Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830

bei uns veröffentlicht am10.04.2014

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom ... August 2013 verpflichtet, die vom Kläger mit Antrag vom 11. Februar 2013 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, für das Grundstück FlNr. ... Gemarkung ..., die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Unter dem 11. Februar 2013 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau des Stallgebäudes mit Dachgeschossausbau (je zwei Wohneinheiten im Ober- und im Dachgeschoß und Büroräume) auf FlNr. ..., Gemarkung ...

In der Sitzung ihres Bau- und Umweltausschusses am ... Februar 2013 erteilte die Gemeinde ... ihr Einvernehmen.

Mit Bescheid vom ... August 2013 versagte das Landratsamt ... (Landratsamt) die beantragte Baugenehmigung. Das Vorhaben liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, daher beurteile sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht ein. Es würde ein zusammenhängender zwei- bzw. dreigeschossiger Wohnbaukörper mit einer Länge von ca. 32 m entstehen, der lediglich in der Mitte durch einen 4 m breiten Bürobereich im ersten Obergeschoss und Lagerbereich im zweiten Obergeschoss unterbrochen sei. Zur Frage, ob sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung einfüge, sei eine Zusammenschau der Einzelkriterien erforderlich. Zur Beurteilung müssten Kriterien herangezogen werden, die einen brauchbaren Maßstab lieferten. Insbesondere die in der Umgebung vorhandenen Wohngebäude lieferten diesen. Der danach zulässige Rahmen werde deutlich überschritten. Auf dem Antragsgrundstück bestehe bereits ein Wohnhaus mit einer Länge von ca. 12 m. Die Umgebungsbebauung sei geprägt von Wohngebäuden mit einer Länge von max. 16 m. Durch das geplante Vorhaben würde nahezu eine durchgängige Wohnnutzung - zumindest im Ober- und Dachgeschoss - auf einer Länge von insgesamt ca. 32 m entstehen. Ein Wohnbaukörper dieser Länge sei in der zur Beurteilung heranzuziehenden Umgebung nicht vorhanden und würde den Rahmen sprengen. Weiter übersteige die Grundfläche des beabsichtigten Wohnbaukörpers von ca. 410 m² deutlich das in der Umgebung vorhandene Maß von ca. 208 m² auf dem Grundstück FlNr. ... Auch die geplanten ...aufbauten, vier Dachgauben mit einer Breite von ca. 2,50 m und zwei Dachgauben mit einer Breite von ca. 1,50 m, würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung noch verstärken. Die umgebende Bebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne ...aufbauten. Zur Belichtung der ausgebauten Dachgeschosse existierten bis auf das Grundstück FlNr. ... lediglich Dachflächenfenster. Nachdem maßgebend für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung sei, füge sich der geplante Baukörper hinsichtlich der Länge, der Grund- und Geschossfläche nicht ein. Die Gestaltung der ...aufbauten verstärke die massige Erscheinung als Mehrparteienwohnhaus. Die Zulassung der geplanten Umbaumaßnahme würde eine negative Vorbildwirkung bedeuten. Die Dachgauben würden diese verstärken. Der Ortsteil ... südlich der ...straße weise bisher eine dörfliche Struktur (landwirtschaftliche Hofstellen mit Wohnhäusern, Stall- und Nebengebäude) auf. Diese Struktur würde mittelfristig aufgebrochen durch das Vorhaben. In der Folge würde eine für ein Dorfgebiet unübliche dichte Wohnbebauung entstehen, die zu städtebaulichen Spannungen führe. Die bauliche Massierung führe sowohl in der Länge als auch in der Höhe zu einer erheblichen Nachverdichtung, weswegen das Vorhaben unabhängig von seiner Nutzungsart den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise überschreiten würde. Zwar handele es sich hier um die Änderung eines vorhandenen Gebäudes, das Gebäude bleibe jedoch in seinen Ausmaßen nicht unverändert. Das geplante Gebäude werde im Hinblick auf ein prägendes Maßkriterium - hier die Grund- und Geschossfläche „Wohnnutzung“ sowie zum Teil die Wandhöhe - erheblich geändert. Nach der zu Grunde liegenden Planung werde der Dachstuhl erneuert und als symmetrisches Satteldach ausgeführt, wobei die südliche Dachfläche mit einer steileren Dachneigung versehen werde. Die Wandhöhe an der Südseite werde von 5,40 m auf 6,81 m erhöht. Eine Abweichung nach § 34 Abs. 3 Buchstabe a) BauGB vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der Umgebung sei nicht möglich. Denn bis zum Inkrafttreten der Änderung des BauGB zum 20. September 2013 werde die Nutzungsänderung - von landwirtschaftlichem Nutzgebäude in Wohngebäude - von dieser Rechtsgrundlage nicht erfasst. Auch danach werde eine Nutzungsänderung zu Wohnzwecken nur für zulässigerweise errichtete Gewerbe- und Handwerksbetriebe erfasst, nicht die Umnutzung eines vormaligen landwirtschaftlichen Gebäudes. Im Erdgeschoss des ehemaligen Stallgebäudes sei mit Bescheid vom ... Mai 1992 die Umnutzung zu Lagerzwecken genehmigt worden. Insoweit liege zwar ein Gewerbebetrieb vor, der aber nicht (nutzungs)geändert werden solle.

Der Bescheid wurde am 6. August 2013 zugestellt.

Am 28. August 2013 wurde per Telefax Klage erhoben.

Mit Schreiben vom 12. November 2013 erfolgte die Klagebegründung mit dem Antrag,

den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die am 11. Februar 2013 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Auf dem Vorhabengrundstück befänden sich folgende Baukörper: Im Südosten ein ehemaliges landwirtschaftliches Betriebsleiterwohnhaus, Länge 12 m, Breite 10 m, mit E + 1 + EG (gemeint wohl DG), genutzt zum Wohnen; westlich anschließend ein ehemaliges landwirtschaftliches Nebengebäude, Länge 20 m, Breite 12 m, im Erdgeschoss eine Werkstatt zur Metallverarbeitung, Erdgeschoss und Dachgeschoss würden derzeit nicht genutzt. Daran in einem 90°-Winkel nach Norden, verbunden durch eine Garage, anschließend ein weiteres landwirtschaftliches Nebengebäude, Länge 26 m, Breite 10 m, Höhe etwas niedriger, etwa E + D, gewerblich genutzt. In der unmittelbaren Nachbarschaft des Vorhabens befänden sich ebenfalls Baukörper mit großen Kubaturen. Auf FlNr. ... bzw. FlNr. ..., jeweils Gemarkung ..., befände sich ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, das rd. 30 m lang und rd. 11 m breit sei. Die Höhenentwicklung entspräche in etwa derjenigen des streitgegenständlichen Anwesens. Auf der FlNr. ... befände sich ein Mehrfamilienhaus mit Erdgeschoss, Obergeschoss und ausgebautem Dachgeschoss sowie mit zwei Dachgauben auf der nördlichen Dachfläche und drei auf der südlichen. Auf den FlNrn. ... und ... existierten Wohnhäuser mit zahlreichen nicht mehr untergeordneten ...aufbauten (Quergiebel, Zwerchgiebel, Dachgauben etc.). Entsprechend der Eingabepläne für das Vorhaben bleibe das gesamte Erdgeschoss einschließlich der Decke des an das ehemalige Betriebsleiterwohnhaus angebauten Nebengebäudes vollständig erhalten. Die Grundfläche verringere sich sogar etwas, da ein Anbau an der Südseite abgebrochen werde. Obergeschoss nebst Dachgeschoss würden erneuert. Im Zuge des Umbaus werde das bisher nicht symmetrische Satteldach durch ein symmetrisches Satteldach ersetzt und somit dem Satteldach des Betriebsleiterwohnhauses angeglichen. Dadurch vergrößere sich zwangsläufig die bisherige Wandhöhe der südlichen Außenwand, die Firsthöhe werde hierdurch jedoch um rd. 60 cm niedriger. Die künftige Nutzung des umzubauenden Gebäudeteils werde im Erdgeschoss beibehalten (Werkstatt), im Obergeschoss und Dachgeschoss sollten je zwei Wohnungen eingebaut werden. Das Dachgeschoss werde über Dachgauben an der Nord- und Südseite des Daches belichtet. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ein. Zur vorhandenen Bebauung gehörten auch auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandene Gebäude, diese würden den Maßstab für die weitere Bebauung bilden. Der sich aus den vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Vorhabensgrundstück selbst und auf den FlNrn. ..., ... und ... abzuleitende Rahmen werde nicht überschritten: Die Grundfläche bleibe unverändert bzw. nehme sogar ab. Die Höhenentwicklung des neuen Bauteils bleibe gleich bzw. nehme sogar ab, da die neue Firsthöhe um rd. 60 cm niedriger sei. Die geringfügige Vergrößerung der Kubatur wegen der Vergrößerung der südlichen Wandhöhe und der geplanten ...aufbauten werde durch den Wegfall der Anbauten im Erdgeschoss kompensiert. Der Umfang der Nutzung eines Gebäudes sei bauplanungsrechtlich unbedeutend und beim Dachgeschossausbau komme es nicht darauf an, ob dadurch die in der Umgebungsbebauung vorhandenen Geschossflächen überschritten würden. Das Landratsamt irre, wenn es das Einfügen hinsichtlich des Maßes deswegen verneine, weil die Umgebungsbebauung von Wohngebäuden mit einer Länge von max. 16 m geprägt sei und sich deswegen ein Wohnbaukörper mit einer Länge von 32 m nicht einfüge. Die vier Einfügensmerkmale seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Selbst wenn das Vorhaben hinsichtlich seiner Kubatur geringfügig größer wäre, würde dies nicht zur Verneinung des Einfügens führen. Denn in diesem Fall seien bodenrechtliche Spannungen nicht erkennbar. Auch bezüglich der ...aufbauten könne von einem Einfügen ausgegangen werden. In unmittelbarer Nähe befänden sich mehrere Anwesen mit zahlreichen ...aufbauten.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2014 erwiderte der Beklagte und beantragte

Klageabweisung.

