Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 5 E 16.728

published on 20/07/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Juli 2016 - M 5 E 16.728
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf € 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1966 geborene Antragsteller ist Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) und steht in den Diensten des Antragsgegners, ebenso der 1962 geborene Beigeladene. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene weisen in ihrer aktuellen periodischen Beurteilung zum Stichtag 31. Mai 2015 ein Gesamtprädikat von 14 Punkten auf. Im Einzelmerkmal „Arbeitsgüte“ erhielten beide 15 Punkte, in den Einzelmerkmalen „Eigeninitiative“, „Teamverhalten“ und „geistige Beweglichkeit“ jeweils 14 Punkte. Der Beigeladene weist im Einzelmerkmal „Fachkenntnisse“ mit 15 Punkten einen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller (14 Punkte) auf.

Mit Dienstposten-/Stellenausschreibung Nr. 15/16 vom 14. August 2015 schrieb der Antragsgegner unter anderem den Dienstposten als Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter der dritten Qualifikationsebene Strategisches Innovationszentrum im Sachgebiet ... (SIZ) - A 12/13 beim Bayerischen Landeskriminalamt aus. Den konkreten Stellenangeboten vorangestellt erfolgte zunächst eine allgemeine Ausschreibung mit einer Schilderung der Auswahlkriterien und des -verfahrens. Hiernach war unter anderem vorgesehen, dass bei der Stellenbesetzung in Angleichung an die Prüfreihenfolge der Auswahlkriterien im Beförderungsverfahren der Bayerischen Polizei an zweiter Stelle der Auswahlkriterien die inhaltliche Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilung anhand der für den zu besetzenden Dienstposten maßgeblichen doppelt gewichteten Einzelmerkmale stehe, an dritter Stelle dann der Rückgriff auf das Gesamturteil der Vorbeurteilung. Im Anschluss an diese Hinweise folgte eine Aufzählung der konkret zu besetzenden Stellen einschließlich kurzer Beschreibung. Unter Ziffer 11.4 wurde für den streitgegenständlichen Dienstposten beschrieben, welche Tätigkeiten umfasst sind. Hier wurde unter anderem darauf verwiesen, dass Projekte im Rahmen EU-weiter Programme zu betreuen und insofern gute Kenntnisse der englischen Sprache erforderlich seien.

Auf den Dienstposten bewarben sich u. a. der Antragsteller und der Beigeladene. Der mit Aktenvermerk vom 30. Oktober 2015 zunächst ausgewählte Beamte, der sich an der Spitze der Rangliste befand, zog seine Bewerbung zurück. Daraufhin wurde mit Aktenvermerk vom 14. Dezember 2015 eine neue Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen getroffen. Der Hauptpersonalrat stimmte dessen Bestellung mit Schreiben vom 13. Januar 2016 zu. Mit Bescheid vom 4. Februar 2016 informierte der Antragsgegner den Antragsteller darüber, dass seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können. Es sei vorgesehen, den Dienstposten dem Beigeladenen zu übertragen. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 17. Februar 2016 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Am 17. Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt:

Dem Antragsgegner wird untersagt, den Dienstposten Sachbearbeiter dritte Qualifikationsebene Strategisches Innovationszentrum im Sachgebiet ... - Strategisches Innovationszentrum (SIZ) - beim Bayerischen Landeskriminalamt zu besetzen, so lange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

