Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 780/14 HGW

bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um einen Ausbaubeitrag.

2

Die Stadt Eggesin baute die Ortsdurchfahrt der Ueckermünder Straße (Landesstraße 28) in den Teileinrichtungen Gehweg und Beleuchtung aus. Im südlichen Bereich wird die ausgebaute Anlage durch ein förmlich festgesetztes Sanierungsgebiet begrenzt, im nördlichen Bereich durch das Ende der festgesetzten Ortsdurchfahrt. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1 mit einer Fläche von 5.979 Quadratmetern. Mit Bescheid vom 14. November 2013 setzte der Beklagte gegen den Kläger einen Ausbaubeitrag in Höhe von 870,10 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2014 zurück.

3

Am 5. September 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, sein Grundstück sei als gefangenes Hinterliegergrundstück nicht bevorteilt. Es verfüge über keine rechtlich gesicherte Zufahrt zur ausgebauten Anlage.

4

Der Kläger beantragt,

5

den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2014 aufzuheben.

6

Der Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Dem Kläger werde die notwendige Zugangsmöglichkeit über das Flurstück G2 vermittelt, für das ein Notwegerecht bestehe. Zudem habe der Grundstückseigentümer die Hinterliegersituation selbst herbeigeführt, indem er in den 1990-er Jahren das vormalige Flurstück G3 geteilt und das an die Straße anliegende Flurstück G2 veräußert habe, ohne sich eine Zuwegung zu sichern.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

11

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V dürfen Kommunalabgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die hier im Streit stehende Beitragserhebung findet in der Satzung der Stadt Eggesin über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 21. Dezember 2006 (nachfolgend: Straßenbaubeitragssatzung) eine genügende Rechtsgrundlage. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nach jetziger Erkenntnis nicht. Entsprechende Rügen werden vom Kläger auch nicht erhoben.

12

Auch die Rechtsanwendung im Einzelfall begegnet keinen Bedenken. Beitragsfähige Anlage bei einer durchlaufenden klassifizierten Straße wie hier sind nur die innerhalb der gemäß § 5 Abs. 2 StrWG M-V festgesetzten Ortsdurchfahrt gelegene Teileinrichtungen, die in der Straßenbaulast der Gemeinde liegen (VG Greifswald, Urt. v. 13.02.2012 – 3 A 1017/10 –, juris Rn. 27). Das sind im vorliegenden Fall der Gehweg und die Straßenbeleuchtung, die der Beklagte ausgebaut und abgerechnet hat. Eine Abschnittsbildung war zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auch im südlichen Bereich der Anlage nicht erforderlich, da die Grenzen des Sanierungsgebietes kraft Gesetzes einen Zwangsabschnitt entstehen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 12.12.2013 – 3 A 552/11 –, juris Rn. 20, m.w.N.).

13

Das Grundstück des Klägers ist auch zu Recht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden. Es weist die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf. Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist klargestellt, dass eine Beitragserhebung nur gerechtfertigt ist, wenn die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage vom betreffenden Grundstück aus rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Der durch den Straßenbaubeitrag abgegoltene Vorteil liegt in der dem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelten verbesserten Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (OVG Greifswald, Beschl. v. 16.12.2014 – 1 L 274/11 –, juris Rn. 12). Dabei kann auch sogenannten gefangenen Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die ausschließlich über die jeweils in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagerten Anliegergrundstücke eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Sie besteht in aller Regel dann, wenn von einem solchen Hinterliegergrundstück über ein Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht (OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 220/13 –, juris Rn. 33). Daher ist es erforderlich, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht rechtlich gesichert ist. Diese Sicherung kann regelmäßig durch eine Grunddienstbarkeit oder die Eintragung einer Baulast erfolgen. Die erforderliche Sicherung der Zugangsmöglichkeit kann aber auch durch ein Notwegerecht vermittelt werden (VG Greifswald, Urt. v. 26.07.2012 – 3 A 229/09 –, juris Rn. 23).

