungsstätten eine eigenständige Regelung erhalten. Im Mischgebiet seien Vergnügungsstätten in Baugebietsteilen mit überwiegend gewerblicher Nutzung allgemein zulässig, in den übrigen Baugebietsteilen ausnahmsweise. In beiden Fällen dürfe es sich aber nicht um kerngebietstypische Vergnügungsstätten handeln. Die gastronomische Einrichtung der Klägerin sei aber als kerngebietstypische Vergnügungsstätte anzusehen.

Die als Vergnügungsstätte einzustufende Gaststätte der Klägerin stehe auch im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“. Die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung komme nicht in Betracht.

Die Anlage stehe auch gaststättenrechtlich in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Der derzeitige Betrieb stelle einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 GastG dar, der zum Widerruf der Erlaubnis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG führen könne.

Sowohl Art. 76 Satz 2 BayBO als auch § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG räumten der Behörde Ermessen ein. Die privaten Interessen der Klägerin und des Verpächters, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, sei kein Grund, die formell rechtswidrige und mit großer Wahrscheinlichkeit auch materiell rechtswidrige Nutzung weiter zu gestatten. Die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen sei schon dadurch gewährleistet, dass nicht von der einschneidenderen Maßnahme des Widerrufs der gaststättenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG Gebrauch gemacht worden sei, sondern durch die teilweise Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO die Möglichkeit erhalten bleibe, eine Schankwirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeiten weiter zu betreiben. Ferner sei eine ausreichende Frist für die Umstellung des Betriebs festgesetzt worden. Die höchstens zulässige Anzahl von 2 Vergnügungsveranstaltungen pro Monat sei auch eher großzügig bemessen.

Die Klägerin erhob am 23. Januar 2013 Klage, zu deren Begründung der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. April 2013 im Wesentlichen vorbrachte:

Die Klägerin betreibe zum Zeitpunkt des Erlasses der hoheitlichen Verfügung in zulässiger Weise eine bau- und gaststättenrechtlich genehmigte Schank- und Speisewirtschaft, allerdings in moderner, zeitgemäßer und vor Ort überaus beliebter Form. Der in der Besucherzahl ohnehin auf 200 Gäste, sich meterweise unter der Erde befindliche Betrieb der Klägerin, öffne Mittwoch bis Freitag um 18.00 Uhr, am Samstag um 19.00 Uhr. Die im Wesentlichen aus der näheren Umgebung stammenden Gäste seien nicht mehr jugendlich. Sie seien normal gekleidet und jedweden Alters über dem festgelegten Eintrittsalter von 23 Jahren. Sie blieben in der Regel den ganzen Abend ohne Eintrittsgeld bezahlen zu müssen im Lokal und gingen ausschließlich zum Rauchen nach oben. Die Türen seien grundsätzlich geschlossen, so dass insbesondere von unten kein Lärm nach oben dringe. Die mit dem Auto kommenden Gäste würden auf einem privaten Parkplatz neben dem Eingangsbereich oder hinter der alten Gaststätte bzw. im Übrigen im öffentlichen Parkraum parken. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe bei seinem Ortstermin fast ausschließlich Autos mit ... Kennzeichen gesehen. Es gebe keine die Umgebung beeinträchtigenden schädlichen Umwelteinwirkungen. Im Lokal würden mannigfaltige Getränke jedweder Art zu normalen Preisen angeboten. Des Weiteren würden Pizzen, Baguettes und Nachos serviert. Am Mittwoch und Freitag gebe es auch Sushi und am Donnerstag ein bayerisches Buffet. Die räumliche Gestaltung entspreche einer Schank- und Speisewirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeit. Das ergebe sich insbesondere aus der Zahl der Sitzplätze im Verhältnis zur Betriebsfläche, aus der Einrichtung, der Dekoration und der Beleuchtung. Es gebe nur einen dezenten Laser und eine Lichtorgel, die nur ausnahmsweise betrieben werde. Bei der deutlich unter Diskothekenniveau gespielten Musik handele es sich jedenfalls nach zeitgemäßem Verständnis um „Hintergrundmusik“. Die Musik erreiche zu keiner Zeit eine Lautstärke, bei der die Gäste nicht mehr miteinander kommunizieren könnten. Der DJ sei ausschließlich am Samstag anwesend, beschränke sich auf das „Auflegen“ und mache insbesondere keine Ansagen. Beim Ortstermin des Bevollmächtigten der Klägerin sei nicht getanzt worden. Das sei bei den räumlichen Verhältnissen auch gar nicht möglich. Besondere Veranstaltungen fänden nur an Silvester und im Fasching statt.

Für die getroffenen Anordnungen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ein Recht zum Einschreiten sei jedenfalls durch mehrjähriges Dulden verwirkt. Die Beklagte habe sich offenkundig nicht innerhalb der Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens gehalten, wie die vorhandenen unsachlichen Erwägungen zur wirtschaftlichen Seite des Betriebs, zur behaupteten Beeinträchtigung der Nachbarschaft und zur angeblichen Konkurrenzsituation belegen würden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrem Bescheid fest und verweist insbesondere darauf, dass sich ausweislich der Internetseite der Klägerin, die in Auszügen vorgelegt wurde, an der Betriebsgestaltung prinzipiell nichts geändert habe. Nach wie vor fänden sowohl unter der Woche als auch am Wochenende Veranstaltungen statt, die für eine Schank- und Speisewirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeiten nicht üblich seien. Hierfür sprächen auch der vom Bevollmächtigten der Klägerin selbst angeführte Laser und die Lichtorgel. Die Behauptung, dass nur an Silvester und Fasching besondere Veranstaltungen stattfinden würden, sei allein durch das auf der Internetseite veröffentlichte Monatsprogramm widerlegt. Nach herrschender Rechtsprechung könnten öffentlich-rechtliche Befugnisse zum Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände nicht verwirkt werden. Auch einen Bestandsschutz könne die Klägerin nicht geltend machen.

Die Kammer hat am 19. März 2015 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Inhalt des streitgegenständlichen Bescheids ist ausschließlich eine baurechtliche Nutzungsuntersagung einschließlich der damit verbundenen Nebenentscheidungen. Eine die Klägerin belastende gaststättenrechtliche Entscheidung wurde im Bescheid dagegen nicht getroffen. Das äußerliche Erscheinungsbild des Bescheides und verschiedene darin enthaltene Ausführungen weisen zwar zunächst in diese Richtung. So wurde der Bescheid nicht vom Bauordnungsamt der Beklagten erlassen, sondern vom für den Vollzug des Gaststättenrechts zuständigen Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung. Auch ist im Betreff des Bescheids neben dem ebenfalls genannten Vollzug der BayBO an erster Stelle vom „Vollzug des Gaststättengesetzes“ die Rede. Im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung wird auch und sogar an erster Stelle die „sachliche, gaststättenrechtliche Zuständigkeit“ bejaht. Unter einem eigenen Gliederungspunkt wird schließlich sogar ausführlich dargelegt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vorlägen. (Erst) aus den anschließenden Ermessenserwägungen (Seite 8 unten des Bescheids) ergibt sich aber eindeutig, „dass nicht von der einschneidenderen Maßnahme des Widerrufs der gaststättenrechtlichen Erlaubnis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG Gebrauch gemacht wurde“, sondern nur eine „teilweise Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO“ ausgesprochen wurde.

2. Die auf Art. 76 Satz 2 gestützte bauordnungsrechtliche Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig.

a) Die getroffene Entscheidung ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die sachliche Zuständigkeit gegeben. Sachlich zuständig für Entscheidungen nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist die untere Bauaufsichtsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 2 BayBO), d. h. grundsätzlich die Kreisverwaltungsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBO), im vorliegenden Fall aufgrund der Sonderregelung in Art. 9 Abs. 2 GO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrKrV die Beklagte als Große Kreisstadt. Dass behördenintern die Entscheidung nicht vom Bauordnungsamt der Beklagten getroffen worden ist, ist insoweit unerheblich. Die Verteilung der Aufgaben innerhalb der Beklagten auf verschiedene Abteilungen, Referate etc. ist behördeninterner Natur und vermag nichts daran zu ändern, dass die Entscheidung von der nach außen sachlich zuständigen Behörde, der Beklagten als unterer Bauaufsichtsbehörde, getroffen worden ist.

b) Die Nutzungsuntersagung ist auch materiell rechtmäßig.

aa) Die Klägerin betrieb zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 76 Satz 2 BayBO.

Bei der Gaststätte der Klägerin handelte es sich damals bauplanungsrechtlich nach der tatsächlichen Art der Nutzung nicht mehr um eine „Schank- und Speisewirtschaft“ im Sinne der von der BauNVO verwendeten Terminologie. Es lag vielmehr eine „Vergnügungsstätte“ vor (aaa), die zudem als „kerngebietstypisch“ im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zu qualifizieren war (bbb).

aaa) Als Ausgangspunkt für die Auslegung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der „Schank- und Speisewirtschaft“, der in der BauNVO nicht näher definiert ist, können die bundesrechtlichen Legaldefinitionen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GastG dienen (Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 4 Rn. 57). Danach wird eine Schankwirtschaft betrieben, wenn im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden; eine Speisewirtschaft liegt vor, wenn zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. In beiden Fällen muss der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sein. Die in der BauNVO ebenfalls nicht näher definierte „Vergnügungsstätte“ ist dagegen durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 6 Rn. 42). Unter Würdigung der maßgeblichen Gesamtumstände, insbesondere auch des beim Augenschein erlangten Eindrucks der Räumlichkeiten der Gaststätte, ist im vorliegenden Fall die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass bauplanungsrechtlich eine Vergnügungsstätte vorlag und nicht mehr eine Schank- und Speisewirtschaft.