Die Baumaßnahmen seien wie folgt aufzuschlüsseln:

- Errichtung eines neuen Dachstuhls (symmetrisches Satteldach)

- Erhöhung der Wandhöhe auf der Nordseite

- Umnutzung des ersten Obergeschosses im ehemaligen Stallgebäude

- Ausbau des Dachgeschosses (zweites Obergeschoss)

- Errichtung von sechs Dachgauben.

Die Ausführungen der Gegenseite seien dahingehend zu berichtigen, dass im Erdgeschoss des ehemaligen Stallgebäudes - zumindest rechtmäßig - kein Werkstattbetrieb bestehe, sondern mit Bescheid vom ... Mai 1992 lediglich die Umnutzung zu einem Lager für Werkzeug genehmigt worden sei. Für das Gebäude im 90°-Winkel nach Norden anschließend liege keine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung in einen Gewerbebetrieb oder eine sonstige Hauptnutzung vor. Dieser Gebäudeteil sei damit hinsichtlich des Maßes der Nutzung als Nebengebäude zu betrachten. Mit der klägerseits getroffenen Eingrenzung der näheren Umgebung bestünde Einverständnis, ebenso schließe sich der Beklagte der Annahme an, wonach sich das Vorhaben hinsichtlich der Art der Nutzung einfüge. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung gelte dies dagegen nicht. Es treffe zwar zu, dass auf dem Baugrundstück bereits eine Umnutzung im Erdgeschoss des ehemaligen Stallgebäudes zugelassen worden sei. Durch die Umnutzung im ersten Obergeschoss und dem Dachgeschossausbau im zweiten Obergeschoss (verbunden mit Errichtung eines neuen Dachstuhls und Einbau von Dachgauben) würde aus dem bisherigen Nebengebäude ein Gebäude mit Hauptnutzung. Mit dem so entstehenden zweigeschossigen Baukörper mit ausgebautem Dachgeschoss und einer Länge von 32 m würde der vorhandene Rahmen an Wohnbebauung gesprengt. Zwar sei es zutreffend, dass die vier Einfügensmerkmale jeweils unabhängig voneinander zu prüfen seien. Gemäß einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 1997 seien jedoch nur Hauptgebäude für die Rahmenbildung heranzuziehen, nicht wie vom Kläger beabsichtigt, Neben-, hier Stallgebäude. In der weiteren Auslegung dieser Entscheidung und auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. September 1988 sei danach nur noch zwischen Haupt- und Nebengebäude zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall sei das ehemalige Stallgebäude trotz der zugelassenen Umnutzung im Erdgeschoss bislang noch als Nebengebäude zu beurteilen, da die genehmigte Lagernutzung im Erdgeschoss dieses Stallgebäudes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen diene und damit nicht geeignet sei, die umliegende Siedlungsstruktur zu prägen bzw. für die Zulässigkeit der Bebauung rahmenbildend zu wirken. Denn unter den Begriff der Bebauung fielen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt würden, seien dagegen unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen, Ställe), Freizeitzwecken oder sonstigen Zwecken dienten, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen die Siedlungsstruktur prägten (vgl. BayVGH 1 B 08.365 vom 19.3.2009). Betrachte man nur die vorhandenen Hauptgebäude, füge sich der neu entstehende Gesamtbaukörper, der dann Hauptnutzung wäre, nicht ein. Dem klägerischen Vortrag, wonach angesichts der entfallenden Anbauten im Erdgeschoss die eintretende Vergrößerung der Wandhöhe und die geplanten ...aufbauten nicht ins Gewicht fielen bzw. kompensiert würden, könne nicht gefolgt werden. Denn die geplanten baulichen Maßnahmen griffen sowohl in das Maß der baulichen Nutzung als auch in die Art der baulichen Nutzung ein, als ein einstiges Nebengebäude zu einem Hauptgebäude werde und nach dieser Umnutzung geeignet sei, bodenrechtliche Spannungen hervorzurufen. Auch die äußere Gestalt werde massiv verändert. Es werde klargestellt, dass es sich bei dem Vorhaben nicht nur um einen Dachgeschossausbau handele, sondern das ursprüngliche Gebäude durch Erhöhung der Wandhöhe und Änderung der Dachneigung auch baulich verändert werde, so dass zunächst bauliche Veränderungen hinsichtlich des Einfügens zu prüfen seien, bevor ein Ausbau des Dachgeschosses zu prüfen sei. Es werde deutlich in die Bausubstanz eingegriffen, so dass der Umfang der Nutzung eines Gebäudes für Aufenthaltszwecke - Dachgeschossausbau - nicht als planungsrechtlich unbedeutend anzusehen sei. Ein dreigeschossiger Baukörper (E + 1 + DG) mit einer Hauptnutzung (Wohnen) mit einer Länge von 32 m füge sich nicht mehr in die bestehende Umgebung ein. So sei die Umgebung geprägt von zwei- bis dreigeschossigen Wohngebäuden bzw. Gebäuden mit einer Hauptnutzung mit einer max. Länge bis zu ca. 15 m (FlNrn. ..., ... und ...). Weiter werde auf § 1 Abs. 3 BauGB hingewiesen. Danach könne sich das Planungsermessen der Gemeinde im unbeplanten Innenbereich unter Umständen zur Planungspflicht verdichten, wenn qualifizierte städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht vorlägen (BVerwG 4 C 14/01, RdNr. 16 ff.). Die Erteilung einer Genehmigung würde im Verhältnis zur Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen, als mittelfristig für sämtliche bestehenden (ehemals landwirtschaftlichen) Nebengebäude die Umnutzung zur Wohnbebauung erfolgen könnte. In der Folge würde der ursprüngliche Gebietstyp „MD“ zu „WA“ umgewandelt. Das rahmenüberschreitende Vorhaben würde bodenrechtliche Spannungen begründen. Bei Genehmigung bestünde die Gefahr, dass wegen der Vorbildwirkung des Ausbauvorhabens der gegebene städtebauliche Zustand in negativer Hinsicht in Bewegung und damit in Unordnung gebracht werde (BVerwG 4 C 13.93 vom 15.12.1994).

Das Gericht erhob am 10. April 2014 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Vorhabensgrundstück sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift über den Augenschein Bezug genommen. In der sich anschließenden mündlichen Verhandlung - auf deren Niederschrift verwiesen wird - stellte die Klägerbevollmächtigte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 12. November 2013. Der Vertreter des Beklagten beantragte Klageabweisung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, so dass der Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheids zu verpflichten war, die Baugenehmigung zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO).

Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Strittig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Zulässigkeit des Vorhabens nach Bauplanungsrecht, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 1 BayBO.

Das Bauvorhaben des Klägers ist hiernach zulässig.

Es liegt - zwischen den Beteiligten unstreitig - im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB. Dort ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, die Erschließung gesichert ist, die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Bis auf das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die genannten Voraussetzungen - ebenso zwischen den Beteiligten unstreitig - erfüllt.

Das Vorhaben fügt sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Nach der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, ist insoweit in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen. Vorrangig bietet sich dabei die (absolute) Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschossfläche, Geschosszahl und Höhe und bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind. Auch auf die Feinheiten der an landesrechtliche Begriffe wie demjenigen des Vollgeschosses anknüpfenden Berechnungsregelungen der Baunutzungsverordnung kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. zu alledem BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 -, BauR 2013, 1245 m.w.N.).

Nähere Umgebung hinsichtlich der Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die Grundstücke um das Vorhabensgrundstück FlNr. ... herum, i.e. FlNrn. ..., ..., ..., ..., ... (vgl. einerseits Anlage K3 des Klagebegründungsschriftsatzes vom 12.11.2013 und andererseits die Feststellungen im gerichtlichen Augenschein); die Eingrenzung der näheren Umgebung auf diesen Bereich ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig.

Nach den oben genannten Kriterien ist das Vorhaben des Klägers wie folgt zu beurteilen: Von den nach außen wahrnehmbaren Maßen steht die vorgesehene Gebäudegröße, -höhe und Geschosszahl einem Einfügen nicht entgegen.

Letztendlich lässt sich die positive Feststellung des Einfügens des Vorhabens bereits darauf zurückführen, dass sich das bisher aktuell auf dem Vorhabensgrundstück befindliche Bestandsgebäude als maßstabsbildend darstellt; ein Vorhaben, das den Rahmen, den das Bestandsgebäude setzt, nicht überschreitet, fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Das streitgegenständliche Vorhaben stellt sich so dar, dass es jedenfalls ohne wesentliche äußere Veränderungen den Platz des Bestandsgebäudes einnimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B.v. 21.6.2007 - 4 B 8/07 -, BRS 71 Nr. 83 = BauR 2007, 1691 m.w.N.) kommt es für die Frage, ob sich ein Erweiterungsvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, nicht nur auf die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks an; auch auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandene Gebäude gehören zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet. Daraus folgt, dass das Bestandsgebäude, nämlich das sich auf dem Vorhabensgrundstück unmittelbar westlich an das ehemalige Betriebsleiterwohnhaus, das heute Wohnzwecken dient, anschließende ehemalige landwirtschaftliche Stallgebäude mit einer Länge von rd. 20 Metern und einer Breite von rd. zwölf Metern, in dem das streitgegenständliche Vorhaben (Wohnungen) errichtet werden soll, den Charakter der näheren Umgebung mitbestimmt. Neben diesem Bestandsgebäude, das die Umgebung prägt, kommen in der weiteren Umgebung, wie der Augenschein ergeben hat, weitere rahmenbildende Gebäude in Betracht, die den Maßstab derart prägen, dass die beantragte Bebauung sich nach dem Maß der baulichen Nutzung einfügt. Das ist insbesondere das Gebäude bzw. die Gebäude auf den FlNrn. ... bzw. ..., Gemarkung ..., wo sich ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen befindet, das dem zwischen den Beteiligten umstrittenen Vorhaben ausreichend vergleichbar ist.

