Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 27. März 2015 - 2 E 1319/15

bei uns veröffentlicht am27.03.2015

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig von März 2015 bis September 2015, längstens bis zu einer bestandskräftigen oder klageabweisenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren, für ihr Studium im Studiengang Medizin mit dem Studienziel Staatsprüfung an der Universität A. Ausbildungsförderung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu gewähren.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

I.

1

Der Prozesskostenhilfeantrag und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, auf den er sich bezieht, werden nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO so ausgelegt, dass die Antragstellerin die Verpflichtung begehrt, ihr vorläufig von März 2015 bis September 2015, längstens bis zu einer bestandskräftigen oder klageabweisenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren, für ihr Studium im Studiengang Medizin mit dem Studienziel Staatsprüfung an der Universität A. Ausbildungsförderung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu gewähren. Einstweilige Anordnungen dienen der Behebung aktueller, d.h. gegenwärtig noch bestehender Notlagen und können grundsätzlich nur für die Gegenwart und Zukunft, nicht aber für im Zeitpunkt der Entscheidung bereits zurückliegende Zeiträume getroffen werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2012, 4 Bs 200/12; Beschl. v. 18.12.2006, 4 Bs 284/06). Nicht ersichtlich ist, dass die Antragstellerin darüber hinausgehen will. Im Wege der einstweiligen Anordnung bedarf es keiner vorläufigen Bewilligung durch Verwaltungsakt, hinreichend ist eine vorläufige Gewährung, die gegebenenfalls nach § 945 ZPO zurückverlangt werden kann (vgl. OVG Hamburg, V Bf 47/86, Urt. v. 1.11.1989, NVwZ 1990, 686).

II.

2

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf es nicht, da sie für die Antragstellerin ohne Vorteil wäre. Die Wirkungen der Prozesskostenhilfe betreffen gemäß § 122 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 166 Abs. 1 VwGO allein die Gerichtskosten, die gemäß § 188 Satz 2 VwGO im vorliegenden Verfahren jedoch nicht anfallen, sowie die Kosten eines Rechtsanwalts, der jedoch nicht als Prozessbevollmächtigter bestellt ist.

III.

3

Der zulässige Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig von März 2015 bis September 2015, längstens bis zu einer bestandskräftigen oder klageabweisenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren, für ihr Studium im Studiengang Medizin mit dem Studienziel Staatsprüfung an der Universität A. Ausbildungsförderung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu gewähren, hat auch in der Sache Erfolg.

4

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vor-aussetzung hierfür ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass die Antragstellerin Umstände glaubhaft macht, aufgrund derer sie dringend auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen ist (Anordnungsgrund) und aus denen sie in der Hauptsache einen Anspruch herleitet (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund (1.) und Anordnungsanspruch (2.) sind gegeben.

5

1. Ein Anordnungsgrund folgt aus der von der Antragstellerin dargelegten wirtschaftlichen Notlage. Ausgehend vom letzten positiven Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2014 (Bl. F 46 der Förderungsakte) kann ein von den Eltern nicht gedeckter monatlicher Bedarf der Antragstellerin von 537,-- Euro angenommen werden. Eine lediglich begrenzte finanzielle Unterstützung der Antragstellerin durch ihre Eltern ist ausgehend von diesem Bescheid, in dem drei ebenfalls studierende Geschwister nachgewiesen sind, nachvollziehbar. Die Unterstützung in Höhe von 50,-- Euro durch den Patenonkel deckt die laufenden Ausgaben nicht. Weitere Einnahmen der Antragstellerin sind nicht ersichtlich. Die belegten Kontostände des Girokontos bei der B-Bank, des Kontos bei C und des Kontos bei D sind negativ.

6

2. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben. Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens kann die Antragstellerin für den geltend gemachten Zeitraum Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (i.d.F. der Bekanntmachung v. 7.12.2010, BGBl. I S. 1952, 2012 I S. 197, zuletzt geändert durch Gesetz v. 23.12.2014, BGBl. I S. 2475 – BAföG) beanspruchen.

7

Gemäß § 1 BAföG besteht auf individuelle Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Mit den bisherigen positiven Bewilligungsbescheiden ist davon auszugehen, dass das Studium der Antragstellerin im Studiengang Medizin mit dem Studienziel Staatsprüfung an der Universität A. dem Grunde nach förderungsfähig ist. Einer weiteren Förderung ab März 2015 bis September 2015 dürfte weder eine Studierunfähigkeit der Antragstellerin (a)) noch ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer (b)) entgegenstehen.

8

a) Der beanspruchten Förderung steht nicht bereits nach § 15 Abs. 2a BAföG die von der Antragstellerin vorgetragene Erkrankung entgegen. Nach dieser Vorschrift schließt eine Erkrankung, die den Auszubildenden über drei Kalendermonate hinaus hindert, die Ausbildung durchzuführen, eine Förderung aus. Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens ist von einer hinreichenden, zumindest anteiligen, Studierfähigkeit der Antragstellerin jedenfalls ab dem Monat März 2015 auszugehen. Etwas anderes ist auch von der Antragstellerin nicht vorgetragen worden. Gleichwohl die Antragstellerin wegen der nach ihrem Vortrag im Sommer 2014 aufgetretenen Erkrankung vom Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Herbsttermin 2014 zurückgetreten ist und die Zulassung zum Frühjahrstermin der Prüfung nicht mehr erreichen kann, befindet sie sich nach ihren Darlegungen mit Telefax vom 25. März 2015 neben ihrer wöchentlichen Therapie „in der Examensvorbereitung“ und lernt „momentan ca. 4 Tage die Woche für vier bis fünf Stunden“.

9

b) Der geltend gemachten Förderung steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Förderungshöchstdauer überschritten hat.

10

Zwar wird grundsätzlich Ausbildungsförderung bei Studiengängen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer geleistet, die gemäß § 15a Abs. 1 BAföG der Regelstudienzeit entspricht. Die Regelstudienzeit im Studiengang der Antragstellerin beträgt gemäß §§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 2 der Neufassung der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität A. vom 13. August 2014 (StO) einschließlich aller Prüfungen sechs Jahre und drei Monate. Diese Zeit endete ausgehend von einer Aufnahme des Studiums im Oktober 2008 mit dem Dezember 2014.

11

Doch kann die Antragstellerin eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus beanspruchen. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG wird über die Förderungshöchstdauer für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen überschritten worden ist. Als schwerwiegender Grund ist insbesondere eine Erkrankung anzuerkennen (Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 23 m.w.N.). Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens leidet die Antragstellerin an einer psychischen Erkrankung (Überforderungssyndrom, Burn-out-Zustand, Selbstunsicherheit und allgemeine hormonelle Dysfunktion), wie in einem dem Landesprüfungsamt für Heilberufe vorliegenden ärztlichen Attest beschrieben ist. Die von der Antragstellerin beanspruchte Verlängerung umfasst angesichts dieses schwerwiegenden Grundes eine angemessene Zeit i.S.d. § 15 Abs. 3 BAföG.

12

Angemessen ist eine Verlängerung der Förderung um eine Zeit, um die sich die Ausbildung aus dem jeweiligen in § 15 Abs. 3 BAföG anerkannten Grund verzögert hat. Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (BVerwG, Beschl. v. 18.7.1986, 5 B 21/85, juris Rn. 2). Angemessen ist die Zeit, die dem Zeitverlust entspricht, der durch den die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigenden Grund entstanden ist (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2014, 2 K 373/12, n.v.; Urt. v. 4.2.2014, 2 K 3204/12, juris Rn. 39; durch VGH München, Beschl. v. 17.6.2013, 12 CE 13.999, 12 C 1312 C 13.1000, 12 C 1312 C 13.1001, juris Rn. 27, als allgemeine Auffassung bezeichnet, ebenso die Rechtsauffassung unter Tz. 15.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, zuletzt geändert am 29.10.2013, GMBl. S. 1094 – BAföGVwV 1991; Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand: April 2012, § 15 Rn. 16; Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 11).

13

Vorliegend ergibt sich ein Zeitverlust und damit eine angemessene Verlängerung der Förderung um zwölf Monate. Die Antragstellerin kann sich erst im Herbst 2015 dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung stellen. Ohne die Erkrankung hätte sich die Antragstellerin im Herbst 2014 oder im Frühjahr 2015 dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung unterziehen können. Die Erkrankung der Antragstellerin führte zunächst zu einer Genehmigung des Rücktritts vom Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Herbst 2014 durch Bescheid des Landesprüfungsamtes für Heilberufe vom 9. Dezember 2014. Eine Anmeldung zum Frühjahrstermin der Prüfung war der Antragstellerin nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht zumutbar. Die Anmeldefrist dafür lief ausweislich des zur Gerichtsakte genommenen Auszugs aus der Homepage des Landesprüfungsamtes für Heilberufe am 10. Januar 2015 ab. Die Antragstellerin durchläuft auch gegenwärtig noch eine psychologische Therapie.

14

Der Ursächlichkeit der Erkrankung für einen Zeitverlust von zwölf Monaten steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin auch unter Hinwegdenken der Erkrankung ihre Ausbildung nicht in der Förderungsdauer bis Dezember 2014 abgeschlossen hätte und es insgesamt zu einem Zeitverlust von vierundzwanzig Monaten gekommen ist.

