Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 28. Jan. 2015 - 9 B 103/15

ECLI: ECLI:DE:VGMAGDE:2015:0128.9B103.15.0A
published on 28/01/2015 00:00
Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 28. Jan. 2015 - 9 B 103/15
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Gründe

1

I. Der am 26.01.2015 sinngemäße Antrag des Antragstellers gemäß 80 Abs. 7 VwGO,

2

den Beschluss des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 12.11.2014 – 9 B 409/14 MD aufzuheben bzw. abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage (9 A 408/14 MD) des Antragstellers betreffend den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.10.2014 anzuordnen,

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hat keinen Erfolg.

4

Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist dabei kein Rechtsmittelverfahren, sondern vielmehr ein gegenüber dem ursprünglichen Eilverfahren selbstständiges Verfahren. Voraussetzung für einen Anspruch auf Änderung eines zunächst ergangenen Beschlusses ist nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, das sich nach der ersten gerichtlichen Entscheidung die maßgebliche Sach- oder Rechtslage geändert hat. Dies ist insbesondere bei tatsächlichen Veränderungen der Fall, gilt aber ebenso für eine Änderung der Rechtslage. Dasselbe gilt bei einer Veränderung der Prozesslage etwa auf Grund neu gewonnener Erkenntnisse. Darüber hinaus muss die geänderte Sach- oder Rechtslage geeignet sein, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

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Nach diesen Grundsätzen ist das Vorbringen des Antragstellers im Schriftsatz vom 26.01.2015 nicht geeignet, die begehrte Abänderung zu rechtfertigen.

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1. Soweit der Antragsteller den Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin III-VO) rügt, vermag dies keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Denn selbst wenn man vom Ablauf der Überstellungsfrist hier ausgeht, kann der Antragsteller sich hierauf mangels einer subjektiven Rechtsposition nicht berufen.

7

Für den - hier vorliegenden - Fall, dass ein Mitgliedstaat dem Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO stattgegeben hat, ist auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EuGH, Urteil vom 10.12.2013, Abdullahi, C-394/12, NVwZ 2014, S. 208 <210, Rn. 60, 62>) davon auszugehen, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat entgegentreten kann (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6/14 -, NVwZ 2014, S. 1039 <1039 f., Rn. 7>). Danach vermitteln die in der Dublin II-VO bzw. in der Dublin III-VO festgelegten objektiven Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates - und damit auch der hier angesprochene Zuständigkeitsübergang durch Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO - grundsätzlich keinen Anspruch des Asylbewerbers auf die richtige Anwendung dieser Kriterien unter Berücksichtigung etwaiger zuständigkeitsbeendender Sachverhalte.

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Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Antragsgegnerin unter Verletzung des den Asylbewerber schützenden unionsrechtlichen Gebotes der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. EuGH, Urteil vom 10.12.2013, Abdullahi, C-394/12, NVwZ 2014, S. 208 <210, Rn. 59>) untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 26), oder wenn zu befürchten wäre, dass der zuständige Mitgliedstaat aufgrund der Fristüberschreitung zu einer zeitnahen Überstellung des Asylbewerbers nicht (mehr) bereit ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 -, juris, Rn. 59; VG Hannover, Beschluss vom 10.11.2014 - 1 B 12764/14 -, juris, Rn. 14). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 14.11.2014 dem Mitgliedstaat Italien ausgehend davon, dass mit Beschluss des Gerichts vom 12.11.2014 (9 B 409/14 MD) die 6-monatige Überstellungsfrist erneut zu laufen beginnt, ausdrücklich mitgeteilt, dass die Überstellungsfrist – ihrer Auffassung nach – am 13.05.2015 endet. Die für den 08.01.2015 geplante Rückführung nach Italien musste sodann storniert werden, weil der Antragsteller sich trotz der mit Schreiben der zuständigen Ausländerbehörde vom 21.11.2014 erfolgten Aufforderung nicht zur Abholung bereit gehalten hat. Auch dies teilte die Antragsgegnerin dem Mitgliedstaat Italien unter Verwendung des Formblatts mit. Anhaltspunkte dafür, dass Italien diese Vorgaben und Mitteilungen der Antragsgegnerin nicht akzeptiert hat, bestehen nicht, zumal nunmehr eine zeitnahe Überstellung des in Abschiebehaft befindlichen Antragstellers für den 03.02.2015 geplant ist und Italien auch dem nicht widersprochen hat. Eine Verletzung oder Gefährdung des Anspruchs des Antragstellers auf (beschleunigte) Durchführung seines Asylverfahrens ist nach alldem nicht erkennbar.

