Verwaltungsgericht Minden Urteil, 09. Jan. 2015 - 4 K 1112/14
Gericht
Tenor
Die Bescheide der G. für W. vom 26. März 2014 - dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 - und vom 7. April 2014 werden aufgehoben.
Das beklagte Land wird verpflichtet, die Klägerin zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zum nächstmöglichen Zeitpunkt zuzulassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die geborene Klägerin nahm im Rahmen ihrer Ausbildung zur L. an der G. für öffentliche W. am 26. Februar 2014, einem Mittwoch, an der Wiederholungprüfung für Modulklausur HS 1.1 (Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum) teil. In der Vorwoche war sie wegen eines Magen-Darm-Infektes krankgeschrieben gewesen. Nach dem Wochenende fühlte sie sich nach ihren Angaben wieder besser und nahm ab Montag wieder am Lehrbetrieb teil, obwohl ihr Hausarzt sie angeblich gewarnt und ihr geraten hatte, die Folgen der Erkrankung nicht zu unterschätzen.
3Am Morgen des Prüfungstages war sie nach ihren Angaben noch geschwächt, fühlte sich aber "leidlich gut". Sie habe keinen Zweifel daran gehabt, die Prüfung durchstehen zu können. Nach Prüfungsbeginn hätten sich aber gravierende Symptome gezeigt, sie habe ein Zittern verspürt, später seien starker Schwindel und Kopfschmerz hinzugekommen. Nach am selben Tag stellte sie sich um 16 Uhr beim ärztlichen Notfalldienst vor und wurde bis (voraussichtlich) zum 28. Februar 2014 erneut krankgeschrieben.
4In einem ärztlichen Attest des behandelnden Arztes, Dr. I. in C. , vom 31. März 2014 heißt es zu der Behandlung am 26. Februar 2014: "Die damalige körperliche Untersuchung zeigt eine geschwächte, leicht desorientierte Patientin in reduziertem Allgemeinzustand mit blass-grauem Hautkolorit. Diagnosen: Gastroenteritis, Dehydrierung, Schwindel, Kreislaufdysregulation. … Aus medizinischer Sicht war bei der Patientin an dem Untersuchungstag keine Prüfungsfähigkeit gegeben."
5Mit Schreiben vom Folgetag (27. Februar 2014) wandte sich die Klägerin an das Prüfungsamt und schilderte ihre Lage. Sie sei die Klausur "völlig zittrig und unterzuckert aus falschen Ehrgeiz" angegangen und habe gedacht, ein frühzeitiger Abbruch werde automatisch zu einer Bewertung mit "ungenügend" führen. Deshalb habe sie "die Zähne zusammengebissen" und versucht, die Klausur zu einem Ende zu bringen. Es sei ihr durchaus bewusst, dass es noch gar keine Klausurergebnisse gebe, es sei ihr aber wichtig, dass das Prüfungsamt von ihrem Fall Kenntnis erlange.
6Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 24. März 2014 erklärte die Klägerin, ihren Antrag auf Genehmigung des Rücktritts vom Prüfungsversuch erneuern zu wollen. Den Rücktritt vom Prüfungsversuch habe sie bereits mit ihrem Anschreiben vom 27. Februar 2014 erklärt. Eine telefonische Rückfrage habe aber ergeben, dass sich das Schreiben nicht bei den Prüfungsakten befinde. Ihr Rücktritt sei wirksam, denn er sei ohne schuldhaftes Zögern erklärt worden. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, bereits im Verlauf der Prüfung zurückzutreten. Eine solche Erklärung bedürfe der Überlegung, für die während des Laufs einer Prüfung wegen des bestehenden Zeitdrucks keine ausreichende Gelegenheit bestehe.
7In einem Schreiben vom 24. März 2014 forderte die G. die Klägerin auf, zu ihrem Antrag auf Anerkennung des Rücktritts von der Prüfung die in einer E-Mail vom 21. März 2014 in Aussicht gestellten Dokumente (Ärztl. Attest, Gutachten etc.) bis zum 4. April 2014 zu übersenden.
8Mit Bescheid vom 26. März 2014 teilte die G. der Klägerin die Bewertung der Wiederholerklausur vom 26. Februar 2014 mit "5,0 nicht ausreichend" und damit das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung mit. Offenbar war der Klägerin das Ergebnis der Klausur vorab schon formlos mitgeteilt worden. Ebenfalls mit Bescheid vom 26. März 2014 entließ das Q. C. die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf.
9Unter dem 3. April 2014 übersandte die Klägerin das oben erwähnte Attest des Dr. I. vom 31. März und erhob Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. März 2014, mit dem ihr das Prüfungsergebnis mitgeteilt worden war.
