Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 09. Nov. 2016 - 1 A 1973/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn.
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Der Kläger, 21-jähriger afghanischer Staatsangehöriger, reiste eigenen Angaben zufolge über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn – weitere durchquerte Länder gab der Kläger nicht an – am 29. Dezember 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 29. Januar 2015 einen Asylantrag. Auf Grundlage einer Eurodac-Treffermeldung mit dem Aufgriffsdatum 6. Dezember 2014 („HU2440029480483“) ersuchte die Beklagte die Republik Ungarn mit Schreiben vom 11. Februar 2015 um Aufnahme des Klägers. Die Republik Ungarn erkannte ihre Zuständigkeit für die Durchführung des klägerischen Asylverfahrens mit Schreiben vom 19. März 2015 unter Verweis auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III Verordnung an. Der Kläger habe in Ungarn am 7. Dezember 2014 einen Asylantrag gestellt, kurze Zeit später sei er verschwunden. Sein Verfahren sei am 2. Februar 2015 eingestellt worden.
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Die Beklagte lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 25. März 2015, dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis zugegangen am 30. März 2015, als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2). Die Republik Ungarn sei aufgrund des dort gestellten Asylantrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die sie veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vor.
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Der Kläger hat am 9. April 2015 Klage erhoben (2 A 1973/15) und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt (2 AE 1974/15). Die Beklagte hat der Republik Ungarn daraufhin mit Schreiben vom 20. April 2015 mitgeteilt, dass eine Überstellung aufgrund eines Rechtsmittels mit aufschiebender Wirkung nicht möglich sei. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 10. April 2015 (2 AE 1974/15) abgelehnt. Daraufhin hat die Beklagte der Republik Ungarn mit Schreiben vom 23. April 2015 mitgeteilt, die aufschiebende Wirkung sei zum 10. April 2015 entfallen, die neue Überstellungsfrist ende am 10. Oktober 2015.
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Am 15. September 2015 hat der Kläger beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage unter Abänderung des Beschlusses vom 10. April 2015 nach § 80 Abs. 7 VwGO anzuordnen (2 AE 5078/15). Zur Begründung hat er zum Vorliegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn im Wesentlichen ausgeführt, inzwischen bejahten die Verwaltungsgerichte diese vor allem aufgrund der Inhaftierungspraxis in Ungarn zunehmend. Dublin-Rückkehrer würden flächendeckend inhaftiert, Gründe hierfür würden in den zugrunde liegenden Anordnungen nicht genannt. Eine Einzelfallprüfung finde nicht statt. Über Alternativen zur Asylhaft (Stellung einer Kaution, Residenzpflicht, Meldepflichten) werde ebenso wenig wie über Rechtsbehelfe informiert. Die entgegen der Aufnahmerichtlinie ausschließlich in ungarischer Sprache verfassten Haftanordnungen würden erstmals nach 72 Stunden von Gerichten geprüft. Es folgten Haftprüftermine im 60-Tage-Rhythmus. Die Termine setzten die Gerichte im Halbstundentakt an, wobei jeweils bis zu 15 Inhaftierte vorgeführt würden. Stünden für den einzelnen Asylbewerber im Durchschnitt kaum mehr als drei Minuten zur Verfügung, könne von einer individuellen Prüfung in der Sache nicht die Rede sein. Durch die am 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderungen des ungarischen Asylrechts seien die Inhaftierungsvorschriften noch weiter verschärft worden. Asylanträge von Flüchtlingen, die über Serbien eingereist seien, wolle Ungarn zudem künftig als unzulässig ablehnen. Damit werde einem Großteil der Flüchtlinge in Ungarn der Zugang zu einer materiellen Prüfung ihres Asylbegehrens versperrt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Antrag vom 15. September 2015 Bezug genommen.
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Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 25. März 2015 mit Beschluss vom 16. September 2015 (2 AE 5078/15), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, unter Abänderung des Beschlusses vom 10. April 2015 (2 AE 1974/15) angeordnet. Die Beklagte hat der Republik Ungarn daraufhin mit Schreiben vom 22. September 2015 mitgeteilt, dass eine Überstellung aufgrund eines Rechtmittels mit aufschiebender Wirkung vom 16. September 2015 nicht möglich sei.