14

Ein solches Notwegerecht besteht hier gemäß § 918 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden, wenn infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Weg abgeschnitten wird. Das ist vorliegend der Fall. Durch die Teilung des vormaligen Flurstückes G3 und die Veräußerung des Flurstücks G2 hat das in Anspruch genommene und beim Veräußerer verbliebene Grundstück seine Verbindung zur Ueckermünder Straße durch eine willkürliche Handlung (§ 917 BGB) des vormaligen Eigentümers verloren. Der Umstand, dass das klägerische Grundstück tatsächlich über die Flurstücke G4, G5, G6 und G7 erreicht werden kann, führt zu keiner anderen rechtlichen Betrachtung. Das kraft Gesetzes entstehende Notwegerecht will sicherstellen, dass ein Grundstück, bei dem bisher über das nunmehr veräußerte Grundstück eine Verbindung mit dem öffentlichen Weg tatsächlich und rechtlich möglich war, nicht verbindungslos wird und eine ordnungsgemäße Benutzung nicht mehr möglich wäre. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Notwegerecht kraft Gesetzes dann nicht entsteht, wenn trotz des Eigentümerwechsels beim Anliegergrundstück das Hinterliegergrundstück dennoch weiterhin über eine (rechtlich dinglich gesicherte) Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt (vgl. VGH München, Beschl. v. 28.08.2008 – 4 ZB 08.1071 –, juris Rn. 10). Fehlt es – wie hier – an dieser dauerhaften rechtlichen Sicherung, kann die Veräußerung den Erwerber nicht zu Lasten anderer Grundstücksnachbarn von dessen Duldungspflicht gemäß § 918 Abs. 2 BGB freistellen (BGH, Urt. v. 23.01.1970 – V ZR 2/67 –, juris Rn. 33). Dies rechtfertigt die Heranziehung des klägerischen Grundstücks zum Ausbaubeitrag.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 780/14 HGW

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 780/14 HGW zitiert 9 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 917 Notweg


(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 918 Ausschluss des Notwegrechts


(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. (2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils

Referenzen - Urteile

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 26. Juli 2012 - 3 A 229/09

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Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollst

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 13. Feb. 2012 - 3 A 1017/10

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Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollst

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G1 in einer Größe von 4.538 m². Das Grundstück grenzt südlich an die Ortsdurchfahrt der B 104. Westlich schließen sich noch zwei bebaute Grundstücke - die Flurstücke G2 und G3 - an das klägerische Grundstück an. Mit Bescheid vom 22.06.1995 setzte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern, den Beginn der Ortsdurchfahrt auf km 9.749, Flurstück G4 (Grundstücksgrenze) und das Ende der Ortsdurchfahrt auf km 12.003, Flurstück G5 (Grundstücksgrenze) fest. Der so genannte OD-Stein am Ende der Ortsdurchfahrt befindet sich auf Höhe der westlichen Grenze des Grundstücks G3.

3

Etwa 300 m östlich des klägerischen Grundstücks mündet die L 285 in die B 104. Am 04.04.2006 schlossen die Gemeinde A-Stadt und die Bundesrepublik Deutschland (Straßenbauverwaltung) eine Vereinbarung zum Ausbau der Ortsdurchfahrt A-Stadt im Zuge der B 104 und der L 285.

4

Vor der Durchführung der vorliegend abgerechneten Baumaßnahme wies Ortsdurchfahrt der B 104 im Bereich westlich der Einmündung der L 285 einen beiderseitigen Gehweg und eine Straßenbeleuchtung auf. Der südliche Gehweg war unbefestigt, der nördliche Gehweg war teilweise vor den Grundstücken in einer Breite von 90 cm mit Betonplatten befestigt.

5

Im Rahmen der Baumaßnahme wurden u.a. der südliche Gehweg befestigt und die Straßenbeleuchtung in diesem Bereich erneuert. Das Ausbauende liegt auf Höhe des klägerischen Grundstücks. Eine Abschnittsbildung ist ebenso wenig erfolgt, wie eine Kostenspaltung.

6

Mit Bescheid vom 25.06.2010 zog der Beklagte die Klägerin für die Maßnahme „Ausbau des Gehweges/Straßenbeleuchtung Knoten B 104/L 285“ zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 560,39 EUR heran. Der Beitrag wurde unter Berücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung ermittelt, die Straße als Hauptverkehrsstraße eingestuft. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2010 zurück.

