Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Feb. 2016 - 23 K 4682/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für ein Wettbüro.
3Sie beantragte am 28.04.2014 bei der Beklagten eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Ladens in ein Wettbüro auf dem Grundstück H.---------straße 0 - 0 (Gemarkung N. , Flur 0, Flurstück 0000/0) in Köln.
4Das Grundstück liegt in den Geltungsbereichen des Fluchtlinienplans Nr. 0000 und des Bebauungsplans Nr. 0000/00
5Mit Bescheid vom 28.07.2014 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie folgende Mängel der Bauvorlagen auf: Es fehle ein Lageplan mit den erforderlichen Angaben (z. B. Darstellung der Stellplätze, Festsetzungen des Bebauungsplans bzw. Verweis auf die textlichen Festsetzungen). Der ebenso fehlende Stellplatznachweis sei erforderlich, da es sich um eine wesentliche Nutzungsänderung handele. Der Erdgeschoss-Grundriss enthalte keine Angaben zur Feuerwiderstandsdauer der Bauteile. Die Angaben zur Einrichtung seien unvollständig. Die Barrierefreiheit könne nicht geprüft werden. Die Räume im hofseitigen Bereich seien nicht zugeordnet. Auch sei nicht näher erläutert, was in den beiden Lagern aufbewahrt werde. Das hofseitige Lager sei zudem faktisch kaum nutzbar, weil es gleichzeitig den zweiten Rettungsweg sichere, dessen Verlauf nicht durch Lagerungsgut eingeengt werden dürfe. Die Betriebsbeschreibung sei unvollständig. Ferner fehlten Schnittzeichnungen, Teilansichten, ein Brandschutzkonzept, der ausgefüllte Statistikbogen (Erhebungsbogen) für das Gesamtgebäude sowie eine Erklärung über die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften.
6Am 25.08.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, die Zurückweisung sei allein schon wegen des Zeitablaufs zwischen Antragseingang und Bescheiderlass rechtswidrig. Der Stellplatznachweis sei nicht in erheblicher Weise mangelhaft. Ob es sich um eine wesentliche Nutzungsänderung handele, sei eine materiellrechtliche Frage. In den drei beigefügten Lageplänen seien alle relevanten Informationen enthalten. § 4 Abs. 1 S. 1 BauPrüfVO NRW fordere Schnittzeichnungen nicht explizit; fehlten sie, sei dies kein erheblicher Mangel. Bei Innenabtrennungen seien Brandschutzanforderungen nicht offensichtlich; fehlten sie, stelle dies ebenso wenig einen Mangel dar. Offensichtlich seien die Lagerräume überdimensioniert, was jedoch einer Genehmigung nicht entgegenstehe. Angaben zum Gegenstand der Lagerungen in den Lagerräumen sowie eine über die Bezeichnung „Wettbüro“ hinausgehende Betriebsbeschreibung seien entbehrlich. Aus dem Gesetz ergebe sich nicht, dass ein Brandschutzkonzept notwendig sei. Ein Statistikbogen für das Gesamtgebäude sowie eine Erklärung über die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Belange gehörten nicht zu den Bauvorlagen im Sinne der Bauprüfverordnung. Aus diesen Gründen sei die Zurückweisung jedenfalls ermessensfehlerhaft.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.07.2014 zu verpflichten, ihr eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Ladenlokals H1.---------straße 0 - 0 in Köln in ein Wettbüro zu erteilen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Auffassung, dass die Klage als Verpflichtungsklage unzulässig sei, da nur eine Anfechtungsklage das Verwaltungsverfahren wieder eröffnen könne. Die Anfechtungsklage sei hingegen unbegründet. Die Zurückweisung unterliege keiner ausschließenden Frist, sondern lediglich einer Fristvorgabe. Da ein „großer Sonderbau“ beantragt gewesen sei, sei auch ein Brandschutzkonzept vorzulegen gewesen. Weil eine wesentliche Nutzungsänderung beantragt sei, hätten die notwendigen Stellplätze nachgewiesen und auf dem Lageplan verzeichnet werden müssen, ebenso wie die Angabe darüber, dass das Vorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans liege. Der Auszug aus dem Liegenschaftskataster sei unzureichend. Ferner fehle eine Betriebsbeschreibung, insbesondere Angaben über die Geräusche zur Tages- und zur Nachtzeit.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
15Deshalb kann dahinstehen, ob die Klage als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO statthaft ist.
16Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2015 – 2 A 325/15 –, juris, Rz. 29 ff.
17Die Zurückweisung des Bauantrags ist formell und materiell rechtmäßig.
18Eine vorherige Anhörung i.S.v. § 28 VwVfG NRW war nicht erforderlich. Die Vorschrift verlangt eine solche nur für Verwaltungsakte, die in Rechte eines Beteiligten eingreifen. Die Zurückweisung greift nicht in Rechte des Antragstellers ein. Denn das geltend gemachte Recht kann nur deshalb nicht geprüft werden, weil der Antragsteller die hierfür notwendigen Bauvorlagen nicht vorgelegt hat.
19Vgl. Wenzel, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 72 Rz. 70 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 1410.1982 – 3 C 46.81 –, juris Rz. 35; a.A.: Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, BauO NRW, Bd. II, 86. Lieferung Stand: Februar 2015, § 72 Rn. 14; offengelassen: OVG NRW, Beschlüsse vom 06.10. 2014 – 2 A 434/13 –, juris Rz. 10 und vom 24.06.2015 – 2 A 325/15 –, juris, Rz. 9.
20Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Beklagte auch nicht gehalten, den Bauantrag innerhalb einer Woche zurückzuweisen. Die Wochenfrist des § 72 Abs. 1 S. 1 BauO NRW gilt nicht für die Zurückweisung des Antrags (§ 72 Abs. 1 S. 2 BauO NRW), sondern nur für die Prüfung der Bauvorlagen. Die Fristüberschreitung ist nicht sanktioniert.
21Vgl. Wenzel, a.a.O., § 72 Rz. 59.
22Die Zurückweisung ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 72 Abs. 1 S. 2 BauO NRW soll die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag zurückweisen, wenn die Bauvorlagen unvollständig sind oder erhebliche Mängel aufweisen. Unvollständig sind Bauvorlagen, wenn nicht sämtliche zur bauaufsichtlichen Prüfung erforderlichen Unterlagen eingereicht werden. Formell mangelhaft sind vor allem Bauvorlagen, die nicht den einschlägigen Anforderungen der Bauprüfverordnung entsprechen oder nicht vom (bauvorlageberechtigten) Entwurfsverfasser (§ 69 Abs. 1, §§ 70, 58 BauO NRW) unterschrieben sind. Materiell mangelhaft sind sie, wenn sie widersprüchlich und unklar sind und deshalb eine Prüfung des Vorhabens nicht hinreichend ermöglichen. Dann sind sie regelmäßig auch erheblich mangelhaft. § 69 Abs. 1 und 2 BauO NRW verlangt vom Bauherrn, den Bauantrag schriftlich mit allen für seine Bearbeitung sowie die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der Bauantrag und die Bauvorlagen, die der Konkretisierung des Bauvorhabens dienen, müssen eindeutig sein. Der Antrag, der den Anforderungen der Bauprüfverordnung zu genügen hat, muss so bestimmt und klar sein, dass auf ihn, würde ihm stattgegeben, ein verständlicher, inhaltlich genau abgegrenzter, eindeutig bestimmter Verwaltungsakt ergehen kann, der Umfang und Bindungswirkung der Baugenehmigung regelt. Fehlt es an dieser Klarheit und Eindeutigkeit, ist der Antrag nicht bescheidungsfähig.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2015 – 2 A 325/15 –, juris, Rz. 12 ff.
24Diesen Anforderungen wird der Bauantrag der Klägerin nicht gerecht. Er ist in vielfältiger Weise mangelhaft bzw. unvollständig. Es fehlt ein Lageplan i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 BauPrüfVO NRW, mit dem sich zum Beispiel beurteilen ließe, ob nach § 51 BauO NRW erforderliche Stellplätze auf dem Vorhabengrundstück hergestellt werden können. Ebenso fehlen Schnittzeichnungen und (Teil-)Ansichten (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 4 BauPrüfVO NRW) anhand derer sich etwa die Barrierefreiheit (vgl. § 55 BauO NRW) prüfen ließe. Die Betriebsbeschreibung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 2 BauPrüfVO NRW) lässt genauere Angaben zu Immissionen insbesondere durch Zu- und Abfahrtsverkehr sowie zur Art der geplanten Dienstleistung vermissen; offen bleibt etwa, ob Wetten vermittelt oder lediglich angenommen werden sollen, ebenso ob der Aufenthalt der Kunden durch Bildschirme, Getränke und / oder Speisen gefördert werden soll.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.