Zwar verliert eine Gaststätte den Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft nicht ohne weiteres dadurch, dass Gäste dort über den Verzehr von Speisen und Getränken hinaus auch die Möglichkeit haben, sich „amüsieren“ zu können. Gerade für Schankwirtschaften ist nicht untypisch, dass sie neben dem Verzehr von Getränken auch ein gewisses Maß an „Zerstreuung“ und „geselligem Beisammensein“ bieten und auch bieten dürfen, ohne sogleich zur Vergnügungsstätte im Sinne des Bauplanungsrechts zu werden. Der konkrete Betrieb der Gaststätte der Klägerin war jedoch zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses in einer Weise ausgestaltet, bei der das „Amüsement“ gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken derart prägend im Vordergrund stand, dass der Betrieb als Vergnügungsstätte zu qualifizieren ist.

Insbesondere ging die zur Unterhaltung der Gäste eingesetzte Musik nach Funktion und Lautstärke nicht nur gelegentlich, sondern den gesamten Gaststättenbetrieb entscheidend prägend deutlich über eine zurückhaltende Hintergrund- oder dezente Barmusik hinaus. Die Kammer schließt das aus folgenden Umständen: Es sind eine leistungsstarke Musikanlage, eine Lichtorgel und ein Laser vorhanden. Aus Bl. 553, 554, 739, 740 der Behördenakten ist ersichtlich, dass die Klägerin vor Bescheidserlass auf ihrer Website explizit mit unterschiedlichen Musikstilen an verschiedenen Wochentagen geworben (...: „beste Rhythmen Lateinamerikas“; ...: „die besten Hits der 70er - 90er und Charts“; ...: „die besten Dance-, Electro- und House-Tunes“) und hierbei auch die besondere Rolle des Diskjockeys herausgestellt hat (...: „Ab 21.00 heizt euch DJ ... … ein“; ...: „Unsere wechselnden Top-DJs verwöhnen euch …“). Eine solche Werbung ergäbe keinen Sinn, wenn im Lokal lediglich der Einsatz von Hintergrundmusik beabsichtigt und praktiziert worden wäre. Dass die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, noch vor Bescheidserlass ihr Betriebskonzept geändert habe, hält die Kammer nicht für glaubwürdig. Aus den Behördenakten geht hervor, dass diese Internetseiten mit vergleichbarem Inhalt auch deutlich nach Bescheidserlass noch abrufbar waren, so am ... März 2013, am ... Juli 2013, am ... März 2014, am ... Mai 2014 und am ... September 2014 (vgl. Bl. 788, 789, 853, 899, 924, 954).

Es kommt hinzu, dass in der Gaststätte in manchen Monaten im Wochenrhythmus unter ein besonderes Motto gestellte Sonderveranstaltungen stattfanden, bei denen namentlich genannte Diskjockeys und deren Musikangebot besonders herausgestellt wurden (vgl. Bl. 630 d. A.: „Code White“ am ... Juli 2012, „Spaß am Glas“ am ... Juli 2012, „Nacht der Nächte“ am ... Juli 2012, „Miami Pop“ am ... Juli 2012) oder schon allein das Motto den Vergnügungscharakter der Veranstaltung zum Ausdruck bringt (vgl. Bl. 748 d. A.: „Saturday Night Fever“ am ... Dezember 2012, „Ibiza Calling“ am ... Dezember 2012, „Austrian Showtime“ am ... Dezember 2012, „Ibiza World Club Tour“ am ... Dezember 2012“).

Bestimmte, auf die Internetseite eingestellte Fotos, die eine ausgelassene Tanz- und Partystimmung vermitteln (Bl. 718 d. A.) und den Diskjockey und seine animierende Funktion herausstellen (Bl. 724 d. A.), zeigen, dass es der Klägerin darauf ankam, herauszustellen, dass die Gäste bei weitem nicht nur ein bestimmtes Angebot an Speisen und Getränken erwartet, sondern in erster Linie eine durch Musik und Partystimmung geprägte Atmosphäre.

Weitere Umstände runden das Bild ab. So wurde als Dresscode auf der Internetseite für Freitag- und Samstagabend jeweils vorgegeben, dass die Kleidung nicht nur „chic“ sondern zudem „sexy“ sein sollte (vgl. die vgl. Bl. 553, 739, 788, 853, 899, 924, 954), was für Schank- und Speisewirtschaften ebenso unüblich ist wie eine Einlasskontrolle, bei der gezählt wird, wie viele männliche und wie viele weibliche Gäste bereits anwesend sind (vgl. z. B. Fotos Bl. 877, 878). Auch diese Umstände zeigen, dass im Lokal eine auf „Amüsement“ angelegte Freizeitgestaltung gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken deutlich im Vordergrund stand.

Insgesamt lag hier somit eine Vergnügungsstätte vor.

bbb) Bei der Vergnügungsstätte der Klägerin handelte es sich um eine solche, die im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO „wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig“ ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG - die letztlich zur heutigen Regelung in § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO geführt hat - sind solche „kerngebietstypischen“ Vergnügungsstätten dadurch gekennzeichnet, dass sie einen „größeren Einzugsbereich“ haben und „für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen“ (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64/79 - juris Rn. 11; Urt. v. 21.02.1986 - 4 C 31/83 - juris R. 10). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, folgt ohne weiteres aus dem erkennbar auf einen großen Einzugsbereich angelegten Internetauftritt der Klägerin (vgl. die oben angegebenen Aktenseiten) und der Größe des Lokals, das jedenfalls 200 Gäste fassen kann (vgl. z. B. die am 25. August 2013 vorgenommen Zählung, Bl. 878 d. A. sowie die Fotos vom Lokal, z. B. Bl. 239, 245, 879) und auch fassen darf (Tekturgenehmigung vom ...01.2011, Brandschutzauflage Nr. 9, Bl. 301 d. A.).

ccc) Der Betrieb der kerngebietstypischen Vergnügungsstätte ist formell rechtswidrig, weil mit den Baugenehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 nur der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft genehmigt worden ist und der Betrieb einer Vergnügungsstätte - sei sie kerngebietstypisch oder auch nicht - eine Nutzungsänderung darstellt, die nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig ist. Verfahrensfrei ist nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO eine Nutzungsänderung nur dann, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO in Betracht kommen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil für Vergnügungsstätten andere bauplanungsrechtliche Regelungen gelten als für Schank- und Speisewirtschaften.

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung liegen damit grundsätzlich vor. Ob die untersagte Nutzung materiell genehmigungsfähig wäre, ist - sofern die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist - nur für die Frage bedeutsam, ob das Ermessen ordnungsgemäß betätigt wurde (siehe unten ee). Die ausgesprochene Nutzungsuntersagung hält sich auch insoweit im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO, als sie der Klägerin nur untersagt, die Gaststätte in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu betreiben. Nicht untersagt wurde damit der Klägerin, die Gaststätte wieder in der Form zu betreiben, die baurechtlich genehmigt worden ist. Dass der Bescheid der Klägerin formal nicht verbietet, die Gaststätte ggf. als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte weiter zu betreiben, ist unerheblich. Zwar wäre auch eine solche Nutzung, weil sie der Klägerin bisher nicht genehmigt ist, zumindest formell rechtswidrig. Die Klägerin ist aber jedenfalls nicht dadurch beschwert, dass der Bescheid der Klägerin nicht auch weitergehend eine solche Nutzung untersagt hat.

cc) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die von der Beklagten in Nummer 2 des Bescheids vorgenommene Konkretisierung.

Die in Nummer 2.1 Satz 1 des Bescheidstenors enthaltene Beschränkung, dass die Klägerin monatlich nur an zwei Tagen Vergnügungsveranstaltungen durchführen darf, wäre nur dann rechtswidrig, wenn auch bei einer größeren Anzahl durchgeführter Vergnügungsveranstaltungen die Gaststätte weiterhin noch nicht als Vergnügungsstätte zu qualifizieren wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Selbst der der Klägerin zugestandene durchschnittlich etwa 14tägige Rhythmus führt dazu, dass die Gaststätte als Betrieb erscheint, in der Vergnügungsveranstaltungen mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden, so dass die Vergnügungsveranstaltungen den Betrieb schon in gewisser Weise prägen. Nach Ansicht der Kammer ist daher die von der Beklagten der Klägerin zugestandene Anzahl an Vergnügungsveranstaltungen jedenfalls nicht zulasten der Klägerin als zu gering festgesetzt.

Nicht zu beanstanden ist auch die Konkretisierung des Begriffs der Vergnügungsveranstaltung in Nummer 2.1 Sätze 2 bis 4 des Bescheidstenors. Die von der Beklagten gewählten Kriterien beschreiben zutreffend, wann vom Vorliegen einer Vergnügungsveranstaltung auszugehen ist. Dass die Umschreibung des Begriffs der Vergnügungsveranstaltung nicht abschließend ist („insbesondere“), führt nicht zur Unbestimmtheit der Regelung. Die Umschreibung in Nummer 2.1 Sätze 2 bis 4 und Nummer 2.2 des Bescheidstenors erfasst jedenfalls die für die Klägerin relevanten Umstände derart, dass für sie hinreichend deutlich wird, wie sie ihr Betriebskonzept umstellen muss.