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Das Verfahren ist am 16. Dezember 2015 von der Kammer 2 auf die Kammer 1 des Verwaltungsgerichts Hamburg übergegangen (neues Az.: 1 A 1973/15).
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 25. März 2015 aufzuheben.
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Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 20. April 2015 (Bl. 14 d. A.) ergibt sich der Antrag,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist die Beklagte auf ihren Bescheid vom 25. März 2015.
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Das Gericht hat das Auswärtige Amt, den UNHCR, den Menschenrechtskommissar des Europarates, Human Rights Watch und Amnesty International um Auskünfte zur Lage von Dublin-Rückkehrern in Ungarn ersucht. Wegen des Ergebnisses der Auskunftsersuchen wird auf die Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes vom 12. November 2015, 3. Dezember 2015, 23. Februar 2016, 3. März 2016 und 1. November 2016, von Amnesty International vom 29. April 2016 sowie des UNHCR vom 17. Juli 2016 und 9. September 2016 Bezug genommen. Die Gerichtsakten der Verfahren 2 AE 1974/15 und 2 AE 5078/15 sowie die Asylakten der Beklagten und die Ausländerakten der Freien und Hansestadt Hamburg sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Entscheidung kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 9. November 2016 ergehen, weil sie am 30. September 2016 (Empfangsbekenntnis Bl. 104 d. A.) ordnungsgemäß mit Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden ist.
II.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid vom 25. März 2015 ist nach der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes in der Fassung vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939; im Folgenden: AsylG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt sowohl für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig (hierzu unter 1.) als auch für die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn (hierzu unter 2.).
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1. Die Rechtsgrundlage für die Ablehnung des klägerischen Asylantrags als unzulässig (Nr. 1 des Bescheides vom 25. März 2015) ergibt sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG.
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Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III Verordnung) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies ist hier der Fall, für die Durchführung des klägerischen Asylverfahrens ist nach Maßgabe der Dublin III Verordnung die Republik Ungarn zuständig. Im Einzelnen:
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a) Die Zuständigkeit Ungarns folgt mangels Vorliegens vorrangig heranzuziehender Zuständigkeitskriterien aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Dublin III Verordnung.
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Nach dieser Bestimmung ist, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 der Dublin III Verordnung genannten Verzeichnissen einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt wird, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Republik Ungarn erfüllt.
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Für den Kläger liegt eine Eurodac-Treffermeldung der Kategorie 2 nach Art. 24 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit dem Aufgriffsdatum 6. Dezember 2014 in Ungarn vor („HU2440029480483“). So werden nach diesen Be-stimmungen Daten einer Person gekennzeichnet, die aus einem Drittstaat kommend beim illegalen Überschreiten der Grenze dieses Mitgliedstaats auf dem Land-, See- oder Luftweg von den zuständigen Kontrollbehörden aufgegriffen wurde.
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Hiermit übereinstimmend hat der Kläger im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 29. Januar 2015 (Bl. 2 ff. der Asylakten) gegenüber der Beklagten angegeben, nicht im Besitz eines Aufenthaltsdokuments/Visums gewesen zu sein und über Serbien in die Republik Ungarn eingereist zu sein. Soweit der Kläger in diesem Gespräch darüber hinaus angegeben hat, vor dem (eintägigen) Aufenthalt in Serbien für 21 Tage in Bulgarien gewesen zu sein, vermag dies eine (vorrangige) Zuständigkeit Bulgariens nach der auch insoweit einzig in Betracht kommenden Regelung in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Dublin III Verordnung nicht zu begründen, weil es hierfür an Beweismitteln oder Indizien im Sinne dieser Vorschrift mangelt; eine Eurodac-Treffermeldung für Bulgarien liegt nicht vor.
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b) Die Beklagte ist nicht dazu verpflichtet, trotz der nach Maßgabe der Dublin III Verordnung begründeten Zuständigkeit Ungarns das Asylverfahren des Klägers im Hinblick auf die dortigen Verhältnisse selbst durchzuführen.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Abweichung von den unionsrechtlichen Regelungen zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats nur in extrem gelagerten Ausnahmefällen geboten. Nur dann, wenn ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GRCh implizieren, dürfte die Überstellung nicht erfolgen (zur Dublin II Verordnung: EuGH, Urt. v. 14.11.2013, C-4/11; Urt. v. 21.12.2011, C-411/10 u. C-493/10, juris, Rn. 86; diese Rechtsprechung hat in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III Verordnung ihren ausdrücklichen Niederschlag gefunden).
