Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 15. Sept. 2008 - 2 K 1637/08

published on 15/09/2008 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 15. Sept. 2008 - 2 K 1637/08
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein moldauischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Baden-Württemberg.
Der Beklagte veranstaltet in Baden-Württemberg die ODDSET-TOP-Wette und die ODDSET-Kombi-Wette. Mit der Durchführung dieser Wetten ist die Staatliche Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg beauftragt. Diese Gesellschaft vertreibt ihr staatliches Glücksspielangebot über Toto-Lotto-Annahmestellen, die im Wesentlichen in Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakhandlungen, Supermärkten und Tankstellen eingerichtet sind. Nach Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gibt es in Baden-Württemberg derzeit ungefähr 3600 solcher Annahmestellen. Die einzelnen Betreiber erhalten auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit der Toto-Lotto GmbH eine Provision, die von der Höhe des auf den Glücksspielsektor entfallenden Umsatzes abhängt.
Der Kläger ist Betreiber eines Wettbüros in ... und vermittelt dort Sportwetten an das in Malta staatlich konzessionierte Sportwettenunternehmen T. Co. Ltd. Nachdem die Tätigkeit des Klägers dem Regierungspräsidium Karlsruhe bekannt geworden war, hörte es ihn mit Schreiben vom 15.05.2008 zu der beabsichtigten Untersagung der Vermittlungstätigkeit an.
Mit Verfügung vom 28.05.2008 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, und forderte ihn auf, die zur Veranstaltung oder Vermittlung solcher Glücksspiele vorgehaltenen Geräte aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen (Ziff. 1). Es ordnete weiterhin an, dass der Kläger die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung schriftlich mitzuteilen habe (Ziff. 2). Darüber hinaus verpflichtete es den Kläger, unverzüglich sämtliche Vertragsunterlagen zwischen ihm und demjenigen, an den die Sportwetten vermittelt werden, schriftlich einzureichen, und gegebenenfalls den Namen des Vertragspartners zweifelsfrei anzugeben (Ziff. 4).
Zur Begründung der Verfügung führt das Regierungspräsidium Karlsruhe im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage der Verfügung sei § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrags (im Folgenden: GlüStV). Der Kläger vermittle öffentlich ohne die erforderliche Erlaubnis ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV; eine Erlaubnis könne ihm auch nicht erteilt werden. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, aufgrund einer im EU-Ausland erteilten Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten dazu berechtigt zu sein, Sportwetten in Baden-Württemberg zu veranstalten oder zu vermitteln. Ein rechtmäßiger Zustand könne nur durch eine förmliche Untersagung herbeigeführt werden. Die Verfügung wurde dem Kläger am 31.05.2008 zugestellt.
Am 03.06.2008 hat der Kläger Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (2 K 1638/08) gestellt, über den vor der mündlichen Verhandlung nicht entschieden worden ist.
Gleichfalls am 03.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 aufzuheben.
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Die Untersagungsverfügung könne nicht auf eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage gestützt werden; das staatliche Sportwettenmonopol könne als Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber habe keine ausreichenden strukturellen Vorgaben geschaffen, die dafür sorgten, dass die fiskalischen Interessen hinter die Schutzzwecke des Gesetzes zurückträten. Der Gesetzgeber habe des Weiteren Art und Zuschnitt der Sportwetten nur ansatzweise geregelt und im Übrigen entgegen den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Verwaltung überlassen. Auch das Konzept zum Vertrieb der staatlichen Sportwetten genüge nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. So seien zwar nach dem Glücksspielstaatsvertrag einige Vertriebswege ausgeschlossen; der überaus bedeutsame Vertriebsweg über Annahmestellen sei jedoch sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht nur ansatzweise durch den Gesetzgeber eingegrenzt worden. Weiterhin habe der Gesetzgeber auch keine ausreichenden strukturellen Vorgaben zur Begrenzung der Werbung geschaffen. Schließlich seien auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Spielerschutz nicht ausreichend beachtet worden. Das staatliche Sportwettenmonopol sei zudem gemeinschaftsrechtswidrig; die mit ihm verbundene Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Das Sportwettenmonopol sei schon nicht geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen; insbesondere hätten die Annahmestellen naturgemäß ein Interesse an der Umsatzmaximierung. Das Sportwettenmonopol sei auch nicht erforderlich; ein Konzessionsmodell, bei dem die Erteilung der Konzession an Bedingungen und Auflagen geknüpft werde, sei ein wesentlich weniger eingreifendes, gleich geeignetes Mittel. Das Sportwettenmonopol sei angesichts des extrem aggressiven und auf Umsatzmaximierung gerichteten Auftretens des Staatsmonopolisten auch völlig unangemessen. Schließlich diskriminiere das Sportwettenmonopol ausländische Sportwettenanbieter. Der Kläger beruft sich darüber hinaus auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09.07.2008 (1 K 2153/06).
