Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Feb. 2017 - M 5 E 16.4509

published on 07/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Feb. 2017 - M 5 E 16.4509
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Tenor

I. Dem Antragsgegner wird untersagt, den Beigeladenen zum Präsidenten des Finanzgerichts M … zu ernennen bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden wurde.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1956 geborene Antragsteller steht als Vizepräsident des Finanzgerichts M* … (Besoldungsgruppe R 3 mit Amtszulage) im Dienst des Antragsgegners. In einer dienstlichen Beurteilung anlässlich der Bewerbung um die Stelle des Präsidenten des Finanzgerichts M* … für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 erhielt er ein Gesamturteil von 16 Punkten.

Der 1964 geborene Beigeladene steht als Vizepräsident des Bayerischen Landesamtes für Steuern (Besoldungsgruppe B 4) ebenfalls im Dienst des Antragsgegners. In seiner dienstlichen Beurteilung, aus demselben Anlass gefertigt wie die des Antragstellers, erhielt er für den Beurteilungszeitraum 30. Januar 2013 bis 29. Januar 2016 ebenfalls ein Gesamturteil von 16 Punkten.

Mit einer Stellenausschreibung, die im Amtsblatt FMBl. Nr. 1/2016 veröffentlicht wurde, schrieb der Antragsgegner zum 1. August 2016 die Stelle der Präsidentin/ des Präsidenten des Finanzgerichts M … (Besoldungsgruppe R 6) aus. Die Stelle komme für Bewerberinnen und Bewerber in Betracht, die das Amt mindestens drei Jahre wahrnehmen könnten und sich durch profunde Steuerrechtskenntnisse auszeichneten. Bewerber sollten sich grundsätzlich entweder bei einem anderen als dem nunmehr für ihre Verwendung vorgesehenen Geschäfts- oder Aufgabenbereich der Bayerischen Staatsverwaltung oder in der Staatskanzlei, bei anderen Dienstherren, bei supranationalen Organisationen, als Mitarbeiter in parlamentarischen Gremien, anderen Verfassungsorganen, in der Privatwirtschaft bzw. bei Unternehmen mit Staatsbeteiligung oder bei wissenschaftlichen oder ähnlichen Einrichtungen bewährt haben. Auf diese Stellenausschreibung bewarben sich unter anderem der Antragsteller und der Beigeladene.

Mit Schreiben vom 16. Juni 2016 teilte der Antragsgegner dem Präsidialrat der Finanzgerichtsbarkeit mit, dass eine Übertragung der Stelle an den Beigeladenen beabsichtigt sei, und bat um Stellungnahme. Der Präsidialrat hat dem Besetzungsvorschlag des Bayerischen Staatsministeriums … (Finanzministerium) nicht zugestimmt, eine Aussprache mit dem Staatsminister jedoch nicht verlangt. Mit undatiertem Schreiben, Az. 22 - P 1400.5 - 5/7, schlug das Ministerium dem Bayerischen Ministerpräsidenten vor, die Stelle dem Beigeladenen zu übertragen. In dem Schreiben wurde der Werdegang des Beigeladenen ausführlich dargestellt, sowie die Konkurrentensituation einschließlich der Werdegänge der Mitbewerber. Alle Bewerbungen seien aufgrund der anlässlich der Stellenausschreibung erstellten Beurteilungen geeignet. Beim Beigeladenen, der das Amt der Besoldungsgruppe B 4 erreicht habe, werde jedoch bei gleicher Beurteilung von der höchsten Leistungsfähigkeit ausgegangen. Dem Schreiben waren die Lebensläufe der Bewerber beigefügt. Daraufhin beschloss der Ministerrat am 19. September 2016, dass der Beigeladene mit sofortiger Wirkung unter Berufung in das Richterverhältnis auf Lebenszeit zum Präsidenten des Finanzgerichts M* … ernannt werden solle. Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können. Es sei beabsichtigt, die Stelle dem Beigeladenen zu übertragen.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 Widerspruch ein. Über diesen ist - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2016, bei Gericht eingegangen am 5. Oktober 2016, hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und zuletzt beantragt,

