Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Sept. 2015 - M 10 K 14.2079

published on 24/09/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Sept. 2015 - M 10 K 14.2079
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Gericht

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Tenor

I.

Der Herstellungsbeitragsbescheid der Beklagten vom ... April 2014 wird aufgehoben, soweit dort ein höherer Beitrag als 9.381,76 Euro festgesetzt worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 3/10 und die Beklagte 7/10.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweilige Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgungsanlage infolge der Errichtung einer Pferdebewegungs- und Trainingshalle.

Die Klägerin betreibt im Ortsteil ... im Gemeindegebiet der Beklagten auf den Grundstücken FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ... eine Pensionspferdehaltung (... Str. 10 /“...feld“, ...).

Mit Baugenehmigung vom ... Mai 2012 genehmigte das Landratsamt ... für den Betrieb auf den genannten Grundstücken die Errichtung einer Bergehalle mit Anbau von 14 Pferdeboxen.

Mit weiterer Baugenehmigung vom ... September 2012 wurde der Klägerin der Neubau einer Pferdebewegungs- und Trainingshalle ebenfalls auf den Grundstücken FlNr. ... und ... der Gemarkung ... genehmigt.

Die Beklagte betreibt eine Wasserversorgungsanlage als öffentliche Einrichtung. Zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung erhebt sie Beiträge auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom ... September 2010.

Mit Bescheid vom ... April 2013 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage (Beitragsnacherhebung) für die zwischenzeitlich bezugsfertig errichtete Bergehalle nebst Pferdeboxen in Höhe von brutto 3.556,17 Euro fest; veranlagt wurde eine Geschossfläche von 276,96 m² zu einem Beitragssatz von 12 Euro/m² (netto); eine Grundstücksfläche wurde in diesem Bescheid nicht veranlagt. Dieser Bescheid ist nach Aktenlage bestandskräftig.

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom ... April 2014 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin einen weiteren Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage (Beitragsnacherhebung) in Höhe von insgesamt brutto 30.258,83 Euro für die zwischenzeitlich ebenfalls bezugsfertig errichtete Pferdebewegungs- und Trainingshalle auf den Grundstücken FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ... fest. Herangezogen wurden eine Geschossfläche von 1.625,94 m² zu 12 Euro/m² (netto) sowie eine Grundstücksfläche von 4.384 m² zu einem Beitragssatz von 2 Euro/m² (netto).

In dem Bescheid wurde ausgeführt, der Beitrag nach der Grundstücksfläche sei nach dem Umgriff der Bergehalle und der Bewegungs- und Trainingshalle für Pferde gebildet worden. Dieser sei für die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche maßgeblich, da die baulichen Anlagen im Außenbereich lägen. Die Fläche des Umgriffs berechne sich nach den Abstandsflächen der baulichen Anlagen. Der Bereich der Fahrsilos werde als abgegolten betrachtet, weil dieser der Hofstelle zugerechnet werde. Da sich die Zufahrtswege zur Bergehalle und zur Reithalle im Wesentlichen auf den Abstandsflächen befänden, würden keine weiteren Flächen für die Zufahrten der neu errichteten baulichen Anlagen berechnet.

Dem Beitragsbescheid war ein Lageplan als Anlage beigefügt, aus dem sich der Umgriff ergibt.

Laut Aktenvermerk wurde der Bescheid am 14. April 2014 zur Post gegeben.

Mit Telefax vom 14. Mai 2014 hat die Klägerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München erheben lassen mit dem Antrag:

Der Bescheid der Beklagten vom ... April 2014 über die Nacherhebung auf den Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage für die bebauten Grundstücke ... Straße 10 und ...feld mit den FlNrn. ... und ... der Gemarkung ... wird aufgehoben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei vor allem deshalb rechtswidrig, weil er eine bauliche Anlage zu einem Beitrag für die Wasserversorgungsanlage heranziehe, die keinen Bedarf nach Anschluss auslöse und für die auch tatsächlich keine Möglichkeit zur Entnahme von Wasser bestehe. Der Begriff Bewegungs- und Trainingshalle für Pferde rufe eine falsche Vorstellung hervor, es handle sich im Wesentlichen um ein Dach, das Gebäude sei an beiden Seiten offen. Der Boden bestehe aus einem staubfreien Belag. Es handle sich also vielmehr um einen überdachten Reitplatz. Zur Beitragspflicht von landwirtschaftlichen Gebäuden und Nebengebäuden gebe es eine umfangreiche Rechtsprechung, wonach sich eine schematische Betrachtungsweise verbiete, sondern es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls ankomme. In einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Oktober 2001 - 23 B 00.3398 - sei die Beitragspflicht einer echten Reithalle bejaht worden, weil es zur Vermeidung von gesundheitsschädlicher Staubentwicklung einer regelmäßigen Bewässerung bedürfe und somit der Bedarf nach einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung gegeben sei. Diese tatsächliche Situation sei hier im Fall nicht gegeben.

Aber auch bezüglich der herangezogenen Grundstücksfläche leide der angefochtene Bescheid an Mängeln. Zunächst einmal finde die Veranlagung nach dem Umgriff satzungsrechtlich keine Stütze. Zudem sei die Bergehalle mit den angebauten Pferdeboxen bereits mit Bescheid vom ... April 2013 abgerechnet worden, worin logischerweise auch die Grundstücksfläche enthalten gewesen sein müsse. In den nunmehr veranlagten Umgriff sei offensichtlich auch wieder die Grundstücksfläche der Bergehalle enthalten, was alleine schon den angefochtenen Bescheid rechtswidrig mache, da dies für die jeweiligen Flächen eine doppelte Bezahlung darstellen würde.

Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014 lässt die Beklagte beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trugen ihre Verfahrensbevollmächtigten unter dem 25. Juni 2014 vor, die Grundstücke FlNr. ... und ... der Gemarkung ... bildeten ein Buchgrundstück im Sinne des Grundbuchrechts, da sie unter einer Nummer im Grundbuch eingetragen seien (§ 3 Abs. 1 GBO). Die Veranlagung habe daher in einem Beitragsbescheid erfolgen können und müssen. Die Beklagte habe ursprünglich zwei Beitragsbescheide für die jeweiligen Flurstücke erlassen, diese seien aber auf Veranlassung des Landratsamts ... aufgehoben worden.

Das Grundstück unterliege jedenfalls mit der im angefochtenen Bescheid veranlagten Grundstücksfläche von 4.384 m² einer Beitragspflicht. Die Flurstücke befänden sich planungsrechtlich im Außenbereich, weshalb das Grundstück nach erfolgter Bebauung mit einer angemessenen Umgriffsfläche zu veranlagen sei. Diese bestimme sich nach der Fläche der Gebäude zzgl. mindestens der erforderlichen Abstandsflächen. Die Grundstücksfläche sei bislang auch noch nicht bestandskräftig veranlagt worden, da in dem Bescheid vom ... April 2013 betreffend das Bauvorhaben Bergehalle mit Pferdeboxen lediglich die Geschossfläche berechnet worden sei.

Die Bewegungs- und Trainingshalle für Pferde sei zum Beitrag heranzuziehen gewesen, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS/WAS seien hier nicht erfüllt. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass für Reithallen ein Anschlussbedarf bestehe (BayVGH, U. v. 25.10.2001 - 23 B 01.1588 - BayVBl. 2002, 244). Bei dem hier veranlagten Gebäude handle es sich um eine solche Reithalle, insoweit werde auf die Baugenehmigungsunterlagen verwiesen. Im Übrigen würde es auch an der Gebäudeeigenschaft der Halle nichts ändern, wenn die Halle seitlich offen wäre. Im baurechtlichen und damit auch im beitragsrechtlichen Sinne verlange zwar die Gebäudeeigenschaft eine Überdeckung der baulichen Anlage (Art. 2 Abs. 2 BayBO), das Gebäude müsse jedoch nicht auf allen Seiten mit Wänden abgeschlossen sein.

