Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Aug. 2015 - M 3 S 15.50616
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der am ... geborene Antragsteller ist malischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am
Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller am
Mit Blick auf die obigen Angaben und Treffern der Kategorie 1 und 2 bezüglich Ungarns im Eurodac-Fingerabdrucksystem wandte sich das Bundesamt am
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom ... Juli 2015, eingegangen am 2. Juli 2015, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, trotz der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs stehe nicht fest, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn durchgeführt werden könne. Zudem sei nach den vorliegenden Erkenntnismitteln und aufgrund der erheblich gestiegenen Flüchtlingszahlen von systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-Verordnung in Ungarn auszugehen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Eilantrag bleibt ohne Erfolg, weil er unbegründet ist.
Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylVfG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides, da nach vorläufiger Prüfung derzeit davon auszugehen ist, dass der angefochtene Bescheid sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a i. V. m. § 27a AsylVfG sind nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Überprüfung gegeben. Danach ist Ungarn aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers rechtmäßig nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich dabei vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Nach den hiernach maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO ist Ungarn und nicht Griechenland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Zwar hat sich der Antragsteller nach seinen Angaben einen Monat in Griechenland aufgehalten, doch verbietet sich eine Überstellung des Klägers dorthin aufgrund der dort weiterhin vorliegenden systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen (vgl. EUGH U. v. 21.12.2011 - C-411/10 sowie Entscheiderbrief 1/2015, wonach der Bundesinnenminister Überstellungen nach Griechenland mit Erlass vom
Mit dieser Übernahmeerklärung steht grundsätzlich auch fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann.
Eine Überstellung an Ungarn als den grundsätzlich zuständigen Mitgliedstaat (vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin-III-VO) hat auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO zu unterbleiben. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Ungarn infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wäre:
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist aus derzeitiger Sicht - jedenfalls soweit es sich nicht um besonders schutzbedürftige Personen wie Familien mit kleinen Kindern handelt - nicht davon auszugehen, dass Asylantragsteller in Ungarn aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
Insbesondere hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner
„(…) Abgesehen davon gehen sowohl das Verwaltungsgericht Berlin (B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - Asylmagazin 2015, 80 = juris) wie das Verwaltungsgericht München (B. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris) nicht von einem systemischen Verstoß gegen Art. 4 EU-Grundrechtscharta aus, wie in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bestimmt ist. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-VO festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta“) zugrunde gelegt haben (vgl. auch OVG SH, B. v. 13.4.2015 - 2 LA 39/15 - juris). Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die Dublin II-VO verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10
In gleicher Zielrichtung argumentiert das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein (vgl. Beschl. v. 13.04.2015 - 2 LA 39/15, Rn. 3 bei juris):
„(…) Abgesehen davon erlaubt auch nach Auffassung des VG Berlin (Beschluss vom 15. Januar 2015 a. a. O., juris Rn. 8) die Auskunftslage nicht die Feststellung systemischer Mängel aufgrund unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen in Ungarn; das VG Stuttgart (Beschluss vom 19. Februar 2015 a. a. O. juris Rn. 9) sieht es als offen an, ob die Asylhaftpraxis in Ungarn gegen Art. 6 EuGrCh verstößt. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-Verordnung festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta“) zugrunde gelegt haben. Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die vorangehende Dublin-II-Verordnung verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C - 411/10 u. a.).“
Auch der EGMR (U. v. 3.7.2014 - 71932/12) geht - sowie andere deutsche Verwaltungsgerichte (z. B. VG Würzburg, B. v. 06.07.2015 - W 6 S 15.50224; VG Augsburg B. v. 17.06.2015 - Au 5 S 15.50317; VG Düsseldorf B. v. 05.06.2015 - 13 L 1253/15.A, VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014 - RN 6RN 6 K 14.50089; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021; VG München, B. v. 17. 5. 2015 - M 9 S 15.50457; VG München, B. v. 9.4.2015 - M 18 S 15.50119; VG München, B. v. 25.2.2015 - M 7 S7 15.50165; VG München, B. v. 13.4.2015 - M 2 S 15.50210) - davon aus, dass keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr stattfindet, Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen sind und insgesamt gesehen Verbesserungen festgestellt werden können.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers rechtfertigen könnten.
2. Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen würden, sind vom Antragsteller weder geltend gemacht noch ersichtlich.
3. Der Abschiebung des Antragstellers stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427).
Der Antrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Aug. 2015 - M 3 S 15.50616
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Aug. 2015 - M 3 S 15.50616
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Aug. 2015 - M 3 S 15.50616 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2015 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen.
II.
- Schreiben des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A (abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF);
- Bericht des HHC (Hungarian Helsinki Committee) zur Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn (Stand: Mai 2014; ebenfalls abrufbar in MILO);
- Ungarn-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database), der ebenfalls vom HHC geschrieben und vom European Council on Refugees and Exiles (EDRE) veröffentlicht worden ist (Stand: 30.4.2014; abrufbar unter:
http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).
- Schreiben des UNHCR vom 30. September 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Schreiben von PRO ASYL vom 31. Oktober 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);
- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);
- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG München im Verfahren M 10 K 14.50126 (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Report des Beauftragten des Europarats für Menschenrechte vom 16. Dezember 2014 (dort Rn. 148-166; abrufbar unter:
https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH(2014)21&Language=lanEnglish ).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2015 wird aufgehoben.
Tatbestand
den Bescheid des BAMF vom ... Januar 2015 aufzuheben,
die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, höchsthilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
Gründe
(…) Die Feststellungen des EGMR in der Tarakhel-Entscheidung zu den tatsächlichen Verhältnissen in Italien (Rn. 37 ff, 106 ff) und seine Schlussfolgerung daraus (a. a. O., Rn. 115) sind seinen weiteren Ausführungen zu der Situation der Beschwerdeführer in dem von ihm konkret entschiedenen Fall einer Familie mit mehreren Kindern (Rn. 120 ff) vorgelagert. Sie beziehen sich - erkennbar - auf die Situation des dortigen Asylsystems insgesamt und betreffen damit alle Asylbewerber in Italien. Auch das BVerfG hat seine Aussage zu den Kapazitätsengpässen im asylrechtlichen Unterbringungssystem in Italien in tatsächlicher Hinsicht gerade nicht auf die Situation von Familien mit kleinen Kindern beschränkt (BVerfG, Beschl. vom 17.09.2014, 2 BvR 732/14, juris Rn. 15).
Tenor
1. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D. S. aus L. bewilligt.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 2312/15.A gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 08.04.2015 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Gründe
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 2312/15.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 08.04.2015 anzuordnen,
4ist als Antrag nach § 34a Abs. 2 S. 1 AsylVfG i.V.m. § 80 Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO zulässig und begründet.
5Die gebotene Abwägung des Interesses der Antragsteller, vorerst von einer Abschiebung nach Ungarn verschont zu bleiben, mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der in dem Bescheid allein verfügten Abschiebungsanordnung fällt zugunsten der Antragsteller aus.
6Zwar kann im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG) bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung nicht mit hinreichender Gewissheit festgestellt werden, ob die Anordnung der Abschiebung wegen systemischer Schwachstellen im ungarischen Asylsystem im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der sog. Dublin-III-Verordnung rechtswidrig ist. Denn es handelt sich dabei um eine in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht komplexe und schwierige Frage, deren abschließende Beantwortung dem Verfahren der Hauptsache vorbehalten bleiben muss.
7Allerdings gibt es nach derzeitigem Erkenntnisstand hierfür zumindest erhebliche Anhaltspunkte. Heranzuziehen sind dabei diejenigen Umstände, die auf die Situation der Antragsteller zutreffen, vorliegend also die Situation einer (achtköpfigen) Familie mit minderjährigen Kindern (geboren in den Jahren 2001 bis 2014), die vor ihrer Ausreise aus Ungarn dort bereits einen ersten Asylantrag gestellt hat und nunmehr im Rahmen des sog. Dublin-Systems überstellt werden soll.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 – 1 A 21/12 -, juris, Rn. 130.
9Maßgeblich ist insoweit das in Ungarn seit dem 01.07.2013 gültige Asylrechtssystem, das umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern (sog. asylum detention) vorsieht. Nach dem Erkenntnisstand des beschließenden Gerichts wird von der gesetzlich vorgesehenen Inhaftierungsmöglichkeit bei Dublin-Rückkehrern nahezu flächendeckend und ohne eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung Gebrauch gemacht.
10Siehe UNHCR, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 30.09.2014 zum Verfahren 13 K 501/14.A, zu Frage 3, S. 2, abrufbar unter http://www.frnrw.de/index.php/inhaltliche-themen/eu-fluechtlingspolitik/dublin-iii/item/3952-unhcr-stellungnahme-zur-inhaftierung-von-dublin-rueckkehrern-in-ungarn sowie in der Datenbank MILO des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge; Pro Asyl, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 30.10.2014 zum gleichen Verfahren, zu Frage 3.b), S. 2, abrufbar in MILO.
11Von dieser Praxis sind nach neuesten Erkenntnissen, anders als offenbar früher, auch Familien betroffen. Die Inhaftierung von Familien mit Kindern ist nach ungarischem Recht für bis zu 30 Tage möglich und von dieser Möglichkeit wird seit September 2014 verstärkt bzw. – nach Angaben des UNHCR – routinemäßig und ohne Einzelfallprüfung Gebrauch gemacht.
12Vgl. die Stellungnahme des UNHCR gegenüber dem ungarischen Innenministerium vom 07.01.2015 “UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration, asylum-related and other legal acts for the purpose of legal harmonization”, S. 16, abrufbar unter http://www.unhcr-centraleurope.org/pdf/resources/legal-documents/unhcrs-views-on-central-europes-national-asylum-laws/unhcr-comments-and-recommendations-to-draft-legal-amendments.html; Pro Asyl, a.a.O., zu den Fragen 2.a), S. 1, 3.b), S. 2, 5.c), S. 4; Asylum Information Database (Aida), Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, S. 9; ferner schon Aida, „update on detention of families” vom 04.11.2014, beide abrufbar über die Seite www.asylumineurope.org.
13Auch Angaben des Auswärtigen Amts lässt sich entnehmen, dass Familien mit Kindern in Haft genommen werden.
14Vgl. Auskunft an das VG Düsseldorf vom 19.11.2014 zum Verfahren 13 K 501/14.A, zu den Fragen 2.b), S. 2, 5.i) und k), S. 4, abrufbar in MILO.
15Zudem bestehen nach den Erkenntnissen des Gerichts Defizite bei den Haftbedingungen wie unzureichende hygienische Verhältnisse. Ferner werden die Betroffenen außerhalb der Hafteinrichtungen, etwa auf dem Weg zum Krankenhaus oder zur Post, offenbar in Handschellen und an einer Leine geführt. Das Sicherheitspersonal ist bewaffnet und Sozialarbeiter werden im Regelfall von bewaffneten Wärtern begleitet.
16Vgl. UNHCR, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 30.09.2014, a.a.O., zu Frage 5.a), S. 3; Pro Asyl, a.a.O., zu Frage 5.j), S. 6; Auswärtiges Amt, a.a.O., zu den Fragen 5. g) bis f) , S. 3 f.
17Hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass sich die Haftbedingungen bei der Inhaftierung von Kindern davon maßgeblich unterscheiden und den spezifischen Bedürfnissen Minderjähriger gerecht würden, liegen dem Gericht nicht vor.
18Angesichts dieser das ungarische Asylsystem prägenden Umstände liegt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR der Schluss nahe, dass die Inhaftierung minderjähriger Kinder zu einem Verstoß gegen Art. 3 EMRK führen würde und folglich systemische Schwachstellen bestehen. Denn die Betroffenen haben insbesondere aufgrund ihres Alters, ihrer Abhängigkeit und ihres Status als Asylsuchende spezielle Bedürfnisse, denen Rechnung getragen werden muss.
19Vgl. das Urteil des EGMR vom 19.01.2012 – Nrn. 39472/07 und 39474/07 – in der Sache Popov/Frankreich, in dem eine 15-tägige Inhaftierung von Kleinkindern in Frankreich angesichts der Haftbedingungen (Polizeipräsenz, Angst vor Abschiebung, Spannungen unter den Insassen, kein kindgerechtes Mobiliar) als Verstoß gegen Art. 3 EMRK bewertet wurde.
20Schon deswegen überwiegt im vorliegenden Verfahren im Hinblick auf die minderjährigen Antragsteller zu 3. bis 8. das Aussetzungsinteresse. Diese Bewertung erstreckt sich zugleich auf deren Eltern, die Antragsteller zu 1. und 2. Denn eine Trennung der Familieneinheit wäre gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO und gemessen an dem in Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verbürgten Schutz der Familie unzulässig. Ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist bei der Prüfung einer auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG beruhenden Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen, weil die Norm ausdrücklich bestimmt, dass das Bundesamt die Abschiebung anordnet, „sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann“, und damit nicht nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse erfasst.
21OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.05.2012 – 13 MC 22/12 –, juris, Rn. 27, unter Bezugnahme auf OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2011 – 18 B 1060/11 –, juris; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hg.), Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Loseblattsammlung, Bd. II, § 34a, Rn. 20 ff.
22Hinzu kommt, dass nicht nur hinsichtlich des Verfahrens der Haftanordnung, sondern auch bezüglich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Haftanordnung Anhaltspunkte für eine grundrechtsverletzende, insbesondere willkürliche und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Inhaftierungspraxis bestehen.
23Vgl. Aida, Country Report Hungary, a.a.O., S. 9.; Stellungnahme des UNHCR gegenüber dem ungarischen Innenministerium, a.a.O., S. 14 f.; Auskunft des UNHCR an das VG Düsseldorf vom 30.09.2014 a.a.O., zu Frage 4, S. 2, und zu Frage 11, S. 6 ff; Pro Asyl, a.a.O., zu Frage 9, S. 8, und zu Frage 11, S. 9 f.
24Auch vor diesem Hintergrund schließt sich das Gericht der zur Situation in Ungarn seit der Rechtsänderung vom 01.07.2013 auf der Grundlage der jüngeren Erkenntnisse ergangenen Rechtsprechung an
25– vgl. etwa VG Bremen, Beschluss vom 01.04.2015 – 3 V 145/15 –; VG München, Beschlüsse vom 20.02.2015 – M 24 S 15.50091 – und vom 04.02.2015 – M 23 S 15.50049 –; VG Stuttgart, Beschluss vom 10.02.2015 – A 13 K 444/15 –; VG Hannover, Beschluss vom 05.02.2015 – 6 B 13190/14 –; VG Berlin, Beschluss vom 23.01.2015 – 23 L 717.14 A –; alle abrufbar in juris –,
26nach der ernst zu nehmende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asyl- und Aufnahmeverfahren in Ungarn systemische Schwachstellen aufweist mit der Folge, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes das Aussetzungsinteresse der Antragsteller gegenüber dem Abschiebungsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt.
27Angesichts dessen ist den Antragstellern gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2015 wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen.
II.
- Schreiben des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A (abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF);
- Bericht des HHC (Hungarian Helsinki Committee) zur Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn (Stand: Mai 2014; ebenfalls abrufbar in MILO);
- Ungarn-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database), der ebenfalls vom HHC geschrieben und vom European Council on Refugees and Exiles (EDRE) veröffentlicht worden ist (Stand: 30.4.2014; abrufbar unter:
http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).
- Schreiben des UNHCR vom 30. September 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Schreiben von PRO ASYL vom 31. Oktober 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);
- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);
- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG München im Verfahren M 10 K 14.50126 (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Report des Beauftragten des Europarats für Menschenrechte vom 16. Dezember 2014 (dort Rn. 148-166; abrufbar unter:
https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH(2014)21&Language=lanEnglish ).
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichter - vom 18. Februar 2015 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht vorliegt.
- 2
Die Darlegung der Grundsatzbedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte und für die Berufungsentscheidung erhebliche Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; außerdem muss angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind die konkrete Frage, ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre Klärungsfähigkeit und ihre allgemeine Bedeutung (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG).
- 3
Nach diesen Maßstäben fehlt es bereits an der Formulierung einer klärungsbedürftigen Frage. Aber selbst wenn man annähme, der Kläger wollte unter Verweis auf einen Beschluss des VG Stuttgart vom 10. Februar 2015 - A 11 K 387/14 - und einen Beschluss des VG Berlin vom 15. Januar 2015 - 23 L 899/14 - sinngemäß die Frage geklärt wissen, ob das Asyl- und Aufnahmeverfahren in Ungarn mit systemischen Mängeln behaftet ist, entspricht die Begründung seines Zulassungsantrages nicht den Darlegungserfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG. Mit dem Hinweis auf abweichende Entscheidungen einzelner erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wird kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. September 2014 - 13 A 1347/14.A - juris Rn. 21). Abgesehen davon erlaubt auch nach Auffassung des VG Berlin (Beschluss vom 15. Januar 2015 a.a.O., juris Rn. 8) die Auskunftslage nicht die Feststellung systemischer Mängel aufgrund unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen in Ungarn; das VG Stuttgart (Beschluss vom 19. Februar 2015 a.a.O. juris Rn. 9) sieht es als offen an, ob die Asylhaftpraxis in Ungarn gegen Art. 6 EuGrCh verstößt. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin-III-Verordnung festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta") zugrundegelegt haben. Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die vorangehende Dublin-II-Verordnung verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C - 411/10 u. a. - juris Rn. 82).
- 4
Die weitere sinngemäß aufgeworfene Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland in seinem Einzelfall aufgrund außergewöhnlicher humanitärer Gründe in seinem Fall ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ausüben müsste, ist schon nicht von fallübergreifender Bedeutung. Zudem ist diese Frage nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt. Dieser hat zum Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (- C-394/12 - Abdullahi -, NVwZ 2014, 208, juris; Rn. 57) zur Vorgängervorschrift in der Dublin-II- Verordnung ausgeführt, dass Art. 3 Abs. 2 (sogenannte Souveränitätsklausel) und Art. 15 Abs. 1 (humanitäre Klausel) der Dublin-II-Verordnung die Prärogativen der Mitgliedstaaten wahren sollen, das Recht auf Asylgewährung unabhängig von dem Mitgliedstaat auszuüben, der nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien für die Prüfung eines Antrags zuständig ist. Diese Ausführungen stellen in seiner Entscheidung ein Begründungselement dar für die Verneinung eines subjektiven Rechts eines Asylantragstellers auf Einhaltung der Zuständigkeitsvorschriften der Dublin-II-Verordnung. Die Kläger hat nach dieser Rechtsprechung keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 7. April 2015 - 2 LA 33/15 - mwN).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG; Gründe für eine Abweichung (§ 30 Abs. 2 RVG) sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.
- 6
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
- 7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
I.
Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt,
a) dass vor der Durchführung der Abschiebung des Antragstellers nach U. eine Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamtes unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen, insbesondere der „Aufenthaltsbescheinigung“ des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin L. a. M. vom 25. Juni 2015, eingeholt wird, die bestätigt, dass von medizinischer Seite keine Einwände bestehen, den Antragsteller angesichts seiner psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden Bedürfnisse sowie der praktischen Behandlungsmöglichkeiten in U. nach U. zu überstellen, und gegebenenfalls welche Vorkehrungen dabei zu beachten sind;
b) dass - soweit eine Überstellung ärztlicherseits nach Buchstabe a) möglich ist - die ungarischen Behörden vor bzw. bei der Durchführung der Abschiebung des Antragstellers nach U. - unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Erkenntnisse - über dessen psychische Erkrankung sowie die erforderliche Weiterbehandlung und Medikation informiert werden und auch die sonstigen notwendigen Vorkehrungen getroffen werden (z. B. Versorgung mit ausreichenden Medikamenten), um eine seinen Bedürfnissen entsprechende nahtlose Weiterbehandlung in U. sicherzustellen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird sowohl für das vorliegende Verfahren als auch für das Klageverfahren W 6 K 15.50223 abgelehnt.
Gründe
I.
1. Der Antragsteller, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am
Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Mit Bescheid vom
2. Am
a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
b) Dem Kläger wird auch für das Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage Prozesskostenhilfe bewilligt.
Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen, in U. bestünden systemische Mängel sowohl im Asylsystem als auch bei den Aufnahmebedingungen. Unter Verweis auf verschiedene Unterlagen ließ der Antragsteller weiter ausführen, dass es bei Asylsuchenden in U. zu systematischen Inhaftierungen komme. Im Rahmen der Inhaftierung ergäben sich menschenwidrige Bedingungen. Dem Antragsteller drohe mit zumindest hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Inhaftierung. Wirksame Rechtschutzmöglichkeiten hiergegen bestünden nicht. Hinzu komme, dass der Antragsteller an erheblichen psychischen Problemen leide, die zum einen eine engmaschige ambulante nervenärztliche Begleitung und Behandlung notwendig machten. Der Antragsteller sei aufgrund dieser Erkrankung derzeit reiseunfähig. Auf eine in der Anlage beigefügte Aufenthaltsbescheinigung des Nervenkrankenhauses L. vom 25. Juni 2015 werde verwiesen. Der Antragsteller könne in U. eine entsprechende Behandlung nicht erhalten bzw. eine solche könne nicht nahtlos fortgesetzt werden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 6 K 15.50223) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag ist unbegründet, weil kein Ausnahmefall vorliegt, der eine Aussetzung der Abschiebung gebietet. Denn der streitgegenständliche Bescheid der Antragsgegnerin ist nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Privatinteresse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.
Bei U. handelt es sich um einen sicheren Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG. U. ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§ 27a AsylVfG). U. hat sich auch gemäß den Regelungen der Dublin III-VO bereit erklärt, den Antragsteller zu übernehmen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.
