Verwaltungsgericht Köln Urteil, 08. Aug. 2013 - 6 K 5477/12
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Klägerin, die am 01.07.2011 ihre Hochschulzugangsberechtigung mit der Note 1,7 erworben hat, begehrt die Zulassung zum Studium Psychologie (Bachelor).
3Sie bewarb sich zum Wintersemester 2012/2013 bei der Beklagten um eine Studienzulassung innerhalb der Kapazität. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 12.09.2012 abgelehnt. Ferner beantragte die Klägerin am 20.09.2012 bei der Beklagten außerhalb der festgesetzten Kapazität im gewünschten Studiengang zugelassen zu werden. Diesem Antrag war eine beglaubigte Fotokopie der Hochschulzugangsberechtigung beigefügt.
4Am 21.09.2012 hat die Klägerin Klage auf Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität erhoben.
5Am 20.02.2013 hat sie ihre Klage dahingehend erweitert, dass sie nunmehr zusätzlich die Zulassung zum Studium der Psychologie außerhalb der Kapazität begehrt. Sie ist der Ansicht, einer hierauf gerichteten Klage fehle auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte anderweitige Studienzulassung nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
6In der Sache hält die Klägerin die Kapazitätsberechnung der Beklagten für fehlerhaft. Auffällig sei eine massive Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl um 45 %. Auch bedürfe die Bildung einer virtuellen Lehreinheit, die bislang nur summarisch im Eilverfahren gebilligt worden sei, einer eingehenden Prüfung.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte zu verpflichten, sie unter Aufhebung des Bescheides vom 12.09.2012 nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2012/2013 zum Studium im Studiengang Psychologie (Bachelor) im ersten Fachsemester innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität zuzulassen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hält die Klage auf außerkapazitäre Zulassung unter Berufung auf die Rechtsprechung des OVG NRW im Urteil vom 20.03.1984 – 13 A 1422/83 – für unzulässig. Der Klage fehle das Rechtsschutzinteresse, da die Klägerin das begehrte Studium der Psychologie an der Universität Trier aufgenommen habe und dort den angestrebten Abschluss erlangen könne.
12Überdies sei die Klage auch unbegründet.
13Zunächst bestehe kein Anspruch auf Zulassung innerhalb der Kapazität: Der gewünschte Studiengang unterliege einem örtlichen Auswahlverfahren, wobei das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im 1. Fachsemester für das Wintersemester 2012/2013 in der Fassung der zweiten Änderungsverordnung vom 12.11.2012 (GV. NRW. 2012 S. 580) 91 Studienplätze festgesetzt habe, die sämtlich besetzt worden seien. Insgesamt seien im Wintersemester 2012/2013 zuletzt 125 Studierende in den streitgegenständlichen Studiengang eingeschrieben gewesen.
14Dabei hätten im Rahmen des Auswahlverfahrens nach der Abiturbestenquote nur Bewerber bis zu einer Abiturnote von 1,1 in Verbindung mit Null Wartesemestern berücksichtigt werden können. Innerhalb der Wartezeitquote seien mindestens 13 Wartesemester bei einer Durchschnittsnote von 3,4 erforderlich gewesen. In der hochschuleigenen Auswahl schließlich seien Studienplätze bis zu einer Durchschnittsnote von 1,3 in Verbindung mit Null Wartesemestern vergeben worden. Mit ihrer Durchschnittsnote von 1,7 und zwei Wartesemestern habe die Klägerin mithin in keiner der Quoten zugelassen werden können.
15Auch ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der Kapazität bestehe nicht. Über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus bestünden keine unbesetzt gebliebenen Kapazitäten. Insoweit verweist die Beklagte auf die gerichtliche Prüfung und Billigung der Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2012/2013 im Wintersemester 2012/2013.