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die angegriffene Verfügung. Er trägt weiterhin im Wesentlichen vor: Der Glücksspielstaatsvertrag stelle eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die angegriffene Verfügung dar. Denn die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht seien mit ihm umgesetzt worden. Erstes und wichtigstes Ziel sei die Vermeidung und die Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht. Dazu sei etwa ein Verbot von Glücksspielen im Internet aufgenommen worden. Das strikte Verbot der Teilnahme Minderjähriger sei fortgeführt worden. Es sei ein Sperrsystem geschaffen worden, das Spielsüchtige oder erkennbar Spielsuchtgefährdete wirksam von der Teilnahme an gefahrträchtigen Spielen ausschließe. Werbung sei im Glücksspielstaatsvertrag streng begrenzt worden. Die Zahl der Annahmestellen werde begrenzt. Der Gesetzgeber habe aufgrund der von Sportwetten ausgehenden Suchtgefahren davon ausgehen dürfen, dass diese durch ein staatliches Monopol, das auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet sei, effektiver beherrscht werden könne als im Wege einer Kontrolle privater Unternehmer. Die gesetzlichen Vorgaben würden auch tatsächlich umgesetzt. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Insbesondere verstoße die Entscheidung, im Bereich der Sportwetten ein staatliches Monopol einzurichten, nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Zulassung privater Anbieter würde, auch wenn diese sich staatlich verordneten Wettbewerbsbeschränkungen unterwürfen, die Zahl der Marktteilnehmer und damit der Wettgelegenheiten erheblich vergrößern; je mehr Gelegenheiten zum Glücksspiel vorhanden seien, desto mehr Personen spielten und desto höher sei die Zahl der Personen, die ein Risiko für die Glücksspielsucht hätten. Eine - wenn auch beschränkte - Zulassung gewerblicher Angebote stelle von vornherein kein milderes Mittel dar; denn es gelte eine auf Gewinnsteigerung zielende Wettbewerbssituation zwischen verschiedenen Anbietern mit all ihren negativen Folgen für die Anreizung des Spielverhaltens und den damit verbundenen Gefahrsteigerungen zu vermeiden. Das staatliche Monopol sei insgesamt verhältnismäßig. Im Übrigen könne sich der Kläger als moldauischer Staatsangehöriger weder auf die Berufsfreiheit des Grundgesetzes noch auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Die Untersagung sei zudem schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger über keine Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten verfüge.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die sowohl im Hauptsache- als auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte (1 Heft) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
25 
Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
26 
Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
27 
Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
28 
Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
29 
Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
31 
Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
32 
Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
33 
Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
34 
Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
35 
Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
36 
Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
37 
Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
38 
Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
14 
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 6a Satz 1 AGVwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
1. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der angegriffenen Verfügung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 4).
17 
2. Als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) kommt allein § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (GBl. 2007, 571) in Betracht. Hiernach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Rechtsgrundlage sind erfüllt; denn der Kläger vermittelt nach dem Glücksspielstaatsvertrag unerlaubte Glücksspiele.