Entgegen der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht ist eine Unbestimmtheit von Nummer 2 auch nicht deshalb anzunehmen, weil sie Begriffe verwendet, die Unschärfen aufweisen (z. B. „Hintergrundmusik“, „regelmäßig bei Einsatz eines Diskjockeys“, „Duldung oder Förderung des Tanzens“). Das ist jedoch grundsätzlich - und so auch hier - hinzunehmen, weil ohne die Verwendung solcher Begriffe angesichts der Unterschiedlichkeit der möglichen Lebenssachverhalte nicht alle Einzelfälle angemessen erfasst werden könnten.

dd) Die Befugnis zum Einschreiten ist auch entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin nicht verwirkt worden. Bauaufsichtliche Befugnisse unterliegen nicht der Verwirkung (vgl. Simon/Busse/Decker, BayBO, Art. 76 Rn. 216). Ist eine Behörde lange Zeit untätig geblieben, kann dies für die Frage bedeutsam sein, ob das Ermessen ordnungsgemäß betätigt wurde (siehe sogleich).

ee) Die Beklagte hat das ihr durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß betätigt.

aaa) Insoweit ist zunächst zu bedenken, dass bei einer Nutzungsuntersagung das Ermessen in dem Sinne intendiert ist, dass das Gebrauchmachen von der Befugnis des Art. 76 Satz 2 BayBO grundsätzlich keiner besonderen Begründung bedarf und eine ermessensgerechte Entscheidung darstellt. Davon ausgehend, sind im vorliegenden Fall keine Ermessensfehler ersichtlich.

bbb) Insbesondere ist die Nutzung nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig. Die Nutzung ist vielmehr nicht genehmigungsfähig.

Der Betrieb der Klägerin liegt in einem durch den Bebauungsplan „... Wiese“ festgesetzten Mischgebiet, in dem kerngebietstypische Vergnügungsstätten nach der Art der baulichen Nutzung unzulässig sind. Auf die Frage, ob insoweit die BauNVO 1977 oder eine spätere Fassung der BauNVO anzuwenden ist, kommt es nicht an. Zwar wurde die jetzige Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 BauNVO, wonach nur nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten in den überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Teilen eines Mischgebiets allgemein zulässig sind und außerhalb der überwiegend gewerblich genutzten Teile eines Mischgebiets ausnahmsweise zugelassen werden können, erst mit der BauNVO 1990 eingeführt. Die frühere Regelung in § 6 BauNVO 1997, die - im Unterschied zu § 7 BauNVO 1977 - Vergnügungsstätten nicht als eigenständige Nutzungsart erfasste, ist jedoch so auszulegen, dass im Mischgebiet eine Vergnügungsstätte nur dann als „sonstiger Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig ist, „wenn sie nicht dem Typus der Vergnügungsstätte, wie er für Einrichtungen im Kerngebiet kennzeichnend ist, entspricht und keine wesentlichen Störungen für die Wohnruhe vor allem am Abend und in der Nacht mit sich bringt“ (BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 64/79 - juris Rn. 12).

Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt nicht in Betracht, weil die Zulassung die Grundzüge der Planung berührt. Daran ändert auch das vom Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der in einem benachbarten Gebäude ansässigen ... vom 18. Mai 2010 nichts. Auf die Frage, ob und welche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft im vorliegenden konkreten Fall vom Betrieb der Klägerin ausgehen, kommt es nicht an, da im Hinblick auf die Frage, ob eine bestimmte Art der Nutzung mischgebietsverträglich ist, eine typisierende Betrachtung geboten ist. Die von der Klägerin betriebene kerngebietstypische Vergnügungsstätte ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig.

Ob insoweit auch der weitere Bebauungsplan der Beklagten „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“ entgegen stünde, kann wegen der bereits aufgrund des Bebauungsplans „... Wiese“ feststehenden bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit offen bleiben. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass nach der Begründung des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“ zweifelhaft erscheint, ob der Plangeber alle Arten von Vergnügungsstätten überhaupt hat ausschließen wollen. In der Begründung zum Bebauungsplan ist insoweit ausgeführt, dass es zwingend erforderlich sei, „Spielhallen und Unternehmungen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten mit oder ohne Gewinnmöglichkeit dienen, sowie Verkaufs- Vorführ- oder Gesellschaftsräume, deren ausschließlicher oder überwiegender Geschäftszweck auf den Verkauf von Artikeln, auf Darstellungen oder auf Handlungen mit sexuellem Charakter ausgerichtet sind [richtig: ist], von der generellen Zulässigkeit … auszuschließen“. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass der Plangeber neben Spielhallen und ähnlichen Betrieben im Grunde nur Betriebe des „Rotlichtmilieus“ fernhalten wollte, zu denen die Vergnügungsstätte der Klägerin nicht gehört.

ccc) Ermessensfehlerhaft ist das Gebrauchmachen von der Eingriffsbefugnis auch nicht deshalb, weil die wesentlichen Umstände der Beklagten bereits seit mehreren Jahren bekannt waren, ohne dass sie eingeschritten ist. Aus den Akten ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Beklagte der Klägerin zu verstehen gegeben hat, dass sie die Vergnügungsstätte dauerhaft duldet. Die Beklagte hat der Klägerin im Gegenteil bereits mit Schreiben vom 18. September 2008 mitgeteilt, dass es sich um eine Vergnügungsstätte handele, „die dort baurechtlich nicht zulässig“ sei (Bl. 66 d. A.). Eine dauerhafte Duldung erfolgte auch später nicht.

ddd) Sonstige Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Die Ausführungen auf Seite 8 unten des Bescheids zur wirtschaftlichen Situation der Klägerin, zur Konkurrenzsituation und zu den möglichen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft sind entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin nicht unsachlich.

3. Gegen die erlassene Zwangsgeldandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist der Ansicht des Klägerbevollmächtigten, das angedrohte Zwangsgeld von 1000 Euro je Verstoß sei unangemessen hoch, nicht zu folgen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte unterhält.

Die Klägerin betreibt seit 2007 in den gemieteten Kellerräumen des Anwesens W … eine Cocktailbar und Lounge, im Erdgeschoss befindet sich eine Gaststätte mit anschließendem Biergarten. Für das Grundstück gilt der Bebauungsplan „W …“ (bekanntgemacht am 14.2.1983, zuletzt geändert am 20.9.2008), der die Nutzungsart Mischgebiet festsetzt. Die Erweiterung des Kellergeschosses und die gastronomische Umnutzung des ehemaligen Bierkellers wurden dem Eigentümer des Anwesens mit Bescheid vom 24. Oktober 2006 genehmigt; eine Tekturgenehmigung wurde mit Bescheid vom 19. Januar 2011 erteilt. In den Baugenehmigungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte unzulässig ist. Die Klägerin erhielt am 19. April 2007 die beantragte gaststättenrechtliche Erlaubnis für eine Schankwirtschaft. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 16. Januar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin, gestützt auf Art. 76 Satz 2 BayBO, die Gaststätte „M … Cocktailbar und Lounge“ in der Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu betreiben und legte Auflagen zu den Genehmigungsbescheiden fest. In dem klageabweisenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2015 wird ausgeführt, dass der konkrete Betrieb der Gaststätte der Klägerin zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses in einer Weise ausgestaltet gewesen sei, bei der das „Amüsement“ gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken derart prägend im Vordergrund gestanden habe, dass der Betrieb als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Die zur Unterhaltung der Gäste eingesetzte Musik gehe nach Funktion und Lautstärke deutlich über eine zurückhaltende Hintergrund- oder dezente Barmusik hinaus und es fänden teilweise im Wochenrhytmus unter ein besonderes Motto gestellte Sonderveranstaltungen statt, bei denen namentlich genannte Diskjockeys und deren Musikangebot besonders herausgestellt würden. Auf der Internetseite eingestellte Fotos zeigten eine ausgelassene Tanz- und Partystimmung. Auch der vorgegebene Dresscode („chic“ und sexy“) sowie die Einlasskontrolle, bei der die männlichen und weiblichen Gäste gesondert gezählt würden, sprächen für eine auf „Amüsement“ angelegte Freizeitgestaltung. Es handele sich aufgrund der Größe der Lokals und des auf einen großen Einzugsbereich angelegten Internetauftritts um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor oder wurden bereits nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel im Sinn dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.