2. Die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin, insbesondere durch die Begründung eines Selbsteintritts (vgl. Art. 3 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO), ist nicht ersichtlich.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf ein Asylbewerber nur dann nicht an den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedsstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat aufgrund systemischer Mängel, d. h. regelhaft, so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen kann ein Asylbewerber eine Überstellung im Dublin-Verfahren entgegentreten. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und hat im Einklang damit die Annahme systemischer Mängel an hohe Hürden geknüpft. Im Hinblick auf die Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel im Einzelfall zu einer unmenschliche oder erniedrigenden Behandlung kommen kann (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - Buchholz 402.25, § 27a AsylVfG Nr. 2;
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, das in U. systemische Mängel (Schwachstellen) des Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen herrschen. Dies hat das Verwaltungsgericht Würzburg - wie auch dem Bevollmächtigten des Antragstellers bekannt ist - wiederholt so entschieden (vgl. insbesondere VG Würzburg, Be.
Das Vorbringen des Antragstellers unter Bezugnahme auf (teilweise) neue Erkenntnismittel und neue Rechtsprechung rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden und auch von Antragstellerseite zitierten Berichten dargestellten Missstände, insbesondere zur Inhaftierungspraxis in U.. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in U. explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach U. zu überstellen. Das Fehlen einer generellen Empfehlung des UNHCR, von einer Überstellung nach U. abzusehen, kommt besondere Bedeutung zu, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Drittstaat, der nach den Kriterien der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U. v. 30.5.2013 - C 528/11 - ABl. EU 2013 Nr. C 225, 12 - NVwZ-RR 2013, 660).
Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in U., insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierten Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis in U. nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält. Das Gericht schließt sich vielmehr der gegenteiligen Rechtsauffassung an (vgl. neben der von der Antragsgegnerin bereits zitierten Rechtsprechung insbesondere VG München, B. v. 20.5.2015 - M 1 S 14.50568, M 1 K 14.50567 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 11.5.2015 - 22 L 1329/15.A - juris;
Nach dieser Rechtsprechung, auf die Bezug genommen wird, und unter Berücksichtigung der auch von Antragstellerseite angesprochenen Quellen ist - nach Überzeugung des Gerichts aufgrund nochmaliger Prüfung - festzustellen, dass die Inhaftierungsvorschriften in U. und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel belegen. Die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen den Vorgaben des Europäischen Rechts. Konkret ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn Dublin-Rückkehrer regelmäßig, jedoch nicht ausnahmslos, inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen legalen Haftgrund (wie insbesondere Fluchtgefahr) annehmen. Die Inhaftierung ist nicht Folge der Stellung des Asylantrags, sondern ist Folge der Umstände, die das individuelle Verhalten des Antragstellers vor und bei der Antragstellung kennzeichnen. Weiterhin ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnissen, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System am Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt. Des Weiteren ist ein Rechtsschutzsystem in U. gesetzlich installiert. Aus der geringen Erfolgsquote der Rechtsbehelfe in U. kann, nicht ohne Weiteres gefolgert werden, dass das ungarische Verfahren insoweit die europäischen Asylstandards generell nicht erfüllt. Ebenso wenig kann das Gericht den aktuellen Auskünften entnehmen, dass die Haftbedingungen in U. systemisch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer bewirken, vielmehr werden insbesondere die elementaren Bedürfnisse befriedigt. Sofern in den Berichten auf einzelne Fälle Bezug genommen wird, ist nicht erkennbar, dass diese Fälle unterschiedslos verallgemeinerungsfähig sind. Des Weiteren ist anzumerken, dass sich die ungarische Regierung auftretenden Problemen in der Vergangenheit nicht verschlossen hat, sondern durchaus konstruktiv an Verbesserungen gearbeitet hat und arbeitet.
Zusammenfassend ist auch unter Berücksichtigung der vorliegenden neuen Erkenntnisse festzuhalten dass - solange keine systemischen Mängel in U. nach Überzeugung des Gerichts belegt sind - weiterhin davon auszugehen ist, dass auch für U. die Vermutung besteht, dass Asylsuchende - abgesehen von Ausnahmen in Einzelfällen - in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechtskonvention behandelt werden. Selbst wenn dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach U. gemäß den dortigen Vorschriften eine Inhaftierung zeitweilig drohen sollte, reicht dies nicht zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts aus, die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens gründende Vermutung zu widerlegen, dass die jeweiligen Mitgliedsstaaten (hier U.) die geltenden rechtlichen Vorgaben einhalten.
3. Weiter sind in der Person des Antragstellers - unter Berücksichtigung der im Tenor ausgesprochenen Maßgaben - keine Gründe ersichtlich, die den streitgegenständlichen Bescheid rechtswidrig machen bzw. eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung gebieten, um von einer Überstellung des Antragstellers nach U. abzusehen. Daran ändert insbesondere nichts die vorgelegte „Aufenthaltsbescheinigung“ des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin L. a. M. vom 25. Juni 2015. Dort ist nur in einem Satz ausgeführt, dass sich der Antragsteller wegen schwerer depressiver Episode sowie Verdachts auf eine posttraumatische Belastungsstörung mittlerweile in stationärer Behandlung befinde. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellerbevollmächtigten ist der Bescheinigung nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller zurzeit reiseunfähig wäre bzw. aus medizinischen Gründen nicht auch in U. (weiter) behandelt werden könnte. Insbesondere im Hinblick auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) fehlt es an der hinreichenden erforderlichen Substanziierung (vgl. nur BVerwG, B. v. 26.11.2014 - 1 B 25.14 - juris).
Aber selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehen wollte, dass aufgrund der Schwere der Erkrankung, die nunmehr eine zeitweise vollstationäre Aufnahme erforderlich gemacht habe, vorübergehend eine aktuelle Reiseunfähigkeit besteht, ist festzuhalten, dass bis zum Ablauf der Überstellungsfrist (12.12.2015) mehrere Monate blieben, um die Reiseunfähigkeit zu beheben. Ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis, das von der Antragsgegnerin beachtet wird (jedenfalls infolge der vom Gericht aufgestellten Maßgaben), ist unschädlich, da und so lange nicht feststeht, dass eine Abschiebung innerhalb der Rücküberstellungsfrist generell rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Für eine aktuelle bevorstehende Abschiebung trotz - unterstellt - bestehender Reiseunfähigkeit fehlen jegliche Anhaltspunkte.
Im Hinblick auf das Grundrecht des Antragstellers auf körperliche Unversehrtheit ist seinem Anliegen im vorliegenden Fall durch die aufgestellte Maßgabe hinreichend Rechnung getragen. Danach ist eine Abschiebung nur unter Wahrung der gesundheitlichen Belange des Antragstellers möglich. Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass die Antragsgegnerin ohnehin von sich aus veranlasst, dass vor Durchführung einer Überstellung nicht nur mögliche Vollstreckungshindernisse (wie insbesondere die Reisefähigkeit) überprüft und eventuell erforderliche Vorkehrungen getroffen werden, sondern dass auch alle relevanten Informationen - gegebenenfalls auch über besondere Bedürfnisse (einschließlich einer eventuell notwendigen medizinischen Versorgung) - an den Aufnahmestaat übermittelt werden, wie dies in Art. 31 und 32 der Dublin III-Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist. Ohnehin ist es Sache der mit dem Vollzug der Abschiebung betrauten Behörden, eventuellen Gesundheitsgefahren bei der Abschiebung angemessen zu begegnen, etwa durch die entsprechende Gestaltung der Abschiebung und Information des aufnehmenden Staates (vgl. schon VG Würzburg, U. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris sowie BayVGH, B. v. 30.9.2003 - 10 CE 03.2581 - BayVBl. 2004, 87
Mit den tenorierten Maßgaben wird des Weiteren auch gewährleistet, dass der Antragsteller bei einer Überstellung nach U. nahtlos eine Behandlung seiner psychischen Erkrankung erhält. Nach den vorliegenden Erkenntnissen hat der Antragsteller in U. unter Beachtung dieser Vorkehrungen Zugang zu der erforderlichen medizinischen Versorgung. Die notwendige medizinische Versorgung ist in U. für Asylbewerber gewährleistet. Die Gesundheitsversorgung umfasst die psychologische Betreuung und die psychotherapeutische Behandlung auch im Hinblick auf eine mögliche posttraumatische Belastungsstörung. Für psychisch Kranke gibt es gesonderte Behandlungszentren (siehe schon VG Würzburg, U. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris mit weiteren Nachweisen). Das Auswärtige Amt führt zur Frage der Versorgung behandlungsbedürftiger Asylbewerber während und nach der Überstellung nach U. aus, dass dann, wenn der überstellende Mitgliedstaat die ungarischen Behörden vorab unterrichtet, dass der Zurückzuführende behandlungsbedürftig ist, die Dublin-Koordinationseinheit die übernehmenden ungarischen Behörden unterrichten werde, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die zurückzuführende Person ärztlicherseits in Empfang zu nehmen, damit sie auch in der Folge die notwendige Behandlung und Aufsicht erfährt (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 19.11.2014 an das VG Düsseldorf, S. 5). Damit wird jedenfalls einer wesentlichen Verschlimmerung der Krankheit bei einer Überstellung nach U. hinreichend vorgebeugt. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Behandlung die gleiche Qualität wie in Deutschland hat (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, U. v. 29.4.2015 - W 1 K 14.30139 - juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.4.2015 - 18a L 453/15.A;
Schließlich steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Einstweilige Anordnung v. 30.4.2015 - 2 BvR 746/15
Nach alledem ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG abzulehnen.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowohl für das vorliegende Verfahren als auch für das Klageverfahren W 6 K 15.50223 abzulehnen war (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 2. April 2015 bei Gericht gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 2511/15.A gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. März 2015 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Absatz 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
5Die im summarischen Eilverfahren gebotene Abwägung des öffentlichen Interesses der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung mit dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragsteller fällt zu Lasten der Antragsteller aus, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Er ist weder in formeller (I.) noch in materieller Hinsicht (II.) zu beanstanden.
6I. Entgegen der Ansicht der Antragsteller, ist der angegriffene Bescheid in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
71. Das Bundesamt war für den Erlass des Bescheides zuständig. Dies folgt aus § 5 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG, wonach über Asylanträge das Bundesamt entscheidet. Aus § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG ergibt sich unmittelbar, dass auch die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG, wie sie hier in Rede steht, eine solche Entscheidung über den Asylantrag darstellt. Ferner bestimmt § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG, dass das Bundesamt in seinem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnet. Die sich hieraus ergebende Zuständigkeit des Bundesamtes wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in der auf § 88 Absatz 1 AsylVfG beruhenden Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsverordnung vom 2. April 2008 (AsylZBV) die Zuständigkeit des Bundesamtes für die Ausführung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), keine Erwähnung findet. Die Vorschriften der AsylZBV lassen die bereits kraft Gesetzes bestehende Zuständigkeit des Bundesamtes für Entscheidungen nach § 27a AsylVfG unberührt. Sie regeln lediglich nähere Einzelheiten im Zusammenhang mit der Übermittlung von Auf- und Wiederaufnahmeersuchen an die anderen Mitgliedstaaten sowie die Festlegung der Modalitäten der Überstellung (§ 2 Absatz 1 Nr. 1 AsylZBV), der Entscheidung über Auf- und Wiederaufnahmeersuchen der anderen Staaten sowie die Festlegung der Modalitäten der Überstellung (Nr. 2 der Vorschrift) und den Informationsaustausch sowie die notwendigen Mitteilungen an die betroffenen Drittstaatsangehörigen (Nr. 3) und erklären hierfür ebenfalls die Zuständigkeit des Bundesamtes. Inwiefern sich an dieser Rechtslage durch das Inkrafttreten der Dublin III-VO etwas geändert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
8VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 13 L 2565/14.A –, juris, Rn. 5.
92. Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, sie seien entgegen Artikel 4 Dublin III-VO nicht über die Anwendung der Dublin-Verordnung informiert worden, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Zwar entspricht das von der Antragsgegnerin verwendete Merkblatt über das Dublin-Verfahren nicht dem ausführlicheren Merkblatt, das die EU-Kommission in Anlage X ihrer „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist“ vorgesehen hat. Der wesentliche Inhalt des Dublin-Verfahrens wird den Antragstellern aber durch das vom Bundesamt verwendete Merkblatt und die weiteren den Antragstellern gegebenen Informationen ausreichend näher gebracht. Insofern liegt nach Auffassung des Gerichts bereits kein Verfahrensfehler vor. Aus Artikel 4 Absatz 3 Dublin III-VO folgt insbesondere nicht, dass das Merkblatt der EU-Kommission zur Unterrichtung im Dublin-Verfahren für die Durchführung des Verfahrens von wesentlicher Bedeutung ist. Deshalb spricht auch einiges dafür, dass nach den allgemeinen, in § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen ein diesbezüglicher Verfahrensfehler jedenfalls unbeachtlich wäre. Nach § 46 VwVfG darf ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil sie unter Verletzung von Verfahrens-, Form oder Zuständigkeitsbestimmungen zustande gekommen ist, wenn offensichtlich eine gleichlautende Entscheidung zu treffen wäre.
10VG Schwerin, Beschluss vom 17. März 2015 – 3 B 687/15 As –, juris, Rn. 9.
11Anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH) zum harmless error principle. Danach führen wesentliche Verfahrensfehler (vgl. Artikel 263 Absatz 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) zur Aufhebung der entsprechenden Verwaltungsentscheidung, wenn sie geeignet sind, sich auf die inhaltliche Entscheidung auszuwirken und deshalb ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fehler und der Verwaltungsentscheidung besteht.
12Vgl. ausführlich zum Verhältnis von §§ 45, 46 VwVfG zu den vom EuGH entwickelten Verfahrensprinzipien, Kahl, VerwArch 95 (2004), 1 (22 ff.) m. umfassenden Nachweisen; ferner Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rn. 85a m. § 45 Rn. 158 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 46 Rn. 5a je m.w.N.
13Aus einer fehlenden oder unzureichenden Information zum Verfahren nach der Dublin III-VO kann nicht zwingend geschlossen werden, dass der Fehler für die spätere Entscheidung kausal gewesen ist. Das Informationsrecht nach Artikel 4 Dublin III-VO zielt darauf ab, die Antragsteller über ihre Rechte zu informieren, damit sie diese wahren können. Der maßgebende Sachverhalt wird aber erst in der persönlichen Anhörung nach Artikel 5 Dublin III-VO bzw. § 25 AsylVfG geklärt, worauf auch Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO verweist.
14VG Schwerin, Beschluss vom 17. März 2015 – 3 B 687/15 As –, juris, Rn. 11.
153. Schließlich ist der streitgegenständliche Bescheid auch nicht aufgrund einer unzureichenden Begründung rechtswidrig. Gemäß § 31 Absatz 1 Satz 2 AsylVfG sind Entscheidungen des Bundesamtes über Asylanträge schriftlich zu begründen. In der Begründung sind gemäß § 39 Absatz 1 Satz 2 VwVfG die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Diesen Anforderungen genügt die Begründung des angegriffenen Bescheides. Die Antragsgegnerin ist auf alle für ihre Entscheidung maßgeblichen Gründe eingegangen. In dem letzten Absatz von Ziffer 1 des Bescheides gibt die Antragsgegnerin die in Artikel 29 Dublin III-VO enthaltene Regelung zur Überstellungsfrist wieder. Der Beginn und das voraussichtliche Ende der Überstellungsfrist lassen sich daher ohne Weiteres aus der Mitteilung des Zeitpunkts, in dem die ungarischen Behörden das Übernahmeersuchen angenommen haben, bestimmen. Ob die Überstellungsfrist regulär nach sechs Monaten endet, oder ob sich die Überstellungsfrist nach Artikel 29 Absatz 2 Satz 2 Dublin III-VO auf ein Jahr bzw. achtzehn Monate verlängert, steht im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ohnehin noch nicht fest.
16II. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Antragsteller zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil Ungarn für dessen Prüfung zuständig ist. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
17Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn grundsätzlich der für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständige Mitgliedstaat ist (1.). Auch steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Überstellung der Antragsteller nach Ungarn durchgeführt werden kann; das ungarische Asylverfahren insbesondere nicht an systemischen Mängeln leidet und auch keine Abschiebungshindernisse vorliegen (2.).
181. Nach den Vorschriften der Dublin III-VO ist Ungarn der zuständige Staat für die Prüfung dieser Asylanträge.
19Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 Absatz 1 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Antragsteller haben sich ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 6. Februar 2015 vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Ungarn aufgehalten. Auf das Übernahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland vom 12. Februar 2015 erklärten die ungarischen Behörden unter dem 18. März 2015, und damit innerhalb der nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von 2 Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller und sich zu ihrer Wiederaufnahme bereit. Ungarn ist daher gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO grundsätzlich verpflichtet, die Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
20Lediglich vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass sich die Antragsteller auf einen etwaigen Verstoß gegen diese Fristenregelung auch nicht berufen könnten, da die Vorschrift ihnen kein subjektives Recht einräumt.
21Vgl. hierzu ausführlich Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014– 13 K 8286/13.A –, juris.
22Den Antragsteller bleibt es unbenommen, sich freiwillig bei den zuständigen Behörden in Italien zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Dies betreffend regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, die ausweislich der der Dublin III-VO vorangestellten Erwägungen (Nr. 24) entsprechend anwendbar ist, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
23Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
24Hat es der Asylbewerber folglich selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu der von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen.
252. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Ungarns eine Verpflichtung der Antragsgegnerin begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, die Antragsteller nach Ungarn abzuschieben.
26Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin‑Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Artikel 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
27vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, Rn. 60, 62 und Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 57 f.; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7.
28Die Antragsgegnerin ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO zugunsten der Antragsteller – gehindert, diese nach Ungarn zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen (vgl. Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO). Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
30der Fall wäre, liegen nicht vor.
31Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A und 13 K 445/14.A –, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
32Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
34Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta implizieren,
35EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 86.
36Eine Widerlegung der Vermutung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Das Gericht muss sich vielmehr die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 6 m.w.N.
38Bei der Bewertung der in Ungarn anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation der Antragsteller zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Antragstellers auswirken (können),
39vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12 –, juris, Rn. 130.
40Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehren zu betrachten, die wie die Antragsteller vor der Ausreise aus Ungarn dort noch keinen ersten Asylantrag gestellt haben.
41Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort,
42vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C 411/10 et. al. –, juris, Rn. 90 ff.
43Letzteren Informationen kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu. Dies entspricht der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, wobei letztere bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist,
44vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C 528/11 –, juris, Rn. 44.
45Für die Frage, ob in Ungarn „systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung vorliegen, kommen dabei allerdings vorliegend von vorne herein nur solche Auskünfte und Berichte der genannten Organisationen in Betracht, die sich mit der Sach- und Rechtslage in Ungarn seit dem 1. Juli 2013 befassen. Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2013, insbesondere ab dem 1. Januar 2013, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte davon auszugehen, dass die in den Jahren bis 2012 festgestellten Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen durch zwischenzeitliche weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen, insbesondere die vorübergehende Abschaffung der Inhaftierungsmöglichkeiten für Asylbewerber mit Wirkung zum 1. Januar 2013, entfallen sind,
46vgl. EGMR, Urteil vom 6. Juni 2013 – 2283/12 –, juris, Rn. 105, Mohammed gegen Österreich, in Auszügen veröffentlicht unter asyl.net.
47Zum 1. Juli 2013 wurde das Asylsystem Ungarns allerdings erneut verändert. Insbesondere wurden erneut umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern, sog. asylum detention – eine durch die für das Asylverfahren zuständige Behörde angeordnete Verwaltungshaft – in das Asylrecht aufgenommen.
48Der EGMR, dessen Rechtsprechung auf der Ebene des (nationalen) Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes dienen kann,
49vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 –, juris, Rn. 32,
50und dessen Rechtsprechung maßgeblich für die Auslegung der Menschenrechte der EMRK ist, hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 das Vorliegen systemischer Mängel in Ungarn unter Berücksichtigung der veränderten Rechtslage verneint. Zur Begründung führte er aus:
51„The country reports showed that there is still a practice of detaining asylum-seekers, and that so-called asylum detention is also applicable to Dublin returnees. The grounds for detention are vaguely formulated, and there is no legal remedy against asylum detention. However, the reports also showed that there is no systematic detention of asylum-seekers anymore, and that alternatives to detention are now provided for by law. The maximum period of detention has been limited to six months. Turning to the conditions of detention, it is noted that while there are still reports of shortcomings in the detention system, from an overall view there seem to have been improvements.
52Moreover, the Court notes that the UNHCR never issued a position paper requesting EU member States to refrain from transferring asylum‑seekers to Hungary under the Dublin II or Dublin III Regulation (compare the situation relating to Greece discussed in M.S.S. v. Belgium and Greece, cited above, § 195, and the UNHCR recommendation of 2 January 2013 to halt transfers to Bulgaria).
53Under those circumstances and as regards the possible detention of the applicant and the related complaints, the Court concludes that in view of the recent reports cited above, the applicant would currently not be at a real and individual risk of being subjected to treatment in violation of Article 3 of the Convention upon a transfer to Hungary under the Dublin Regulation.”
54EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 –, Mohammadi gegen Österreich, Rn. 68 bis 70.
55Soweit der EGMR mit Urteil vom 10. März 2015 (14097/12, 45135/12, 73712/12, 34001/13, 44055/13, 64586/13) Ungarn wegen der Überfüllung seiner Gefängnisse zu einer Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 3.400 bis 26.000 Euro verurteilt hat, weicht er nicht von seiner vorstehend genannten Entscheidung ab. Denn der EGMR hat sich in dieser Entscheidung mit den Haftbedingungen in Strafhaftanstalten beschäftigt. Hingegen erfolgt die Inhaftierung von Asylbewerbern – wie noch weiter ausgeführt werden wird – in getrennten Haftanstalten, in denen keine vergleichbaren Verhältnisse herrschen.
