Verwaltungsgericht Köln Urteil, 21. Apr. 2015 - 14 K 344/15.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Überstellung in die Niederlande.
3Er reiste seinen Angaben zufolge am 11. August 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. August 2014 einen Asylantrag. Im persönlichen Gespräch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (hiernach: Bundesamt) nach Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) äußerte der Kläger am 18. August 2014, dass er sein Heimatland vor 2,5 bis 3 Jahren verlassen habe und sich seither in den Niederlanden aufgehalten habe.
4Am 17. September 2014 erhielt das Bundesamt einen EURODAC-Treffer für die Niederlande. Daraufhin sandte das Bundesamt am 13. November 2014 ein Wiederaufnahmegesuch an die niederländischen Behörden. Hierin wurde ausgeführt, dass der Kläger laut EURODAC in den Niederlanden am 12. April 2012, 8. November 2012 und am 10. Oktober 2013 Asyl beantragt habe. Mit Schreiben vom 17. November 2014 erklärten sich die niederländischen Behörden aufgrund von Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) Dublin-III-VO zur Wiederaufnahme des Antragstellers bereit.
5Mit Bescheid vom 8. Januar 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung in die Niederlande an (Nr. 2). Der Bescheid vom 8. Januar 2015 wurde dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 17. Januar 2015 bekannt gegeben.
6Der Kläger hat am 20. Januar 2015 Klage gegen den Bescheid vom 8. Januar 2015 erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (14 L 124/15.A).
7Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, sein Asylverfahren sei in den Niederlanden bestandskräftig negativ beendet worden und die niederländischen Behörden hätten ihm angesichts seiner fehlenden Bereitschaft, nach Afghanistan zurückzukehren, jegliche Unterstützung entzogen. Die Bundesrepublik sei daher gehalten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid vom 8. Januar 2015 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
13Den Eilantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 11. Februar 2015 (14 L 124/15.A) abgelehnt.
14Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2015 informatorisch angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 14 L 124/15.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2015 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zum Termin erschienen ist, denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Die Beklagte ist form- und fristgerecht mit Empfangsbekenntnis vom 31. März 2015 geladen worden.
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheids vom 8. Januar 2015 in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt hat. Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Bescheids ist das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren des Klägers von ihr in der Sache zu prüfen.
20Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers in rechtmäßiger Weise als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung in die Niederlande angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen hier vor.
22Die Niederlande sind gemäß Art. 18 Abs. 1 d) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Insoweit wird zunächst auf die auch unter dem Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahrens fortgeltenden Erwägungen des vorgelagerten unanfechtbaren Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes verwiesen (vgl. Beschluss vom 11. Februar 2015 – 14 L 124/15.A).
23Das Gericht folgt auch weiterhin nicht der gegenteiligen, vom VG Darmstadt vertretenen Rechtsauffassung, wonach von einer Abschiebung in die Niederlande abzusehen ist, weil damit eine Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG als möglich erscheint.
24Vgl. VG Darmstadt, Beschluss vom 7. Mai 2014 – 4 L 597/14.DA.A –, juris; Beschluss vom 08. Mai 2014 – 4 L 621/14.DA.A –, juris; Beschluss vom 9. Mai 2014 – 4 L 491/14.DA.A –, juris; so wie hier VG Minden, Beschluss vom 23. Januar 2015 – 10 L 1013/14.A –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 13 L 171/14.A – juris; VG Augsburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 – Au 7 S 14.50263 –, juris; VG Kassel, Beschluss vom 18. März 2014 - 6 L 16/14.KS.A; VG Magdeburg, Beschluss vom 12. August 2014 – 1 B 894/14 –, juris;
25Selbst wenn in der Vergangenheit Anhaltspunkte dafür bestanden haben sollten, dass in den Niederlanden Angehörige einer bestimmten Gruppe abgelehnter Asylbewerber, die nicht bereit sind, in ihre Heimatländer zurückzukehren oder an ihrer Rückkehr dorthin mitzuwirken, die Obdachlosigkeit sowie fehlende Nahrungsmittelversorgung drohen könnten,
26vgl. Asylum Information Database, Country Report, The Netherlands, 16. January 2015, p. 43 (hiernach aida 2015),
27verletzt die Abschiebung eines Asylbewerbers in die Niederlande dessen Menschenwürde nicht. Nachdem in dem Verfahren Conference of European Churches (CEC) vs. the Netherlands der Europäische Ausschusses für Soziale Rechte des Europarates (ECSR) am 10. November 2014 entschieden hat, dass der Ausschluss abgelehnter Asylbewerber von der Grundversorgung gegen die Verpflichtung der Behörden unter der Charta im Hinblick auf den Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung verstößt, ist weiterhin unklar, ob die niederländische Regierung das bestehende System beibehält.
28Vgl. aida 2015, p. 44.
29Mittlerweile hat jedenfalls auch der Dutch Administrative High Court in einer Entscheidung vom 17. Dezember 2014 auf der Grundlage der ECSR-Entscheidung eine niederländische Verwaltungseinheit dazu verpflichtet, Unterkünfte und Verpflegungen für abgelehnte Asylbewerber zur Verfügung zu stellen.
