Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 06. Nov. 2014 - 20 L 1908/14
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der am 08.10.2014 erhobenen Klage– 20 K 5529/14 - gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 09.09.2014 wird hinsichtlich des in Ziffer 3 angeordneten Besuchs einer Hundeschule wiederhergestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage – 20 K 5529/14 - gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 09.09.2014 wiederherzustellen,
4ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
5Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung wiederherstellen bzw. anordnen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfes ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse grundsätzlich nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessensabwägung.
6Gemessen an diesen Kriterien war vorliegend hinsichtlich der Ziffer 3 der Ordnungsverfügung die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, der Antrag im Übrigen aber abzulehnen.
7In formeller Hinsicht dürften durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung zunächst nicht bestehen. Zwar hat nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand eine den rechtlichen Erfordernissen genügende Anhörung nicht stattgefunden. Gegenstand der mit Schreiben vom 16.07.2014 erfolgten Anhörung war in erster Linie die Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, § 28 VwVfG wird dagegen in dem Anhörungsschreiben nicht erwähnt. Soweit in dem Schreiben u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW hingewiesen wird, bleibt offen, ob und welche ordnungsrechtlichen Maßnahmen die Antragsgegnerin beabsichtigte anzuordnen. Unter diesen Umständen konnte diese Anhörung ihren Zweck nicht erfüllen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass vorliegend aus einem der in § 28 Abs. 2 VwVfG genannten Gründe von einer Anhörung abgesehen werden konnte und der Bescheid enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Es spricht aber Vieles dafür, dass das Fehlen der Anhörung hier gemäß § 46 VwVfG ausnahmsweise unbeachtlich ist, da aus den nachfolgenden Gründen die Antragsgegnerin mit Blick auf die Schwere und Häufung der aktenkundigen Beißvorfälle zu einem ordnungsrechtlichen Einschreiten verpflichtet gewesen sein dürfte und die Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwangs die geringstmögliche und zugleich geeignete Maßnahme darstellt. Zudem ist eine Heilung des Anhörungsmangels gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG noch möglich und die materielle Rechtslage gebietet es – unabhängig von § 46 VwVfG - vorliegend, jedenfalls hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin die Gelegenheit zur Nachholung der Anhörung während des Hauptsacheverfahrens bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung zu geben.
8Denn bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweisen sich die Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Verfügung materiell als offensichtlich rechtmäßig.
9Gemäß § 12 Abs. 1 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (LHundG NRW) kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Zu den nach § 12 Abs. 1 LHundG NRW zulässigen Anordnungen gehört grundsätzlich auch die Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwanges. Hier liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass von dem Hund des Antragstellers der Rasse Deutscher Schäferhund mit dem Rufnamen X. , eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
10Der Hund des Antragstellers hat nach Aktenlage mehrfach andere Hunde attackiert und durch Bisse verletzt sowie Menschen in Gefahr drohender Weise angesprungen und gebissen. Zahlreiche Beschwerden vor allem von Mitbewohnern des Mehrfamilienhauses in der C. Str. 00 führten bereits unter dem 11.12.2012 zum Erlass einer Ordnungsverfügung, mit der eine Maulkorbpflicht sowie der regelmäßige Besuch einer Hundeschule angeordnet wurden. Bei dem letzten dieser Ordnungsverfügung vorausgegangenen Vorfall vom 14.11.2012 wurde die Beschwerdeführerin L. im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses von dem Hund angesprungen und in die rechte Brust gebissen, wodurch sie hinfiel und sich dabei das Knie verletzte. Dieser Vorfall wurde durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 10.12.2012 ausdrücklich bestätigt. Im Januar 2013 gingen weitere Beschwerden bei der Antragsgegnerin über Beißvorfälle im Treppenhaus ein, u.a. wurde danach ein in dem Mehrfamilienhaus tätiger Handwerker von dem Hund gebissen. Dieser Vorfall wurde durch den 1. Vorsitzenden der Hundeschule, die