Dass das Vorhaben geringfügig in seiner nach außen erkennbaren Gestalt verändert wird, ist dabei unschädlich. Nach der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B.v. 21.6.2007, 4 B 8/07, BauR 2007, 1591 = BRS 71 Nr. 83) fügt sich ein Änderungsvorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung regelmäßig schon dann in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn das Gebäude in seinen Ausmaßen und ohne größere von außen erkennbare Veränderungen unverändert bleibt. Das ist hier der Fall. Die baulichen Änderungen, die vorgenommen werden sollen, sind, vergleicht man die Pläne mit dem Bestandsgebäude, so geringfügig, dass der vom Bestand gebildete Rahmen durch das Vorhaben nicht verlassen wird. Im Zuge des Umbaus wird aus dem bisher asymmetrischen Satteldach ein symmetrisches Satteldach, was eine Fortführung der Dachform des bereits vorhandenen und an das Vorhaben angrenzenden Betriebsleiterwohnhauses darstellt. Damit einher geht notwendigerweise eine höhere Wandhöhe der südlichen Außenwand, auf der anderen Seite wird die Firsthöhe niedriger als im Bestandsgebäude. Diese marginalen Änderungen führen nicht zu einer Überschreitung des vom Bestandsgebäude maßgeblich mitgeprägten Rahmens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung. In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass beispielsweise die Umwandlung von Nebenräumen im Dachgeschoss ohne wesentliche bauliche Veränderungen in Wohnräume oder in selbständige Wohnungen über § 34 Abs. 1 BauGB regelmäßig nicht verhindert werden kann, weil die in dieser Vorschrift genannten Kriterien hierdurch nicht betroffen werden (BVerwG, U.v. 23.3.1994, 4 C 18/92, BVerwGE 95, 277 = NVwZ 1994, 1006). Die vorzunehmenden baulichen Veränderungen überschreiten die Schwelle der Wesentlichkeit i.S.d. genannten Rechtsprechung nicht.

Nach Auffassung des Beklagten fügt sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht ein, weil aus dem bisherigen „Nebengebäude“ ein Gebäude mit Hauptnutzung werde und auf diese Weise ein zweigeschossiger Baukörper mit ausgebautem Dachgeschoss und einer Länge von 32 Metern entstünde, der den vorhandenen Rahmen an Wohnbebauung sprenge.

Diese Auffassung kollidiert zunächst mit dem Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die vier Einfügensmerkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB jeweils unabhängig voneinander zu prüfen sind (vgl. etwa BVerwG, Urt.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, DVBl 1995, 749 = BauR 1995, 506 m.w.N.). Fügt sich danach ein Vorhaben seiner Art nach ein, kommt es daher im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maß nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen in gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist. Zwar ist laut der Klageerwiderung des Beklagten vom 10. Januar 2014 auch insoweit Einverständnis mit dem genannten Rechtssatz vorhanden, als dort ausgeführt wird, dass der Ansicht der Klägerseite auch soweit gefolgt werde, dass die vier Einfügensmerkmale jeweils unabhängig voneinander zu prüfen sind. In Wirklichkeit verstößt der Beklagte aber gegen den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Rechtssatz der unabhängig voneinander zu prüfenden Einfügensmerkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Das wird daraus ersichtlich, dass das Landratsamt ausweislich des ablehnenden Bescheides beim Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung prüft (und verneint), ob in der Umgebung ein 32 Meter langer Wohnbaukörper vorhanden ist. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung ist diese Fragestellung aber verfehlt. Denn indem nicht – richtig – danach gefragt wird, ob 32 Meter lange Baukörper vorhanden sind (was hier schon wegen der Bestandsgebäude zutrifft), sondern explizit nur nach Wohnbaukörpern, bestimmt das Landratsamt das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung – rechtswidrig – doch wieder unter Zuhilfenahme der Art der baulichen Nutzung (Wohnen).

Der Beklagte verweist hingegen darauf, dass insofern eine Unterscheidung vorzunehmen sei nach Hauptgebäuden, die für die Rahmenbildung heranzuziehen seien, und Nebengebäuden, die für die Rahmenbildung grundsätzlich nicht heranzuziehen seien. Diese Abgrenzung, was Haupt- und was Nebengebäude sein sollen, will das Landratsamt vornehmen anhand der Frage, ob die jeweilige Nutzung dem ständigen Aufenthalt von Menschen diene oder nicht. Bei Nebengebäuden liege es so, dass diese Gebäude nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten, und damit nicht geeignet seien, die umliegende Siedlungsstruktur zu prägen bzw. für die Zulässigkeit der Bebauung rahmenbildend zu wirken.

Diese Sichtweise vermag nicht zu überzeugen und widerspricht auch der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Einerseits wird wie oben bereits ausgeführt damit doch gegen den Umstand verstoßen, dass jedenfalls nach der ganz herrschenden ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung die vier Einfügensmerkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB jeweils unabhängig voneinander zu prüfen sind. Indem das Landratsamt auf die jeweiligen Nutzungen, das Landratsamt spricht insofern von Haupt- bzw. Nebennutzungen, abstellt, wird gleichsam „durch die Hintertür“ wiederum bei der Frage des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung die Art der baulichen Nutzung geprüft. Das ist gerade mit der oben zitierten Rechtsprechung unvereinbar.

Abgesehen davon überzeugt die Differenzierung, wie sie der Beklagte vornimmt, nach Haupt- und Nebennutzungen in der vorgenommenen Weise nicht. Denn in einem wie hier faktischen Dorfgebiet – davon geht die Kammer nach Aktenlage und nach den Feststellungen im Augenschein übereinstimmend mit dem Landratsamt (vgl. Klageerwiderung v. 10.1.2014, S. 4 erster Absatz) aus – sind gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB) u.a. Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude allgemein zulässig. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung ist es unzutreffend, beispielsweise im Falle von Stallgebäuden, Scheunen oder Ställen von Nebennutzungen und Nebengebäuden zu sprechen. Denn diese Gebäude machen gerade die landwirtschaftlichen Wirtschafts- und Hofstellen aus und stellen deshalb jedenfalls in diesem Gebiet sicherlich Hauptnutzung dar (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2013 - 15 CS 13.1646 - u.a., juris RdNr. 23).

Den vom Beklagten für seine Auffassung in Anspruch genommenen Entscheidungen lässt sich dasjenige tatsächlich nicht entnehmen, was ihnen der Beklagte jeweils beilegen will.

Bei der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 1997 (4 B 172/97, NVwZ-RR 1998, 539 = BRS 59 Nr. 79) geht es bereits nicht entscheidungserheblich um das Maß der baulichen Nutzung, sondern um das Einfügen hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll. Außerdem passt die dort für die überbaubare Grundstücksfläche aufgestellte Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengebäuden schon aus dem soeben genannten Grund nicht auf den hiesigen Fall, da landwirtschaftliche Wirtschaftsstellen im faktischen Dorfgebiet jedenfalls keine Nebengebäude darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2013 a.a.O.).

Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. September 1988 (4 B 175/88, NVwZ 1989, 354 = BRS 48 Nr. 50) lässt sich für den hiesigen Fall ebenfalls nichts gewinnen, da es auch hier nicht um das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung, sondern erneut um das Einfügen hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB geht. Außerdem passt die dort vorgenommene Wertung (vgl. BVerwG, B.v. 28.9.1988 – 4 B 175/88 –, juris RdNr. 4)

„Im Einzelfall kann dies in der Tat zur Folge haben, dass ein im Innenbereich liegendes Grundstück nicht mit einem in diesem Gebiet an sich zulässigen Gebäude bebaut werden kann, wenn es nämlich nur solche Flächen umfasst, die - etwa wegen ihrer Randlage - nach der Eigenart der näheren Umgebung nicht für in diesem Gebiet an sich zulässige Hauptgebäude aufnahmefähig sind, sondern (beispielsweise) nur als Hofflächen, Hausgärten oder für Nebenanlagen zur Verfügung stehen“

hier nicht. Abgesehen davon, wie oben bereits gesagt, dass es in der Entscheidung nicht um das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung, sondern um das Einfügen nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, geht, passen die Überlegungen zur Aufnahmefähigkeit nicht für den streitgegenständlichen Fall, da das Vorhabensgrundstück weder in einer Randlage noch sonst in einer Lage liegt, die Zweifel an ihrer Aufnahmefähigkeit für das entstehende Vorhaben aufwerfen würde.

Auch aus den weiteren vom Beklagten zur Stützung der eigenen Auffassung angeführten Entscheidungen lässt sich für den gegenständlichen Fall nichts ableiten. Bei der angeführten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. März 2009 (1 B 08.365) geht es nicht um das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, sondern um die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich. Die für diese Abgrenzung entwickelten Kriterien sind aber für die Beurteilung des rahmenbildenden Maßstabs beim Maß der baulichen Nutzung nicht ausreichend nutzbar (BVerwG, U.v. 22.6.1990 – 4 C 6/87 –, juris RdNr. 22).

