Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16

bei uns veröffentlicht am12.07.2017

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt als Beamter des Landes Sachsen-Anhalt die beihilferechtliche Erstattung seiner Aufwendungen für jeweils eine Brille in Höhe von 1.298,00 EUR sowie 1.046,00 EUR.

2

Die Erstattung dieser Aufwendungen wurde mit den streitbefangenen Beihilfebescheiden vom 18.08.2015 und 16.09.2015 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Beihilfefähigkeit nur vorliege, wenn auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 vorliege (Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV).

3

Die dagegen eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2016 unter vertiefter Begründung des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Es müsse eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation des Grades der Sehbeeinträchtigung entsprechen. Diese liege unter anderem vor, wenn der Visus bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brille oder mit möglichen Kontaktlinsen auf dem besseren Auge kleiner gleich 0,3 betrage oder das beidäugige Gesichtsfeld kleiner gleich 10 Grad bei zentraler Fixation sei. Der Visus sei mit bester Korrektur mit Brillengläsern oder Kontaktlinsen zu bestimmen. Dabei handele es sich um eine abschließende Aufzählung der Indikatoren, bei deren Vorliegen von einer erheblichen Beeinträchtigung der Sehfähigkeit auszugehen sei.

4

Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Das vom Kläger zitierte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14.07.2015 (14 B 13.654) sei nicht einschlägig und entfalte für die Beihilfefestsetzung im Land Sachsen-Anhalt keine Bindungswirkung.

5

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor, dass die Sehhilfe bei ihm aufgrund seiner Sehschwäche ein unverzichtbares Hilfsmittel sei um grundlegende Verrichtungen des täglichen Lebens besorgen zu können. In einem solchen Fall dürfe eine Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger sei auf die Sehhilfen angewiesen, um seinen Dienst überhaupt ausüben zu können. Es handele sich um ärztlich verordnete Brillengläser. Demnach sei die Rechtsprechung des VGH München in dem zitierten Urteil einschlägig. Danach sei die im (Bayerischen) Beihilferecht seit dem Jahr 2004 für Erwachsenen enthaltene Beschränkung der Erstattung für Aufwendungen für Sehhilfen auf einige wenige Diagnosen (z.B. Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges) nicht mit dem Verfassungsrecht vereinbar und damit nichtig.

6

Der Kläger benötige die Brillen sowohl zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit als auch für wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens. In einem beigelegten Befundbericht des Prof. Dr. H. H… vom 05.06.2016 heißt es:

7

"Diagnosen: RA: geringe Hyperopie
                    LA: hohe Myopie

[…]

In der Untersuchung am 07.06.2015 betrug Ihr Fernvisus rechts VFR: +0,75-0,25/15° = 1,0 und links VFL: -6,5-0,5/121° = 1,0; der Augeninnendruck betrug bds. 12 mmHg. Auf Grund der hohen Myopie links und der großen refraktiven Differenz zwischen beiden Augen ist Ihre Sehfähigkeit im Alltag als auch bei der Arbeit ohne entsprechende Brillen- (oder besser Kontaktlinsen-) Versorgung deutlich eingeschränkt. Wir verordneten daher angepasste Brillen entsprechend den o.g. Werten als Gleitsichtbrillen (Add +2,25 dpt.). Wir empfahlen regelmäßige augenärztliche Kontrollen."

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 18.08.2015 und 16.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016 zu verpflichten, dem Kläger entsprechend seinen Beihilfeanträgen die Aufwendungen für jeweils eine Brille entsprechend der Belege vom 27.05.2015 in Höhe von 1.298,00 EUR sowie 1.046,00 EUR zu erstatten.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen

12

und verteidigt die in den Bescheiden geäußerte Rechtsansicht.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage, über die nach § 6 VwGO durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entschieden werden konnte, ist unbegründet. Die Ablehnung der beihilferechtlichen Erstattung der Aufwendungen des Klägers für seine Sehhilfen ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten; er hat keinen diesbezüglichen rechtlichen Anspruch (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

15

Entscheidend und zwischen den Beteiligten im Streit ist allein die rechtliche Frage, ob im Falle des Klägers eine beihilferechtliche Erstattung für die ihm ärztlich verordneten Sehhilfen aufgrund seiner Sehschwäche gegeben ist.

16

Der Beihilfeanspruch ergibt sich gerade nicht aus § 25 Abs. 1 BBhV. Danach sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Gemäß Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 BBhV sind Sehhilfen zur Verbesserung des Visus beihilfefähig nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur, wenn beide Augen aufgrund der Sehschwäche oder Blindheit eine schwere Sehbeeinträchtigung aufweisen, die mindestens der Stufe 1 der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation des Grades der Sehbeeinträchtigung entspricht. Dies liegt unter anderem vor, wenn der Visus bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brille oder mit möglichen Kontaktlinsen auf dem besseren Auge = 0,3 beträgt oder das beidäugige Gesichtsfeld = 10° bei zentraler Fixation ist. Der Visus ist mit bester Korrektur mit Brillengläsern oder Kontaktlinsen zu bestimmen. Die Fehlsichtigkeit wird hierbei gerade nicht in Dioptrienwerten, sondern in Kodierungsschlüsseln auf der Basis der sogenannten ICD-10-Klassifikation festgelegt. Hierbei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung der Indikationen, bei deren Vorliegen von einer erheblichen Beeinträchtigung der Sehfähigkeit auszugehen ist.

17

Aus den vorliegenden und vom Kläger eingereichten Unterlagen geht nicht hervor, dass beide Augen des Klägers aufgrund einer Sehschwäche oder Blindheit entsprechend der von der WHO empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen.

18

Der Kläger kann sich dabei auch nicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Bayerischen VGH in dem Urteil vom 14.07.2015 (14 B 13.654; juris) berufen. Denn es liegt kein vergleichbarer Fall vor. In dem dortigen Verfahren ging es nämlich um eine hohe Kurzsichtigkeit mit der Wertigkeit F rechts -12,5 dpt.; links -4,5 dpt.; N rechts -10,0 dpt.; links -2,0 dpt.; Diagnose Myopia Permagna. Daraus wurde geschlossen, dass dem dortigen Kläger ohne eine Sehhilfe die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unmöglich gemacht wurden. Hingegen liegt bei dem Kläger des hiesigen Verfahrens nach den ärztlichen Bescheinigungen eine Wertigkeit von Add +2,25 dpt. vor bzw. der Fernvisus rechts +0,75 (Sph)/-0,25 (Zyl) und links -6,5 (Sph)/-0,50 (Zyl). Nach diesen Werten liegt zwar auch bei dem Kläger die Notwendigkeit des ständigen Tragens einer Brille oder sonstiger Korrekturmöglichkeiten vor. Die Fehlsichtigkeit kommt jedoch auch ohne Sehhilfe noch nicht einer faktischen Blindheit gleich, welche es dem Kläger unmöglich machen würde, die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens oder des Arbeitsalltags zu bewerkstelligen.

