I.
Die Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin begehrt die Anordnung der Ersatzzwangshaft, um den Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner zur Befolgung der bestandskräftigen zweckentfremdungsrechtlichen Nutzungsuntersagung sowie Wiederbelegungsanordnung zu veranlassen.
Der Vollstreckungsschuldner wurde mit Bescheid vom 2. Juni 2016 verpflichtet, die zweckfremde Nutzung des Wohnraums Wohnung Nr. …, …str. … unverzüglich zu beenden (Ziff. 1.) und den Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 2.). In Ziff. 3. dieses Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.400,- EUR für den Fall angedroht, dass die Verpflichtung aus Ziff. 1. nicht binnen einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids erfüllt werde; die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziff. 5.).
Der Bescheid ist bestandskräftig. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil vom 15. Februar 2017 (Az.: M 9 K 16.2662) abgewiesen. Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. April 2017 den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt (Az.: 12 ZB 17.595).
Der Vollstreckungsschuldner ist seiner Verpflichtung nicht nachgekommen. Auf die entsprechenden Ermittlungen durch die Vollstreckungsgläubigerin am 29. Juli 2016, 23. September 2016, 6. Oktober 2016 und 25. Oktober 2016 wird Bezug genommen. Es wurden jeweils Touristen in der Wohnung angetroffen, die als Aufenthaltszweck eine medizinische Behandlung angaben, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammten und nach eigenen Angaben Beträge von 250,- EUR bzw. 300,- EUR je nach Zahl der Personen pro Tag für die Wohnung bezahlten.
Mit Bescheid vom 10. November 2016 wurde dem Vollstreckungsschuldner ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.800,- EUR angedroht für den Fall, dass die in Ziff. 1. des Bescheids vom 2. Juni 2016 getroffene Anordnung zur Beendigung der Nutzung für Zwecke der Fremdenbeherbergung binnen vier Wochen ab Zustellung wiederum nicht erfüllt werde. Zugleich wurde in diesem Schreiben das mit Bescheid vom 2. Juni 2016 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.400,- EUR für fällig erklärt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds könne auf Antrag das Verwaltungsgericht als Vollstreckungsbehörde durch Beschluss eine Ersatzzwangshaft für den Kläger anordnen, Art. 33 VwZVG. Auf Art. 37 Satz 1 VwZVG werde hingewiesen. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2017 (Az.: M 9 K 16.5426) abgewiesen; der Vollstreckungsschuldner hat dagegen mündliche Verhandlung beantragt. Weitere Ortsermittlungen am 22. November 2016, 19. Dezember 2016 und am 30. März 2017 ergaben, dass nach wie vor eine Vermietung durch den Vollstreckungsschuldner an Touristen erfolgt; eine Anfrage an den Vollstreckungsschuldner, der trotz Kündigung durch den Wohnungseigentümer die Wohnung nicht räumt, blieb nach Aktenlage unbeantwortet.
Der Antragsteller wurde gemahnt, die Beitreibung blieb erfolglos. Diesbezüglich wird auf die Akten verwiesen.
Der Vollstreckungsschuldner hat ausweislich einer Vermögensauskunft vom 25. November 2015 und seiner protokollierte Angaben bei Gericht in den mündlichen Verhandlungen erklärt, dass er kein Geld habe. Mit Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – wurde am … März 2017 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners eröffnet (Az.: … ).
Mit Schreiben vom 3. Mai 2017 beantragte die Vollstreckungsgläubigerin beim Verwaltungsgericht München gemäß Art. 33 VwZVG:
1. gegenüber dem Vollstreckungsschuldner R. Ersatzzwangshaft anzuordnen und die Dauer der Zwangshaft auf eine Woche festzusetzen, sowie
2. die festgesetzte Zwangshaft zu vollstrecken.
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Vollstreckungsschuldner ebenso wie in einer Vielzahl von Parallelverfahren, die gerichtsbekannt seien, weiterhin seiner Unterlassungspflicht und der Wiederbelegungsanordnung nicht nachkomme und weiterhin tageweise insbesondere an Medizintouristen vermiete. Beitreibungen der Zwangsgelder seien erfolglos geblieben, auf die entsprechenden Mitteilungen darüber, dass in der Wohnung … Str. des Vollstreckungsschuldners keine pfändbare Habe aufgefunden wurde, werde Bezug genommen. Es gibt keine Bankkonten mehr unter dem Namen des Vollstreckungsschuldners. Die Pfändung seines Arbeitseinkommens sei erfolglos, da dieses unter der Pfändungsfreigrenze liege. Auch nach den mehrfachen Vermögensauskünften ergäbe sich kein pfändbares Vermögen. Da der Vollstreckungsschuldner sein Geschäftsmodell weiter verfolge, wie sich aus den Ortseinsichten durch Mitarbeiter der Vollstreckungsgläubigerin ergebe, und wegen der nachgewiesenen Uneinbringlichkeit sei das Ersatzzwangshaftverfahren geboten. Der Einsatz unmittelbaren Zwangs oder Ersatzvornahme sei nach der Rechtsprechung auf der Grundlage des Zweckentfremdungsrechts ausgeschlossen. Weiterer Mahnungen bedürfe es im Hinblick auf das Insolvenzverfahren nicht mehr. Ersatzzwangshaft sei angemessen und verhältnismäßig. Auf den Antrag vom 3. Mai 2017 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Der Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner wurde mit Schreiben des Gerichts vom 17. Mai 2017 erneut letztmalig unter Fristsetzung gemahnt und beantragte am … Mai 2017:
Kostenpflichtige Zurückweisung des Antrags der Vollstreckungsgläubigerin auf Anordnung der Ersatzzwangshaft.
