Klagegegenstand sind 13 Bescheide der Beklagten, mit denen sie gegenüber den Klägern in Abänderung vorangegangener Veranlagungen Beiträge für die Herstellung der öffentlichen Entwässerungsanlage festgesetzt hat.
Nach Aktenlage betrieb die Beklagte bis zum Jahr 1997 zwei getrennte Entwässerungsanlagen als öffentliche Einrichtungen für die Ortsteile … und … 1997 wurden diese beiden weiterhin getrennt arbeitenden Anlagen als Einrichtungseinheit zusammengefasst und einheitlichem Satzungsrecht unterstellt (Entwässerungssatzung - EWSsowie Beitrags- und Gebührensatzung - BGS/EWSjeweils vom … Juli 1997).
Des Weiteren übernahm die Beklagte die ursprünglich von der … Erschließung Gewerbegebiet … GmbH privat hergestellte Abwasserbeseitigungseinrichtung und regelte deren Benutzung durch die Entwässerungssatzung – EWS - für das sog. Gebiet … vom … August 2000 öffentlich-rechtlich mit der Folge entsprechender Beitragserhebung.
Aus Anlass der anstehenden Sanierung bzw. Auflassung der Kläranlage für den Ortsteil … beschloss der Gemeinderat der Beklagten, aus den bisher selbständigen Einrichtungen „…“ und „…“ eine Einrichtungseinheit zu bilden und die Beitrags- und Gebührensätze entsprechend aus den Gesamtinvestitionen und aus den Betriebs- und Unterhaltskosten beider Einrichtungen zu kalkulieren. Zu diesem Zweck beauftragte die Beklagte den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen … … …, der die Bildung der Einrichtungseinheit rechtlich begleiten und absichern sowie eine entsprechende Globalkalkulation durchführen sollte. In den daraufhin von dem Büro … unter dem … März 2005, … Januar 2007 und … Juli 2008 erstellten Gutachten kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Entwässerungssatzung vom … Juli 1997 für „…“ wegen eines Verstoßes gegen die Einrichtungseinheit nichtig sei und infolgedessen auch die darauf basierende Beitrags- und Gebührensatzung „…“ vom … Juli 1997; die Beitrags- und Gebührensatzung für das Gebiet … sei mangels Gebührenkalkulation ebenfalls nichtig, so dass die Beklagte bislang nicht über wirksames Satzungsrecht verfüge. In diesen Fällen könne eine Beitragspflicht nicht entstehen und somit auch keine Festsetzungsverjährung eintreten; die Beklagte könne, so das Fazit der Gutachten, folglich neues Satzungsrecht erlassen und dieses uneingeschränkt auch für Altfälle anwenden; möglich sei es auch, Übergangsregelungen zu erlassen, wonach Altfälle unangetastet blieben.
Der Gemeinderat der Beklagten entschied sich nach Aktenlage mehrheitlich gegen eine Altfallregelung.
Mit Datum vom … Dezember 2008 erließ die Beklagte daraufhin eine Entwässerungssatzung, wonach sie zur Abwasserbeseitigung zwei öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtungen als Einrichtungseinheit betreibt, namentlich die Abwasserbeseitigungseinrichtung „…“ mit den Ortsteilen … … … … … … … … … … … und … sowie die Abwasserbeseitigungseinrichtung „…“ mit den Ortsteilen … … … … und … mit den Grundstücken Fl.-Nrn. 1207, 1212, 1223, 1226, 1227 und 1188 Gemarkung … in der Stadt …
Um zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der Entwässerungseinrichtungen „…“ und „…“ als Einrichtungseinheit Beiträge erheben zu können, erließ die Beklagte ebenfalls mit Datum vom … Dezember 2008 eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung; diese BGS/EWS 2008 sah einen Beitrag von 2,21 Euro pro m² Grundstücksfläche und von 16,85 Euro pro m² Geschossfläche vor. Beide Satzungen wurden zum … Januar 2009 in Kraft gesetzt.
Nachdem das neue Satzungsrecht nach Aktenlage erheblichen Unmut unter den beitragspflichtigen Grundstückseigentümern im Gemeindegebiet auslöste, nahm die Beklagte Änderungen in der Globalkalkulation zur BGS/EWS 2008 vor, wonach ein größerer Anteil der Investitionen durch das Gebührenaufkommen gedeckt werden sollte. Infolgedessen erließ die Beklagte unter dem … Dezember 2009 eine neue EWS und eine neue BGS/EWS jeweils mit Wirksamkeit ab … Januar 2010; der Beitragssatz wurde in § 6 BGS/EWS nunmehr auf 0,89 Euro pro m² Grundstücksfläche und 16,85 Euro pro m² Geschossfläche festgesetzt.
Zur Abarbeitung der bisher eingereichten Fragen und Beschwerden beitragspflichtiger Grundstückseigentümer sowie im Hinblick auf die anstehenden Veranlagungen führte die Beklagte am … Januar 2010 in Anwesenheit des Sachverständigen … sowie einer Mitarbeiterin des Bayerischen Gemeindetags eine Aufklärungsversammlung für die Betroffenen durch.
Die Kläger sind Eigentümer verschiedener Grundstücke im Ortsteil … Diese Grundstücke wurden bereits mit Bescheiden der Beklagten vom … September 1993, … September 1993, … November 1993, … August 1994 und … Januar 1998 zu Herstellungsbeiträgen für die damals technisch selbständige öffentliche Entwässerungsanlage des Einzugsgebietes „…“ veranlagt.
Mit 13 Beitragsbescheiden (Änderungsbescheiden) jeweils vom … Juli 2010 wurden die Erstveranlagungen durch die genannten Alt-Bescheide dahingehend geändert, dass zu dem dort jeweils festgesetzten Beitrag abzüglich Restbuchwert ein weiterer Beitrag auf der Grundlage BGS/EWS vom … Dezember 2009 festgesetzt wurde bzw. die Altbescheide aufgehoben wurden, sofern der dort jeweils festgesetzte Beitrag abzüglich des Restbuchwerts überschritten wurde.
Die einzelnen Veranlagungen der Kläger ergeben sich aus der folgenden tabellarischen Übersicht:
PK-Nr.
|
Bl. d. LRAAkte
|
Gkg. Wang Fl.-Nr.
|
Beitrag neu (Euro)
|
Beitrag alt (Euro)
|
Bescheid Erstveranla-gung
|
Abgezoge-ner Rest-buchwert
|
Beitrag Rest (Euro)
|
05/15-0080-00/500-510
|
66 ff.
|
610
|
7.614.23
|
10.329,12
|
09.09.1993
|
6.889,52
|
724,71
|
05/15-0077-00/500-510
|
78 ff.
|
608/9
|
1.602,19
|
2.087,09
|
24.11.1993
|
1.392,09
|
210,10
|
05/15-0078-00/500-510
|
82 ff.
|
608/10
608/13
|
1.857,31
|
2.419,43
|
24.11.1993
|
1.613,76
|
243,55
|
05/15-0079-00/500-510
|
113 ff.
|
608/11
608/13
|
1061,32
|
1.382,53
|
24.11.1993
|
922,15
|
139,17
|
05/15-0086-00/500-510
|
93 ff.
|
608/16
608/17
|
5.981,02
|
7.790,04
|
24.11.1993
|
5.195,96
|
785,06
|
05/15-0087-00/500-510
|
117 ff.
|
608/15
|
1.969,57
|
2.565,66
|
24.11.1993
|
1.711,30
|
258,27
|
05/15-0088-00/500-510
|
105 ff.
|
608/14
|
1.959,36
|
2.552,37
|
24.11.1993
|
1.702,43
|
256,93
|
05/15-0089-00/500-510
|
109 ff.
|
608/12
608/13
|
1.132,76
|
1.475,59
|
24.11.1993
|
984,22
|
148,54
|
05/15-0075-99/500-510
|
101 ff.