19

Im Übrigen sieht das Gericht - wie auch durch seine sonstige Rechtsprechung zum Beihilferecht in Sachsen-Anhalt belegt - keine Zweifel an der Wirksamkeit der diesbezüglichen Vorschriften der BBhV und ihren jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben der soeben genannten Ausnahme mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nicht die allgemeine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht (vgl. § 45 Beamtenstatusgesetz; BeamtStG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (BVerwG, Urteil vom 10.06.1999, 2 C 29.98; juris). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenversorgung des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrunde liegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (BVerwG, Urteil vom 20.03.2008, 2 C 49.07; VG Magdeburg, Urteil vom 02.03.2017, 8 A 133/16 MD und Urteil vom 27.10.2016, 8 A 59/16 MD; alle juris).

20

Dabei ist es dem Dienstherrn nach der Verfassung grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008, 2 C 24.07; juris). Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, muss sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfevorschriften als "Programm" ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, 2 C 26.02; juris). Dabei darf eine Einschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen auch in Krankheitsfällen nur durch den Verordnungsgeber selbst aus triftigen Gründen erfolgen (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.01.2015, 2 S 1205/13; juris).

21

Dabei weist das erkennende Gericht darauf hin, dass im Übrigen auch um Land Bayern die dortige beihilferechtliche Rechtsprechung die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nur auf Fälle gravierender Sehschwäche übernimmt (vgl. nur: VG Ansbach, Urteil vom 31.01.2017, AN 1 K 16.02170; Urteil vom 16.11.2016, AN 1 K 15.02405; VG Augsburg, Urteil vom 10.11.2016, Au 2 K 16.1155; alle juris).

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert ist nach § 52 Abs. 1 GKG in Höhe der voraussichtlichen weiteren Beilhilfe festzusetzen.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Bundesbeihilfeverordnung - BBhV | § 25 Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, Körperersatzstücke


(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohend

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 31. Jan. 2017 - AN 1 K 16.02170

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. 3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Nov. 2016 - AN 1 K 15.02405

bei uns veröffentlicht am 16.11.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollsteckbar. Tatbestand Der am ... geborene Kläger erhält vom Beklagten Versorgung

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 10. Nov. 2016 - Au 2 K 16.1155

bei uns veröffentlicht am 10.11.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar Tatbestand Die mit eine

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 14. Juli 2015 - 14 B 13.654

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 14 B 13.654 Im Namen des Volkes Urteil vom 14. Juli 2015 14. Senat (VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939) Sachgebietsschl
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Juli 2017 - 8 A 137/16.

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 21. Dez. 2018 - W 10 K 17.33394

bei uns veröffentlicht am 21.12.2018

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 13. September 2017 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbest

Referenzen

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin steht als Beamtin im Dienste des Beklagten.

Sie ist sehbehindert. Aus der augenärztlichen Verordnung vom 7. März 2016 ergeben sich folgende Werte: Ferne Rechts: sph + 7,00, cyl. - 1,00; Achse 110° Ferne Links: sph + 4,75, cyl - 1,25, Achse 100°.

Die Verordnung enthält folgende Bemerkungen:

„Kunststoff: Anisometropie; chronisches Druckekzem; Visus RA 0,2; Amblyopie“.

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Gewährung von Beihilfe in Höhe von 72,50 EUR für die Anschaffung einer Fernbrille zum Gesamtpreis von 246,- EUR.

Den entsprechenden Beihilfeantrag der Klägerin vom 22. März 2016 lehnte das Landesamt für ..., Dienststelle L., Bezügestelle Beihilfe, mit Bescheid vom 30. März 2016 ab. In der Begründung des Bescheides ist ausgeführt, gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV seien die Aufwendungen für Sehhilfen für Beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Angehörige (ausgenommen Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) nur bei Vorliegen einer der folgenden Erkrankungen (Indikationen) beihilfefähig:

a) Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.0) oder

b) Blindheit eines Auges und Sehschwäche eines anderen Auges (Diagnoseschlüssel H 54.1) oder

c) gravierende Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.2) oder

d) erhebliche Gesichtsfeldausfälle (Angabe der Diagnose) oder

e) gravierende Sehschwäche ab - 10,0 dpt.

Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen, die seit dem 14. Juli 2014 (Rechnungsdatum) beschafft worden seien, seien im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung nur beihilfefähig bei gravierender Sehschwäche ab - 10,0 dpt (vgl. Urteil des BayVGH vom 14.7.2015 - 14 B 13.654).

Eine schwere Sehbehinderung im Sinne der Buchstaben a) bis c), die zur Versorgung zu Lasten der Beihilfe führen könne, liege somit nur vor, wenn die Sehschärfe (Visus) auf jedem Auge maximal 0,3 betrage. 0,3 bedeute, dass der Patient aus drei Meter Entfernung das sehen könne, was ein Normalsichtiger aus zehn Meter Entfernung sehen könne. Bestehe bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brillen- oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf einem Auge eine Sehleistung von ≤ 0,3 (kleiner oder gleich 30%), auf dem anderen bei bestmöglicher Korrektur eine Sehbehinderung von > 0,3 (größer als 30%), bestehe kein Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige.

Eine eingeschränkte Sehfähigkeit von bis 0,3 auf einem Auge allein reiche somit für einen Leistungsanspruch nicht aus (VV-Nr. 1 Satz 5 zu § 22 BayBhV).

Aus den vorgelegten Belegen sei keine beihilfefähige Indikation (a bis e) erkennbar. Die Aufwendungen könnten somit nicht als beihilfefähig anerkannt werden.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 12. April 2016, eingegangen beim Landesamt für ..., Dienststelle L., am 13. April 2016, Widerspruch ein.

Nach ihrer Auffassung ergebe sich ein beihilfefähiger Betrag in Höhe von 145.- EUR (rechtes Auge 41,- + 21,- + 21,- = 83,- EUR, linkes Auge 41,- + 21,- = 62,- EUR) und somit eine Auszahlung in Höhe von 72,50 EUR.

Sie benötige die Sehhilfe seit ihrer Kindergartenzeit, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Sie verweise hierzu insbesondere auf die Ausführungen im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2015 - 14 B 13.654, Rn. 25. Auch sie wäre ohne Sehhilfe nicht in der Lage, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Sie wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege (zum Beispiel Nagelpflege) hinreichend nachzukommen, noch hätte sie ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb ihrer häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und ihr damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, seien auch für sie grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch ihr berufliches Aufgabenfeld umfasse, teilnehmen zu können.

Das Landesamt für ..., Dienststelle L., Bezügestelle Beihilfe, wies den Widerspruch mit Bescheid vom 12. Oktober 2016 zurück.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe mit Urteil vom 14. Juli 2015 - 14 B 13.654 entschieden, dass die im Bayerischen Beihilferecht enthaltene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig sei.