dem Antragsgegner bis zur Bestandskraft/ Rechtskraft einer Entscheidung über den Widerspruch und ggf. über eine Klage (Abschluss des Hauptsacheverfahrens) mit der Folge einer erneuten Auswahlentscheidung über die Bewerbung des Antragstellers zu untersagen, die Stelle des Präsidenten des Finanzgerichts M* … mit dem Beigeladenen zu besetzen,

hilfsweise, dem Antragsgegner vorläufig bis zu einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu untersagen, die Stelle des Präsidenten des Finanzgerichts M* … mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Das Anforderungsprofil sei fehlerhaft, da es keine richterliche Vorerfahrung der Bewerber voraussetze. Es sei seit Jahrzehnten gebräuchlich gewesen, einem Präsidenten aus der Richterschaft einen Präsidenten aus der Beamtenschaft folgen zu lassen. Bereits im Vorfeld habe daher festgestanden, dass dieses Mal ein Präsident aus der Beamtenschaft an der Reihe sei. Aus diesem Grund sei der Antragsteller von vornherein nicht ernsthaft in die Auswahlentscheidung einbezogen gewesen. Das vom Beigeladenen erreichte Amt der Besoldungsgruppe B 4 sei nicht höher zu bewerten als das des Antragstellers, da es ein Amt der Besoldungsgruppe R 4 in der bayerischen Finanzgerichtsbarkeit nicht gebe.

Demgegenüber hat das Bayerische Staatsministerium … mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Behauptung, dass aufgrund einer angeblichen jahrzehntelangen, alternierenden Besetzungspraxis beim streitgegenständlichen Besetzungsverfahren kein Richter an der Reihe gewesen sei, sei unzutreffend. Man habe die Stelle bewusst ausgeschrieben, um im Wege der Bestenauslese den am besten geeigneten Bewerber ermitteln zu können. Wie der Antragsgegner seine Stellen zuschneide, welchen Maßstab er für die Bewerber aufstelle und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben als erforderlich ansehe, falle in das weite Organisationsermessen des Dienstherrn.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 wurde der ausgewählte Beamte zum Verfahren beigeladen. Dieser hat sich im Verfahren weder geäußert noch einen Antrag gestellt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat Erfolg. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, da die vom Antragsteller angestrebte Stelle des Präsidenten des Finanzgerichts M* … ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 19. September 2016 dem Beigeladenen übertragen werden soll. Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - NVwZ 2011, 358 und U.v. 25.8.1988 - 2 C 62/85 - NVwZ 1989, 158; VG München, B.v. 28.4.2014 - M 5 E 14.1466) ist mit der endgültigen anderweitigen Übertragung einer Stelle und Ernennung des Konkurrenten das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Stellenbesetzung mit dem Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.

Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Konkurrentenstreitverfahren war dem Antragsgegner die Ernennung des Beigeladenen zu untersagen. Die neuere Rechtsprechung (BVerwG, B.v. 1.5.2016 - 2 VR 2/15 - NVwZ 2016, 1650, juris Rn. 32 f.; dem ausdrücklich folgend: BayVGH, B.v. 12.10.2016 - 3 CE 16.1188 - juris Rn. 29), die eine vorläufige Stellenbesetzung - ohne Beförderung bzw. Ernennung - während des laufenden Konkurrentenstreits mit einem Mitbewerber zulässt, ist auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Denn für die Wahrnehmung des umstrittenen Amtes des Präsidenten des Finanzgerichts muss der Beigeladene zuvor zum Richter auf Lebenszeit ernannt werden. Eine Aufgabenwahrnehmung ohne Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist daher im vorliegenden Fall nicht möglich. Daher war der Antrag nach § 88 VwGO entsprechend sachdienlich auszulegen.

3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller grundsätzlich nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746 und vom B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194).

Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 - 2 C 28/85 - juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746).