7

Am 23.09.2010 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Bei der Beitragsermittlung sei die gesamte Grundstücksbreite berücksichtigt worden, obwohl der Gehweg bereits an der Grundstückeinfahrt ende. Die Klägerin habe den Gehweg auf eigene Kosten über die gesamte Grundstücksbreite anlegen lassen.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 25.06.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 aufzuheben.

10

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Mit Beschluss vom 13.02.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

14

Der Rechtsstreit kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 06.10.2010 bzw. 10.11.2010 ihr Einverständnis erklärt haben, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II.

15

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in Ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

1. Ihm fehlt die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage. Nach dieser Bestimmung dürfen Abgaben - zu denen auch Straßenbaubeiträge gehören - nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) vom 30.01.2001 scheidet als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung aus, denn die in § 3 Abs. 2 mittlere und rechte Spalte SABS normierte Vorteilsregelung ist fehlerhaft. Die Bestimmung eines gleichhohen Anliegeranteils von jeweils 25 v.H. für alle Teileinrichtungen von Hauptverkehrsstraßen ist ebenso vorteilswidrig wie der einheitliche Ansatz von 50 v.H. für alle Teileinrichtungen von Innerortsstraßen. Das Vorteilsprinzip gebietet nicht nur eine hinreichende Differenzierung nach der Verkehrsbedeutung einer Straße, sondern - jedenfalls bei Innerorts- und Hauptverkehrsstraßen - auch nach Teileinrichtungen. Auch insoweit muss der unterschiedlichen Inanspruchnahme durch die Allgemeinheit und die Anlieger Rechnung getragen werden. Hieran fehlt es. Die dem Ansatz gleicher Anliegerteile zu Grunde liegende Annahme, dass beispielsweise der Fußgängerverkehr in Hauptverkehrsstraßen in gleichem Maße von Anliegern ausgeht, wie der Kraftverkehr ist offensichtlich unzutreffend. Fußgängerverkehr findet überwiegend im Nahbereich statt. Daher ist auch der Fußgängerverkehr auf Hauptverkehrsstraßen zu einem erheblichen Anteil Anliegerverkehr. Der Kraftverkehr auf Hauptverkehrsstraßen ist dagegen vorwiegend überörtlicher Verkehr. Daraus folgt, dass der Anliegeranteil für einen Gehweg höher sein muss, als für die Fahrbahn. Dieser Fehler führt zur Nichtigkeit der Satzung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 25.07.2001 – 3 A 1146/00, S. 7 des Entscheidungsumdrucks; VG Dessau, Urt. v. 07.09.2000 – 2 A 756/99.DE – VwRR MO 2001, 60 <61>).

17

Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass auch ein – wie hier – gleichhoher Anteil für Radwege, kombinierte Rad- und Gehwege und Gehwege an Hauptverkehrsstraßen fehlerhaft ist und zur Nichtigkeit der Satzung führt (VG Greifswald, Beschl. v. 16.05.2007 – 3 B 51/07).

18

Den vorstehenden Ausführungen kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Anliegeranteil von 25 v.H. für Gehwege (und die Straßenbeleuchtung) an Hauptverkehrsstraßen zutreffend bestimmt ist und lediglich die Bestimmung der Anliegeranteile für die übrigen, vorliegend nicht relevanten Teileinrichtungen fehlerhaft sind. Zwar gilt im Straßenausbaubeitragsrecht der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, wonach es für die Wirksamkeit des Verteilungsmaßstabes im jeweiligen Abrechnungsgebiet ankommt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03). Die Annahme einer Teilnichtigkeit der Satzung nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit scheidet vorliegend jedoch aus, da der einheitliche Anliegeranteil von 25 v.H. ersichtlich auf einer (fehlerhaften) Gesamtabwägung der Gemeindevertretung von A-Stadt beruht. Der Abwägungsfehler erfasst daher auch die Bestimmung des Anliegeranteils für Gehwege (und die Straßenbeleuchtung).