Vielmehr ergibt eine Auswertung der passenden Rechtsprechung, dass ein Gebäude wie das jetzt auf dem Vorhabensgrundstück befindliche Bestandsgebäude den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung sehr wohl prägt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu aus (vgl. U.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, NVwZ 1995, 897 = BauR 1995, 506):

„Für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung kommt es […] ebenfalls auf die gesamte in der Nachbarschaft vorhandene Bebauung an, soweit sie für die Eigenart der näheren Umgebung von Bedeutung ist [Hervorhebungen durch die Verf.]. Hält sich ein Vorhaben hinsichtlich seines Maßes innerhalb des sich aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens, so fügt es sich im Regelfall seinem Maße nach ein“

sowie

„Insoweit hat das Berufungsgericht übersehen, dass städtebauliche Spannungen wegen des Maßes der baulichen Nutzung nur dann auftreten können, wenn das Vorhaben unabhängig von seiner Nutzungsart [Hervorhebung durch die Verf.] den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise überschreitet.“

Danach kommt es gerade nicht auf die jeweilige Nutzungsart („unabhängig von seiner Nutzungsart“) an, so dass es verfehlt ist, eine Rahmenprägung nur bei Gebäuden anzunehmen, die dem Wohnen dienen oder jedenfalls dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Zwar sind richtigerweise Schuppen, Hütten oder kleinere Ställe, also Nebenanlagen im Sinne von § 14 BauNVO ohne Bedeutung für die Frage, ob sich ein Hauptgebäude einfügt. Selbstverständlich jedoch sind im Umfang wesentlich größere Gebäude, etwa Scheunen und Großviehställe als Bestandteil ehemaliger Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO bei der Rahmenbildung zu berücksichtigen (vgl. VG Stuttgart, U.v. 13.11.2002, 2 K 4543/01, juris RdNr. 33), wenn wie hier ein faktisches Dorfgebiet vorliegt („die gesamte in der Nachbarschaft vorhandene Bebauung, soweit sie für die Eigenart der näheren Umgebung von Bedeutung ist“). Für die Abgrenzung der „näheren Umgebung“ bei der Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung ist die gesamte städtebauliche Situation zu würdigen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2002 - 2 ZB 02.2316 -, juris).

Unabhängig davon entstehen durch das Vorhaben keine städtebaulichen Spannungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können wegen des Maßes der baulichen Nutzung städtebauliche Spannungen nur auftreten, wenn das Vorhaben unabhängig von seiner Nutzungsart den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise überschreitet (U.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 = BRS 56 Nr. 130; B.v. 21.6.2007 - 4 B 8/07 -, BauR 2007, 1691). Abgesehen davon, dass aus diesen Entscheidungen noch einmal folgt, dass es auf die Nutzungsart - anders als der Beklagte meint - gerade nicht ankommt, werden, legt man diese Maßgaben zu Grunde, durch das Vorhaben keine städtebaulichen Spannungen begründet. Da das Vorhaben in seiner Kubatur nahezu unverändert bleibt im Vergleich zum Bestandsgebäude, ist für die Annahme des Entstehens städtebaulicher Spannungen kein Raum.

Dem Vorhaben steht auch kein zwingendes Planungsbedürfnis entgegen. Das käme nur dann in Betracht, wenn die Erteilung einer Genehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben im Verhältnis zur Umgebungsbebauung bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen erzeugen würde. Das ist jedoch gerade nicht der Fall. Das heißt nicht, dass die Trägerin der Planungshoheit hier nicht tätig werden dürfte oder es – aus ihrer Sicht - nicht sinnvoll wäre, so zu verfahren. Es ist jedoch kein zwingender Grund, der dem Vorhaben entgegensteht. Dass durch das Vorhaben und gegebenenfalls mögliche folgende Vorhaben eine bauliche Nachverdichtung stattfindet, ist ein Umstand, der nicht mit der Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB in der Art verhindert werden kann, dass beim Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung doch wieder auf die Art der baulichen Nutzung zurückgegriffen wird. Dem Träger der Planungshoheit dagegen steht es offen, eine unerwünschte Nachverdichtung mit den Mitteln der Bauleitplanung zu steuern unter Berücksichtigung der für die Bauleitplanung im bebauten Bestand geltenden Regeln.

Die Dachgauben des Vorhabens finden ausreichend Vorbilder in der Umgebung, insbesondere im Gebäude auf FlNr. .., und stehen dem Einfügen des Vorhabens ebenfalls nicht entgegen.

Nach alledem war der Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung wurde gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.


 


Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 20.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG- i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit NVwZ 2013, Beilage 2).

 

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 5 Dorfgebiete


(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwer

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Apr. 2014 - M 11 K 13.3830 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. März 2013 - 4 B 49/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 09. Mai 2007 - 4 B 8/07

bei uns veröffentlicht am 09.05.2007

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners über die Erhebung eines Anschlussbeitrages vom 10.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 wird angeordnet. Die K

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

a) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,

ob im Rahmen des Einfügungsgebots gemäß § 34 Abs. 1 BauGB auf die Zahl der Vollgeschosse absolut abzustellen ist oder ob die Zahl der Vollgeschosse als Zulassungsmerkmal hinter den Kriterien der Höhe baulicher Anlagen und dessen Erscheinungsweise zurücktritt, insbesondere dann, wenn der Baukörper nicht oder nur geringfügig in Erscheinung tritt.

3

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

4

Sie ist nicht entscheidungserheblich. Die der Frage unterlegte Prämisse, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung, ob das klägerische Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung den Rahmen der Umgebungsbebauung einhält, auf die Zahl der Vollgeschosse abgestellt habe, trifft nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof (UA Rn. 21) hat angenommen, dass sich das klägerische Vorhaben im Hinblick auf die insbesondere wegen des sehr hohen, steil aufragenden Krüppelwalmdachs massiv wirkende Bebauung auf dem westlichen Nachbargrundstück Fl.Nr. 456/2 zwar hinsichtlich der Geschossfläche und der Gebäudehöhe, nicht aber hinsichtlich der Geschosszahl innerhalb des vorgegebenen Rahmens halte. Dieser Annahme liegen die Feststellungen zugrunde, dass das bisher als dreigeschossiges Gebäude genehmigte Einfamilienhaus der Klägerin mit dem geplanten Turmzimmer viergeschossig würde, während das Nachbargebäude trotz seines massiven Krüppelwalmdachs nur dreigeschossig in Erscheinung trete. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof das Dachgeschoss des Nachbargebäudes (E+1+D, UA Rn. 4 und 5) in die Betrachtung mit einbezogen, also auf die nach außen wahrnehmbare Geschosszahl abgestellt, ohne danach zu differenzieren, ob dieses Dachgeschoss ein Vollgeschoss ist. Der Einschätzung der Klägerin, dass im massiven Dach des Nachbargebäudes gegebenenfalls auch ein viertes (Voll-) Geschoss unterzubringen wäre, ist er mit der Feststellung entgegengetreten, dass das Nachbargebäude nur dreigeschossig in Erscheinung trete. Dass auch das vom Verwaltungsgerichtshof verwendete Kriterium der (nach außen wahrnehmbaren) Geschosszahl ein ungeeignetes Prüfkriterium wäre, macht die Klägerin nicht geltend.

5

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage wäre überdies nicht klärungsbedürftig. In der bisherigen Senatsrechtsprechung (Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>) ist geklärt, dass in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen ist, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, und dass sich deshalb vorrangig die (absolute) Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschossfläche, Geschosszahl und Höhe und bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung anbieten. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (a.a.O. S. 279). Auch auf die Feinheiten der an landesrechtliche Begriffe wie demjenigen des Vollgeschosses anknüpfenden Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung kommt es grundsätzlich nicht an (a.a.O. S. 280; siehe auch Beschluss vom 21. Juni 1996 - BVerwG 4 B 84.96 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 180 = juris Rn. 5). An diesen Maßstäben hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff der (nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden) Geschosszahl tragend orientiert (UA Rn. 19, 21). Soweit er in Auseinandersetzung mit der Kommentarliteratur (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand September 2012, § 34 Rn. 44) auch die Brauchbarkeit der Zahl der Vollgeschosse als Prüfkriterium erörtert hat (UA Rn. 20), war dies - wie ausgeführt - für die Subsumtion ohne Bedeutung.

6

b) Die weiteren Fragen,

ob städtebauliche Spannungen bei Überschreitung des durch § 34 Abs. 1 BauGB gesetzten Rahmens aufgrund Vorbildwirkung begründet oder erhöht werden, wenn die Zulassung einer in Bezug auf den Hauptbaukörper untergeordneten, nicht oder nicht wesentlichen in Erscheinung tretenden baulichen Anlage in der weiteren, hier vierten Geschossebene erfolgt,

und ferner,

ob insofern das Gericht unterstellen kann, dass die Zulassung einer untergeordneten baulichen Anlage in der vierten Geschossebene Vorbildwirkung für die Errichtung eines weiteren, die gesamte Grundfläche des Hauptbaukörpers umfassenden Geschosses besitzt,

rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Sie wären, soweit entscheidungserheblich, einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners über die Erhebung eines Anschlussbeitrages vom 10.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 807,58 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Anschlussbeitragsbescheid des Antragsgegners für die Gemeinde A-Stadt.

2

Die Gemeinde betreibt auf ihrem Gebiet öffentliche Entwässerungseinrichtungen für Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung im Mischsystem, deren Betriebsfertigkeit am 01.12.2005 bekanntgemacht wurde und an die auch das Grundstück des Antragstellers angeschlossen worden ist.

3

Der Antragsteller ist Eigentümer des 886qm großen Grundstücks W-Str. ... in A-Stadt, ausgewiesen als Flurstück ... der Flur ... . Er erwarb dieses Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 13.09.1993 von der Gemeinde. In § 4 des Kaufvertrages heißt es, dass das Grundstück „voll erschlossen“ verkauft wird, wobei etwaige Hausanschlusskosten vom Käufer zu tragen sind. Erschließungsbeiträge nach den §§ 127ff. BauGB bzw. Anliegerbeiträge gem. § 8 KAG wurden für das Grundstück nicht gezahlt. Zu dieser Zeit verfügte die Gemeinde über eine 1976 errichtete Abwasseranlage mit Mischwasserkanalisation ohne Regenentlastung, die als erste Baustufe genehmigt worden war. Gemäß Genehmigung vom 03.11.1977 war eine zweite Baustufe vorzusehen, in deren Rahmen der über 2 km als Zulauf zum Nachklärteich genutzte Vorfluter verrohrt wird. Diese Baustufe wurde jedoch nicht realisiert. Der Mischwasserkanalisation waren Hauskläranlagen vorgeschaltet.