Er weigere sich nicht, seinen Verpflichtungen nachzukommen, sondern habe sein Nutzungskonzept an die jeweilige Rechtsprechung angepasst und entsprechende schriftliche Vereinbarungen mit seinen Mietern geschlossen. 2015 habe er unter Zugrundelegung einer der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München entnommenen 6-Monats-Grenze an zwei namentlich genannte Mieter für einen längeren Zeitraum vermietet. Nach dem Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Dezember 2015 (Az.: 12 ZB 15.2287), worin auf den Lebensmittelpunkt in der neuen Wohnung durch Aufgabe der Wohnung im Heimatland abgestellt werde, habe er jeden seiner Mieter schriftlich versichern lassen, dass er keine andere Wohnung habe. Deshalb könne von einer beharrlichen Weigerung nicht ansatzweise die Rede sein. Auch die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung von Ersatzzwangshaft lägen nicht vor, da mildere und deshalb vorrangig in Erwägung zu ziehende Mittel zur Durchsetzung seiner Verpflichtung zunächst auszuschöpfen seien. Dies seien hier das amtsgerichtliche Räumungsverfahren, das der Wohnungseigentümer auf Veranlassung der Vollstreckungsgläubigerin eingeleitet habe und der Erlass der Bußgeldbescheide. Die Ersatzzwangshaft sei auch nicht vollstreckbar, da zum Zeitpunkt seiner Verhaftung die verfahrensgegenständliche Wohnung entweder belegt oder frei sei und in beiden Fällen die Erzwingungshaft als Beugemittel eine ungesetzliche Sanktion entweder für die Belegung oder als Präventionsmaßnahme sei. Es werde bestritten, dass aktuell eine Zweckentfremdung vorläge; derzeit werde ausweislich des Ermittlungsberichts vom 30. März 2017 die Wohnung unentgeltlich und nur besuchsweise genutzt. Die Erzwingungshaft sei unverhältnismäßig, da es sich lediglich um eine Wohnung aus rund 780.200 Wohnungen im Stadtgebiet handele und Medizintouristen dann lediglich auf einen anderen Wohnraum ausweichen würden. Im Übrigen bestehe ein Vollstreckungshindernis, da gegen sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei und deshalb ein Vollstreckungsverbot für einzelne Insolvenzgläubiger bestehe, § 89 Abs. 1 InsO. Die Vollstreckungsgläubigerin sei damit eine Insolvenzgläubigerin und dürfe die Zwangsgelder nicht vollstrecken mit der Folge, dass auch die Vollstreckung der Ersatzzwangshaft unzulässig sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft hat Erfolg. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen dafür nach Art. 33 VwZVG liegen vor.
Bei Vorliegen der allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 18 ff., Art. 29 ff. VwZVG können Verwaltungsakte, die zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden, Art. 18, Art. 29 Abs. 1 VwZVG. Voraussetzung ist, dass die zu vollstreckenden Verwaltungsakte nicht mehr mit förmlichen Rechtsbehelfen angefochten werden können, solche Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben oder die sofortige Vollziehung angeordnet wurde, Art. 19 Abs. 1 VwZVG, und dass der Verpflichtete seine Verpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt hat, Art. 19 Abs. 2 VwZVG. Als Zwangsmittel ist gesetzlich auch die Ersatzzwangshaft nach Art. 33 VwZVG vorgesehen, Art. 29 Abs. 2 Nr. 3 VwZVG. Das Verwaltungsgericht kann nach Anhörung des Pflichtigen auf Antrag der Vollstreckungsbehörde durch Beschluss Ersatzzwangshaft anordnen, wenn der Pflichtige bei der Androhung des Zwangsgeldes auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde, ein Zwangsgeld uneinbringlich ist und auch unmittelbarer Zwang keinen Erfolg verspricht, wobei die Ersatzzwangshaft mindestens einen Tag und höchstens zwei Wochen beträgt, Art. 33 VwZVG. Im Rahmen seines Ermessens hat das Gericht auch zu prüfen, ob die Anordnung der Ersatzzwangshaft den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht.