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Für das in Deutschland durch den Untersuchungsgrundsatz geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Erforderlich ist deshalb, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, juris, Rn. 9).
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bb) Umstände in diesem Sinne und eine sich hieraus ergebende Verpflichtung der Beklagten, das Asylverfahren des Klägers selbst durchzuführen, liegen nicht vor.
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Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehen zwar Zweifel an der Vereinbarkeit wesentlicher Teile des ungarischen Asylrechts und seiner Anwendung mit dem Völker- und Europarecht (UNHCR, Ungarn als Asylland, Juli 2016, Rn. 79 [Asyldokumentation, Ordner Dublin II/III, Abschnitt Ungarn, G 2/16]). Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass nicht besonders schutzbedürftigen Personen, zu denen der Kläger gehört, im Falle der Rückkehr nach Ungarn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (s. bereits EGMR, Urt. v. 3.7.2014, 71392/12, NLMR 2014, 282 ff.; VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; a. A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 28.10.2016, 14 A 4436/16, n. v.; Gerichtsbescheid v. 13.6.2016, 19 A 3708/15, n. v.; Beschl. v. 8.2.2016, 10 AE 6823/15, n. v.; Beschl. v. 7.9.2015, 10 AE 4683/15, n. v.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.2016, A 11 S 1596/16, juris; Urt. v. 5.7.2016, A 11 S 976/16, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 2.12.2015, 22 K 3263/15.A, juris). Es ist weder zu erwarten, dass der Kläger unter Verstoß gegen das sogenannte Refoulement-Verbot nach Serbien abgeschoben wird (hierzu unter (1)), noch dass ihm in Ungarn durch eine Inhaftierung (hierzu unter (2)) oder die Aufnahmebedingungen im Übrigen (hierzu unter (3)) eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
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(1) Dem Kläger droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Abschiebung von Ungarn nach Serbien, wo er eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erfahren könnte (ebenso in vergleichbaren Fällen VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; a. A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 28.10.2016, 14 A 4436/16, n. v.; Gerichtsbescheid v. 13.6.2016, 19 A 3708/15, n. v.; Beschl. v. 8.2.2016, 10 AE 6823/15, n. v.; vgl. zu systemischen Mängeln im Asylsystem Serbiens VG Hamburg, Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v. m.w.N.; Beschl. v. 8.2.2016, 10 AE 6823/15, n. v.; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 2.12.2015, 22 K 3263/15.A, juris, Rn. 63 ff. m.w.N.).
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(a) Zwar ist nach § 51 Abs. 2 lit. e, Abs. 4 des ungarischen Asylgesetzes (inoffizielle englische Übersetzung [Stand: Juni 2016] abrufbar unter http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain/opendocpdf.pdf?reldoc=y&docid=5773d2594, letzter Abruf am 8. November 2016) ein Asylantrag unzulässig, wenn der Antragsteller über einen sicheren Drittstaat eingereist ist und dort die Möglichkeit gehabt hätte, wirksamen Schutz zu beanspruchen (s. auch Institut für Ostrecht München, Rechtsgutachten über ungarisches Asylrecht vom 2. Oktober 2015, S. 16; im Folgenden: Institut für Ostrecht [Asyldokumentation, a.a.O., G 5/15]). Auch hat Ungarn Serbien, durch das der Kläger nach seinen Angaben vor der Einreise nach Ungarn gereist war, durch die am 22. Juli 2015 in Kraft getretene Regierungsverordnung 191/2015 (VII.21.) Korm. (deutsche Übersetzung: Institut für Ostrecht, S. 5 f.) zu einem sicheren Drittstaat erklärt, so dass im Falle der Annahme der zuständigen ungarischen Asylbehörde, der Kläger hätte in Serbien wirksamen Schutz in Anspruch nehmen können, dessen Abschiebung nach Serbien ohne materielle Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden könnte. Dennoch ist die tatsächliche Abschiebung des Klägers von Ungarn nach Serbien nicht überwiegend wahrscheinlich, weil Serbien seit Ende Oktober/Anfang November 2015 die Rückübernahme von Asylbewerbern regelhaft verweigert (ebenso VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15 n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; a. A. VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 28.10.2016, 14 A 4436/16, n. v.; Gerichtsbescheid v. 13.6.2016, 19 A 3708/15, n. v.; Beschl. v. 8.2.2016, 10 AE 6823/15, n. v.).