Aufgrund der der mündlichen Verhandlung der Verwaltungsstreitsache erließ die Kammer am 18. September 2014 Beweisbeschluss zur Klärung der Frage, ob der gegenwärtig von der Klägerin verwendete Bodenbelag in der Pferdebewegungs- und Trainingshalle einer Bewässerung bedarf, insbesondere im Hinblick auf eine unzumutbare Staubentwicklung für Menschen und Pferde, auf das Austrocknen der Tretschicht und dadurch bedingter Verlust der Elastizität und Rutschfestigkeit sowie erhöhter Unfallgefahr, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Der daraufhin beauftragte Gutachter Dipl.-Ing. agr. ..., öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Reitanlagen und Stallbau in der Pferdehaltung bei der ..., kam in seinem Gutachten vom 13. Juli 2015 abschließend zu dem Ergebnis, dass der gegenwärtig von der Klägerin verwendete Bodenbelag in der Reithalle keiner Bewässerung bedürfe; auf die Ausführungen des Gutachtens im Einzelnen wird Bezug genommen.

Die Parteien erklärten sich übereinstimmend mit einer Entscheidung über den Rechtsstreit ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 18. September 2014 und das Sachverständigengutachten vom 13. Juli 2015, sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.

2. Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der angefochtene Nacherhebungsbeitragsbescheid der Beklagten vom ... April 2014 ist rechtswidrig, soweit dort für den Neubau der Pferdebewegungs- und Trainingshalle auf den Grundstücken FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ... ein Geschossflächenbeitrag i. H. v. 20.877,07 Euro (brutto) festgesetzt worden ist; insoweit verletzt er die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Hinsichtlich der Erhebung eines Grundstücksflächenbeitrags i. H. v. brutto 9.381,76 ist der Bescheid rechtmäßig.

a) Nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG) können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet.

Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte Gebrauch gemacht durch den Erlass ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom ... September 2010.

Die Satzung ist formell ordnungsgemäß zu Stande gekommen (Satzungsbeschluss des Gemeinderats am ...9.2010, Ausfertigung am ...9.2010, Bekanntmachung am ...10.2010).

Auch inhaltlich hält sie einer Überprüfung am Maßstab des Art. 5 KAG Stand. Insbesondere entspricht der in § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS/WAS gewählte Beitragsmaßstab - Berechnung nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude - den Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 KAG. Zudem ist in § 5 Abs. 1 Satz 2 BGS/WAS die nach Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG erforderliche Flächenbegrenzungsregelung für so genannte übergroße Grundstücke vorgesehen; ebenso entspricht die so genannte Anschlussbedarfsregelung für Gebäude und selbstständige Gebäudeteile in § 5 Abs. 1 Satz 4 BGS/WAS den Vorgaben aus Art. 5 Abs. 2 Satz 4 KAG. § 5 Abs. 4 BGS/WAS sieht entsprechend Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG die Erhebung eines zusätzlichen Beitrags vor, wenn sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nachträglich ändern, soweit sich dadurch der Vorteil erhöht.

Schließlich ist auch der in § 6 BGS/WAS festgesetzte Beitragssatz von 12 Euro bzw. 2 Euro je m² Geschoss- bzw. Grundstücksfläche (netto) nicht zu beanstanden; die diesen Sätzen zugrunde liegende Beitragskalkulation wurde insoweit nicht gerügt.

b) Die BGS/WAS vom ... September 2010 wurde in dem angefochtenen Bescheid vom ... April 2014 jedoch nur teilweise richtig vollzogen.

aa) Die Errichtung der Pferdebewegungs- und Trainingshalle hat keinen zusätzlichen Geschossflächenbeitrag ausgelöst.

Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGS/WAS entsteht ein zusätzlicher Beitrag mit der nachträglichen Änderung der für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände, insbesondere im Fall der Vergrößerung eines Grundstücks oder im Fall einer Geschossflächenvergrößerung jeweils für die zusätzlichen Flächen, soweit sich dadurch der Vorteil erhöht.