der Antragsteller seit dem 01.07.2012 besucht, fernmündlich gegenüber der Antragsgegnerin bestätigt. Aufgrund eines nachfolgend durchgeführten Wesenstestes vom 15.02.2013 und des hierzu erstellten Gutachtens der Amtsveterinärin vom 04.03.2013, das dem Hund trotz allem kein gesteigertes Aggressionsverhalten und eine gute soziale Prägung bescheinigten, erließ die Antragsgegnerin den Änderungsbescheid vom 22.03.2013, mit dem sie – entgegen dem Wortlaut des Änderungsbescheides, wonach lediglich die Befristung der Maulkorbpflicht aufgehoben wurde – offenbar eine Aufhebung der Maulkorbpflicht beabsichtigte. Am 09.07.2014 ereignete sich sodann ein weiterer Vorfall, der der hier streitigen Ordnungsverfügung zugrunde liegt. Nach den Angaben der daran beteiligten anderen Hundehalterin führte diese ihre kleinen Hunde der Rasse Mini Malteser und Bichon Frisé spazieren, als der Antragsteller die Autotür öffnete, sein Hund auf die kleinen Hunde der Beschwerdeführerin zuraste und diese mehrfach biss. Als die Beschwerdeführerin eingriff, wurde sie zu Boden geworfen und weiter von dem Hund des Antragstellers angegangen. Die Angaben der Beschwerdeführerin werden durch die in den Akten befindlichen Aussagen der unbeteiligten Zeugen T. vom 16.07.2014 und Q. vom 11.07.2014 bestätigt. Bissverletzungen des Bichon Frisé werden zudem durch eine Tierarztrechnung vom 09.07.2014 und ein im Verwaltungsvorgang befindliches Foto belegt. Im Juli dieses Jahres erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis von einem weiteren Beißvorfall vom 26.10.2013, bei dem die Beschwerdeführerin V. von dem Hund des Antragstellers in den linken Oberschenkel gebissen wurde. In diesem Fall ist die Bissverletzung durch ein ärztliches Attest vom 31.10.2013 belegt. Am 25.08.2014 erhielt die Antragsgegnerin erneut Kenntnis von einem Beißvorfall mit dem Hund des Antragstellers. Dieser war ausweislich einer Strafanzeige vom 20.08.2014 auf die Geschädigte N. laut und bedrohlich bellend zugerannt und hatte diese unvermittelt angesprungen, während sie noch auf ihrem Roller saß. Als sie von dem Roller abstieg und diesen zwischen sich und die Schäferhündin schob, sprang die Schäferhündin an dem Roller hoch und versuchte die Geschädigte zu beißen, was misslang. Der Antragsteller gab gegenüber den vor Ort anwesenden Polizeibeamten an, „X. “ habe Angst vor lauten Rollern und so stark an der Leine gezogen, dass er hingefallen sei, er habe die Hündin nicht halten können. Sie habe aber nicht versucht zu beißen. Mit E-Mail vom 09.09.2014 zeigte der Beschwerdeführer O. einen weiteren Vorfall an, bei dem die Hündin in seine Weste gebissen habe. Ein Foto der beschädigten Weste befindet sich im Verwaltungsvorgang.
11Angesichts der Fülle der vorgenannten Beißvorfälle hat die Kammer keine Zweifel daran, dass (mindestens) die Anordnung eines umfassenden Leinen- und Maulkorbzwangs zur Vermeidung zukünftiger von der Schäferhündin ausgehender Gefahren gerechtfertigt ist. Soweit der Antragsteller im Zusammenhang mit den diversen Beißvorfällen, insbesondere in Bezug auf den Vorfall vom 09.07.2014, immer wieder auf ein angebliches Mitverschulden der jeweils Geschädigten bzw. der anderen beteiligten Hunde verweist, kommt es darauf für die Bewertung der von der Schäferhündin ausgehenden Gefährdung ebenso wenig an wie auf die Schilderung der Zeugin L1. in ihrem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 23.07.2014 über einen in der Vergangenheit an einem nicht näher bezeichneten Datum stattgefundenen Beißvorfall mit den kleinen Hunden der Beschwerdeführerin C1. . Denn jedenfalls hatte der Antragsteller seine Hündin nicht so unter Kontrolle, dass eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit von Passanten und anderen Hunden ausgeschlossen werden konnte. Soweit der Antragsteller Verletzungsfolgen für andere Hunde und vor allem Menschen bestreitet, sind diese zur Überzeugung der Kammer hinreichend durch die vorliegenden schriftlichen Zeugenaussagen, Rechnungen, Atteste und Fotos belegt, so dass sich die gegenteiligen Angaben des Antragstellers als reine Schutzbehauptung und bewusste Verharmlosung darstellen. Im Übrigen lässt der Antragsteller dabei außer Acht, dass die Vorschriften des Landeshundegesetzes nicht nur vor direkten körperlichen Verletzungsfolgen schützen sollen, sondern auch vor Angst einflößendem und bedrohlich wirkendem Verhalten von Hunden. So gelten etwa gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 auch solche Hunde als gefährlich, die Menschen in Gefahr drohender Weise anspringen, ohne dass es dabei zu irgendwelchen Verletzungen gekommen sein muss.