30Vgl. aida 2015, p. 44.
31Jedenfalls hat es der Kläger aber grundsätzlich selbst in der Hand, die o.g. Folgen zu vermeiden. Derjenige Asylbewerber, der nach der (bestandskräftigen) Ablehnung seines Asylgesuchs die Niederlande aufgrund von Umständen nicht verlassen kann, die er selbst nicht zu vertreten hat, kann dort nämlich auch weiterhin einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn er ausreichend an der Beschaffung von Heimreisedokumenten mitwirkt.
32Vgl. dazu die durch die niederländischen Behörden unter https://ind.nl/EN/individuals/residence-wizard/asylum/Pages/default.
33aspx in englischer Sprache bereitgestellten Informationen (durch das Gericht abgerufen am 20. April 2015).
34Dem Asylbewerber, dessen Antrag abgelehnt worden ist, wird damit - bei Vornahme der zur Beschaffung von Heimreisedokumenten erforderlichen Mitwirkungshandlungen - zugleich die Möglichkeit eröffnet, eine etwa drohende Obdachlosigkeit und Einstellung der Nahrungsmittelversorgung abzuwenden.
35Vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 B 894/14 -, juris.
36Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Anordnung der Abschiebung des Klägers in die Niederlande. Insbesondere ist nichts für das Bestehen von Abschiebungshindernissen gemäß § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG vorgetragen worden oder sonst ersichtlich.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 21. Apr. 2015 - 14 K 344/15.A
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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Tenor
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
1
Gründe:
2I.
3Der am 28. September 1990 geborene Antragsteller stammt aus Ägypten. Er stellte am 10. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm (in arabischer Sprache) geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Er sei im April 2014 auf dem Luftweg über die Türkei in die Niederlande eingereist. Er habe ein Ticket nach Quito (Ecuador) gehabt und in Amsterdam umsteigen sollen. Er habe jedoch den Transitbereich des dortigen Flughafens verlassen und sich bei der Polizei gemeldet. Er habe sodann in den Niederlanden ohne Erfolg ein Asylverfahren betrieben, bevor er sich nach Deutschland begeben habe. Seine Schwester lebe in Höxter und sei auf seine Unterstützung angewiesen, weil sie krank sei.
4Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Antragstellers mit der EURODAC-Datenbank ergab für ihn am 6. Oktober hinsichtlich der Niederlande einen Treffer der Kategorie 1 (NL1-2798595768-20140503).
5Am 15. Oktober 2014 wurde der Antragsteller gemäß § 25 AsylVfG vor dem Bundesamt angehört. Hierbei legte er dar, dass er christlichen Glaubens sei und Ägypten aus Furcht vor radikalen Moslems verlassen habe. Zudem erklärte er erneut, vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in den Niederlanden erfolglos ein Asylverfahren betrieben zu haben. Seine Schwester lebe seit dem Jahr 2011 in Deutschland.
6Ebenfalls am 15. Oktober 2014 richtete das Bundesamt ein Aufnahmegesuch an die niederländischen Behörden. Diese erklärten sich am 22. Oktober 2014 zur Rückübernahme des Antragstellers bereit.
7Mit Bescheid vom 18. Dezember 2014 – Az.: 5810640-287 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung in die Niederlande an.
8Am 23. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 10 K 2897/14.A beim Verwaltungsgericht Minden anhängig ist. Am selben Tag hat er den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, zu dessen Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Er sei koptischer Christ und habe seine Heimat aufgrund von Anfeindungen durch islamische Geistliche verlassen müssen. Bei einem Anschlag auf eine Kirche in Alexandria sei zudem seine Schwester verletzt worden. Diese habe zeitweise in Höxter gelebt, sei aber inzwischen nach Ägypten zurückgekehrt. Er – der Antragsteller – habe am 30. April 2014 die Niederlande erreicht und dort Asyl beantragt. Bereits nach zwei Wochen sei sein Antrag abgelehnt worden, woraufhin er Klage erhoben habe, die jedoch abgewiesen worden sei. Ein Rechtsmittelverfahren sei ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Schon nach der Abweisung seiner Klage in erster Instanz habe man ihn aus seiner Unterkunft in Dronten gewiesen, ohne ihm eine Alternative anzubieten. Auch habe er keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten. An medizinische Versorgung sei nicht mehr zu denken gewesen. Er sei zunächst durch Vermittlung eines Pfarrers von einer Familie aufgenommen worden, die ihn versorgt habe. Dort habe er aber nur zwei Wochen bleiben können. Für weitere zwei Wochen sei er bei einer anderen Familie untergekommen. Danach sei er ohne jede Unterstützung gewesen. Er habe daher keine Möglichkeit mehr gesehen, seine Existenz in den Niederlanden zu sichern und sei nach Deutschland weitergereist, um Hilfe zu erlangen. Mangels behördlicher Unterstützung sei er in den Niederlanden einer konkreten Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt gewesen. Das Verwaltungsgericht Darmstadt habe in seinem Beschluss vom 9. Mai 2014 – 4 L 491/14 – in einem ähnlichen Fall die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Anordnung einer Abschiebung in die Niederlande angeordnet. Die dabei durch das Verwaltungsgericht Darmstadt angestellten Erwägungen seien auch in seinem – des Antragstellers – Fall einschlägig und müssten zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führen.
9Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
10die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 10 K 2897/14.A beim Verwaltungsgericht Minden anhängigen Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 – Az.: 5810640-287 – enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 2897/14.A und 10 L 1013/14.A sowie den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang (ein Heft) Bezug genommen.
12II.
13A. Der nach § 34a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
14Für diese Interessenabwägung gelten die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anwendbaren allgemeinen Grundsätze. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung gegen das öffentliche Interesse an deren alsbaldiger Vollziehung abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage maßgeblich zu berücksichtigen.
15Dagegen setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – anders als in Fällen der Unbeachtlichkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags (§ 36 Abs. 1 und 4 Satz 1 AsylVfG) – nicht voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen. Im Gegensatz zu § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG enthält § 34a Abs. 2 AsylVfG keine entsprechende Einschränkung. Ein Antrag, § 34a Abs. 2 AsylVfG entsprechend zu fassen, fand im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit.
16Vgl. VG Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris (Rdnr. 5 ff.), mit ausführlicher Darstellung des Ablaufs des Gesetzgebungsverfahrens; VG Darmstadt, Beschluss vom 9. Mai 2014 – 4 L 491/14.DA.A –, juris (Rdnr. 2).
17Ausgehend von diesen Grundsätzen fällt die gebotene Interessenabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung erweist sich als rechtmäßig, so dass das in § 34a AsylVfG zum Ausdruck gebrachte öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.
18Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend ist die Zuständigkeit des Königreichs der Niederlande für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers gegeben; diese Zuständigkeit ist auch nicht auf einen anderen Staat übergegangen.
19I. Die Zuständigkeit der Niederlande für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ergibt sich aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO). Diese Verordnung und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Antragsteller seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 10. September 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
20Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien sind die Niederlande für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig.
21Mangels vorrangiger Kriterien (vgl. dazu die zutreffenden Erwägungen auf Seite 2 des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheides) folgt dies hier aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Antragsteller aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Luft-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Niederlande überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit der Niederlande hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
23Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit der Niederlande nicht entgegen. Ausgehend von seinen eigenen Angaben (vgl. u.a. Blatt 28 der beigezogenen Bundesamtsakte) hat der Antragsteller die Niederlande im April 2014 erreicht. Nach der Einreise in diesen Mitgliedsstaat hat er – ebenfalls nach eigenem Bekunden – sogleich einen Asylantrag gestellt. Es bestehen daher keinerlei Zweifel, dass die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO ergebende Frist von zwölf Monaten seit dem illegalen Grenzübertritt gewahrt ist.
24II. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Niederlande und des Umstands, dass dort der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden ist, hat dieser Mitgliedstaat gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) Dublin-III-VO die Pflicht zur Wiederaufnahme des Antragstellers. Diese Pflicht ist auch nicht nachträglich erloschen. Namentlich sind die einschlägigen Antrags- und Überstellungsfristen nicht verstrichen:
25Die (hier aufgrund des erzielten EURODAC-Treffers) einschlägige zweimonatige Frist zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) hat das Bundesamt beachtet, indem es sich am 15. Oktober 2014, d.h. rund eine Wochen nach Erzielung des EURODAC-Treffers, der vom 6. Oktober 2014 datiert, an die niederländischen Behörden gewandt hat.
26Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen wäre. Gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald sie praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedstaat. Die Niederlande haben ihr Einverständnis mit der Wiederaufnahme des Antragstellers am 22. Oktober 2014 (und somit innerhalb der zweiwöchigen Erklärungsfrist nach Art. 25 Abs. 2 i.V.m Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO) erteilt, so dass die sechsmonatige Überstellungsfrist erst im April 2015 verstreichen wird.
27III. Auch im Übrigen sind keine im vorliegenden Verfahren durchgreifenden Gründe dafür ersichtlich, dass von einer Abschiebung des Antragstellers in die Niederlande abgesehen werden müsste. Namentlich kann er sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des niederländischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen berufen.
28Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
29Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
30Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
31Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin II-VO.
33Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
34Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
35Dem beschließenden Gericht liegen indessen keinerlei Erkenntnismittel vor, welche die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in den Niederlanden systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne bestehen
36- ebenso z.B. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Dezember 2014– 6a L 1837/14.A –, juris (Rdnr. 10 ff.), VG Augsburg, Beschlüsse vom 29. Oktober 2014 – Au 7 S 14.50263 –, juris (Rdnr. 27 ff.), und vom 22. September 2014 – Au 7 S 14.50234 –, juris (Rdnr. 25 ff.), sowie VG Magdeburg, Beschluss vom 12. August 2014 – 1 B 894/14 –, juris (Rdnr. 3), jeweils m.w.N. -.
37Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, wonach er in den Niederlanden nach Abweisung seiner Klage gegen die ablehnende Entscheidung über sein Asylgesuch nicht mehr durch den Staat untergebracht und versorgt worden sein will. Zwar dürfte es zutreffen, dass Asylbewerber, die ausreisepflichtig sind, weil ihr Asylantrag abgelehnt worden ist, in den Niederlanden grundsätzlich keinen Anspruch auf staatliche Hilfe mehr haben.
38Vgl. VG Darmstadt, Beschluss vom 9. Mai 2014 – 4 L 491/14.DA.A –, juris (Rdnr. 4), VG Augsburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014– Au 7 S 14.50263 –, juris (Rdnr. 28).
39Jedoch hat es der Antragsteller grundsätzlich selbst in der Hand, diese Folge zu vermeiden. Derjenige Asylbewerber, der nach der (bestandskräftigen) Ablehnung seines Asylgesuchs die Niederlande aufgrund von Umständen nicht verlassen kann, die er selbst nicht zu vertreten hat, kann dort nämlich auch weiterhin einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn er ausreichend an der Beschaffung von Heimreisedokumenten mitwirkt.
40Vgl. dazu die durch die niederländischen Behörden unter https://ind.nl/EN/ individuals/residence-wizard/asylum/Pages/default.aspx in englischer Sprache bereitgestellten Informationen (durch das Gericht abgerufen am 23. Januar 2015).
41Dem Asylbewerber, dessen Antrag abgelehnt worden ist, wird damit – bei Vornahme der zur Beschaffung von Heimreisedokumenten erforderlichen Mitwirkungshandlungen – zugleich die Möglichkeit eröffnet, eine etwa drohende Obdachlosigkeit und Einstellung der Nahrungsmittelversorgung abzuwenden.
42Vgl. VG Magdeburg, , Beschluss vom 12. August 2014 – 1 B 894/14 –, juris (Rdnr. 3).
43Bei dieser Sachlage kann das Gericht durchgreifende systemische Mängel des niederländischen Asylsystems nicht erkennen.
44Doch selbst dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
45- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -
46könnte der Antragsteller hieraus nichts für sich herleiten. Denn es ist aus den vorstehend genannten Gründen auch nicht erkennbar, dass er Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung in die Niederlande – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Angesichts der beschriebenen Möglichkeit, auch nach Ablehnung des Asylantrags einen Aufenthaltstitel zu erwirken, vermag das Gericht ebenfalls nicht festzustellen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Niederlande Gefahr laufen würde, in seiner Menschenwürde verletzt zu werden
47- ebenso in einem ähnlichen Fall VG Magdeburg, Beschluss vom 12. August 2014 – 1 B 894/14 –, juris (Rdnr. 3); a.A. VG Darmstadt, Beschluss vom 9. Mai 2014 – 4 L 491/14.DA.A –, juris (Rdnr. 5 ff.) -.
48IV. Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers in die Niederlande. Insbesondere ist nichts für das Bestehen von Abschiebungshindernissen gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Soweit er noch im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hatte, seine Schwester lebe in Höxter, kann daraus schon deshalb kein Abschiebungshindernis (mehr) folgen, weil die Schwester– wie der Antragsteller im vorliegenden gerichtlichen Verfahren erklärt hat – nach Ägypten zurückgekehrt ist. Ohnehin hatte der Antragsteller im Verwaltungsverfahren keine Umstände substanziiert vorgetragen, aus der sich eine Angewiesenheit seiner Schwester auf seine Hilfe und Unterstützung hätte ergeben können. Auch nach bisherigem Vortrag des Antragstellers konnte mithin keine durch Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK geschützte Beistandsgemeinschaft mit seiner Schwester, die ein Abschiebungshindernis hätte begründen können, festgestellt werden.
49Vgl. zu entsprechenden Fällen etwa Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1. April 2010 – 8 PA 27/10 – (Rdnr. 12 ff.).
50V. Soweit der Antragsteller – u.a. in seiner Anhörung nach § 25 AsylVfG – materielle Asylgründe vorgetragen hat, die einer Rückkehr nach Ägypten entgegenstehen sollen, kommt es hierauf nicht an. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die im Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 enthaltene Anordnung der Abschiebung in die Niederlande. Dass sich dieser Mitgliedstaat des Antragstellers unter Verstoß gegen das Non-Refoulement-Prinzip entledigen würde, ist nicht erkennbar.
51In der durch das Bundesamt durchgeführten Anhörung nach § 25 AsylVfG zu den Asylgründen des Antragstellers liegt im Übrigen auch keine konkludente Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Antragsgegnerin (Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO). Das Bundesamt hat nicht zu erkennen gegeben, dass es das Selbsteintrittsrecht wahrnehmen wolle. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts erfordert aber im Interesse der Rechtsklarheit eine entsprechende, für den Asylbewerber erkennbare Entscheidung und entsprechende Erklärung des Bundesamtes. Eine solche Entscheidung hat das Bundesamt beim Antragsteller nicht getroffen. Eine entsprechende Absicht des Bundesamtes ist in keiner Weise nicht ersichtlich. Allein aus dem Umstand, dass eine Anhörung nach § 25 AsylVfG durchgeführt worden ist, geht noch keine Absicht, das Asylgesuch materiell in der Bundesrepublik Deutschland zu prüfen, hervor.