Der Dienstherr bestimmt primär im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen (Anforderungsprofil) der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (BVerwG B.v. 25.10.2011 - 2 VR 4.11 - juris Rn. 27 ff.; BayVGH B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 76 ff.; B.v. 28.5.2015 - 3 CE 15.727 - juris Rn. 29). Soweit der Stellenbesetzung kein besonderes Anforderungsprofil zu Grunde liegt, sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen. Denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch BayVGH, B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris; VG München, B.v. 26.10.2012 - M 5 E 12.3882 - juris; B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris).

4. Die Auswahlentscheidung entspricht nicht den dargestellten rechtlichen Maßstäben.

a) Die maßgeblichen Auswahlerwägungen sind vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen. Durch ein Nachschieben der Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren wäre der gerichtliche Rechtsschutz des Betroffenen unzumutbar erschwert (BVerfG B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZBR 2008, 169; BayVGH, B.v. 6.11.2007 - 3 CE 07.2163 - juris Rn. 36). Die maßgeblichen Auswahlkriterien sind im undatierten Schreiben an den Bayerischen Ministerpräsidenten, Az. 22 - P 1400.5 - 5/7, das in Verbindung mit der Zustimmung des Ministerrats am 19. September 2016 als Auswahlvermerk zu verstehen ist, genannt. Die in diesem Schreiben sowie ergänzend den vorgelegten Behördenakten angegebenen Gründe begründen nicht hinreichend einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen vor dem rechtlichen Hintergrund des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips der Bestenauslese.

Der Antragsgegner hat im Kern seiner Auswahlentscheidung den Beigeladenen als leistungsstärker als den Antragsteller eingestuft. Er hat diese Einstufung vorgenommen, weil er davon ausgegangen ist, dass das der Bewertung des Beigeladenen zugrunde liegende Statusamt B 4 ohne weiteres als höherwertiger einzustufen ist als das vom Antragsteller innegehabte Statusamt R 3 mit Amtszulage.

Der so vorgenommene Leistungsvergleich trägt die getroffene Auswahlentscheidung nicht hinreichend, da maßgebliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt wurden.

b) Vergleicht man das Statusamt des Beigeladenen (B 4) mit dem des Antragstellers (R 3 mit Amtszulage), so kann nicht automatisch eine höhere Leistungsfähigkeit des Beigeladenen angenommen werden. Vorliegend kann nicht schematisch davon ausgegangen werden, dass bei formal gleicher Bewertung der Bewerber im höheren Statusamt grundsätzlich leistungsfähiger ist als derjenige im niedrigeren Statusamt (BVerfG, B.v. 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691, 693 - juris für Bewerber in den Statusämtern R 3 mit Amtszulage und R 4). Die Beurteilung der Beamten ist eine Bewertung ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Vergleich zu den anderen Beamten derselben Laufbahn- und Besoldungsgruppe (Art. 58 Abs. 2 LlbG). Dieser Grundsatz lässt sich jedoch nicht schematisch anwenden. Daher ist bei Beurteilungen in verschiedenen Statusämtern zu prüfen, ob sie nicht als „gleichwertig“ angesehen werden können (vgl. BVerfG, B.v. 20.3.2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691 ff., juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 6.11.2007 - 3 CE 07.2163 - juris Rn. 34). Das muss erst recht bei dem Vergleich der Beurteilung eines Richters mit der eines Beamten gelten.