56Auch das erkennende Gericht vermag nach Auswertung der im vorliegenden Verfahren eingeholten aktuellen Auskünfte des UNHCR, des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl ‑ welche dem EGMR bei seiner Entscheidung nicht vorlagen – nicht festzustellen, dass die Antragsteller Gefahr liefen, nach ihrer Rücküberstellung nach Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Dies ergibt sich aus folgenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen:
57Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 EMRK normieren das Verbot der Folter und unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung. Eine Behandlung ist „unmenschlich”, wenn sie vorsätzlich und ohne Unterbrechung über Stunden zugefügt wurde und entweder körperliche Verletzungen oder intensives physisches oder psychisches Leid verursacht hat. „Erniedrigend” ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt oder erniedrigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen. Es kann ausreichen, dass ein Opfer in seinen Augen erniedrigt ist, auch wenn andere das nicht so sehen. Ob Zweck der Behandlung war, das Opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, ist zu berücksichtigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließt das die Feststellung einer Verletzung von Artikel 3 EMRK nicht zwingend aus.
58EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413, Rn. 220 m.w.N.
59Eine Behandlung in diesem Sinne kann nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme zumindest nicht positiv festgestellt werden.
60Zwar hat sich nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestätigt, dass Dublin-Rückkehrer flächendeckend – so der UNHCR – bzw. regelmäßig – so Pro Asyl – inhaftiert werden.
61Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 3, Seite 2; Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 3 b), Seite.
62Indes begründet die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht seit der erneuten Rechtsänderung zum 1. Juli 2013 – wieder – Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält und Ungarn auf dieser Grundlage praktisch alle Dublin-Rückkehr – so der UNHCR – bzw. regelmäßig, allerdings nicht sämtliche Dublin-Rückkehrer – so Pro Asyl – inhaftiert, für sich genommen noch keinen begründeten Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems. Vielmehr verpflichtet Artikel 3 EMRK die Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind.
63Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, juris, Rn. 221, und 15. Juli 2002 – 47095/99 –, Rn. 95.
64Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (AufnahmeRL), enthält für die Inhaftierung von Asylbewerbern Mindeststandards, zu denen auch die Benennung von Haftgründen gehört. Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindeststandards ihrerseits nicht genügen, um die Asylbewerber vor einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu schützen, liegen dem Gericht nicht vor. Danach darf Haft nicht allein deswegen angeordnet werden, weil der Betroffene einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, sondern nur in Ausnahmefällen, insbesondere zur Überprüfung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit, im Falle notwendiger Beweissicherung, insbesondere bei Fluchtgefahr, zur Prüfung des Einreiserechts, zur Durch- oder Fortführung eines Abschiebeverfahrens, wenn die Gefahr der Verzögerung oder der Vereitelung durch den Betroffenen besteht und bei Gefahr für die nationale Sicherheit und Ordnung (Artikel 8 Absatz 1 und 3 AufnahmeRL). Die Inhaftierung darf nur für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange, wie die Gründe gemäß Artikel 8 Absatz 3 bestehen, angeordnet werden (Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 AufnahmeRL). Die Haftanordnung ist zu begründen (Artikel 9 Absatz 2 AufnahmeRL); bei einer Anordnung durch eine Verwaltungsbehörde ist eine zügige Überprüfung durch ein Gericht herbeizuführen (Artikel 9 Absatz 3 AufnahmeRL). In diesem Fall soll dem Betroffenen unentgeltlicher Rechtsbeistand zur Verfügung stehen (Artikel 9 Absatz 6 AufnahmeRL). Auch im Übrigen ist eine turnusmäßige Haftüberprüfung von Amts wegen vorzusehen (Artikel 9 Absatz 5 AufnahmeRL). Die Schutzsuchenden sind in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen, auf jeden Fall aber getrennt von gewöhnlichen Strafgefangenen (Artikel 10 Absatz 1 AufnahmeRL). Die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen ist nur im Ausnahmefall und unter weiteren sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig (Artikel 11 AufnahmeRL).
65Dahingestellt bleiben kann, wann ein Verstoß gegen diese Mindeststandards die Annahme systemischer Mängel indiziert, da die gesetzlichen Regelungen Ungarns zur Inhaftierung von Asylbewerbern (Act LXXX of 2007 on Asylum, im Folgenden: Asylum Act Hungary) den vorstehend genannten Vorgaben im Wesentlichen gerecht werden:
66Gemäß § 31/B Absatz 1 Asylum Act Hungary darf eine Inhaftierung nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben. Die in § 31/A Absatz 1 Asylum Act Hungary genannten Haftgründe entsprechen ganz überwiegend denen des Artikel 8 Absatz 3 der AufnahmeRL; insbesondere wird auch die Fluchtgefahr als ein Haftgrund genannt (Buchstabe c). Dabei darf entsprechend den Vorgaben der AufnahmeRL nach § 31/A Absatz 3 des ungarischen Gesetzes eine Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen und nur, wenn nicht durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, dass der Asylbewerber sich dem Asylverfahren nicht entzieht. Unbegleitete Minderjährige dürfen gemäß § 31/B Absatz 2 Asylum Act Hungary nicht inhaftiert werden; Familien mit Minderjährigen dürfen nur ultima ratio inhaftiert werden, wobei das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist. Gemäß § 31/A Absatz 10 Asylum Act Hungary soll Asylhaft nur in speziellen Einrichtungen vollzogen werden. Dabei soll die Inhaftierung von Männern und Frauen sowie Familien mit Minderjährigen jeweils getrennt erfolgen (§ 31/F Absatz 1 Asylum Act Hungary). Die zulässige Höchstdauer von Asylhaft regelt § 31/A Absatz 7 Asylum Act Hungary. Danach soll die Haft maximal sechs Monate dauern; bei Familien mit Kindern nicht länger als 30 Tage. Gemäß § 31/A Absatz 6 Asylum Act Hungary kann die Flüchtlingsbehörde innerhalb von 24 Stunden seit der Haftanordnung die Verlängerung der Inhaftierung auf mehr als 72 Stunden bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht beantragen. Das Gericht kann die Haftdauer sodann auf höchstens 60 Tage verlängern. Eine Verlängerung auf weitere 60 Tage ist nach einem erneuten Antrag der Flüchtlingsbehörde durch das zuständige Amtsgericht möglich. Hieraus folgt, dass eine Überprüfung der Inhaftierung von Amts wegen nach 72 Stunden und anschließend nach 60 Tagen erfolgt. Darüber hinaus besteht gemäß § 31/C Absatz 3 Asylum Act Hungary die Möglichkeit gegen die Inhaftierung Einspruch einzulegen. Gemäß § 31/E Absatz 1 Asylum Act Hungary sollen inhaftierte Asylbewerber über ihre Rechte und Pflichten in ihrer Muttersprache oder einer anderen Sprache, die sie verstehen können, informiert werden. Gemäß § 31/D Absatz 4 Asylum Act Hungary soll das Gericht einen Vormund bestellen, wenn der Asylbewerber kein ungarisch spricht und nicht in der Lage ist seine Vertretung durch einen Bevollmächtigten sicherzustellen. § 31/A Absatz 8 Asylum Act Hungary zählt schließlich auf, in welchen Fällen die Inhaftierung unverzüglich zu beenden ist. Danach endet die Haft unter anderem, wenn der Haftgrund entfallen ist.
67Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die ungarischen Behörden diese Vorgaben bei ihrer Entscheidung über die Inhaftierung von Asylbewerbern – speziell Dublin-Rückkehrern – nicht nur in Einzelfällen, sondern systemisch nicht beachten und sich hieraus eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im oben genannten Sinne ergibt, liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.
68Das Gericht hat im Rahmen der Beweisaufnahme unter anderem danach gefragt, auf welche konkreten Haftgründe die Inhaftierungen seit dem 1. Juli 2013 gestützt werden (Frage 4).
69Pro Asyl gab an, dass laut dem Hungarian Helsinki Committee (HHC) in der Praxis vor allem der Haftgrund „risk of absconding“ (c) bzw. der Haftgrund „risk of absconding“ in Verbindung mit „establishment of identiy“ (a) Anwendung finde. Weiterhin würden Inhaftierungen auf dem Haftgrund „previous absconding“ (b) basieren.
70Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 4, Seite 3.
71Bei diesen Haftgründen, welche dazu dienen, einer bestehende Fluchtgefahr zu begegnen oder die Identität des Asylbewerbers festzustellen, handelt es sich um Haftgründe, die den in Artikel 8 Absatz 3 AufnahmeRL genannten entsprechen. Allerdings hat Pro Asyl im Rahmen der Beantwortung von Frage 9 unter Bezugnahme auf die Ausführungen des HHC angegeben, dass in der Mehrheit der Haftanordnungen weiterhin auf Gründe verwiesen werde, die nicht unter die im „Asylum Act“ definierten Haftgründe fallen würden. Das HHC führt diesbezüglich auf Seite 6 der „INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“ von Mai 2014 aus, dass viele Entscheidungen verschiedene Umstände und Gründe benennen würden, die oftmals über die zulässigen Haftgründe nach dem Asylum Act Hungary hinausgingen. Beispielsweise genannt werden der unrechtmäßige Aufenthalt, die Einreise auf irreguläre Weise, das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und das Fehlen von Verbindungen nach Ungarn. Dahingestellt bleiben kann, inwieweit die vorstehend genannten Beispiele unter einen der in Artikel 8 Absatz 3 AufnahmeRL bzw. § 31/A Absatz 1 Asylum Act Hungary genannten Haftgründe subsumiert werden können. Zunächst liegen dem Gericht keine Erkenntnisse vor, wonach diese Haftgründe auch bei Dublin-Rückkehrern angewandt werden. Sodann bestehen nach dem oben Ausgeführten tragfähige Anhaltspunkte, die die häufige Heranziehung des auch in der AufnahmeRL aufgeführten Haftgrundes der Fluchtgefahr belegen. Schließlich lässt sich jedenfalls nicht allein aus einer etwaigen europarechtswidrigen Annahme eines Haftgrundes ohne weiteres auf das Vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EU-GR-Charta schließen. Entscheidend ist vielmehr, dass das ungarische Recht den Asylbewerbern in solchen Fällen ermöglicht, sich gegen eine unrechtmäßige Inhaftierung zu wehren.
72Zwar gibt es gemäß § 31/C Absatz 2 Asylum Act Hungary keine individuellen Rechtsmittel, sondern gemäß Absatz 3 nur die Möglichkeit eines Einspruchs („objection“), gegen die Haftanordnung.
73Vgl auch Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 11, Seite 9 und Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 11, Seite 7.
74Dahingestellt bleiben kann, inwieweit dieser Rechtsbehelf hinreichenden Rechtschutz zu gewähren vermag. Denn die Asylbewerber haben jedenfalls die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit ihrer Inhaftierung im Rahmen der von Amts wegen erfolgenden Überprüfung nach 72 Stunden bzw. 60 Tagen vor dem Amtsgericht geltend zu machen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Fristregelungen gegen Artikel 9 Absatz 3 AufnahmeRL ‑ der seinerseits keine konkreten Fristvorgaben enthält – verstoßen und/oder diese Vorgaben in der Praxis nicht umgesetzt werden, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vorgeschriebenen gerichtlichen Haftüberprüfungen nicht geeignet sind, den Asylbewerbern effektiven Rechtschutz zu gewähren. Zwar kritisieren Pro Asyl und der UNHCR, dass es in der Praxis so gut wie nie zu einer Entlassung komme.
75Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 11, Seite 10 und Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 11, Seite 7.
76Zum einen konnte keine der drei befragten Organisationen verlässliche Auskünfte zu der Frage, wie viele der nach dem 1. Juli 2013 erlassenen Anordnungen von Asylhaft aufgrund der bestehenden Rechtschutzmöglichkeiten tatsächlich aufgehoben worden sind, geben.
77Vgl. die Antworten des Auswärtigen Amtes, UNHCR und von Pro Asyl zu Frage 12 des Beweisbeschlusses.
78Zum anderen ließe sich allein aus einer geringen Erfolgsquote der Rechtsbehelfe auch nicht ohne weiteres darauf schließen, dass die ungarischen Gerichte keinen effektiven Rechtschutz gewährleisten. Dass derartige Haftprüfungsanträge durch die Gerichte angeblich mit schematisierten Entscheidungen abgelehnt werden und die Verhandlungen nur wenige Minuten dauern, muss nicht bedeuten, dass diese Rechtsbehelfe nicht individuell geprüft würden. Vielmehr kann in Haftsachen, die Massenverfahren darstellen, aus Gründen der Vereinfachung auch eine individuelle richterliche Überprüfung zu einer schematisierten Begründung führen, wenn das Gericht keine besonders begründungsbedürftigen Umstände des Einzelfalles angenommen hat, ohne dass grundlegende rechtsstaatliche Garantien verletzt wären; die Annahme von (fortbestehender) Fluchtgefahr bei Personen, die sich dem Asylverfahren bereits in der Vergangenheit entzogen haben, erscheint dem erkennenden Gericht zumindest nicht unvertretbar.
79Vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 23. September 2014 – W 1 K 14.50050 –, juris, Rn. 37.
80Gleichfalls steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern in der Praxis entgegen den Vorgaben des Artikel 8 Absatz 2 AufnahmeRL und § 31/A Absatz 2 Asylum Act Hungary erfolgt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen es erforderlich ist, auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung den Antragsteller in Haft nehmen, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
81Zwar spricht vieles dafür, dass die Haftanordnung regelmäßig schematisch erfolgt und eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Argumentation unter Abwägung der Rechts- bzw. Verhältnismäßigkeit in der Regel nicht stattfindet.
82Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 9, Seite 8.
83Indes lässt sich daraus bereits nicht ableiten, dass eine Einzelfallprüfung auch tatsächlich nicht stattgefunden hat. Vielmehr erscheint es dem Gericht nachvollziehbar, dass die Haftanordnungen größtenteils inhaltlich identisch aussehen und von einer individuellen Begründung absehen, da die Haftanordnung bei Dublin Rückkehrern regelmäßig auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt wird. Vor dem Hintergrund, dass die Dublin-Rückkehr bereits einmal aus Ungarn geflohen sind, erscheint diese Annahme auch nicht willkürlich (s.o.).
84Ungeachtet dessen widerlegt die Tatsache, dass es auch Fälle gibt, in denen die Haftanordnung auch individuelle Einzelheiten berücksichtigt,
85vgl. HHC “INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“, Seite 6,
86die Annahme der fehlenden individuellen Einzelfallprüfung. Auch spricht für die Durchführung einer Einzelfallprüfung, dass Familien und besonders schutzbedürftige Personen in der Regel nicht inhaftiert werden, obwohl die Inhaftierung dieser Personengruppen ebenfalls rechtlich möglich wäre.
87Vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 6, Seite 6.
88Zudem wird zumindest auch in vereinzelten Fällen von den im ungarischen Recht vorgesehenen Haftalternativen Gebrauch gemacht. Laut dem HHC sei in 13 der 107 untersuchten Haftentscheidungen begründet worden, warum nicht auf Haftalternativen zurückgegriffen worden sei. Im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 17. April 2014 sei in 32 Fällen eine Kaution angeordnet worden. Die Betroffenen seien vorab gefragt worden, ob sie Geld besäßen bzw. jemand Geld schicken könne.
89Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 10, Seite 9; dem UNHCR liegen hierzu keine Informationen vor.
90Daraus geht hervor, dass die gesetzlich vorgesehenen Haftalternativen in der Praxis – wenn auch nur in Ausnahmefällen – tatsächlich angewendet werden. Dass die Anzahl von Fällen, in denen eine Kaution angeordnet wurde gering ausfällt überrascht das Gericht nicht, da Flüchtlinge in der Regel nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügen werden, um eine Kaution in Höhe von 962,00 und 2.000,00 Euro bezahlen zu können.
91Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 10, Seite 9.
92Unter Berücksichtigung der Funktion einer Kaution als eine Sicherheitsleistung, welche nur bei einer gewissen – für den Betroffenen spürbaren – Höhe erfüllt werden kann, bestehen keine Bedenken gegen die geforderte Höhe. Auch spricht der Umstand, dass die Höhe der geforderten Kaution variiert, dafür, dass die Höhe der Kaution im jeweiligen Einzelfall entsprechend der wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhaftierten festgesetzt wird.
93Aus den vorstehenden Ausführungen folgt überdies, dass die Haftanordnung in Übereinstimmung mit Artikel 9 Absatz 2 AufnahmeRL schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Gründe für die Haft, die letztlich eine Überprüfbarkeit gewährleisten, ergeht. Diese werden den Asylsuchenden auch verbal übersetzt.
94Vgl. Auskunft Pro Asyl an das Verwaltungsgericht München vom 30. Oktober 2014 zu Frage 1.
95Damit wird dem durch Artikel 5 Absatz 2 EMRK gewährleisteten Recht eines jeden Festgenommenen auf Unterrichtung hinreichend entsprochen. Eine mündliche Unterrichtung genügt insoweit.
96Vgl. Dörr, in: Grote/Marahun, EMRK/GG, S. 574, Rn. 36.
97Auch aus den Erkenntnissen des Gerichts zur Haftdauer lässt sich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Dublin-Rückkehrern ableiten. Vielmehr steht die Rechtslage und tatsächlich gelebte Praxis in Ungarn auch insoweit in Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Laut Auskunft von Pro Asyl beobachtete das HHC in der Vergangenheit, dass die maximale Haftdauer von sechs Monaten in vielen Fällen ausgeschöpft worden sei. Seit Kurzem würden inhaftierte Asylsuchende aus der Asylhaft entlassen, sobald das OIN im „in-merit procedure“ über das Asylgesuch entschieden hat und zwar auch dann, wenn diese Entscheidung negativ ausgefallen sei und der Betroffene Rechtmitte eingelegt habe. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die Höchstgrenze der zulässigen Haftdauer überschritten wird.
98vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 2 Buchstabe, Seite 2.
99Es erscheint zumindest nicht unvertretbar, bei Dublin-Rückkehrern anzunehmen, dass der Haftgrund der Fluchtgefahr – bis zu einer Entscheidung über das Asylbegehren bzw. unter Umständen auch nach einer ablehnenden Entscheidung – fortlaufend gegeben ist.
100Vgl. Verwaltungsgericht Stade, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 1 B 862/14 –, juris, Rn. 15.
101Hinzu kommt, dass die Inhaftierung von Amts wegen alle 60 Tage überprüft wird (s.o.), die Asylbewerber mithin die Möglichkeit haben, ihre Inhaftierung auf die fortbestehende Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen.
102Schließlich kann das Gericht den aktuellen Auskünften nicht entnehmen, dass die konkreten Haftbedingungen in Ungarn systemisch eine unmenschliche, erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer darstellen.
103Hinsichtlich der Haftbedingungen in den Asylhaftanstalten liegen dem Gericht im Wesentlichen die folgenden Erkenntnisse vor:
104Die Asylhafteinrichtungen seien nicht überbelegt. Die gesetzliche Mindestvorgabe von 5 m² pro Person werde in allen Einrichtungen gewahrt. Asylbewerber könnten sich innerhalb der Hafteinrichtungen zwischen 6 und 23 Uhr frei bewegen. Außerhalb der Einrichtungen, auf dem Weg zum Krankenhaus oder zum Gericht, würden die Asylbewerber hingegen an einer Leine geführt. Zur Freizeitgestaltung gebe es in den Hafteinrichtungen Computerräume mit Internetzugang, Fitnessräume und Gemeinschaftsräume, in denen ein Fernseher stehe. Bezüglich der hygienischen Verhältnisse in den Asylhafteinrichtungen lägen Mängel vor. In Békéscaba hätten einige der Toiletten keine Türen gehabt und einige Wasserhähne würden nicht funktionieren, weshalb der Zugang zu warmen Wasser nicht immer gewährleistet sei. In Nyírbátor habe eine unzureichende Versorgung mit Putzutensilien und Reinigungsmitteln zur Reinigung der Toiletten und Duschen stattgefunden. Der Waschraum im ersten Stock sei permanent dreckig gewesen und würde stinken. Auch sei das Wasser von mangelhafter Qualität gewesen, was zu Hautausschlägen geführt habe. In Debrecen seien Duschen im zweiten Stock häufig verstopft und daher unbenutzbar gewesen. Eine Versorgung mit Lebensmitteln erfolge entsprechend einer Verordnung des Innenministeriums. Religiöse und medizinische Besonderheiten würden in der Regel berücksichtigt. Kritisiert werde aber die schlechte Qualität des Essens. Eine medizinische Grundversorgung werde gewährleistet, auch wenn diese oft als unzureichend empfunden werde. Sanitäter bzw. Krankenschwestern seien permanent anwesend; Allgemeinmediziner würden die Einrichtungen zweitweise besuchen. In schwerwiegenden Fällen könne eine Zuweisung zu den Allgemein- oder Spezialeinrichtungen des Gesundheitssystems erfolgen. Die Kosten der Behandlung trage der ungarische Staat bzw. seine Gesundheitseinrichtung. In der Aufnahmeeinrichtung Békéscaba werde zudem psychologische Betreuung durch Spezialisten und Psychologen der D. Stiftung gewährt.
105Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 ff.; Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 f.; HHC “INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“, S. 15 ff.
106Obschon das Gericht nicht verkennt, dass Defizite in den Haftbedingungen bestehen, erreichen diese jedenfalls nicht das erforderliche Mindestmaß an Schwere, um von systemischen Mängeln in dem geschilderten Sinne ausgehen zu können. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist relativ und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie die Dauer der Behandlung und ihre physischen und psychischen Wirkungen und manchmal das Geschlecht, das Alter und der Gesundheitszustand des Opfers.
107Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 – M.S. S./Belgien u. Griechenland, Rn. 219.
108Die vorstehend genannten hygienischen, medizinischen und sonstigen Mängel in den Asylhaftanstalten, insbesondere auch die Vorfälle, in denen Asylbewerber von „armed security guards“ misshandelt worden sind, sind zwar nicht zu vernachlässigen. Indes lässt sich daraus nicht ableiten, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn nicht nur vereinzelt sondern gerade systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen. Vielmehr zeigt ein Vergleich mit der früheren Lage in Ungarn, dass zwischenzeitlich weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen eingetreten sind.
109So auch EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 – Mohammadi gegen Österreich, Rn. 68.
110Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren. Auch der Umstand, dass sich die Situation in Ungarn deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel.
111Vgl. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 – Mohammadi gegen Österreich, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 30. Januar 2015 – 13 L 58/15.A –, juris, Rn. 43 m.w.N.
112Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der UNHCR – auch nach einer intensiven Auseinandersetzung mit der Inhaftierungspraxis Ungarns infolge der durch das Gericht veranlassten Beweisaufnahme – keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die – bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende – Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant.
113So auch Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 26. Januar 2015 – Au 7 S 15.50015 –, juris, Rn. 31.
114Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Dublin-Rückkehrer entgegen des Refoulement-Verbots ohne eine Entscheidung über ihren Asyl(folge)antrag in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, wenn – wie vorliegend – noch kein Asylantrag in Ungarn gestellt worden ist. Diejenigen Antragsteller, die anlässlich ihres ersten Aufenthalts in Ungarn keinen Asylantrag gestellt haben werden im Rahmen der Einreisebefragung gefragt, ob sie das zuvor in einem Mitgliedstaat gestellte Asylbegehren in Ungarn fortführen wollen oder nicht. Sollte ersteres der Fall sein, wird entsprechend der nationalen Regelungen ein Asylverfahren initiiert und der Ausländer erhält ein Aufenthaltsrecht in Ungarn für die Dauer des Asylverfahrens. Andernfalls richtet sich die weitere Vorgehensweise nach sonstigen allgemeinen Regelungen.
115Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht München vom 2. März 2015 zu Frage 2, Seite 3.
116Steht nach alldem nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das ungarische Asylverfahren an systemischen Mängeln leidet, geht dieser Umstand – nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast – zu Lasten der Antragsteller. Bereits aus dem eingangs dargestellten Erfordernis, dass sich das Gericht zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO) verschaffen muss, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird (S. 10),
117BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.14 –, juris, S. 5,
118folgt, dass es zu Lasten des Asylbewerbers geht, wenn das Gericht – wie vorliegend – nicht zu dieser Überzeugungsgewissheit gelangt. Gleiches ergibt sich auch aus der Diktion des EuGH, wonach ein Asylbewerber seiner Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (Hervorhebung durch das Gericht), die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der Charta ausgesetzt zu werden.
119Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, Rn. 62.
120Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen im Ergebnis daher keine Bedenken. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedsstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das ist hier der Fall. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung liegen weder zielstaatsbezogene (a) noch in der Person der Antragsteller bestehende, also inlandsbezogene (b) Abschiebungshindernisse, vor.
121a) Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis liegt bei den Antragstellern nicht vor.
122Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG in Gestalt einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn krankheitsbedingt schon keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne).
123Bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier bei den Antragstellern in Rede steht, kann vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engeren Sinne nur dann ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.
124OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 15 f. m.w.N.
125Einen diesen Anforderungen genügenden Nachweis einer Vorerkrankung, die zur Annahme der Reiseunfähigkeit führen könnte, haben die Antragsteller nicht erbracht.
126Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört zur Substantiierung eines Vorbringens einer Erkrankung an posttraumatischer Belastungsstörung (sowie eines entsprechenden Beweisantrages) angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
127VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2015 – 13 L 937/15.A –, juris, Rn. 14.
128(1) Die vom Antragsteller zu 1.) vorgelegten Atteste genügen den vorstehend genannten Anforderungen nicht.
129Zwar werden dem Antragsteller zu 1.) in dem vorgelegten ärztlichen Attest vom 31. März 2015 eine „leichte depressive Episode, Panikstörung, Balbuties, Unruhezustand, Insomnie und Meralgia paraesthetica rechts“ diagnostiziert und eine Reiseunfähigkeit prognostiziert. Auch handelt es sich bei dem den Antragsteller zu 1.) behandelnden Dr. med. Heimbrand um einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Indes genügt diese Bescheinigung schon nicht den vorstehend dargestellten Anforderungen, die an die Substantiierung eines Vorbringens einer solchen Erkrankung zu stellen sind. Es fehlt an jeglichen Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Antragsteller zu 1.) in der ärztlicher Behandlung des Herrn Dr. med. I. befunden hat, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Insbesondere gibt das Attest nicht Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf. Überdies fehlt es auch an einer nachvollziehbaren und substantiierten Begründung, warum der Antragsteller zu 1.) „aufgrund seiner Erkrankung auf absehbare Zeit nicht reisefähig“ sein soll.
130In dem vorläufigen Arztbericht der Evangelischen Stiftung U. vom 20. Mai 2015 wird dem Antragsteller das Vorliegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer meralgia paraesthetica diagnostiziert. Indes enthält der Arztbericht ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im engeren und/oder weiteren Sinne. Insoweit ist zudem nicht ersichtlich, dass der den Antragsteller zu 1.) untersuchende J. Pourfard über die erforderliche Ausbildung verfügt, um fundiert eine am ICD-10 orientierte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung und/oder Depression bei dem Antragsteller zu 1.) stellen zu können. Über eine Facharztausbildung, die ihn zur Feststellung einer etwaigen Reiseunfähigkeit befähigen könnte, verfügt er offenbar nicht.
131VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2015 – 13 L 937/15.A –, juris, Rn. 16 m.w.N.
132Dem ärztlichen Attest der Evangelischen Stiftung U. vom 21. Mai 2015 lassen sich schließlich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit entnehmen. Vielmehr heißt es darin, dass sich der psychische Zustand des Antragstellers zu 1.) besserte und er sich von akuter Suizidalität ausreichend und glaubhaft distanziert habe.
133(2) Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2.) sowie den Antragstellern zu 3.) bis 5.) liegen schon keine ärztlichen Atteste vor, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit ergeben könnten. Die vorgelegten Überweisungsscheine und das Schreiben des I1. Klinikums X. genügen den vorstehend dargestellten Mindestanforderungen an die Substantiierung eines Vorbringens einer Erkrankung an einer posttraumatischen Belastungsstörung bei weitem nicht. Soweit hinsichtlich der Antragstellerin zu 5.) in dem Überweisungsschein vom 21. Mai 2015 Zöliakie diagnostiziert wird, fehlt es ebenfalls an überprüfbaren Anhaltspunkten, dass sie aufgrund dessen nicht reisefähig ist.
134b) Ebenso wenig liegt ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vor.
135Gemäß § 60 Absatz 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
136BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris Rn. 15.
137Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt,
138vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
139Die Gefahr einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Substantiierung der (psychischen) Erkrankungen Bezug genommen. Daher kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob in Ungarn eine hinreichende Behandlung der Antragsteller gewährleistet wäre.
140Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
141Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
142Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der am ... 1995 geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... 2014 von Ungarn kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... 2014 einen Asylantrag.
Bei dem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am ... 2014 in Z. gab der Antragsteller an, fünf Tage in Ungarn gewesen zu sein. Als Grund gegen die Antragstellung auf internationalen Schutz in Ungarn gab er an, Deutschland sei sein Ziel gewesen (Beiakt I S. 31). Aufgrund des Eurodac-Treffers Nr. ... beantragte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber Ungarn, wo der Antragsteller ausweislich der mitgeführten Papiere bereits am ... 2014 einen Asylantrag gestellt hatte, am ... 2014 die Übernahme des Asylbewerbers. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom ... 2014 ihre Bereitschaft, den Antragsteller gemäß § 18 Abs. 1b Dublin III-VO wieder aufzunehmen. Der Antragsteller habe in Ungarn am ... 2014 einen Asylantrag gestellt und sei vor der Verhandlung am ... 2014 flüchtig gewesen.
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom
die Beklagte zu verpflichten, die zuständige Ausländerbehörde anzuweisen, bis zur Rechtskraft der Entscheidung in dieser Sache keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den Kläger/Antragsteller zu unternehmen.
Ungarn erfülle entgegen der ausführlichen Begründung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Voraussetzungen des sicheren Drittstaates nicht. Die dort herrschende menschenunwürdige Behandlung von Asylsuchenden, einschließlich der Möglichkeit der Festnahme und Inhaftierung bis zur Entscheidung stelle ebenso einen systematischen Mangel dar, wie die Aufnahmebedingungen vor und nach der Antragstellung. Insbesondere sei weder eine den Kriterien der Genfer Konvention ausreichende Unterkunft gewährleistet, noch eine ärztliche Versorgung oder der Unterhalt des täglichen Lebens.
Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte in den Verfahren B 3 K 14.50130 und B 3 S 14.50131 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
II.
Der nach dem wohl verstandenen Interesse des Antragstellers - trotz anwaltlicher Vertretung - als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO zu verstehende Eilantrag (§ 34a Abs. 2 AsylVfG) ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anordnen, wenn sie - wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylVfG - keine aufschiebende Wirkung hat.
Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten hat.
Nach § 34 a AsylVfG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angenommen, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung stellt sich als Festsetzung eines Zwangsmittels dar, die erst dann ergehen darf, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind. Dies ist in erster Linie die Zuständigkeit des anderen Staates, daneben muss aber auch feststehen, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.
Die notwendigen Voraussetzungen liegen hier - wie im angefochtenen Bescheid vom
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21. 12. 2011, Az. C-411/10 u. a. in NVwZ 2012, 417 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin zu überstellenden Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCharta) ausgesetzt wären.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Überstellung an einen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 GRCharta zur Folge hätten (EuGH a. a. O.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedsstaats gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedsstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH a. a. O.). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin II-VO (nunmehr Dublin III-VO) gefährden, rasch denjenigen Mitgliedsstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hält das Gericht derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Ungarn (derzeit) nicht für glaubhaft gemacht (so auch EGMR, U. v. 06.06. 2013, Az. 2283/12 in Asylmagazin 10/2013, S. 342 ff.; VG Düsseldorf
Das Gericht stützt seine Auffassung auf folgende Erkenntnisse:
Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben oder inhaftiert. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).
Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer vom 09.05. 2014“ (Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf) hat ergeben, dass in Ungarn nach der geänderten Rechtslage zum 01.07. 2013 die geltenden neuen Haftgründe in der Regel nicht individualisiert würden. Nach ihren Erkenntnissen würden Dublin Rückkehrer in der Regel wegen der Gefahr des Untertauchens inhaftiert. Auch Familien blieben danach der Gefahr ausgesetzt, bis zu 30 Tage inhaftiert zu werden, auch wenn das Gesetz (Section 56 (3) of the Act II of 2007 on Third Country Nationals' Entry and Stay) dies nur als das letzte Mittel vorsehe.
Doch wird nach der „Informationsschrift über Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki Committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 01.01. 2014 aufgrund von Änderungen im Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt. Die dort genannte problematische Ausnahme (Antrag wurde bereits abschlägig verbeschieden) ist hier nicht einschlägig, da die Norm, nach der Ungarn die Rücknahme des Antragstellers zusagte (Art. 18 Abs. 1b Dublin III VO), auf einen noch nicht verbeschiedenen Asylantrag Bezug nimmt. In dieser Informationsschrift ist auch dargelegt, dass - obwohl das Gesetz die Inhaftierung asylsuchender Familien mit Kindern unter 18 Jahren grundsätzlich zulasse - diese höchst selten in Gewahrsam genommen würden. Die hiervon abweichende Feststellung des VG Oldenburg, Beschluss vom 18.06. 2014, Az. 12 B 1238/14 - in juris Rn. 34 - findet keine Bestätigung in der Information Note des HHC.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Dublin-Rückkehrern der Zugang zum Asylverfahren verwehrt und entgegen des Refoulement-Verbots direkt oder indirekt in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, ohne dass die Gefahr, die dadurch für den betroffenen Asylbewerber entsteht, unter dem Gesichtspunkt von Art. EMRK geprüft worden ist.