18 
Indem der Kläger Wetten für das Unternehmen T. Co. Ltd. entgegennimmt und weiterleitet, vermittelt er (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV) Sportwetten, die Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV sind.
19 
Die vom Kläger vermittelten Sportwetten sind auch unerlaubte Glücksspiele i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Denn weder der Kläger noch das Unternehmen T. Co. Ltd. verfügt über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes Baden-Württemberg. Zwar vermittelt der Kläger die Sportwetten nach Malta und damit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft; dies entbindet ihn aber nicht von dem Erfordernis einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde des Landes Baden-Württemberg. Denn nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist das Wettbüro des Klägers in Pforzheim.
20 
Dass die Sportwetten an ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft konzessioniertes Unternehmen vermittelt werden, steht der Einordnung als unerlaubtes Glücksspiel nicht entgegen. Denn diese Konzession kann nicht kraft derzeitigen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (hierzu und zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 17.03.2008 - 6 S 3069/07 -, juris Rn. 7; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 21). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 „Ladbrokes Ltd.“ -, Rn. 86). Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178/1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwgrd. 16 und Art. 1 Abs. 5 lit. d Spstr. 3). Die Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u.a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (C-243/01 „Gambelli“) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren. Denn nach diesem Urteil ist den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt. In seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, C-359/04 und C-360/04 „Placanica“, Rn. 57) stellt der Europäische Gerichtshof auch klar, dass ein Konzessionssystem unter bestimmten Umständen ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
21 
3. Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg, das sich im Wesentlichen aus § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV, § 1 Abs. 5 des baden-württembergischen Gesetzes zu dessen Ausführung (GBl. 2008, 81; im Folgenden: AGGlüStV) ergibt, stellt indes in seiner derzeitigen Ausgestaltung eine im Hinblick auf das mit ihm verfolgte Ziel nicht geeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages (Art. 49 EGV) dar (a). Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage folglich aus (b). Ob das staatliche Sportwettenmonopol darüber hinaus auch mit nationalem Verfassungsrecht unvereinbar ist, kann offenbleiben.
22 
a) Nach Art. 49 Abs. 1 EGV sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen der Leistungserbringung ansässig sind, verboten. Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrages sind nach Art. 50 Abs. 1 EGV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
23 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Tätigkeit, die darin besteht, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats an in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Wetten teilnehmen zu lassen, und damit das Vermitteln von Sportwetten zu den Dienstleitungen i.S.v. Art. 50 EGV gehört (Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 52). Art. 49 EGV erfasst auch Dienstleistungen, die ein Leistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat über das Internet in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringern anbietet (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 54). Der Europäische Gerichtshof hat auch entschieden, dass das an einen Vermittler gerichtete Verbot, die Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen, die von einem Leistungserbringer organisiert werden, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem hat, in dem der Vermittler seine Tätigkeit ausübt, zu erleichtern, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zwar auch dann, wenn die Vermittler in demselben Mitgliedstaat ansässig sind wie die Empfänger dieser Dienstleistungen (Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 58).
24 
Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann aufgrund der in den Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen zulässig oder nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (vgl. nur Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 60). Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der staatlichen Glücksspielpolitik sein (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 62; hiervon ausgehend bedenklich die Äußerung des Staatssekretärs Fleischer in der Landtagssitzung vom 28.11.2007 [Plenarprotokoll 14. WP/S. 2365]: „Außerdem hat dies in Bezug auf die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales eine erfreuliche und für die Betroffenen existenzielle Nebenfolge . Diese Förderung kann z.B. beim Sport nicht durch Sponsorengelder privater Wettanbieter sichergestellt werden, denn davon hätte der Breitensport, dem jährlich 59 Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden, überhaupt nichts. Die Allgemeinheit und der Breitensport im Besonderen profitieren nur , wenn das staatliche Lotterie- und Wettangebot bestehen bleibt.“ [ Hervorhebungen durch das Gericht ]). Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, rechtfertigen ein ausreichendes Ermessen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Damit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt sind, müssen sie geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; auf jeden Fall müssen sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 65).