12Die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen zu Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung wird schließlich nicht durch das Gutachten der Kreisveterinärin Dr. C2. vom 04.03.2013 in Frage gestellt. Abgesehen davon, dass die Ausführungen in diesem Gutachten nur schwer kompatibel mit den bereits seinerzeit aktenkundig gewesenen Vorfällen sind, besteht keine rechtliche Bindung an die Feststellungen eines veterinärärztlichen Gutachtens. Zudem hat die Amtsveterinärin auf Anfrage der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 11.07.2014 auf der Grundlage der Schilderungen zu dem Beißvorfall vom 09.07.2014 nun ebenfalls eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht für erforderlich gehalten.
13Die angegriffenen Maßnahmen sind auch verhältnismäßig, insbesondere führen sie nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht (vgl. § 15 Abs. 2 OBG NRW). Angesichts der Anzahl und Schwere der aktenkundigen Vorfälle handelt es sich bei dem von dem Beklagten verhängten Leinen- und Maulkorbzwang um den denkbar geringsten Eingriff, zumal der Antragsteller ohnehin teilweise verpflichtet ist, seinen Hund an der Leine zu führen (§§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 6 LHundG NRW).
14Bedenken gegen die vom Beklagten vorgenommene Ermessensausübung im Übrigen bestehen nicht. Schützenswerte Interessen des Antragstellers, die trotz der voraussichtlichen Erfolglosigkeit seiner Klage insoweit für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sprächen, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
15Auch die Androhung eines Zwangsgeldes i. H. v. 200,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 63 VwVG NRW i.V.m. §§ 55 Abs. 1, 57, 58 und 60 VwVG NRW. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.
16Hinsichtlich des in Ziffer 3 der Verfügung angeordneten Besuchs einer Hundeschule überwiegt aber das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Vollzug der angefochtenen Verfügung. Denn insoweit spricht – ungeachtet der Frage der Anhörung gemäß § 28 VwVfG - Überwiegendes auch für die materielle Rechtswidrigkeit der Verfügung.
17Es ist bereits fraglich, ob es überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule oder vergleichbarer Trainingsmaßnahmen für Hunde gibt. Einen gesetzlichen Zwang zum Besuch einer Hundeschule gibt es nicht und es ist auch fraglich, ob eine entsprechende Anordnung auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützt werden kann. § 12 Abs. 1 LHundG NRW ermächtigt lediglich zu Anordnungen zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für die Sicherheit und Ordnung und es ist zweifelhaft, ob der Besuch einer Hundeschule als Maßnahme zur unmittelbaren Gefahrenabwehr in diesem Sinne in Betracht kommt. Derartige Erziehungs- oder Trainingsmaßnahmen können im besten Fall mittel- oder langfristig zu Verhaltensänderungen bei einem Hund und/oder dessen Halter führen und insoweit ein Risikopotential für die Zukunft verringern, zur unmittelbaren Beseitigung einer Gefahr dürften sie dagegen prinzipiell nicht geeignet sein. Soweit dies zum Teil anders gesehen wird,
18vgl. VG Münster, Urteil vom 23.10.2007 – 1 K 566/07 – Juris; Haurandt, Kommentar zum LHundG NRW, § 12 Anmerkung 2 (unten); VV zum LHundG, zu § 12, Zf. 12.1,
19teilt die Kammer diese Auffassung gegenwärtig nicht.
20Selbst wenn man § 12 Abs. 1 LHundG NRW als Ermächtigungsgrundlage für die fragliche Anordnung grundsätzlich in Betracht grundsätzlich ziehen sollte, bestehen hier durchgreifende Bedenken gegen die getroffene Maßnahme.
21Dies gilt sowohl im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 37 VwVfG als auch hier insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, namentlich die Eignung, der Maßnahme. Denn der weder nach Ziel noch nach Inhalt näher bestimmte Besuch einer Hundeschule ist hier offenkundig zur Gefahrenabwehr ungeeignet. Der Antragsteller besucht ausweislich der in der Akte befindlichen Teilnahmebestätigungen des „I. F. e.V.“ in Wesseling bereits seit dem 01.07.2012 durchgehend regelmäßig einmal die Woche diese Hundeschule. Was immer Gegenstand des dort stattfindenden Trainings sein mag, feststeht mit Blick auf die sich häufenden Beißvorfälle, dass eine wirksame Kontrolle der Hündin „X. “ durch den Antragsteller nicht erreicht worden ist und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass und aus welchem Grunde dies zukünftig der Fall sein könnte.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
23Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Hierbei ist der gesetzliche Auffangstreitwert zugrundegelegt und im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens auf die Hälfte reduziert worden.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.