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Dies ergibt sich aus den vorliegenden Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes. Danach lehne Serbien seit Ende Oktober/Anfang November 2015 die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn ab, sofern nicht nachgewiesen werden könne, dass die Antragsteller tatsächlich über Serbien nach Ungarn eingereist seien. An einen solchen Nachweis würden hohe Anforderungen gestellt: Erforderlich seien entweder eine Registrierung, die allerdings in Serbien grundsätzlich nicht erfolgt sei, oder sonstige Nachweise, z. B. in Form einer Zugfahrkarte. Bloße Indizien, wie die Registrierung an einem serbisch-ungarischen Grenzübergang, lasse Serbien nicht genügen. In der Regel könne der Nachweis, dass die Einreise über Serbien erfolgt sei, nicht erbracht werden. Nach Angaben der ungarischen Einwanderungsbehörde aus dem Januar 2016 habe es bis dahin keinen einzigen Fall gegeben, in dem Serbien der Rückübernahme zugestimmt hätte (Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 27. Januar 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/4], 19. Januar 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/1] und 12. November 2015 [Asyldokumentation, a.a.O., 2015/3]). Gegenteilige Erkenntnisse liegen dem Auswärtigen Amt weiterhin nicht vor (Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 23. Februar 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/2] und 1. November 2016 [Bl. 111 d. A.]).
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Die angenommene regelhafte Ablehnung der Rückübernahme nach Ungarn eingereister Asylbewerber durch Serbien findet auch in den vom UNHCR in seiner aktuellen Stellungnahme genannten Zahlen eine Stütze. Danach habe Serbien in der ersten Hälfte des Jahres 2016 bei den 3.006 durch Ungarn gestellten Übernahmeersuchen nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Serbien über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (ABl. EU Nr. L 334 v. 19.12.2007, S. 46 ff.; im Folgenden: Rückübernahmeabkommen) nur für 114 Personen die Zustimmung erteilt. Es habe sich um 35 serbische, 27 kosovarische, 22 albanische und 17 türkische Staatsangehörige, sechs Staatsangehörige der ehemaligen Republik Mazedonien und sieben Personen mit sonstiger Staatsangehörigkeit gehandelt (UNHCR, Auskunft vom 9. September 2016 [Bl. 99 f. d. A.]). Syrische und afghanische Staatsangehörige, die einen Großteil der seit Ende des Jahres 2014 über Serbien nach Ungarn eingereisten Asylbewerber ausmachten, sind in dieser Aufzählung nicht genannt (s. auch Hungarian Helsinki Committee, Hungary: Key Asylum Figures as of 1 October 2016, abrufbar unter: „www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-October-2016.pdf“, letzter Abruf am 8. November 2016).
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Der Annahme, Serbien lehne seit Ende Oktober/Anfang November 2015 regelhaft die Rückübernahme nach Ungarn eingereister Asylbewerber ab, widersprechende Erkenntnisse liegen nicht vor. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem Bericht des Kommissars für Menschenrechte des Europarates vom 17. Dezember 2015. Darin heißt es zwar, für Dublin-Rückkehrer bestehe ein sehr hohes Risiko, ohne inhaltliche Prüfung ihres Asylbegehrens nach Serbien abgeschoben zu werden (Kommissar für Menschenrechte, Third Party Intervention by the Council of Europe Commissioner for Human Rights, Applications No. 44825/15 and No. 44944/15, Rn. 44 [Asyldokumentation, a.a.O., G 7/15]). Bei einem mehrtägigen Besuch in Ungarn Ende November 2015 sei er informiert worden, dass die neue Sichere-Drittstaaten-Regelung in Bezug auf Serbien sowohl im beschleunigten Verfahren als auch im Grenzverfahren bereits Anwendung gefunden habe und Personen auf dieser Grundlage nach Serbien zurückgeführt worden seien. Wie hoch die Zahl der tatsächlich durchgeführten Abschiebungen war und ob auch Dublin-Rückkehrer von den Abschiebungen betroffen waren, geht aus dem Bericht jedoch nicht hervor. Er geht weder auf die vom Auswärtigen Amt berichtete Änderung der serbischen Rückübernahmepraxis Ende Oktober/Anfang November 2015 ein noch differenziert er zwischen der Situation davor und danach. Zur Bitte des erkennenden Gerichts vom 18. Februar 2016, von der Einschätzung des Auswärtigen Amtes abweichende Erkenntnisse zur Abschiebung von Dublin-Rückkehren von Ungarn nach Serbien ab Ende Oktober/Anfang November 2015 mitzuteilen, ist keine Stellungnahme des Kommissars für Menschenrechte eingegangen.