25 
Bei verfassungskonformer Auslegung ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, das in § 1 Nr. 1 GlüStV genannte Ziel des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das eigentliche Ziel für die weitere Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 30). Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01, NJW 2006, 1261) zum damaligen bayerischen Staatsmonopol für Sportwetten, ist ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Da davon auszugehen ist, dass die Parteien des Glücksspielstaatsvertrages mit diesem einen verfassungskonformen Zustand herbeiführen wollten, ist den anderen in § 1 des Staatsvertrages genannten Zielen lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ist konsequenter Weise das eigentliche Ziel des Staatsvertrages zugrunde zu legen.
26 
Das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren vermag grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (hierzu und zum Folgenden Urt. v. 06.11.2003 - C-243/01 „Gambelli“ -, Rn. 67); jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Bei der Überprüfung des staatlichen Sportwettenmonopols anhand dieser Maßstäbe hat das nationale Gericht nicht nur das nationale Regelwerk, das das Monopol begründet, sondern auch die „konkreten Anwendungsmodalitäten“ (EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 75), d.h. dessen tatsächliche Ausgestaltung heranzuziehen.
27 
Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergibt, ist nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie bildet eine ausreichende normative Grundlage für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (a.A. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris passim).
28 
Der Glücksspielstaatsvertrag überlässt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers die Regelung über Art und Zuschnitt der Wetten nicht der Exekutive, sondern enthält insoweit am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtete Regelungen (a.A. wohl VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 -, juris Rn. 50). So besagt § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht nur, dass Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten erlaubt werden können. Diese Bestimmung legt vielmehr auch fest, dass Sportwetten nur auf den Ausgang eines Sportereignisses und somit nicht auf einzelne Ereignisse während eines solchen geschlossen werden dürfen. Des Weiteren verbietet § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten während eines laufenden Sportereignisses (vgl. auch § 6 Abs. 2 AGGlüStV) sowie Wetten über Telekommunikationsanlagen. Auch ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und damit auch von Sportwetten im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV auch Vorgaben zu den Einsatzgrenzen machen. All die genannten Regelungen sind bei der Regelung von Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis „im Einzelnen“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV) zu berücksichtigen, so dass die Exekutive bei der Erlaubniserteilung keinesfalls „nach Gutdünken“ vorgehen kann.
29 
Auch im Übrigen enthält das Regelwerk ausreichende, am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtete Regelungen. So ist etwa die Teilnahme von Minderjährigen unzulässig (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel ist nur eingeschränkt erlaubt. Sie hat sich gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken; sie darf insbesondere gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Bestimmte Formen der Werbung, nämlich die Werbung im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sowie Trikot- und Bandenwerbung nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, sind verboten. Auch die §§ 6 - 8 GlüStV mit ihren Vorgaben zu den Sozialkonzepten, insbesondere auch der Verpflichtung zur Schulung des Personals, zur Aufklärung und zu den Spielersperren lassen deutlich erkennen, dass das Regelwerk das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ernst nimmt.
30 
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht, dass das Gemeinschaftsrecht weitergehende Anforderungen an die normativen Grundlagen für ein staatliches Sportwettenmonopol stellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Frage im Übrigen auch keiner weiteren Klärung, insbesondere nicht durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof.
31 
Die rechtliche Ausgestaltung ist allerdings insoweit defizitär, als durch sie das frühere Vertriebssystem über den Einzelhandel mittels der Übergangsvorschrift des § 7 Abs. 4 AGGlüStV für das Jahr 2008 normativ festgeschrieben wird. Denn gerade dieses Vertriebssystem führt zur Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmonopols in Baden-Württemberg mit dem Gemeinschaftsrecht.