|
608/6
|
740,48
|
5.530,13
|
24.11.1993
|
3.688,60
|
– 2.948,12
|
05/15-0075-99/501-510
|
97 ff.
|
608/7
|
278,57
|
2.073,80
|
24.11.1993
|
1.383,22
|
– 1.104,65
|
05/15-0075-99/502-510
|
74 ff.
|
608/8
|
291,92
|
2.180,15
|
24.11.1993
|
1.454,16
|
– 1.162,24
|
05/15-0084-00/500-510
|
70 ff.
|
[608]
|
1388,77
|
1.807,93
|
24.11.1993
|
1.205,89
|
182,88
|
05/15-0075-00/500-510
|
86 ff., 140 ff.*
|
608/93
|
16.166,23
|
9.465,04
14.040,69
|
30.09.1993
01.08.1994*
23.01.1998*
|
6.313,18
9.676,84*
10.923,66*
|
176,21 (*)
– 1.070,61
|
(*) geändert durch Widerspruchsbescheid vom 18.8.2011
|
|
42.043.73
|
65.699,57
|
|
45.380.14
|
– 3.336,41
|
Mit Schreiben vom … August 2010 legten die Kläger gegen die oben aufgelisteten Herstellungsbeitragsbescheide jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Bescheide verletzten das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot, da Altanschließer wegen der Abschreibung ihrer Vorausleistung wesentlich mehr bezahlen müssten als Neuanschließer. Für die Abschreibung der Vorausleistung werde keine Rechtsgrundlage genannt. Darüber hinaus sei die bisher angefallene Abschreibung bereits in den Kanalgebühren enthalten und somit bezahlt. Die Abschreibung der Vorausleistung sei somit eine unzulässige Doppelbelastung mit ein und derselben Abgabe.
Zudem hätten die Kläger bereits ein Gerichtsverfahren gegen die Beklagte wegen Kanalanschlusskostenerstattungen im Oktober 2000 geführt, wobei die Beklagte von einer zweifelsfrei rechtsgültigen EWS und rechtskräftigen BGS/EWS ausgegangen sei. Es sei ein grober Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte nunmehr behaupte, es hätte nie wirksames Satzungsrecht vorgelegen.
Sachlich unrichtig sei zudem der Bescheid mit der Personenkontonummer … Der ursprüngliche Bescheid stamme hier vom … Januar 1998 und nicht, wie von der Beklagten angegeben, vom … August 1994.
Zur Personenkontonummer … sei anzumerken, dass das Grundstück Bestandteil der Parzelle „… … …“ sei und über keine eigene Bebaubarkeit verfüge. Es sei somit nur der Beitrag nach der Grundstücksfläche zu entrichten.
Die Beklagte half den Widersprüchen nicht ab, sondern legte sie dem Landratsamt … zur Entscheidung vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom … August 2011 änderte das Landratsamt … den Herstellungsbeitragsbescheid für die Entwässerungsanlage der Beklagten vom … Juli 2010 mit der Personenkontonummer … (Fl.-Nr. 608/93) dahingehend, dass nunmehr ein Guthaben in Höhe von 1.070,61 Euro festgesetzt wurde; im Übrigen wies das Landratsamt die Widersprüche der Kläger gegen die Bescheide vom … Juli 2010 zurück.
Die Widersprüche seien begründet, soweit sie sich gegen die im Bescheid vom … Juli 2010 - Personenkontonummer … - für die Ermittlung des Restbuchwerts zugrunde gelegte zu viel berechnete Abschreibung in Höhe von 1.246,82 Euro richte. Nachdem der ursprüngliche Bescheid erst vom … Januar 1998 und nicht, wie von der Beklagten angenommen vom … August 1994 stamme, errechne sich eine Abschreibung nicht für vierzehn, sondern für zehn Jahre, so dass man einen Restbuchwert von 10.923,66 Euro erhalte. Damit ergebe sich ein Guthaben für den Herstellungsbeitrag von insgesamt 1.070,61 Euro. Insoweit sei der Bescheid vom … Juli 2010 rechtswidrig und aufzuheben.
Im Übrigen seien die Widersprüche unbegründet. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebungen sei die BGS/EWS der Beklagten vom … Dezember 2009. Vor Erlass dieser Satzung habe die Beklagte über kein wirksames Satzungsrecht zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen verfügt. Die BGS/EWS 2009 verfüge nicht über eine Übergangsregelung, so dass auch Altanschließer zur Veranlagung heranzuziehen seien, auch wenn sie bereits nach nichtigem Satzungsrecht herangezogen worden seien. Eine Beitragspflicht sei mangels materiell gültiger Satzungen nicht entstanden und somit sei auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Herstellungsbeiträge seien auf der Grundlage einer sogenannten Globalkalkulation ermittelt worden. In dieser Kalkulation seien u.a. die Beitragssätze für Grundstücks- und Geschossflächen im gesamten Gemeindegebiet der Beklagten nach der derzeit geltenden Rechtslage ermittelt worden. Bei der Bestimmung des Beitragsanteils zur Finanzierung des Investitionsaufwands nach fehlgeschlagenem Satzungsrecht sei allerdings zu beachten, dass nicht im Nachhinein Teile des Investitionsaufwandes beitragsfinanziert würden, die bereits über die bisher erhobenen Gebühren durch Abschreibungen auf den Investitionsaufwand finanziert worden seien. Dies würde zu einer unzulässigen Doppelbelastung führen, weil Art. 8 Abs. 3 Satz 3 Kommunalabgabengesetz (KAG) eine Abschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nur insoweit zulasse, als diese nicht bereits durch Beiträge finanziert worden seien. Daraus folge umgekehrt, dass nicht im Nachhinein eine Beitragsfinanzierung bestimmt werden dürfe, die auch den Teil des Investitionsaufwandes einbeziehe, der bereits über Gebühren finanziert worden sei. Daher sei es in der Gesamtkalkulation der Beklagten notwendig gewesen, den gesamten bisherigen Investitionsaufwand unter Berücksichtigung der Abschreibung mit dem Restbuchwert in die Kalkulation der Beitragssätze einzustellen. Dafür hätten dann auch früher geleistete Beitragszahlungen entsprechend dem Abschreibungsstand im gleichen Maße prozentual gekürzt werden müssen. Für die Beitragskalkulation sei der gesamte bisherige Investitionsaufwand unter Berücksichtigung der Abschreibung mit dem Restbuchwert als Grundlage verwendet worden. Gleichzeitig seien die bereits geleisteten Vorauszahlungen ebenfalls um eine jährliche Abschreibung von 2,22 v.H. reduziert worden. Dies stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes.
Soweit die Kläger die fehlende Verzinsung der Vorausleistung bei Vorliegen nichtigen Satzungsrechts rügten, so sei auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i.V.m. § 236 Abgabenordnung (AO) zu verweisen, wonach eine Verzinsung u.a. ein erfolgreiches Rechtsmittelverfahren des Abgabeschuldners voraussetze. Dies sei hier nicht gegeben.
Soweit die Kläger behaupteten, das Grundstück Fl.-Nr. 608 Gemarkung … sei nicht selbständig bebaubar, sei festzustellen, dass es sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinde und damit auch seine Bebaubarkeit erst einmal grundsätzlich zu bejahen sei.
Insgesamt seien die Herstellungsbeiträge für die Entwässerungsanlage daher zu Recht festgesetzt worden.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am … August 2011 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 22. September 2011 hat der Prozessbevollmächtigte namens der Kläger jeweils Klage zum Bayer. Verwaltungsgericht München erhoben (Eingang am selben Tag – Az. M 10 K 11.4546) mit dem Antrag,
die Bescheide der Beklagten vom … Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2011 aufzuheben.