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2. Die vom Antragsteller behauptete „multiple medizinische Behandlungsbedürftigkeit“ wegen massiver Akne, Sehverschlechterung, chronische Analfissur, posttraumatischer Belastungsstörung/akuter Belastungsreaktion sowie Einschlaf- und Durchschlafstörungen führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (9 A 408/14 MD) gegen Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 09.10.2014.

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Das Gericht geht nach der derzeitigen Auskunftssituation (vgl. Beschluss vom 12.11.2014, 9 B 409/14 MD) weiterhin davon aus, dass auch die medizinische Behandlungsbedürftigkeit des Antragstellers unterstellt, keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Asylsystem in Italien derzeit an solchen systemischen Mängeln leidet, die gerade den Antragsteller der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Fall einer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige erniedrige Behandlung zu erfahren. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG LSA vom 21.01.2013). Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisation oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell für die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen (vgl. Asylum Information Database, Country Report Italy, April 2014, S. 62, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/Italy; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 50). Insofern kann insbesondere auch hinsichtlich einer ggf. bestehenden Behandlungsbedürftigkeit wegen einer psychischen Erkrankung mangels entgegenstehender Erkenntnisse nicht davon ausgegangen werden, dass in Italien systemische Mängel hinsichtlich der medizinischen Versorgung bestehen (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 - 17 L 1018/14.A; VG Stuttgart, Urteil vom 09.07.2014 - A 12 K 868/14 -; VG Regensburg, Beschluss vom 30.04.2014 - RN 5 S 14.50067 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.10.2014 – 5a K 2360/13.A –; alle juris).

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3. Schließlich hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass eine Erkrankung vorliegt, die seine Reisefähigkeit in Frage stellt. Dies gilt zum einen soweit der Antragsteller anführt, an massiver Akne, Sehverschlechterung sowie einer chronischen Analfissur zu leiden, denn dass diese Erkrankungen – ihr Vorliegen unterstellt – die Reisefähigkeit des Antragstellers einschränken, liegt weder nahe noch trägt der Antragsteller hierzu substantiiert vor. Zum anderen hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, an einer posttraumatischen Belastungsstörung derart zu leiden, dass seine Reisefähigkeit derzeit nicht gegeben ist.

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Der vorgelegte Überweisungsschein an eine Psychotherapie durch Dr. med. B… vom 17.11.2014 (Hausarzt) wegen akuter Belastungsreaktion und Ein- und Durchschlafstörungen (Diagnose/Verdachtsdiagnose) erfüllt nicht annähernd die Mindestanforderungen an eine fachliche Beurteilung. Angesichts der Unschärfen des hier vom Antragsteller behaupteten Krankheitsbildes einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie seiner vielfältigen Symptome bedarf es regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung – wie hier – auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 – 10 C 8/07 –, OVG LSA, Beschluss vom 08.02.2012 – 2 M 29/12 –, beide juris). Die Vorlage des Überweisungsscheins wird dem nicht annähernd gerecht, zumal nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich der Antragsteller erst nach Erlass des Beschlusses des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 12.11.2014 (Az. 9 B 408/14 MD), mit dem sein Eilantrag gegen die Abschiebungsanordnung abgelehnt wurde, in ärztliche Behandlung wegen – wie er selbst vorträgt – seelischer Belastung durch die Kriegsgeschehnisse, die Fluchtodyssee und die vorgefundenen Aufnahmebedingungen in Italien begeben hat, obgleich er bereits am 08.04.2014 einen Asylantrag in Deutschland gestellt hat.

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Selbst unterstellt, der Antragsteller leidet an einer akuten Belastungsreaktion sowie Ein- und Durchschlafstörungen, wie im Überweisungsschein wiedergegeben, folgt hieraus nicht zwingend seine fehlende Reisefähigkeit. Dass der Antragsteller für die Bewältigung des Reiseweges nach Italien medizinischer Betreuung/Begleitung bedarf, kann weder der vorgelegten Bescheinigung entnommen werden noch behauptet der Antragsteller Entsprechendes. Sein Vortrag zielt vielmehr darauf ab, die Behandlungsfähigkeit der behaupteten Erkrankungen in Italien zu negieren, obgleich dies nach der derzeitigen Auskunftslage nicht der Fall ist (s.o.).

14

Nach allem war der Antrag daher abzulehnen.

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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83 b AsylVfG.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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Gründe 1 1.) Der sinngemäße Antrag des Antragstellers gemäß 80 Abs. 7 VwGO, 2 den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 19.02.2015 – 9 B 127/15 MD aufzuheben bzw. abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage (9 A 126/15 MD) des..
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.