15

Zwar hätte die Antragstellerin ihre Ausbildung ohnehin frühestens im Dezember 2015 und damit zwölf Monate nach Ablauf der Förderungshöchstdauer abgeschlossen. Denn in die Regelstudienzeit und damit in die Förderungshöchstdauer von sechs Jahren und drei Monaten zählt gemäß § 2 Abs. 2 StO das gesamte Studium einschließlich aller Prüfungen, d.h. der Studienabschnitt Medizin I, der gemäß § 4 Abs. 2 StO zwei Studienjahre umfasst, sowie der Studienabschnitt Medizin II, der gemäß § 4 Abs. 3 StO drei Studienjahre und das Praktische Jahr umfasst. Der Erste bis Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung – und nicht lediglich der Erste und Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung – sind in dieser Zeit abzulegen.

16

Doch hätte die Antragstellerin ohne die Erkrankung im Dezember 2014 zumindest den Stand erreicht, um nach § 15 Abs. 3a BAföG Hilfe zum Studienabschluss zu erreichen. Nach Maßgabe des § 15 Abs. 3a BAföG wird für höchstens zwölf Monate auch nach dem Ende der Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG Hilfe zum Studienabschluss geleistet. Hätte die Antragstellerin den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Herbst 2014 bestanden, so hätte sie das Praktische Jahr und den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bis Dezember 2015 bestehen können. Dies muss genügen, um ihr für die auf der Erkrankung beruhende Verlängerungszeit von zwölf Monaten Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus zu gewähren, verbunden mit der Möglichkeit, danach Hilfe zum Studienabschluss zu beantragen. Es kann dahinstehen, ob § 15 Abs. 3 BAföG eine positive Prognose über den weiteren Studienverlauf voraussetzt (krit. dazu Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 15 f. m.w.N.). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur früheren Rechtslage hing die Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer von der Prognose ab, dass der Auszubildende die Ausbildung innerhalb der verlängerten Förderungszeit berufsqualifizierend abschließe (BVerwG, Urt. v. 16.11.1978, V C 34.77, BVerwGE 57, 75, juris Rn. 15). Dies ist nach Einführung des Instituts der Studienabschlusshilfe in § 15 Abs. 3a BAföG zumindest zu modifizieren. In die Prognose über den voraussichtlichen weiteren Ausbildungsverlauf und Ausbildungsabschluss ist jedenfalls die Möglichkeit der Studienabschlussförderung einzubeziehen und die Prognose nicht mehr auf die angemessene Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG beschränkt, weil sonst der Auszubildende, der nach § 15 Abs. 3 BAföG begünstigt werden soll, von der Inanspruchnahme der Studienabschlussförderung ausgeschlossen und damit erheblich benachteiligt würde (OVG Münster, Urt. v. 30.11.2005, 4 A 2571/02, ZfSH/SGB 2006, 690, juris Rn. 28).

IV.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2, 154 Abs. 1 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 27. März 2015 - 2 E 1319/15

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.

(1) Ausbildungsförderung wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, frühestens jedoch vom Beginn des Antragsmonats an.

(2) Ausbildungsförderung wird für die Dauer der Ausbildung – einschließlich der unterrichts- und vorlesungsfreien Zeit – geleistet. Abweichend von Satz 1 wird bei Studiengängen an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Ausbildungsförderung jedoch grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15a geleistet. Für die Teilnahme an Einrichtungen des Fernunterrichts wird Ausbildungsförderung höchstens für 12 Kalendermonate geleistet.

(2a) Ausbildungsförderung wird auch geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert sind, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus.

(3) Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie

1.
aus schwerwiegenden Gründen,
2.
infolge der in häuslicher Umgebung erfolgenden Pflege eines oder einer pflegebedürftigen nahen Angehörigen im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes, der oder die nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – mindestens in Pflegegrad 3 eingeordnet ist,
3.
infolge einer Mitwirkung in gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen Gremien und Organen
a)
der Hochschulen und der Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6,
b)
der Selbstverwaltung der Studierenden an Ausbildungsstätten im Sinne des Buchstabens a,
c)
der Studentenwerke und
d)
der Länder,
4.
infolge des erstmaligen Nichtbestehens der Abschlussprüfung,
5.
infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu 14 Jahren
überschritten worden ist.

(3a) Auszubildenden an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, die sich in einem in sich selbständigen Studiengang befinden, wird als Hilfe zum Studienabschluss für höchstens zwölf Monate Ausbildungsförderung auch nach dem Ende der Förderungshöchstdauer oder der Förderungsdauer nach Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 oder 5 geleistet, wenn die Auszubildenden spätestens innerhalb von vier Semestern nach diesem Zeitpunkt zur Abschlussprüfung zugelassen worden sind und die Prüfungsstelle bescheinigt, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können. Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt Satz 1 unter der Voraussetzung, dass die Auszubildenden eine Bestätigung der Ausbildungsstätte darüber vorlegen, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Umwandlung der teilweise in der Förderungsart des verzinslichen Bankdarlehens für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 gewährten Ausbildungsförderung in einen vollständigen Zuschuss.

2

Der Kläger ist Vater einer am … März 2008 geborenen Tochter und eines am … Mai 2012 geborenen Sohnes, mit denen er in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Er nahm zu dem am 1. Oktober 2008 beginnenden Wintersemester 2008/2009 ein Studium an der Universität A. im Bachelorstudiengang B. auf.

3

Der Kläger beantragte für das 5. und 6. Fachsemester von Oktober 2010 bis September 2011 mit einem am 27. September 2010 bei der Beklagten eingegangenen Formularantrag Ausbildungsförderung (Bl. C 1 der Förderungsakte). Dazu legte der Kläger am 8. November 2010 eine von der Universität A. auf dem dafür vorgesehenen Formblatt unter dem 4. November 2010 ausgestellte Bescheinigung nach § 48 BAföG vor (Bl. C 40 der Förderungsakte), in der es heißt:

4

„Es wird bestätigt, dass die/der Auszubildende die bei geordnetem Verlauf ihrer/seiner Ausbildung bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen am 30. September 2010 erbracht hat.“

5

Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 Ausbildungsförderung für das 5. und 6. Fachsemester von Oktober 2010 bis September 2011 (Bl. C 47 der Förderungsakte).

6

Der Kläger beantragte mit einem am 30. Juni 2011 bei der Beklagten eingegangenen Formularantrag Ausbildungsförderung für das 7. und das 8. Fachsemester von Oktober 2011 bis September 2012 (Bl. D 1 der Förderungsakte). Die Beklagte gewährte dem Kläger unter Anerkennung von Kindererziehungszeiten mit Bescheid vom 27. September 2011 dem Grunde nach Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus, jedoch zunächst begrenzt auf das 7. Fachsemester von Oktober 2011 bis März 2012 (Bl. D 28 der Förderungsakte). Auf den Widerspruch des Klägers hin bewilligte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2011 Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus auch für einen Teil des 8. Fachsemesters von April bis August 2012, wies den Widerspruch im Übrigen zurück und bestimmte, dass der Kläger seine Rechtsverteidigungskosten selbst trage (Bl. D 54 der Förderungsakte). Die Beklagte führte aus, eine Berücksichtigung der vor dem Zeitpunkt des Leistungsnachweises liegenden Erziehungszeiten sei nicht möglich. Mit diesem Leistungsnachweis werde bescheinigt, dass ein geordneter Studienverlauf erfolgt sei. Die Ordnungsgemäßheit dieses Studienstandes könne nur bedeuten, dass für das nachfolgende Studium der Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit, d.h. der Förderungshöchstdauer, noch möglich sei.

7

Auf den am 21. August 2012 eingegangenen Formularantrag des Klägers auf Ausbildungsförderung bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2012 Studienabschlusshilfe für das 9. Fachsemester von September 2012 bis März 2013 (dritter Band der Förderungsakte ohne Blattzahlen). Zunächst mit Bescheid vom 23. Oktober 2012, sodann mit Bescheid vom 17. November 2012 und schließlich mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 setzte die Beklagte die Höhe der Ausbildungsförderung für diesen Zeitraum fest, wobei sie nur hinsichtlich des Kinderbetreuungszuschlags einen Zuschuss, im Übrigen ein verzinsliches Bankdarlehen bewilligte.

8

Mit der zuvor am 3. Februar 2012 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Ausbildungsförderung für den Zeitraum von September 2012 bis März 2013 begehrt, hilfsweise eine Änderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2011 dahingehend, ihm 5/12 der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

9

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, bis zum Ende des 4. Fachsemesters habe er in dem auf durchschnittlich 30 Leistungspunkte je Semester angelegten Bachelorstudiengang allenfalls 86 Leistungspunkte erreicht. Dies entspreche nur dem Stand eines 3. Fachsemesters, so dass bis zum 4. Fachsemester eine Verzögerung von einem Semester entstanden sei. Der Umstand, dass ihm trotz dieses Studienstandes bescheinigt worden sei, dass er die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen am 30. September 2010 erbracht habe, hindere nicht, die kinderbetreuungsbedingte Verzögerung des Studiums aus der Zeit vor dem 30. September 2010 bei der Verlängerung der Förderung zu berücksichtigen. Für den üblichen Leistungsstand sei nicht auf normative Vorgaben wie die Studien- und Prüfungsordnung abzustellen, sondern auf den empirisch üblichen Leistungsstand. Im Übrigen sei es auch bei normativer Betrachtung plausibel, dass mit insgesamt 86 Leistungspunkten die üblichen Leistungen am Ende des 4. Fachsemesters erbracht worden seien, da nicht vorgeschrieben sei, bis zum Ende des 4. Fachsemesters bereits 120 Leistungspunkte zu erbringen.