19

2. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt und von der Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung ausgeht. Denn in diesem Fall ist die sachliche Beitragspflicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entstanden.

20

Nach § 8 Abs. 5 Kommunalabgabengesetz entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung, im Fall des § 7 Abs. 3 (Kostenspaltung) mit der Beendigung der Teilmaßnahme. Hierzu bestimmt § 6 Satz 1 der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) vom 30.01.2001, dass der Beitrag für die in § 3 Abs. 2 genannten Teileinrichtungen selbstständig erhoben werden kann (Kostenspaltung). Der Gehweg entlang der B 104 ist ein beiderseitiger Gehweg. Die Fertigstellung des südlichen Gehweges samt seiner Abrechenbarkeit führt daher noch nicht zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Baumaßnahmen an einzelnen Teileinrichtungen oder – wie hier – an Teilen einzelner Teileinrichtungen führen ohne Kostenspaltung auch dann noch nicht zum Entstehen der Beitragspflicht, wenn die Baumaßnahmen für andere Teileinrichtungen der Anlage oder andere Teile der ausgebauten Teileinrichtung zeitlich weit auseinander liegen oder - wie hier - derzeit nicht beabsichtigt sind. Dies ist die Konsequenz aus dem Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts. Die Gemeinde hat es nicht in der Hand, über ein auf einzelne Teileinrichtungen oder Teile einzelner Teileinrichtungen beschränktes Bauprogramm die gesetzlichen Regelungen über die Entstehung der Beitragspflicht zu verdrängen. Diese verlangen ausdrücklich die endgültige Herstellung der Einrichtung insgesamt, d.h. mit allen vorhandenen Teileinrichtungen. Das Gericht folgt daher nicht der Rechtsauffassung, dass eine Kostenspaltung für die Entstehung der Beitragspflicht entbehrlich sei, wenn das Bauprogramm von vornherein auf bestimmte Teileinrichtungen beschränkt wird (vgl. die Nachweise bei Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 8 Anm. 1.1.3.3). Nach § 7 Abs. 3 KAG M-V gilt etwas anderes nur dann, wenn die Gemeinde die gesonderte Abrechnung einzelner Teileinrichtungen beschließt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 18.10.2001, 1 M 52/01, NVwZ-RR 2002, 304). Die somit für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erforderliche Kostenspaltung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

21

3. Für den Fall einer erneuten Heranziehung der Klägerin – nach Heilung des dargestellten Satzungsfehlers und Durchführung einer Kostenspaltung – sei auf Folgendes hingewiesen:

22

Der Beklagte hat den Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts gründlich missverstanden. Beitragsfähige Anlage ist im Straßenausbaubeitragsrecht, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt. Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem Erscheinungsbild der Straße, wie es sich in seinem Gesamteindruck, geprägt durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa in Gestalt von Straßenführung, Straßenlänge und Straßenausstattung, einem objektiven bzw. unbefangenen Beobachter vermittelt.

23

Dies schließt es zunächst aus, eine durchgehende Straße – wie die B 104 – und eine darin einmündende Straße – wie die L 285 – als einheitliche Anlage einzustufen. Die Auffassung des Beklagten, die beitragsfähige Anlage sei nach Lage und Verlauf einer einzelnen Teileinrichtung – des straßenbegleitenden Gehweges – zu bestimmen, ist ersichtlich unzutreffend. Soweit der Beklagte weiter darauf verweist, die Klägerin werde durch die Zusammenfassung besser gestellt, als bei einer getrennten Abrechnung, ist darauf hinzuweisen, dass dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht fest steht, da offen ist, wie das Abrechnungsgebiet gebildet werden muss (dazu sogleich).

24

In Ansehung der B 104 bedarf der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise einer Einschränkung. Er gilt nicht ausnahmslos, vielmehr bedarf das Ergebnis der natürlichen Betrachtungsweise unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einer Korrektur, Einschränkung bzw. entsprechenden Anpassung (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.02.2009 - 1 M 117/08 – juris Rn. 18).