4

Das Verwaltungsgericht stellte mit Urteil vom 30.07.2002 - Az. 6 A 53/97 - fest, dass die bestehende Abwasseranlage der Gemeinde nicht dem Stand der Technik entspreche. Daran anschließend forderte die untere Wasserbehörde des Kreises Dithmarschen den Antragsgegner mit Schreiben vom 13.11.2002 auf, gem. § 35 LWG und §§ 7a, 18b WHG die bestehende Abwasseranlage zu sanieren und an den Stand der Technik anzupassen. Der Antragsgegner erarbeitete daraufhin ein Abwasserbeseitigungskonzept für das auf den Grundstücken des Gemeindegebietes anfallende Schmutz- und Niederschlagswassers. Dieses umfasste neue Klärteiche nebst verrohrtem Zulauf, ein Leitungsnetz im Mischwassersystem (Schmutz- und Regenwasser), die erforderlichen Pumpwerke, Hebeanlagen, Hauptsammler sowie die Grundstücksanschlüsse mit Hausanschlussschacht. Die erforderliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb des ersten Bauabschnitts der Abwasseranlage - Klärteiche und Zulauf - gem. §§ 35, 56 LWG erteilt die untere Wasserbehörde des Kreises Ditmarschen am 28.07.2004. Die bereits vorhandenen Mischwasserleitungen der ursprünglichen Abwasseranlage („Bürgermeisterkanal“) wurden im Wesentlichen erneuert, in einigen Straßen - so auch die in der W-Str. ... - aber auch belassen und in das neu zu errichtende System einbezogen. Insoweit wurden lediglich neue Abzweiger zu den jeweiligen Grundstücken (incl. Hausanschlussschacht) gesetzt.

5

Nach § 4 der Allgemeinen Abwassersatzung der Gemeinde vom 08.09.2005 (AAS) besteht die Anlage aus zwei jeweils selbständigen öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasser- und zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung im Mischsystem. Die Betriebsfertigkeit der Anlage wurde am 01.12.2005 bekanntgemacht. Zugleich beschloss die Gemeinde eine Beitrags- und Gebührensatzung. Die Kosten der Anlage stammten aus zwei Bauabschnitten. Zum ersten Bauabschnitt zählen die Kosten für Klärteiche und Grunderwerb in Höhe von 569.120,02 € sowie für die Leitung Zulauf Klärteiche, Kanaluntersuchung und Beweissicherung in Höhe von 215.534,50 €. Die Kosten des zweiten Bauabschnitts belaufen sich auf insgesamt 1.944,845,65 € und umfassen die Abwasserkanäle, Hausanschlussschächte, Druckrohrleitungen und Pumpwerke. Von der Gesamtsumme von 2.729.500,17 € verblieb abzüglich der Zuschüsse und des Gemeindeanteils ein Anteil von 1.132.000,00 €, den die Gemeinde in einen Schmutzwasser- und einen Niederschlagswasseranteil aufteilte und die Kosten für die Straßenentwässerung herausrechnete. Bei der Beitragsbedarfsberechnung für das Schmutzwasser wurden ferner Kosten in Höhe von 286.000,- € für die Hausanschlüsse herausgerechnet. Die so errechneten Beitragssätze von 1,81 €/qm für Schmutzwasser und von 3,08 €/qm für Niederschlagswasser wurden in § 15 BGS übernommen.

6

Mit Bescheid vom 10.01.2006 zog der Antragsgegner den Antragsteller als Grundstückseigentümer zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 3.230,32 € für die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde A-Stadt heran. Der Beitrag setzt sich zusammen aus 1.300,00 € für den Hausanschlussschacht, 1.603,66 € als Schmutzwasserbeitrag sowie 326,66 € als Niederschlagswasserbeitrag. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007, dem Antragsteller am 18.01. zugestellt, als unbegründet zurück. Zugleich lehnte er den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Beim Neubau der Kanalisation mit Klärteichen handele es sich um die erstmalige Herstellung einer Abwasserbeseitigungsanlage, da diese Anlage auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts für die gesamte Gemeinde hergestellt worden sei. Dies gelte auch dann, wenn die neue Anlage die Leitungen der bisherigen Anlagen einbeziehe. Für diese neue Anlage seien noch keine Beiträge erhoben worden. Zuvor seien für das Grundstück auch keine Erschließungskosten erhoben worden, weder nach dem BauGB noch nach § 8 KAG. Auch wenn die Grundstückseigentümer Kanalisationsbeiträge gezahlt hätten, stelle der Neubau jedenfalls einen Vorteil für alle angeschlossenen Grundstücke der Gemeinde dar, der in der intensiveren Reinigung des Abwassers liege und beitragsfähig sei.

7

Am Montag, den 19.02.2007 hat der Antragsteller Klage erhoben - Az. 4 A 38/07 - und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

8

Bei der Neugestaltung der gemeindlichen Abwasseranlage handele es sich zwar um eine Verbesserungsmaßnahme, die grundsätzlich beitragsfähig sei, weil sie ihm durch die neu geschaffenen Klärteiche auch ein entsprechenden Vorteil hinsichtlich der Reinigung des Abwassers biete. Der Bescheid sei aber rechtswidrig, soweit er ihn zu Erschließungskosten heranziehe. Es müsste differenziert werden zwischen den Kosten für die neu errichteten Klärteiche und des daraus resultierenden Vorteils und der Kosten für die Errichtung eines neuen Leitungsnetzes. Für den Antragsteller liege ein beitragsfähiger Vorteil nur in der Verbesserung der Reinigungsleistung und insoweit sei er auch nur zu Beiträgen heranzuziehen. Die Leitung in der W-Str. ... sei bereits im Zeitpunkt des Grundstückskaufs vorhanden gewesen und von ihm bezahlt worden, da er das Grundstück als „voll erschlossen“ gekauft und einen entsprechend höheren Preis gezahlt habe. Aus der Neuerrichtung der Abwasserkanäle im überwiegenden Gemeindegebiet erwachse ihm deshalb kein Vorteil, so dass er mit den diesbezüglichen Kosten des sog. zweiten Bauabschnitts in Höhe von 1.944.845,65 € nicht belastet werden könne. Beteiligt werden könne er nur an den Kosten für den ersten Bauabschnitt, also für den Bau der Klärteiche und für den Grunderwerb in Höhe von 569.120,02 € sowie für die „Leitung Zulauf Klärteiche“ nebst Kanaluntersuchung und Beweissicherung in Höhe von 215.534,50 €. Zu berücksichtigen sei dabei allerdings, dass Kosten für eine Kanaluntersuchung und für eine Beweissicherung grundsätzlich nicht umlagefähig seien. Daneben könne er nur noch an den Kosten für die Setzung des Kontrollschachts und dem Anschluss an den bereits vorhandenen Abwasserkanal nebst Hausanschlussschacht, in Höhe von insgesamt 312.050,44 € beteiligt werden.

9

Der Antragsteller beantragt,

10

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

11

Der Antragsgegner beantragt,

12

den Antrag abzulehnen.

13

Der Antrag sei unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und die Vollziehung für den Antragsteller auch keine unzumutbare Härte darstelle. Im übrigen verweist er auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

14

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogenen Verwaltungsvorgängen und auf die beigezogenen Akten aus den Verfahren 4 A 38/07 und 6 A 53/97 verwiesen.

II.

15

Der Antrag ist zulässig und begründet.

16

Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO zulässig. In der Hauptsache wird die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt, nämlich des Beitragsbescheids vom 10.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007. Bei dem Beitragsbescheid handelt es sich um die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, gegen den die erhobene Anfechtungsklage keinen Suspensiveffekt entfaltet. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 6 VwGO hatte der Antragsteller erfolglos gestellt.

17

Der Antrag ist auch begründet.

18

Bei öffentlichen Abgaben und Kosten ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 und Abs. 4 S. 3 VwGO an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn der Erfolg der Klage oder des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie deren Misserfolg (std. Rspr. des 2. Senats des Schl.-Holst. OVG, vgl. Beschlüsse vom 19.04.1991 - 2 M 2/91 -, NVwZ-RR 1992, 106 f; vom 24.06.1998 - 2 M 7/98 -, Die Gemeinde 1998, 341 f; vom 03.06.1999 - 2 M 9/99 -; vom 04.12.2000 - 2 M 43/00 - m.w.N.).

19

Nach summarischer Prüfung überwiegen die Erfolgaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage, weil vieles dafür spricht, dass der Beitragsbescheid vom 10.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde A-Stadt vom 01.12.2005 (BGS) i.V.m. § 8 KAG. Danach erhebt die Gemeinde Beiträge für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen i.S.d. § 1 BGS i.V.m. § 4 der gemeindlichen Satzung über die Abwasserbeseitigung vom 08.09.2005 (AAS). Die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau sowie für den Umbau zentraler öffentlicher Abwasserbeseitigungsanlagen ist gem. § 2 Abs. 2 BGS einer besonderen Satzung vorbehalten. Gegenstand der Beitragserhebung sind zwei selbständige öffentliche Einrichtungen zur zentralen Abwasserbeseitigung von Schmutz- und Regenwasser. Die von den Grundstücken stammenden Abwasser werden in einem Mischkanal gesammelt und fortgeleitet. Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen sind neben den Gemeinschaftsanlagen i.S.d. § 5 Abs. 1 AAS auch die jeweils ersten Grundstücksanschlüsse, d.h. die Leitung vom Sammler bis zum ersten Schacht auf dem jeweils zu entwässernden Grundstück, §§ 5 Abs. 4, 6 Nr. 3 AAS.