Nach der im Januar 2014 erfolgten Änderung des ungarischen Asylgesetzes erhalten Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen ist, regelmäßig Zugang zum Asylverfahren. Eine Prüfung ihrer Asylgründe ist den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen gewährleistet (vgl. HHC a. a. O. S. 20; UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Nach diesen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass der Antragsteller nach einer Überstellung nach Ungarn sein Asylverfahren zu Ende führen kann, ohne in Haft genommen zu werden.
Soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH a. a. O.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 und Januar 2014 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtscharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.
Die derzeit zugänglichen Erkenntnisquellen lassen deshalb aus den oben genannten Gründen systemische Mängel in Ungarn insbesondere im Hinblick auf die im Juli 2013 und Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht glaubhaft erscheinen. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs würde vielmehr in ihr Gegenteil verkehrt, wenn man den ungarischen Behörden im Hinblick auf die genannten Gesetzesänderungen quasi vorab ein uniongrundrechtswidriges bzw. konventionsrechtswidriges Verhalten unterstellen würde, ohne diesbezüglich tatsächliche Anhaltspunkte anführen zu können.
Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit greifbar.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Situation materieller Armut gegen die EMRK verstößt, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervorgehoben, dass die drohende Überstellung in einen Mitgliedsstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedsstaaten nicht verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedsstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (EGMR, Beschluss vom 18.06. 2013, Az. 53852/11 - in juris - (= ZAR 2013, 338-339); vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 07.03. 2014, Az. 1 A 21/12.A - in juris Rn. 118 - (= DVBl 2014, 790-796).
Trotzdem muss den Asylsuchenden auch unter Berücksichtigung aller Ausnahmetatbestände immer das absolut garantierte Minimum (hier: Deckung der „Grundbedürfnisse“) gewährleistet bleiben (vgl. Art. 18 Abs. 9 Satz 2 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.07. 2013 zur Festlegung von Normen für Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantrage - Aufnahmerichtlinie -).
Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann danach vorliegen, wenn der Asylbewerber vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so extremer materieller Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Dies ist vom EGMR hinsichtlich Griechenlands anerkannt worden, da Griechenland als aufgrund der Untätigkeit seiner Behörden verantwortlich war für die Lebensbedingungen des klagenden Asylbewerbers, in denen er sich monatelang befunden hat, als er auf der Straße lebte, ohne Hilfsmittel und ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen sowie ohne die zur Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel, verbunden mit der langen Ungewissheit, in der er verblieb ohne jede Aussicht auf Verbesserung seiner Lage. Sind diese Tatsachen allgemein bekannt, so kann die Abschiebung eines Asylbewerbers in einen solchen Staat den erforderlichen Schweregrad erreichen, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen.
Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass Ungarn seiner Verpflichtung, Antragstellern für die Zeit bis zur Entscheidung über ihre Asylanträge ein Minimum an materiellen Leistungen für ein menschenwürdiges Dasein zu gewähren, nicht nachkommt.
Während eines laufenden Asylverfahrens haben Betroffene, die - wie der Antragsteller -erstmalig einen Asylantrag stellen, Anspruch eine Unterkunft (in erster Linie in Gemeinschaftsunterkünften), auf finanzielle Hilfe für Essen bzw. in den Gemeinschaftsunterkünften auf drei Mahlzeiten am Tag sowie auf Taschengeld. Einschränkungen sind nur im Falle eines Asylfolgeantrags und während des Abschiebeverfahrens vorgesehen (vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30.04. 2014, S. 37 f.; zum nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Nährstoffgehalt einer Mahlzeit siehe UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Schließlich hat der Antragsteller bei dem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am ... 2014 als Grund gegen eine Überstellung nach Ungarn nur angegeben, dass Deutschland sein Ziel gewesen sei (Beiakt I S. 31).
Nach alledem ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO, § 83b AsylVfG abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Hier weiter
II.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller will mit seinem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Ungarn erreichen.
Bei der Asylantragstellung am
Mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am
Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, wegen der Teilnahme an einer durch die PKK (jetzt: YPG) organisierten illegalen Demonstration festgenommen zu werden. Außerdem müsse er dann auf irgendeiner Seite am Krieg teilnehmen.
Auf Anfrage erklärten sich die ungarischen Behörden mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom
Für das Verfahren sei Ungarn zuständig. Das dortige Asylverfahren leide nicht unter systemischen Mängeln.
Der Bescheid wurde am
Mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid der Beklagten vom
Zur Begründung wird ausgeführt, mit der überwiegenden Zahl der Gerichte sei davon auszugehen, dass das Asylverfahren in Ungarn unter systemischen Mängeln leide. Ohne Angabe von Gründen würden Asylbewerber bis zu sechs Monate inhaftiert. Den Inhaftierten werde der Rechtsweg versperrt. Die Ausreise des Antragstellers während des dortigen Asylverfahrens werde als Verzögerung oder Vereitelung des Asylverfahrens gesehen. Die Asylverfahren würden nicht einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft. Neuere Erkenntnisse schlössen eine Gefährdung der Menschen- und Flüchtlingsrechte des Antragstellers nicht mit hinreichender Sicherheit aus. Eine Interessenabwägung im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz müsse zugunsten des Antragstellers ausfallen.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann keinen Erfolg haben.
Grundsätzlich kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Nach § 75 Satz 1 AsylVfG gilt dies auch für die vorliegende Entscheidung nach dem AsylVfG.
Die Abschiebungsanordnung ist dem Grundsatz nach rechtmäßig. Ungarn ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und es sind keine außergewöhnlichen Gründe ersichtlich, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gebieten.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, wenn der Ausländer dorthin abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor.
Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei Ungarn um den für das Asylverfahren zuständigen Staat im Sinne des § 27a AsylVfG handelt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ungarn erklärte mit Schreiben vom 10.9.2014 das Einverständnis mit einer Rückübernahme des Antragstellers, weil er in Ungarn bereits einen Asylantrag gestellt hatte, Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO.
Sinn der Regelungen der Dublin III-VO ist es, Verfahrensverzögerungen durch Fragen zu vermeiden, wann in welchem Land der Europäischen Union bzw. in einem anderen sicheren Drittstaat ein Asylantrag gestellt wurde. Der Zuständigkeit Ungarns steht damit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO auch nicht entgegen, dass sich der Antragsteller zuvor in Griechenland aufhielt.
Der Regelung des § 34a Abs. 1 AsylVfG, nach dem die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Abweichend hiervon hat Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts berücksichtigt werden können und damit außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Rechtsprechung lässt jedoch in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann mit der Folge durchbrochen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, verbundene Rechtssachen C 411/10
Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitglieds- oder Vertragsstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin III-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO Gebrauch machen muss. Nur dann muss in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedsstaat ist unzulässig.
Zur Widerlegung der Vermutung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens und zumutbarer Bedingungen für Asylbewerber muss sich nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (
Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Zwar waren die Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in der Vergangenheit beanstandenswert und teilweise unzureichend. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Unregelmäßigkeiten traten auch vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin (II)-III-VO Verordnung nach Ungarn rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete daher bereits in einem Bericht vom April 2012 den Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer als problematisch (UNHCR, Ungarn als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn, April 2012, S. 9). Diese Lage hat sich zwischenzeitlich mit Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzesänderungen im ungarischen Parlament vom November 2012 erheblich gebessert. Nach der Fortschreibung der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 werden nunmehr die Asylgründe von Asylsuchenden auch inhaltlich geprüft, selbst wenn es sich um Asylsuchende handelt, die über Serbien oder die Ukraine oder im Wege der Rückführung nach Ungarn gelangen.
Nach der Änderung der ungarischen Gesetzgebung zum 1.7.2013 wurde die Haft für Asylantragsteller wieder eingeführt. In der Praxis sind hiervon zwar Familien und schutzbedürftige Personen ausgeschlossen (UNHCR an VG Düsseldorf
Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database -„aida“, mit Berichtsstand zum 30.4.2014 mit deutscher Übersetzung, erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerbern, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Dies erscheint nachvollziehbar, da für diese Asylbewerber die Haftgründe nach § 31/A des ungarischen Asylgesetzes, insbesondere unklare Identität und die Behinderung des Asylverfahrens nach Beendigung des Asylverfahrens nicht mehr gegeben sind. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1.7.2013 aber damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrages in Einwanderungshaft genommen wurde (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragstellern, deren Antrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen der Asylhaft, die gegenüber der Einwanderungshaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (z. B. tagsüber freien Zugang zu frischer Luft statt nur einer Stunde Bewegung an der frischen Luft, aida a. a. O. Inhaftierung von Asylbewerbern, C Haftbedingungen) verbunden sind.
Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe in § 31/A des ungarischen Asylgesetzes entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.
Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich oder unzulässig abgewiesen worden wäre. Von Ausnahmen abgesehen erhalten syrische Asylbewerber in Ungarn die Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz (96% nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in der englischen Fassung -). Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylerstantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Für den Antragsteller ist daher keine Einwanderungshaft sondern nur Asylhaft zu erwarten.
Die Dauer der Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass die maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der vorhandenen Zahlen kann aber insbesondere für Syrer mit der hohen Anerkennungsquote nicht von einer so langen Haft ausgegangen werden. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5.3.2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß, da sich nach der in Ungarn herrschenden Praxis der Grund der Haftanordnung wegen der syrischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers durch Gewährung internationalen Schutzes erledigen wird. Beim Antragsteller besteht zudem die hohe Wahrscheinlichkeit, dass durch die vorangegangene Identitätsfeststellung in Ungarn und das folgende Verfahren nach der Dublin-Verordnung keine weitere Identitätsfeststellung mehr erforderlich sein dürfte, was die zu erwartende Dauer der Asylhaft vermindert.
Im Ergebnis hält es das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 3.7.2014, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, W 1 S 14.50120; VG Regensburg, B. v. 17.12.2013, RN 5 S 13.30749,
Der Antragsteller kann damit auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO geltend machen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin III-VO begründen - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Sie dienen nämlich alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den EU-Mitgliedstaaten. Auch wenn man einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung annimmt, bestehen hier keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sich dieser zu einem Anspruch auf Selbsteintritt reduziert hätte („Ermessensreduzierung auf Null“).
Nach der zu erwartenden Gewährung des Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutzes kann sich der Antragsteller in Ungarn dauerhaft aufhalten. Dass die Möglichkeit, eine Arbeit zu finden, in Ungarn schwieriger sein könnte als in Deutschland führt nicht zu einem Anspruch auf ein Bleiberecht in Deutschland.
Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylVfG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.