Da die Voraussetzungen einer gravierenden Sehschwäche ab - 10 Dioptrien bei der Klägerin nachweislich nicht erfüllt seien, könnten die Aufwendungen für eine Fernbrille nicht als beihilfefähig anerkannt werden.

Nachweislich der vorgelegten augenärztlichen Verordnung vom 7. März 2016 lägen bei der Klägerin folgende Werte vor: Ferne Rechts: sph + 7,00, cyl. - 1,00; Achse 110° Ferne Links: sph + 4,75, cyl - 1,25, Achse 100°.

Darüber hinaus enthalte die Verordnung folgende Bemerkungen:

„Kunststoff: Anisometropie; chronisches Druckekzem; Visus RA 0,2; Amblyopie“.

Die Anmerkungen, dass Indikationen „Anisometropie“ und „chronisches Druckekzem“ vorlägen, rechtfertigten nicht allein die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Sehhilfe. Vielmehr würden diese Indikationen bei einer grundsätzlichen Beihilfefähigkeit der Sehhilfe dazu führen, dass die Mehraufwendungen für Kunststoff- und Leichtgläser beihilfefähig wären. Diese Diagnosen allein führten allerdings im Fall der Klägerin nicht zu einer Beihilfegewährung.

Außerdem sei aus der Verordnung ersichtlich, dass bei der Klägerin auf dem rechten Auge ein Visus von 0,2 vorliege. Dies bedeute, dass sie auf dem rechten Auge aus zwei Meter Entfernung das sehen könne, was ein „Normalsichtiger“ aus zehn Meter Entfernung sehen könne. Allerdings lägen die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Sehhilfe nicht vor, da hierfür eine der oben genannten Diagnosen (Diagnoseschlüssel H 54.0, H 54.1 oder H 54.2) vorliegen müssten.

Bei einem Beihilfeworkshop vom 20. September bis 21. September 2016 in Regensburg hätten sich die Vertreter der einzelnen Beihilfestellen unter anderem mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen befasst und eine einheitliche Vorgehensweise festgelegt: Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen seien nach der Bayerischen Beihilfeverordnung nur bei den in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten engen Voraussetzungen beihilfefähig, soweit nicht eine Anerkennung als therapeutische Sehhilfe (§ 22 Abs. 7 BayBhV) möglich sei.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im Urteil vom 14. Juli 2015 entschieden, dass die im bayerischen Beihilferecht enthaltene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig sei. Im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung sei auf Grund des FMS vom 28. September 2015, Gz. 25-P 1820-1/27, bei gravierender Sehschwäche ab - 10,0 Dioptrien Beihilfe zu gewähren. In analoger Anwendung des oben genannten FMS gelte diese Vorgehensweise auch entsprechend bei + 10 Dioptrien.

Laut rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. März 2016 - M 17 K 15.5257 binde das genannte Schreiben das Gericht mangels normativer Wirkung nicht, zudem entspreche die strikte Festlegung einer gravierenden Sehschwäche ab einem Wert von - 10,0 Dioptrien nicht den Anforderungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, so dass der damit nach wie vor geltende grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV weiterhin gegen den Fürsorgegrundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG verstoße. Nach Ansicht des Gerichts knüpfe die Festlegung dieses Grenzwertes nicht hinreichend differenziert an das maßgebliche Kriterium an, ob der jeweilige Beihilfeantragsteller ohne entsprechende Sehkorrektur die allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens bewältigen könne. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen gehörten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 3 KR 16/05 R) das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen, sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Hinzu käme die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen. In dem vom Verwaltungsgericht München zu beurteilenden Fall sei bereits bei Werten von - 6,0 Dioptrien vom Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche ausgegangen worden.

Zusammenfassend sei in dem Beihilfeworkshop allerdings festgestellt worden, dass weiterhin an der vom FMS vom 28. September 2015 vorgegebenen Linie festgehalten werde. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München sei insoweit als Einzelfall zu betrachten.

Von Verfassungs wegen fordere die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen entstandenen Aufwendungen (BVerwG U.v. 31.1.2002 - 2 C 1/01 unter Hinweis auf BVerfGE 83, 89/101). Die Beihilfefähigkeit der Kosten einer Sehhilfe berühre nicht den Wesenskern der Fürsorgepflicht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Der Gesetzgeber sei bei der Ausgestaltung von Normen grundsätzlich berechtigt, aus sachlichen Gründen zu generalisieren und zu pauschalieren und dabei von durch die Erfahrung begründeten Gesamtbildern auszugehen (BVerfGE 11, 254; 17, 23; 21, 27). Zu berücksichtigen sei dabei auch der ergänzende Charakter der Beihilfegewährung, wonach der Beamte (auch individuell gebotene) Aufwendungen für die Lebensführung grundsätzlich aus der allgemeinen Alimentation zu bestreiten habe.

Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 8. November 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage mit den Anträgen:

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Beihilfebescheides vom 30. März 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2016 verpflichtet, Beihilfeleistungen nach § 22 BayBhV in Höhe von 72,50 EUR zu erbringen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Zur Begründung wurde auf die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, Az.: 14 B 13.654 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, Az.: M 17 K 15.5257 verwiesen.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2016, die Klage abzuweisen.

Dem Klagebegehren stehe § 22 Abs. 1 BayBhV entgegen. Die dort angeführten Indikationen, insbesondere eine gravierende Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.2) lägen bei der Klägerin nicht vor (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 c BayBhV).

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin in Anlehnung an die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juli 2015 - 14 B 13.654 davon ausginge, dass der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene grundsätzliche Beihilfeausschluss von Sehhilfen für Erwachsene, die eine gravierende Sehschwäche hätten, unwirksam sei, ergebe sich auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn kein Anspruch der Klägerin, da diese nicht an einer gravierenden Sehschwäche leide. Der der Klage zugrunde liegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von der Fallgestaltung, über den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden habe. Bei der Klägerin bestehe unstreitig eine Weitsichtigkeit mit den Werten: Ferne rechts: sph + 7,0, cyl - 1,00, Achse 110; Ferne links: sph + 4,75, cyl - 1,25, Achse 100. Der Visus RA sei mit 0,2 angegeben.

Ziehe man für das Maß der Beeinträchtigung die Abstufung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) heran, so liege zwar bei der Klägerin eine Sehbehinderung vor, die jedoch nicht wesentlich sei. Eine Sehbeeinträchtigung nach der Stufe 2 der WHO (in Deutschland bezeichnet als „wesentlich sehbehindert“) setze voraus, dass das Sehvermögen kleiner oder gleich 10% (Visus kleiner = 0,1) sei. Ausgehend von dieser seitens der WHO vorgenommenen Einordnung könne von einer gravierenden Sehschwäche bei der Klägerin nicht ausgegangen werden, insbesondere nicht auf dem stärkeren linken Auge, das letztlich das Sehvermögen der Klägerin bestimme.