Die kerngebietstypische Vergnügungsstätte ist hier planungsrechtlich von der im Mischgebiet zulässigen Schank- und Speisewirtschaft abzugrenzen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, auf welche Fassung der Baunutzungsverordnung abzustellen ist. Zwar konnten nach den älteren Fassungen der Baunutzungsverordnung Vergnügungsstätten grundsätzlich auch als „sonstige Gewerbebetriebe“ zulässig sein, aber nur, wenn es sich nicht um kerngebietstypische Vergnügungsstätten handelte (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1983 – 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207; U.v. 24.2.2000 – 4 C 23.98 – NVwZ 2000, 1054). Die Begriffe „Schank- und Speisewirtschaft“ und „Vergnügungsstätte“ werden in der Baunutzungsverordnung (auch in der vor 1990 geltenden Fassung) nicht definiert. Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung für die Schank- und Speisewirtschaft ist die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 GastG (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 4 BauNVO Rn. 57). Der Grundtyp der Schank- und Speisewirtschaft – also die Gaststätte ohne Betriebseigentümlichkeit – wird geprägt vom Ausschank von Getränken und vom Verzehr zubereiteter Speisen. Ob Musik und Tanz der Gaststätte ein besonderes Gepräge geben, hängt davon ab, in welchem Maße Musik und Tanz den Gaststättenbetrieb beherrschen (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.1988 – 1 B 89.88 – NVwZ-RR 1989, 14). Die Vergnügungsstätte ist als bauplanungsrechtlicher Nutzungsbegriff durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 6 BauNVO Rn. 42). Nicht entscheidend ist die konkrete Bezeichnung der Einrichtung oder deren eindeutige Zuordnung zu einer der unstreitig als Vergnügungsstätten zu wertenden Betriebe wie z.B. Diskotheken, Nachtclubs oder Nachtbars, sondern ob die Einrichtung bei wertender Gesamtbetrachtung von ihrem Gesamterscheinungsbild und ihrer Angebotspalette her den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (vgl. HessVGH, B.v. 22.2.2012 – 3 A 1112/ 11.Z – juris Rn. 10). Es ist daher nicht maßgeblich, ob sich die Klägerin mit dem Begriff „Lounge“ von einer Diskothek abgrenzen will, in der das Tanzen im Vordergrund steht. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht zutreffend davon aus, dass es für den Störungsgrad einer Vergnügungsstätte und damit deren Gebietsverträglichkeit in erster Linie auf die Musik und weniger das Tanzen sowie die Größe des Lokals, die für die Anzahl der Gäste und die dadurch bedingten sonstigen Begleiterscheinungen (z.B. Störungen durch das Kommen und Gehen von Besuchern in den Nachtstunden) entscheidend ist, ankommt (vgl. OVG Berlin, B.v. 10.11.2004 – 2 S. 50.04 – NVwZ-RR 2005, 160; OVG SH, B.v. 5.10.2009 – 1 MB 16/09 – juris Rn. 34, 36; HessVGH, B.v. 22.2.2012, a.a.O.). Eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte liegt vor, wenn sie als zentraler Dienstleistungsbetrieb einen größeren Einzugsbereich besitzt und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar ist oder jedenfalls erreichbar sein soll (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.1986 – 4 C 31.83 – NVwZ 1986, 643; B.v. 19.11.1990 – 4 B 162.90 – juris Rn. 8).

Nach diesen Maßgaben ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt. Das Gericht hat im Einzelnen begründet, dass eine auf „Amüsement“ angelegte Freizeitgestaltung gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken deutlich im Vordergrund gestanden habe (vgl. UA S. 14 und 15). Soweit die Klägerin einzelne Begründungselemente lediglich in Frage stellt, fehlt bereits ein substantiierter und konkreter Vortrag, warum die tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Sachverhalts unzutreffend ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2012 – 9 B 71.11 – NVwZ 2012, 1490). Die behauptete Änderung des Betriebskonzepts vor Erlass der Nutzungsuntersagung wurde weder im Verwaltungsverfahren dargestellt noch wird sie im Zulassungsverfahren dargelegt. Eine Änderung des Betriebskonzeptes ist ersichtlich auch nicht erfolgt. So hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erst mit Schriftsatz vom 6. November 2012 angekündigt, ein noch in Feinheiten auszuarbeitendes Konzept zur Fortführung des Unternehmens kurzfristig zu übermitteln, was jedoch nicht geschah. Das Gericht hat unter Hinweis auf die entsprechenden Seiten in der Behördenakte zu Recht festgestellt, dass selbst noch nach Erlass der sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung die Clubnächte auf der Internetseite der Klägerin hauptsächlich mit einem Musikprogramm verschiedener Stilrichtungen beworben wurden. Liegt der Nutzungsschwerpunkt bei täglich wechselnden, in den Nachtstunden beginnenden Musikprogrammen, handelt es sich um eine Vergnügungsstätte (vgl. HessVGH, B.v. 22.2.2012 – 3 A 1112/11.Z – juris Rn. 10). Für die Frage, ob es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt, ist in erster Linie die Größe des Betriebs maßgeblich. Außerdem können der mit jeder Vergnügungsstätte typischerweise verbundene Zu- und Abgangsverkehr und die damit ausgelösten Geräusch- und sonstigen Immissionen als weitere Merkmale geeignet sein, eine Vergnügungsstätte als „kerngebietstypisch“ zu qualifizieren (vgl. BVerwG, B.v. 19.11.1990 – 4 B 162/90 – juris Rn. 8). Das Gericht hat daher zu Recht im Hinblick auf die Größe des Lokals mit der von der Beklagten zugestandenen Besucheranzahl von 200 Personen einen großen Einzugsbereich bejaht (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.1986 – 4 C 31.83 – NVwZ 1986, 643; OVG SH, B.v. 5.10.2009 – 1 MB 16/09 – juris Rn. 36). Es konnte dabei auch den Internetauftritt der Klägerin berücksichtigen, mit dem sich der Betrieb der Klägerin als besondere Lokalität darstellt und für ein größeres, auch überörtliches Publikum wirbt (vgl. u.a. die Hinweise für die Anfahrt zu dem Lokal von der Autobahn bzw. der Bundesstraße aus sowie die Presseberichte auf Bl. 603, 604 der Behördenakten „wer in der Landsberger Szene was auf sich hält, der muss einfach ins „M …“).

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die in den Auflagen verwendeten Begriffe Unschärfen aufwiesen, wird bereits nicht dargelegt, welche Begriffe im Einzelnen angegriffen werden und inwieweit danach eine Abgrenzung nicht möglich ist. Im Übrigen wird der Begriff der Vergnügungsveranstaltung vom Gesetzgeber als ausreichend bestimmt angesehen (vgl. die bußgeldbewehrte Vorschrift des Art. 19 LStVG). Auch die Einwendungen gegen die Ermessensausübung der Beklagten begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Für die Frage, ob ein Betrieb nach der Art der Nutzung das Wohnen wesentlich stört, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten, es kommt nicht auf die konkreten Immissionen im Einzelfall an (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1983 – 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207; U.v. 24.2.2000 – 4 C 23.98 – NVwZ 2000, 1054). Aus den Behördenakten und der Gerichtsakte ergeben sich im Übrigen mehrere Beschwerden aus der umliegenden Wohnbebauung, nur die AOK sieht verständlicherweise mit ihrer Büronutzung (Schreiben vom 18. Mai 2010) keine Kollision mit dem Betrieb der Klägerin in den Abend- und Nachtstunden. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beklagte die Nutzung fast fünfeinhalb Jahre geduldet habe, hat die Beklagte die Nutzung nur kurzfristig geduldet, um dem Eigentümer des Anwesens die Möglichkeit zu eröffnen, eine planungsrechtliche Grundlage zu schaffen. In dem Beschluss des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses vom 1. Juni 2011 wurde festgehalten, dass, falls der Investor nicht in der Lage sei, die Rahmenbedingungen bis Ende 2011 zu schaffen, die Zurückführung des Betriebs zur genehmigten Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft durch geeignete Sanktionsmaßnahmen zu erfolgen habe. Verzögerungen in den insgesamt ca. vier Jahren seit Bekanntwerden der unzulässigen Nutzung sind vor allem dadurch entstanden, dass der Eigentümer und die Klägerin immer wieder das Gespräch mit Behördenvertretern gesucht haben und im Anhörungsverfahren mehrfach um Fristverlängerung gebeten wurde. Unsachliche Erwägungen bei der Ermessensausübung kann der Senat nicht erkennen.

Soweit sich die Klägerin gegen die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bei einem Auflagenverstoß wendet, fehlen konkrete Angaben zum wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, das von der Beklagten geschätzt werden konnte (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG).

Es liegt auch nicht der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Ob es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt, kann tatsächlich und rechtlich ohne besondere Schwierigkeiten anhand der genannten Rechtsprechung beurteilt werden. Den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung hat die Klägerin bereits nicht ausreichend dargelegt (vgl. zu den Anforderungen Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.).

Die geltend gemachten Verfahrensmängel § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen ebenfalls nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, dass das Gericht einen wesentlichen Teil ihres Vortrags nicht berücksichtigt habe, wird bereits nicht dargelegt, um welchen Vortrag es sich handelt. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht seine Aufklärungs- und Hinweispflicht verletzt (§ 86 VwGO). Soweit auf die Beweisanregungen in der Klagebegründung Bezug genommen wird, verletzt ein Gericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 m.w.N.). Beweisanträge wurden in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin missversteht die Verpflichtung, u.a. darauf hinzuwirken, dass ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt und alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden, wenn er der Vorschrift entnimmt, dass ein Beteiligter Anspruch darauf hat, vom Gericht zu seinem Prozessziel geleitet zu werden. Durch § 86 Abs. 3 VwGO soll verhindert werden, dass die Durchsetzung von Rechten an der Unerfahrenheit, Unbeholfenheit oder mangelnden Rechtskenntnis eines Beteiligten scheitert. Hinweise sind vor allem dann geboten, wenn ein Beteiligter erkennbar von falschen Tatsachen ausgeht und es deshalb unterlässt, das vorzutragen, was für seine Rechtsverfolgung notwendig wäre. Die Pflicht, die § 86 Abs. 3 VwGO begründet, darf indes nicht mit Rechtsberatung verwechselt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten wird. Das Gericht darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.2001 – 4 B 50.01 – juris Rn. 11 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert. Soweit geltend macht wird, dass danach eine weitere Schriftsatzfrist abgelehnt wurde, lässt sich dem Zulassungsantrag bereits nicht entnehmen, was innerhalb der erbetenen Schriftsatzfrist vorgetragen worden und inwieweit dies für die Entscheidung erheblich gewesen wäre. Auch ist der Klägerin das Akteneinsichtsrecht nicht vorenthalten worden. Das Schreiben der Beklagten vom 23. September 2014, mit dem sie dem Gericht eine weitere Aktenheftung übersandt hat, wurde übermittelt. Es gehört zu den prozessualen Pflichten des Bevollmächtigten zur Wahrung des rechtlichen Gehörs an ein früheres Akteneinsichtsgesuch zu erinnern (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.1989 – 9 B 268.89 – BayVBl 1990, 317).