So besteht nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine entsprechende Vergleichbarkeit zwischen einem Amt der Besoldungsgruppe R 2 und der Besoldungsgruppe A 16 (B.v. 28.5.2015 - 3 CE 15.727 - juris Rn. 37). Zwar sprechen für eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Besoldungsordnungen B und R die jeweiligen Besoldungstabellen, da hier ein Gleichklang in der Besoldungshöhe erkennbar ist. Beginnend ab den jeweiligen Besoldungsgruppen R 3/B 3 stimmt die Besoldung bis hin zu den Besoldungsgruppen R 9/B 9 betragsmäßig überein. Gleichwohl ist im streitgegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass der Antragsteller aufgrund der laufbahnrechtlichen Struktur in seinem Tätigkeitsbereich kein höherwertiges Statusamt erreichen kann. Denn nach der Besoldungsordnung ist in der bayerischen Finanzgerichtsbarkeit kein Statusamt R 4 ausgebracht. Beruht die statusrechtliche - formale - Besserstellung des ausgewählten Beamten jedoch auf solchen äußeren, strukturellen Gründen, verbietet sich eine schematische Betrachtung, wie sie der Antragsgegner vorliegend angestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 20.3.2007 - 2 BvR 2470/06 - juris Rn. 19 - höher bewertetes Richteramt aufgrund einer höheren Zahl an Richtern und Planstellen nicht allein ausschlaggebend).

Im vorliegenden Fall ist der schematische Schluss auf bessere Leistungen des Beigeladenen insbesondere deshalb bedenklich, weil die jeweils innegehabten Statusämter unterschiedlichen Besoldungsgruppen zuzuordnen sind und Bezugspunkt des Leistungsvergleichs anhand der dienstlichen Beurteilungen die Anforderungen des zu vergebenden Amtes ist. Beide Ämter stehen nicht in einer Beförderungshierarchie zueinander. Im Rahmen des Leistungsvergleichs ist prognostisch zu beurteilen, welcher Bewerber aufgrund seiner im bisher innegehabten Amt erbrachten Leistungen die Anforderungen des erstrebten Amtes voraussichtlich am besten erfüllen wird. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seine Leistungen in dem Amt erbracht hat, das nach dem Aufbau der Finanzgerichtsbarkeit dem zu vergebenden Amt eines Präsidenten des Finanzgerichts am nächsten steht (ein in R 4 eingewertetes Amt existiert in der Finanzgerichtsbarkeit nicht). Dieser Umstand wurde seitens des Antragsgegners nicht einbezogen.

Weiterhin ist zu bedenken, dass der Antragsteller aufgrund der Amtszulage betragsmäßig nur noch geringfügig hinter der Besoldungsgruppe B 4 des Beigeladenen zurückbleibt. Bei einem Vergleich der Strukturen fällt darüber hinaus auf, dass sowohl Antragsteller als auch Beigeladener mit dem Amt des Vizepräsidenten die jeweils nächste Position nach dem Präsidenten des Finanzgerichts bzw. des Landesamtes für Steuern innehaben. In der Finanzgerichtsbarkeit befinden sich zwischen dem Posten des Vizepräsidenten und dem des Präsidenten zwei Statusämter (Besoldungsgruppe R 4 und R 5), ebenso wie zwischen dem Posten des Vizepräsidenten und des Präsidenten (Besoldungsgruppe B 7) des Landesamtes für Steuern (B 5 und B 6). Auch in dieser Hinsicht drängen sich Zweifel auf, ob hier ohne weiteres von einem höherwertigen Amt des Beigeladenen ausgegangen werden kann, oder ob nicht vielmehr ein Gleichstand angenommen werden muss. Dies bedarf in jedem Fall einer eingehenden Erörterung. Das gilt umso mehr, als sich vorliegend zwei Konkurrenten in herausgehobener Funktion gegenüberstehen, die sich um eine Leitungsposition bewerben.

c) Selbst einen Gleichstand zwischen Antragsteller und Beigeladenem unterstellt, könnten die sich hieran anschließenden Erwägungen im Auswahlvermerk für eine notwendige Binnendifferenzierung das Auswahlergebnis nicht tragen. Denn der Antragsgegner hat keinen detaillierten Leistungsvergleich zwischen Antragsteller und Beigeladenem vorgenommen.

Sowohl die Beurteilung für den Beigeladenen wie für den Antragsteller sprechen den Konkurrenten das höchste Leistungsniveau zu. Eine Differenzierung zwischen beiden Bewerbern hinsichtlich der als ausschlaggebend erachteten Einzelmerkmale ist nicht erfolgt. Aus den Beurteilungen allein erschließt sich nicht, dass der Antragsteller hierbei als leistungsschwächer gegenüber dem Beigeladenen einzustufen wäre.