Der Beigeladene habe keinen Bewerbervorsprung. Die Bewerberauswahl nach Maßgabe der für wesentlich befundenen Einzelmerkmale „Arbeitsgüte“, „Eigeninitiative“, „Teamverhalten“, „geistige Beweglichkeit“ und „Fachkenntnisse“ sei rechtswidrig, da sie nicht dem Anforderungsprofil der Bewerber unter Ziffer 11.4 der Stellenausschreibung entspräche. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsgegner die genannten Einzelmerkmale als wesentlich angesehen habe, jedoch nicht die Einzelmerkmale „Verhalten nach außen“ und „schriftliche Ausdrucksfähigkeit“. Diese Schwerpunktsetzung sei im Hinblick auf die ausgeschriebene Tätigkeit nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus seien bei der Entscheidung die jeweiligen Englischkenntnisse der Bewerber völlig unberücksichtigt geblieben. Die ausdrückliche Erwähnung im Anforderungsprofil beinhalte, dass der Dienstposten nur an solche Bewerber übertragen werden dürfe, die die erforderlichen guten Kenntnisse der englischen Sprache vorweisen können. Der Antragsteller verfüge über die erforderlichen Englischkenntnisse, der Beigeladene habe jedoch insoweit keinen Nachweis erbracht.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern, ... hat mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Nachdem Antragsteller und Beigeladener in ihrer aktuellen periodischen Beurteilung im selben Beurteilungszeitraum und in derselben Besoldungsgruppe einen Punktwert von 14 Punkten im Gesamturteil aufgewiesen hätten, sei im Rahmen einer Binnendifferenzierung auf die Einzelkriterien „Fachkenntnis“ und „Entscheidungsfreude“ abgestellt worden, welche laut Gesetz bei einer Sachbearbeiterfunktion in den Blick zunehmen seien. Daneben seien entsprechend der Anordnung IMS IC3-0371.0-71 vom 10. März 2016 die Einzelmerkmale „Arbeitsgüte“, „Eigeninitiative“, „Teamverhalten“, „geistige Beweglichkeit“ und „Fachkenntnisse“ heranzuziehen gewesen. Auch hier hätten beide einen Gleichstand aufgewiesen, abgesehen vom Einzelmerkmal „Fachkenntnisse“. Hier habe der Beigeladene einen Punkt mehr als der Antragsteller gehabt. Bei dem in der Stellenausschreibung angegebenen Text habe es sich nicht um ein Anforderungsprofil bzw. eine fachspezifische Ausschreibung gehandelt. Der Text habe lediglich dem Bewerberkreis eine erste Vorstellung von dem Aufgabengebiet vermitteln sollen, da es sich hierbei um ein Randgebiet handele, dessen Aufgabengebiet nicht jedem bekannt sei. Der Bezug auf gute Englischkenntnisse sollte nicht den Bewerberkreis eingrenzen. Durch die Stellenbeschreibung sei tatsächlich auch kein Bewerber von dem Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen worden. Es könne sich schon deshalb nicht um eine fachspezifische Anforderung handeln, da kein bestimmtes Leistungsniveau verlangt worden sei.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2016 wurde der ausgewählte Beamte zum Verfahren beigeladen. Dieser hat durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 9. Juni 2016 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zunächst sei eine Gegenüberstellung der Gesamturteile der Bewerber vorgenommen worden. Die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen seien vergleichbar. Aufgrund der identischen Gesamtnote habe der Antragsgegner rechtsfehlerfrei die benannten Einzelmerkmale herangezogen, wobei der Beigeladene in einem Merkmal besser bewertet gewesen sei. Somit sei der Antragsteller auf der zweiten Stufe der Auswahlkriterien ausgeschieden, so dass es auf die Frage der guten Englischkenntnisse bei leistungsgleichen Bewerbern in allen drei Stufen der festgelegten Auswahlkriterien nicht mehr angekommen sei. Aufgrund der Gestaltung der Stellenausschreibung folge zwingend, dass den Sprachkenntnissen neben der relevanten Beurteilung kein besonderes Gewicht beigemessen werde. Der Antragsgegner habe die Festlegung der dreistufigen Auswahlkriterien sämtlichen Stellenanzeigen vorangestellt und damit festgelegt, wie die Auswahl zwischen den Bewerbern erfolgen werde.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, da die vom Antragsteller angestrebte Stelle als Sachbearbeiter 3. QE Strategisches Innovationszentrum im Sachgebiet ... - Strategisches Innovationszentrum (SIZ) - (A 12/13) beim Bayerischen Landeskriminalamt ausweislich des Schreibens vom 4 Februar 2016 mit dem Beigeladenen besetzt werden soll. Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - NVwZ 2011, 358 und U. v. 25.8.1988 - 2 C 62/85 - NVwZ 1989, 158; VG München, B. v. 28.4.2014 - M 5 E 14.1466) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Stellenbesetzung mit dem Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.

3. Vom Antragsteller wurde jedoch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d. h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Der Bewerberauswahl dürfen nach Art. 33 Abs. 2 GG nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers ist im Rahmen einer Prognose auf die Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen (vgl. BVerfG, B. v. 24.7.2014 - 2 BvR 816/14 - NVwZ 2015, 523 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 15.4.2014 - 3 ZB 12.765 - juris Rn. 5). Soweit der Stellenbesetzung kein besonderes Anforderungsprofil zugrunde liegt, sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber um eine Beförderungsstelle in erster Linie anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen vorzunehmen, da sie den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Leistungsstand abbilden und somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen können, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - BayVBl 2003, 533; BayVGH, B. v. - 14.8.2014 - 3 CE 14.377 - juris Rn. 24).

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B. v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 25). Jedoch ist darauf zu achten, dass die bei dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind; dies ist in der Regel der Fall, wenn diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind (BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108).