16Neben der streitgegenständlichen Klage hat die Klägerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Zulassung zum Studium der Psychologie außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen beantragt. Das unter dem Aktenzeichen – 6 Nc 262/12 – geführte Eilverfahren ist mit Beschluss vom 16.11.2012 eingestellt worden, nachdem die Klägerin ihren Antrag aufgrund einer Zulassung und Aufnahme des Studiums an der Universität Trier zurückgenommen hat.
17Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des zugehörigen Eilverfahrens – 6 Nc 262/12 – sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19I. Die Klage ist insgesamt zulässig.
20Bezüglich des außerkapazitären Zulassungsbegehrens liegen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vor, nachdem über den Antrag der Klägerin ohne zureichenden Grund nicht binnen angemessener Frist sachlich entschieden worden ist.
21Der Klage fehlt auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Aufnahme des Studiums der Psychologie in Trier durch die Klägerin nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
22Zwar hat das OVG NRW in der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung vom 20.03.1984 bezogen auf den anderweitigen Erhalt eines Teilstudienplatzes in Humanmedizin die Auffassung vertreten, dass hierdurch das Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf Zulassung bei der Beklagten entfalle. Das Grundrecht eines hochschulreifen Bewerbers aus Art. 12 GG reduziere sich auf den Zugang zum angestrebten Studium schlechthin – ggf. im Rahmen eines Auswahlverfahrens –. Verfolge ein Studienbewerber einen Studienplatz an einer bestimmten Hochschule weiter, obgleich er bereits anderweitig Zugang zum gewünschten Studium gefunden habe, bedürfe es für eine Durchbrechung dieses Grundsatzes besonderer schutzwürdiger Gründe.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.03.1984 – 13 A 1422/83 –; ebenso VGDüsseldorf; Urteil vom 27.02.2013 – 15 K 8637/12 –.
24Ob das OVG NRW an dieser Auffassung aber bezogen auf das Hauptsacheverfahren überhaupt noch festhält, ist zweifelhaft,
25vgl. verneinend wohl Beschluss vom 14.05.2013 – 13 A 910/13 –, offengelassen im Beschluss vom 01.07.2013 – 13 C 21/13 –.
26Nach Auffassung der Kammer umfasst das in Art. 12 GG verankerte Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte nicht allein die Art der Ausbildungsstätte, sondern im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ausbildungskapazitäten auch den Ort in Gestalt der Wunschuniversität.
27Dabei orientiert sich die Kammer an den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht aus Art. 12 GG in Bezug auf die Studienzulassung abgeleitet hat,
28vgl. BVerfG, Urteile vom 18.07.1972, 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71, BVerfGE 33, 303, 333 ff. (Numerus Clausus I) und vom 08.02.1977, 1 BvF 1/76 u.a., BVerfGE 43, 291, 313 f, (Numerus – Clausus II).
29Danach ist das Teilhaberecht des einzelnen „hochschulreifen“ Staatsbürgers beschränkt und steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann.
30Diese Beschränkung darf aber nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen und unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität erfolgen. Ferner müssen Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen.
31Damit stellt auch die Ortswahl einen wesentlichen Teilaspekt des Grundrechts dar, der auch dann so weit wie möglich zu berücksichtigen ist, wenn infolge Erschöpfung der gesamten Ausbildungskapazität die planmäßige Verteilung der Bewerber auf verschiedene Ausbildungsstätten unvermeidbar wird. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht im Numerus - Clausus I - Urteil auf die Beratungen im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates verwiesen, der betont habe, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können, um sich entsprechend vielseitig auszubilden (StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 575 ff., zitiert nach BVerfGE 33, 303, 329).
32Dieser Aspekt dürfte vor dem Hintergrund des politisch gewollten Wettbewerbs zwischen den Hochschulen auch heute noch Geltung beanspruchen.