Durch den Bau der Pferdebewegungs- und Trainingshalle wurde zwar die auf den Grundstücken FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ... vorhandene Geschossfläche vergrößert; entgegen dem klägerischen Vortrags handelt es sich bei der Halle um ein Gebäude. Nach der baurechtlichen Definition in Art. 2 Abs. 2 BayBO sind Gebäude benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können; dieser baurechtliche Begriff ist auch für den Vollzug von Beitrags- und Gebührensatzungen maßgeblich (vgl. schon BayVGH, U. v. 8.8.1986 - Nr. 23 B 85 A - GK 1988/174). Die überdachte Bewegungshalle stellt hier eine solche Anlage dar, auch wenn auf der Ostseite keine Wand und auf der Südseite lediglich Stützpfosten und eine Bande mit 1,50 m Höhe vorhanden sind.

Durch diese zusätzlich geschaffene Geschossfläche wurde allerdings der durch die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgungsanlage vermittelte Vorteil nicht erhöht. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme handelt es sich bei der hier streitgegenständlichen Bewegungshalle um ein Gebäude, das nach der Art seiner Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung auslöst und auch tatsächlich nicht angeschlossen ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 Satz 4 KAG, § 5 Abs. 1 Satz 4 BGS/WAS).

Zur Klärung der Frage, ob ein Gebäude nach der Art seiner bestimmungsgemäßen Nutzung einen Bedarf nach einem Anschluss an die Wasserversorgung auslöst, ist auf objektive Gesichtspunkte und auf eine typisierende Betrachtung abzustellen (vgl. z. B. BayVGH v. 5.6.2002 - 23 B 02.344 - juris Rn. 31).

In ständiger Rechtsprechung sind sowohl die befassten Verwaltungsgerichte als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bislang davon ausgegangen, dass Reit- und Bewegungshallen für Pferde nach der Art ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung grundsätzlich einen Wasserversorgungsbedarf auslösen. Explizit hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 25. Oktober 2001- 23 B 01.1588 - (juris Rn. 24 m. w. N.) angenommen, dass eine Beregnung für Reithallen in aller Regel notwendig ist. Diese Annahme stützte sich im Wesentlichen auf eine in dem vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VG München, U. v. 26.4.2001 - M 10 K 00.3598) eingeholte Stellungnahme der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht vom 7. März 2001, wonach ohne regelmäßige Bewässerung der Boden einer Reit-/Pferdebewegungshalle zu stark austrockne und zu großer Staubentwicklung in der Halle führe; das Einatmen des Staubes sei Menschen und Pferden nicht zuzumuten und widerspreche auch dem Tierschutzgesetz, weil dadurch den Pferden vermeidbare Leiden und Schäden zugefügt würden. Außerdem gehe durch das Austrocknen die Tretschicht sehr viel schneller kaputt, und darüber hinaus verliere der Boden an Elastizität und auch Rutschfestigkeit, wodurch die Gesundheit der Pferde im Fundament in Mitleidenschaft gezogen werde und erhöhte Unfallgefahr entstehe.

In einem Beschluss vom 29. Oktober 2001 - 23 B 00.3398 - (juris Rn. 3; Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung) ließ der Verwaltungsgerichtshof offen, ob es im Einzelfall Bodenbeläge oder Bodenbeschaffenheiten geben könne, die eine Bewässerung ausnahmsweise nicht erforderlich machten, oder ob trotz solcher besonderer Gegebenheiten im Ergebnis doch aufgrund typisierender Betrachtung entsprechend der Auffassung der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht doch Bewässerungsbedarf anzunehmen sei, z. B. bei kurzfristigen Hitzeperioden.

Im hier zu entscheidenden Fall hat die Klägerin vorgetragen, dass ihre Reithalle auf der Ostseite vollständig und auf der Südseite teilweise offen sei, was im Gegensatz zu einer geschlossenen Halle einen umfangreichen Luftaustausch mit witterungsbedingter Zufuhr feuchter Luft ermögliche. Der mit Magnesium versetzte Hallenboden nehme ausreichend Luftfeuchtigkeit auf, so dass eine weitere Befeuchtung grundsätzlich nicht erforderlich sei. Vielmehr sei nach Angaben des Herstellers eine zusätzliche Bewässerung des Bodenbelags gerade nicht erlaubt, da dies die natürliche Feuchtigkeitsbindung des Magnesiums behindere und dann die Bodenkonstruktion nicht mehr funktioniere.