Soweit die Klägerin in ihrem Widerspruch vom 12. April 2016 darauf verweise, dass es ihr nicht möglich sei, ohne Sehhilfe wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens zu bewältigen, werde dies mit Nichtwissen bestritten. Diesbezüglich fehle es auch an einem substantiierten Sachvortrag der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid des Landesamts für ...- Dienststelle L. - Bezügestelle Beihilfe - vom 30. März 2016 und der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 12. Oktober 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf die beantragte Beihilfeleistung für die Beschaffung einer Fernbrille in der von ihr beantragten Höhe von 72,50 EUR, da die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nicht vorliegen und der hierdurch bewirkte Beihilfeausschluss rechtmäßig ist.

Ein Beihilfeanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus Art. 96 BayBG i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 BayBhV.

Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7 Abs. 1 der gemäß Art. 96 Abs. 5 BayBG hierzu erlassenen Bayerischen Beihilfeverordnung sind Aufwendungen „nach den folgenden Vorschriften“ beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen. Danach sind diese bei der volljährigen Klägerin nur im Fall des Vorliegens einer der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a) bis d) BayBhV genannten Indikationen beihilfefähig. Der im Beihilfebescheid zitierte § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 e) BayBhV ist (noch) nicht existent. Es besteht derzeit die Absicht, eine entsprechende Regelung zu treffen.

Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten Indikationen sind im Falle der Klägerin nicht erfüllt, insbesondere liegt keine gravierende Sehschwäche beider Augen vor (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 c) BayBhV), da nur auf dem rechten Auge ein Visus von ≤ 0,3 vorliegt (vgl. Ziffer 1 der VV zu § 22 BayBhV).

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertritt in seinem Urteil vom 14. Juli 2015 - 14 B 13.654 jedoch die Auffassung, der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstoße jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45 Abs. 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten zu sorgen habe (BayVGH, U.v. 14.7.2015 - 14 B 13.654, juris Rn. 22).

Bei der Klägerin liegt jedoch keine der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vergleichbare gravierende Sehschwäche vor. Diese hatte nämlich eine Stärke erreicht (Myopia per magna - hohe Kurzsichtigkeit, ca. -13 dpt.), die dem dortigen Kläger ohne eine Sehhilfe die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unmöglich gemacht hätte. Hingegen liegt bei der Klägerin des gegenständlichen Verfahrens, deren Weitsichtigkeit laut ärztlicher Brillenverordnung vom 7. März 2016 +7,00 dpt (rechts) und +4,75 dpt (links) beträgt, nach den im Internet recherchierbaren Kategorien (vgl. www.brillen-sehhilfen.de) zwar eine das ständige Tragen einer Brille (oder Sehhilfe) erfordernde Weitsichtigkeit vor, die jedoch auf einem Auge noch nicht die Schwelle für eine starke Weitsichtigkeit (ab 5,00 dpt) erreicht und deshalb nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne Sehhilfe nicht einer faktischen Blindheit gleichkäme.

Insbesondere kann sich die Klägerin auch nicht auf die von ihr zur Klagebegründung übernommenen Ausführungen des BayVGH im oben genannten Urteil vom 14. Juli 2015 berufen, da die dortigen Feststellungen des BayVGH zu einem anders gelagerten und nach objektiven Kriterien nicht mit dem Fall der Klägerin vergleichbaren Sachverhalt, nämlich dem Fall eines Beamten mit einer sehr hohen Kurzsichtigkeit (Myopia per magna) getroffen wurden.

Nachdem vorliegend kein Fall einer solchen gravierenden Sehschwäche gegeben ist, stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob sich die Umsetzung der Entscheidung des BayVGH durch das Landesamt für Finanzen als zu eng erweist, wenn eine gravierenden Sehschwäche erst ab einer Größenordnung von mindestens +/-10 dpt angenommen wird.

Die Kammer hat - über die Notwendigkeit einer Beihilfeleistung für Fälle einer gravierenden Sehschwäche hinaus - keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschriften der BayBhV und ihrer jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben den oben genannten Ausnahmen mit höherrangigem Recht vereinbar.

Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nämlich nicht die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (BVerwG, U.v. 10.6.1999 - 2 C 29/98, juris Rn. 22 m.w.N.). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (BVerwG, U.v. 20.3.2008 - 2 C 49.07, juris Rn. 20; vgl. auch VG Bremen, U.v. 10.11.2015 - 2 K 695/14, Rn. 23, juris). Der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten soll auch im Krankheits- und Pflegefall gesichert werden. Dem Dienstherrn ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind. Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten; das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Medikamente und Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BayVGH, a.a.O., juris Rn. 24).

Insbesondere ist es dem Gesetz- und Verordnungsgeber nach Auffassung der Kammer rechtlich möglich, die Beihilfeleistungen für Hilfsmittel wie einer Brille ähnlich den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie/HilfsM-RL) in der Neufassung vom 21. Dezember 2011 zu beschränken.

Dabei ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dadurch, dass nur für bestimmte Diagnosen ein Beihilfeausschluss bzw. eine Beihilfegewährung vorgesehen wird (noch offengelassen: BayVGH, a.a.O., Rdnr. 32, juris). Hinsichtlich der Schwere der Sehbeeinträchtigungen wurde nämlich nach Auffassung des Verordnungsgebers keine bloß quantitativ bedeutsame Unterscheidung getroffen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 22 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV genannten Ausnahmefällen - wie auch aus der vom BayVGH zusätzlich angenommenen Ausnahme der gravierenden Sehschwäche - ein qualitativer Unterschied in der Beeinträchtigung, weshalb ein genügender sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus diesem Grund ist mit Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 lit. b BayBG auch eine genügende Verordnungsermächtigung für den vorgenommenen Ausschluss der Beihilfegewährung gegeben, weil nach qualitativ unterschiedlichen Indikationen unterschieden wurde.

Auch liegt keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht wegen einer unzumutbaren Belastung des Beamten durch die Aufwendungen für die Brille als medizinisches Hilfsmittel vor (vgl. zur Unzumutbarkeit BVerwG, U.v. 10.10.2013 - 5 C 32/12, juris Rn. 25 m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 16.6.2010 - AN 15 K 10.00165; VG Bayreuth, U.v. 23.2.2015 - B 5 K 14.1, juris Rn. 28). Eine derartige unzumutbare Belastung für die Klägerin durch die von ihr begehrten Aufwendungen in Höhe von 72,50 EUR bei einem Anschaffungspreis der Brille in Höhe von 246,- EUR ist ersichtlich nicht gegeben, da es sich lediglich um einmalige Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums handelt, die - auf diesen bezogen - jedenfalls als von der Klägerin leistbar angesehen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.

Da der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht über die Frage entschieden hat, ob bei der Feststellung einer gravierenden Sehschwäche, die zur Beihilfeberechtigung führt zwischen Kurz- und Weitsichtigkeit zu differenzieren ist, und ob ggf. wegen der Einschränkungen im Nahbereich bei einer Weitsichtigkeit geringere Anforderungen an den Grad der Sehschwäche anzulegen sind, wird die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 124 a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollsteckbar.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger erhält vom Beklagten Versorgungsbezüge.

