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| Die Klage ist zulässig und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der angefochtene Niederschlagswassergebührenbescheid der Beklagten vom 27.05.2013 ist rechtswidrig, soweit von der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2013 Niederschlagswassergebühren erhoben werden; im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig. Der angefochtene Gebührenbescheid war deshalb aufzuheben, soweit von der Klägerin ein über 143,52 Euro hinausgehender Betrag gefordert wird. |
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| Der angefochtene Bescheid ist formell ordnungsgemäß ergangen. Er ist an die Klägerin als richtige Adressatin gerichtet und musste mit Blick auf seine inhaltliche Bestimmtheit weder die Darlegung der für die alleinige Heranziehung der Klägerin maßgeblichen Ermessensgründe noch den Hinweis umfassen, dass die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr der Klägerin gegenüber als Gesamtschuldnerin erfolgt (s. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.10.2005 - 2 S 995/05 - juris). |
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| Materielle Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid, mit dem die Klägerin als Beteiligte an der Erbengemeinschaft zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird, ist die Abwassersatzung der Beklagten vom 08.04.2013. Nach § 23 Abs. 1 AbwS erhebt die Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Abwassergebühr getrennt für die auf dem Grundstück anfallende Schmutzwassermenge (Schmutzwassergebühr) und für die anfallende Niederschlagswassermenge (Niederschlagswassergebühr). Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 AbwS ist Gebührenschuldner der Abwassergebühr der Grundstückseigentümer. |
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| Die Satzung beruht ihrerseits auf dem Kommunalabgabengesetz vom 17.03.2005 i. d. F. vom 25.01.2012 (GBl S. 65). Nach dessen § 13 Abs. 1 Satz 1 können die Gemeinden und Landkreise für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Ferner werden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 KAG Kommunalabgaben aufgrund einer Satzung erhoben, die u.a. den Kreis der Abgabenschuldner bestimmen soll. Auf die Kommunalabgaben sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b KAG die Bestimmungen der §§ 37 bis 50 der Abgabenordnung (AO) über das Abgabenschuldverhältnis sinngemäß anzuwenden (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 2 KAG), mithin auch § 44 AO. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 sind Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Abgabenschuldverhältnis schulden, Gesamtschuldner. Dies ist bei den einzelnen an der Erbengemeinschaft beteiligten Erben der Fall. |
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| Das Grundstück gehört als Nachlassgegenstand dem einzelnen Miterben ganz, jedoch beschränkt durch die Rechte der übrigen Miterben. Der Gebührenbescheid ist deshalb an die einzelnen beteiligten Erben zu richten und nicht an die Erbengemeinschaft. |
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| § 21 Abs. 1 KAG trifft nur für die Beitragserhebung insoweit eine andere Regelung. Hinsichtlich der grundstücksbezogenen Nutzungsgebühren, wozu auch die Niederschlagswassergebühr gehört, verweist § 13 Abs. 3 KAG nur auf § 27 KAG (mit der Folge, dass die Gebühr als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht), nicht jedoch auf § 21 KAG. Da die einzelnen Erben Gesamtschuldner sind, kann der Bescheid auch an nur einen von ihnen gerichtet werden (s. Klein/Ratschow, AO, § 45 Rz. 11 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs; vgl. auch Tipke/Kruse, AO, Stand Juli 2008, § 44 Rn 11). |
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| Gemäß der Übergangsbestimmung in § 35 AbwS durften mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.05.2013 grundsätzlich auch Niederschlagswassergebühren für den Veranlagungszeitraum 2011 und 2012 erhoben werden. Die ursprünglichen Gebührenbescheide vom 16.09.2011 sowie 05.09.2012 für diese Veranlagungszeiträume enthielten den Vermerk: „Der Abwassergebührenbescheid erfolgt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ (vgl. 3 Abs. 1 Nr. 5 lit. c KAG i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO). Grund hierfür war die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -, in der dieser unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hatte, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserversorgung auch bei kleineren Gemeinden in aller Regel gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstößt. |