10Unter dem 7. April 2014 erhob die Klägerin auch Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 26. März 2014.
11Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2014 wies die G. den Widerspruch gegen die Prüfungsbewertung zurück. Bewertungsfehler oder sonstige inhaltlich-fachliche Fehler seien nicht geltend gemacht worden.
12Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2014 lehnte die G. den Antrag der Klägerin auf Anerkennung ihres Rücktritts von der Prüfung ab. Ein triftiger Grund für den Rücktritt von der Prüfung liege nicht vor. Für den Rücktritt geltend gemachte Gründe müssten dem Prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Die Klägerin habe in Kenntnis des Umstandes, dass sie an einer Magen-Darm-Entzündung erkrankt war, und in Kenntnis ihrer hierauf beruhenden gesundheitlichen Beschwerden und der erheblichen Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit sowie entgegen dem ausdrücklichen Rat ihres Arztes an der Prüfung teilgenommen. Ihr sei demnach bereits vor und zu Beginn der Prüfung bewusst gewesen, dass ihre Prüfungsfähigkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt war, und sie habe mithin das Risiko eines Misslingens der Prüfung willentlich in Kauf genommen.
13Am 11. April 2014 stellte die Klägerin einen Eilantrag (4 L 296/14), mit dem sie begehrte, zur Wiederholung der Prüfungsarbeit am 16. April 2014 zugelassen zu werden. Die Kammer lehnte den Antrag mit Beschluss vom 15. April 2014 ab. Das OVG lehnte die gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde mit Beschluss noch vom selben Tage ab (6 B 428/14). Die Klägerin habe auch mit der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass es ihr krankheitsbedingt unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, dem Prüfungsamt die Gründe für ihren Prüfungsrücktritt unverzüglich anzuzeigen. Das angeführte Attest habe nur eine Prüfungsunfähigkeit der Klägerin festgestellt, nicht aber, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, dies unverzüglich geltend zu machen.
14Am 5. Mai 2014 hat die Klägerin Klage erhoben und unter dem 10. November 2014 sowohl einen "Nachtrag zum Ärztlichen Attest" des Dr. I. vom 21. Juli 2014 als auch eine Stellungnahme des LRMD Dr. L1. vom Q. C. vom 25. Juli 2014 vorgelegt. In dem "Nachtrag" heißt es: " Das Gesamtbild der von der Patientin geschilderten und mit meinen objektiven Befunden im Einklang stehenden Beschwerden gibt mir Anlass, aus medizinischer Sicht die körperliche und geistige Konstitution der Patientin unmittelbar vor und während der Prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten. Sie war nicht in der Lage, zu einer sachgerechten Entscheidung zu gelangen, ob sie die Klausur absolvieren oder den Prüfungsversuch abbrechen sollte." Dr. L1. führt aus, dass nach seiner Erinnerung die Klägerin - vor der Klausur am 26. Februar 2014 - mit schweren Zeichen eines Infektes bei ihm in Behandlung war. Das ärztliche Attest des Dr. I. belege, dass die Klägerin am 26. Februar 2014 schwer erkrankt gewesen sei. Ihre körperliche und damit auch geistige Konstitution und Belastbarkeit sei im Verlaufe des Vormittags zunehmend so eingeschränkt gewesen, dass ihr selbst eine sachgerechte Einschätzung ihres Zustandes und eine sich daraus ergebende Entscheidung für einen Rücktritt von der Prüfung nicht möglich gewesen sei. Aus der von Dr. I. gestellten Diagnose "Gastroenteritis und Dehydrierung sowie Schwindel und Kreislaufdysregulation" ergebe sich medizinisch fachlich durchaus die Möglichkeit, dass ein davon betroffener Patient kurzfristig völlig desorientiert sein könne. Bei der Klägerin werde dies noch unterstützt durch den niedrigen Blutdruck, der deutlich im pathologischen Unterbereich gelegen habe. Aus polizeiamtsärztlicher Sicht teile er die Einschätzung, dass die Fehleinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit bei der Klägerin krankheitsbedingt, zumindest hochgradig mit bedingt, gewesen sei.
15Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
161. den Bescheid der G. vom 26. März 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 über das Nichtbestehen der Bachelorprüfung und
172. den Bescheid der G. vom 7. April 2014 über die Ablehnung des Antrags auf Anerkennung des Rücktritts von der Prüfung aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, die Klägerin zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zum nächstmöglichen Zeitpunkt zuzulassen.
18Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wird ausgeführt, dass es der Klägerin zumutbar gewesen sei, zumindest noch während der Klausur Kontakt zur Aufsicht aufzunehmen oder unmittelbar nach der Klausur die W. oder das Prüfungsamt aufzusuchen.