Die gerichtliche Beweiserhebung hat dieses klägerische Vorbringen zur Überzeugung des Gerichts bestätigt.

Der beauftragte Gutachter Dipl.-Ing. agr. ..., öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Reitanlagen und Stallbau in der Pferdehaltung bei der ..., kam in seinem Gutachten vom 13. Juli 2015 zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass der gegenwärtig von der Klägerin verwendete Bodenbelag in der Reithalle keiner Bewässerung bedürfe. Durch den Einsatz der relativ feinen Tretschicht (vgl. Körnungslinie) und von Magnesiumchlorid entstehe keine unzumutbare Staubentwicklung für Menschen und Pferde. Der Tretbelag trockne bei geeigneter Pflege (regelmäßiges Durchmischen des Belags und Nachfüllung von Magnesiumchlorid) nicht aus, es entstehe kein Verlust der Elastizität und der Rutschfestigkeit; eine erhöhte Unfallgefahr könne nicht festgestellt werden.

Diese gutachterlichen Erkenntnisse hält das Gericht sowohl im Hinblick auf die Sachkunde des Gutachters als auch hinsichtlich der bei der Erstellung des Gutachtens angewandten Methodik für nachvollziehbar und überzeugend. Auch die Beklagte hat keine Einwände gegen die Richtigkeit des Gutachtens erhoben.

Der Gutachter hat am 27. März 2015 einen Ortstermin durchgeführt, die Bewegungshalle sowie deren Bodenbelag in Augenschein genommen und die Zusammensetzung der Tretschicht untersucht (Sand-Lehm-Gemisch, Magnesiumchlorid). Es wurde der Feuchtigkeitsgehalt des Materials im Schattenbereich und im Sonnenbereich gemessen (festgestellter Feuchtigkeitsgehalt jeweils größer als 44%). Ferner hat der Sachverständige Materialproben entnommen und in externen Laboren im Hinblick auf den Chloridgehalt sowie die Körnungslinien untersuchen lassen.

Insgesamt ist er auf diesen Grundlagen zu der Beurteilung gelangt, dass es bei entsprechender regelmäßiger Einbringung von Magnesiumchlorid - etwa viermal jährlich je nach Bedarf ca. 300 kg auf 1.800 m² (entspricht 0,17 kg/m²) - und entsprechender Pflege des Bodens - tägliche Durchmischung des Tretbelags - auch ohne weitere Bewässerung zu keiner Staubentwicklung in der Halle kommt. Im Wesentlichen führt der Sachverständige dies auf die stark hygroskopische Wirkung des Magnesiumchlorids zurück; ganzjährig diene es der Staubbindung, in den Monaten mit Frostgefahr zusätzlich zur Vermeidung gefrorener Tretbeläge. Insgesamt binde es die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit und führe zu einer Durchfeuchtung des Tretbelags.

Im Rahmen der Ortseinsicht hat der Sachverständige zudem Praxisversuche durchgeführt; zum einen wurde ein Pferd in verschiedenen Gangarten an der Longe bewegt, zum anderen wurde der Tretbelag mittels eines Allradschleppers und eines speziellen Bahnplaners bearbeitet. Hierbei hat sich nach der Dokumentation im Gutachten bestätigt, dass weder bei der Bewegung/Beschleunigung des Pferdes noch bei der maschinellen Bearbeitung (erforderliche Fahrtgeschwindigkeit 6 bis 10 km/h) Staubbildung festgestellt worden sei.

Auf dieser Grundlage geht das Gericht mit dem Gutachter davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten hier im Einzelfall die Pferdebewegungshalle der Klägerin mit ihrem speziellen Bodenbelag abweichend von der sonst maßgeblichen typisierenden Betrachtungsweise keine Bewässerung benötigt und damit kein beitragsrechtlicher Anschlussbedarf der Halle an die Wasserversorgungsanlage gegeben ist.