32 
Dass das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg - jedenfalls derzeit - mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist, folgt nach Auffassung der Kammer aus dessen tatsächlicher Ausgestaltung . Denn mit dem Vertrieb der Sportwetten über die Toto-Lotto-Annahmestellen beruht das staatliche Monopol auf einem Vertriebskonzept, das sich nicht mit dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren in Einklang bringen lässt. Trotz gewisser Veränderungen entspricht das tatsächliche Erscheinungsbild im Wesentlichen weiterhin dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Im Einzelnen:
33 
Schon die erhebliche Dichte von Annahmestellen - laut Vertriebskonzept der Toto-Lotto-GmbH vom 09.06.2008 liegt der Richtwert etwa in Großstädten bei einer Annahmestelle pro 2.500 Einwohnern; hiernach dürfte es beispielsweise in der Stadt Karlsruhe mit ungefähr 275.000 Einwohnern etwa 110 Annahmestellen geben - sorgt dafür, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten nicht auf wenige Örtlichkeiten beschränkt ist, sondern vielmehr - gerade in Großstädten - an nahezu jeder Straßenecke und somit nach wie vor „in bewusster Nähe zum Kunden“ besteht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 [Tz. 138]). Infolgedessen ist die Möglichkeit zum Sportwetten weiterhin ein allerorts verfügbares Gut (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.). Bereits die Häufung der Annahmestellen lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Einzelne die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten als etwas Außergewöhnliches wahrnimmt, als etwas grundsätzlich staatlicherseits Missbilligtes. Gerade dies aber wäre nach Auffassung der Kammer (in Übereinstimmung mit dem VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 -1 K 547/07 -, juris Rn. 32 f.) für ein konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes staatliches Monopol erforderlich.
34 
Noch größeres Gewicht ist nach Auffassung der Kammer dem Umstand beizumessen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an Sportwetten im Wesentlichen über Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolgt. Die Kunden dieser Verkaufsstellen werden mit dem staatlichen Sportwettenangebot konfrontiert, wenn sie Erledigungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, etwa den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift, von Schreibmaterialien oder Süßigkeiten, machen. Auch wenn nunmehr nicht mehr ein gleichzeitiger Zahlungsvorgang möglich ist, sorgt doch dieses Nebeneinander von „unbedenklichen“ Waren und „bedenklichen“ Glücksspielangeboten dafür, dass auch die Glücksspiele und somit auch die Sportwetten von dem durchschnittlichen Kunden als ein grundsätzlich normales Gut des täglichen Lebens wahrgenommen werden. Die Teilnahme an einer Sportwette wird auf diese Weise, ebenso wie etwa der Kauf von Alkohol und Zigaretten - zwei Produkten, die ebenfalls unbestritten mit hohen Suchtgefahren verbunden sind -, als ein sozialadäquates Verhalten wahrgenommen. Der Vertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck bei speziellen „Glücksspielläden“ gerade nicht entstehen kann. Denn dort wird man in der Tat nicht „im Vorbeigehen“ mit dem Glücksspiel konfrontiert, vielmehr muss sich der Kunde diesem bewusst aussetzen.
35 
Dieses strukturelle Defizit im Vertriebskonzept besteht trotz der Bemühungen des Beklagten und der Toto-Lotto-Gesellschaft im Hinblick auf die stärkere Ausrichtung des Vertriebskonzepts am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren. Denn insbesondere die Hinweise in den Annahmestellen und auf den Spielscheinen auf die Suchtgefahren sowie entsprechende Schulungen des Personals der Annahmestellen vermögen nichts daran zu ändern, dass das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft als ein alltäglich verfügbares und nicht „grundsätzlich bedenkliches“ und damit als ein sozialadäquates Gut wahrgenommen wird.