10

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2011 sowie des Bescheids vom 7. Dezember 2012 dem Kläger Ausbildungsförderung für das Studium im Bachelorstudiengang B. an der Universität A. für den Monat September 2012 dem Grunde nach vollständig als Zuschuss bewilligt und zudem den Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2011 dahingehend geändert, dass dem Kläger 6/12 der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen erstattet werden.

11

Im Hinblick auf diese Abänderungserklärungen der Beklagten haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung insoweit für erledigt erklärt.

12

Im Übrigen beantragt der Kläger,

13

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2011 sowie des Bescheids vom 7. Dezember 2012 sowie des Bescheids vom 22. Oktober 2012, soweit diese Bescheide entgegenstehen, zu verpflichten, ihm Ausbildungsförderung für das Studium im Bachelorstudiengang B. an der Universität A. für den Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 dem Grunde nach vollständig als Zuschuss zu bewilligen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hält den im behördlichen Verfahren vertretenen Rechtsstandpunkt aufrecht.

17

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist die Förderungsakte in drei Bänden. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Die teilweise Einstellung des Verfahrens beruht auf § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in analoger Anwendung auf den Fall, dass die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben.

II.

19

Die im Übrigen zulässige Klage hat in der Sache gemäß § 113 Abs. 5 VwGO keinen Erfolg. Die Bescheide vom 22. Oktober 2012 und 7. Dezember 2012, mit denen dem Kläger dem Grunde und der Höhe nach statt der begehrten Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus Studienabschlusshilfe gewährt worden ist, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Soweit die Beschränkung der Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus durch Bescheid vom 27. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2011, zugunsten des Klägers von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geändert, dem noch streitgegenständlichen Begehren auf Ausbildungsförderung für das 9. Fachsemester entgegensteht, ist auch dieser Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für das 9. Fachsemester seines Studiums im Bachelorstudiengang B. an der Universität A. von Oktober 2012 bis März 2013 keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung in der Förderungsart des vollständigen Zuschusses nach dem Bundesausbildungs-förderungsgesetz (i.d.F. der Bekanntmachung v. 7.12.2010, BGBl. I S. 1952, 2012 I S. 197, für den streitgegenständlichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2011, BGBl. I S. 2854 – BAföG).

20

Ausbildungsförderung wird gemäß § 17 Abs. 1 BAföG vorbehaltlich § 17 Abs. 2 und 3 BAföG als Zuschuss geleistet. Beim Besuch einer Hochschule wird nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG aber grundsätzlich die Hälfte des monatlichen Förderungsbetrags als unverzinsliches Staatsdarlehen gemäß §§ 18, 18a, 18b BAföG, mithin nur die andere Hälfte als Zuschuss gewährt. Eine Ausnahme zulasten des Auszubildenden ist die nach Ende der Förderungshöchstdauer gewährte Studienabschlusshilfe, die nach §§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 15 Abs. 3a BAföG als verzinsliches Bankdarlehen gemäß § 18c BAföG geleistet wird. Eine Ausnahme zugunsten des Auszubildenden von der grundsätzlichen Beschränkung auf einen hälftigen Zuschuss bildet der Kinderbetreuungszuschlag nach § 14b BAföG, der nach § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 BAföG selbst im Fall einer Studienabschlusshilfe als Zuschuss gemäß § 17 Abs. 1 BAföG gewährt wird. Eine weitere, vollständig zu einer Förderung durch Zuschuss führende Ausnahme besteht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BAföG für diejenige Ausbildungsförderung, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet wird. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme sind im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht gegeben. Zwar ist die Förderungshöchstdauer des vom Kläger zum Wintersemester 2008/2009 am 1. Oktober 2008 aufgenommenen Studiums gemäß § 15a Abs. 1 BAföG mit der Regelstudienzeit, die für den Bachelorstudiengang mit dem 6. Fachsemester am 30. September 2011 endete, und damit vor dem streitgegenständlichen Zeitraum abgelaufen. Doch liegen die Voraussetzungen, unter denen nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet wird (1.), für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor (2.).

21

1. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG wird über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer Behinderung oder einer Schwangerschaft oder – was hier allein in Betracht kommt – infolge der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren überschritten worden ist. Angemessen ist eine Verlängerung der Förderung um eine Zeit, um die sich die Ausbildung aus dem jeweiligen in § 15 Abs. 3 BAföG anerkannten Grund verzögert hat. Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (BVerwG, Beschl. v. 18.7.1986, 5 B 21/85, juris Rn. 2). Angemessen ist die Zeit, die dem Zeitverlust entspricht, der durch den die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigenden Grund entstanden ist (VG Hamburg, Urt. v. 4.2.2014, 2 K 3204/12, juris Rn. 39; durch VGH München, Beschl. v. 17.6.2013, 12 CE 13.999, 12 C 1312 C 13.1000, 12 C 1312 C 13.1001, juris Rn. 27, als allgemeine Auffassung bezeichnet, ebenso die Rechtsauffassung unter Tz. 15.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, zuletzt geändert am 29.10.2013, GMBl. S. 1094 – BAföGVwV 1991; Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand: April 2012, § 15 Rn. 16; Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 11).

22

Sofern die Pflege und Erziehung eigener Kinder zu einer Verzögerung der Ausbildung führt, legt das erkennende Gericht für das Maß der Verzögerung grundsätzlich die Erfahrungssätze zugrunde, die in Tz. 15.3.10 BAföGVwV 1991 zum Ausdruck kommen (ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2004, 4 Bs 512/03, n.v.; Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 35). Danach wird für das 1. bis 5. Lebensjahr des Kindes angenommen, dass sich die Ausbildung um ein Semester je Lebensjahr verzögert, für das 6. und 7. Lebensjahr des Kindes insgesamt um ein Semester und für das 8. bis 10. Lebensjahr des Kindes insgesamt wiederum um ein Semester. Daraus ergibt sich rechnerisch, dass für jedes mit unter fünf Jahre alten Kindern zurückgelegtes Ausbildungsjahr die Hälfte, für jedes mit fünf oder sechs Jahre alten Kindern zurückgelegtes Ausbildungsjahr ein Viertel und für jedes mit sieben, acht oder neun Jahre alten Kindern zurückgelegtes Ausbildungsjahr ein Sechstel des Ausbildungsjahres als Verzögerung angenommen wird. Diese nicht an weitere Voraussetzungen geknüpfte typisierende Annahme deckt im Allgemeinen alle auf der Pflege und Erziehung von Kindern beruhenden Verzögerungen ab. Um davon im Einzelfall zugunsten des Auszubildenden abzuweichen, müssten ganz besondere Umstände bestehen, die darauf schließen ließen, dass sich die Ausbildung des Auszubildenden wegen der Pflege und Erziehung seiner Kinder in einem Maß verzögert hat, das diese Annahme übersteigt.

23

Das erkennende Gericht handhabt diese Vorgaben zugunsten des Auszubildenden so, dass für jedes Jahr der Ausbildung, in dem die Erziehung und Pflege von Kindern unter zehn Jahren zu einer Verzögerung geführt hat, eine erste Verlängerungszeit errechnet wird, für diese eine zweite Verlängerungszeit, für diese eine dritte Verlängerungszeit u.s.w., solange die Pflege und Erziehung der Kinder unter zehn Jahren noch für eine Verzögerung der Ausbildung ursächlich sind (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2004, 4 Bs 512/03, n.v.). Dabei genügt es nach dem Monatsprinzip, das in §§ 15 Abs. 1, Abs. 2a, 15b, 20 Abs. 1 Satz 1, 53 Satz 1 BAföG zum Ausdruck kommt (dazu Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 20 Rn. 23), dass an einem Tag des Kalendermonats die Förderungsvoraussetzungen erfüllt sind, mithin die Verlängerungszeit rechnerisch bis in den betreffenden Kalendermonat hinein reicht.

24

Es kann aber eine Verlängerung nur gewährt werden, sofern die Pflege und Erziehung für eine Verzögerung der Ausbildung ursächlich geworden ist. Grundsätzlich schließt die Vorlage einer positiven Eignungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG, die bestätigt, dass der Auszubildende die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des dort ausgewiesenen Fachsemesters üblichen Leistungen rechtzeitig erbracht hat, die Berücksichtigung einer bis dahin entstandenen Verzögerung der Ausbildung aus.