33Zwar genießt das Recht auf freie Wahl des Studienortes angesichts der Mangelsituation weniger Schutz, als die Chance auf Zulassung zum Studium als solche. Dies bedeutet nach Auffassung der Kammer aber nicht, dass sich die Rechtsposition des Studienbewerbers auf die Einräumung einer Chance zur Studienzulassung im Hauptsacheverfahren beschränkt. Der Studienbewerber muss sich – anders als in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – in denen die anderweitige Studienmöglichkeit regelmäßig den Anordnungsgrund ausschließt – im Hauptsacheverfahren nicht auf eine anderweitige Studienmöglichkeit verweisen lassen.
34Vorrangig zu prüfen ist mithin zunächst die erschöpfende Nutzung aller Ausbildungskapazitäten. Dauerhafte Einschränkungen des Rechtes auf freie Wahl der Ausbildungsstätte können danach erst zum Tragen kommen, wenn feststeht, dass die Ausbildungskapazität an der Wunschhochschule erschöpft ist. Dies setzt denknotwendig eine vorherige Kapazitätsüberprüfung voraus.
35Bei Verneinung des Rechtsschutzinteresses bei anderweitiger Studienmöglichkeit liefe das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte in Gestalt des Ausbildungsortes bei örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen faktisch leer. Anders als in den vom zentralen Vergabeverfahren umfassten Studiengängen, bei denen Ortspräferenzen angegeben werden, bestünde bei den zulassungsbeschränkten Studiengängen außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens keinerlei Gestaltungsmöglichkeit in Bezug auf den Studienort.
36II. Die danach zulässige Klage ist aber nicht begründet.
37Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Psychologie (Bachelor) bei der Beklagten innerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen (nachfolgend 1.), noch außerhalb der festgesetzten Kapazität (nachfolgend 2.), vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
381. Eine Zulassung innerhalb der mit Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im 1. Fachsemester für das Wintersemester 2012/2013 in der Fassung der zweiten Änderungsverordnung vom 12.11.2012 (GV. NRW. 2012 S. 580) festgesetzten Zulassungszahl von 91 Studienplätzen kommt nicht in Betracht. Der die Zulassung versagende Bescheid der Beklagten vom 12.09.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
39Im Rahmen der Abiturbestenquote konnten nur Bewerber mit einer Durchschnittsnote von 1,1 und Null Wartesemestern zugelassen werden. Bei der Wartezeitquote waren 13 Wartesemester bei einem Notendurchschnitt von 3,4 erforderlich. Im hochschuleigenen Auswahlverfahren schließlich führte nur ein Abiturdurchschnitt von 1,3 bei Null Wartesemestern zu einer Zulassung.
40Die Klägerin, die ihre Hochschulzugangsberechtigung mit der Note 1,7 erworben hat, und die über 2 Wartesemester verfügt, konnte mithin in keiner der vorgenannten Quoten zugelassen werden.
412. Auch eine Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität kommt nicht in Betracht.
42Die Kammer hat die Kapazitätsberechnungsunterlagen der Beklagten für das Studienjahr 2012/2013 im Wintersemester 2012/2013 bereits in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einer Überprüfung unterzogen und keine Beanstandungen erhoben.
43An den Bewertungen im Beschluss vom 27.02.2013 im Verfahren – 6 Nc 210/12 – (Leitverfahren) hält die Kammer auch nach erneuter Überprüfung im Hauptsacheverfahren fest.
44a) Soweit die Klägerin insbesondere die Reduzierung des Lehrangebotes durch den Abzug von 51,02 Deputatstunden für die virtuelle Lehreinheit „Bildungswissenschaften“ beanstandet, bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Bewertung, ob ein solcher Abzug, der in dieser Form in der Kapazitätsverordnung nicht vorgesehen ist, zulässig ist.
45Denn hier hat sich der Abzug infolge einer Überbuchung nicht ausgewirkt: Ohne den Abzug für die virtuelle Lehreinheit stünden statt 171,50 222,52 Deputatstunden zur Verfügung. Zuzüglich der Lehrauftragsstunden von 18 DS abzüglich der Dienstleistungen für nicht zugeordnete Studiengänge in Höhe von 31,55 DS beliefe sich das bereinigte Lehrangebot auf 208,97 DS pro Semester bzw. 417,94 DS je Studienjahr.