21

Die Gemeinde ist gem. § 4 GO i.V.m. §§ 1, 8 KAG ermächtigt, eine solche Beitrags- und Gebührensatzung zu erlassen. Gem. § 8 KAG können Beiträge zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, den Aus- und Umbau sowie die Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen von denjenigen Grundstückseigentümern erhoben werden, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Anschlussbeiträge werden zur Finanzierung von Investitionsaufwendungen für Maßnahmen erhoben, mit denen ein fest umgrenzter Personenkreis, den Beitragspflichtigen, besondere Vorteile vermittelt werden (Thiem / Böttcher, Kommunalabgabengesetz, Std. Januar 2007, § 8 KAG, Rn. 33, 812). Bei der Feststellung der beitragsrelevanten Maßnahme ist zu differenzieren zwischen der Herstellung einer neuen Anlage bzw. dem Aus- und Umbau einer bestehenden Anlage. Die Beitragspflicht aus § 8 Abs. 1 KAG setzt den beitragsrelevanten Vorteil unmittelbar in Beziehung zu der jeweiligen beitragsrelevanten Maßnahme, so dass der Vorteil ausschließlich mit Blick auf die jeweilige Investitionsmaßnahme zu definieren und zu ermitteln ist (Thiem / Böttcher aaO Rn. 75). Bei Maßnahmen, die die Herstellung einer Einrichtung zum Ziel haben, beruht der beitragspflichtige Vorteil auf der Möglichkeit, die betreffende Einrichtung bzw. ihre Leistungen in Anspruch zu nehmen. Aus- und Umbaubeiträge dienen demgegenüber der Finanzierung von Erweiterungen und Verbesserungen bei bereits bestehenden Einrichtungen, so dass sich der Vorteil nicht schon aus der Möglichkeit ergibt, diese Einrichtung in Anspruch zu nehmen, sondern ausschließlich darin besteht und auch nur insoweit wirkt, wie die Maßnahme eine Situationsverbesserung darstellt (Thiem / Böttcher aaO Rn. 76 f.).

22

Als beitragsfähige Investitionsnahme nennt § 2 Abs. 1 BGS nur die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen. Eine solche erstmalige Herstellung einer öffentlichen Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist grundsätzlich nur gegeben, wenn ein Grundstück erstmalig die Möglichkeit erhält, an eine öffentliche Einrichtung angeschlossen zu werden (OVG Schleswig, Urt. v. 26.03.1992, KStZ 1992, 157).

23

Jedenfalls hinsichtlich der bestehenden Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung neigt die Kammer dazu, die vorgenommene (Neu-) Errichtung mit dem Antragsgegner als eine solche erstmalige Herstellung anzusehen und insoweit auch eine Beitragsfähigkeit zu bejahen. Dies gilt selbst dann, wenn man die 1976 errichtete Anlage nicht als - langandauerndes - Provisorium betrachtet (etwa weil es nur als eine erste Baustufe genehmigt wurde), sondern eine nach dem als damaligem Bauprogramm der Gemeinde auf Dauer angelegte und aus Sicht des einzelnen Grundstücks funktionsfähig hergestellte, dem Stand der Technik entsprechende Einrichtung, an die auch das klägerische Grundstück nach seiner Bebauung angeschlossen worden ist. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass die grundlegende technische Änderung einer vorhandenen Abwasserbeseitigungseinrichtung nach der zitierten Rechtsprechung des OVG Schleswig nur als deren Ausbau, Umbau oder Erneuerung zu bewerten ist und nicht als erstmalige Herstellung einer anderen Einrichtung (Urteil vom 26.03.1992 aaO und vom 25.01.1996, Die Gemeinde 1996, 302 unter Hinweis auf die rechtliche Identität der Einrichtung). Etwas anderes muss u.U. aber dann gelten, wenn die angebotene Leistung schlechthin nicht mehr vergleichbar ist und die Anlage so wesentlich umgestaltet worden ist, dass von einer Neuerstellung gesprochen werden muss (vgl. Friedl / Wiethe-Körprich in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2006, § 8 KAG, Rn. 752 mit Verweisen insbesondere auf die Rechtsprechung des VGH München). Gerade wenn - wie hier - der Grundstückseigentümer zuvor nur die Möglichkeit hatte, das in seiner Hauskläranlage vorgeklärte Abwasser nach Art eines Überlaufs in die Straßenentwässerung einzuleiten („Bürgermeisterkanal“), ihm aber nunmehr nach Herstellung einer zentralen Ortsentwässerung das ungeklärte Schmutzwasser abgenommen wird, kann von einer identischen Einrichtung nicht mehr ausgegangen werden (so Habermann in Dewenter u.a., Praxis der Kommunalverwaltung, Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein, § 8 Rn. 441; vgl. auch Leitsatz 2 des HessVGH, Urteil vom 27.06.1984 in juris). Dies müsste auch dann gelten, wenn die alten Leitungen teilweise weitergenutzt und in das neue Leitungsnetz integriert werden, wenn jedenfalls zentrale Anlagenteile neu geschaffen werden (vgl. VGH München, Urteil vom 08.11.1994, BayVBl. 1995, 436).

24

Erscheint die Erhebung eines Beitrages für die Herstellung der zentralen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung demgemäß als dem Grunde nach denkbar, ist dies nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens für die gesonderte Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung allerdings fraglich. Anhaltspunkte für eine auch insoweit gegebene Situationsverbesserung sind derzeit nicht vorgetragen. Es bleibt vielmehr unklar, wie auf den auch zum Niederschlagswasserbeitrag herangezogenen Grundstücken das dort anfallende Regenwasser zuvor beseitigt worden ist. Sollte das Regenwasser ebenfalls in den als Bürgermeisterkanal bezeichneten Mischwasserkanal geleitet worden sein, dürften jedenfalls hier keine grundlegenden Änderungen an der angebotenen Leistung festzustellen sein, sondern allenfalls ein Umbau ohne Situationsverbesserung. Die Schaffung eines beitragsrelevanten Vorteils wäre nur bei Herstellung der Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung denkbar, wenn das anfallende Regenwasser zuvor versickert oder erlaubnispflichtig in ein oberirdisches Gewässer abgeleitet worden wäre.

25

Die Klärung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen kann dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Nachvollziehbar rügt der Antragsteller jedenfalls die Beitragsfähigkeit der im 1. Bauabschnitt eingeflossenen, der Höhe nach allerdings bislang nicht bezifferten Kosten für „Kanaluntersuchung, Beweissicherung“. Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kann nur der für die Herstellung tatsächlich notwendige Aufwand beitragsfähig i.S.d § 8 Abs. 1 KAG sein (Habermann aaO Rn. 303, 521). Der Antragsgegner hat bislang nicht dargelegt, welchem Zweck die gerügten Maßnahmen dienten und warum sie notwendig im o.g. Sinne waren. Erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit bestehen insoweit jedenfalls hinsichtlich einer Beweissicherung, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Umsetzung des Bauprogramms oder der Abnahme des Bauwerks, sondern eher der Abwehr / Begründung von Schadensersatzansprüchen oder der Begegnung von Einwendungen vonseiten der Beitragspflichtigen dienen dürfte (vgl. Driehaus in Driehaus aaO Rn. 323a m.w.N.). Sollten sich diese Zweifel erhärten, wären in die vorgenommene Gesamtkalkulation beider Beitragssätze Kosten eingestellt worden, die nicht beitragsfähig sind, so dass ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot vorläge oder sogar ein erheblicher methodischer Fehler, der unabhängig von seinen Auswirkungen auf den Beitragssatz zu dessen Unwirksamkeit führen muss (vgl. Habermann aaO Rn. 564a m.w.N.).

26

Schließlich bestehen auch Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung hinsichtlich des von der Gemeinde gesetzten Hausanschlussschachtes. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 3 S. 3 BGS, wonach die Gemeinde Kostenerstattung bzw. Aufwendungsersatz für zusätzliche Grundstücksanschlüsse, die gem. § 5 Abs. 4 S. 2 AAS nicht zur öffentlichen Einrichtung gehören, und für von ihr erstellte Hausanschlussschächte fordert.

27

Erstattungsansprüche dieser Art waren ursprünglich gewohnheitsrechtlich anerkannt, finden heute aber ihre gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 9a KAG, eingeführt zum 01.01.2004 durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des KAG und des LAbfWG vom 30.11.2003, GVOBl 2003, 614.

28

Nach 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich (vgl. Friedersen in: Praxis der Kommunalverwaltung, LVwG § 65 Anm. 3 und § 66 Anm. 2). Gegen dieses Zitiergebot verstößt die Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde, da sie § 9a KAG nicht als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Erstattungsanspruch aufführt. Sie ist deshalb unwirksam und stellt keine gültige Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch dar. § 9 a KAG hätte nach seinem Inkrafttreten in die Eingangsformel aufgenommen werden müssen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 21.06.2000 - 2 L 80/96 - in Die Gemeinde, 2000, 231 mwN). Seit Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage darf eine in der Satzung vorgesehene Erstattungsregelung nicht mehr auf Gewohnheitsrecht gestützt werden (vgl. Habermann aaO, (§ 9a KAG Rd. 5, 10).

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert der Hauptsache in Höhe von 3.230,32 € wegen des vorläufigen Charakters der Entscheidung mit 25% anzusetzen ist.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners über die Erhebung eines Anschlussbeitrages vom 10.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 807,58 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Anschlussbeitragsbescheid des Antragsgegners für die Gemeinde A-Stadt.

2

Die Gemeinde betreibt auf ihrem Gebiet öffentliche Entwässerungseinrichtungen für Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung im Mischsystem, deren Betriebsfertigkeit am 01.12.2005 bekanntgemacht wurde und an die auch das Grundstück des Antragstellers angeschlossen worden ist.