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 11 K 13.295

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. März 2015

Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Nutzungsuntersagung; kerngebietstypische Vergnügungsstätte

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... Gastronomie GmbH vertreten durch die Geschäftsführer ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

... - Beklagte -

wegen Nutzungsuntersagung ... Wiese 2

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 11. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2015 am 19. März 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem ihr untersagt wird, die von ihr auf dem Anwesen ... Wiese 2 in ... betriebene Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ als kerngebietstypische Vergnügungsstätte zu betreiben. Das Grundstück liegt im Umgriff des Bebauungsplans „... Wiese“, der für die fragliche Fläche die Nutzungsart „Mischgebiet“ festsetzt. Außerdem liegt es im Umgriff des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“, nach dessen textlichen Festsetzungen bestimmte Nutzungen von der Zulässigkeit ausgenommen sind.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens eine Baugenehmigung zur Erweiterung des Kellergeschosses sowie zur Nutzungsänderung des ersten und zweiten Untergeschosses in der Gaststätte „...“ zur Erweiterung der Gaststätte. Die Betriebsbeschreibung „für die Gaststättenerweiterung des ... in die bestehenden Kellergewölberäume“ sah u. a. unter Nummer 4 vor, dass „Musikveranstaltungen (z. B. Konzert, Kabarett, Kleinkunst) in unregelmäßigen Abständen geplant“ seien. Die Betriebsbeschreibung ist mit einem Prüfungsvermerk der Beklagten vom ... Oktober 2006 versehen, wobei allerdings die Nummer 4 handschriftlich durchgestrichen und daneben der Vermerk „nicht zulässig i. S. VStättV“ angebracht wurde (Bl. 17 d. A.). Der Genehmigungsbescheid vom ... Oktober 2006 selbst enthält unmittelbar nach dem Tenor den - deutlich hervorgehobenen - Hinweis, dass sich die Genehmigung ausschließlich auf den Betrieb einer Gaststätte beziehe und der Betrieb einer Vergnügungsstätte unzulässig sei.

Am 29. März 2007 vermietete der Eigentümer die Kellerräume zur gastronomischen Nutzung an die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin. Am ... April 2007 wurde der Klägerin für das Lokal, die „... Cocktailbar und Lounge“, eine Gaststättenerlaubnis - Betriebsart: Schankwirtschaft - erteilt.

Mit Schreiben vom 18. September 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es gebe Lärmbeschwerden von Anwohnern. Außerdem habe man dem Wochenprogramm entnommen, dass jeden Mittwoch ein ...-Tanzkurs mit anschließender „...-Party“, jeden ersten Mittwoch im Monat eine „...-Vibes mit DJ“, jeden Donnerstag eine „...-Party mit DJ“, jeden Freitag ein „Clubabend mit DJ“ und jeden Samstag eine Party mit DJ stattfinde. Die Klägerin werde darauf hingewiesen, dass nur eine gaststätten- und baurechtliche Genehmigung für eine „Schank- und Speisewirtschaft“ vorliege, in der maximal vier „sog. öffentliche Vergnügungsveranstaltungen“ pro Monat durchgeführt werden dürften. Bei der Vielzahl der öffentlichen Vergnügungsveranstaltungen der Klägerin handele es sich um eine Vergnügungsstätte, welche dort baurechtlich nicht zulässig sei (Bl. 66 d. A.).

Nach erneuten Lärmbeschwerden von Anwohnern in November 2009 kontrollierte das Ordnungsamt der Beklagten am 9. Dezember 2009 das Lokal. In einem Vermerk vom 10. Dezember 2009 wurde u. a. festgehalten, dass sich im „Nebenraum“ eine Tanzfläche, eine Diskjockey-Kabine mit einer leistungsstarken Musikanlage und an der Decke mehrere farbige Strahler als Teil einer „Lichtorgel“ befänden. Der Raum mache den Gesamteindruck einer Diskothek (Bl. 110). In einem weiteren Vermerk vom 10. Dezember 2009 hielt das Ordnungsamt fest, dass ein „Kompromiss“ denkbar wäre, der „auf Widerruf sehr großzügig jeweils für z. B. 3 Tage in der Woche“ Tanz- bzw. Diskoveranstaltungen nach vorheriger LStVG-Anzeige erlaube, wobei um 24.00 Uhr (Mittwoch/Donnerstag) bzw. 02.00 Uhr (Freitag/Samstag) die Musik enden solle, das Lokal aber danach noch ohne Musik bis 05.00 Uhr offen gehalten werden dürfe (Bl. 114).

Mit Schreiben vom 28. Februar 2010 stellte der Eigentümer des Anwesens ... Wiese 2 bei der Beklagten einen Antrag auf Änderung des Bebauungsplans „... Wiese“. Anstelle des bisher festgesetzten Mischgebiets solle wegen der Gastronomieräumlichkeiten im zweiten Kellergeschoss seines Anwesens ein Sondergebiet festgesetzt werden. Beigefügt war ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Schallschutzgutachten vom 22. Februar 2010.

Am ... Januar 2011 erteilte die Beklagte dem Eigentümer des Anwesens ... Wiese 2 eine die Gaststätte betreffende Tekturgenehmigung, die allerdings die zulässige Nutzungsart des Lokals „... Cocktailbar und Lounge“ nicht veränderte. Der Genehmigungsbescheid enthielt in unmittelbarem Anschluss an den Tenor in Fettdruck folgenden Hinweis: „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte (Diskothek) nicht zulässig ist!“.

Im April 2011 beantragte ein in ... ansässiger Unternehmer bei der Beklagten, gegen die Klägerin bauaufsichtlich einzuschreiten, Er machte geltend, mit einem von ihm beabsichtigten Vorhaben, in ... eine Vergnügungsstätte betreiben zu dürfen, bei der Beklagten auf eine ablehnende Haltung gestoßen zu sein (Bl. 308 d. A.). Die Beklagte, der Eigentümer des Anwesens „... Wiese 2“ und die Klägerin versuchten, eine Übergangslösung bis zu einer Bebauungsplanänderung zu finden (Bl. 340 d. A.). Der zuständige Ausschuss des Stadtrats der Beklagten beschloss am ... Juni 2011, den derzeitigen Betrieb nur noch bis Ende 2011 zu dulden; bis dahin müsse vom Eigentümer des Anwesens das Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht sein (Bl. 346 d. A.). Das gelang jedoch nicht. Der vorgenannte Konkurrent der Klägerin wandte sich in der Folge an die Regierung ... (im Folgenden: Regierung). In einer Besprechung, die dort am 13. Februar 2012 stattfand, schlug die Beklagte vor, der Klägerin zwei bis drei Tanzveranstaltungen pro Woche zu erlauben, die Regierung hielt jedoch maximal zwei Vergnügungs- bzw. Tanzveranstaltungen pro Monat für zulässig (Bl. 577 d. A.). In einer weiteren Besprechung am 25. Mai 2012 vertrat die Regierung die Ansicht, dass eine weitere Duldung nicht mehr vertretbar sei (Bl. 618 d. A.).

Mit Schreiben vom 13. Juli 2012 wies die Beklagte die Geschäftsführer der Klägerin darauf hin, dass sie ihre Gaststätte mittlerweile fortgesetzt als Vergnügungsstätte betreiben würden. Sie müssten den Betrieb der Gaststätte auf den bau- und gaststättenrechtlich konzessionierten Umfang nach der Betriebsart Schankwirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit „zurückfahren“. Man empfahl die Einhaltung eines Stufenplans, der u. a. in der letzten Stufe, die bis zum 26. August 2012 erreicht sein sollte, im Wesentlichen vorsah, dass nur noch zwei Tanzveranstaltungen pro Monat stattfinden. Gelegenheit zur Äußerung wurde gegeben (Bl. 635 d. A.).

Auf Bitte des Bevollmächtigten der Klägerin verlängerte die Beklagte die Äußerungsfrist mehrfach weiter, zuletzt mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 bis zum 6. November 2012 (Bl. 683 d. A.).

Mit Schreiben vom 6. November 2012 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, er werde das nun noch in Feinheiten auszuarbeitende Konzept zur Fortführung des Unternehmens bis Ende der nächsten Woche übermitteln (Bl. 685). Das geschah jedoch in der Folge nicht.

Mit Bescheid vom ... Januar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin, die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ ab dem 15. März 2013 in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte und somit in einer anderen Betriebsart zu betreiben, als in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 18. April 2007 und den Baugenehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 festgelegt sei (Nummer 1 des Bescheids). In Nummer 2 wurde verfügt, dass zur Einhaltung der in den vorgenannten Bescheiden festgelegten Betriebsart ab dem 15. März 2013 insbesondere folgende „Auflagen“ zu erfüllen seien:

Pro Monat seien in der Gaststätte maximal an zwei Tagen bei der Beklagten angezeigte bzw. von ihr genehmigte Vergnügungsveranstaltungen zulässig. Unter Vergnügungsveranstaltungen seien insbesondere solche Veranstaltungen zu verstehen, bei denen die Lautstärke der musikalischen Darbietung über die einer Hintergrundmusik hinausgehe und der Musik damit eine betriebsprägende Rolle zukomme. Das sei regelmäßig beim Einsatz eines Diskjockeys der Fall, ferner bei Veranstaltungen, bei denen das Tanzen geduldet oder sogar gefördert werde (Nummer 2.1).