Zur Begründung wird vorgetragen, die vorliegend angegriffenen Bescheide verstießen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe innerhalb ihres Gemeindegebiets drei Abwasserbeseitigungsanlagen betrieben, wobei die Anlieger von „…“ seinerzeit einen Herstellungsbeitrag von 52 DM und die von … 27 DM bezahlt hätten. Infolge zuvor fehlgeschlagenen Satzungsrechts seien die Anlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst und die Herstellungskosten global ermittelt und in einem einheitlichen Beitragssatz auf die Grundstücke bzw. deren Eigentümer umgelegt worden. Ausweislich der Ausgangsbescheide sei von dem danach errechneten Betrag der Betrag in Abzug zu bringen, der aufgrund des bisherigen nichtigen Satzungsrechts geleistet worden sei. Um nun der Tatsache Rechnung zu tragen, dass in den über die Jahre bezahlten Entwässerungsgebühren Abschreibungen auf den Investitionsaufwand enthalten seien, mithin um eine rechnerische Überdeckung zu vermeiden, sei es nach Auffassung der Beklagten notwendig, den gesamten bisherigen Investitionsaufwand mit dem Restbuchwert in die Kalkulation einzustellen, wofür früher geleistete Beitragszahlungen entsprechend dem Abschreibungsstand von jährlich 2,22% gekürzt werden müssten. Aufgrund dieser Abschreibungsregelung werde die Gesamtvorleistung allerdings verzerrt, so errechne sich bei den Anliegern von „…“ aufgrund ihrer früheren höheren Zahlungen (DM 52,-) eine vergleichsweise höhere Abschreibung im Vergleich zu den Anliegern von „…“ (DM 27,-) und folglich ein vergleichsweise niedrigerer „Restbuchwert“, was im Ergebnis dazu führe, dass die Anlieger von … bei der Gegenüberstellung der Herstellungsbeiträge insgesamt einen um 4,26 Euro pro m² Geschossfläche höheren Herstellungsbeitrag als die Anlieger von … zu tragen hätten. Dies lasse sich anhand eines Beispiels belegen (wird ausgeführt).
Die Beklagte sei daher verpflichtet, die in den über die Jahre bezahlten Entwässerungsgebühren enthaltenen Abschreibungen auf den Herstellungsaufwand in anderer Weise zu ermitteln als durch einen jährlichen Prozentsatz des ursprünglich geleisteten Betrags, nämlich durch eine Berechnung der Abschreibung bzw. einer Regelung, die sich am Wasserverbrauch orientiert, so dass die aufgrund nichtigen Satzungsrechts geleisteten Beiträge 1:1 „Gesamtvorleistung“ in Ansatz gebracht würden.
Schließlich sei die Veranlagung des Flurgrundstücks 608 Gemarkung … mit einer fiktiven Geschossfläche von 68 m² unzulässig. Zwar liege das Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes, dieser sehe dort jedoch keine Bebaubarkeit (Baufenster o.ä.) vor. Auch im Hinblick auf die Abstandsflächen dürfte eine Bebaubarkeit tatsächlich nicht möglich sein, gewerbliche Nutzung sei nach dem Bebauungsplan nicht gestattet.
In Erwiderung der Klagen trugen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem … Januar 2012 vor, die von den Klägern erstellte Berechnung, die zeigen solle, dass die Grundstückseigentümer in … insgesamt mehr zu bezahlen hätten als die in … beruhe auf der Annahme, dass zwei Einrichtungen zur gleichen Zeit mit übereinstimmenden Anschaffungs- und Herstellungskosten errichtet worden seien. Dies sei weder hier noch sonst in der Praxis je der Fall. Vielmehr sei entscheidend, von welcher Basis (Anschaffungs- und Herstellungskosten) die Beitrags- und Gebührenhöhe zu berechnen sei. Derartige Rechenspiele seien nicht zielführend. Zwar könne bei wirksamem Satzungsrecht der Anlagebetreiber in der Folgezeit den prozentualen Anteil der Finanzierung des Investitionsaufwands über Beiträge grundsätzlich nicht mehr verändern, weil dies zu einer Ungleichbehandlung von Alt- und Neuanschließern führen würde. Hier liege aber (nur) fehlgeschlagenes Satzungsrecht vor. Daher habe die Beklagte den Anteil der Beitragsfinanzierung des Investitionsaufwands im Verhältnis zur Gebührenfinanzierung erstmals maßgeblich neu bestimmen können, weil eine Ungleichbehandlung zwischen Alt- und Neuanschließern dann nicht eintreten könne, weil sich die Beklagte hier dafür entschieden habe, früher geleistete Beitragszahlungen auf der Grundlage nichtigen Satzungsrechts lediglich als Vorleistungen in Anrechnung zu bringen. Die Kalkulation der neuen Beitragssätze sei nach der sog. Restbuchwertmethode erfolgt. Hier seien nicht nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten entsprechend der Abschreibungen verringert worden, sondern es seien auch die früher geleisteten Beitragszahlungen entsprechend dem Abschreibungsstand im gleichen Maße wie die Anschaffungs- und Herstellungskosten prozentual gekürzt worden (BayVGH, U.v. 15.5.2003 - 23 B 02.3261 - GK 2004, 26; U.v. 29.10.2010 - 20 BV 09.2010 - BayVBl 2011, 240). Eine andere Methode, wie z.B. die Orientierung am Wasserverbrauch, habe nun mit einer Abschreibung überhaupt nichts gemeinsam und könne nicht hingenommen werden. Bei der Bestimmung des Beitragsanteils zur Finanzierung des Investitionsaufwands nach fehlgeschlagenem Satzungsrecht sei von der Beklagten auch nicht übersehen worden, dass nicht im Nachhinein Teile des Investitionsaufwands beitragsfinanziert würden, die bereits über die bisher erhobenen Gebühren, durch Abschreibung auf den Investitionsaufwand, finanziert worden seien, weil dies zu einer unzulässigen Doppelbelastung der Beitragszahler und mithin auch der Kläger geführt hätte. Art. 8 Abs. 3 Satz 3 KAG lasse eine Abschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nur insoweit zu, als diese nicht bereits durch Beiträge finanziert seien. Daraus folge umgekehrt, dass nicht im Nachhinein eine Beitragsfinanzierung bestimmt werden dürfe, die auch den Teil des Investitionsaufwands einbeziehe, der bereits über die Gebühren (Abschreibung) finanziert worden sei. Dem sei bei der Kalkulation der Beitragssätze mit dem Ansatz des Restbuchwerts der Anschaffungs- und Herstellungskosten Rechnung getragen worden.
Die Verwaltungsstreitsache wurde am … Dezember 2012 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Zur Darlegung der von der Beklagten angenommenen Nichtigkeit der Entwässerungssatzung sowie der Beitrags- und Gebührensatzung „…“ jeweils vom … Juli 1997 wurde ihr eine Schriftsatzfrist eingeräumt. Die Parteien erklärten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden.
Mit Schriftsatz vom … Februar 2013 untermauerten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten ihre Erwägungen zur Nichtigkeit der Entwässerungssatzung sowie der Beitrags- und Gebührensatzung „…“ jeweils vom … Juli 1997. Insbesondere wurde zum Verstoß der Entwässerungssatzung gegen den Grundsatz der Einrichtungseinheit vorgetragen sowie darauf hingewiesen, dass die Regelungen in § 4 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 7 BGS/EWS wegen fehlender Beitragsabstufung unwirksam seien.