52Vgl. zu entsprechenden Fällen etwa VG Ansbach, Urteil vom 5. November 2009 – AN 5 K 09.30201 – juris (Rdnr. 17 und 18).
53B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83b AsylVfG.
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X. aus N. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 28. Januar 2014 sinngemäß anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 500/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 anzuordnen,
4zu deren Entscheidung der Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 AsylVfG berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Januar 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde am 22. Januar 2014 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Am 28. Januar 2014 hat er Klage erhoben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris Rn 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris Rn 3 f. Siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A -.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich ‑ an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Die angegriffene Entscheidung ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere hat das Bundesamt den Sachverhalt in einer dem § 24 AsylVfG genügenden Weise aufgeklärt und den Antragsteller in einer dem § 25 AsylVfG genügenden Weise angehört. Allerdings unterliegt das Bundesamt in Verfahren, in denen es die Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates zu dessen Prüfung annimmt (§ 27a AsylVfG), nur einer beschränkten Anhörungspflicht. Es ist nur verpflichtet, die in § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AsylVfG beschriebenen Umstände zu ermitteln bzw. zu ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mit Kenntnis dieser Umstände kann das Bundesamt bereits die Entscheidung über den zuständigen Mitgliedstaat bzw. die ggf. zu unterbleibende Abschiebung dorthin treffen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Angaben zu Wohnsitzen, Reisewegen, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten sowie zu sonstigen Tatsachen und Umständen, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat – hier der nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO) zur Prüfung des Asylantrags zuständige Staat – entgegen stehen. Hingegen bedarf es in diesem Verfahrensstadium nicht der Kenntnis der von § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG genannten Tatsachen, die die Furcht des Asylbewerbers vor politischer Verfolgung begründen. Die nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO durchzuführende Prüfung des Asylantrags umfasst gemäß Art. 2 Buchstabe c Dublin II-VO auch die Prüfung des Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sodass diesbezüglich relevante Umstände erst von dem nach der Dublin II-VO zuständigen Staat zu prüfen sind.
13Vor diesem Hintergrund hatte der Antragsteller im Rahmen der am 18. November 2013 durchgeführten Anhörung ausreichend Gelegenheit, auf alle maßgeblichen Umstände hinzuweisen. Dies entspricht zunächst seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 25 Abs. 2 AsylVfG. Zudem wurde er bei der Anhörung ausdrücklich nach Visa, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten, Familienangehörigen, für die in einem anderen Staat der Flüchtlingsstatus anerkannt worden sei, sowie danach gefragt, ob er Einwände dagegen habe, dass sein Asylantrag in Belgien geprüft werde.
14Anders als vom Antragsteller angenommen, liegt auch kein Verstoß gegen Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) vor. Zunächst findet diese Vorschrift ohnehin nicht auf den vor dem 1. Januar 2014 gestellten Asylantrag des Antragstellers Anwendung (s. unten). Sodann ist den Anforderungen des Art. 5 Dublin III-VO mit der Anhörung am 18. November 2013 genüge getan. Dort sind die nach Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Dublin III-VO maßgeblichen Umstände, zu denen auch nach diesen Vorschriften nicht das Verfolgungsschicksal, sondern allein die zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erforderlichen Umstände gehören, hinreichend zur Sprache gekommen.
15Die angegriffene Entscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Dublin III-VO, bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist.
16Vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A, juris Rn. 13 = NRWE.
17Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Nach einem Eurodac-Treffer unter dem 26. April 2013 und einem an das Königreich Belgien gerichteten Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2013 wurde die Übernahme unter dem 11. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Dass der Antragsteller bei der Anhörung am 18. November 2013 ohne weitere Erläuterung angegeben hat, nicht in Belgien gewesen zu sein, ist angesichts des positiven Eurodac-Treffers sowie der durch Belgien erklärten Bereitschaft zur Übernahme nicht nachvollziehbar, zumal der Antragsteller in der Antragsschrift vom 28. Januar 2014 selbst von seiner Behandlung „seit der Ablehnung des Asylantrags in Belgien“ spricht (dort S. 13, Blatt 37 der Gerichtsakte).
18Der Überstellung nach Belgien steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Antragstellung am 24. April 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 2. Dezember 2013 gut sieben Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Antragsgegnerin daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt.
19Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
20Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Antragstellers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen.
21EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
22Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein.
23Vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10. A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8.
24Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
25Vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
26Hier sind seit der Asylantragstellung am 24. April 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 2. Dezember 2013 erst gut sieben Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
27Die Antragsgegnerin ist auch nicht deswegen an der Überstellung des Antragstellers nach Belgien gehindert und zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichtet, weil das belgische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist.
28EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413.
29Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin.
30Vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinen vom 18. April 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 57 f.
31Die Antragsgegnerin ist auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zugunsten des Antragstellers – gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der zitierten Rechtsprechung,
32EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
33der Fall wäre, liegen nicht vor. Danach ist die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta implizieren.
34EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86.
35Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
36EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 94.
37Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Abs. 2 UAbs 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
38Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
39Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, nach der Ablehnung seines Asylantrags in Belgien keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr zu haben. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht.
40Vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
41Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
42Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 26. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, demnächst bei juris und NRWE, und vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A -, n.v.
43Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird.
44Vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
45Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerheblich neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
46Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden. Soweit der Kläger sich auf die systemische Verletzung des Refoulement-Verbotes bezieht, führt er zunächst einige Einzelfälle an, die ihrem Charakter als Einzelfall entsprechend nicht herangezogen werden können, um Fehler im Asylverfahren mit systemischem Ausmaß zu begründen. Soweit der Antragsteller geltend macht, Belgien könnte ihn im Wege der Kettenabschiebung nach Guinea abschieben, wo ihm Verfolgung drohe, kann dieser Einwand keine systemischen Mängel im Asylverfahren Belgiens begründen. Dort ist bereits eine Prüfung seines Asylbegehrens durchgeführt worden. Die belgischen Behörden sind dabei offenbar zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Furcht vor Verfolgung nicht begründet ist. In dieser Situation eine Abschiebung nach Guinea vorzusehen, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt, zumal es dem Antragsteller grundsätzlich freisteht, auch in Belgien um Rechtsschutz nachzusuchen oder ggf. einen Folgeantrag zu stellen (vgl. hierzu unten). Der Antragsteller beruft sich insoweit auch auf einen Brief des Jesuiten Flüchtlingsdienstes vom 16. September 2013. Dieser befasst sich jedoch mit den Einzelschicksalen von Asylbewerbern, denen eine Abschiebung nach Inguschetien drohte. Der Autor des Briefes führte diesbezüglich u.a. aus, dass „die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Beweismittel“ in einem erneuten Asylverfahren wohl nicht zum Erfolg führen würden. Dies macht deutlich, dass es grundsätzlich möglich ist, auch in Belgien Folgeanträge zu stellen.
47Vgl. Hierzu auch ausführlich, aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 36. Danach hat die Stellung eines Folgeantrags u.a. einen Suspensiveffekt bezüglich einer bestehenden Ausweisungsverfügung.
48Außerdem ist erkennbar, dass sich die Auskunft allein auf die konkrete Beweissituation in Einzelfällen bezog. Eine Aussagekraft für das hiesige Antragsverfahren oder das Asylverfahren in Belgien im Allgemeinen haben diese Ausführungen daher nicht.
49Auch die Einlassung, dass Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung unzumutbar erschwert werde, lässt systemische Mängel im Sinne der genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes im Asylverfahren in Belgien nicht offensichtlich werden. Denn die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers (Asylbewerber würden grundsätzlich in Abschiebehaft genommen, dort bestünde kein Zugang zu einem Rechtsbeistand) stehen in Widerspruch zu anderen Erkenntnissen. So weist etwa der vorzitierte aida-Bericht auf S. 58 darauf hin, dass der Zugang zu einem Rechtsbeistand während der Abschiebehaft nicht nur dem Gesetz nach zu gewähren sei, sondern dass effektiver Zugang zu einem Rechtsbeistand auch in der Praxis bestehe. Die in dem Bericht genannten absoluten Zahlen von Verhaftungen von Asylbewerbern im dreistelligen Bereich (S. 53) sprechen im Übrigen dagegen, dass flächendeckend mit Inhaftierung zu rechnen ist.
50Dem Final Report des Dublin Transnational Project für den Berichtszeitraum Dezember 2009 bis Mai 2011 ist zu entnehmen, dass jeder Asylbewerber die Möglichkeit hat, gegen eine ablehnende Asylentscheidung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (S. 38).
51Auch im Übrigen sind keine systemischen Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 44, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
52Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
53Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Das Gericht teilt zunächst nicht die Auffassung des Antragstellers, dass über die Frage, ob abgeschoben oder eine andere Form der Überstellung gewählt wird, zunächst eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr sieht Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO vor, dass die Überstellung nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgt. Diese sehen hier gemäß § 34 Abs. 1 AsylVfG zwingend den Erlass einer Abschiebungsandrohung vor. Soweit der Antragsteller auf Art. 20 Abs. 1 Buchstabe e Satz 2 (gemeint ist wohl Satz 3) Dublin II-VO Bezug nimmt, folgt hieraus nichts anderes. Diese Vorschrift befasst sich zwar mit dem Fall, dass der Asylbewerber sich auf eigene Initiative in den zuständigen Staat begeben soll. Sie schreibt diese Möglichkeit den Mitgliedstaaten jedoch nicht vor, sondern enthält nur Regelungen für den Fall, dass das einzelstaatliche Recht eine solche Möglichkeit vorsieht. Vorrang genießt insoweit die bereits genannte Regelung des Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO, die die Umstände der Überstellung der einzelstaatlichen Regelung überlässt.