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| Bedenken gegen die Gültigkeit der Satzung bestehen insoweit nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die rückwirkende Einführung der gesplitteten Abwassergebühr zum 01.01.2011 nicht zu beanstanden. Ausnahmen vom grundsätzlich geltenden Rückwirkungsverbot sind dann anerkannt, wenn eine rückwirkend erlassene abgabenrechtliche Regelung dazu dienen soll, eine ungültige oder in ihrer Gültigkeit zweifelhafte Satzung durch eine neue Satzung zu ersetzen. Das Vertrauen auf die Ungültigkeit einer Rechtsnorm ist nicht geschützt (vgl. BverwG, Urt. v. 28.11.1975 - IV C 18.74 -, u. Urt. v. 15.12.1978 - 7 C 3.78 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.11.1982 - 2 S 1104/82 - u. Urt. v. 11.03.2010 - 2 S 2938/08 - alle juris). |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Vor Einführung der gesplitteten Abwassergebühr in der Abwassersatzung vom 08.04.2013 sah die Abwassersatzung der Beklagten in der Fassung der Änderungssatzung vom 07.07.2003 als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den sog. (einheitlichen) Frischwassermaßstab vor (s. § 3 Abs. 2 Nr. 1). Dieser Maßstab verstieß angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.03.2010 - 2 S 2938/08 - juris). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Menge des bezogenen Frischwassers zwar typischerweise der in die Kanalisation eingeleiteten Schmutzwassermenge entspricht, jedoch keinen verlässlichen Rückschluss darauf zulässt, wie viel Niederschlagswasser der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird. Die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers ist vielmehr von der Größe des Grundstücks sowie dessen Oberflächengestaltung abhängig. Mit Einführung der gesplitteten Abwassergebühr in der Abwassersatzung vom 08.04.2013, die insoweit rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft getreten ist (s. § 35 AbwS), hat die Beklagte somit die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 - aufgestellten Vorgaben umgesetzt und die zuvor ungültige Maßstabsregelung durch eine gültige ersetzt. |
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| Nachdem bereits ab März 2010 in der örtlichen Presse auf die geänderte Rechtsprechung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen hingewiesen worden ist, hat die Beklagte zudem 2011 allen Gebührenpflichtigen eine Informationsbroschüre übersandt und über die bevorstehende Änderung der Bemessungsgrundlage und die notwendige Erhebung einer Niederschlagswassergebühr aufgeklärt. Der Klägerin war somit frühzeitig bekannt, dass sie zu einer Niederschlagswassergebühr herangezogen werden würde und auch, dass sich diese nach der versiegelten Grundstücksfläche bemisst. Aufgrund dieser Informationsgrundlage konnte sie nicht davon ausgehen, dass es bei den Gebührenfestsetzungen aus den Jahren 2011 und 2012 bleiben würde, die in den Bescheiden vom 16.09.2011 und 11.03.2010 ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt sind. |
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| Mit dieser Niederschlagswassergebühr wurde auch nicht rückwirkend eine vollkommen neue Benutzungsgebühr geschaffen. Von der Klägerin werden vielmehr nach wie vor lediglich Gebühren für die von der Beklagten vorgenommene Beseitigung des Niederschlagswassers gefordert. Geändert hat sich lediglich der Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Gebühr. Während nach der früheren Satzung auch insoweit Anknüpfungspunkt der Frischwassermaßstab war, wird nunmehr hinsichtlich der Niederschlagswassergebühr als Anknüpfungspunkt auf die versiegelte Grundstücksfläche abgestellt. Nach wie vor werden aber Gebühren nur für die bei der Beklagten anfallenden Kosten für die Beseitigung des Niederschlagswassers erhoben (s. § 14 Abs. 1 KAG). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits die andere Verteilungsregelung in der jetzigen Abwassersatzung zu einer höheren Gebührenpflicht der Klägerin führt. Selbst wenn bereits die rückwirkende Satzungsbestimmung wegen der anderen Verteilungsregelung zu einer höheren Gebührenpflicht der Klägerin führen würde, als sie durch die vorangegangene nichtige Satzung begründet zu sein schien, ist das unter dem Blickwinkel des bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips unbedenklich. Da der Mangel der ursprünglichen Satzung gerade in einem Fehler der Verteilungsregelung bestanden hat, und die rückwirkende Beseitigung dieses Fehler aus Vertrauensschutzgründen unbedenklich ist, liegt kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vor, wenn bereits die Änderung der Verteilungsregelung zum Entstehen einer höheren Gebührenpflicht der Klägerin geführt hat (s. BVerwG, Urt. v. 07.04.1989 - 8 C 83/87 - juris). |