Im Hinblick auf die Änderung des Art. 21 Abs. 2 Gemeindeordnung (GO) zum … April 1992 habe sich in der Entwässerungssatzung vom … Juli 1997 keine nach außen hin sichtbare Willensbildung für eine Einrichtungseinheit manifestiert. Der Beschrieb in § 1 EWS laute lapidar, dass die Beklagte eine Abwasserbeseitigung für das gesamte Gebiet der Gemeinde betreibe. Zwar habe es hinsichtlich der „Erschaffung“ einer Einrichtungseinheit von Wang und Bergen keine expliziten Regelung in der Satzung bedurft, weil auch ohne satzungsrechtliche Regelung eine Einrichtungseinheit kraft Gesetzes entstehen könne (Art. 21 Abs. 2 Halbs. 2 GO). Es fehle in der Satzung aber an einer exakten räumlichen Beschreibung des Entsorgungsgebietes. Problematisch sei hierbei vor allem das Gemeindegebiet rechts (südlich) der Isar, die sogenannte … Dieses Gebiet sei zum Zeitpunkt des Satzungserlasses 1997 noch nicht öffentlich entwässert gewesen. Im Jahr 1992 habe die Beklagte dem Wasserwirtschaftsamt … eine Studie zur öffentlichen Entwässerung der Ortsteile „rechts der Isar“ vorgestellt, woraufhin sich das Wasserwirtschaftsamt mit Schreiben vom … November 1992 für den Bau einer neuen (dritten) Kläranlage ausgesprochen habe. Die Beklagte habe am *. August 1994 den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans „Gewerbepark … gefasst. Die nach dem Konzept der Gemeinde entsprechend dem Vorschlag des Wasserwirtschafts vorgesehene Abwasserbeseitigungseinrichtung für die Gebiete „… … …“ sollte keine technische Verbindung mit der bzw. den anderen Abwasseranlagen der Ortsteile Wang und Bergen haben. Grund hierfür sei gewesen, dass die Isar nur mit erheblichem technischen und finanziellen Aufwand hätte unterdünkert werden können. Die Anlage sollte insoweit nach dem Willen der Beklagten eine eigenständige Einrichtung sein. Mit notarieller Urkunde sei am … Juni 1996 die EGS Erschließung Gewerbegebiet … GmbH gegründet worden. Gesellschafter seien je zur Hälfte die Beklagte sowie die … … GmbH & Co.KG gewesen. Zweck der Gesellschaft seien die Erschließung und Vermarktung von Gewerbeflächen gewesen. Die Beklagte und die EGS hätten im Dezember 1996 einen Erschließungsvertrag geschlossen, in dessen Rahmen sich die EGS verpflichtet hätte, die Entwässerung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gewerbegebiets nach Maßgabe der Gemeinde für mindestens 10 Jahre durchzuführen. Dabei sei auch der Bau einer Kläranlage vereinbart worden. Die EGS sei zum … Juni 2006 aufgelöst worden, in diesem Zuge habe die Beklagte die Kläranlage, die Kanalleitungen und alle weiteren Anlageteile zum Restbuchwert erworben. Nachdem also bereits 1992 festgestanden hätte, dass die Gebiete „… … …“ eine eigenständige Abwasserbeseitigungseinrichtung erhalten sollten und dies spätestens 1996 auch verwirklicht worden sei, hätte die Getrenntbehandlung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen bereits in der Satzung vom … Juli 1997 geregelt werden müssen. Die Beklagte habe versucht, dies mit Änderungssatzung zur EWS vom … August 2000 zu lösen, was allerdings rechtlich nicht mehr möglich gewesen sei, da von Beginn an fehlgeschlagenes Satzungsrecht nicht durch eine Änderungssatzung geheilt werden könne.
Die BGS/EWS vom … Juli 1997 sei mithin schon deshalb nichtig, weil die Stammsatzung nichtig sei.
Zudem fehle ihr aber die zwingend notwendige Abstufungsregelung, weil eine Reihe von Grundstücken nur Schmutzaber keine Oberflächenabwasser in die Abwasserbeseitigungseinrichtung ableiten könnten. Es sei wohl in § 5 Abs. 7 BGS/EWS eine grundsätzliche Beitragsabstufung vorgesehen, die sich aber auf Grundstücke beschränke, bei denen aufgrund der Baugenehmigung oder einer entwässerungsrechtlichen Genehmigung nur Schmutzwasser abgeleitet werden dürfe; sie entspreche daher nicht in den Intentionen des Gesetzgebers. Selbst bei einer ordnungsgemäßen und alle Grundstücke betreffenden Formulierung wäre der Beitragsteil aber nichtig. Die Beklagte habe nämlich in § 4 Abs. 5 EWS 1997 ein Benutzungsrecht für die Abwasserbeseitigungseinrichtung zur Einleitung von Niederschlagswasser verneint, soweit eine Versickerung oder anderweitige Beseitigung ordnungsgemäß möglich sei. Diese Regelung liege grundsätzlich im Rahmen der im Satzungsgeber obliegenden Gestaltungsfreiheit. Sie wäre aber nur dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn man den Begriff der ordnungsgemäß möglichen Versickerung oder Beseitigung von Niederschlagswasser gesetzeskonform dahingehend auslegen würde, dass er nicht an die tatsächliche Errichtung von baulichen Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswasser anknüpfe, sondern alle Grundstücke im Entsorgungsgebiet erfasse, auf denen eine erlaubnisfreie oder gesetzlich erlaubte Versickerung oder Beseitigung des Niederschlagswassers erfolgen könne. Mithin gebiete seine Auslegung, dass grundsätzlich jedes Grundstück von der Einleitung des Niederschlagswassers in das öffentliche Kanalnetz ausgeschlossen sei, bei welchem die technische Möglichkeit bestehe, das anfallende Niederschlagswasser unter Beachtung der wasserrechtlichen Vorschriften ohne Inanspruchnahme des gemeindlichen Leitungsnetzes zu beseitigen. Dem würde die in § 5 Abs. 7 BGS/EWS festgesetzte Beitragsabstufung nicht gerecht werden. Sie knüpfe nicht an die Formulierung in § 4 Abs. 5 EWS an. Diese verweigere jedem Grundstück die Einleitung von Niederschlagswasser, wenn eine Versickerung ordnungsgemäß möglich sei. Maßgebend für die Beitragsermäßigung müsse aber immer der objektiv mögliche Vorteil bleiben. Insoweit orientiere sich § 5 Abs. 7 BGS/EWS nicht zwingend am abstrakt objektiv möglichen Vorteil der Inanspruchnahme und mache damit grundstücksbezogen den Beitragssatz nicht in der gebotenen Weise voraussehbar und berechenbar, wie der Grundsatz der Bestimmtheit nach Art. 20 Abs. 3 GG gebiete. Aus diesem Grund sei der gesamte Beitragsteil der Satzung nichtig.
Gleichzeitig widerrief die Beklagtenpartei ihr Einverständnis zur schriftlichen Entscheidung.
Mit Beschluss vom … Juni 2013 setzte das Gericht das Klageverfahren Az. M 10 K 11.4546 im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom *. März 2013 – 1 BvR 2457/08 - (BGBl I S. 820; GVBl S. 242) zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 KAG bis zu einer gesetzlichen Neuregelung im KAG, längstens bis zum 1. April 2014 aus.
Infolge der Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG mit Wirkung zum … April 2014 durch § 1 Nr. 9 Buchst. b Doppelbuchst. aa des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70) entsprechend den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 wurde das Klageverfahren am … April 2014 unter dem neuen Aktenzeichen M 10 K 14.1482 fortgeführt.
Unter dem … November 2014 wies der Klägerbevollmächtigte unter Vorlage einer Bestätigung der Verwaltungsgemeinschaft Mauern vom … Februar 1995 darauf hin, dass die Kläger gegen die Kanalherstellungsbeitragsbescheide vom … November 1993 betreffend die Flurgrundstücke 608/6, 608/8 und 608/9 Widerspruch eingelegt hätten, der niemals verbeschieden worden sei. Die Beklagte habe 1993 allein für diese Flurnummern weit über 20.000 DM erhalten, für deren zinsloses Behalten eine Rechtsgrundlage bis heute nicht existiere.