Ein weiterer Geschossflächenbeitrag wurde insoweit nicht ausgelöst; in diesem Umfang war der Klage stattzugeben.

b) Zutreffend hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom ... April 2014 jedoch eine Vergrößerung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche im Sinne von § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGS/WAS veranlagt; namentlich hat sie unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung richtig erkannt, dass sich infolge der Errichtung der Bergehalle 2012 und der Pferdebewegungshalle 2013 der beitragsrechtlich insoweit maßgebliche Umgriff um 4.384 m² erweitert hat.

Die Teile der klägerischen Grundstücke FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ..., auf denen Bergehalle und Bewegungshalle errichtet wurden, sind bauplanungsrechtlich dem Außenbereich zuzurechnen (vgl. Baugenehmigungs-unterlagen Az. ... und ...).

Nach ständiger Rechtsprechung bestimmt sich die zum Beitrag heranziehbare Grundstücksfläche für ein bebautes Grundstück im Außenbereich nach dem so genannten angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung. Danach ist die beitragspflichtige Fläche jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Entgegen der Auffassung der Klagepartei findet die Flächenbegrenzungsregel aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BGS/WAS, Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG insoweit keine Anwendung. Diese Bestimmung ist so auszulegen, dass sie sich nur auf Grundstücke im unbeplanten Innenbereich bezieht; einer ausdrücklichen Klarstellung in der Satzung bedarf es hierzu nicht (BayVGH, B. v. 13.11.2009 - 20 ZB 09.1786 - juris; VG München, U. v. 28.05.2009 - M 10 K 08.4263 - juris Rn. 47).

Bei der Festlegung der Umgriffsfläche steht der Gemeinde ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Zu berücksichtigen sind insbesondere die erforderlichen Abstandsflächen der Bebauung und die befestigten Flächen unter Einbeziehung aller Gebäude, die im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes stehen (BayVGH, B. v. 22.8.2006 - 23 ZB 06.1544 - juris Rn.5 ff.; VG München, U. v. 17.2.2011 - M 10 K 10.1390 - juris Rn. 41).

Dabei ist es sachgerecht, auch solche Flächen zu berücksichtigen, die mit Gebäuden bebaut sind, die - wie hier die Pferdebewegungshalle - als solche keinen Anschlussbedarf haben (BayVGH v. 22.8.2006 a. a. O.; VG München, U. v. 17.2.2011 a.a.O - im dortigen Fall wurde wegen des Funktionszusammenhangs sogar ein befestigter, aber nicht überdachter Reitplatz dem Umgriff des landwirtschaftlichen Betriebes zugerechnet).

Die Beklagte hat hier die Grundflächen der Bergehalle mit 14 angebauten Pferdeboxen und der Pferdebewegungshalle zzgl. der jeweiligen bauordnungsrechtlichen Abstandflächen sowie die Fläche zwischen den Gebäuden veranlagt (vgl. Anlage zum Bescheid vom ...4.2014, Blatt 35 der Veranlagungsakten der Beklagten). Dies ist nach oben dargestellten Maßgaben nicht zu beanstanden, insbesondere ist hierin, wie von der Klagepartei gerügt, keine "Doppelveranlagung" hinsichtlich der Fläche „unter“ der Bergehalle zu sehen. Die Veranlagung der (ebenerdigen) Geschossfläche/Gebäudegrundfläche entbindet hinsichtlich dieser Fläche selbstverständlich nicht von der Heranziehung der entsprechenden Grundstücksfläche; es handelt sich um zwei verschiedene Beitragsmaßstabsregelungen.

Der Umgriff betreffend die Bergehalle mit 14 angebauten Pferdeboxen wurde in dem Bescheid vom ... April 2014 erstmals zum Beitrag herangezogen; bei der vorangegangenen Veranlagung der Halle mit Bescheid vom ... April 2013 wurde nur die Geschossfläche herangezogen (vgl. Blatt 24 der Veranlagungsakten).

Eine Beitrags(nach-)erhebung ist im Rahmen der vierjährigen Festsetzungsfrist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb, cc KAG i.V.m §§ 169, 170 AO) zulässig und aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit bzw. Gleichbehandlung der Beitragspflichtigen regelmäßig auch geboten.