25

Ein solcher Fall liegt hier vor. Einer Einschränkung des Anlagenbegriffs bedarf es bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen für so genannte klassifizierte Straßen, also solchen Verkehrsanlagen, die sich nicht in der Straßenbaulast der Gemeinde, sondern in der des Landkreises, des Landes oder – wie hier - des Bundes befinden. Trotz der Klassifizierung der Anlage befinden sich die Teileinrichtungen Gehwege, Parkplätze und Straßenbeleuchtung regelmäßig in der Straßenbaulast der Gemeinde. Eine einschränkungslose Anwendung des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs hätte zur Folge, dass eine Gemeinde beispielsweise den Gehweg an einer „durchlaufenden“ klassifizierten Straße ebenfalls durchlaufend, d.h. unter Umständen von Gemeindegrenze zu Gemeindegrenze anlegen oder ausbauen müsste, um die sachliche Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht wäre damit - überspitzt formuliert - nur um den Preis eines Verstoßes gegen den Grundsatz der anlagenbezogenen Erforderlichkeit möglich, weil für die Anlegung eines Gehweges außerhalb des Bereichs, in dem der klassifizierten Straße eine Anbaufunktion zukommt, in der Regel kein Bedürfnis besteht.

26

Bei klassifizierten Straßen wird der Anlagenbegriff i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise durch die Regelungen über die Straßenbaulast eingeschränkt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 erste Var. Bundesfernstraßengesetz (FStrG) Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen. Zwar bestimmt § 5 Abs. 3 FStrG, dass in den Ortsdurchfahrten (...) die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze ist. Die Regelung ist jedoch auf die innerhalb der Ortsdurchfahrt verlaufenden Teilstrecken der Bundesfernstraßen beschränkt. Sie führt für die außerhalb der Ortsdurchfahrt gelegenen Teilstrecken nicht zu einem Wechsel der Straßenbaulast. Da die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG den Grundsatz und die in § 5 Abs. 3 FStrG die Ausnahme bildet, verbleibt es, wenn die Ausnahme nicht einschlägig ist, bei der Grundregel. Danach ist der Bund Träger der Straßenbaulast für einen Gehweg oder Parkplatz, soweit dieser außerhalb der Ortsdurchfahrt verläuft. Entsprechendes gilt für die Straßenbeleuchtung: Auch hier ist die Gemeinde nur für die Beleuchtung innerhalb der Ortsdurchfahrt einer klassifizierten Straße zuständig (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 33 Rn. 16).

27

Beitragsfähige Anlage bei einer „durchlaufenden“ klassifizierten Straße sind daher (nur) die innerhalb der – gemäß § 5 Abs. 4 Satz 4 FStrG bzw. § 5 Abs. 2 Straßen- und Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommern (StrWG M-V) – festgesetzten Ortsdurchfahrt gelegene Teileinrichtungen, die in der Straßenbaulast der Gemeinde liegen (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 12.06.2008 - 3 A 1153/06 - n.v; Urt. v. 06.02.2012 – 23 A 266/09 – juris). Die Festsetzung ist ein Verwaltungsakt mit konstitutiver Wirkung, was sich daraus ergibt, dass sie nicht mit der Grenze der geschlossenen Ortslage i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 2 FStrG übereinstimmen muss, sondern abweichend erfolgen kann. Die Festsetzung hat damit auch für die Beitragserhebung Tatbestandswirkung (für das Erschließungsbeitragsrecht vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2000 - 11 C 11/99 - NVwZ-RR 2000, 530; Sauthoff, Straßen- und Wegegesetz M-V, Stand 12/06, § 5 Rn. 22). Damit entsteht für die innerhalb der Ortsdurchfahrt gelegenen in der gemeindlichen Straßenbaulast befindlichen Teileinrichtungen die sachliche Beitragspflicht grundsätzlich erst, wenn diese insgesamt ausgebaut worden sind.