25

Dabei kann dahinstehen, ob die Eignungsbescheinigung – die von der etwaig privatrechtlich verfassten Ausbildungsstätte auf dem einschlägigen Formblatt entgegen § 36 SGB X ohne Rechtsbehelfsbelehrung ausgestellt wird – ein Verwaltungsakt ist (so Fischer, in Rothe/Blanke, BAföG, Stand: Juni 2003, § 48 Rn. 10; Ramsauer, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 4; OVG Münster, Beschl v. 26.9.2013, 12 A 1477/13, juris Rn. 7; Urt. v. 15.10.2012, 12 A 3020/11, juris Rn. 37; OVG Bautzen, Beschl. v. 10.01.2006, 5 BS 143/05, FamRZ 2006, 1233, juris Rn. 16; ohne eine eindeutige Qualifizierung als Verwaltungsakt: BVerwG, Beschl. v. 21.4.1993, 11 B 60/92, FamRZ 1993, 1375, Urt. v. 23.9.1982, 5 C 93/80, FamRZ 1983, 102). Zwar ist ein Verwaltungsakt gemäß §§ 39 Abs. 3, 40 SGB X außer bei einem qualifizierten, zur Nichtigkeit führenden Mangel, rechtswirksam, so dass die Eignungsbescheinigung, wäre sie ein Verwaltungsakt, grundsätzlich verbindlich die Feststellung enthielte, dass der übliche Leistungsstand erreicht sei. Doch ergibt sich unabhängig von der Handlungsform, in welcher die Ausbildungsstätte die Eignungsbescheinigung ausstellt, aus der Vorlage der Eignungsbescheinigung durch den Auszubildenden, dass der Auszubildende treuwidrig handelt, wenn er Rechte geltend macht, die mit dem Inhalt der vorgelegten Eignungsbescheinigung in Widerspruch stehen. Ein widersprüchliches Verhalten ist dem Auszubildenden nach dem auch im öffentlichen Recht Geltung beanspruchenden Grundsatz von Treu und Glauben (dazu BVerwG, Beschl. v. 17.8.2011, 3 B 36/11, ZOV 2011, 222, juris Rn. 5 m.w.N.) verboten.

26

Insbesondere ist die nach dem 4. Fachsemester ausgestellte positive Eignungs-bescheinigung mit der Annahme, es sei bereits vor dem 5. Fachsemester die Ursache für ein späteres Überschreiten der Regelstudienzeit und damit der Förderungshöchstdauer gesetzt, nur aufgrund besonderer Umstände in Ausnahmefällen vereinbar. Eine solche Ausnahme ist etwa dann möglich, wenn eine Unterbrechung des Studiums durch den Grundwehrdienst nach dem 2. Fachsemester damit einhergeht, dass der Auszubildende nach Wiederaufnahme des Studiums bis zum 4. Fachsemester zwar die üblichen Studienleistungen rechtzeitig erbringt, die wegen der Unterbrechung erforderliche Auffrischung seines in den beiden ersten Semestern erworbenen Grundwissens jedoch vernachlässigt (BVerwG, Urt. v. 7.2.1980, 5 C 38/78, FamRZ 1980, 730, juris Rn. 15). Allgemein ist der Fall denkbar, dass der Auszubildende sich auf die zum Erhalt der Leistungsnachweise unbedingt notwendigen Studieninhalte beschränkt, seine Ausbildung im Übrigen aber vernachlässigt und sich dies erst im weiteren Studienverlauf nach der Vorlage der Eignungsbescheinigung auswirkt (Fischer, in Rothe/Blanke, BAföG, Stand: April 2012, § 15 Rn. 15). Falls jedoch kein Ausnahmefall vorliegt, folgt aus dem Regelungszusammenhang der §§ 9, 48 BAföG mit § 15 BAföG, dass durch den Nachweis der bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Studienleistungen die Erwartung gerechtfertigt erscheint, der Auszubildende werde seine Ausbildung innerhalb der Förderungshöchstdauer erfolgreich abschließen (BVerwG, Urt. v. 7.2.1980, 5 C 38/78, FamRZ 1980, 730, juris Rn. 15 m.w.N.). Dazu im Einzelnen:

27

Die Förderung einer Ausbildung an Hochschulen setzt ab dem 5. Fachsemester grundsätzlich die Vorlage einer von der Ausbildungsstätte ausgestellten Bescheinigung darüber voraus, dass zum Ende des 4. Fachsemesters der übliche Leistungsstand erreicht worden ist. Diese Eignungsbescheinigung dient dem nach § 9 Abs. 2 BAföG erforderlichen Nachweis, dass der Auszubildende die den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen entsprechenden Studienfortschritte erkennen lässt. Nur ausnahmsweise ist gemäß § 48 Abs. 2 Alt. 1 BAföG die spätere Vorlage der Bescheinigung zuzulassen, wenn Tatsachen vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen.

28

Zugunsten des Auszubildenden hat die Eignungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG die Bedeutung, dass es für die Förderung ab dem 5. Semester bis zum Ende der Regelstudienzeit grundsätzlich nicht auf den wahren Leistungsstand und etwaige Rechtfertigungen einer Studienverzögerung ankommt. Das Amt für Ausbildungsförderung darf grundsätzlich nicht zulasten des Auszubildenden von einer vorgelegten positiven Eignungsbescheinigung abweichen. Ein Nachweis, der die den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Angaben enthält, ist für das Förderungsamt verbindlich (BVerwG, Beschl. v. 21.4.1993, 11 B 60/92, juris Rn. 5). Umgekehrt kommen zulasten des Auszubildenden für eine Verlängerung der Förderungszeit nach § 15 Abs. 3 BAföG nur solche Gründe in Betracht, die nach dem in der positiven Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG angegebenen Zeitpunkt eingetreten sind; Erklärungsinhalt der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG ist nämlich gerade, dass bislang keine wesentlichen Verzögerungen bei der Bewältigung der Ausbildung eingetreten sind (Lackner, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 15 Rn. 19 m.w.N.).

29

Der Auszubildende handelt widersprüchlich, wenn er zunächst gemäß § 48 Abs. 1 BAföG die Gewährung von Ausbildungsförderung ab dem 5. Fachsemester erwirkt, indem er eine Bescheinigung vorlegt, ausweislich derer er nach dem 4. Fachsemester den nach dem 4. Fachsemester üblichen Leistungsstand erreicht hat, und sodann gemäß § 15 Abs. 3 BAföG eine Förderung nach Ablauf der Förderungshöchstdauer begehrt, wozu er eine bis zum Ende des 4. Fachsemesters entstandene Ausbildungsverzögerung geltend macht. Denn in dem Fall, dass der Leistungsstand nach dem 4. Fachsemester nicht den üblichen Leistungsstand erreicht, hat der Auszubildende nach dem Gesetz nicht die Wahl, ob er eine inhaltlich nicht zutreffende Eignungsbescheinigung vorlegt, um eine Förderung nach § 48 Abs. 1 BAföG zu erhalten, oder ob er nach § 48 Abs. 2 BAföG mit Genehmigung des Amtes für Ausbildungsförderung eine Eignungsbescheinigung später vorlegt, wenn Umstände vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen. Es ist vom Gesetzgeber nicht der Fall vorgesehen, dass der Auszubildende eine Eignungsbescheinigung vorlegt, die inhaltlich nicht zutreffend ist, weil in den ersten vier Semestern der übliche Leistungsstand in Wahrheit nicht erreicht ist und bereits auf Grundlage der ersten vier Semester eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer zu erwarten ist, mithin die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG vorliegen.

30

2. Davon ausgehend liegt der streitgegenständliche Zeitraum des 9. Fachsemesters von Oktober 2012 bis März 2013 außerhalb der angemessenen Zeit, um die sich nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG die Förderung des Klägers infolge der Pflege und Erziehung seiner Kinder verlängert.

31

Aus der Ausbildungszeit von Oktober 2008 bis September 2010 im 1. bis 4. Fachsemester leitet sich für den Kläger keine Verlängerung her, obwohl er bereits zu dieser Zeit mit seiner am … März 2008 geborenen Tochter zusammenlebte. Denn der Kläger ist durch das Verbot widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben damit ausgeschlossen, eine in diesem Zeitraum durch die Pflege und Erziehung seiner Kinder entstandene Ausbildungsverzögerung geltend zu machen. Der Annahme einer Ausbildungsverzöge-rung steht insoweit die vom Kläger am 8. November 2011 der Beklagten vorgelegte Eignungsbescheinigung entgegen. In dieser Bescheinigung hat die Universität A. als Ausbildungsstätte unter dem 4. November 2010 auf dem entsprechenden Formblatt bestätigt, dass der Kläger die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen am 30. September 2010, d.h. rechtzeitig bis zum Ende seines 4. Fachsemesters, erbracht habe.

32

Nach den aufgezeigten Maßstäben liegt kein Ausnahmefall vor, in dem trotz rechtzeitiger Vorlage einer den Leistungsstand des 4. Fachsemesters ausweisenden Eignungs-bescheinigung eine im 1. bis 4. Fachsemester entstandene Ausbildungsverzögerung Berücksichtigung finden könnte. Der Kläger sucht eine in den ersten vier Semestern entstandene Ausbildungsverzögerung aus dem Umstand herzuleiten, dass er allenfalls 86 Leistungspunkte statt der rechnerisch nach vier Semestern durchschnittlich zu erwartenden 120 Leistungspunkte erhalten habe. Er macht mithin eine Ausbildungsverzögerung geltend, die sich nicht erst im späteren Studienverlauf, sondern bereits nach dem 4. Fachsemester in einem Zurückbleiben hinter dem zu erwartenden Leistungsstand gezeigt habe. Da der Kläger selbst die Ausbildungsverzögerung aus dem Verfehlen des Durchschnittswerts von 30 Leistungspunkten je Semester herzuleiten sucht, kann die vom Kläger im Widerspruch zu seinem eigenen Vortrag dazu aufgeworfene Frage, ob 86 Leistungspunkte dem üblichen Leistungsstand entsprechen, offenbleiben. Der Kläger ist nach Treu und Glauben gehindert, die Richtigkeit der zu seinen Gunsten ausgestellten und von ihm selbst der Beklagten vorgelegten Bescheinigung in Frage stellen, um eine Studienverzögerung in den ersten vier Semestern darzulegen.