Die Bergehalle wurde hier am 1. März 2013 als bezugsfertig gemeldet (Blatt 4 der Veranlagungsakten); Festsetzungsverjährung war zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am ... April 2014 nicht eingetreten.

Die Klägerin ist auch Beitragsschuldnerin im Sinne des § 4 BGS/WAS, da sie laut Eintrag im Grundbuch beim Amtsgericht... - Zweigstelle ... - Band ... Blatt ... seit dem ... Mai 2012 Eigentümerin der Grundstücke FlNr. ... und ... der Gemarkung ... ist.

Die beiden Grundstücke konnten auch in einem Bescheid veranlagt werden. Da sie unter derselben Grundbuchstelle (Blatt ...) eingetragen sind, bilden sie wohl ohnehin ein Buchgrundstück im grundbuchrechtlichen Sinne; jedenfalls stellen sie wegen der grundstücksübergreifenden Bebauung eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Wasserabgabesatzung dar (BayVGH, U. v. 4.10.2001 - 23 B 00.3686 - juris Rn. 38).

Soweit auch der Grundstücksflächenbeitrag angefochten wurde, war die Klage daher abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.258,83 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 14/07/2016 00:00

Tenor I. Der Bescheid vom 10. Juli 2013 des Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes ... vom 8. Dezember 2015, mit dem gegenüber der Klägerin ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 14.494,80 Euro für die öffe
published on 24/02/2016 00:00

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Herstellungsbeitragsbescheid des Antragsgegners vom 21. September 2015 wird angeordnet. II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens
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Annotations

(1) Jedes Grundstück erhält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen.

(2) Die Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände, der Kirchen, Klöster und Schulen, die Wasserläufe, die öffentlichen Wege, sowie die Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, erhalten ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten.

(3) Ein Grundstück ist auf Antrag des Eigentümers aus dem Grundbuch auszuscheiden, wenn der Eigentümer nach Absatz 2 von der Verpflichtung zur Eintragung befreit und eine Eintragung, von der das Recht des Eigentümers betroffen wird, nicht vorhanden ist.

(4) Das Grundbuchamt kann, sofern hiervon nicht Verwirrung oder eine wesentliche Erschwerung des Rechtsverkehrs oder der Grundbuchführung zu besorgen ist, von der Führung eines Grundbuchblatts für ein Grundstück absehen, wenn das Grundstück den wirtschaftlichen Zwecken mehrerer anderer Grundstücke zu dienen bestimmt ist, zu diesen in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis und im Miteigentum der Eigentümer dieser Grundstücke steht (dienendes Grundstück).

(5) In diesem Fall müssen an Stelle des ganzen Grundstücks die den Eigentümern zustehenden einzelnen Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück auf dem Grundbuchblatt des dem einzelnen Eigentümer gehörenden Grundstücks eingetragen werden. Diese Eintragung gilt als Grundbuch für den einzelnen Miteigentumsanteil.

(6) Die Buchung nach den Absätzen 4 und 5 ist auch dann zulässig, wenn die beteiligten Grundstücke noch einem Eigentümer gehören, dieser aber die Teilung des Eigentums am dienenden Grundstück in Miteigentumsanteile und deren Zuordnung zu den herrschenden Grundstücken gegenüber dem Grundbuchamt erklärt hat; die Teilung wird mit der Buchung nach Absatz 5 wirksam.

(7) Werden die Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück neu gebildet, so soll, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 vorliegen, das Grundbuchamt in der Regel nach den vorstehenden Vorschriften verfahren.

(8) Stehen die Anteile an dem dienenden Grundstück nicht mehr den Eigentümern der herrschenden Grundstücke zu, so ist ein Grundbuchblatt anzulegen.

(9) Wird das dienende Grundstück als Ganzes belastet, so ist, sofern nicht ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird oder § 48 anwendbar ist, in allen beteiligten Grundbuchblättern kenntlich zu machen, daß das dienende Grundstück als Ganzes belastet ist; hierbei ist jeweils auf die übrigen Eintragungen zu verweisen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.