36 
Die Hinweise (zum zweifelhaften Nutzen derartiger Warnhinweise vgl. VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/08 -, juris Rn. 49) werden von Seiten des staatlichen Monopolisten schon selbst dadurch relativiert, dass dieser nach wie vor öffentlich betont, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute kommt (vgl. § 5 AGGlüStV). Dies zeigt sich nicht zuletzt anhand von Slogans wie der vom Kläger im Antragsverfahren zitierten, etwa „Oddset tut Gutes“, die so oder in ähnlicher Form nach wie vor verwendet werden („Zahlen für Gutes“ und der Wettmittelfonds als „eine Art Schatzkiste“). Wenn dann auch noch ein Staatssekretär (s.o.) und damit ein hoher Repräsentant des Landes Baden-Württemberg davon spricht, dass die Allgemeinheit nur profitiert, wenn das staatliche Wettangebot bestehen bleibt, muss beim durchschnittlichen Bürger unweigerlich der Eindruck entstehen, „dass das mit den Gefahren ja nicht ganz so schlimm sein kann, wenn ich mit meiner Teilnahme das Gemeinwohl unterstütze“. Oder mit den Worten des Geschäftsberichts der Staatlichen Toto-Lotto GmbH für das Geschäftsjahr 2007 (im Internet für jedermann zugänglich unter www.lotto-bw.de): „Wer an den Spielen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH teilnimmt, fördert gleichzeitig auch ein Stück Lebenskultur in unserem Lande.“
37 
Die Schulungen des Personals sind nach Auffassung der Kammer allenfalls bedingt geeignet. Denn wie nicht zuletzt die mündliche Verhandlung ergeben hat, bietet das derzeitige Oddset-System dem Süchtigen bzw. dem Suchtgefährdeten die Möglichkeit, seine Spielleidenschaft gegenüber der einzelnen Annahmestelle problemlos zu verbergen. Der Vertreter des Beklagten bestätigte nämlich auf entsprechende Nachfrage des Gerichts, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben kann und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Und die jeweils nächste Annahmestelle liegt, wie bereits ausgeführt, in aller Regel nicht weit entfernt. Auf diese Weise kann sich der einzelne suchtgefährdete bzw. suchtkranke Spieler der näheren Überprüfung durch die geschulten Personen leicht entziehen.
38 
Vor dem Hintergrund, dass auch und in erster Linie die Verbindung der Annahmestellen mit dem Einzelhandel die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols begründet, kann die Kammer offenlassen, ob mit dem laut Vertriebskonzept angestrebten Ziel einer Beschränkung auf 3.300 Annahmestellen ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand erreicht wäre.
39 
b) Wegen des Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsfreiheit als unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht scheidet § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage aus. Es ist seit Langem geklärt, dass gemeinschaftsrechtswidriges nationales Recht insoweit für den nationalen Rechtsanwender und damit auch für die Verwaltungsgerichte unanwendbar ist, als das Gemeinschaftsrecht selbst unmittelbar anwendbar ist (hierzu z.B. Ehlers, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 11 Rn. 34 ff. m.N.).
40 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols auch die Erlaubnispflicht für das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, so dass die Untersagungsverfügung nicht deshalb Bestand haben kann, weil der Kläger über keine derartige Erlaubnis verfügt.
41 
Im Bereich der Sportwetten lässt sich das Staatsmonopol nämlich nicht von der Erlaubnispflicht trennen. Denn eine Erlaubnis kann nach dem Regelungsmodell des Glückspielstaatsvertrags rein privaten Personen lediglich für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV i.V.m. dem Dritten Abschnitt), nicht aber für Sportwetten. Für diese wollte der Gesetzgeber das staatliche Monopol beibehalten. Es würde nun aber dem gesetzgeberischen Anliegen widersprechen anzunehmen, dass eine Erlaubnis doch an rein Private erteilt werden kann (vgl. insoweit auch VG Freiburg, Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07 -, juris Rn. 24).
42 
Der Verweis des Beklagten auf das Bauordnungsrecht vermag hieran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass bauordnungsrechtliche Verfügungen unter Umständen bereits aufgrund einer formellen (Bau-)Rechtswidrigkeit ergehen können. Auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids besteht allerdings bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in aller Regel ein Rechtsanspruch des Bauherrn (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 LBO). Nach dem Regelungsmodell des Glücksspielstaatsvertrags darf dem rein Privaten hingegen überhaupt keine Erlaubnis für den Bereich der Sportwetten erteilt werden.