33

Aus den ab dem 1. Oktober 2010 zurückgelegten Ausbildungszeiten, auf die demgemäß allein abzustellen ist, ergibt sich für den Kläger wegen der Pflege und Erziehung seiner am 25. März 2008 geborenen Tochter und seines am … Mai 2012 geborenen Sohns eine Verlängerung der Förderung bis einschließlich September 2012. Aus der zwölfmonatigen Ausbildungszeit von Oktober 2010 bis September 2011 im 5. und 6. Fachsemester errechnet sich eine erste Verlängerung um sechs Monate bis einschließlich März 2012, aus der ersten Verlängerungszeit eine zweite Verlängerung um drei Monate bis einschließlich Juni 2012, aus der zweiten Verlängerungszeit eine dritte Verlängerung um eineinhalb Monate bis rechnerisch Mitte Juli 2012, aus der dritten Verlängerungszeit eine vierte Verlängerung um einen Dreiviertelmonat bis rechnerisch zum dritten Viertel des Monats August 2012 und aus der vierten Verlängerungszeit eine fünfte Verlängerungszeit bis in den Monat September 2012 hinein. Alle weiteren rechnerisch ermittelten Verlängerungszeiten reichen nicht über den Monat September 2012 hinaus und enden damit vor dem noch streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013.

III.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2, 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die Beklagte an den außergerichtlichen Kosten zu dem Anteil zu beteiligen, welcher der teilweisen Abhilfe des klägerischen Begehrens entspricht. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2012 verpflichtet, der Klägerin Ausbildungsförderung für das Studium im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit an der Hochschule A. für den Förderungszeitraum von Februar 2012 bis Februar 2013 zu bewilligen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für einen Bewilligungszeitraum, der den letzten Monat des 5. Fachsemesters sowie das 6. und 7. Fachsemester umfasst, unter entsprechender Verlängerung der Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises.

2

Die am ... Mai 1986 geborene Klägerin schloss eine duale Ausbildung im Betrieb und an der Berufsschule am 3. Juli 2006 mit dem Gesellenbrief als Technische Zeichnerin ab und erwarb am 30. Juni 2008 an der Fachoberschule für Bautechnik die Fachhochschulreife. Die Hochschule A. ließ sie mit Bescheid vom 6. November 2009 vorläufig zum am 1. September 2009 begonnenen Wintersemester 2009/2010 (1. Fachsemester) zum Studium im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit zu, nachdem die Ausbildungsstätte durch Sammel(teil)beschlusses des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. Oktober 2009, 19 ZE 1939/09, dazu verpflichtet worden war.

3

Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 9. Juli 2010 (Förderungsakte, Bl. A 26) auf den erstmaligen Antrag der Klägerin vom 2. März 2010 (Förderungsakte, Bl. A 3) für den Bewilligungszeitraum von März 2010 bis Februar 2011 (2. und 3. Fachsemester) Ausbildungsförderung. Einen Antrag auf weitere Ausbildungsförderung stellte die Klägerin erst am 9. Februar 2012 (Förderungsakte, Bl. A 1), ohne den Bewilligungszeitraum ausdrücklich zu benennen. Mit Eingang am 11. März 2012 (Eingang der unterschriebenen Urschrift am 23. April 2012, Förderungsakte, Bl. B 49) machte die Klägerin geltend, dass sie ihr Praktikum aus gesundheitlichen Gründen als Dialysepatientin nicht in der Regelstudienzeit ablegen könne. Sie legte eine Leistungsübersicht der Ausbildungsstätte für den 12. März 2012 vor, ausweislich der sie bis zu diesem Datum 32 Credits erworben hatte.

4

Am 11. Mai 2012 legte die Klägerin eine Leistungsbescheinigung der Ausbildungsstätte vom 9. Mai 2012 (Förderungsakte, Bl. B 57) vor; danach konnte nicht bestätigt werden, dass sie die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des 5. Fachsemesters üblichen Leistungen am 3. Februar 2012 erbracht habe. Zugleich legte die Klägerin einen Neufestsetzungsbescheid der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 13. Dezember 2010 (Förderungsakte, Bl. B 58) vor. Darin wird mit Wirkung ab 1. September 2010 ein Grad der Behinderung von 100 festgesetzt, da die Klägerin an einer dialysepflichtigen Nierenerkrankung leidet. Die Klägerin beantragte mit am 9. Juli 2012 (Förderungsakte, Bl. B 61) eingegangenen Schreiben, ihr die spätere Vorlage des Leistungsnachweises zu gestatten und verwies auf eine ärztliche Bescheinigung der B-Zentren vom 4. Juli 2012 (Förderungsakte, Bl. B 62), in der Prof. Dr. C. ausführt:

5

„Frau X. befindet sie sich aufgrund einer chron. Niereninsuffizienz mehrmals wöchentlich zur Behandlung mit der künstlichen Niere in unserem Zentrum.

6

Diese Behandlung ist lebensnotwendig für die Patientin und geht mit einem erheblichen Zeitaufwand einher, sie ist auch während Schul- bzw. Studienzeiten notwendig.

7

Die mit der Erkrankung verbundenen Komplikationen machen eine engmaschige medizinische Begleitung und Behandlung notwendig.

8

Nierenersatztherapie wird weitmöglich auf die Bedürfnisse und beruflichen Erfordernisse der Patientin abgestimmt, dennoch ist eine regelhafte Teilnahme am Studienbetrieb aus med. Gründen nicht immer möglich.“

9

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17. Juli 2012 (Förderungsakte, Bl. B 63) die Gewährung von Leistungen nach dem Ausbildungsförderung für das Studium Soziale Arbeit mit dem Abschlussziel Bachelor an der Hochschule A. für den Bewilligungszeitraum von Februar 2012 bis Februar 2013 (letzter Monat des 5. Fachsemesters sowie 6. und 7. Fachsemester) ab. Die Beklagte führte aus, die Klägerin habe den erforderlichen Leistungsnachweis nicht vorgelegt, ihr Antrag auf Zulassung einer späteren Vorlage müsse abgelehnt werden. Es sei ihr zuzumuten gewesen, eine Verzögerung z.B. durch auch rückwirkende Beurlaubung abzuwenden. Die Auszubildende müsse während des Studiums zu mindestens 50 % leistungsfähig gewesen sein. Anderenfalls sei fraglich, ob ihr Schwerpunkt tatsächlich bei der Ausbildung gelegen habe. Am Ende des Wintersemesters 2011/2012 (5. Fachsemester) habe sie erst den Leistungsstand von einem Fachsemester erreicht. Es könne daher nicht von einer mindestens 50%igen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden.

10

Den Widerspruch vom 26. Juli 2012 (Förderungsakte, Bl. B 64) begründete sie durch ihre damalige Bevollmächtigte unter dem 24. Oktober 2012 (Förderungsakte, Bl. B 81) dahingehend, dass sie bei Studienbeginn aufgrund einer bei ihr durchgeführten Nierentransplantation als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt gewesen sei. Während des Wintersemesters 2009/2010 (1. Fachsemester) habe die transplantierte Niere versagt. In der Folgezeit seien mehrfach kurzfristige stationäre Aufenthalte erforderlich gewesen. Sie habe durchgehend erhebliche Studienleistungen erbracht, die aufgrund der behinderungsbedingten Einschränkungen sowohl der Leistungsfähigkeit als auch hinsichtlich der durch die Dialyse eingeschränkt zur Verfügung stehenden Zeit nicht den dem Studienplan entsprechenden Umfang hätten erreichen können. Die Leistungsfähigkeit sei durch die Behinderung weiter beeinträchtigt, aber verbessert, seit im März 2012 die transplantierte Niere entfernt und die Dialyse jetzt dreimal wöchentlich nachts im Dialysezentrum über die künstliche Niere erfolgt sei.

11

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2012 (Förderungsakte, Bl. B 85) zurück und führte aus, durch die Behinderung der Klägerin sei eine ganz erhebliche Verzögerung entstanden und mit der Widerspruchsbegründung sei die Auswirkung der Behinderung auf das Studium detailliert geschildert und eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt worden. Allerdings sei angesichts der vorgelegten Leistungsübersicht zum Stand am Ende des Wintersemesters 2011/2012 (5. Fachsemester) ein Stand von 32 Credits festzustellen, der einem Leistungstand von etwas über einem Fachsemester entspreche. Um den Stand von vier Fachsemestern zu erreichen, müsse in jedem Fall mehr als die doppelte Zeit benötigt werden. Aus der detaillierten Schilderung der verzögerten Auswirkung ihrer chronischen Erkrankung werde sicherlich deutlich, dass die Auswirkung dieser schweren Erkrankung ihr nicht vorzuwerfen und auch der Verweis auf eine Beurlaubung problematisch sei. Aus dem Gesetzesbegriff der Angemessenheit und der übrigen Gesetzessystematik werde deutlich, dass eine Höchstgrenze der Verlängerung zu beachten sei. Der Gesetzgeber erwarte, dass ein Studierender sich im Durchschnitt mit mindestens der Hälfte der üblichen Arbeitskraft eines Studierenden dem Studium widme. Nach dem Gesetz solle das Betreiben einer Ausbildung als Zweck der Leistungsbewilligung im Vordergrund stehen. Solche Grenzen gülten nach der Verwaltungsvorschrift auch bei der Betreuungsleistung für Kinder des Auszubildenden. Die Beklagte macht sich die Ausführungen in zwei gerichtlichen Entscheidungen (OVG Schleswig, Beschl. v. 23.3.1998, 1 L 29/98, n.v., und VG Bremen, Beschl. v. 27.7.2005, 1 V 1174/05, juris Rn. 13) zu Eigen.