4. Die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung ist, gemessen an diesen Grundsätzen, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller durfte bei der Stellenbesetzung gegenüber dem Beigeladenen unberücksichtigt bleiben.

a) In formaler Hinsicht entspricht das Verfahren den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen schriftlich niedergelegt werden müssen (BVerfG, B. v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris Rn. 20). Die maßgeblichen Auswahlerwägungen sind in den Auswahlvermerken vom 30. Oktober, 24. November und 14. Dezember 2015 niedergelegt. Die herangezogenen Tatsachen und die Ergebnisse sind dort, teilweise listenmäßig, unter Benennung der maßgebenden Vergleichskriterien nachvollziehbar festgehalten.

b) Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass die Auswahlentscheidung auf der Grundlage der zum Stichtag 31. Mai 2015 erstellten periodischen Beurteilungen getroffen wurde. Die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabes ist vorliegend aufgrund derselben Beurteilungszeiträume und desselben Beurteilungssystems gegeben. Wegen des Punktegleichstandes beim Gesamtprädikat der dienstlichen Beurteilung von Antragsteller und Beigeladenem im gleichen Statusamt war in einem zweiten Schritt im Rahmen der inneren Ausschöpfung der Beurteilungen auf bestimmte Einzelmerkmale abzustellen. Dies entspricht den Vorgaben aus Art. 16 Abs. 2 S. 1 LlbG sowie der Rechtsprechung (sog. Binnendifferenzierung, BVerwG U. v. 27.2.2003 - 1 C 16.02 - juris Rn. 13; BayVGH B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 115; B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2470 - juris Rn. 34). Dem Beigeladenen kam hier aufgrund der rechtmäßig ausgewählten Einzelmerkmale ein Bewerbervorsprung zu. Welche Merkmale heranzuziehen sind, legt der Dienstherr nicht von Fall zu Fall neu fest, sondern wird durch das Gesetz vorgeschrieben. Bei einer Sachbearbeiterfunktion, welche vorliegend ausgeschrieben war, sind das gemäß Art. 16 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 LlbG die Einzelmerkmale „Fachkenntnis“ und „Entscheidungsfreude“. Art. 16 Abs. 2 S. 4 LlbG erlaubt es den obersten Dienstbehörden darüber hinaus, für bestimmte Verwaltungsbereiche oder Aufgabenfelder aus den gemäß Art. 58 Abs. 3 und 6 Sätze 2 und 3 LlbG vorgesehenen Beurteilungskriterien weitere oder andere Kriterien festzulegen. Hiervon hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, ... mit IMS IC3-0371.0-71 vom 10. März 2016 Gebrauch gemacht. Darin wird festgelegt, dass mit Wirkung vom 1. Oktober 2015 für den Bereich der Bayerischen Polizei und des Landesamtes für Verfassungsschutz die Einzelmerkmale „Arbeitsgüte“, „Eigeninitiative, Selbstständigkeit“, „Teamverhalten“, „geistige Beweglichkeit“ und „Fachkenntnisse“ bei einer Bewerbung auf einen Dienstposten als Sachbearbeiter heranzuziehen sind.

c) Der Antragsgegner hat die Englischkenntnisse der Bewerber auch zu Recht außer Acht gelassen. Denn es handelt sich bei dem Hinweis auf notwendige Englischkenntnisse im Ausschreibungstext weder um ein konstitutives Anforderungsprofil, noch konnten diese als Hilfskriterien Berücksichtigung finden.

aa) Das konstitutive - oder auch spezifische, spezielle - Anforderungsprofil zeichnet sich dadurch aus, dass es für die Bestenauslese einen neuen, von den dienstlichen Beurteilungen jedenfalls vom Ausgangspunkt her abgekoppelten Maßstab enthält. Wer ein konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er auch besser dienstlich beurteilt sein. Den dienstlichen Beurteilungen kommt erst (wieder) Bedeutung zu, wenn im zweiten Schritt eine Auswahl unter mehreren, das konstitutive Anforderungsprofil erfüllenden Bewerbern zu treffen ist (BayVGH, B. v. 16.9.2011 - 3 CE 11.1132 - juris; B. v. vom 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565 m. w. N.; VG München, B. v. 28.1.2014 - M 5 E 13.5500 - juris Rn. 20). Ein konstitutives Anforderungsprofil liegt dann vor, wenn der Dienstherr im Rahmen seiner Organisationsbefugnis von den Bewerbern zwingend zu erfüllende Merkmale aufstellt, die dazu führen, dass der Bewerber, der das konstitutive Anforderungsprofil nicht erfüllt, nicht in einen Leistungsvergleich mit anderen Konkurrenten einbezogen wird. Ein konstitutives Anforderungsprofil ist dadurch charakterisiert, dass Anforderungsmerkmale zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unzweifelhaft festzustellen sind (vgl. BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - BayVBl 2013, 335; B. v. 25.5.2011, - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565; B. v. 13.3.2008 - 3 CE 08.53 - BayVBl 2009, 345; VGH BW, B. v. 7.12.2010 - 4 S 2057/10 - NVwZ-RR 2011, 290 m. w. N.). Stellt der Dienstherr besondere Anforderungen an den aktuell zu besetzenden Dienstposten im Sinn eines konstitutiven Anforderungsprofils auf, muss dies aufgrund der zur Wahrnehmung der Aufgaben auf diesem Posten zwingend erforderlichen besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten zu rechtfertigen sein (BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris Rn. 31 - ZBR 2013, 376).

