Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 05. Okt. 2016 - 7 K 4417/16
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Gericht
Tenor
Die Klägerin hat zugunsten der Beklagten binnen vier Wochen ab Rechtskraft dieses Beschlusses wegen der Prozesskosten Sicherheit in Höhe von 1.820,70 € durch Überweisung an die Justizkasse Nordrhein-Westfalen zu leisten.
1
G r ü n d e
2Der Antrag der Beklagten,
3gegenüber der Klägerin die Leistung einer Prozesskostensicherheit anzuordnen,
4über den durch Beschluss zu entscheiden war,
5vgl. Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 165a, Rz. 16,
6hat Erfolg. Gemäß § 165a VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 ZPO leisten Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit. Die Klägerin hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb dieses Gebiets. Eine natürliche Person hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort, an dem sie längere Zeit oder regelmäßig verweilt. Der gewöhnliche Aufenthalt ist zu unterscheiden von dem Wohnsitz als dem räumlichen Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person.
7Vgl. zum Wohnsitzbegriff: VG Köln, Urteil vom 12.07.2016 – 7 K 7039/15 –, juris, Rz. 21 ff.
8Während die Begründung des Wohnsitzes eines dahingehenden rechtsgeschäftlichen Willens bedarf, ist ein solcher für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht erforderlich. Im Übrigen bedeutet der gewöhnliche Aufenthalt gegenüber dem Wohnsitz ein Minus, weshalb jener dem gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 110 Abs. 1 ZPO stets gleichwertig ist. Ein kurzfristiges Verweilen an einem Ort oder ein mit häufigem Ortswechsel verbundener Aufenthalt ist im Hinblick auf den Normzweck des § 110 ZPO dem gewöhnlichen Aufenthalt nicht gleichzustellen.
9Vgl. Schulz, in: MüKoZPO, 4. Aufl., Bd. I., § 110 ZPO, Rz. 12 m.w.N.
10Nach ihrem eigenen Vortrag liegt der gewöhnliche Aufenthaltsort der Klägerin gegenwärtig in den Vereinigten Mexikanischen Staaten.
11Sie ist auch nicht gemäß § 165a VwGO i.V.m. § 110 Abs. 2 Nrn. 1 - 5 ZPO von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit. Danach tritt diese Verpflichtung nicht ein bei Widerklagen (Nr. 5) ein, oder wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann (Nr. 1), wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde (Nr. 2) oder wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt (Nr. 3). Von letzerem ist nicht auszugehen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass die Ausnahmeregelungen nach § 110 ZPO in ihrem Fall nicht greifen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Ausschlusstatbestände nach § 110 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO. Ein derartiger und hier einschlägiger völkerrechtlicher Vertrag besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Mexikanischen Staaten nicht.
12Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, Anhang IV, abrufbar unter
13www.der-zoeller.de, abgerufen am 05.10.2016.
14In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist, § 173 VwGO i.V.m. § 108 Abs. 1 S. 1, § 112 Abs. 1 ZPO. Insoweit sachgerecht ist eine Hinterlegung von Geld in Höhe der in der 1. Instanz zu erwartenden außergerichtlichen Kosten der Beklagten, die im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind, durch Überweisung an die Justizkasse Nordrhein-Westfalen. Diese belaufen sich auf 1.820,70 €:
15Dieser Betrag setzt sich unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 11.241,41 €,
16vgl. dazu den Beschluss der Kammer vom 25.05.2016 im zugehörigen Eilrechtsschutzverfahren 7 L 1112/16,
17aus folgenden Posten zusammen:
181,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 RVG 785,20 €
19Auslagenpauschale 20,00 €
201,2 Terminsgebühr Nr. 3104 RVG (evtl.) 724,80 €
211.530,00 €
2219 % Mehrwertsteuer 290,70 €
23Gesamt: 1.820,70 €
24Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 113 S. 1 ZPO hat das Gericht dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären, § 113 S. 2 Fall 2 ZPO. Die gesetzte Frist ist mit Blick auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin in Mexiko zur Leistung der Prozesskostensicherheit ausreichend.
25Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
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Annotations
§ 110 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
§ 110 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.
(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.
(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.