Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Jan. 2015 - M 7 E 15.136

published on 19/01/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Jan. 2015 - M 7 E 15.136
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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragte am 12. Januar 2015 gegen 16:00 Uhr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 123 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, zur Gegendemonstration zu Ba.-Veranstaltungen der Antragstellerin aufzurufen, wie geschehen auf der Facebook-Internetseite Anlage 1.

Gleichzeitig erhob sie eine Klage (M 7 K 15.131) mit demselben Antrag. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin sei Initiatorin der für den 12. Januar 2015 angemeldeten Ba.-Demonstration in M., die um 18:30 Uhr an der Trambahnstation S.er Tor beginnen sollte. Dort solle bis 19:00 Uhr die Auftaktkundgebung stattfinden. Anschließend wollten die etwa 800 Demonstrationsteilnehmer entlang der Sonnenstraße zum Stachus ziehen, um dort von 19:45 bis ca. 21:00 Uhr eine Abschlusskundgebung durchzuführen. Seit dem 8. Januar 2015 rufe der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin auf seiner offiziellen Facebook-Seite zur Teilnahme an einer Gegendemonstration gegen die Pe./Ba.-Veranstaltung auf, die um 17:30 Uhr beginnen solle. Das Impressum zeige, dass er in seiner amtlichen Eigenschaft die Verantwortung übernehme. Derselbe Aufruf erscheine auf der Facebook-Internetseite der Antragsgegnerin, die auf die Facebook-Internetseite ihres Oberbürgermeisters Bezug nehme. Der Aufruf greife in unzulässiger Weise in grundgesetzlich geschützte Rechte der Antragstellerin (Art. 5, 8 und 2 Abs. 1 GG) ein, auf die sich die Antragstellerin als Partei berufen könne. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ergebe sich schon aus der Verletzung der den Gemeinden und ihren Organen auferlegten Neutralitätspflicht. In dem Aufruf werde mittelbar, pauschal und ohne tatsächliche Grundlage dargestellt, dass die von der Antragstellerin initiierte Ba.-Veranstaltung ein Platz für „Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei. Dies sei falsch und vorverurteilend, weil sich eine solche Feststellung aus der bloßen Veranstaltung gerade nicht ergebe. Auch werde unzutreffend der Eindruck erweckt, dass die Inhalte der Veranstaltung ausgewertet worden seien und die Hetze einen Grad erreicht habe, der eine offizielle Stellungnahme erforderlich mache. Vielmehr solle die Politik auf Problemfelder des Islam aufmerksam gemacht werden. Es entstehe jedoch der Eindruck, dass die Teilnahme an der Veranstaltung einem rechtsextremen Hintergrund zuzuordnen sei. Dies sei nicht der Fall, was der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin wisse. Er könne sich insoweit nicht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen. Die Verbreitung des Aufrufs solle die Antragstellerin daran hindern, ihre Veranstaltung überhaupt ordnungsgemäß durchführen zu können. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich aus der anstehenden Veranstaltung und dem Umstand, dass es der Antragstellerin unmöglich sei, falsch informierte Bürger noch mit den eigenen Argumenten zu erreichen. Gerade Kurzentschlossene könnten so im Internet auf den allgemein zugänglich Internetseiten des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin und der Antragsgegnerin selbst auf rechtswidrige Inhalte stoßen.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015