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Soweit Human Rights Watch von einzelnen Abschiebungen von Ungarn nach Serbien berichtet (Human Rights Watch, Hungary: Locked Up for Seeking Asylum; im Folgenden: Human Rights Watch [Asyldokumentation, a.a.O., G 9/15]), basiert dieser Bericht auf einem Besuch in Ungarn im Oktober 2015, also vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Änderung der serbischen Rückübernahmepraxis Ende Oktober/Anfang November 2015, so dass er nur eingeschränkt zur Beurteilung der derzeitigen Lage herangezogen werden kann. Zudem hat Human Rights Watch bereits zu diesem früheren Zeitpunkt festgestellt, dass die Rückführungen in den meisten Fällen von Serbien abgelehnt würden. Ihre Zahl sei seit der Schließung der Grenze am 15. September 2015 von täglich 60 auf sieben bis zehn pro Woche zurückgegangen. Ob Dublin-Rückkehrer überhaupt von solchen Abschiebungen betroffen sind, geht aus dem Bericht nicht hervor. Die Anfrage des erkennenden Gerichts vom 18. Februar 2016, ob Erkenntnisse zur Abschiebung von Dublin-Rückkehren von Ungarn nach Serbien ab Ende Oktober/Anfang November 2015 vorliegen, hat auch Human Rights Watch nicht beantwortet. Amnesty International liegen hierzu ebenfalls keine Erkenntnisse vor (Amnesty International, Auskunft vom 29. April 2016 [Bl. 73 d. A.]).
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Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Serbien zukünftig entgegen der seit Ende Oktober/Anfang November 2015 bestehenden Praxis auf der Grundlage des Rückübernahmeabkommens der Rückübernahme von nach Ungarn eingereisten Asylbewerbern im Allgemeinen und Dublin-Rückkehren im Besonderen, bei denen die Einhaltung der Frist gemäß Art. 10 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens im Falle des Aufgreifens und der Übermittlung der Eurodac-Daten im Sinne von Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 an das Zentralsystem wie im Falle des Klägers überdies sehr fraglich ist, zustimmen wird.
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(b) Abgesehen davon, dass auch in Ungarn gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig aufgrund der Einreise über einen sicheren Drittstaat um Rechtsschutz nachgesucht werden kann und z. B. Gerichte in Debrecen, Szeged, Györ und Budapest seit Januar 2016 solche Unzulässigkeitsentscheidungen aufgehoben haben (s. hierzu UNHCR, Auskunft vom 9. September 2016 [Bl. 99 f. d. A.]); UNHCR, Ungarn als Asylland, Juli 2016, Rn. 42 [Asyldokumentation, a.a.O., G 2/16]), führen die ungarischen Behörden nach der Weigerung Serbiens zur Rückübernahme eines nach Ungarn eingereisten Asylbewerbers nach Auskünften des Auswärtigen Amtes in der Praxis eine materielle Prüfung des Asylantrags durch (Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 19. Januar 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/1], 27. Januar 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/4], 3. März 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., 2016/3] und 1. November 2016 [Bl. 111 d. A.]; s. auch UNHCR, Ungarn als Asylland, Juli 2016, Rn. 39 und Fn. 89 [Asyldokumentation, a.a.O., G 2/16]).