Mit Schriftsatz vom … November 2014 betonte er nochmals, dass die Berechnung betreffend die Abschreibung völlig fehl gehe. Die Überlegung, dass früher geleistete Zahlungen auf Beiträge um den Abschreibungsteil gekürzt werden müssten, sei sinnwidrig, vielmehr müssten pro Jahr, sofern nicht lediglich die geleisteten Zahlungen als solche in Ansatz zu bringen seien, 2,22% der geleisteten Beträge addiert und nicht subtrahiert werden. Etwa in geleisteten Gebühren enthaltene Teilbeträge für Abschreibung müssten den Klägern zu Gute kommen, so dass die Höhe der aktuell zu erhebenden Beiträge niedriger sein müsste und nicht höher.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
Die zulässigen Klagen sind begründet.
1. Die Klagen sind zulässig, insbesondere fehlt es – auch nicht teilweise - nicht an einem Rechtschutzbedürfnis der Kläger.
Bei dem Rechtsschutzbedürfnis als Ausdruck des Gebots von Treu und Glauben handelt es sich um eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für alle verwaltungsgerichtlichen Verfahrensarten (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Auf. 2014, vor § 40 Rn. 74 f.). Es fehlt insbesondere in Fällen, in denen ein Kläger mit seiner Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht (mehr) erreichen kann (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor §§ 40 – 53 Rn. 16 m.w.N.).
Zwar sehen die angefochtenen Herstellungsbeitragsbescheide der Beklagten vom … Juli 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom … August 2011 betreffend die klägerischen Grundstücke Fl.-Nrn. 608, 608/6, 608/7, 608/8 und 608/93 in Abänderung der Bescheide vom … November 1993, … September 1993 und … Januar 1998 jeweils für sich genommen eine Erstattung vor.
In seinem Beschluss vom … November 2006 - 23 ZB 06.2592 – (juris Rn. 3) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage verneint, wenn die angefochtenen Bescheide lediglich zugunsten des Klägers unter Berücksichtigung einer bestandskräftigen endgültigen Beitragsveranlagung als Vorleistung Erstattungsbeträge festsetzten und darüber hinaus eine zusätzliche Beschwer nicht enthielten; der Kläger könne in diesem Fall nicht über eine Anfechtungsklage gegen die Erstattungsbescheide eine für ihn noch günstigere Anrechnung von Vorleistungen erreichen (vgl. auch BayVGH, B.v. 24.10.2006 - 23 ZB 06.2497- juris Rn. 4).
Im zu entscheidenden Fall ist jedoch vor dem Hintergrund einer Gesamtbetrachtung eine abweichende Interessenlage anzunehmen.
Zum einen ist davon auszugehen, dass die Erstveranlagungen mit den Bescheiden vom 24. November 1993 zumindest für die Grundstücke Fl.-Nrn. 608/6, 608/8 und 608/9 infolge - nie verbeschiedener - Widersprüche nicht bestandskräftig geworden sind.
Zum anderen betrachten die Parteien die Veranlagung der diversen klägerischen Grundstücke übereinstimmend als „Paket“, über dessen Rechtmäßigkeit als Gesamtheit entschieden werden soll.
Daher sieht das Gericht hier ausnahmsweise die Anfechtungsklagen insgesamt als zulässig an.
Im Übrigen wollte der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger auch auf mehrfache gerichtliche Nachfrage seinen Klageantrag nicht ändern.
2. Die Klagen haben auch in der Sache Erfolg. Die 13 Herstellungsbeitragsbescheide (Änderungsbescheide) der Beklagten vom … Juli 2010 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom … August 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die mit den angefochtenen Bescheiden erfolgte Veranlagung der klägerischen Grundstücke zu Beiträgen für die Herstellung der Entwässerungsanlage durch die Beklagte auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom … Dezember 2009 verstößt gegen den aus dem Rechtsstaatprinzip abgeleiteten Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung, der es verbietet, einmal entstandene Beitragsschulden nachträglich zu verändern (BayVGH, U.v. 16.4.1998 – 23 N 94.546 - juris Rn. 17 m.w.N.).
2.1. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264; BayRS 2024-1-I) einschließlich der Änderungsgesetze bis 11. März 2014 (GVBl S. 70) können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihre öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungsanlagen.
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte zuletzt durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom … Dezember 2009 (BGS/EWS 2009) mit Wirkung zum … Januar 2010 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sowie ihre materiell-rechtliche Wirksamkeit sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die BGS/EWS 2009 ist damit seit ihrem Inkrafttreten am … Januar 2010 grundsätzlich geeignet, eine tragfähige Rechtsgrundlage für Beitragsfestsetzungen zu bieten.
2.2. Allerdings ist davon auszugehen, dass eine Beitragsschuld für die streitgegenständlichen klägerischen Grundstücke Fl.-Nrn. 608, 608/6, 608/7, 608/8, 608/9, 608/10, 608/11, 608/12, 608/13, 608/14, 608/15, 608/16, 608/17, 608/93 und 610 Gemarkung … bereits vor Inkrafttreten der BGS/EWS 2009, namentlich mit Inkrafttreten der vorangegangenen Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom … Juli 1997 am … Juli 1997 entstanden ist und eine spätere Satzung die Beitragspflichten wegen des Prinzips der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht ein weiteres Mal entstehen lassen konnte (BVerwG, U.v. 7.4.1989 - 8 C 83/87 – juris Rn. 11 zum Erschließungsbeitragsrecht; Stadlöder in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Stand: Januar 2014, Art. 5 Rn. 24 m.w.N.).
2.2.1. Der Beitrag nach Art. 5 KAG ist eine einmalige Leistung. Das bedeutet, dass eine Kommune den Beitrag als Gegenleistung für ihre Leistung nicht für ein Grundstück mehrfach neu regeln kann; die Einmaligkeit des Beitrags ist also letztlich eine Folge des dem Rechtstaatsprinzip zu Grunde liegenden Vertrauensschutz-gedankens. Das Prinzip der Einmaligkeit der Beitragserhebung hat dabei aber nichts damit zu tun, ob der Beitrag tatsächlich erhoben wurde, also ein Beitragsbescheid ergangen ist und der Schuldner bezahlt hat. Es geht nur um die satzungsmäßigen Voraussetzungen. Maßgeblich ist allein, ob die Beitragsforderung entstanden ist; dies kann nur bei wirksamer Beitragssatzung der Fall sein. Die Beitragspflicht entsteht mithin auch nach jahrelangem Anschluss eines Grundstücks an die jeweilige leitungsgebundene (Entwässerungs-/Wasserversorgungs-) Einrichtung und mehrerer nichtiger Beitragssatzungen in der Vergangenheit frühestens mit Inkrafttreten einer gültigen Satzung (Stadlöder a.a.O. Rn. 24, 25).
Werden andererseits auf der Grundlage nichtiger Satzungen Beiträge erhoben, verstößt die Beitragserhebung nach Erlass einer gültigen Beitragssatzung nicht gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung; früher bereits erbrachte Beitragszahlungen der abgabepflichtigen Bürger sind aber als Vorleistung anzurechnen (BayVGH, U.v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 – juris Rn. 46 f.). Eine nicht entstandene Abgabe kann nicht verjähren; allerdings ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70) entsprechend den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 – 1 BvR 2457/08 - (BGBl I S. 820; GVBl S. 242) die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre, bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG spätestens 25 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, grundsätzlich nicht mehr zulässig.
2.2.2. Die erstmalige Veranlagung der klägerischen Grundstücke mit Bescheiden vom *. September 1993, … September 1993, … November 1993, *. August 1994 und … Januar 1998 (zum letzten Bescheid vgl. Bl. 90, 91 der Widerspruchsakte) erfolgte nach Aufstellung des Bebauungsplans „…“ auf der Grundlage der BGS/EWS vom *. August 1993 nach ihrer Erschließung durch die technisch selbständige Entwässerungsanlage des Einzugsgebietes „…g“ (EWS „…“ vom 3.8.1993).