bb) Durch den Satz „gute Kenntnisse der englischen Sprache sind insofern erforderlich“ im Ausschreibungstext wird kein konstitutives Anforderungsprofil aufgestellt. Spezielle Englischkenntnisse sind keine Voraussetzung für den ausgeschriebenen Dienstposten. Die Begründung des Antragsgegners, dies sei dem Randgebietscharakter und der Unbekanntheit des Tätigkeitsfeldes geschuldet, ist plausibel und nachvollziehbar. Der Hinweis auf gute Englischkenntnisse ist daher in diesem Zusammenhang lediglich als Beschreibung des Tätigkeitsfeldes zu sehen.

Dies wird bereits durch die Gestaltung der Stellenausschreibung deutlich. Denn das konkrete Auswahlverfahren und die Prüfreihenfolge der Auswahlkriterien wird durch den Text zu Beginn der Dienstposten-/Stellenausschreibung bestimmt bzw. erläutert. Es findet sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass bei den nachfolgend benannten Stellenangeboten von diesem Vorgehen abgewichen werden soll oder kann. Hierfür müsste bei der näheren Erläuterung der jeweiligen Dienstposten vielmehr ausdrücklich auf ein abweichendes Verfahren hingewiesen werden. Die streitgegenständliche Textpassage unter Ziffer 11.4 kann nicht als ein solcher Hinweis aufgefasst werden. Insbesondere ist durch die dortige Wortwahl gerade nicht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass spezielle Englischkenntnisse eine zwingende, das Bewerberfeld beschränkende Voraussetzung darstellen sollen. Dies wird erkennbar anhand eines Vergleichs mit anderen ausgeschriebenen Stellen, denn es ist - anders als beispielsweise bei dem unter Ziffer 11.7 ausgeschriebenen Dienstposten - gerade nicht die Rede von einer Einschränkung des Bewerberkreises. Bei der Stellenausschreibung unter Ziffer 11.7 wird deutlich gemacht, dass sich „ausschließlich“ Beamte mit einer bestimmten Qualifikation bewerben können. Eine solche Verengung des Bewerberkreises kann aus der streitgegenständlichen Stellenausschreibung nicht abgeleitet werden. Darüber hinaus erfolgt bei Ziffer 11.7 im Anschluss an die Einschränkung auch eine Festlegung, wie die Qualifikation konkret ausgestaltet sein soll. Daran fehlt es hier, denn es wird weder ein bestimmtes, vom Dienstherrn erwartetes sprachliches Leistungsniveau festgelegt, noch erläutert, wie ein möglicher Qualifikationsnachweis zu erbringen wäre. Letzteres ist gerade im sprachlichen Bereich bedeutsam, da es hier verschiedene Arten des Nachweises gibt, die nicht alle gleichermaßen anerkannt sind. Die geforderten Englischkenntnisse wurden auch nicht als konstitutives Anforderungsprofil gehandhabt. Denn aufgrund der Nichterfüllung dieses Kriteriums wurden keine Beamten aus dem Leistungsvergleich ausgeschieden.

cc) Schließlich wurden die Englischkenntnisse der Beamten zu Recht auch nicht als sogenanntes Hilfskriterium herangezogen. Da sich nach einem Vergleich der Einzelmerkmale ein Vorsprung des Beigeladenen ergab, waren keine weiteren Auswahlerwägungen anzustellen. Denn Hilfskriterien können allenfalls in die Auswahlentscheidung mit einfließen, wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und die Bewerber auch nach Auswertung der Einzelmerkmale und der Vorbeurteilung „im Wesentlichen gleich“ einzustufen sind (BVerwG, U. v. 27.2.2003 - 2 C 16/02 - juris). Vorliegend verblieb es aufgrund der teilweise unterschiedlichen Bewertung in den relevanten Einzelmerkmalen jedoch nicht bei einem Gleichstand. Die inhaltliche Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen ergab einen Vorsprung zugunsten des Beigeladenen. Der Heranziehung eines Hilfskriteriums bedurfte es daher nicht.

5. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind dem Antragsteller aufzuerlegen, da der beigeladene Beamte erfolgreich einen Antrag gestellt hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.