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| Die rückwirkende Einführung der gesplitteten Abwassergebühr zum 01.01.2011 in der in den §§ 25 - 27 AbwS festgesetzten Höhe (Schmutzwassergebühren in Höhe von 2,75 Euro je Kubikmeter Abwasser sowie Niederschlagswassergebühren in Höhe von 0,80 Euro je Quadratmeter versiegelter Fläche) verstößt jedoch gegen das sogenannte „Schlechterstellungsverbot“. Die Beklagte hat die rückwirkende Heilung des Mangels der früheren Satzung zum Anlass genommen, nicht nur rückwirkend die gesplittete Abwassergebühr einzuführen, sondern darüber hinaus auch rückwirkend höhere Gesamtkosten auf die Gebührensätze umgelegt und dies damit begründet, dass sich bei der von ihr inzwischen vorgenommenen neuen Gebührenkalkulation herausgestellt habe, dass die bisherigen - ungültigen - Gebührensätze nicht kostendeckend gewesen seien. |
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| Während nach der ständigen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (s. z. B. Urt. v. 30.03.2006 - 2 S 831/05 - juris) in Übereinstimmung mit der ebenfalls in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (. z. B. Urt. v. 18.10.2001 - 3 C 1.01 -, juris) der rückwirkende Erlass einer Abgabensatzung zulässig ist, wenn die Rückwirkung dazu dient, eine ungültige oder in ihrer Gültigkeit zweifelhafte Satzung durch eine gültige Satzung zu ersetzen, ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg bisher nicht geklärt, ob die Gemeinde die rückwirkende Heilung eines Satzungsmangels zum Anlass nehmen darf, die Gebührensätze rückwirkend zu erhöhen, etwa weil sich inzwischen herausgestellt hat, dass die bisherigen - ungültigen - Gebührensätze nicht kostendeckend sind. Im baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz ist diese Frage - im Unterschied zu den Kommunalabgabengesetzen anderer Länder - nicht geregelt. Bei ihrer Beantwortung ist davon auszugehen, dass es im Abgabenrecht kein allgemeines zu Gunsten des einzelnen Abgabepflichtigen geltendes, aus Verfassungsprinzipien herzuleitendes Schlechterstellungsverbot gibt (BVerwG, Beschl. v. 19.10.2006 - 9 B 7.06 - juris). Für das Erschließungsbeitragsrecht ist dementsprechend anerkannt, dass der Ortsgesetzgeber durch den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht darin gehindert ist, eine wegen eines Fehlers im Beitragsmaßstab rechtsunwirksame Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Beitragsmaßstab rückwirkend zu ersetzen (BVerwG, Urt. v. 15.04.1983 - 8 C 170.81 - u. Urt. v. 07.04.1989 - 8 C 83.87 - alle juris). Das gilt auch insoweit, als der neue Beitragsmaßstab zu höheren Beitragspflichten führt. Das Bundesverwaltungsgericht begründet dies damit, dass die Notwendigkeit einer von der nichtigen Satzung abweichenden Verteilung des Erschließungsaufwands unausweichlich zur Folge habe, dass sich die Höhe der einzelnen Beitragspflichten ändere. Müssten die Betroffenen mit einer (notfalls rückwirkend ermöglichten) Inanspruchnahme rechnen, schließe dies deshalb im Fall der Nichtigkeit des Beitragsmaßstabs der Ausgangssatzung ein, mit einer höheren Inanspruchnahme rechnen zu müssen. Die Veranlagung zu einem höheren Erschließungsbeitrag gehöre daher zu den in der Natur der Sache liegenden und dementsprechend den Betroffenen als vorhersehbar anzulastenden Risiken. Diese Ausführungen sind allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Gemeinden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92/87 - u. Urt. v. 07.07.1989 - 8 C 86.87 - alle juris) zur Ausschöpfung des kraft Gesetzes entstehenden Erschließungsbeitragsanspruchs verpflichtet sind. Für das Benutzungsgebührenrecht gilt dies nicht. Weder der in § 14 Abs. 3 KAG verankerte Kostendeckungsgrundsatz noch die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Einnahmebeschaffung nach § 78 Abs. 2 GemO begründen eine Verpflichtung der Gemeinde, mit ihren Gebührensätzen eine vollständige Kostendeckung anzustreben. Die Benutzer einer öffentlichen Einrichtung brauchen daher im Fall der rückwirkenden Heilung einer beispielsweise wegen eines Kalkulationsfehlers nichtigen Gebührensatzung nicht „unausweichlich“ damit zu rechnen, dass die Gemeinde ihre Gebührensätze erhöht. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht ist deshalb auf das Benutzungsgebührenrecht zumindest nicht ohne weiteres übertragbar (s. Driehaus/Rieger, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2011, § 6 Rn. 554). |
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| Nach Ansicht der Kammer verbietet das Schlechterstellungsverbot eine höhere Belastung der Klägerin für die Zeit vor dem 01.05.2013, an dem die neue Satzung im Übrigen in Kraft getreten ist. |