Die Beitrags- und Gebührensatzung zu dieser Entwässerungssatzung vom … August 1993 (BGS/EWS „…“ 1993) war aber infolge eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 4 KAG nichtig. In § 6 Abs. 1 sieht diese Satzung einen vorläufigen Beitragssatz von 52 DM pro m² Geschossfläche vor. Zwar eröffnet Art. 5 Abs. 4 KAG grundsätzlich die Möglichkeit, vorläufig auf die Festlegung eines bestimmten Beitragssatzes zu verzichten, wenn im Zeitpunkt des Satzungserlasses der Investitionsaufwand für die Anlage noch nicht feststeht; in diesem Fall müssen aber die wesentlichen Bestandteile der einzelnen Einrichtung in der Satzung nach Art und Umfang bezeichnet und der umzulegende Teil der Gesamtkosten bestimmt sein. Diese Bezeichnung ist gewissermaßen der Ersatz für die Bestimmung des Abgabesatzes und wird auf diesem Wege selbst zu einer der in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 KAG geforderten Mindestregelungen. An die Genauigkeit der „Bezeichnung“ sind strenge Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 9.3.1993 - 23 CS 92.2240 – juris Rn. 29 m.w.N.).
Diesen Anforderungen vermag § 6 Abs. 2 BGS/EWS „…“ 1993, der lediglich auf die „zu erwartenden Investitionskosten“ verweist, hier nicht zu genügen. Allein dieser Umstand hat bereits die Nichtigkeit der Satzung zur Folge, so dass auf ihrer Grundlage keine Beitragspflichten entstehen konnten (BayVGH, B.v. 9.3.1993 a.a.O. juris Rn. 29 m.w.N.). Die von Beginn an nichtige BGS/EWS „…“ 1993 konnte auch nicht durch Festsetzung endgültiger Beitragssätze durch die Änderungssatzung vom … April 1997 geheilt werden (BayVGH, U.v. 12.3.1982 - 92 XXIII 78 – juris LS 3).
2.2.3. Die BGS/EWS „…“ vom 28. April 1990 kommt schon nach ihrem räumlichen Geltungsbereich nicht als Grundlage für die Veranlagung der klägerischen Grundstücke in Betracht (vgl. auch § 1 Abs. 1 EWS „Bergen“ vom 14.11.1989); im Übrigen ist auch sie wegen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 4 KAG nichtig (vgl. die vorläufige Beitragsfestsetzung in § 6 Abs. 1 und 2 BGS/EWS „Bergen“ 1990).
2.2.4. Entgegen der Auffassung der Beklagten hält das Gericht aber die BGS/EWS „…“ vom … Juli 1997 für wirksam; weder enthält sie eine gleichheitswidrige Beitragsabstufung (2.2.4.2.), noch ist sie nichtig, weil die ihr zu Grunde liegende Entwässerungssatzung vom … Juli 1997 gegen den Grundsatz der Einrichtungseinheit verstößt (2.2.4.1.).
2.2.4.1. Mit der EWS „…“ vom 3. Juli 1997 wollte die Beklagte die bislang technisch und rechtlich getrennten Entwässerungsanlagen „…“ und „…“ als eine (rechtlich) einheitliche Anlage zusammenführen.
Diese satzungsrechtliche „Zusammenführung“ ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden.
Die Grundlage hierfür findet sich in der Neufassung des Art. 21 Abs. 2 GO zum … April 1993 (GVBl S. 26). Hiernach können die Gemeinden mehrere technisch selbstständige Anlagen, die demselben Zweck dienen, entweder als eine Einrichtung betreiben oder einzelne rechtlich selbstständige Einrichtungen bilden; die Gemeinde entscheidet dies durch Satzung; trifft sie keine Regelung, liegt nur eine Einrichtung vor.
Die Beklagte leitet im zu entscheidenden Fall den Verstoß der EWS vom 3. Juli 1997 gegen den Grundsatz der Einrichtungseinheit aus der folgenden Formulierung des § 1 Abs. 1 ab: „Die Gemeinde betreibt zur Abwasserbeseitigung nach dieser Satzung eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung für das Gebiet der Gemeinde …“. Sie meint (vgl. Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom … Februar 2013), hierin habe sich einerseits nicht die notwendige satzungsrechtliche und nach außen hin sichtbare Willensbildung für eine Einrichtungseinheit manifestiert; zum anderen wäre es zwingend erforderlich gewesen, die Gemeindeteile rechts/südlich der Isar, für die schon nach einem Vorschlag des Wasserwirtschaftsamts … von 1992 eine eigenständige Abwasserbeseitigungseinrichtung konzeptioniert gewesen und dann durch die Gesellschaft EGS Erschließung Gewerbegebiet … GmbH zwischen 1996 und 2006 auch auf Basis des Erschließungsvertrags durchgeführt worden sei, explizit aus dem Geltungsbereich nach § 1 Abs. 1 EWS 1997 auszunehmen.
Beide Bedenken greifen nach Ansicht des Gerichts nicht durch.
Die Neufassung des Art. 21 Abs. 2 GO sollte die Entscheidungsfreiheit und den Gestaltungsspielraum der Gemeinden stärken. Von den Einschränkungen des Art. 21 Abs. 2 GO in der Vorgängerfassung vom 21. November 1985 (GVBl S. 677), nach der eine getrennte Behandlung mehrere Einrichtungen nur zulässig war, wenn die Gemeinde dies im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten für sachgerecht hielt, ist der Gesetzgeber bewusst abgerückt (BayVGH, U.v. 16.4.1998 - 23 N 94.546 – juris Rn. 22; Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht, Stand: Januar 2012, Teil IV, Frage 9 Nr. 1.1 m.w.N.). Nach der Neufassung stellen die einheitliche oder getrennte Behandlung von technisch selbstständigen Anlagen nach der Gesetzeslage nunmehr zwei gleichberechtigt nebeneinander stehende Möglichkeiten dar, wobei die Entscheidung in das Ermessen der Kommune gestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2005 - 3 ZB 05.554 – juris OS; B.v. 18.2.2002 - 23 ZS 01.3138 – juris Rn. 5).
Entscheidet sich die Gemeinde für eine Getrenntbehandlung, muss dies in den Satzungen eindeutig zum Ausdruck kommen; in diesem Fall muss ein entsprechender Willensbildungsvorgang beim Satzungsgeber nach außen manifestiert werden (BayVGH, U.v. 16.4.1998 a.a.O. Rn. 24; Thimet a.a.O. Nr. 1.5 m.w.N.). Trifft die Gemeinde dagegen keine ausdrückliche Regelung, liegt kraft Gesetzes nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GO 1993 (nur) eine Einrichtung vor.
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat mit § 1 Abs. 1 ihrer EWS vom 3. Juli 1997 normiert, dass sie eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung betreibt; einer ausdrücklichen Regelung dergestalt, dass diese Einheit aus zwei technisch getrennten Abwasserbeseitigungsanlagen besteht, bedurfte es im Hinblick auf Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GO 1993 nicht.
Auch war nicht erforderlich, den Geltungsbereich der EWS 1997 durch Aufzählung der einzelnen angeschlossenen Ortsteile zu konkretisieren bzw. die Gebiete „rechts der Isar“ (* … …, … … und … explizit vom Geltungsbereich auszuschließen.