21Sowohl Klägerin als auch Beklagter haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 4 L 296/14 und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Mit dem Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
25Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide der G. für öffentliche W. vom 26. März 2014 - dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 - und vom 7. April 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat ferner einen Anspruch darauf, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zugelassen zu werden.
26Die Klägerin ist wirksam vom Prüfungsteil "Modul(wiederholungs)klausur HS 1.1 - Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zurückgetreten. Triftige Gründe für den Rücktritt lagen vor. Diese sind dem Prüfungsamt auch unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht worden (vgl. zu beidem Teil A § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der G. für öffentliche W. NRW - StudO BA -). Damit ist ihr Wiederholungskontingent nach Teil A § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Sätzen 3 und 4 StudO BA noch nicht ausgeschöpft. Vielmehr gilt die Prüfung nach Teil A § 19 Abs. 2 Satz 1 StudOBA als versäumt und ist bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit nachzuholen.
27Das Gericht hält an der im Eilbeschluss vom 15. April 2014 vertretenen Rechtsauffassung nach Vorlage des ärztlichen (Ergänzungs)Attestes vom 21. Juli 2014 und der polizeiamtsärztlichen Stellungnahme vom 25. Juli 2014 nicht mehr fest. Es ist nunmehr zu der Überzeugung gelangt, dass auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes an die Unverzüglichkeit eines Rücktritts hier wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Anerkennung des Rücktritts zu bejahen sind. Die Klägerin hat, wie durch die erwähnten Atteste/Stellungnahmen belegt ist, die Rücktrittserklärung zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben, zu der sie von ihr zumutbarerweise hätte erwartet werden können.
28Vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1988
29- 7 C 8.88 -, juris.
30Wie im Eilbeschluss vom 15. April 2014 bereits ausgeführt, gilt: Im Falle einer Erkrankung ist es Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit durch die Krankheit erheblich beeinträchtigt ist und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar grundsätzlich vor Beginn, spätestens aber während der Prüfung. Wer sich in Kenntnis der eigenen Erkrankung ‑ und gegebenenfalls gegen einen ausdrücklichen ärztlichen Rat - einer Prüfung unterzieht, trifft eine bewusste Risikoentscheidung; das schließt das Risiko ein, dass die Leistungsfähigkeit infolge der Erkrankung während der Prüfung abnimmt. Er kann dann nicht mehr mit Erfolg geltend machen, dass er aufgrund einer später eingetretenen Verschlimmerung der Krankheit keine freie Entscheidung über die weitere Teilnahme an der Prüfung habe treffen können.
31Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2013 - 14 B 982/13 -, juris, Rdn. 6, und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2002 ‑ 9 S 1573/02 -, juris, Rdn. 2 und 4.
32Das Gericht geht aufgrund des - vom Polizeiarzt als plausibel erachteten und bestätigten - sog. Nachtrags vom 21. Juli 2014, nach dem „die körperliche und geistige Konstitution der Patientin unmittelbar vor und während der Prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten ist“, davon aus, dass die Klägerin aufgrund der anhaltenden oder nachwirkenden Erkrankung bereits morgens nicht in der Lage war, eine sachgerechte Entscheidung dazu zu treffen, ob sie überhaupt an der Klausur teilnehmen konnte. Insofern hat sie keine „bewusste Risikoentscheidung“ im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung getroffen, die ihr nunmehr entgegengehalten werden könnte.
33Angesichts der Schwere ihrer Erkrankung, wegen derer nach den Worten des Polizeiarztes auch eine „kurzfristige völlige Desorientierung“ nicht ausgeschlossen werden kann, war es auch nicht fehlerhaft, im Anschluss an die Klausur nicht die W. oder das Prüfungsamt, sondern unmittelbar den ärztlichen Notdienst aufzusuchen. Gleich am nächsten Tag, vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, und damit frei vom Verdacht eines Missbrauchs des Rücktrittsrechts, hat die Klägerin sinngemäß ihren Rücktritt von der Prüfung erklärt. Sie hat damit dem Prüfungsamt ihre Rücktrittsgründe im Sinne der Ausbildungsordnung „unverzüglich schriftlich angezeigt“ und auch hinreichend glaubhaft gemacht.
34Vor diesem Hintergrund ist der Bescheid der G. vom 7. April 2014 über die Nichtanerkennung des Rücktritts aufzuheben und die Klägerin zu einer weiteren Wiederholungsklausur zuzulassen. Da die Klägerin somit wirksam von diesem Prüfungsteil zurückgetreten ist, kann auch die Bewertung der Klausur mit „nicht ausreichend“ keinen Bestand haben. Sowohl der Bescheid vom 26. März 2014 als auch der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2014 sind deshalb aufzuheben.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.