28

Gemessen an diesen Kriterien ist zweifelhaft, ob - ungeachtet der fehlenden Kostenspaltung - die sachliche Beitragspflicht für den Gehweg entlang der Ortsdurchfahrt der B 104 zum gegenwärtigen Zeitpunkt entstanden ist. Ausweislich der im Internet einsehbaren Überfliegungsfotos (www.gaia-mv.de) handelt es sich bei der B 104 im Bereich der Ortslage von A-Stadt um eine einheitliche Anlage im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise. Damit gelten für die Bestimmung der äußeren Grenzen (Beginn und Ende) der Anlage die oben dargestellten Erwägungen. Zwar ist der südliche Gehweg in westliche Richtung in voller Länge ausgebaut worden. Die Ausbaustrecke endet auf Höhe der östlichen Grenze des Grundstück Flurstück 637/1. Nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen liegt diese Grenze bei km 12.003. Damit ist die Ausbaustrecke exakt bis zu dem Punkt geführt worden, an dem die Straßenbaulast der Gemeinde A-Stadt endet. Dass sich der sog. OD-Stein westlich davon auf Höhe der westlichen Grenze des Flurstücks G3 befindet, ist ohne Belang, da es – wie dargelegt – auf die Festsetzung der Ortsdurchfahrt ankommt.

29

Zweifelhaft ist aber, ob der Gehweg auch in östliche Richtung bis zum Ende der Ortsdurchfahrt auf Höhe von km 9.749 (Flurstück G4 – Grundstücksgrenze) führt. Sollte dies nicht der Fall sein – etwa weil der Gehweg nicht durchgängig vorhanden ist oder zwar vorhanden ist, sich aber in einem ausbaubedürftigen Zustand befindet - so entsteht die sachliche Beitragspflicht auch bei Durchführung einer Kostenspaltung nicht. Sollte dagegen östlich der Einmündung der L 285 ein durchgängig vorhandener Gehweg existieren, der sich in einem nicht ausbaubedürftigen Zustand befindet – etwa weil ein Ausbau bereits erfolgt ist – so entsteht mit der Durchführung der Kostenspaltung die sachliche Beitragspflicht für die gesamte Anlage. Es läge ein Teilstreckenausbau vor (vgl. dazu Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 11.11.2010 - 1 M 136/10 - juris), der dazu führt, dass sich der Ausbau des Gehweges westlich der Einmündung der L 285 als Ausbau der gesamten Anlage darstellt. In diesem Fall wären die Eigentümer aller von der Ortsdurchfahrt der B 104 erschlossenen Grundstücke - auch der östlich der Einmündung der L 285 gelegenen Grundstücke - in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Dieses Ergebnis kann der Beklagte nur vermeiden, wenn er rechtzeitig – also vor der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für die Ortsdurchfahrt der B 104 insgesamt - eine Abschnittsbildung durchführt.

30

Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung entsprechend.

31

Da das klägerische Grundstück nur von einer Verkehrsanlage bevorteilt wird, ist für die Gewährung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung kein Raum.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a VwGO) bestehen nicht.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag für die G.-Straße in B-Stadt.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstücke G1, G2 in einer Größe von 1.088 m². Das Grundstück grenzt mit dem Flurstück G2 westlich an die G.-Straße. Das westlich des Flurstücks G2 gelegene Flurstück G1 wird durch den Schlüsselgang (Flurstück G3), einer im Wesentlichen unbefestigten öffentlichen Gemeindestraße, die in einer Breite von 2 bis 3 m vom parallel zur G.-Straße verläuft, vom Flurstück G2 getrennt. Die Teilstrecke des Schlüsselgangs, die zwischen den Flurstücken G2 und G1 verläuft, wurde von der Klägerin mit Zustimmung des Beklagten gepflastert.

3

Bei der G.-Straße handelt es sich ebenfalls um eine Gemeindestraße, die an der Einmündung in die Mühlenstraße/Mühlentor beginnt und die Altstadt westlich und südlich umfasst und an der Einmündung in die Friesenstraße endet. Die G.-Straße verläuft teilweise im Geltungsbereich der im förmlichen Verfahren beschlossenen und im Jahre 1993 in Kraft getretenen Satzung über die Festlegung des Sanierungsgebiets Altstadt B-Stadt. Dies trifft allerdings nicht auf die Teilstrecke zu, die auf Höhe des Flurstücks G4 beginnt und auf Höhe des Flurstücks G5 endet. In diesem Bereich, in dem auch das klägerische Grundstück an die G.-Straße angrenzt, verläuft die Grenze des Sanierungsgebietes unmittelbar östlich der Straße.