Während der Betriebszeit, außerhalb der angezeigten bzw. genehmigten Vergnügungsveranstaltungen, dürfe das Musikangebot allenfalls den Charakter von Hintergrundmusik annehmen und habe sich in der Lautstärke den anderen Geräuschen in der Gaststätte, welche durch Unterhaltung und andere Nebengeräusche entstünden, unterzuordnen (Nummer 2.2).

Hinsichtlich der Nummern 1 bis 2.2 wurde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet (Nummer 3). Ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro je Verstoß wurde für den Fall, dass die Verpflichtungen aus den Nummern 1 bis 2.2 nicht bis spätestens 15. März 2013 erfüllt würden, angedroht (Nummer 4).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen an:

Die Gaststätte der Klägerin verfüge über zwei Gasträume mit zusammen ca. 163 m². Der größere Gastraum sei mit einer leistungsstarken Musikanlage, einem DJ-Bereich und einer Lichtorgel ausgestaltet. In der Regel würden von Mittwoch bis Samstag Tanz- bzw. Vergnügungsveranstaltungen mit wechselnden Diskjockeys angeboten. Sonderveranstaltungen kämen hinzu. Die Konzeption der Gaststätte sei auf ein größeres, allgemeines Publikum ausgerichtet, welches vom Einzugsbereich nicht nur die nähere Umgebung, sondern zumindest das gesamte Stadtgebiet und die Nachbargemeinden umfasse. Die Autokennzeichen der Gäste sowie die Werbung im Internet ließen sogar auf einen Einzugsbereich bis außerhalb des Landkreises schließen.

Für eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO reiche grundsätzlich die bloße formelle Rechtswidrigkeit. Da die baurechtlichen Genehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 lediglich die Erweiterung einer Gaststätte ohne besondere Betriebseigentümlichkeit zuließen und beide Genehmigungen auch ausdrücklich darauf hinweisen würden, dass der Betrieb einer Vergnügungsstätte nicht zulässig sei, sei der derzeitige Betrieb als Vergnügungsstätte baurechtlich nicht genehmigt und formell rechtswidrig. Diese formell rechtswidrige Nutzung dürfe grundsätzlich nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig sei. Das Grundstück liege im Geltungsbereich zweier Bebauungspläne. Der Bebauungsplan „... Wiese“ sei ursprünglich im Jahr 1983 bekannt gemacht worden, die letzte Änderung stamme aus dem Jahr 1990, die jedoch die Grundzüge der Planung nicht tangiert habe. Es komme somit möglicherweise die BauNVO aus dem Jahr 1977 oder deren Fassung aus dem Jahr 1990 in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BVerwG könnten Diskotheken oder diskothekenähnliche Betriebe, die der oben beschriebenen Ausgestaltung der Gaststätte der Klägerin entsprächen, nicht nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 als sonstige Gewerbebetriebe zugelassen werden. Mit der BauNVO 1990 hätten die Vergnügungsstätten eine eigenständige Regelung erhalten. Im Mischgebiet seien Vergnügungsstätten in Baugebietsteilen mit überwiegend gewerblicher Nutzung allgemein zulässig, in den übrigen Baugebietsteilen ausnahmsweise. In beiden Fällen dürfe es sich aber nicht um kerngebietstypische Vergnügungsstätten handeln. Die gastronomische Einrichtung der Klägerin sei aber als kerngebietstypische Vergnügungsstätte anzusehen.

Die als Vergnügungsstätte einzustufende Gaststätte der Klägerin stehe auch im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“. Die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung komme nicht in Betracht.

Die Anlage stehe auch gaststättenrechtlich in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Der derzeitige Betrieb stelle einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 GastG dar, der zum Widerruf der Erlaubnis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG führen könne.

Sowohl Art. 76 Satz 2 BayBO als auch § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG räumten der Behörde Ermessen ein. Die privaten Interessen der Klägerin und des Verpächters, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, sei kein Grund, die formell rechtswidrige und mit großer Wahrscheinlichkeit auch materiell rechtswidrige Nutzung weiter zu gestatten. Die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen sei schon dadurch gewährleistet, dass nicht von der einschneidenderen Maßnahme des Widerrufs der gaststättenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG Gebrauch gemacht worden sei, sondern durch die teilweise Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO die Möglichkeit erhalten bleibe, eine Schankwirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeiten weiter zu betreiben. Ferner sei eine ausreichende Frist für die Umstellung des Betriebs festgesetzt worden. Die höchstens zulässige Anzahl von 2 Vergnügungsveranstaltungen pro Monat sei auch eher großzügig bemessen.

Die Klägerin erhob am 23. Januar 2013 Klage, zu deren Begründung der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. April 2013 im Wesentlichen vorbrachte:

Die Klägerin betreibe zum Zeitpunkt des Erlasses der hoheitlichen Verfügung in zulässiger Weise eine bau- und gaststättenrechtlich genehmigte Schank- und Speisewirtschaft, allerdings in moderner, zeitgemäßer und vor Ort überaus beliebter Form. Der in der Besucherzahl ohnehin auf 200 Gäste, sich meterweise unter der Erde befindliche Betrieb der Klägerin, öffne Mittwoch bis Freitag um 18.00 Uhr, am Samstag um 19.00 Uhr. Die im Wesentlichen aus der näheren Umgebung stammenden Gäste seien nicht mehr jugendlich. Sie seien normal gekleidet und jedweden Alters über dem festgelegten Eintrittsalter von 23 Jahren. Sie blieben in der Regel den ganzen Abend ohne Eintrittsgeld bezahlen zu müssen im Lokal und gingen ausschließlich zum Rauchen nach oben. Die Türen seien grundsätzlich geschlossen, so dass insbesondere von unten kein Lärm nach oben dringe. Die mit dem Auto kommenden Gäste würden auf einem privaten Parkplatz neben dem Eingangsbereich oder hinter der alten Gaststätte bzw. im Übrigen im öffentlichen Parkraum parken. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe bei seinem Ortstermin fast ausschließlich Autos mit ... Kennzeichen gesehen. Es gebe keine die Umgebung beeinträchtigenden schädlichen Umwelteinwirkungen. Im Lokal würden mannigfaltige Getränke jedweder Art zu normalen Preisen angeboten. Des Weiteren würden Pizzen, Baguettes und Nachos serviert. Am Mittwoch und Freitag gebe es auch Sushi und am Donnerstag ein bayerisches Buffet. Die räumliche Gestaltung entspreche einer Schank- und Speisewirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeit. Das ergebe sich insbesondere aus der Zahl der Sitzplätze im Verhältnis zur Betriebsfläche, aus der Einrichtung, der Dekoration und der Beleuchtung. Es gebe nur einen dezenten Laser und eine Lichtorgel, die nur ausnahmsweise betrieben werde. Bei der deutlich unter Diskothekenniveau gespielten Musik handele es sich jedenfalls nach zeitgemäßem Verständnis um „Hintergrundmusik“. Die Musik erreiche zu keiner Zeit eine Lautstärke, bei der die Gäste nicht mehr miteinander kommunizieren könnten. Der DJ sei ausschließlich am Samstag anwesend, beschränke sich auf das „Auflegen“ und mache insbesondere keine Ansagen. Beim Ortstermin des Bevollmächtigten der Klägerin sei nicht getanzt worden. Das sei bei den räumlichen Verhältnissen auch gar nicht möglich. Besondere Veranstaltungen fänden nur an Silvester und im Fasching statt.

Für die getroffenen Anordnungen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ein Recht zum Einschreiten sei jedenfalls durch mehrjähriges Dulden verwirkt. Die Beklagte habe sich offenkundig nicht innerhalb der Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens gehalten, wie die vorhandenen unsachlichen Erwägungen zur wirtschaftlichen Seite des Betriebs, zur behaupteten Beeinträchtigung der Nachbarschaft und zur angeblichen Konkurrenzsituation belegen würden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrem Bescheid fest und verweist insbesondere darauf, dass sich ausweislich der Internetseite der Klägerin, die in Auszügen vorgelegt wurde, an der Betriebsgestaltung prinzipiell nichts geändert habe. Nach wie vor fänden sowohl unter der Woche als auch am Wochenende Veranstaltungen statt, die für eine Schank- und Speisewirtschaft ohne Betriebseigentümlichkeiten nicht üblich seien. Hierfür sprächen auch der vom Bevollmächtigten der Klägerin selbst angeführte Laser und die Lichtorgel. Die Behauptung, dass nur an Silvester und Fasching besondere Veranstaltungen stattfinden würden, sei allein durch das auf der Internetseite veröffentlichte Monatsprogramm widerlegt. Nach herrschender Rechtsprechung könnten öffentlich-rechtliche Befugnisse zum Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände nicht verwirkt werden. Auch einen Bestandsschutz könne die Klägerin nicht geltend machen.