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(2) Sofern der Kläger nach der Rückkehr nach Ungarn in Asylhaft genommen werden sollte, droht ihm auch insoweit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (ebenso in vergleichbaren Fällen VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; a. A. VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.2016, A 11 S 1596/16, juris, Rn. 34 ff.; Urt. v. 5.7.2016, A 11 S 976/16, juris, Rn. 34 ff.).
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Die Vorschriften des ungarischen Asylgesetzes über die Asylhaft sind grundsätzlich mit den Vorgaben der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. EU Nr. L 180 v. 29.6.2013, 96 ff.) vereinbar (VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; VG Bayreuth, Beschl. v. 18.11.2015, B 3 S 15.50292, juris, Rn. 24; VG Dresden, Beschl. v. 9.9.2015, 2 L 719/15.A, juris, Rn. 30). Auch die praktische Anwendung dieser Vorschriften lässt keine systemischen Mängel erkennen. Insbesondere erscheint es nicht willkürlich, wenn die ungarischen Behörden davon ausgehen, dass Dublin-Rückkehrer sich durch eine erneute Ausreise dem ungarischen Asylverfahren entziehen werden und deshalb wegen Fluchtgefahr eine Inhaftierung gemäß § 31/A Abs. 1 lit. c) des ungarischen Asylgesetzes zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens für notwendig halten (VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.; Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; Beschl. v. 3.3.2015, 8 AE 5515/14, n. v.; VG Bayreuth, Beschl. v. 18.11.2015, B 3 S 15.50292, juris, Rn. 24; VG Ansbach, Beschl. v. 20.10.2015, AN 3 S 15.50398, juris, Rn. 34).
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Die vorliegenden Berichte über die Haftbedingungen (u. a. UNHCR, Auskunft vom 30. September 2014 [Asyldokumentation, a.a.O., G 6/14]; Kommissar für Menschenrechte, Rn. 16 ff.; aida, Country Report: Hungary, November 2015, im Folgenden: aida [Asyldokumentation, a.a.O., G 6/15]; Pro Asyl, Auskunft vom 31. Oktober 2014 [Asyldokumentation, a.a.O., G 8/14]) weisen zwar auf niedrige Standards und einzelne problematische Umstände hin. Sie lassen aber nicht erkennen, dass während der Inhaftierung regelhaft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht; insoweit wird Bezug genommen auf die ausführliche Begründung der Kammer 7 des Verwaltungsgerichts Hamburg im Beschluss vom 19. Januar 2016, 7 AE 4881/15:
- 39
„Noch vertretbar erscheint es vor diesem Hintergrund auch, dass – ausgehend von der Annahme einer fortbestehenden Fluchtgefahr – Haftprüfungen im Halbstundentakt und regelmäßig für Gruppen von fünf bis 15 Personen gleichzeitig stattfinden (UNHCR, S. 7; aida, S. 68). Wenngleich eine einzelfallbezogene Überprüfung der Haftanordnung im Rahmen dieser gedrängten Prüfungstermine nur sehr erschwert möglich sein dürfte, enthalten die bislang vorliegenden Berichte keine belastbaren Anhaltspunkte für eine willkürliche Praxis (hierzu eingehend VG Hamburg, Beschl. v. 3.3.2015, 8 AE 5515/14).
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Es ist auch nicht ersichtlich, dass inhaftierte Asylsuchende über einen längeren Zeitraum über ihre Zukunft und die Dauer ihrer Inhaftierung im Ungewissen gelassen werden oder ihnen jede Aussicht auf eine Entlassung genommen wird. Dagegen sprechen die maximale Haftdauer von sechs Monaten nach § 31/A Abs. 7 des ungarischen Asylgesetzes (aida, S. 63; Pro Asyl, S. 2), für deren Überschreitung keine Anhaltspunkte bestehen, und die gesetzlich in regelmäßigen Abständen vorgesehenen Haftprüfungen.