4

Im Jahre 2007 erfolgte in der Ausbau der G.-Straße in dem genannten Bereich. Die Baumaßnahme betraf alle vorhandenen Teileinrichtungen. Die Fahrbahn wurde als Mischverkehrsfläche angelegt. Die letzte Unternehmerrechnung (P. GmbH) datiert vom 5. September 2007.

5

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.856,92 EUR heran. Dabei wurde der ermittelte Beitrag mit Blick auf die Mehrfacherschließung des Grundstücks um zu 2/3 erhoben. Ihren Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2011 zurück.

6

Am 9. Juni 2011 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei insoweit rechtswidrig, als auch das Flurstück G1 in den Vorteilsausgleich einbezogen worden sei. Im Vorfeld der Baumaßnahme sei ihr zugesichert worden, nur für das Flurstück G2 zu einem Ausbaubeitrag herangezogen zu werden.

7

Die Klägerin beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2011 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von 1.082,67 EUR übersteigt.

9

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Beschluss vom 24. Juli 2013 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Beitragsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

14

a. Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Stadt B-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) vom 24. Juli 2000 i.d.F. der rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getretenen 2. Änderungssatzung 26. November 2010. Anders als noch in Bezug auf die Fassung der 1. Änderungssatzung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 20.10.2010 – 3 A 685/07 –, S. 4 f. des Entscheidungsumdrucks [n.v.]) begegnet die Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung keinen Bedenken. Da die Klägerin insoweit keine Einwände geltend macht, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden.

15

b. Die Rechtsanwendung ist ebenfalls frei von Fehlern. Hinsichtlich der Ermittlung und Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Klägerin ebenfalls keine Einwände geltend gemacht. Fehler drängen sich auch insoweit nicht auf. Insbesondere entspricht die Verteilung des in Ansehung der außerhalb des Sanierungsgebietes verlaufenden Teilstrecke der G.-Straße entstandenen Aufwands auf die beiderseits an diese Teilstrecke angrenzenden Grundstücke den Maßgaben der Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urteile v. 30.06.2004 – 1 L 189/01 und 1 L 240/01 –).

16

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Einbeziehung der Fläche des Flurstücks G1 in den Vorteilsausgleich nicht zu beanstanden. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes richtet sich nach § 4 Abs. 1 SABS, wonach die Grundstücke das Abrechnungsgebiet bilden, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Die hieraus folgenden Maßgaben sind vom Beklagten beachtet worden. Das Grundstück grenzt mit dem Flurstück G2 an die ausgebaute G.-Straße an. Für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gilt der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff (vgl. zum Anschlussbeitragsrecht: OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2007 – 1 L 256/06 –, juris Rn. 21 m.w.N.). Damit ist grundsätzlich das gesamte Grundstück in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Die Flurstücke G2 und G1 bilden ein einheitliches Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, weil sie unter derselben laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von B-Stadt (Blatt 1927) verzeichnet sind (vgl. OVG Greifswald a.a.O.).