Die Kammer hat am 19. März 2015 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Inhalt des streitgegenständlichen Bescheids ist ausschließlich eine baurechtliche Nutzungsuntersagung einschließlich der damit verbundenen Nebenentscheidungen. Eine die Klägerin belastende gaststättenrechtliche Entscheidung wurde im Bescheid dagegen nicht getroffen. Das äußerliche Erscheinungsbild des Bescheides und verschiedene darin enthaltene Ausführungen weisen zwar zunächst in diese Richtung. So wurde der Bescheid nicht vom Bauordnungsamt der Beklagten erlassen, sondern vom für den Vollzug des Gaststättenrechts zuständigen Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung. Auch ist im Betreff des Bescheids neben dem ebenfalls genannten Vollzug der BayBO an erster Stelle vom „Vollzug des Gaststättengesetzes“ die Rede. Im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung wird auch und sogar an erster Stelle die „sachliche, gaststättenrechtliche Zuständigkeit“ bejaht. Unter einem eigenen Gliederungspunkt wird schließlich sogar ausführlich dargelegt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vorlägen. (Erst) aus den anschließenden Ermessenserwägungen (Seite 8 unten des Bescheids) ergibt sich aber eindeutig, „dass nicht von der einschneidenderen Maßnahme des Widerrufs der gaststättenrechtlichen Erlaubnis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GastG Gebrauch gemacht wurde“, sondern nur eine „teilweise Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO“ ausgesprochen wurde.

2. Die auf Art. 76 Satz 2 gestützte bauordnungsrechtliche Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig.

a) Die getroffene Entscheidung ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die sachliche Zuständigkeit gegeben. Sachlich zuständig für Entscheidungen nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist die untere Bauaufsichtsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 2 BayBO), d. h. grundsätzlich die Kreisverwaltungsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBO), im vorliegenden Fall aufgrund der Sonderregelung in Art. 9 Abs. 2 GO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrKrV die Beklagte als Große Kreisstadt. Dass behördenintern die Entscheidung nicht vom Bauordnungsamt der Beklagten getroffen worden ist, ist insoweit unerheblich. Die Verteilung der Aufgaben innerhalb der Beklagten auf verschiedene Abteilungen, Referate etc. ist behördeninterner Natur und vermag nichts daran zu ändern, dass die Entscheidung von der nach außen sachlich zuständigen Behörde, der Beklagten als unterer Bauaufsichtsbehörde, getroffen worden ist.

b) Die Nutzungsuntersagung ist auch materiell rechtmäßig.

aa) Die Klägerin betrieb zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses die Gaststätte „... Cocktailbar und Lounge“ im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 76 Satz 2 BayBO.

Bei der Gaststätte der Klägerin handelte es sich damals bauplanungsrechtlich nach der tatsächlichen Art der Nutzung nicht mehr um eine „Schank- und Speisewirtschaft“ im Sinne der von der BauNVO verwendeten Terminologie. Es lag vielmehr eine „Vergnügungsstätte“ vor (aaa), die zudem als „kerngebietstypisch“ im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zu qualifizieren war (bbb).

aaa) Als Ausgangspunkt für die Auslegung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der „Schank- und Speisewirtschaft“, der in der BauNVO nicht näher definiert ist, können die bundesrechtlichen Legaldefinitionen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GastG dienen (Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 4 Rn. 57). Danach wird eine Schankwirtschaft betrieben, wenn im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden; eine Speisewirtschaft liegt vor, wenn zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. In beiden Fällen muss der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sein. Die in der BauNVO ebenfalls nicht näher definierte „Vergnügungsstätte“ ist dagegen durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 6 Rn. 42). Unter Würdigung der maßgeblichen Gesamtumstände, insbesondere auch des beim Augenschein erlangten Eindrucks der Räumlichkeiten der Gaststätte, ist im vorliegenden Fall die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass bauplanungsrechtlich eine Vergnügungsstätte vorlag und nicht mehr eine Schank- und Speisewirtschaft.

Zwar verliert eine Gaststätte den Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft nicht ohne weiteres dadurch, dass Gäste dort über den Verzehr von Speisen und Getränken hinaus auch die Möglichkeit haben, sich „amüsieren“ zu können. Gerade für Schankwirtschaften ist nicht untypisch, dass sie neben dem Verzehr von Getränken auch ein gewisses Maß an „Zerstreuung“ und „geselligem Beisammensein“ bieten und auch bieten dürfen, ohne sogleich zur Vergnügungsstätte im Sinne des Bauplanungsrechts zu werden. Der konkrete Betrieb der Gaststätte der Klägerin war jedoch zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses in einer Weise ausgestaltet, bei der das „Amüsement“ gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken derart prägend im Vordergrund stand, dass der Betrieb als Vergnügungsstätte zu qualifizieren ist.

Insbesondere ging die zur Unterhaltung der Gäste eingesetzte Musik nach Funktion und Lautstärke nicht nur gelegentlich, sondern den gesamten Gaststättenbetrieb entscheidend prägend deutlich über eine zurückhaltende Hintergrund- oder dezente Barmusik hinaus. Die Kammer schließt das aus folgenden Umständen: Es sind eine leistungsstarke Musikanlage, eine Lichtorgel und ein Laser vorhanden. Aus Bl. 553, 554, 739, 740 der Behördenakten ist ersichtlich, dass die Klägerin vor Bescheidserlass auf ihrer Website explizit mit unterschiedlichen Musikstilen an verschiedenen Wochentagen geworben (...: „beste Rhythmen Lateinamerikas“; ...: „die besten Hits der 70er - 90er und Charts“; ...: „die besten Dance-, Electro- und House-Tunes“) und hierbei auch die besondere Rolle des Diskjockeys herausgestellt hat (...: „Ab 21.00 heizt euch DJ ... … ein“; ...: „Unsere wechselnden Top-DJs verwöhnen euch …“). Eine solche Werbung ergäbe keinen Sinn, wenn im Lokal lediglich der Einsatz von Hintergrundmusik beabsichtigt und praktiziert worden wäre. Dass die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, noch vor Bescheidserlass ihr Betriebskonzept geändert habe, hält die Kammer nicht für glaubwürdig. Aus den Behördenakten geht hervor, dass diese Internetseiten mit vergleichbarem Inhalt auch deutlich nach Bescheidserlass noch abrufbar waren, so am ... März 2013, am ... Juli 2013, am ... März 2014, am ... Mai 2014 und am ... September 2014 (vgl. Bl. 788, 789, 853, 899, 924, 954).

Es kommt hinzu, dass in der Gaststätte in manchen Monaten im Wochenrhythmus unter ein besonderes Motto gestellte Sonderveranstaltungen stattfanden, bei denen namentlich genannte Diskjockeys und deren Musikangebot besonders herausgestellt wurden (vgl. Bl. 630 d. A.: „Code White“ am ... Juli 2012, „Spaß am Glas“ am ... Juli 2012, „Nacht der Nächte“ am ... Juli 2012, „Miami Pop“ am ... Juli 2012) oder schon allein das Motto den Vergnügungscharakter der Veranstaltung zum Ausdruck bringt (vgl. Bl. 748 d. A.: „Saturday Night Fever“ am ... Dezember 2012, „Ibiza Calling“ am ... Dezember 2012, „Austrian Showtime“ am ... Dezember 2012, „Ibiza World Club Tour“ am ... Dezember 2012“).

Bestimmte, auf die Internetseite eingestellte Fotos, die eine ausgelassene Tanz- und Partystimmung vermitteln (Bl. 718 d. A.) und den Diskjockey und seine animierende Funktion herausstellen (Bl. 724 d. A.), zeigen, dass es der Klägerin darauf ankam, herauszustellen, dass die Gäste bei weitem nicht nur ein bestimmtes Angebot an Speisen und Getränken erwartet, sondern in erster Linie eine durch Musik und Partystimmung geprägte Atmosphäre.

Weitere Umstände runden das Bild ab. So wurde als Dresscode auf der Internetseite für Freitag- und Samstagabend jeweils vorgegeben, dass die Kleidung nicht nur „chic“ sondern zudem „sexy“ sein sollte (vgl. die vgl. Bl. 553, 739, 788, 853, 899, 924, 954), was für Schank- und Speisewirtschaften ebenso unüblich ist wie eine Einlasskontrolle, bei der gezählt wird, wie viele männliche und wie viele weibliche Gäste bereits anwesend sind (vgl. z. B. Fotos Bl. 877, 878). Auch diese Umstände zeigen, dass im Lokal eine auf „Amüsement“ angelegte Freizeitgestaltung gegenüber dem Verzehr von Speisen und Getränken deutlich im Vordergrund stand.

Insgesamt lag hier somit eine Vergnügungsstätte vor.

bbb) Bei der Vergnügungsstätte der Klägerin handelte es sich um eine solche, die im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO „wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig“ ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG - die letztlich zur heutigen Regelung in § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO geführt hat - sind solche „kerngebietstypischen“ Vergnügungsstätten dadurch gekennzeichnet, dass sie einen „größeren Einzugsbereich“ haben und „für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen“ (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64/79 - juris Rn. 11; Urt. v. 21.02.1986 - 4 C 31/83 - juris R. 10). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, folgt ohne weiteres aus dem erkennbar auf einen großen Einzugsbereich angelegten Internetauftritt der Klägerin (vgl. die oben angegebenen Aktenseiten) und der Größe des Lokals, das jedenfalls 200 Gäste fassen kann (vgl. z. B. die am 25. August 2013 vorgenommen Zählung, Bl. 878 d. A. sowie die Fotos vom Lokal, z. B. Bl. 239, 245, 879) und auch fassen darf (Tekturgenehmigung vom ...01.2011, Brandschutzauflage Nr. 9, Bl. 301 d. A.).

ccc) Der Betrieb der kerngebietstypischen Vergnügungsstätte ist formell rechtswidrig, weil mit den Baugenehmigungen vom ... Oktober 2006 und ... Januar 2011 nur der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft genehmigt worden ist und der Betrieb einer Vergnügungsstätte - sei sie kerngebietstypisch oder auch nicht - eine Nutzungsänderung darstellt, die nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig ist. Verfahrensfrei ist nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO eine Nutzungsänderung nur dann, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO in Betracht kommen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil für Vergnügungsstätten andere bauplanungsrechtliche Regelungen gelten als für Schank- und Speisewirtschaften.