den Antrag abzulehnen,

und führte aus, es sei davon auszugehen, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin und nicht, wie in dem Antragsschriftsatz falsch bezeichnet, gegen ihren Oberbürgermeister richte. Andernfalls wäre der Eilantrag wegen fehlender Passivlegitimation unbegründet, soweit die zu unterlassenden Äußerungen des Oberbürgermeisters in seiner amtlichen Funktion abgegeben worden wären. Wären sie hingegen als private Äußerungen anzusehen, wäre der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Bei dem Aufruf des Oberbürgermeisters auf seinem Facebook-Profil, das mit „Dieter Re., Politiker“ bezeichnet sei, handele es sich nicht um amtliche Äußerungen, sondern um politische Äußerungen zu einem gesellschaftspolitischen Thema. Das politische Engagement und die Stellungnahme zu derartigen Themen seien einem Oberbürgermeister nicht versagt. Im Zweifel seien politische Äußerungen und Handlungen eines Amtsträgers vor dem Hintergrund seiner grundrechtlichen Freiheitsrechte als nicht amtlich einzustufen. Die Nennung der Amtsbezeichnung, die nach Art. 29 Abs. 1 Satz 2 KWBG auch außerhalb des Dienstes geführt werden dürfe, mache aus seinem Facebook-Profil kein offizielles Profil der Antragsgegnerin. Der Wortlaut des Aufrufs sei persönlich gehalten. Es befinde sich dort kein Wappen der Antragsgegnerin oder sonstige Symbole, die auf eine offizielle Verlautbarung der Antragsgegnerin schließen ließen. Auch das Impressum, das mittelbar auf die Adresse des Münchner Rathauses verweise, unter der der Oberbürgermeister erreichbar sei, vermittle den Äußerungen keinen amtlichen Charakter. Bei der Meldung über den Aufruf des Bündnisses für Toleranz (Anlage 3) handele es sich nicht um einen Aufruf der Antragsgegnerin, sondern um einen Auszug aus der Fanseite des Stadtportals für München, das von der Betreibergesellschaft Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG betrieben werde. Das offizielle Profil der Antragsgegnerin mit dem städtischen Logo sei unter einer anderen Internetanschrift zu finden. Der fragliche Eintrag verweise auf den Aufruf des Münchner Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat und auch auf die nicht in amtlicher Eigenschaft abgegebenen Äußerungen des Oberbürgermeisters. Eine Meldung über einen Aufruf stelle noch keinen Aufruf dar. Auch stelle der Aufruf des nicht städtischen Bündnisses, das ein breiter, nicht rechtsfähiger Zusammenschluss der Münchner Zivilgesellschaft sei, u. a. bestehend aus dem Oberbürgermeister, den Religionsgemeinschaften, den Gewerkschaften, den Jugendverbänden, den Universitäten, Wohlfahrtsverbänden und Sportvereinen, keine hoheitliche Äußerung der Antragsgegnerin zur Gegendemonstration dar. Alle Bündnisteilnehmer wären zwar unter ihrer Amtsbezeichnung, aber nicht als Vertreter der hinter ihnen stehenden Organisationen beteiligt. Doch selbst wenn der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin in seiner Eigenschaft als Leiter der städtischen Verwaltung zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufgerufen hätte, läge darin kein Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht, weil sich diese aus der Chancengleichheit der politischen Parteien ableite. Die Rechtsprechung habe Wahlwerbung, den Umgang mit politischen Parteien bzw. Sachverhalte zum Gegenstand, bei denen Informationen von Staatsorganen aus Anlass einer Wahl in Wahlkampfzeiten veröffentlicht worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Antragstellerin als „Partei“ ansehe. Auch bei den Organisationen Ba. oder Pe., die sich im Internet als parteifrei und ohne parteilichen Einfluss darstellten, handele es sich nicht um politische Parteien. Anlass für die Äußerung des Oberbürgermeisters sei eine Demonstration gewesen, die sich parteiübergreifend für Toleranz in der Münchner Stadtgesellschaft und gegen die Diskriminierung von Menschengruppen einsetze. Dieser Anlass entspreche denjenigen, bei denen die Rechtsprechung keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht angenommen habe. Es gebe keine generelle Pflicht einer Gemeinde zu politischer Neutralität außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Bezug zu Sachverhalten. Grenze sei hier allein das Sachlichkeitsgebot, das Werturteile und sprachliche Verknappungen nicht ausschließe und lediglich voraussetze, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben stehe und Werturteile auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerechten und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern fußten und weder auf sachfremden Erwägungen beruhten noch den sachlich gebotenen Rahmen überschritten. Weder die Äußerung auf dem Facebook-Profil des Oberbürgermeisters noch die Meldung auf der Fanpage verletzten das Sachlichkeitsgebot. Es habe sich um den Aufruf zu einer friedlichen Gegendemonstration und nicht zu einer Verhinderung der Versammlung von Ba. gehandelt. Die Aussage, dass in München „kein Platz für Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei, stelle ein zulässiges Werturteil dar. Die Einschätzung des Oberbürgermeisters werde vom Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin geteilt. Über einen rechtsextremen Hintergrund der Antragstellerin sei keine Aussage getroffen worden.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 stellten die Bevollmächtigten der Antragstellerin klar, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin richte. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Äußerungen des Oberbürgermeisters amtlichen Charakter hätten, sei ohne Bedeutung, ob das Facebook-Profil, auf dem weitere Aufrufe gestartet würden, der Antragsgegnerin direkt oder einer ihr zuzurechnenden Privatorganisation zuzuordnen seien. Für einen neutralen Beobachter sei der Oberbürgermeister in seiner amtlichen Eigenschaft und nicht als Privatperson aufgetreten. Bei der eigenen Facebook-Seite handele es sich um das Profil des Oberbürgermeisters. Dort werde ausdrücklich klargestellt, dass es sich um die Seite des „Politikers“ handele. Unter dem Info-Button würden Amt und Funktion dargestellt. Vor allem das Impressum mache deutlich, dass es sich um eine amtliche Verlautbarung handele. Inhaltlich verantwortlich im Sinne des Telemediengesetzes sei für die dort veröffentlichen Äußerungen der Oberbürgermeister in seiner Funktion und damit die Stadt München. Damit würden in rechtlich erheblicher Weise Risiken einschließlich Kosten- und Abmahnrisiken von der Antragsgegnerin übernommen. Zudem würden städtische Ressourcen zur Verfügung gestellt, um die Rechte und Pflichten des Oberbürgermeisters, die dieser mit seinen Veröffentlichungen eingehe, zu wahren. Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob sich die Parteien gerade im Wahlkampf befänden oder sich im Rahmen der politischen Willensbildung äußern würden. Das Neutralitätsgebot werde durch die im Aufruf enthaltenen Diffamierungen in jedem Falle verletzt. Soweit die Äußerungen Ba. beträfen, sei festzustellen, dass hier polemische Hetze betrieben werde, offensichtlich vor dem Hintergrund, dass es als politisch korrekt empfunden werde, alle islamkritischen Äußerungen pauschal zu be- bzw. abzuwerten. Der Oberbürgermeister trage als Mitglied des Bündnisses für Toleranz deren in Anlage 1 aufgeführten Äußerungen und Verunglimpfung der Antragstellerin mit und werbe separat für den Aufruf des Bündnisses. Die Diffamierung als Nazi stelle eine nicht mehr hinnehmbare Herabwürdigung dar.