Mit Antrag vom 22. September 2015 begehrte er u. a. die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für die Beschaffung einer Brille in Höhe von 983,00 EUR.

Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe - vom 7. Oktober 2015 setzte der Beklagte hierzu eine Beihilfe von 0,00 EUR fest.

Zur Begründung wird unter Hinweis-Nr. 0231 ausgeführt, dass Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen derzeit nur bei den in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten engen Voraussetzungen beihilfefähig seien, soweit nicht eine Anerkennung als therapeutische Sehhilfe (§ 22 Abs. 7 BayBhV) möglich sei. Der BayVGH habe mit Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, dazu entschieden, dass die im bayerischen Beihilferecht enthaltene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig sei. Seit dem 14. Juli 2014 (Rechnungsdatum) beschaffte Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen seien im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der BayBhV bis zum Inkrafttreten einer Änderungsverordnung nur beihilfefähig bei gravierender Sehschwäche ab -10,0 dpt.

Da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, könnten die Aufwendungen nicht als beihilfefähig anerkannt werden.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 legte der Kläger Widerspruch ein.

Die Anerkennung einer gravierenden Sehschwäche erst ab -10,0 dpt. entspreche nicht der Begründung des Urteils des BayVGH vom 14. Juli 2015. § 22 Abs. 8 BayBhV führe das Lesen normaler Zeitungsschrift als Grenze der gravierenden Sehschwäche an. Wie im Urteil vom 14. Juli 2015 ausreichend dargestellt, dürfe die Beihilfefähigkeit für unverzichtbare Hilfsmittel für die Ausführung der grundlegenden Verrichtungen des täglichen Lebens nicht ausgeschlossen werden. Aus der vorgelegten ärztlichen Brillenverordnung vom 27. November 2014 gehe hervor, dass seine Minusstärken mit 4,25 und 4,00 dpt. einer gravierenden Sehschwäche beider Augen im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 2 c) BayBhV entspreche. Er beantrage eine Beihilfe in folgender Höhe festzusetzen und auszuzahlen:

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 b) BayBhV 2 x 72 EUR für die Beschaffung der beiden Mehrstärkengläser. Da der Ausschluss der Kosten einer Brillenfassung aus den beihilfefähigen Kosten gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BayBhV die Benutzung einer Sehhilfe nicht möglich mache, sei diese Vorschrift ebenfalls verfassungswidrig. Er beantrage deshalb, die Fassung der beiden zuschussfähigen Brillengläser ebenfalls als beihilfefähig anzuerkennen und hierbei hilfsweise auf den in § 22 Abs. 6 Nr. 2 BayBhV genannten Betrag von 52 EUR zurückzugreifen. Zusammenfassend beantrage er eine Beihilfe von 144 EUR für die Gläser und 52 EUR für die Fassung der lebensnotwendigen Sehhilfe.

Mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 23. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sei im Schreiben vom 28. September 2015 ... zu dem Ergebnis gekommen, dass Aufwendungen für Sehhilfen bei Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Inkrafttreten einer Verordnung zur Änderung der BayBhV nur beihilfefähig seien bei

a) Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.0) oder

b) Blindheit eines Auges und Sehschwäche eines anderen Auges (Diagnoseschlüssel H 54.1)

oder

c) gravierender Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.2) oder

d) erheblichen Gesichtsfeldausfällen oder

e) gravierender Sehschwäche ab -10,0 dpt.

Eine schwere Sehbehinderung, die zur Versorgung mit einer Sehhilfe zulasten der Beihilfe führen könne, liege nur vor, wenn die Sehschärfe auf jedem Auge nach Korrektur durch die Sehhilfe maximal 0,3 betrage. 0,3 bedeute, dass der Patient aus 3 m Entfernung das sehen könne, was ein Normalsichtiger aus 10 m Entfernung sehen könne. Bestehe bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brille oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf einem Auge eine Sehleistung von < 0,3, auf dem anderen Auge bei bestmöglicher Korrektur eine Sehbehinderung von >30%, bestehe selbst hier kein Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige.

Der Kläger habe mit seinem Widerspruch vom 13. Oktober 2015 wiederum keine der Diagnosen nachgewiesen. Es lägen somit die Indikationsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV für eine Sehhilfe nicht vor.

Hierauf erhob der Kläger mit einem am 30. November 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom 27. November 2015 Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung dahingehend gestellten Antrag, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 7. Oktober 2015 und vollständiger Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2015 zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Beihilfe in Höhe von 144 EUR für die beiden Gläser und 52 EUR für die Brillenfassung zu erstatten.

Zur Klagebegründung verwies er auf die Begründung seines Widerspruchs.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - vom 22. Dezember 2015,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe zu seiner Brille. Die Sehschwäche des Klägers erfülle keine der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV in der bei Entstehung der Aufwendungen geltenden Fassung genannten Voraussetzungen, insbesondere liege keine gravierende Sehschwäche im Sinne von Diagnoseschlüssel H 54.2 nach Buchst. c) vor.

Die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM) sei die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Danach müsse beim Diagnoseschlüssel H 54.2 mindestens eine mittelschwere Sehbeeinträchtigung der Stufe 1 binokular vorliegen. Die Klassifikation des Schweregrads der Sehbeeinträchtigung beruhe wiederum auf den Empfehlungen durch den Beschluss des International Council of Ophthalmology (2002) und der Resolution der WHO-Konferenz zur „Entwicklung von Standards zu Kriterien für Visusverlust und Visusfunktion“ (2003), vgl. VV zu § 22 Abs. 1 BayBhV). Wie im Widerspruchsbescheid bereits ausgeführt, sei daher für eine derartige gravierende Sehschwäche nach optimaler Korrektur durch eine Sehhilfe noch eine Minderung der Sehschärfe von 0,3 erforderlich. Anhaltspunkte dafür ließen sich weder der dem Kläger zurückgesandten ärztlichen Verordnung noch seinem Vortrag im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren entnehmen.

Aus § 22 Abs. 8 BayBhV ergebe sich nichts anderes. Danach bestehe ein Anspruch auf Beihilfe für eine vergrößernde Sehhilfe, wenn trotz Brille oder Kontaktlinsen das Lesen normaler Zeitungsschrift nicht möglich sei. Aufwendungen für eine vergrößernde (zusätzliche) Sehhilfe habe der Kläger hingegen nicht geltend gemacht.

Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BayVGH im Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, habe der Kläger keinen Anspruch auf Beihilfe zu einer Sehhilfe. Danach sei die Beschränkung der Beihilfe lediglich auf die Fälle einer Blindheit oder einer dieser nahekommenden Sehschwäche nicht mit der Fürsorgepflicht vereinbar. Ein Beihilfeanspruch bestehe daher auch bei einer gravierenden Sehschwäche wie im dort zu entscheidenden Fall. Der dortige Kläger habe eine Sehschwäche von mindestens -10,0 dpt. gehabt. Entsprechend habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat mit Schreiben vom 28. September 2015 im Vorgriff auf eine Änderung der BayBhV verfügt, dass zu Aufwendungen für eine ab 14. Juli 2014 beschaffte Sehhilfe Beihilfe zu gewähren sei, wenn eine gravierende Sehschwäche ab -10,0 dpt. vorliege. Dieses Kriterium erfülle die Sehschwäche des Klägers nicht.