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Auch die konkreten Bedingungen, denen der Antragsteller in einer etwaigen Haft ausgesetzt wäre, lassen keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erwarten. Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzuges den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwerfen, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigen, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (EGMR, Urt. v. 21.1.2011, Nr. 30696/09, Rn. 221 – M.S.S../.Belgien und Griechenland). Einen Verstoß dagegen nimmt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für die Überstellung nach Ungarn, wie bereits ausgeführt, nicht an (s.o.; EGMR, Urt. v. 3.7.2014, Nr. 71932/12, Rn. 60 ff. – Mohammadi./. Österreich). Ausgehend vom Gewährleistungsgehalt der Menschenwürde (vgl. Höfling, in Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 1 Rn. 19 ff.) wären die Bedingungen der Haft dann menschenunwürdig, wenn die körperliche Integrität, menschengerechte Lebensgrundlagen, elementare Rechtsgleichheit, personale Identität und Integrität bedroht wären. Hiervon dürfte in Ungarn nicht auszugehen sein. Im Einzelnen:
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Zwar existieren in einzelnen Haftanstalten hygienisch problematische Bedingungen und fehlt es dort an einer ausreichenden Ausstattung mit Waschräumen und Duschen; auch wird der Nährwert der Mahlzeiten nicht überwacht (UNHCR S. 3; aida, S. 65; Pro Asyl, S. 5). Die Mindeststandards dürften aber erfüllt sein. Die Inhaftierten können sich tagsüber frei bewegen (Pro Asyl, S. 4) und erhalten regelmäßig etwas zu essen. Es gibt keine Überbelegungen (Pro Asyl, S. 4) und jedenfalls eine ärztliche Grundversorgung ist sichergestellt, wobei Sanitäter bzw. Krankenschwestern permanent anwesend sind und Allgemeinmediziner die Einrichtungen zeitweise besuchen (UNHCR, S. 3; aida, S. 65; Pro Asyl, S. 4). Überdies kann in schwerwiegenden Fällen eine Zuweisung zu den Allgemein- oder Spezialeinrichtungen des Gesundheitssystems erfolgen, sofern dies medizinisch angezeigt ist (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 19.11.2014, S. 4, Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn 2014/1). In einigen Aufnahmeeinrichtungen wird zudem – wenn auch nur für wenige Stunden in der Woche (ecre, S. 25; Pro Asyl, S. 5) – psychologische Betreuung durch Spezialisten und Psychologen gewährt. Soweit in einzelnen Berichten eine expansive Ausgabe sedierender Medikamente an inhaftierte Asylbewerber thematisiert wird (Pro Asyl, S. 5 unter Hinweis auf eine Berichterstattung im „Spiegel“), ist nicht hinreichend zu erkennen, dass es sich hierbei um ein systemisches Vorgehen handelt. Darüber hinaus ist ein gewisses Mindestmaß an Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung gegeben, insbesondere verfügen die Hafteinrichtungen über Computerräume mit Internetzugang und über Fitnessräume, der Außenbereich der Einrichtung in Békéscsaba erlaubt zudem sportliche Aktivitäten im Freien (aida, S. 64, 66; Pro Asyl, S. 5).
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Sofern es im Rahmen von Außenterminen inhaftierter Asylbewerber bei Behörden, Gerichten oder Ärzten zum Einsatz von Handfesseln und Leinen kommt (UNHCR, S. 3; aida, S. 65; Pro Asyl, S. 5), kann darin im Einzelfall ein Mangel der Haftbedingungen nur gesehen werden, wenn es sich nicht um eine notwendige Sicherheitsvorkehrung handelt. Eine gegen Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung kommt in dem maßgeblichen Bezugssystem darin jedoch nicht zum Ausdruck. Die inhaftierten Asylbewerber werden durch diese Behandlung deshalb nicht herabgewürdigt oder stigmatisiert, weil die Behandlung der ungarischen Rechtspraxis nicht fremd ist und etwa auch auf Angeklagte angewandt wird (UNHCR, S. 4), die gemäß Art. 48 Abs. 1 GR-Charta und Art. 6 Abs. 2 EMRK bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gelten.“
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(3) Auch im Übrigen lassen die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Klägers nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten (ebenso in vergleichbaren Fällen VG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2016, 1 AE 300/16, n. v.;Beschl. v. 19.1.2016, 7 AE 4881/15, n. v.; Beschl. v. 1.2.2016, 8 AE 6290/15, n. v.; Beschl. v. 8.2.2016, 10 AE 6823/15, n. v.).