Ein Vertreter der Antragsgegnerin erklärte gegenüber der Berichterstatterin am 16. Januar 2015 telefonisch, dass die Facebookseite des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin nicht ausschließbar von einem städtischen Bediensteten in dessen Büro mitbetreut werde. Ein erneuter Aufruf zu einer Gegendemonstration gegen die für Montag, den 19. Januar 2015, angemeldete Ba.-Versammlung sei nicht beabsichtigt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da es sich bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen dem Zivil- und dem Verwaltungsrechtsweg ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers - hier der Antragstellerin darstellt (vgl. BGH, U. v. 5. Februar 1993 - V ZR 62/91 - juris Rn. 10 m. w. N.). Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin, dass sie zukünftig Aufrufe zu Gegendemonstrationen gegen von ihr organisierte Ba.-Veranstaltungen der Art wie auf der Fanseite des Oberbürgermeisters bei Facebook am 8. Januar 2015 unterlässt. Soweit es um Äußerungen eines Hoheitsträgers geht, ist - ungeachtet der Anspruchsgrundlage für das Unterlassungsbegehren und des Inhalts der angegriffenen Äußerung - rechtswegentscheidend, ob die Äußerungen amtlichen Charakter haben bzw. in amtlicher Eigenschaft abgegeben worden sind und daher der Gemeinde zuzurechnen sind oder in keinem funktionalen Zusammenhang mit hoheitlicher Aufgabenerfüllung stehen (BGH, U. v. 28. Februar 1978 - VI ZR 246/76 - juris Rn. 12; BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92 - juris Rn. 107; HessVGH, B. v. 13. Juni 2012 - 8 E 1067/12 - juris Rn. 2 u. B. v. 14. Juni 2012 -8 E 1101/12 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 13. Oktober 2009 - 4 C 09.2145 - juris Rn. 9 u. B. v. 11. März 2013 - 4 C 13.400 - juris Rn. 3 f.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 83).