3

Der Antragsteller ist Eigentümer des 886qm großen Grundstücks W-Str. ... in A-Stadt, ausgewiesen als Flurstück ... der Flur ... . Er erwarb dieses Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 13.09.1993 von der Gemeinde. In § 4 des Kaufvertrages heißt es, dass das Grundstück „voll erschlossen“ verkauft wird, wobei etwaige Hausanschlusskosten vom Käufer zu tragen sind. Erschließungsbeiträge nach den §§ 127ff. BauGB bzw. Anliegerbeiträge gem. § 8 KAG wurden für das Grundstück nicht gezahlt. Zu dieser Zeit verfügte die Gemeinde über eine 1976 errichtete Abwasseranlage mit Mischwasserkanalisation ohne Regenentlastung, die als erste Baustufe genehmigt worden war. Gemäß Genehmigung vom 03.11.1977 war eine zweite Baustufe vorzusehen, in deren Rahmen der über 2 km als Zulauf zum Nachklärteich genutzte Vorfluter verrohrt wird. Diese Baustufe wurde jedoch nicht realisiert. Der Mischwasserkanalisation waren Hauskläranlagen vorgeschaltet.

4

Das Verwaltungsgericht stellte mit Urteil vom 30.07.2002 - Az. 6 A 53/97 - fest, dass die bestehende Abwasseranlage der Gemeinde nicht dem Stand der Technik entspreche. Daran anschließend forderte die untere Wasserbehörde des Kreises Dithmarschen den Antragsgegner mit Schreiben vom 13.11.2002 auf, gem. § 35 LWG und §§ 7a, 18b WHG die bestehende Abwasseranlage zu sanieren und an den Stand der Technik anzupassen. Der Antragsgegner erarbeitete daraufhin ein Abwasserbeseitigungskonzept für das auf den Grundstücken des Gemeindegebietes anfallende Schmutz- und Niederschlagswassers. Dieses umfasste neue Klärteiche nebst verrohrtem Zulauf, ein Leitungsnetz im Mischwassersystem (Schmutz- und Regenwasser), die erforderlichen Pumpwerke, Hebeanlagen, Hauptsammler sowie die Grundstücksanschlüsse mit Hausanschlussschacht. Die erforderliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb des ersten Bauabschnitts der Abwasseranlage - Klärteiche und Zulauf - gem. §§ 35, 56 LWG erteilt die untere Wasserbehörde des Kreises Ditmarschen am 28.07.2004. Die bereits vorhandenen Mischwasserleitungen der ursprünglichen Abwasseranlage („Bürgermeisterkanal“) wurden im Wesentlichen erneuert, in einigen Straßen - so auch die in der W-Str. ... - aber auch belassen und in das neu zu errichtende System einbezogen. Insoweit wurden lediglich neue Abzweiger zu den jeweiligen Grundstücken (incl. Hausanschlussschacht) gesetzt.

5

Nach § 4 der Allgemeinen Abwassersatzung der Gemeinde vom 08.09.2005 (AAS) besteht die Anlage aus zwei jeweils selbständigen öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasser- und zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung im Mischsystem. Die Betriebsfertigkeit der Anlage wurde am 01.12.2005 bekanntgemacht. Zugleich beschloss die Gemeinde eine Beitrags- und Gebührensatzung. Die Kosten der Anlage stammten aus zwei Bauabschnitten. Zum ersten Bauabschnitt zählen die Kosten für Klärteiche und Grunderwerb in Höhe von 569.120,02 € sowie für die Leitung Zulauf Klärteiche, Kanaluntersuchung und Beweissicherung in Höhe von 215.534,50 €. Die Kosten des zweiten Bauabschnitts belaufen sich auf insgesamt 1.944,845,65 € und umfassen die Abwasserkanäle, Hausanschlussschächte, Druckrohrleitungen und Pumpwerke. Von der Gesamtsumme von 2.729.500,17 € verblieb abzüglich der Zuschüsse und des Gemeindeanteils ein Anteil von 1.132.000,00 €, den die Gemeinde in einen Schmutzwasser- und einen Niederschlagswasseranteil aufteilte und die Kosten für die Straßenentwässerung herausrechnete. Bei der Beitragsbedarfsberechnung für das Schmutzwasser wurden ferner Kosten in Höhe von 286.000,- € für die Hausanschlüsse herausgerechnet. Die so errechneten Beitragssätze von 1,81 €/qm für Schmutzwasser und von 3,08 €/qm für Niederschlagswasser wurden in § 15 BGS übernommen.

6

Mit Bescheid vom 10.01.2006 zog der Antragsgegner den Antragsteller als Grundstückseigentümer zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 3.230,32 € für die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde A-Stadt heran. Der Beitrag setzt sich zusammen aus 1.300,00 € für den Hausanschlussschacht, 1.603,66 € als Schmutzwasserbeitrag sowie 326,66 € als Niederschlagswasserbeitrag. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007, dem Antragsteller am 18.01. zugestellt, als unbegründet zurück. Zugleich lehnte er den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Beim Neubau der Kanalisation mit Klärteichen handele es sich um die erstmalige Herstellung einer Abwasserbeseitigungsanlage, da diese Anlage auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts für die gesamte Gemeinde hergestellt worden sei. Dies gelte auch dann, wenn die neue Anlage die Leitungen der bisherigen Anlagen einbeziehe. Für diese neue Anlage seien noch keine Beiträge erhoben worden. Zuvor seien für das Grundstück auch keine Erschließungskosten erhoben worden, weder nach dem BauGB noch nach § 8 KAG. Auch wenn die Grundstückseigentümer Kanalisationsbeiträge gezahlt hätten, stelle der Neubau jedenfalls einen Vorteil für alle angeschlossenen Grundstücke der Gemeinde dar, der in der intensiveren Reinigung des Abwassers liege und beitragsfähig sei.

7

Am Montag, den 19.02.2007 hat der Antragsteller Klage erhoben - Az. 4 A 38/07 - und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

8

Bei der Neugestaltung der gemeindlichen Abwasseranlage handele es sich zwar um eine Verbesserungsmaßnahme, die grundsätzlich beitragsfähig sei, weil sie ihm durch die neu geschaffenen Klärteiche auch ein entsprechenden Vorteil hinsichtlich der Reinigung des Abwassers biete. Der Bescheid sei aber rechtswidrig, soweit er ihn zu Erschließungskosten heranziehe. Es müsste differenziert werden zwischen den Kosten für die neu errichteten Klärteiche und des daraus resultierenden Vorteils und der Kosten für die Errichtung eines neuen Leitungsnetzes. Für den Antragsteller liege ein beitragsfähiger Vorteil nur in der Verbesserung der Reinigungsleistung und insoweit sei er auch nur zu Beiträgen heranzuziehen. Die Leitung in der W-Str. ... sei bereits im Zeitpunkt des Grundstückskaufs vorhanden gewesen und von ihm bezahlt worden, da er das Grundstück als „voll erschlossen“ gekauft und einen entsprechend höheren Preis gezahlt habe. Aus der Neuerrichtung der Abwasserkanäle im überwiegenden Gemeindegebiet erwachse ihm deshalb kein Vorteil, so dass er mit den diesbezüglichen Kosten des sog. zweiten Bauabschnitts in Höhe von 1.944.845,65 € nicht belastet werden könne. Beteiligt werden könne er nur an den Kosten für den ersten Bauabschnitt, also für den Bau der Klärteiche und für den Grunderwerb in Höhe von 569.120,02 € sowie für die „Leitung Zulauf Klärteiche“ nebst Kanaluntersuchung und Beweissicherung in Höhe von 215.534,50 €. Zu berücksichtigen sei dabei allerdings, dass Kosten für eine Kanaluntersuchung und für eine Beweissicherung grundsätzlich nicht umlagefähig seien. Daneben könne er nur noch an den Kosten für die Setzung des Kontrollschachts und dem Anschluss an den bereits vorhandenen Abwasserkanal nebst Hausanschlussschacht, in Höhe von insgesamt 312.050,44 € beteiligt werden.

9

Der Antragsteller beantragt,

10

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

11

Der Antragsgegner beantragt,

12

den Antrag abzulehnen.

13

Der Antrag sei unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und die Vollziehung für den Antragsteller auch keine unzumutbare Härte darstelle. Im übrigen verweist er auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

14

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogenen Verwaltungsvorgängen und auf die beigezogenen Akten aus den Verfahren 4 A 38/07 und 6 A 53/97 verwiesen.

II.

15

Der Antrag ist zulässig und begründet.

16

Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO zulässig. In der Hauptsache wird die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt, nämlich des Beitragsbescheids vom 10.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007. Bei dem Beitragsbescheid handelt es sich um die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, gegen den die erhobene Anfechtungsklage keinen Suspensiveffekt entfaltet. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 6 VwGO hatte der Antragsteller erfolglos gestellt.

17

Der Antrag ist auch begründet.

18

Bei öffentlichen Abgaben und Kosten ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 und Abs. 4 S. 3 VwGO an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn der Erfolg der Klage oder des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie deren Misserfolg (std. Rspr. des 2. Senats des Schl.-Holst. OVG, vgl. Beschlüsse vom 19.04.1991 - 2 M 2/91 -, NVwZ-RR 1992, 106 f; vom 24.06.1998 - 2 M 7/98 -, Die Gemeinde 1998, 341 f; vom 03.06.1999 - 2 M 9/99 -; vom 04.12.2000 - 2 M 43/00 - m.w.N.).

19

Nach summarischer Prüfung überwiegen die Erfolgaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage, weil vieles dafür spricht, dass der Beitragsbescheid vom 10.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde A-Stadt vom 01.12.2005 (BGS) i.V.m. § 8 KAG. Danach erhebt die Gemeinde Beiträge für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen i.S.d. § 1 BGS i.V.m. § 4 der gemeindlichen Satzung über die Abwasserbeseitigung vom 08.09.2005 (AAS). Die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau sowie für den Umbau zentraler öffentlicher Abwasserbeseitigungsanlagen ist gem. § 2 Abs. 2 BGS einer besonderen Satzung vorbehalten. Gegenstand der Beitragserhebung sind zwei selbständige öffentliche Einrichtungen zur zentralen Abwasserbeseitigung von Schmutz- und Regenwasser. Die von den Grundstücken stammenden Abwasser werden in einem Mischkanal gesammelt und fortgeleitet. Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen sind neben den Gemeinschaftsanlagen i.S.d. § 5 Abs. 1 AAS auch die jeweils ersten Grundstücksanschlüsse, d.h. die Leitung vom Sammler bis zum ersten Schacht auf dem jeweils zu entwässernden Grundstück, §§ 5 Abs. 4, 6 Nr. 3 AAS.