43 
4. Dass sich der Kläger als Drittstaatsangehöriger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages berufen kann, führt nicht dazu, dass die Klage abzuweisen ist. Denn die Untersagungsverfügung vom 28.05.2008, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist jedenfalls ungeeignet und deshalb ermessensfehlerhaft (vgl. § 40 LVwVfG; § 114 VwGO). Ob der Klage auch deshalb stattzugeben wäre, weil die Dienstleistungsfreiheit des maltesischen Unternehmens T. Co. Ltd. ungerechtfertigt beschränkt ist, kann offenbleiben.
44 
Aufgrund der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols ist es dem Beklagten verwehrt, Unionsbürgern die Vermittlung von Sportwetten an in anderen Mitgliedstaaten ansässige und dort konzessionierte Wettveranstalter zu untersagen. Bei einem Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige kann nun aber das Ziel der Bekämpfung von Spielsucht nicht mehr erreicht werden. Denn ein „flächendeckendes“ Vorgehen gegen Private ist nicht mehr möglich. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch ist für die Kammer ersichtlich, dass ein Vorgehen lediglich gegen Drittstaatsangehörige sinnvoll wäre und das Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren fördern würde. Ohnehin ist es im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwetten unerheblich, ob das Angebot von einem Unionsbürger, von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft oder von einem Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 25.04.2007 - 3 W 24/06 -, juris Rn. 114; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2008 - 1 K 547/07 - juris Rn. 78).
45 
5. Die Untersagungsverfügung ist schließlich in vollem Umfang aufzuheben. Zwar lässt die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwetten die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, die am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausgerichtet sind, unberührt. So darf der Kläger etwa lediglich Wetten auf den Ausgang eines Sportereignisses vermitteln, er darf keine Wetten während eines laufenden Sportereignisses entgegennehmen und auch seine Werbemaßnahmen müssen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages beachten. Es ist der Kammer jedoch verwehrt, die Untersagungsverfügung auf einen rechtmäßigen Umfang zu reduzieren. Denn insoweit würde die Verfügung nicht mehr der erkennbaren Absicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei ihrem Erlass entsprechen; diesem würde vielmehr eine Verfügung zugeschrieben, die es offensichtlich so nicht erlassen wollte. Insoweit greift die Kammer auf die - zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß anwendbare - Regelung des § 47 Abs. 2 LVwVfG zurück. Es wäre - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) - die Aufgabe der Exekutive und damit des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dem Kläger verbotene Tätigkeiten zu untersagen.
46 
6. Infolge der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung (Ziff. 1 Satz 1 der Verfügung vom 28.05.2008) sind auch die weiteren Regelungen in der Verfügung rechtswidrig und die Verfügung ist insgesamt aufzuheben.
II.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer sieht sich nicht dazu veranlasst, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
48 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
49 
Beschluss
50 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 15.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004).
51 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
8 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 25/03/2009 00:00

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7.8.2008 verpflichtet, dem Kläger in Ergänzung der Genehmigung des Oberschulamts Freiburg vom 15.9.1995 eine Genehmigung zum Betrieb der
published on 09/07/2008 00:00

Tenor Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 09.01.2007 wird aufgehoben. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestan
published on 16/04/2008 00:00

Tenor Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.11.2007 wird aufgehoben. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand
published on 17/03/2008 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2007 - 6 K 3798/07 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 14/02/2011 00:00

Tenor Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 24.07.2009 wird aufgehoben.Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagte
published on 10/12/2009 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. April 2007 - 2 K 952/07 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Re
published on 16/10/2008 00:00

Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 05. Mai 2008 - 1 K 571/08 - geändert. Der Antrag der Antragstellerin, unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Freiburg vom
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.