12

Zur Begründung der am 13. Dezember 2012 erhobenen Klage nimmt die Klägerin insbesondere mit Schriftsätzen vom 8. April 2013 und 18. September 2013 auf Entlassungsberichte über stationäre Behandlungen Bezug.

13

Die im Schriftsatz vom 22. November 2013 gemachten Angaben, in welchem Semester sie versucht habe, welche Leitungen in ihrem Studium zu erbringen, hat sie in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage einer Leistungsübersicht zum Stand vom 3. Februar 2014 berichtigt.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Juli 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2012 zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung für das Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule A. für den Förderungszeitraum von Februar 2012 bis Februar 2013 zu bewilligen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte hält den in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsstandpunkt aufrecht.

19

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Förderungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die zulässige Klage hat nach § 113 Abs. 5 VwGO auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid vom 17. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin kann für das Studium im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit an der Hochschule A. für den Förderungszeitraum von Februar 2012 bis Februar 2013 Ausbildungsförderung beanspruchen. Der Gewährung von Ausbildungsförderung für diesen Bewilligungszeitraum ist nicht mangels Eignung der Klägerin ausgeschlossen.

21

1. Die Förderung der Klägerin im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum von Februar 2012 bis Februar 2013 (letzter Monat des 5. Fachsemesters sowie 6. und 7. Fachsemester) hätte grundsätzlich die Vorlage einer Bescheinigung erfordert, dass sie zum 31. August 2011 (Ende des 4. Fachsemesters) die bei geordnetem Verlauf ihres Ausbildung bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht habe. Denn gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird vom 5. Fachsemester an Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende ein Zeugnis über eine bestandene Zwischenprüfung oder einen vergleichbaren Nachweis über den Leistungsstand vorlegt. Insbesondere kann gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG eine nach Beginn des 4. Fachsemesters ausgestellte Bescheinigung der Ausbildungsstätte darüber vorgelegt werden, dass der Auszubildende die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hat. Eine solche Bescheinigung hat die Klägerin der Beklagten nicht beigebracht.

22

2. Jedoch kann die Klägerin gemäß § 48 Abs. 2 Alt. 1 BAföG von der Beklagten beanspruchen, dass sie die Vorlage der Bescheinigung zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulässt. Denn es lagen im maßgeblichen Zeitpunkt Tatsachen vor, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 Var. 1 BAföG rechtfertigten. Nach dieser Vorschrift ist über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung zu leisten, wenn sie infolge einer Behinderung überschritten wird.

23

a) Die dialysepflichtige Nierenerkrankung der Klägerin ging bereits zum 1. September 2009 (Beginn des 1. Fachsemesters) mit einem ein Grad der Behinderung von 50 einher. Rückwirkend auf den 1. September 2009 (Beginn des 3. Fachsemesters) wurde der Grad der Behinderung auf 100 festgesetzt (Förderungsakte, Bl. B 58).

24

b) Die zu Beginn des Bewilligungszeitraums gegebenen Umstände ließen ein späteres Überschreiten der Förderungshöchstdauer erwarten. Die Förderungshöchstdauer entspricht gemäß § 15a BAföG der Regelstudienzeit von sieben Semestern gemäß der Zweiten Änderung der Prüfungs- und Studienordnung für den Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit an der Fakultät Wirtschaft und Soziales der Hochschule A. vom 8. September 2011 (Hochschulanzeiger v. 9.9.2011). Zu Beginn des Bewilligungszeitraums am 1. Februar 2012 im 5. Fachsemester wies die Klägerin einen Leistungsrückstand auf, der einen Abschluss des Studiums bis zum Ende ihres 7. Fachsemesters am 28. Februar 2013 nicht erwarten ließ. Für die nach § 48 Abs. 2 Alt. 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 BAföG anzustellende Prognose kann es nur auf die bei Beginn des Bewilligungszeitraums bereits vorliegenden Umstände ankommen. Denn das Bestehen eines Anspruchs auf Verlängerung der Frist zur Vorlage der Leistungsbescheinigung muss sich bereits zu dem Zeitpunkt beurteilen lassen, zu dem Ausbildungsförderung beansprucht wird. Ein für einen Bewilligungszeitraum entstandener Anspruch auf Verlängerung der Vorlagefrist kann angesichts nachfolgender Umstände nicht rückwirkend erlöschen.

25

Die auf Grundlage der der zitierten Prüfungsordnung bei üblichem Verlauf der Ausbildung in den ersten beiden Studienjahren zu erwartenden Leistungen hatte die Klägerin zum 1. Februar 2012 (letzter Monat des 5. Fachsemesters) nur zu einem geringen Teil erbracht. Ausweislich der vorgelegten Leistungsübersicht hatte die Klägerin im Einzelnen die Studien- und Prüfungsleistungen

26

- bestanden in „Geschichte, Gegenstand und Funktion“, „Fachprojekt“, „Ökonomie, Politik, Gesellschaft: Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit“, „Wissenschaftliches Arbeiten“, „Theorie und Praxis der Kommunikation und Beratung“, „Einführung in die Studienschwerpunkte“, „Einführung in qualitative Methoden“, „Recht für die Soziale Arbeit: Familien- und Jugendhilferecht“,
- einmal erfolglos versucht in „Recht der Sozialen Arbeit: Sozialrecht“ und
- noch nicht versucht in „Orientierungseinheit und Mentoring“, „Soziologische, erziehungswissenschaftliche und psychologische Bezüge Sozialer Arbeit“, „Theorien und Grundorientierungen sozialer Arbeit“, „Ringvorlesung und Vorbereitung des Praxissemesters“, „Mentoring“, „Einführung in quantitative Methoden“, „Gesundheitswissenschaftliche Grundlagen Sozialer Arbeit“, „Interdisziplinäre Betrachtung des Lebenslaufs“, „Professionelles Handeln: Konzepte und Arbeitsformen“, „Kultur, Ästhetik, Medien: Allgemeine Grundlagen kreativer Medien in der Sozialen Arbeit“, „Allgemeinwissenschaftliche und philosophische Aspekte Sozialer Arbeit“, „Professionelles Handeln: Sozialarbeitspolitik“, „Theorie kreativer Medien“, „Praxis kreativer Medien“, „Theorie-Praxis-Seminar und Praxistag“, „Theorie des Schwerpunktes“, „Arbeitsformen des Schwerpunktes“, „Wahlpflicht Recht“.

27

c) Die weitere Voraussetzung ist erfüllt, dass ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer „infolge“ der Behinderung zu erwarten war. Erforderlich ist, dass der Leistungsrückstand allein auf Umständen beruht, die gemäß § 15 Abs. 3 BAföG eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus rechtfertigen (VG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 2 E 5501/13).

28

aa) Eine Alleinursächlichkeit der Behinderung ist nicht wegen eines mehrmaligen Nichtbestehens studienbegleitender Leistungen ausgeschlossen. Der Studienverlauf bis zu dem für die Entscheidung über die Verlängerung der Vorlagefrist maßgeblichen Zeitpunkt erweist nicht die mangelnde Eignung der Klägerin für die aufgenommene Ausbildung.

29

Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht nach § 1 BAföG nur für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Anspruch. Die Ausbildung wird gemäß § 9 Abs. 1 BAföG gefördert, wenn die Leistungen des Auszubildenden erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht. Dies wird gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BAföG bei dem Besuch einer Hochschule in der Regel angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte besucht und die nach den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen entsprechenden Studienfortschritte erkennen lässt, worüber gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 BAföG die nach § 48 BAföG erforderlichen Nachweise zu erbringen sind. Ebenso wenig wie die Übrigen in § 15 Abs. 3 BAföG benannten Umstände, im Einzelnen die Mitwirkung des Auszubildenden insbesondere in Gremien der Hochschulen (Nr. 3 der Vorschrift), eine Schwangerschaft (Nr. 5 Var. 2 der Vorschrift), die Pflege und Erziehung eines Kindes unter zehn Jahren (Nr. 5 Var. 3 der Vorschrift) oder auch das erstmalige Nichtbestehen einer Abschlussprüfung (Nr. 4 der Vorschrift) die Eignung des Auszubildenden für die betroffene Ausbildung ausschließen, dürfen dies eine Behinderung oder Krankheit des Auszubildenden. Indem der Gesetzgeber das erstmalige Nichtbestehen einer Abschlussprüfung in § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG als einen Umstand anerkannt hat, der ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer rechtfertigt, hat er einerseits zum Ausdruck gebracht, dass die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz kein besondere Leistungen voraussetzendes Instrument der Begabtenförderung ist. Andererseits hat er durch die Benennung dieses Umstandes zugleich die Wertentscheidung getroffen, dass ein mehrmaliges Nichtbestehen auch nicht nach der Generalklausel des § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG als schwerwiegender Grund anerkannt werden kann. Diese Wertung gilt zunächst zugunsten des Auszubildenden für ein erstmaliges Nichtbestehen der Abschlussprüfung und zulasten des Auszubildenden für ein mehrmaliges Nichtbestehen der Abschlussprüfung. Diese Wertung ist jedoch auf eine Zwischenprüfung oder auch eine sonstige Studienleistung zu übertragen, sofern auf deren mehrmaligem Misslingen eine Studienverzögerung beruht (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 2 E 5501/13; Urt. v. 9.1.2014, 2 K 554/13; Urt. v. 7.8.2012, 2 K 2080/10, juris Rn. 19 dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 11.3.2013, 4 Bf 172/12.Z).