Im vorliegenden Fall liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vor, Art. 19 Abs. 1 VwZVG. Der Ausgangsbescheid vom 2. Juni 2016 ist bestandskräftig. Über seine Rechtmäßigkeit wurde unanfechtbar entschieden; die vom Vollstreckungsschuldner erhobene Verfassungsbeschwerde, als außerordentlicher Rechtsbehelf (v. 23.5.2017) ändert daran nichts. Auch die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 10. November 2016 ist vollstreckbar, da die Klage dagegen keine aufschiebende Wirkung hat, Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 21 a VwZVG; auf den Umstand, dass mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid beantragt wurde, kommt es deshalb nicht an.
Der Vollstreckungsschuldner wurde auf die Möglichkeit der Anordnung der Ersatzzwangshaft im Bescheid vom 10. November 2016 hingewiesen. Der Vollstreckungsschuldner hat, wie sich aus zahlreichen Ermittlungen der Vollstreckungsgläubigerin ergibt, seine Verpflichtung nicht fristgerecht erfüllt und vielmehr dargelegt, dass er trotz Kündigung durch den Wohnungseigentümer die Wohnung nicht räumt und an seinem Geschäftsmodell festhält.
Die festgesetzten Zwangsgelder sind fällig und uneinbringlich. Vollstreckungsversuche sind ergebnislos geblieben. Ungeachtet der Tatsache, dass der Vollstreckungsschuldner mehrere Wohnungen tageweise für 200,- EUR bis 300,- EUR vermietet, hat er wiederholt auch gegenüber dem Gericht erklärt, dass er vermögenslos sei. Mittlerweile wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Anordnung der Ersatzzwangshaft ist erforderlich und verhältnismäßig. Der beabsichtigte Erfolg, die tageweise Vermietung an Medizintouristen entgegen dem Zweckentfremdungsrecht zu beenden und die Wohnung wieder der Wohnnutzung zuzuführen, kann nicht auf andere Weise einfacher erreicht werden (BayVGH, B.v. 8.2.1982, Az.: 22 C 81A.958). Entgegen der Auffassung des Vollstreckungsschuldners sind Räumungsklage und Bußgeldverfahren keine milderen Mittel im Vergleich zur Ersatzzwangshaft, sondern vom Gesetzzweck und den Voraussetzungen ein Aliud. Die Einleitung eines Bußgeldverfahrens ist im Hinblick auf die behauptete Vermögenslosigkeit des Vollstreckungsschuldners darüber hinaus sinnlos, da nicht zu erwarten ist, dass dieser zahlt. Eine zivilrechtliche Räumungsklage ist keine Maßnahme des Zweckentfremdungsrechts, sondern betrifft das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Auch der Vortrag des Vollstreckungsschuldners, Ersatzzwangshaft könne nicht angeordnet werden und sei unverhältnismäßig, da er sich im Insolvenzverfahren befinde, verkennt, dass er unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen eine vollziehbare Verpflichtung erfüllen soll und dieser nicht nachkommt. Die Festsetzung von Zwangsmitteln ist regelmäßig auch dann geeignet, wenn über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet ist und er deshalb über keine oder nur eingeschränkte finanzielle Mittel verfügt (VG Potsdam, U.v. 9.1.2017, Az.: 4 K 480/15). Sonstige Gründe, warum die Anordnung der Ersatzzwangshaft nicht verhältnismäßig sein könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Ersatzvornahme nach der Rechtsprechung der Kammer ausgeschlossen, da eine zwangsweise Räumung der durch Medizintouristen benutzten Wohnung als Maßnahme gegen unbeteiligte Dritte, die in Vertragsbeziehung zum Vollstreckungsschuldner stehen, rechtswidrig wäre und damit nicht zur Verfügung steht. Ungeachtet dessen, dass im Hinblick auf die täglichen Einnahmen des Vollstreckungsschuldners von ca. 200,- EUR bis 300,- EUR für mehrere Wohnungen Zweifel an seiner Vermögenslosigkeit angebracht sind, ist die Flucht in die Vermögenslosigkeit keine Einwendungen i.S.d. Art. 21 VwZVG und keine Rechtfertigung dafür, sich einer rechtlichen Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen zu entziehen.
Vollstreckungshindernisse im Sinne des Art. 37 Abs. 4 VwZVG wurden weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich. Entgegen den Ausführungen des Vollstreckungsschuldners hat dieser sich nicht an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte gehalten, sondern vielmehr sein Nutzungskonzept nicht nur für die hier verfahrensgegenständliche Wohnung, sondern für eine Vielzahl weiterer Wohnungen unverändert fortgesetzt. Der Vollstreckungsschuldner räumt selber ein, dass er von seinen Mietern Erklärungen verlangt, die weder den Tatsachen noch den geltenden ausländerrechtlichen Regelungen noch dem Zweckentfremdungsrecht entsprechen. Unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells des Vollstreckungsschuldners, der die kurzfristige Vermietung an Medizintouristen professionell betreibt, ist eine Ersatzzwangshaft von bis zu einer Woche verhältnismäßig und angemessen.
Dem Antrag war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Eine Streitwertfestsetzung ist mangels einer entsprechenden Position im Kostenverzeichnis des GKG entbehrlich. Vollstreckungsbehörde ist gemäß Art. 33 Abs. 3 VwZVG die Justizverwaltung.