Auch wenn man in Rechnung stellt, dass beim Handeln eines Oberbürgermeisters eine strikte Trennung der amtlichen Sphäre von der des Parteipolitikers und der der politisch handelnden Privatperson kaum möglich ist (vgl. BVerfG, B. v. 16. Dezember 2014 - 2 BvE 2/14 - juris Rn. 54), dass es einem Amtsinhaber nicht verwehrt ist, am politischen Meinungskampf teilzunehmen (BVerfG, a. a. O., Rn. 50) und dabei auch auf sein Amt hinzuweisen (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92 - juris Rn. 107), ist der beanstandete Aufruf nach den Gesamtumständen dem amtlichen Bereich zuzuordnen. Er ist auf einer im Eingangsbereich mit einem Foto aus dem Münchner Rathaus hinterlegten Facebook-Seite erschienen, die der Selbstdarstellung des Oberbürgermeisters in ganz überwiegend amtlicher Funktion dient. Echte private Inhalte finden sich dort nicht. Wenn der Oberbürgermeister anlässlich der Festtage um den Jahreswechsel auf zwei Fotos mit seiner Ehefrau außerhalb der Amtsräume zu sehen ist, hält sich dies noch im Rahmen der üblichen Repräsentation eines Amtsträgers. Unter der Rubrik „Impressum“ befindet sich keine private Anschrift oder E-Mail-Adresse des Oberbürgermeisters, sondern lediglich ein Link auf eine mit dem Stadtwappen versehene Internetseite des offiziellen Stadtportals, das wiederum von einer ausschließlich in kommunaler Hand befindlichen GmbH & Co. KG betrieben wird. In dem in Bezug genommenen Impressum des offiziellen Stadtportals sind zwei amtliche E-Mail-Anschriften angegeben und als Verantwortliche ausschließlich Personen in amtlicher Eigenschaft benannt. Die Facebook-Seite wird vom Büro des Oberbürgermeisters zumindest mitbetreut. Der Aufruf ist somit unter Rückgriff auf die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen und unter Inanspruchnahme amtlicher Autorität erfolgt (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 55, 57).

Der Antrag ist statthaft, da einstweiliger Rechtsschutz gegen eine Verwaltungsmaßnahme ohne Verwaltungsaktscharakter wie den streitgegenständlichen Aufruf durch eine Sicherungsanordnung zu erreichen ist (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Erg. Lfg. 2014, § 123 Rn. 23). Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist im Wege der allgemeinen Leistungsklage in der Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage geltend zu machen (vgl. BVerwG, U. v. 11. Dezember 1996 - 6 C 5/95 - juris Rn. 59 f.), so dass ein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegt (§ 123 Abs. 5 VwGO).

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Im Hinblick auf das Ziel einstweiliger Anordnungen, grundsätzlich nur vorläufige Regelungen zu treffen, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn das Antragsbegehren - wie hier - auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt.

Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin den allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung geltend, der sowohl aus dem grundrechtlichen Abwehranspruch (BVerwG, U. v. 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 - juris Rn. 48), hier dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 5 und 8 GG, oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43/07 - juris Rn. 9 m. w. N.) abgeleitet wird. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt u. a. eine konkrete Wiederholungsgefahr voraus, d. h. die ernsthafte Besorgnis, dass die Antragsgegnerin künftig erneut durch hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre der Antragstellerin eingreifen wird (vgl. BVerwG, B. v. 29. April 1985 - 1 B 149/84 - juris Rn. 9; BayVGH, U. v. 2. Oktober 2012 - 10 BV 09.1860 - juris Rn. 27; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43 /07 - juris Rn. 10 m. w. N.; SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6). Dies kann insbesondere, muss aber nicht zwangsläufig dann angenommen werden, wenn - wie hier - schon ein entsprechender Eingriff stattgefunden hat (SächsOVG, a. a. O.). Vorliegend spricht gegen eine Wiederholungsgefahr, dass der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin zu der für heute geplanten Gegenveranstaltung zu der gleichzeitig stattfindenden Ba.-Veranstaltung keinen entsprechenden Aufruf verbreitet hat. Anlässlich der Ba.-Veranstaltung vom 12. Januar 2015 hatte er bereits am vorhergehenden Donnerstag, den 8. Januar 2015 zum Protest gegen die Veranstaltung der Antragstellerin aufgerufen. Dieses Mal war bis zu der telefonischen Nachfrage des Gerichts am Freitagnachmittag, den 16. Januar 2015 noch kein Aufruf erschienen, obwohl der Veranstalter der Gegendemonstration vom 12. Januar 2015 auch für Montag, den 19. Januar 2015 wieder eine Gegenveranstaltung organisiert. Die Antragsgegnerin hat ferner erklärt, dass ein Aufruf auch nicht beabsichtigt sei. Der beanstandete Aufruf des Oberbürgermeisters war nicht allgemeiner Art, sondern hatte eine ganz bestimmte Veranstaltung zum Gegenstand, mit der er sich durch Zeitablauf erledigt hat. Weder dem Aufruf selbst noch dem Bericht auf der verlinkten Seite des offiziellen Stadtportals ist zu entnehmen, dass er auch in Zukunft vergleichbare Aufrufe zu verbreiten beabsichtigt. Daher lässt sich allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung keine - von der Antragstellerin auch außergerichtlich nicht von ihr verlangte - Unterlassungserklärung abgegeben hat und einen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zum Ausdruck gebracht hat, eine Wiederholungsgefahr nicht mit hinreichender Sicherheit schließen.

Somit liegt im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auch keine Dringlichkeit für eine vorläufige Regelung mehr vor.

Darüber hinaus scheitert der Antrag auch daran, dass die Antragstellerin eine nur unter besonderen Voraussetzungen zulässige Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Eine gerichtliche Unterlassungsverpflichtung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes würde eine Entscheidung über das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs und damit die Hauptsache mit einem identischen Klageantrag inhaltlich vorwegnehmen. Dies ist nur zulässig, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 4 m. w. N.). Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden (BVerfG, B. v. 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 23). Vorliegend kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Hauptsache zugunsten der Antragstellerin ausgehen wird, nicht festgestellt werden. Das Gericht schließt sich insoweit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster (B. v. 12. Januar 2015 - 15 B 45/15 - juris Rn. 4) an, dass die Entscheidung die schwierige Frage nach der Geltung und Reichweite des für Amtswalter geltenden Neutralitätsgebots in politischen Auseinandersetzungen außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Beteiligung politischer Parteien aufwirft und die Zulässigkeit und Grenzen von staatlichen Aufrufen an die Bevölkerung zu Kundgebungen oder ähnlichen politischen Aktionen bislang in der verfassungsund verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt sind. Soweit die Antragstellerin sich in dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16. Januar 2015 gegen angeblich aus der Anlage 1 zitierte Verunglimpfungen wendet, liegen diese dem Gericht in den Anlagen zum Antragsschriftsatz nicht vor und sind aktuell auch nicht der Facebookseite des Oberbürgermeisters oder der Seite des offiziellen Stadtportals im Internet zu entnehmen. Im Übrigen ist die Unterlassung dieser Verunglimpfungen nicht Gegenstand des Eil- und Klageverfahrens.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die die Entscheidung in der

Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, von einem Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptverfahren anzunehmenden Streitwerts auszugehen ist.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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published on 12/01/2015 00:00

Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss unter gleichzeitiger Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des
published on 16/12/2014 00:00

Gründe A. 1 Gegenstand des Verfahrens ist eine Äußerung der Antrag
published on 08/09/2014 00:00

Tenor 1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. 2. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf E
published on 25/01/2008 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 10. April 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstands
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published on 12/05/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwe
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.