So wird im Auswahlvermerk nicht angesprochen, welche Auswirkungen sich bei einer Binnendifferenzierung aufgrund der Fließtextbeurteilung des Antragstellers ohne punktemäßige Bewertung von Einzelmerkmalen ergeben, da die Beurteilung des Beigeladenen im Gegensatz hierzu mit Punktwerten angegebene Einzelmerkmale ausweist. Der Auswahlvermerk stellt für den Beigeladenen jedoch auf bestimmte Einzelmerkmale ab, „Entscheidungsfreude“, „Fachkenntnisse“ sowie „schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit“. Es erschließt sich aus dem Text nicht, aus welchem Grund gerade diese Einzelmerkmale als bedeutsam ausgewählt wurden.

Zudem bedürfte es im Rahmen der Binnendifferenzierung bei der vorliegenden, außergewöhnlichen Situation der Konkurrenz zweier Spitzenkräfte einer intensiveren Begründung, aus welchen Umständen ein Leistungsvorsprung für einen Verwaltungsbeamten, der über keinerlei richterliche Erfahrung verfügt, gegenüber einem Richter mit umfangreicher Vorerfahrung im Bereich der Rechtsprechung zuerkannt werden kann. Während sich der Antragsteller bereits auf einem vergleichbaren Dienstposten bewährt hat, wäre für den Beigeladenen ein Wechsel von der Exekutivgewalt zur Judikative erforderlich. Insoweit hat der Antragsgegner seine Auswahlerwägungen nicht hinreichend an dem sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungsprofil für das Amt des Präsidenten des Finanzgerichts ausgerichtet. Nach § 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit § 21 f Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) obliegt dem Präsident des Finanzgerichts mit den Vorsitzenden Richtern der Vorsitz in den Spruchkörpern und darüber hinaus die Wahrnehmung von Aufgaben der Gerichtsführung, -verwaltung und -repräsentation. Im Rahmen der Bewertung der Eignung beider Bewerber für den Vorsitz in einem Spruchkörper ist auf Seiten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass dieser hier langjährige Erfahrungen gesammelt hat und die insofern gezeigten Leistungen in seiner dienstlichen Beurteilung bestmöglich bewertet wurden. Auf Seiten des Beigeladenen ist zu berücksichtigen, dass dieser keinerlei richterliche Erfahrung vorzuweisen hat. Dass die vom Antragsgegner herangezogenen herausragenden Leistungen des Beigeladenen in seinen bisher innegehabten Ämtern in gleicher Weise wie beim Antragsteller - der seine Fähigkeiten bereits unter Beweis gestellt hat - Spitzenleistungen als Vorsitzender eines Spruchkörpers erwarten lassen, wurde vom Antragsgegner nicht dargelegt.

Gleiches gilt für die Aufgaben der Gerichtsführung, -verwaltung und -repräsentation, bei denen der Antragsteller als ständiger Vertreter des bisherigen Amtsinhabers ebenfalls bereits Spitzenleistungen erbracht hat.

c) Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Antragsteller bei einem fehlerfrei durchgeführten Auswahlverfahren erfolgreich gewesen wäre. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen. In dieser Situation ist es dem Gericht nicht möglich, zu prognostizieren, mit welchem Ergebnis ein fehlerfrei durchgeführtes Auswahlverfahren ausgehen wird (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 24.3.2016 - 3 CE 16.290 - juris Rn. 32 ff.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat dieser selbst zu tragen, da er weder einen eigenen Antrag gestellt noch das Verfahren in sonstiger Hinsicht gefördert hat. Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Beförderungsstelle im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, wird nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) mit dem vollen Auffangstreitwert von 5.000 € bemessen (BayVGH, B.v. 16.4.2013 - 3 CE 09.596 - juris).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Für die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.