46Bei Division durch den gewichteten Curricularanteil von 2,97 ergäben sich 140,72 Studienplätze in der Lehreinheit Psychologie insgesamt. Nach Multiplikation mit der Anteilquote für den Bachelorstudiengang Psychologie (0,857) würde sich eine Zulassungszahl von aufgerundet 121 errechnen. Eingeschrieben waren in den Studiengang nach den Angaben der Beklagten zuletzt 125 Studierende.
47Aus diesem Grunde würde selbst bei vollständiger Außerachtlassung des Dienstleistungsabzuges für die virtuelle Lehreinheit keine ungenutzte Kapazität zur Verfügung stehen.
48Nicht unberücksichtigt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass eine vollständige Außerachtlassung des Dienstleistungsabzuges für die virtuelle Lehreinheit die Hochschulwirklichkeit nicht widerspiegelt: in der Sache hat die Bildung der fiktiven Lehreinheit den ansonsten vorgenommenen Dienstleistungsabzug für das erziehungswissenschaftliche Studium im Rahmen der Lehrerausbildung ersetzt. Bei Ansatz eines Dienstleistungsexports „e“ würden letztlich mehr Deputatstunden in Abzug gelangen, als bei der Bildung der virtuellen Lehreinheit. Nach der Vergleichsrechnung der Beklagten im Schriftsatz vom 02.08.2013 hätte ein Dienstleistungsexport von 90,42 DS für die Lehramtsstudiengänge in Ansatz gebracht werden müssen. Bei Zugrundelegung dieses Wertes wären nur 69 statt 91 Studienplätze festgesetzt worden.
49Neben organisationstechnischen Erwägungen waren es unter anderem kapazitätsfreundliche Überlegungen, die zur Bildung der virtuellen Lehreinheit statt des bis dahin praktizierten Dienstleistungsexports geführt haben,
50vgl. hierzu näher: VG Münster, Beschluss vom 21.11.2011 – 9 Nc 204/11 –, Rn 36 des juris-Abdrucks.
51Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte statt eines Abzugs für die virtuelle Lehreinheit einen Dienstleistungsexport hätte vornehmen oder unter Umständen sogar Stellen aus der Lehreinheit Psychologie hätte verlagern können, spricht vieles für die Zulässigkeit der vorgenommenen Berechnungsweise.
52b) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren die Bestimmung des Curricularwertes nach § 6 der Kapazitätsverordnung 2010 vom 10.01.2011 (GV. NRW. 2011 S. 84). Danach bestimmt der Curricularwert den in Deputatstunden gemessenen Aufwand aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer oder eines Studierenden in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist. Die Curricularwerte sind von der Hochschule im Rahmen der in den Anlagen 1 (Universitäten) und 2 (Fachhochschulen) dargestellten Bandbreiten zu berechnen. Für den Studiengang Psychologie ist in Anlage 1 eine Curricularwert-Bandbreite für den Bachelorstudiengang von 2,2 bis 3,4 vorgesehen. Anmerkung 1 ermächtigt die Hochschulen innerhalb der angegebenen Bandbreiten die aus den bisher geltenden Curricularnormwerten für Diplomstudiengängen abgeleiteten Werte (80 Prozent für Bachelor bzw. 40 Prozent für Master) zu verwenden oder den Curricularwert für einen Studiengang auf Grundlage des Studienplans selbst abzuleiten.
53In Bezug auf die Zulässigkeit dieser Delegation auf die Hochschulen folgt die Kammer der Rechtsprechung des OVG NRW aus Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch für das Hauptsachverfahren,
54vgl. Beschlüsse des OVG NRW vom 13.03.2012 – 13 B 26/12 –und – 13 B 55/12 –, m.w.N.