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Nach den vorliegenden Berichten ist insbesondere nicht festzustellen, dass die Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden systematisch nicht eingehalten werden und die elementaren Grundbedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in zumutbarer Weise befriedigt werden können. Die Engpässe in den Auffanglagern im Sommer/Herbst 2015 waren nur vorübergehend, die Lager sind nicht mehr voll belegt. Zum 1. Oktober 2016 waren nur 576 Asylbewerber in den Einrichtungen der zuständigen ungarischen Behörde untergebracht (Hungarian Helsinki Committee, Hungary: Key Asylum Figures as of 1 October 2016, abrufbar unter: „www.helsinki. hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-October-2016.pdf“, letzter Abruf am 8. November 2016).
- 46
2. Die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn (Nr. 2 des Bescheides vom 25. März 2015) findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG.
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Soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt nach § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der angeordneten Abschiebung nach Ungarn vor.
- 48
a) Die Republik Ungarn ist für die Durchführung des klägerischen Asylverfahrens zuständig, auf die obigen Ausführungen unter II. 1. wird insoweit verwiesen.
- 49
b) Es steht zudem fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Abschiebung rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2010, 4 Bs 223/10, juris, Rn. 10). So liegt es hier.
- 50
aa) Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass der Abschiebung ein innerstaatliches Abschiebungshindernis (zu dem auch innerstaatliche Abschiebungshindernisse einschließenden Prüfungsprogramm s. nur OVG Hamburg, a.a.O.) entgegensteht. Insoweit fehlt es an jeglichem Vortrag des Klägers.
- 51
bb) Auch ist nicht anzunehmen, dass die Abschiebung des Klägers nach Ungarn aufgrund unzureichender Kooperation der ungarischen Behörden tatsächlich unmöglich ist.
- 52
Die ungarische Regierung hat die für das Dublin-Verfahren zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten am 27. April 2016 zwar darüber informiert, dass Ungarn keinen weiteren Übernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung zustimmen werde (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 1. November 2016 [Bl. 111 d. A.]; UNHCR, Stellungnahme vom 9. September 2016 [Bl. 99 f. d. A.]). Die Republik Ungarn hat ihre Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers jedoch ausdrücklich mit Schreiben vom 19. März 2015 unter Verweis auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III Verordnung anerkannt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die ungarischen Behörden sich einer Überstellung des Klägers gleichwohl entgegenstellen würden. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes finden weiterhin Überstellungen statt und akzeptiert Ungarn diese (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 1. November 2016 [Bl. 111 d. A.]).
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Die tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung des Klägers ergibt sich auch nicht aus der Anzahl der tatsächlich von Deutschland nach Ungarn im Rahmen des Dublin-Verfahrens erfolgenden Überstellungen. Derartige Abschiebungen finden – wenn auch in relativ geringem Umfang – statt, im Jahr 2015 waren es 192 (Liaisonmitarbeiter des Bundesamtes beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft, Auskunft vom 15. August 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., G 3/16]), im Zeitraum von Januar 2016 bis August 2016 waren es 226 (Hungarian Helsinki Committee, Hungary: Key Asylum Figures as of 1 October 2016, abrufbar unter: „www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-figures-1-October-2016.pdf“, letzter Abruf am 8. November 2016). Aus dem Umstand, dass die Beklagte Abschiebungen nach Ungarn in erheblich höherer Anzahl angeordnet hat, folgt die Unmöglichkeit der Abschiebung des Klägers nicht, da der unterbliebene Vollzug einer Abschiebungsanordnung vielfältige Gründe haben kann und nicht allein auf eine unzureichende Kooperation der ungarischen Behörden zurückzuführen sein muss (s. auch Liaisonmitarbeiter des Bundesamtes beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft, Auskunft vom 15. August 2016 [Asyldokumentation, a.a.O., G 3/16]). Im Falle des Klägers hatte die Ausländerbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg die Überstellung des Klägers bereits eingeleitet und einen Flug für den 17. September 2015 gebucht. Dieser wurde nur aufgrund der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 16. September 2015 (2 AE 5078/15) erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage wieder storniert (Bl. 90 der Ausländerakten).
III.
- 54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.