Nach § 1 Abs. 1 EWS 1997 betreibt die Beklagte die Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung für ihr gesamtes (politisches) Gemeindegebiet; entsprechend erhebt sie gemäß § 1 BGS/EWS 1997 zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung für das gesamte Gemeindegebiet einen Beitrag. Damit ist – auch in Zusammenschau mit § 1 Abs. 2 EWS 1997 - eindeutig gesagt, dass die Beitragstatbestände des § 2 BGS/EWS für alle von ihnen erfassten Grundstücke im Gebiet der Beklagten gelten (BayVGH, B.v. 2.5.2012 - 20 ZB 11.2848 - juris Rn. 5; B.v. 25.7.2008 - 20 B 08.1405 - juris Rn. 5). Ein ausdrücklicher Ausschluss einzelner nicht erschlossener Weiler oder Grundstücke ist überflüssig, weil die Tatbestände der Satzung und damit die Rechtsfolgen bei ihnen nicht vorliegen. Es ist geradezu wesensmäßig und wohl auch Zielsetzung für eine Norm, dass sie aufgrund ihres Regelungsfeldes nur dort Wirkung zeigen kann, wo von ihr erfasste Sachverhalte inmitten stehen (BayVGH, B.v. 2.5.2012 - a.a.O).
Die Beklagte legt auch nicht dar, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der EWS 1997 mit der Anlage „…“ eine andere kommunale Entwässerungseinrichtung bestand, die zu einer zumindest unscharfen Zuordnung von Grundstücken zur jeweiligen Anlage führte. Zum einen hat die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass die von der EGS GmbH errichtete und später von der Beklagten übernommene Entwässerungseinrichtung „…“ erst 1999 oder 2000 technisch in Betrieb gegangen und daher auch die entsprechenden Satzungsregelungen - EWS und BGS/EWS „…“ - jeweils erst am … August 2000 mit Wirkung zum … August 2000 erlassen worden seien.
Bei der EWS „…“ 2000 handelte es sich auch ersichtlich nicht um eine Änderungssatzung zur EWS „…“ 1997 (so zuletzt der Vortrag der der Beklagtenvertreter in Ziffer 2.4. ihres Schriftsatzes vom 13.2.2013). Vielmehr wurde damit neben den als Einrichtungseinheit betriebenen Anlagen „…“ und „…“ (zusätzlich) die technisch und rechtlich getrennte Einrichtung „…“ mit eigenem Geltungsbereich, vgl. § 1 EWS „…“ 2000, etabliert. Auf die Fortgeltung der EWS „…“ 1997 im übrigen Gemeindegebiet dürfte dies keinen Einfluss gehabt haben; beide Satzungen galten örtlich überall jeweils da, wo die jeweilige Anlage den im jeweiligen § 2 BGS/EWS angeführten Bezug zu einem Grundstück hatte, also jeweils für die Grundstücke, die an die jeweilige rechtlich und tatsächlich selbständige Einrichtung angeschlossen waren (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2012 - a.a.O.). Diese Frage kann aber mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, da jedenfalls die EWS „…“ 1997 bei ihrem Erlass den Vorgaben des Art. 21 Abs. 2 GO 1993 entsprach.
2.2.4.2. Die BGS/EWS „…“ vom 3. Juli 1997 ist auch nicht deshalb nichtig, weil es ihr an einer vorteilsgerechten Beitragsabstufung fehlt.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 KAG besteht grundsätzlich eine Verpflichtung zur Abstufung der Beiträge dann, wenn die Vorteile der Beitragspflichtigen aus der öffentlichen Einrichtung verschieden hoch sind.
Verschieden hohe Vorteile, die eine solche Abstufung der Beiträge erfordern, liegen bei unterschiedlichem Nutzungsrecht vor; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn den Anschlussnehmern teilweise (nur) Schmutzwasser, teilweise aber auch Schmutz- und Niederschlagswasser abgenommen wird. Dabei haben Grundstückseigentümer, deren Anwesen auch von der Oberflächenentwässerung erschlossen werden, einen höheren Vorteil gegenüber den nur von der Schmutzwasserentsorgung erfassten Eigentümern; dies hat das Beitragssystem der jeweiligen Satzung zwingend zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 7.3.2011 - 20 ZB 10.3153 – juris Rn. 4; U. v. 21.10.2003 - 23 B 03.824).
Im zu entscheidenden Fall trägt § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 BGS/EWS „…“ 1997 bei entsprechender geltungserhaltender Auslegung diesem Erfordernis ausreichend Rechnung.
2.2.4.2.1. Nach § 2 BGS/EWS „…“ 1997 wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke sowie für Grundstücke und befestigte Flächen erhoben, auf denen Abwasser anfällt, wenn für sie nach § 4 EWS „…“ 1997 ein Recht zum Anschluss an die Entwässerungseinrichtung besteht oder sie – auch aufgrund einer Sondervereinbarung – an die Entwässerungseinrichtung tatsächlich angeschlossen sind.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS/EWS 1997 wird der Beitrag (a) bei anschließbaren Grundstücken nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude und (b) bei nicht anschließbaren Grundstücken allein nach der tatsächlichen Geschossfläche berechnet; laut § 3 Abs. 3 BGS/EWS 1997 sind anschließbare Grundstücke solche, die zunächst nicht, dann aber doch noch an das Kanalnetz angeschlossen waren oder werden konnten.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BGS/EWS 1997 regelt somit einen Beitragsmaßstab für so genannte nicht anschließbare Grundstücke, für die nach § 2 BGS/EWS 1997 gar kein Beitragstatbestand gegeben ist. Dies ist allerdings vor folgendem Hintergrund unschädlich:
Die Beklagte hat sich bei der Formulierung ihrer BGS/EWS 1997 im Wesentlichen an der Mustersatzung gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3. Juni 1988 (AllMBl S. 577, ber. AllMBl 1989 S. 99), geändert durch Bekanntmachung vom 30. April 1992 (AllMBl S. 423), orientiert. Während die vorangegangene Muster-BGS 1974 nur an das Kanalnetz anschließbare Grundstücke erfasste, erstreckte sich die Mustersatzung 1988 auch auf die unter eine gemeindliche Fäkalschlammentsorgung fallenden, sogenannten „nicht anschließbaren Grundstücke“; betrieb die Gemeinde keine Fäkalschlammentsorgung, konnte sie bei Übernahme der Mustersatzung auf alle lediglich die Fäkalschlammentsorgung bezogenen Bestimmungen verzichten, ohne dass dies als genehmigungspflichtige Abweichung galt (vgl. Anm. I.2. zur Mustersatzung 1988).
Die Beklagte hat hier in der letzten mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine öffentlich-rechtliche Fäkalschlammentsorgung unterhalten hat.
Die (überflüssigerweise) aus der Muster-BGS/EWS/FES 1988 übernommene Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BGS/EWS 1997 geht daher ins Leere und ist nichtig; die Gültigkeit der Satzungsbestimmungen im Übrigen wird dadurch aber nicht berührt.
2.2.4.2.2. Nach § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS „…“ 1997 wird der Beitrag bei Grundstücken, bei denen auf Grund der Baugenehmigung oder einer entwässerungsrechtlichen Genehmigung nur Schmutzwasser eingeleitet werden darf, nur aus der Geschossfläche berechnet.
Bei entsprechender geltungserhaltender Auslegung in Zusammenschau mit der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS „…“ vom … Juli 1997 enthält § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS 1997 nach Auffassung des Gerichts eine vorteilsgerechte Beitragsabstufung.
Diese – systematisch nicht den Beitragsmaßstab, sondern den Beitragssatz betreffende - Regelung beschränkt ihrem Wortlaut nach die Beitragsabstufung (Verzicht auf die Erhebung des Grundstücksflächenbeitrags) auf Fälle, in denen das Recht auf Einleitung von Niederschlagswasser in die Anlage aufgrund einer behördlichen (bau-/ wasserrechtlichen Einzelfall-) Anordnung ausgeschlossen ist.
Im Umkehrschluss folgt daraus, dass in den Fällen, in denen ein solches behördlich ausgesprochenes Verbot zur Niederschlagswassereinleitung nicht besteht, Niederschlagswasser also eingeleitet werden darf oder sogar muss („Versickerungsauflage“), der Grundstücksflächenbeitrag grundsätzlich zu leisten ist.