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung liegen damit grundsätzlich vor. Ob die untersagte Nutzung materiell genehmigungsfähig wäre, ist - sofern die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist - nur für die Frage bedeutsam, ob das Ermessen ordnungsgemäß betätigt wurde (siehe unten ee). Die ausgesprochene Nutzungsuntersagung hält sich auch insoweit im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO, als sie der Klägerin nur untersagt, die Gaststätte in Form einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu betreiben. Nicht untersagt wurde damit der Klägerin, die Gaststätte wieder in der Form zu betreiben, die baurechtlich genehmigt worden ist. Dass der Bescheid der Klägerin formal nicht verbietet, die Gaststätte ggf. als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte weiter zu betreiben, ist unerheblich. Zwar wäre auch eine solche Nutzung, weil sie der Klägerin bisher nicht genehmigt ist, zumindest formell rechtswidrig. Die Klägerin ist aber jedenfalls nicht dadurch beschwert, dass der Bescheid der Klägerin nicht auch weitergehend eine solche Nutzung untersagt hat.

cc) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die von der Beklagten in Nummer 2 des Bescheids vorgenommene Konkretisierung.

Die in Nummer 2.1 Satz 1 des Bescheidstenors enthaltene Beschränkung, dass die Klägerin monatlich nur an zwei Tagen Vergnügungsveranstaltungen durchführen darf, wäre nur dann rechtswidrig, wenn auch bei einer größeren Anzahl durchgeführter Vergnügungsveranstaltungen die Gaststätte weiterhin noch nicht als Vergnügungsstätte zu qualifizieren wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Selbst der der Klägerin zugestandene durchschnittlich etwa 14tägige Rhythmus führt dazu, dass die Gaststätte als Betrieb erscheint, in der Vergnügungsveranstaltungen mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden, so dass die Vergnügungsveranstaltungen den Betrieb schon in gewisser Weise prägen. Nach Ansicht der Kammer ist daher die von der Beklagten der Klägerin zugestandene Anzahl an Vergnügungsveranstaltungen jedenfalls nicht zulasten der Klägerin als zu gering festgesetzt.

Nicht zu beanstanden ist auch die Konkretisierung des Begriffs der Vergnügungsveranstaltung in Nummer 2.1 Sätze 2 bis 4 des Bescheidstenors. Die von der Beklagten gewählten Kriterien beschreiben zutreffend, wann vom Vorliegen einer Vergnügungsveranstaltung auszugehen ist. Dass die Umschreibung des Begriffs der Vergnügungsveranstaltung nicht abschließend ist („insbesondere“), führt nicht zur Unbestimmtheit der Regelung. Die Umschreibung in Nummer 2.1 Sätze 2 bis 4 und Nummer 2.2 des Bescheidstenors erfasst jedenfalls die für die Klägerin relevanten Umstände derart, dass für sie hinreichend deutlich wird, wie sie ihr Betriebskonzept umstellen muss.

Entgegen der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht ist eine Unbestimmtheit von Nummer 2 auch nicht deshalb anzunehmen, weil sie Begriffe verwendet, die Unschärfen aufweisen (z. B. „Hintergrundmusik“, „regelmäßig bei Einsatz eines Diskjockeys“, „Duldung oder Förderung des Tanzens“). Das ist jedoch grundsätzlich - und so auch hier - hinzunehmen, weil ohne die Verwendung solcher Begriffe angesichts der Unterschiedlichkeit der möglichen Lebenssachverhalte nicht alle Einzelfälle angemessen erfasst werden könnten.

dd) Die Befugnis zum Einschreiten ist auch entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin nicht verwirkt worden. Bauaufsichtliche Befugnisse unterliegen nicht der Verwirkung (vgl. Simon/Busse/Decker, BayBO, Art. 76 Rn. 216). Ist eine Behörde lange Zeit untätig geblieben, kann dies für die Frage bedeutsam sein, ob das Ermessen ordnungsgemäß betätigt wurde (siehe sogleich).

ee) Die Beklagte hat das ihr durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß betätigt.

aaa) Insoweit ist zunächst zu bedenken, dass bei einer Nutzungsuntersagung das Ermessen in dem Sinne intendiert ist, dass das Gebrauchmachen von der Befugnis des Art. 76 Satz 2 BayBO grundsätzlich keiner besonderen Begründung bedarf und eine ermessensgerechte Entscheidung darstellt. Davon ausgehend, sind im vorliegenden Fall keine Ermessensfehler ersichtlich.

bbb) Insbesondere ist die Nutzung nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig. Die Nutzung ist vielmehr nicht genehmigungsfähig.

Der Betrieb der Klägerin liegt in einem durch den Bebauungsplan „... Wiese“ festgesetzten Mischgebiet, in dem kerngebietstypische Vergnügungsstätten nach der Art der baulichen Nutzung unzulässig sind. Auf die Frage, ob insoweit die BauNVO 1977 oder eine spätere Fassung der BauNVO anzuwenden ist, kommt es nicht an. Zwar wurde die jetzige Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 BauNVO, wonach nur nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten in den überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Teilen eines Mischgebiets allgemein zulässig sind und außerhalb der überwiegend gewerblich genutzten Teile eines Mischgebiets ausnahmsweise zugelassen werden können, erst mit der BauNVO 1990 eingeführt. Die frühere Regelung in § 6 BauNVO 1997, die - im Unterschied zu § 7 BauNVO 1977 - Vergnügungsstätten nicht als eigenständige Nutzungsart erfasste, ist jedoch so auszulegen, dass im Mischgebiet eine Vergnügungsstätte nur dann als „sonstiger Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig ist, „wenn sie nicht dem Typus der Vergnügungsstätte, wie er für Einrichtungen im Kerngebiet kennzeichnend ist, entspricht und keine wesentlichen Störungen für die Wohnruhe vor allem am Abend und in der Nacht mit sich bringt“ (BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 64/79 - juris Rn. 12).

Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt nicht in Betracht, weil die Zulassung die Grundzüge der Planung berührt. Daran ändert auch das vom Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der in einem benachbarten Gebäude ansässigen ... vom 18. Mai 2010 nichts. Auf die Frage, ob und welche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft im vorliegenden konkreten Fall vom Betrieb der Klägerin ausgehen, kommt es nicht an, da im Hinblick auf die Frage, ob eine bestimmte Art der Nutzung mischgebietsverträglich ist, eine typisierende Betrachtung geboten ist. Die von der Klägerin betriebene kerngebietstypische Vergnügungsstätte ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig.

Ob insoweit auch der weitere Bebauungsplan der Beklagten „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“ entgegen stünde, kann wegen der bereits aufgrund des Bebauungsplans „... Wiese“ feststehenden bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit offen bleiben. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass nach der Begründung des Bebauungsplans „... Nutzungsbeschränkung Altstadt und Zufahrtsbereich“ zweifelhaft erscheint, ob der Plangeber alle Arten von Vergnügungsstätten überhaupt hat ausschließen wollen. In der Begründung zum Bebauungsplan ist insoweit ausgeführt, dass es zwingend erforderlich sei, „Spielhallen und Unternehmungen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten mit oder ohne Gewinnmöglichkeit dienen, sowie Verkaufs- Vorführ- oder Gesellschaftsräume, deren ausschließlicher oder überwiegender Geschäftszweck auf den Verkauf von Artikeln, auf Darstellungen oder auf Handlungen mit sexuellem Charakter ausgerichtet sind [richtig: ist], von der generellen Zulässigkeit … auszuschließen“. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass der Plangeber neben Spielhallen und ähnlichen Betrieben im Grunde nur Betriebe des „Rotlichtmilieus“ fernhalten wollte, zu denen die Vergnügungsstätte der Klägerin nicht gehört.

ccc) Ermessensfehlerhaft ist das Gebrauchmachen von der Eingriffsbefugnis auch nicht deshalb, weil die wesentlichen Umstände der Beklagten bereits seit mehreren Jahren bekannt waren, ohne dass sie eingeschritten ist. Aus den Akten ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Beklagte der Klägerin zu verstehen gegeben hat, dass sie die Vergnügungsstätte dauerhaft duldet. Die Beklagte hat der Klägerin im Gegenteil bereits mit Schreiben vom 18. September 2008 mitgeteilt, dass es sich um eine Vergnügungsstätte handele, „die dort baurechtlich nicht zulässig“ sei (Bl. 66 d. A.). Eine dauerhafte Duldung erfolgte auch später nicht.

ddd) Sonstige Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Die Ausführungen auf Seite 8 unten des Bescheids zur wirtschaftlichen Situation der Klägerin, zur Konkurrenzsituation und zu den möglichen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft sind entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin nicht unsachlich.

3. Gegen die erlassene Zwangsgeldandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist der Ansicht des Klägerbevollmächtigten, das angedrohte Zwangsgeld von 1000 Euro je Verstoß sei unangemessen hoch, nicht zu folgen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe

1.
Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder
2.
zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft),
3.
(weggefallen)
wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

(2) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt ferner, wer als selbständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.