Hierzu erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2016 zusammengefasst folgendes:

Der Beklagte lege das der Klage zugrunde liegende Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 vollkommen falsch und restriktiv aus. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt werde. Die im angegriffenen Beihilfebescheid und im Widerspruchsbescheid zitierte geplante Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung sei unerheblich und habe im vorliegenden Verfahren keinerlei Bedeutung. Ob und inwieweit er für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen könne, beurteile sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a BayBG erlassenen BayBhV vom 2. Januar 2007. Damit habe er dem Grunde nach Anspruch auf eine Beihilfe für die ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Er sei zum maßgeblichen Zeitpunkt als Pensionär des Beklagten zu 70% beihilfeberechtigt gewesen. Seine Aufwendungen seien auch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayBhV beihilfefähig und die Notwendigkeit der Aufwendungen für die schriftlich verordnete Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stünden außer vernünftigem Zweifel. Wie das Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 expressis verbis ausführe, werde die gravierende Sehschwäche auf die Beeinträchtigung der Verrichtungen des täglichen Lebens und nicht auf die ominöse -10 dpt.-Grenze der zu verändernden BayBhV gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung von BVerwG und BayVGH beurteile sich die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten.

Damit sei der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, die, wie er eine gravierende Sehschwäche hätten, unwirksam. Seine Aufwendungen für die Gleitsichtbrille seien erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Er habe gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur sei er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Es sei ohne Sehhilfe weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung, wie Einkäufe oder Behördengänge tätigen zu können.

So sei seine erste Tätigkeit im Bereich des morgendlichen Erwachens der Griff zur Brille um seine Hausschuhe und seine Unterwäsche zu identifizieren. Die Brille sei erforderlich, um Verunreinigung der Toilettenschüssel zu sehen und zu beseitigen, um Ärger mit seiner Frau zu entgehen, sowie Bartstoppeln im Spiegel gezielt anzusteuern. Beim Versuch einer Rasur ohne Brilleneinsatz ergebe die nachherige Kontrolle mit Brille einen Flickenteppich von rasierten und unrasierten Gesichtsteilen. Ob er anständig frisiert sei, lasse sich im Spiegel nur mithilfe der Brille feststellen.

Ganz abgesehen von der Gefahr eines Fehltritts und der Sturzgefahr auf Stufen oder gepflasterten Wegen, wo er nur mithilfe der Brille zügig und unverletzt laufen könne. Personen- oder Verkehrsschilderkennung wäre auch nicht möglich und bereits seit 48 Jahren trage seine Fahrerlaubnis den Vermerk: „Das Tragen eines Sehhilfe ist notwendig.“ Die seitdem stetige Verschlechterung seiner Sehstärke sei sicher auch seinem Beruf als Finanzbeamter geschuldet (Berufskrankheit?). Die vom Beklagten vorgebrachten Klassifizierungen der WHO seien in anderem Zusammenhang entstanden und hier nicht entscheidungsrelevant.

Wie aus dem Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 weiter hervorgehe, handle es sich bei den Aufwendungen des Klägers nicht um Kosten, die ihrer Art nach der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen seien (BVerwG vom 13.12.2012). Sie dienten dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Das Erfordernis einer Sehhilfe stelle sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen seien Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsehe (vgl. § 22 BayBhV). Eine Beihilfe zum Ausgleich dieser gravierenden Sehschwäche in seinem Fall abzulehnen, verstoße gegen den Fürsorgegrundsatz des Beihilferechts. Seine Sehschwäche sei nicht an Blindheit grenzend, jedoch so gravierend, dass der hierzu konstruierte Teilausschluss der Beihilfefähigkeit nichtig sei. Wie im mehrfach zitierten Urteil festgestellt worden sei, verstoße § 22 Abs. 1 BayBhV gegen die Bayerische Verfassung und sei bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtstG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Auflage 2014, Art. 92 Rn. 14).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Sonderakte zur Beihilfeakte des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 7. Oktober 2015 - soweit angefochten (Versagung der Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 196 EUR für die Beschaffung einer Brille) - in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 23. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragten Beihilfeleistungen für die Beschaffung einer Brille in der von ihm beantragten Höhe (Gläser: 144 EUR, Fassung: 52 EUR), da die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nicht vorliegen und der hierdurch bewirkte Beihilfeausschluss rechtmäßig ist.

Ein Beihilfeanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus Art. 96 BayBG i. V. m. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 BayBhV. Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7 Abs. 1 der gemäß Art. 96 Abs. 5 BayBG hierzu erlassenen Bayerischen Beihilfeverordnung sind Aufwendungen „nach den folgenden Vorschriften“ beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen. Danach sind diese beim volljährigen Kläger nur im Fall des Vorliegens einer der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a bis d BayBhV genannten Indikationen beihilfefähig.

Darüber ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, zu der Erkenntnis gelangt, dass der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45 Abs. 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip verstoße, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten zu sorgen habe (BayVGH, U. v. 14.07.2015, Az. 14 B 13.654, Rdnr. 22, juris).

Unzweifelhaft liegen beim Kläger keine der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten Indikationen vor. Auch handelt es sich hier nicht um einen auch nur annähernd vergleichbaren Fall einer dermaßen gravierenden Sehschwäche, welche dem Ausgangsfall des BayVGH zugrunde gelegen hatte. Diese hatte nämlich eine Stärke erreicht (Myopia per magna - hohe Kurzsichtigkeit, ca. -13 dpt.), die dem dortigen Kläger ohne eine Sehhilfe die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unmöglich gemacht hätte. Hingegen liegt beim Kläger des gegenständlichen Verfahrens, dessen Kurzsichtigkeit laut ärztlicher Brillenverordnung vom 27. November 2014 -4,25 dpt und -4,00 dpt beträgt, nach den im Internet recherchierbaren Kategorien (vgl. www.brillensehhilfen.de) zwar eine das ständige Tragen einer Brille (oder Sehhilfe) erfordernde moderate Kurzsichtigkeit vor, die jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne Sehhilfe nicht einer faktischen Blindheit gleichkäme. Insbesondere kann sich der Kläger auch nicht auch nicht auf die von ihm zur Klagebegründung zum Teil wortwörtlich übernommenen Ausführungen des BayVGH im oben genannten Urteil vom 14. Juli 2015 berufen, da die dortigen Feststellungen des BayVGH zu einem anders gelagerten und nach objektiven Kriterien, nicht mit dem Fall des Klägers (Minusstärken: 4,25 dpt. und 4,00 dpt) vergleichbaren Sachverhalt, nämlich dem Fall eines Beamten mit einer sehr hohen Kurzsichtigkeit von ca. -13 dpt. getroffen wurden.