30

Diese Anforderung steht im Einklang mit dem besonderen Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Sozialleistung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz muss der Förderung der Ausbildung auch dann dienen, wenn der Auszubildende eine Behinderung hat. Nach den auf Auszubildende mit Behinderung diskriminierungsfrei anzuwendenden Maßstäben des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ist die Weiterförderung einer Ausbildung an einer Hochschule ab dem 5. Fachsemester gemäß § 9 i.V.m. § 48 BAföG im Hinblick auf die Eignung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Diese ausbildungsförderungsrechtlichen Voraussetzungen setzen die zu erwartenden und die vom Auszubildenden erbrachten Leistungen ins Verhältnis. Die zu erwartenden Leistungen ergeben sich aus der Prüfungsordnung, die erbrachten Leistungen sind Ergebnis prüfungsrechtlicher Entscheidungen. Damit verweist das Ausbildungsförderung auf das Prüfungsrecht. Im Prüfungsrecht wird das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG dann nicht verletzt, wenn ein Nachteilsausgleich gesucht wird, der einerseits alle sinnvoll möglichen Hilfen umfasst und andererseits eine Überbevorteilung des Behinderten und Verletzung der Chancengleichheit aller Prüflinge vermeidet (Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 262). Der verfassungsrechtlich gebotene Nachteilsausgleich senkt nicht die Leistungsanforderungen herab, sondern gewährleistet die Chancengleichheit. Kann ein Prüfling wegen einer Behinderung seine vorhandenen Befähigungen nur unter Beweis stellen, wenn die Prüfungsbedingungen entsprechend der Behinderung angepasst werden, beispielsweise durch eine Schreibzeitverlängerung, so besteht darauf ein Anspruch. Ist aber gerade die durch die Prüfung zu ermittelnde Leistungsfähigkeit für eine angestrebte berufliche Qualifikation gemindert, so entspricht es der Chancengleichheit, wenn diese mindere Leistungsfähigkeit sich im Prüfungsergebnis wiederfindet. Übertragen vom Prüfungsrecht auf das Ausbildungsförderungsrecht heißt dies: Ist der Auszubildende für die angestrebte berufliche Qualifikation geeignet, kann er gegebenenfalls auch über feste Höchstgrenzen hinaus gefördert werden, wenn sich die Ausbildungszeit aufgrund einer Behinderung verlängert (dazu s.u. d)). Ist jedoch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, so ist eine darauf beruhende Verzögerung nicht auszugleichen und eine Verlängerung der Ausbildungszeit nicht zu fördern. Dem Auszubildenden obliegt es, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzusetzen (BVerwG, Urt. v. 21.6.1990, BVerwGE 85, 194, juris Rn. 13). Dem widerspricht es, wenn ein Auszubildender sich mehrfach der gleichen Prüfung unterzieht, deren Anforderungen er nicht erfüllen kann.

31

Die Klägerin genügte jedoch in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns des Bewilligungszeitraums am 1. Februar 2012 dieser Anforderung. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ihren abweichenden schriftsätzlichen Vortrag unter Vorlage einer Leistungsübersicht zum Stand vom 3. Februar 2014 richtig gestellt. Danach hat sie lediglich in der Prüfungsleistung „Recht der Sozialen Arbeit: Sozialrecht“ mehrmals nicht bestanden. Der zweite Versuch wurde ausweislich der Leistungsübersicht zum Stand vom 27. März 2013 im 6. Fachsemester am 13. Juli 2012 unternommen und damit nach dem für die Entscheidung über die Verlängerung der Vorlagefrist maßgeblichen Zeitpunkt.

32

bb) Ursächlich für den entstandenen Leistungsrückstand ist auch nicht geworden, dass die Klägerin es unterlassen hat – gegebenenfalls rückwirkend – ein Urlaubssemester zu beantragen. Zwar wäre durch die Einlegung eines Urlaubssemesters rechnerisch die Anzahl der Semester, um die sie sich im Rückstand befand, verringert worden. Doch war eine solche Beurlaubung ausgeschlossen, da die Klägerin fortlaufend die Ausbildung betrieben und fortlaufend in jedem Semester, wenngleich in geringer Anzahl, Prüfungs- und Studienleistungen erbracht hat. Sie hat Prüfungsversuche unternommen

33

- im 1. Fachsemester mit Erfolg in „Fachprojekt“, „Wissenschaftliches Arbeiten“, „Ökonomie, Politik, Gesellschaft: Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit“,
- im 2. Fachsemester mit Erfolg in „Theorie und Praxis der Kommunikation und Beratung“, „Einführung in qualitative Methoden“,
- im 3. Fachsemester mit Erfolg in „Einführung in die Studienschwerpunkte“,
- im 4. Fachsemester mit Erfolg in „Einführung in qualitative Methoden“, ohne Erfolg in „Recht der Sozialen Arbeit: Sozialrecht“ und
- im 5. Fachsemester mit Erfolg in „Recht für die Soziale Arbeit: Familien- und Jugendhilferecht“.

34

cc) Der am 1. Februar 2012 gegebene Leistungsrückstand kann auf die Behinderung der Klägerin zurückgeführt werden. Das erkennende Gericht teilt die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid mitgeteilte Bewertung, durch die Behinderung sei eine ganz erhebliche Verzögerung entstanden. Denn es ist nachvollziehbar, dass die Klägerin weitere Prüfungsversuche als die benannten (s.o. bb)) vor dem streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum nicht unternommen hat. Die Klägerin wurde von der Hochschule A. erst mit Bescheid vom 6. November 2009 vorläufig zum am 1. September 2009 begonnenen Wintersemester 2009/2010 (1. Fachsemester) zugelassen. An dem Kompaktkurs für „Studienplatzkläger“ konnte sie wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen. Sie war ab dem 1. Fachsemester mit einem Grad von 50 behindert, ab dem 3. Fachsemester mit einem Grad von 100.

35

Stationär hielt die Klägerin sich vor dem streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum im Klinikum-D., in der Klinik E. und der Interdisziplinären Transplantationsstation der Medizinischen Hochschule F. auf

36

- im 1. Fachsemester vom 11. bis 18. September 2009, vom 11. bis 18. November 2009, sowie vom 23. bis 27. Februar 2010
- im 2. Fachsemester vom 15. bis 23. März 2010 und ab 23. August 2010,
- im 3. Fachsemester bis 2. September und vom 26. bis 29. Dezember 2010 sowie vom 5. bis 13. Januar 2011
- im 4. Fachsemester vom 10. bis 17. August 2011 und
- im 5. Fachsemester vom 18. bis 19. Oktober 2011.

37

Ambulant begann am 6. September 2010 (3. Fachsemester) eine Peritonealdialyse, bei der etwa viermal täglich eine Dialyselösung in die Bauchhöhle eingebracht und nach einer Verweildauer wieder abgelassen wurde. Ab 20. Januar 2011 wurde eine modifizierte Behandlungsmethode angewandt unter Zuhilfenahme einer Peritonealdialysemaschine. Seit dem 9. Januar 2012 (5. Fachsemester) wird die Hämodialyse durchgeführt.

38

d) Eine Verlängerung der Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises um drei Semester bis zum 28. Februar 2014 ist eine „angemessene Zeit“ i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG.

39

Nach dem Gesetzeswortlaut wird für eine angemessene Zeit über die Förderungshöchstdauer hinaus Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer Behinderung überschritten worden ist. Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (BVerwG, Beschl. v. 18.7.1986, 5 B 21/85, juris Rn. 2). Angemessen ist die Zeit, die dem Zeitverlust entspricht, der durch den die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigenden Grund entstanden ist (VG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 2 E 550/13; durch VGH München, Beschl. v. 17.6.2013, 12 CE 13.999, 12 C 1312 C 13.1000, 12 C 1312 C 13.1001, juris Rn. 27 als allgemeine Auffassung bezeichnet, ebenso die Rechtsauffassung unter Tz. 15.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, zuletzt geändert am 29.10.2013, GMBl. S. 1094 – BAföGVwV 1991; Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand April 2012, § 15 Rn. 16; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., 2005, § 15 Rn. 11). Bei der Bemessung einer angemessenen Verlängerungszeit ist im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG zugleich auch zu berücksichtigen, dass ein Behinderter in seinen Möglichkeiten, Ausbildungsrückstände aufzuholen, in der Regel weiter beeinträchtigt sein wird (VGH München, a.a.O., unter Bezugnahme auf Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a.a.O., Rn. 29 a.E.). Nach den obigen Ausführungen (s. o. c)) ist die Behinderung der Klägerin für die entstandene Verzögerung alleinursächlich. Im Hinblick auf eine Studienverzögerung infolge einer Behinderung nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG erschöpft sich die Maßgabe, dass für eine „angemessene Zeit“ über die Förderungshöchstdauer hinaus Ausbildungsförderung gewährt wird, auf die Prüfung der Ursächlichkeit der Behinderung für die betreffende Verzögerungsdauer. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten, dies sich zur Begründung die Ausführungen in zwei gerichtlichen Entscheidungen zu Eigen gemacht hat, überzeugen nicht.