21

Die Gemeinde ist gem. § 4 GO i.V.m. §§ 1, 8 KAG ermächtigt, eine solche Beitrags- und Gebührensatzung zu erlassen. Gem. § 8 KAG können Beiträge zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, den Aus- und Umbau sowie die Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen von denjenigen Grundstückseigentümern erhoben werden, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Anschlussbeiträge werden zur Finanzierung von Investitionsaufwendungen für Maßnahmen erhoben, mit denen ein fest umgrenzter Personenkreis, den Beitragspflichtigen, besondere Vorteile vermittelt werden (Thiem / Böttcher, Kommunalabgabengesetz, Std. Januar 2007, § 8 KAG, Rn. 33, 812). Bei der Feststellung der beitragsrelevanten Maßnahme ist zu differenzieren zwischen der Herstellung einer neuen Anlage bzw. dem Aus- und Umbau einer bestehenden Anlage. Die Beitragspflicht aus § 8 Abs. 1 KAG setzt den beitragsrelevanten Vorteil unmittelbar in Beziehung zu der jeweiligen beitragsrelevanten Maßnahme, so dass der Vorteil ausschließlich mit Blick auf die jeweilige Investitionsmaßnahme zu definieren und zu ermitteln ist (Thiem / Böttcher aaO Rn. 75). Bei Maßnahmen, die die Herstellung einer Einrichtung zum Ziel haben, beruht der beitragspflichtige Vorteil auf der Möglichkeit, die betreffende Einrichtung bzw. ihre Leistungen in Anspruch zu nehmen. Aus- und Umbaubeiträge dienen demgegenüber der Finanzierung von Erweiterungen und Verbesserungen bei bereits bestehenden Einrichtungen, so dass sich der Vorteil nicht schon aus der Möglichkeit ergibt, diese Einrichtung in Anspruch zu nehmen, sondern ausschließlich darin besteht und auch nur insoweit wirkt, wie die Maßnahme eine Situationsverbesserung darstellt (Thiem / Böttcher aaO Rn. 76 f.).

22

Als beitragsfähige Investitionsnahme nennt § 2 Abs. 1 BGS nur die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen. Eine solche erstmalige Herstellung einer öffentlichen Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist grundsätzlich nur gegeben, wenn ein Grundstück erstmalig die Möglichkeit erhält, an eine öffentliche Einrichtung angeschlossen zu werden (OVG Schleswig, Urt. v. 26.03.1992, KStZ 1992, 157).

23

Jedenfalls hinsichtlich der bestehenden Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung neigt die Kammer dazu, die vorgenommene (Neu-) Errichtung mit dem Antragsgegner als eine solche erstmalige Herstellung anzusehen und insoweit auch eine Beitragsfähigkeit zu bejahen. Dies gilt selbst dann, wenn man die 1976 errichtete Anlage nicht als - langandauerndes - Provisorium betrachtet (etwa weil es nur als eine erste Baustufe genehmigt wurde), sondern eine nach dem als damaligem Bauprogramm der Gemeinde auf Dauer angelegte und aus Sicht des einzelnen Grundstücks funktionsfähig hergestellte, dem Stand der Technik entsprechende Einrichtung, an die auch das klägerische Grundstück nach seiner Bebauung angeschlossen worden ist. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass die grundlegende technische Änderung einer vorhandenen Abwasserbeseitigungseinrichtung nach der zitierten Rechtsprechung des OVG Schleswig nur als deren Ausbau, Umbau oder Erneuerung zu bewerten ist und nicht als erstmalige Herstellung einer anderen Einrichtung (Urteil vom 26.03.1992 aaO und vom 25.01.1996, Die Gemeinde 1996, 302 unter Hinweis auf die rechtliche Identität der Einrichtung). Etwas anderes muss u.U. aber dann gelten, wenn die angebotene Leistung schlechthin nicht mehr vergleichbar ist und die Anlage so wesentlich umgestaltet worden ist, dass von einer Neuerstellung gesprochen werden muss (vgl. Friedl / Wiethe-Körprich in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2006, § 8 KAG, Rn. 752 mit Verweisen insbesondere auf die Rechtsprechung des VGH München). Gerade wenn - wie hier - der Grundstückseigentümer zuvor nur die Möglichkeit hatte, das in seiner Hauskläranlage vorgeklärte Abwasser nach Art eines Überlaufs in die Straßenentwässerung einzuleiten („Bürgermeisterkanal“), ihm aber nunmehr nach Herstellung einer zentralen Ortsentwässerung das ungeklärte Schmutzwasser abgenommen wird, kann von einer identischen Einrichtung nicht mehr ausgegangen werden (so Habermann in Dewenter u.a., Praxis der Kommunalverwaltung, Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein, § 8 Rn. 441; vgl. auch Leitsatz 2 des HessVGH, Urteil vom 27.06.1984 in juris). Dies müsste auch dann gelten, wenn die alten Leitungen teilweise weitergenutzt und in das neue Leitungsnetz integriert werden, wenn jedenfalls zentrale Anlagenteile neu geschaffen werden (vgl. VGH München, Urteil vom 08.11.1994, BayVBl. 1995, 436).

24

Erscheint die Erhebung eines Beitrages für die Herstellung der zentralen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung demgemäß als dem Grunde nach denkbar, ist dies nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens für die gesonderte Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung allerdings fraglich. Anhaltspunkte für eine auch insoweit gegebene Situationsverbesserung sind derzeit nicht vorgetragen. Es bleibt vielmehr unklar, wie auf den auch zum Niederschlagswasserbeitrag herangezogenen Grundstücken das dort anfallende Regenwasser zuvor beseitigt worden ist. Sollte das Regenwasser ebenfalls in den als Bürgermeisterkanal bezeichneten Mischwasserkanal geleitet worden sein, dürften jedenfalls hier keine grundlegenden Änderungen an der angebotenen Leistung festzustellen sein, sondern allenfalls ein Umbau ohne Situationsverbesserung. Die Schaffung eines beitragsrelevanten Vorteils wäre nur bei Herstellung der Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung denkbar, wenn das anfallende Regenwasser zuvor versickert oder erlaubnispflichtig in ein oberirdisches Gewässer abgeleitet worden wäre.

25

Die Klärung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen kann dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Nachvollziehbar rügt der Antragsteller jedenfalls die Beitragsfähigkeit der im 1. Bauabschnitt eingeflossenen, der Höhe nach allerdings bislang nicht bezifferten Kosten für „Kanaluntersuchung, Beweissicherung“. Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kann nur der für die Herstellung tatsächlich notwendige Aufwand beitragsfähig i.S.d § 8 Abs. 1 KAG sein (Habermann aaO Rn. 303, 521). Der Antragsgegner hat bislang nicht dargelegt, welchem Zweck die gerügten Maßnahmen dienten und warum sie notwendig im o.g. Sinne waren. Erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit bestehen insoweit jedenfalls hinsichtlich einer Beweissicherung, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Umsetzung des Bauprogramms oder der Abnahme des Bauwerks, sondern eher der Abwehr / Begründung von Schadensersatzansprüchen oder der Begegnung von Einwendungen vonseiten der Beitragspflichtigen dienen dürfte (vgl. Driehaus in Driehaus aaO Rn. 323a m.w.N.). Sollten sich diese Zweifel erhärten, wären in die vorgenommene Gesamtkalkulation beider Beitragssätze Kosten eingestellt worden, die nicht beitragsfähig sind, so dass ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot vorläge oder sogar ein erheblicher methodischer Fehler, der unabhängig von seinen Auswirkungen auf den Beitragssatz zu dessen Unwirksamkeit führen muss (vgl. Habermann aaO Rn. 564a m.w.N.).

26

Schließlich bestehen auch Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung hinsichtlich des von der Gemeinde gesetzten Hausanschlussschachtes. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 3 S. 3 BGS, wonach die Gemeinde Kostenerstattung bzw. Aufwendungsersatz für zusätzliche Grundstücksanschlüsse, die gem. § 5 Abs. 4 S. 2 AAS nicht zur öffentlichen Einrichtung gehören, und für von ihr erstellte Hausanschlussschächte fordert.

27

Erstattungsansprüche dieser Art waren ursprünglich gewohnheitsrechtlich anerkannt, finden heute aber ihre gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 9a KAG, eingeführt zum 01.01.2004 durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des KAG und des LAbfWG vom 30.11.2003, GVOBl 2003, 614.

28

Nach 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich (vgl. Friedersen in: Praxis der Kommunalverwaltung, LVwG § 65 Anm. 3 und § 66 Anm. 2). Gegen dieses Zitiergebot verstößt die Beitrags- und Gebührensatzung der Gemeinde, da sie § 9a KAG nicht als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Erstattungsanspruch aufführt. Sie ist deshalb unwirksam und stellt keine gültige Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch dar. § 9 a KAG hätte nach seinem Inkrafttreten in die Eingangsformel aufgenommen werden müssen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 21.06.2000 - 2 L 80/96 - in Die Gemeinde, 2000, 231 mwN). Seit Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage darf eine in der Satzung vorgesehene Erstattungsregelung nicht mehr auf Gewohnheitsrecht gestützt werden (vgl. Habermann aaO, (§ 9a KAG Rd. 5, 10).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert der Hauptsache in Höhe von 3.230,32 € wegen des vorläufigen Charakters der Entscheidung mit 25% anzusetzen ist.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.