Nachdem vorliegend kein Fall einer solchen gravierenden Sehschwäche gegeben ist, stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die Umsetzung der Entscheidung des BayVGH durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle ... - sich als zu eng erweist, wenn eine solche erst ab einer Größenordnung von mindestens -10 dpt. angenommen wird.

Die Kammer hat - über die Notwendigkeit einer Beihilfeleistung für Fälle einer gravierenden Sehschwäche hinaus - keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschriften der BayBhV und ihrer jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben den oben genannten Ausnahmen mit höherrangigem Recht vereinbar.

Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nämlich nicht die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (BVerwG, Urt. v. 10.6.1999, Az. 2 C 29/98, Rdnr. 22, juris, m. w. N.). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (BVerwG, U.v. 20.3.2008, Az. 2 C 49.07, Rdnr. 20, juris; vgl. auch VG Bremen, U. v. 10.11.2015, Az. 2 K 695/14, Rdnr. 23, juris). Der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten soll auch im Krankheits- und Pflegefall gesichert werden. Dem Dienstherrn ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind. Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten; das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Medikamente und Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BayVGH, a. a. O., Rdnr. 24, juris).

Insbesondere ist es dem Gesetz- und Verordnungsgeber nach Auffassung der Kammer rechtlich möglich, die Beihilfeleistungen für Hilfsmittel wie einer Brille ähnlich den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 12 Abs. 1 Spiegelstr. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie/HilfsM-RL) in der Neufassung vom 21. Dezember 2011 zu beschränken.

Dabei ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dadurch, dass nur für bestimmte Diagnosen ein Beihilfeausschluss bzw. eine Beihilfegewährung vorgesehen wird (noch offengelassen: BayVGH, a. a. O., Rdnr. 32, juris). Hinsichtlich der Schwere der Sehbeeinträchtigungen wurde nämlich nach Auffassung des Verordnungsgebers keine bloß quantitativ bedeutsame Unterscheidung getroffen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 22 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV genannten Ausnahmefällen - wie auch aus der vom BayVGH zusätzlich angenommenen Ausnahme der gravierenden Sehschwäche - ein qualitativer Unterschied in der Beeinträchtigung, weshalb ein genügender sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus diesem Grund ist mit Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 lit. b BayBG auch eine genügende Verordnungsermächtigung für den vorgenommenen Ausschluss der Beihilfegewährung gegeben, weil nach qualitativ unterschiedlichen Indikationen unterschieden wurde.

Auch liegt keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht wegen einer unzumutbaren Belastung des Beamten durch die Aufwendungen für die Brille als medizinisches Hilfsmittel vor (vgl. zur Unzumutbarkeit BVerwG, Urt. v. 10.10.2013, 5 C 32/12, Rdnr. 25, juris, m. w. N.; VG Ansbach, Urt. v. 16.06.2010, AN 15 K 10.00165; VG Bayreuth, Urt. v. 23.02.2015, B 5 K 14.1, Rdnr. 28, juris). Eine derartige unzumutbare Belastung für den Kläger durch die von ihm begehrten ungedeckten Aufwendungen in Höhe von 196,00 EUR ist jedoch nach Auffassung des Gerichts keinesfalls gegeben, da es sich lediglich um einmalige Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums handelt, die - auf diesen bezogen - jedenfalls als vom Beamten leistbar angesehen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Nach Auffassung der Kammer weicht das Urteil nicht von der oben genannten Entscheidung des BayVGH vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, ab (vgl. §§ 124 Abs. 2 Nr. 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO), da der dort entschiedene Fall einen objektiv anders gelagerten Sachverhalt (Myopia per magna von -13 dpt.) betrifft.

Zum anderen handelt es sich vorliegend nicht um eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage i. S. d. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, insbesondere fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Reichweite einer gravierenden Sehschwäche, nachdem es bei der Kurzsichtigkeit des Klägers von -4,25 dpt. und -4,00 dpt. ersichtlich kein derartiger Fall gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 196,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

Die mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v. H. beihilfeberechtigte Klägerin ist Ruhestandsbeamtin und begehrt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Anschaffung einer (Gleitsicht-)Brille und einer (Gleitsicht-)Sonnenbrille. Die in Bezug auf ihre Sehschwäche erstellte augenärztliche Verordnung des MVZ ... vom 17. März 2016 enthält u. a. folgende Refraktionsbestimmungen: F rechts + 1,75 dpt, links + 1,25 dpt; N rechts 4,00 dpt, links + 3,50 dpt.

Mit Beihilfeantrag vom 18. April 2016 reichte die Klägerin zwei Rechnungen vom 30. März 2016 in Höhe von 783,00 EUR und 243,90 EUR für die Anschaffung einer (Gleitsicht-)Brille und einer (Gleitsicht-)Sonnenbrille ein. Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle ..., Bezügestelle Beihilfe, vom 25. April 2016 wurde die Gewährung von Beihilfe hierfür abgelehnt. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen für Sehhilfen für Beihilfeberechtigte gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV nur bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen beihilfefähig sind. Bei gravierender Sehschwäche (ab +/-10,0 dpt) werde im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung Beihilfe gewährt. Eine beihilfefähige Indikation sei hier nicht gegeben. Nach der von der Klägerin vorgelegten Brillenverordnung des MVZ ..., Augenheilkunde, vom 17. März 2016 liege die Fehlsichtigkeit lediglich im Bereich von 1,75 bzw. 1,25 dpt.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2016, eingegangen am 24. Mai 2016, erhob die Klägerin gegen die Ablehnungsentscheidung Widerspruch. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, sie habe bereits mit 60 Jahren in Besoldungsgruppe A8 in Pension gehen müssen und erhalte nur eine Mindestpension. Da die Kosten für eine Gleitsichtbrille erheblich seien, sei der Dienstherr aus Fürsorgegründen verpflichtet, Beihilfe zu gewähren.

Das Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., Bezügestelle Beihilfe, wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2016 zurück. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nach § 22 BayBhV lägen nicht vor. Zudem leide die Klägerin auch nicht an einer gravierenden Sehschwäche ab +/-10,0 dpt. Aus der augenärztlichen Verordnung vom 17. März 2016 seien keine Diagnosen ersichtlich, die die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe erfüllen würden. Das Fürsorgeprinzip sei dadurch jedoch nicht verletzt.

Am 11. August 2016 erhob die Klägerin hiergegen Klage.

Der Beklagte wandte sich mit Schreiben des Landesamts für Finanzen, Dienststelle ..., vom 23. August 2016 gegen das Klagebegehren. Für ihn ist beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 24. August 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. September 2016 wurde für die Klägerin beantragt,

den ablehnenden Beihilfebescheid vom 25. April 2016 in Form des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2016 hinsichtlich der Rechnungen vom 30. März 2016 über 783,00 EUR und 243,90 EUR aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin im gesetzlich vorgesehenen Umfang Beihilfe zu gewähren.