40

Aus der Gesetzessystematik ergibt sich nicht, eine in der Vergangenheit mindestens zu 50 % bestehende Studierfähigkeit zu verlangen, um für zukünftige Zeiträume Ausbildungsförderung zu gewähren. Eine die Studierfähigkeit aufhebende Erkrankung, wenn sie länger als drei Monate andauert, unterbricht nach § 15 Abs. 2a BAföG die Ausbildungsförderung. Daraus meint das OVG Schleswig (Beschl. v. 23.3.1998, 1 L 29/98, n.v.) ableiten zu können: „Selbst wenn eine Krankheit nicht ganz so schwerwiegend ist, daß sie zur vollständigen Studierunfähigkeit führt, aber dazu führt, daß die für den Prüfungsabschnitt vorgesehene Studienzeit beinahe verdoppelt wird, kann dies nicht dazu führen, daß diese Zeitverzögerung noch eine angemessene Zeit i.S.d. § 15 Abs. 3 BAföG ist.“ Dieser Herleitungsversuch ist nicht schlüssig. Es wird versucht, einen Zusammenhang herzustellen, der nach der Gesetzessystematik nicht besteht. Die Unterbrechung der Ausbildung zieht gemäß § 20 Abs. 2 BAföG grundsätzlich taggenau eine Unterbrechung der ansonsten monatsweise gewährten Ausbildungsförderung nach sich. Von diesem Grundsatz macht § 15 Abs. 2a BAföG zugunsten des Auszubildenden eine Ausnahme, nach der krankheitsbedingte Ausfallzeiten bis zu drei Monaten den Anspruch auf Ausbildungsförderung unberührt lassen. Diese zugunsten des Auszubildenden wirkende Vorschrift kann nicht zulasten des Auszubildenden entsprechend angewendet werden auf eine nicht aufgehobene, aber beeinträchtigte Studierfähigkeit. Es fehlt an einer besonderen Regelung, dass eine die Studierfähigkeit nicht aufhebende höhergradige Einschränkung die Ausbildungsförderung ausschließt.

41

Der Gesetzeszweck erfordert ebenso wenig eine Einschränkung zulasten von Auszubildenden mit Behinderung. Die Annahme des VG Bremen (Beschl. v. 27.7.2005, 1 V 1174/05, juris Rn. 13) ist unbelegt geblieben, gesetzgeberische Zielsetzung sei es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem ausbildungspolitischen Ziel einer zügigen Durchführung der Ausbildung und dem Umstand, dass behinderte Auszubildende aufgrund der Folgen ihrer Behinderung unvermeidliche Zeitverluste bei der Durchführung ihres Studiums hinnehmen müssen. In der ursprünglichen Fassung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes war die Behinderung nicht als ein die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus rechtfertigender Umstand benannt. Eine Behinderung war jedoch nach der alten Gesetzeslage als „schwerwiegender Grund“ i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG berücksichtigungsfähig (Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand April 2012, § 15 Rn. 25). Bei der Aufnahme der Behinderung in die Reihe der unter § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG benannten Umstände handelte es sich ausweislich des Regierungsentwurfs zum 15. BAföGÄndG (BT-Drs. 12/2108, S. 5, 13) lediglich um eine redaktionelle Änderung. Sie diente dazu, alle Umstände, die gemäß des zugleich geänderten § 17 Abs. 2 BAföG bei Überschreiten der Förderungshöchstdauer eine Zuschussförderung eröffnen, unter einer Nummer zusammenzufassen (vgl. Fischer, a.a.O.). Ebenso wenig bestätigt sich die Annahme des VG Bremen (a.a.O.), es sei nicht Aufgabe der Ausbildungsförderung, „sämtliche behinderungsbedingte Nachteile und jeden noch so großen Zeitverlust, den behinderte Studenten durch ihre Behinderung erleiden, auszugleichen.“ Die Darlegungen des OVG Schleswig (Beschl. v. 23.3.1998, 1 L 29/98), es sei nicht Aufgabe der Ausbildungsförderung, einem Studierenden, der allenfalls die Hälfte der Leistungsfähigkeit eines gesunden Studenten hat, „auch für diese unangemessene Zeit“ Ausbildungsförderung zu leisten. Sie weisen in die gleiche Richtung, leiden aber noch dazu an einem Zirkelschluss, da sie bereits voraussetzen, dass die Zeit „unangemessen“ sei. Nach den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drs. VI/1975, S. 7, S. 26) ist eine Dauer der Verlängerung nicht angegeben, da die Gefahr bestehe, dass eine im Gesetz bezeichnete Frist regelmäßig zuerkannt werde. Es solle vielmehr im Einzelfall geprüft werden, welche Verlängerungsdauer nach dem individuellen Verlängerungsgrund angemessen sei. Die Grenze ist mithin im Einzelfall zu bestimmen. Es ist nicht „jeder noch so große“ Zeitverlust auszugleichen, sondern nur der „durch“ die Behinderung erlittene Zeitverlust. Eine feste Höchstgrenze kann demgegenüber nicht angeben werden.

42

Bei der vom Gesetzgeber aufgegebenen Prüfung des Einzelfalles wäre allerdings bei einer Studienverzögerung infolge einer Gremientätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG zu beachten (BVerwG, Beschl. v. 18.7.1986, 5 B 21/85, juris Rn. 3), dass der Auszubildende ein vertretbares Maß der Gremientätigkeit wahren muss. Dies leitet die höchstrichterliche Rechtsprechung daraus ab, dass der Auszubildende, um eine zweckentsprechende Nutzung der Ausbildungsförderung sicherzustellen, verpflichtet ist, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen. Diesem Grundsatz ist auch bei der Übernahme von Ämtern der studentischen Selbstverwaltung Rechnung zu tragen. Die Gremientätigkeit darf im Vergleich zur Ausbildung nur von untergeordneter Bedeutung sein. Die Ausbildungsförderung wird primär für die Ausbildung geleistet, bei der das Gesetz in § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG davon ausgeht, dass sie die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.

43

Bei einer Studienverzögerung infolge einer Behinderung kann der Auszubildende demgegenüber das Maß seiner Behinderung nicht beeinflussen. Er hat es nicht in der Hand, einen rechtfertigenden Grund i.S.d. § 15 Abs. 3 BAföG herbeizuführen oder davon Abstand zu nehmen. Aus der Obliegenheit, die Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen, kann sich insoweit keine Handlungsanweisung ergeben. Es mag eine „unangemessene“ Gremientätigkeit geben, aber keine „unangemessene“ Behinderung. Die Behinderung ist keine Tätigkeit, die mit der Ausbildung konkurrieren und ihr untergeordnet werden könnte. Sinn und Zweck des Gesetzes erfordern eine Einschränkung wie bei der Gremientätigkeit mithin nicht. Nimmt die Ausbildung die durch eine Behinderung geschmälerte Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch, steht eine Förderung im Einklang mit § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG. Eine andere Auslegung würde solche Behinderte, die weniger als 50 % studierfähig sind, nicht nur von einer Weiterförderung eines Hochschulstudiums ab dem 5. Fachsemesters, sondern insgesamt von der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ausschließen. Diese Konsequenz wird auch von der Beklagten in ihrer Förderungspraxis, soweit sie dem erkennenden Gericht bekannt ist, nicht gezogen.

II.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

(1) Ausbildungsförderung wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, frühestens jedoch vom Beginn des Antragsmonats an.

(2) Ausbildungsförderung wird für die Dauer der Ausbildung – einschließlich der unterrichts- und vorlesungsfreien Zeit – geleistet. Abweichend von Satz 1 wird bei Studiengängen an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Ausbildungsförderung jedoch grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15a geleistet. Für die Teilnahme an Einrichtungen des Fernunterrichts wird Ausbildungsförderung höchstens für 12 Kalendermonate geleistet.

(2a) Ausbildungsförderung wird auch geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert sind, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus.

(3) Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie

1.
aus schwerwiegenden Gründen,
2.
infolge der in häuslicher Umgebung erfolgenden Pflege eines oder einer pflegebedürftigen nahen Angehörigen im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes, der oder die nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – mindestens in Pflegegrad 3 eingeordnet ist,
3.
infolge einer Mitwirkung in gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen Gremien und Organen
a)
der Hochschulen und der Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6,
b)
der Selbstverwaltung der Studierenden an Ausbildungsstätten im Sinne des Buchstabens a,
c)
der Studentenwerke und
d)
der Länder,
4.
infolge des erstmaligen Nichtbestehens der Abschlussprüfung,
5.
infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu 14 Jahren
überschritten worden ist.

(3a) Auszubildenden an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, die sich in einem in sich selbständigen Studiengang befinden, wird als Hilfe zum Studienabschluss für höchstens zwölf Monate Ausbildungsförderung auch nach dem Ende der Förderungshöchstdauer oder der Förderungsdauer nach Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 oder 5 geleistet, wenn die Auszubildenden spätestens innerhalb von vier Semestern nach diesem Zeitpunkt zur Abschlussprüfung zugelassen worden sind und die Prüfungsstelle bescheinigt, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können. Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt Satz 1 unter der Voraussetzung, dass die Auszubildenden eine Bestätigung der Ausbildungsstätte darüber vorlegen, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.