55Danach kann eine Übertragung objektivierter, nachvollziehbarer Kriterien für die Kapazitätsermittlung an den Verordnungs- und/oder Satzungsgeber verfassungskonform erfolgen, wenn im Vorhinein festgelegt ist, wer in welcher Art von Verfahren zu entscheiden hat, und wenn das so formalisierte Verfahren einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht wird.
56Diesen Anforderungen genügen die einfachrechtlichen Bestimmungen und die Festlegung der Curricularwerte durch die Beklagte in den Bachelor- und Master-Studiengängen Psychologie. Die Beklagte hat den bisher für den Diplomstudiengang geltenden Curricularnormwert von 4,0 entsprechend der Anmerkung 1 in der Anlage 1 zu § 6 KapVO 2010 zu 80 % für den Bachelorstudiengang (3,2) und zu 40 % für die beiden Masterstudiengänge (1,6) in Ansatz gebracht.
57Für die Zulässigkeit der Delegation der Curricularwertbestimmung vom Verordnungsgeber auf die Hochschule im Rahmen der vorgegebenen Bandbreite spricht letztlich auch die Erwägung, dass der Kapazitätsbericht der Hochschule vom zuständigen Ministerium eigenverantwortlich überprüft wird und die Zulassungszahl ggf. abweichend festgesetzt werden kann.
58c) Soweit die Klägerin schließlich eine massive Überbuchung rügt, führt dies ebenfalls nicht zu einem Zulassungsanspruch.
59Nach der Rechtsprechung des OVG NRW vermag selbst eine verfahrensfehlerhaft vorgenommene Überbuchung keinen Zulassungsanspruch des einzelnen Studienbewerbers begründen,
60vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.03.2013 – 13 B 179/13 –.
61Danach soll der Hochschule mit der Überbuchung ermöglicht werden, die Studienplätze möglichst vollständig im ersten Zulassungsdurchgang zu besetzen. Die Bindung der Hochschule an die Zulassungszahl dient - ausgehend davon, dass die Zulassungszahl entsprechend den Vorgaben der Kapazitätsverordnung kapazitätserschöpfend festgesetzt ist - der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebes, also dem Schutz der Rechte von Hochschule, Hochschullehrern und eingeschriebenen Studenten. Die infolge eines - auch verfahrensfehlerhaft durchgeführten - Überbuchungsverfahrens erfolgte Besetzung von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Kapazität führt deshalb grundsätzlich weder zu einer Rechtsverletzung des Bewerbers um einen "außerkapazitären" Studienplatz, noch vermittelt sie diesem einen Rechtsanspruch auf Zuweisung eines solchen. Dementsprechend kann der auf die Zuweisung eines außerkapazitären Studienplatzes klagende Bewerber nur erfolgreich sein, wenn trotz erfolgter kapazitätsverzehrend wirkender Überbuchung, gleichwohl weitere Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen wurden und bei Einhaltung der normativ vorgegebenen Verteilungsmaßstäbe ungenutzt blieben und unwiederbringlich verlorengingen. Insoweit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass Art. 12 Abs. 1 GG den Staat zur Ausnutzung und Auslastung von Kapazitäten (Kapazitätserschöpfungsgebot) und zur gleichheitskonformen Verteilung von Kapazitäten verpflichtet.
62Diesen Ausführungen des OVG NRW folgt die Kammer.
63Ungeachtet dessen kann hier – anders als die Klägerin meint – bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Zulassungszahl wie eine „variable Größe“ behandelt hat,
64vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 02.05.2011 – 13 B 249/11 –,nachfolgend dahingehend konkretisiert, dass dies nur Ausnahmekonstellationen mit greifbar weiterer Kapazität betreffe, Beschluss vom 08.07.2013 – 13 C 50/13 – Rn 42 - 44 des juris-Abdrucks.
65Die Überbuchung ist im vorliegenden Fall nicht allein dem prognostizierten Annahmeverhalten der Studienbewerber geschuldet, sondern der Kapazitätsaufstockung nach dem Hochschulpakt.
66Aus diesen Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
67Die Berufung ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.