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| Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach herausgestellt, dass der grundsätzlich gegen die Rückwirkung belastender Vorschriften schützende Vertrauensschutz ausnahmsweise dann nicht durchgreift, „wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.02.1971 - VII C 43.67; Hervorhh. nicht im Original). Diese Betrachtungsweise lässt es für eine Ausnahme von dem Rückwirkungsverbot also nicht genügen, dass der Normadressat mit „irgendeiner“ Neuregelung rechnen musste. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die von dem rückwirkend tätig werdenden Gesetzgeber konkret gewählte („diese“) Regelung absehbar war. Denn nur unter dieser Voraussetzung ist es gerechtfertigt, dem Normadressaten die Schutzwürdigkeit eines etwaigen Vertrauens abzusprechen. Daraus wird zwar nicht abzuleiten sein, dass die rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in allen Details absehbar sein musste. Die Grenze zur zulässigen rückwirkenden Normgebung ist aber dann überschritten, wenn der Normgeber über den Regelungsgegenstand hinaus, für dessen rückwirkende Regelung ein Anlass bestand, noch weitere Regelungsgegenstände neu regelt, die als solche nach dem alten, durch die neue Norm ersetzten Recht an sich nicht zu beanstanden waren. Diese Erhöhung war nicht Folge der „rückwirkenden Fehlerbeseitigung“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.04.1989 - 8 C 83.87 - juris). |
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| Die Klägerin musste für die die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2013 nicht damit rechnen, dass die Beklagte der Festlegung der Abwassergebührensätze erheblich höhere Kosten zugrunde legen würde. Nach der ihr im Jahr 2011 zugegangenen Informationsbroschüre der Beklagten sowie der gesamten öffentlichen Diskussion musste die Klägerin lediglich davon ausgehen, dass eine gerechtere Verteilung der für die Beseitigung des Niederschlagswassers entstehenden Kosten erfolgen würde, mit der Folge, dass sich vereinzelt die Gebührenpflicht erhöhen oder sogar erstmals neu entstehen würde. Damit, dass die Beklagte zusammen mit der rückwirkenden Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Kosten für die Abwasserbeseitigung neu kalkulieren und die Gebührensätze rückwirkend erhöhen würde (was bei der Klägerin zu einer erheblichen Erhöhung der Niederschlagswassergebühr führte), musste die Klägerin demgegenüber nicht rechnen. |
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| Da die Rückwirkungsanordnung in § 35 Halbsatz 2 AbwS vom 08.04.2013 insoweit rechtsunwirksam ist, als sie eine rückwirkende Anwendung der neuen höheren Gebührensätze (§ 27 Abs. 2 AbwS) vorsieht, die entsprechenden Bestimmungen der Vorgängersatzung vom 07.07.2003 jedoch wegen des verwendeten einheitlichen Frischwassermaßstabs ebenfalls unwirksam waren, fehlt es gegenwärtig im Satzungsrecht der Beklagten für den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.04.2013 an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Abwassergebühren. Der angefochtene Gebührenbescheid war deshalb insoweit aufzuheben, als er für diesen Zeitraum Niederschlagswassergebühren festsetzt. |
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| Soweit der angefochtene Gebührenbescheid für die Zeit ab dem 01.05.2013 Niederschlagswassergebühren festsetzt, ist dieser rechtmäßig. Die der Festsetzung zugrunde liegende Gebührenkalkulation wird von der Klägerin nicht angegriffen und ist zudem auch nicht zu beanstanden. Zur Begründung wird insoweit verwiesen auf das im Parallelverfahren 2 K 2233/13 am heutigen Tag ergangene Urteil der Kammer. |
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| Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen, da in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg bisher nicht geklärt ist, ob die rückwirkende Heilung eines Satzungsmangels zum Anlass genommen werden darf, die Gebührensätze rückwirkend zu erhöhen. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage ist zu bejahen, obwohl es sich bei § 35 Halbsatz 2 AbwS um eine Übergangsvorschrift handelt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits ausreichend ist, dass sich bei der Beklagten derzeit noch ca. 2.600 Gebührenbescheide im Widerspruchsverfahren befinden, denn die Beantwortung der Frage wird sich - wie bereits aus der zitierten Rechtsprechung zu entnehmen ist - auch in Zukunft sowohl bei der Beklagten als auch bei anderen Gemeinden immer wieder stellen (vgl. Bader in Bader, VwGO, 5. A, § 124 Rn 42). |
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