Die Klägerin leide an einer Sehschwäche, die es ihr nicht erlaube, ohne ärztlich verordnete Brille die wesentlichsten Verrichtungen des täglichen Lebens zu bewältigen. Sie sei gezwungen, die Aufwendungen für eine Brille, die für sie insbesondere wegen der wohnortbedingten notwendigen Benutzung des Kraftfahrzeugs unverzichtbar sei, zu tätigen. Durch den Beihilfeausschluss sei der Wesenskern der Fürsorgepflicht betroffen. Dies ergebe sich auch aus der am 14. Juli 2015 unter dem Aktenzeichen 14 B 13.654 ergangenen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Ergänzend sei vorzutragen, dass die Klägerin nur eine Mindestpension beziehe.

Am 10. November 2016 fand mündliche Verhandlung statt. Die Sache wurde mit den Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert. Die schriftsätzlich gestellten Klageanträge wurden wiederholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der ablehnende Beihilfebescheid des Landesamts für Finanzen vom 25. April 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 26. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfeleistungen für die mit Rechnungen vom 30. März 2016 in Höhe von 783,00 EUR und 243,90 EUR nachgewiesenen Aufwendungen zur Anschaffung einer (Gleitsicht-)Brille und einer (Gleitsicht-)Sonnenbrille, da kein Fall der in § 22 BayBhV geregelten Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit vorliegt und der dadurch bewirkte Ausschluss rechtmäßig ist (§ 113 Abs. 1, Abs. 5, § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Ein Beihilfeanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus Art. 96 BayBG i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 BayBhV. Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7 Abs. 1 BayBhV sind Aufwendungen „nach den folgenden Vorschriften“ beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen. Danach sind bei der Klägerin Sehhilfen nur im Fall des Vorliegens einer der in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis Buchst. d BayBhV genannten Indikationen beihilfefähig. Da darüber hinaus der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommende Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV jedenfalls bei Vorliegen einer „gravierenden Sehschwäche“ gegen das in § 45 Abs. 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfach gesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip verstößt, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treuverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten zu sorgen hat (BayVGH, U.v. 14.7.2015 - 14 B 13.654 - NVwZ-RR 2016, 151), werden vom Beklagten im Vorgriff auf eine beabsichtigte Änderung von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV in der Form einer unter Buchst. e erfolgenden Ergänzung der Indikationen um den Fall der „gravierenden Sehschwäche ab 10,0 dpt“ auch Aufwendungen für Sehhilfen als beihilfefähig behandelt, die zur Korrektur von Sehschwächen ab 10,0 dpt augenärztlich verordnet sind.

Bei der Klägerin liegen jedoch weder die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV genannten Indikationen vor, noch leidet sie an einer „gravierenden Sehschwäche ab 10,0 dpt“. Es besteht in Bezug auf deren Sehschwäche auch keine Situation, die mit im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2015 entschieden Fall (F rechts - 12,5 dpt, links - 4,5 dpt; N rechts - 10,0 dpt, links - 2,0 dpt; Diagnose myopia permagna) vergleichbar ist. Die Klägerin weist mit F rechts + 1,75 dpt, links + 1,25 dpt; N rechts 4,00 dpt, links + 3,50 dpt nur eine moderate Sehschwäche auf, die nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne Sehhilfe nicht einer faktischen Blindheit gleichkommt und es ihr unmöglich macht, die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens zu bewerkstelligen. Insbesondere ist bei ihr als Ruhestandsbeamtin auch nicht auf besondere berufliche Anforderungen abzustellen, weshalb sich auch keine andere Bewertung wegen einer beispielsweise bestehenden Notwendigkeit der Benutzung einer Brille für dienstlich erforderliche Fahrten mit einem Kraftfahrzeug ergibt (BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; U.v. 30.6.1983 - 2 C 36.81 - NVwZ 1985, 417).

Im Übrigen stehen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschriften der BayBhV und ihre jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben der soeben genannten Ausnahme mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nicht die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (BVerwG, U. v. 10.6.1999 - 2 C 29.98 - BayVBl 2000, 25). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrunde liegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (BVerwG, U. v. 20.3.2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = NVwZ 2008, 1129).

Der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten soll auch im Krankheits- und Pflegefall gesichert werden. Dem Dienstherrn ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht forderte keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind. Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Medikamente und Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvR 3/88 - BVerfGE 83, 89; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl 2008, 1193; BayVGH, U. v. 14.7.2015 - 14 B 13.654 - NVwZ-RR 2016, 151).

Insbesondere ist es dem Gesetz- und Verordnungsgebern rechtlich möglich, die Beihilfeleistungen für Hilfsmittel - wie einer Gleitsichtbrille - ähnlich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 12 Abs. 1 Spiegelstrich 2 der Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Fassung der letzten Änderung vom 12. Dezember 2015 zu beschränken (vgl. SG Berlin, U. v. 23.4.2013 - S 89 KR 2044/10 - juris).

Dabei ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dadurch, dass nur für bestimmte Diagnosen eine Beihilfegewährung vorgesehen ist. Hinsichtlich der Schwere der Sehbeeinträchtigungen wurde nach Auffassung des Verordnungsgebers keine bloß quantitativ bedeutsame Unterscheidung getroffen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 22 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV genannten Ausnahmefällen - wie auch aus dem nach den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung zusätzlich abgeleiteten Ausnahmefall der „gravierenden Sehschwäche“ - ein qualitativer Unterschied in der Beeinträchtigung, weshalb ein genügender sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus diesem Grund liegt mit Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BayBG auch eine genügende Verordnungsermächtigung für den vorgenommenen Ausschluss vor, weil nach qualitativ unterschiedlichen Indikationen unterschieden wurde (VG Ansbach, U. v. 21.6.2016 - AN 1 K 16.00384 - juris Rn. 36).

Auch liegt keine Verletzung des Wesenskerns des Fürsorgeprinzips wegen unzumutbarer Belastungen des Beamten durch die Aufwendungen für die Brille als medizinisches Hilfsmittel vor (vgl. zur Unzumutbarkeit BVerwG, U. v. 10.10.2013 - 5 C 32.12 - BVerwGE 148, 106 = ZBR 2014, 134; VG Bayreuth, U. v. 23.2.2015 - B 5 K 14.1 - juris Rn. 28). Eine derartige unzumutbare Belastung für die Klägerin durch die verbleibenden ungedeckten Aufwendungen ist hier nicht gegeben, da es sich bei den Aufwendungen für die Gleitsichtbrillen lediglich um einmalige Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums handelt, die - auf diesen bezogen - jedenfalls als auch von einer lediglich eine Mindestpension beziehenden Ruhestandsbeamtin leistbar gesehen werden müssen.

Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin für die Benutzung des privaten Autos auf die Sehhilfen angewiesen ist. Dass sich hieraus eine Unzumutbarkeit der Kostentragung ergeben würde, ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 718,83 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.