54Es besteht auch kein innerstaatliches Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung voraus, dass diese auch durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass keine zielstaatsbezogenen oder in der Person des Ausländers bestehenden Abschiebungshindernisse bestehen. Die insoweit vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden begründen kein solches Abschiebungshindernis. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht.
55BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris Rn. 15.
56Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
58Eine solche Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich. Der Antragsteller macht insoweit lediglich geltend, dass nach dem Bericht des Evangelischen Krankenhauses P. zwölf Monate nach seiner Knieoperation am 13. August 2013 zur Behandlung einer lateralen Tibiakopfimpressionsfraktur links eine Überprüfung der Indikation zur Materialentfernung (winkelstabile vorgeformte L-Platte, 4,5 mm, Titan Fa Synthes) von dem behandelnden Arzt erbeten worden ist (vgl. ärztlicher Bericht des Assistenzarztes T. vom 18. August 2013). Nach weiterer ärztlicher Bescheinigung vom 17. Dezember 2013 wird die Metallentfernung in ca. 15 Monaten „angeraten“. Eine Gesundheitsgefährdung im beschriebenen Ausmaß wird hiermit nicht dargetan; sie ist aufgrund der Angaben auch nicht offensichtlich. Zum einen bleibt es völlig offen, ob eine ggf. anstehende Operation zur Entfernung des eingebrachten Materials nicht auch in Belgien oder ggf. im Herkunftsland des Antragstellers erfolgen kann. Aber selbst unterstellt, dass dies nicht möglich wäre, ist überhaupt nicht ersichtlich, warum aus dem Verbleiben des Materials im Knie des Antragstellers eine Gesundheitsgefahr – noch zudem im beschriebenen Ausmaß – erwachsen soll. Hierzu fehlen jegliche Angaben des Antragstellers. Angesichts des häufig zum dauerhaften Verbleib im menschlichen Körper verwendeten Titans drängen sich solche Gesundheitsgefahren auch nicht auf.
59Die weitere ärztliche Bescheinigung des Leitenden Arztes im Evangelischen Krankenhaus P. Dr. B. , nach welcher eine längere Fahrt mit verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln und längeres Treppensteigen zu vermeiden sei, genießt keine Aktualität mehr. Die am 27. August 2013, also zwei Wochen nach der Knieoperation ausgestellte Bescheinigung bezieht sich selbst darauf, dass der Antragsteller bis zum 28. Oktober 2013 sich nur auf Unterarmgehstützen fortbewegen solle. Dieser Zusammenhang ist in zeitlicher Hinsicht inzwischen offensichtlich entfallen. Auch die Bescheinigung vom 18. August 2013 sah eine Vollbelastung nach zwölf Wochen postoperativ, also ab November 2013, vor.
60Ebenso ist der weiter gestellte Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 166 VwGO, 114 ZPO.
61Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
62Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Gründe
- 1
Der Eilantrag hat keinen Erfolg. Denn die Voraussetzungen für eine Abänderung des Beschlusses 1 B 408/14 MD vom 25.04.2014 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO liegen nicht vor.
- 2
Der Antragsteller hat keine veränderten Umstände oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände vorgetragen, die eine Abänderung der ursprünglichen Entscheidung zu seinen Gunsten zu rechtfertigen vermögen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO).
- 3
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nicht ersichtlich, dass ihm durch seine Abschiebung in die Niederlande irreversible Nachteile drohen. Systemische Mängel des Asylverfahrens in den Niederlanden sind nicht ersichtlich. Der Verlust des Anspruchs von staatlichen Leistungen für einen abgelehnten und deshalb ausreisepflichtigen Asylbewerber ist keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK (VG Düsseldorf, B. v. 26.02.2014 - 13 L 171/14.A -, juris, Rdnr. 38 ff.). Die Abschiebung des Antragstellers in Niederlande verletzt auch nicht seine gemäß Art. 1 Abs. 1 GG zu schützende Menschenwürde. Das Gericht folgt insoweit der gegenteiligen, vom Verwaltungsgericht Darmstadt vertretenen Rechsauffassung, wonach das durch eine Abschiebung in die Niederlande zumindest als möglich erscheint (VG Darmstadt, B. v. 07.05.2014 - 4 L 597/14.DA.A -, juris, Rdnr. 6 ff.; B. v. 08.05.2014 - 4 L 621/14.DA.A -, juris, Rdnr. 7 ff.; B. v. 09.05.2014 - 4 L 491/14.DA.A -, juris, Rdnr. 3 ff.), nicht. Auch für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass in den Niederlanden Angehörige einer bestimmten Gruppe abgelehnter Asylbewerber, die nicht bereits sind, in ihre Heimatländer zurückzukehren oder an ihrer Rückkehr dorthin mitzuwirken, die Obdachlosigkeit sowie fehlende Nahrungsmittelversorgung drohen können (vgl. VG Darmstadt, B. v. 09.05.2014 – a. a. O., Rdnr. 4), verletzt die Abschiebung eines Asylbewerbers in die Niederlande dessen Menschenwürde nicht. Denn der Asylbewerber kann bei einer solchen Verfahrenspraxis die ihm drohende Obdachlosigkeit sowie die fehlende Nahrungsmittelversorgung durch eine aktive Mitwirkung bei der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente abwenden. Darüber hinaus ist es auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Antragsteller in den Niederlanden als politischer Flüchtling anerkannt wird.