In Ergänzung hierzu ist bei der Auslegung des § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS „…“ 1997 im Sinne der Ermittlung der durch ihn erfassten Sachverhalte und damit seines Anwendungsbereichs § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS „…“ 1997 heranzuziehen.
In § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997 hat die Beklagte ein Benutzungsrecht für ihre Entwässerungsanlage zur Einleitung von Niederschlagswasser verneint, soweit dessen Versickerung oder anderweitige Beseitigung ordnungsgemäß möglich ist.
Eine solche Satzungsregelung zu erlassen, die eine eingeschränkte Vorteilsmöglichkeit an der öffentlichen Einrichtung begründet, liegt im Rahmen der dem Satzungsgeber obliegenden Gestaltungsfreiheit. Die Einschränkung des Benutzungsrechts ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, sofern man den Begriff der „ordnungsgemäß möglichen“ Versickerung oder Beseitigung von Niederschlagswasser gesetzeskonform dahingehend versteht, dass er nicht an die tatsächliche Errichtung von baulichen Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswasser anknüpft, sondern alle Grundstücke im Entsorgungsgebiet erfasst, auf denen eine erlaubnisfreie oder gesetzlich erlaubte Versickerung oder Beseitigung des Niederschlagswassers erfolgen kann, sei es etwa durch geeignete Oberbodenschichten oder den Bau von Versickerungsanlagen. Mithin gebietet die Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997, dass grundsätzlich jedes Grundstück von der Einleitung des Niederschlagswassers in das öffentliche Kanalnetz ausgeschlossen ist, bei welchem die technische Möglichkeit besteht, das anfallende Niederschlagswasser unter Beachtung der wasserrechtlichen Vorschriften ohne Inanspruchnahme des gemeindlichen Leitungsnetzes zu beseitigen (BayVGH, B.v. 8.11.2000 - 23 CS 00.2177 – juris Rn. 34).
Umgekehrt würde eine Bestimmung in der Entwässerungssatzung, die die Beseitigung von Niederschlagswasser einem Anschluss- und Benutzungszwang unterwirft, ohne dass hierfür hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls ersichtlich sind, die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO in einer dem Rechtsstaatsprinzip widersprechenden Weise überschreiten (vgl. BayVerfGH, E.v. 10.11.2008 - Vf. 4-VII-06 - BayVBl 2009, 203 ff.).
Auch für diese Fälle, in denen die Entwässerungssatzung wie hier gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997 das Benutzungsrecht der Anlage hinsichtlich der Einleitung von Niederschlagswasser im dargestellten Sinne einschränkt, bedarf es einer abgestuften Beitragsregelung, um die den Beitragspflichtigen aus verschiedenen Anschlussmöglichkeiten zukommenden unterschiedlichen Vorteile auszugleichen.
Grundsätzlich ist eine Beitragssatzregelung, wonach für Grundstücke, von denen nach Maßgabe der jeweiligen Entwässerungssatzung bei gegebener Versickerungsmöglichkeit kein Niederschlagswasser eingeleitet werden darf und für die insoweit kein Benutzungsrecht hinsichtlich der Anlage besteht, nur der Geschossflächenbeitrag erhoben wird, nicht nur rechtmäßig, sondern nach dem Prinzip der vorteilsgerechten Beitragsabstufung sogar geboten (vgl. auch Alt. 1 zu § 6 Abs. 2 der MusterBGS/EWS 2008, IMBek v. 20.5.2008 – IB4-1521.1-166 - AllMBl 2008, 350, sowie § 4 Abs. 5 der Muster-EWS 2012, IMBek v. 6.3.2012 - IB1-1405.12-5 – AllMBl 2012, 182).
Diesem Bedürfnis wird nach Auffassung der erkennenden Kammer der in § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS „…“ 1997 bestimmte Beitragsabschlag gerecht, weil er bei entsprechendem Verständnis auch auf die Fälle des nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997 eingeschränkten Benutzungsrecht zur Anwendung kommt.
Seinem Wortlaut nach erfasst § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS 1997 zwar nur die Fälle, bei denen auf Grund behördlicher (Einzelfall-) Anordnung nur Schmutzwasser, nicht aber Niederschlagswasser eingeleitet werden darf.
Nach dem Prinzip der geltungserhaltenden Auslegung sind darunter aber auch die Fälle zu subsumieren, in denen ein Niederschlagswassereinleitungsrecht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997 ausgeschlossen ist.
Dieses „Hineinlesen“ des § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997 in den Beitragsabstufungstatbestand nach § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS 1997 ist insbesondere vor folgendem Hintergrund veranlasst:
Beim Erlass der BGS/EWS „…“ vom *. Juli 1997 hatte die Beklagte noch davon auszugehen, dass das zielgerichtete Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser von bebauten oder befestigten Flächen in das Grundwasser (Versickerung) nach Maßgabe des Wasserhaushaltsgesetzes eine Gewässerbenutzung darstellt, die grundsätzlich einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedurfte (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 WHG in der vom 1.1.1987 bis 28.2.2010 gültigen Fassung; nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG). Erst mit Inkrafttreten der Verordnung über die erlaubnisfreie schadlose Versickerung von gesammeltem Niederschlagswasser (Niederschlagswasserfreistellungsverordnung - NWFreiV) vom 1. Januar 2000 (GVBl S. 30) mit Wirkung zum 1. Februar 2000 wurde für das Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser vom Erfordernis einer Erlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen.
Der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS 1997 ist insofern auch darauf zurückzuführen, dass bei einer geplanten baulichen oder sonstigen Nutzung eines Grundstücks regelmäßig im Rahmen einer behördlichen Genehmigung auch über die Frage der Niederschlagswasserbeseitigung entschieden wurde.
Auch aus diesem Umstand erklärt sich die Inkongruenz zwischen den Anknüpfungspunkten der Regelungen in § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS/EWS 1997 und § 4 Abs. 5 Satz 1 EWS 1997, er spricht aber genauso für eine Auslegung, die beide Regelungen geltungserhaltend in Einklang bringt.
2.2.5. Ausgehend von der Wirksamkeit der BGS/EWS „…“ vom … Juli 1997 konnten auf ihrer Grundlage ab dem Inkrafttreten am … Juli 1997 Herstellungsbeiträge entstehen.
Dem Erlass der 13 streitgegenständlichen Beitragsbescheide vom … Juli 2010 steht somit der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen.
Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb S. Straße 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc S. Straße 2 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Beitragssatzung erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die gültige Beitragssatzung bekanntgemacht worden ist.
Diese Vorschrift ist anwendbar. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BGBl I S. 820; GVBl S. 242) Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 KAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) für mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar erklärt; dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, diese Vorschrift bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung zu ersetzen. Dieser Vorgabe ist der Landesgesetzgeber durch Erlass des KAG-Änderungsgesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70) nachgekommen, indem er Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb S. Straße 1 KAG neu gefasst hat. Hiernach ist nunmehr über die Verjährungsregelung hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG 2014 vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Ergänzend enthält Art. 19 Abs. 2 KAG 2014 eine Übergangsvorschrift, wonach für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe gilt, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.
Im zu entscheidenden Fall begann die vierjährige Festsetzungsfrist demnach mit Ablauf des Jahres 1997 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2001.
2.3. Die Festsetzung der Beiträge durch die (Änderungs-) Bescheide 19. Juli 2010 war daher verfristet.
Die in den Bescheiden jeweils erfolgte Veranlagung der klägerischen Grundstücke widerspricht dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung und verletzt die Kläger insgesamt in ihren Rechten, auch wenn einzelne Veranlagungen Erstattungen ergeben.
3. Nach alledem war den Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Angesichts der Schwierigkeit der Materie war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 13).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
5. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.