- 4
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Abschiebungsanordnung auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verletze Unionsrecht, beruft er sich dabei auf keinen veränderten Umstand i. S. v. § 80 Abs. 7 VwGO. Denn insoweit hat sich seit dem Beschluss des erkennenden Gerichts vom 03.07.2013 weder die Sach- noch die Rechtslage in entscheidungserheblicher Weise geändert. Darüber hinaus ist es vorliegend nicht unverhältnismäßig, dass die Antragsgegnerin - dem vom nationalen Gesetzgeber vorgegebenen Regelfall folgend - die Abschiebung des Antragstellers in die Niederlande angeordnet hat. Denn der Antragsteller hat weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren glaubhaft zu erkennen gegeben, sich freiwillig innerhalb kürzester Zeit nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides wieder in die Niederlande oder sein Heimland zu begeben (vgl. VG Göttingen, B. v. 03.01.2014 - 2 B 763/13 -, juris, Rdnr. 30; VG München, B. v. 09.05.2014 - M 21 K 14.30300 -, juris, Rdnr. 47). Die Erklärung des Antragstellers gegenüber dem Landkreis Bitterfeld vom 05.08.2014, er wolle freiwillig ausreisen, steht in keinem zeitlichen Zusammenhang zum Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.06.2013 mehr, mit dem sie die Abschiebung des Antragstellers angeordnet hat. Auch ist die Erklärung des Antragstellers vom 05.08.2014 nicht glaubhaft. Denn der Antragsteller hat sich dem ersten Überstellungsversuch am 04.07.2013 entzogen.
- 5
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er beabsichtige, mit einer deutschen Staatsanghörigen eine Ehe zu schließen. Die Antragsgegnerin muss wegen der vom Antragsteller angeblich beabsichtigten Eheschließung in Deutschland keine Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts treffen. Denn eine Eheschließung ist unter dem Aspekt des Schutzes nach Art. 6 Abs. 1 GG, 8 und 12 EMRK, Art. 7 und 9 GrCH nur dann abschiebungsrechtlich relevant, wenn sie unmittelbar bevorsteht. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn ein zeitnaher Eheschließungstermin von dem zuständigen Standesbeamten bestimmt oder zumindest von diesem als unmittelbar bevorstehend bezeichnet ist. Fehlt es schon an einem solchen Eheschließungstermin, kann eine unmittelbare bevorstehende Eheschließung nur dann ausnahmsweise angenommen werden, wenn das Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Ehevoraussetzungen nachweislich erfolgreich abgeschlossen ist und die Eheschließung sich nur aus nicht in der Sphäre der Verlobten liegenden Gründen verzögert (VG Ansbach, U. v. 25.11.2010 - AN 11 K 10.30388 -, juris, Rdnr. 25 m. w. N:). Derartiges ist hier weder ersichtlich noch vom Antragsteller glaubhaft gemacht worden. Vorliegend wurde aktenkundig ein Eheschließungstermin weder bestimmt noch steht er bevor. Eine Eheschließung im Inland kann nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nur unter Einhaltung der hier vorgeschriebenen Form erfolgen. Die Eheschließung in Deutschland muss daher den Formvorschriften des deutschen Ortsrechts genügen. In diesem Zusammenhang soll dem Standesbeamten nach § 1309 Abs. 1 BGB ein Ehefähigkeitszeugnis des Heimatstaats vorgelegt werden. Aber selbst bei Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses hat der Standesbeamte die Pflicht, den Ledigenstand des ausländischen Verlobten selbständig nachzuprüfen (VG Ansbach, U. v. 25.11.2010 – a. a. O. m. w. N.). Vorliegend ist ein Ehefähigkeitszeugnis aktenkundig weder erteilt noch alsbald mit Erfolg in Aussicht gestellt worden. Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung, die Abschiebungsschutz hätte vermitteln können, kann daher nach derzeitiger Sachlage gerade nicht ausgegangen werden.
- 6
Von der Gewährung von (erneuter) Akteneinsicht in die von der Antragsgegnerin zum Hauptsacheverfahren 1 A 222/13 MD vorgelegten Akten hat das Gericht abgesehen. Denn der derzeitige Bevollmächtigte des Antragsstellers hat ausweislich Blatt 67 und Blatt 73 der Gerichtsakte zum Verfahren 1 A 222/13 MD sowohl die Gerichtakte und die zu diesem Verfahren vorgelegten Akten der Antragsgegnerin eingesehen und es ist nicht erkennbar, weshalb der Bevollmächtigte des Antragstellers die nochmalige Einsicht für erforderlich hält.
- 7
Das Gericht sieht auch keinen Anlass den Beschluss 1 B 221/13 MD vom 03.07.2013 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern.
- 8
Das Begehren, der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Landkreis Börde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers unzulässig sei, bleibt aus den genannten Gründen ebenfalls ohne Erfolg.
- 9
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.