17

In der von der Klägerin verlangten Beschränkung der Beitragserhebung auf die Fläche des Flurstücks G2 läge eine unzulässige Abweichung vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff und damit ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Zwar gilt die Anknüpfung an das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne nicht uneingeschränkt. So hat das erkennende Gericht angenommen, dass eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts für solche Flächen nicht mehr gegeben ist, die zwar Teil des Grundstücks sind, eine geografische Verbindung mit der an die Anlage angrenzende Grundstücksfläche aber vermissen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 06.05.2011 – 3 A 1297/08, S. 6 des Entscheidungsumdrucks [n.v.]; Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 1340/09 –, juris Rn. 29). Den Entscheidungen liegen aber Fallkonstellationen zu Grunde, in denen die Flächen eines einheitlichen Buchgrundstücks durch Flächen privater Dritter getrennt sind und eine (fußläufige) Erreichbarkeit der geografisch abgetrennten Teilfläche vorbehaltlich einer Gestattung durch den Eigentümer des Trenngrundstücks nicht gegeben ist. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn bei dem trennenden Schlüsselgang handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um eine öffentliche Straße. An einer öffentlichen Straße besteht Gemeingebrauch. Damit ist jedermann – und folglich auch die Klägerin – befugt, den Schlüsselgang im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften zum Verkehr zu nutzen (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz [StrWG M-V]). Ist aber eine zumindest fußläufige Erreichbarkeit auch des Flurstücks G1 von der G.-Straße aus rechtlich auf Dauer gewährleistet, besteht kein Grund für die Annahme, dass der durch die Baumaßnahme begründete beitragsrelevante Vorteil auf das Flurstück G2 beschränkt ist.

18

Auch der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin geäußerte Einwand, im Falle einer Einziehung des Schlüsselgangs (§ 9 Abs. 1 StrWG M-V) stünde ihr ein Notwegerecht an der (dann ehemaligen) Straßenfläche zu, zwingt zu keiner anderen Betrachtung. Zum einen würde dieser Umstand lediglich die Annahme verstärken, dass die fußläufige Erreichbarkeit des Flurstücks G1 von der G.-Straße aus dauerhaft gewährleistet ist. Zum anderen war die Frage des Bestehens von Notwegerechten weder Prozessstoff des Verfahrens 3 A 1297/08 noch des Verfahrens 3 A 1340/09. Daher kann aus den zitierten Urteilen nicht geschlossen werden, dass eine Beschränkung des Flächenansatzes trotz bestehender Notwegerechte geboten ist.

19

Der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des OVG Magdeburg vom 24. Juni 2003 – 2 M 255/02 – juris) hilft ihr nicht weiter; denn es ist nicht ersichtlich, welche für die Klägerin günstige Rechtsauffassung in der Entscheidung enthalten sein soll (vgl. Rn. 31 f.).

20

Die Heranziehung der Klägerin ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die sachliche Beitragspflicht ist mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstanden, so dass mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides auch die persönliche Beitragspflicht (§ 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) der Klägerin entstehen konnte. Eine Abschnittsbildung war zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht erforderlich, da die Grenzen des Sanierungsgebietes – soweit sie die G.-Straße schneiden – Zwangsabschnitte entstehen lassen (vgl. OVG Greifswald Urteile v. 30.06.2004, a.a.O.). Dem Umstand, dass das klägerische Grundstück an zwei Verkehrsanlagen ( G.-Straße und Schlüsselgang) angrenzt und damit auch für den Schlüsselgang potenziell beitragspflichtig ist, hat der Beklagte durch die Gewährung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung Rechnung getragen.

21

Soweit sich die Klägerin schließlich auf eine (angebliche) Zusage beruft, nur für die Fläche des Flurstücks G2 zu einem Straßenausbaubeitrag herangezogen zu werden, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn eine solche Zusicherung wäre unwirksam. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V besteht für Straßenausbaubeiträge eine Beitragserhebungspflicht. Diese umfasst das gesetzliche Verbot (§ 134 BGB), vorteilswidrige Abschläge auf die Bemessungsfläche zu gewähren. Denn ein solcher Abschlag führt zu einer Verringerung der Beitragseinheiten und – über die damit einhergehende Erhöhung des Beitragssatzes – zu einer nicht gerechtfertigten Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen.

22

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 14.713,61 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten um eine Vorausleistung auf einen Straßenausbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung S..., Flur ..., Flurstück .../.... Auf dem Grundstück befindet sich der Z...see, der als Bundeswasserstraße gewidmet und unter anderem am Südufer mit Bootshäusern überbaut ist. Im Umfang der Überbauung hat die Klägerin den jeweiligen Eigentümern der Bootshäuser die Wasserflächen vertraglich zur Nutzung überlassen. Die Landeshauptstadt Schwerin baute ab April 2009 die M...straße zwischen der Einmündung zur W...Straße und dem Kreisverkehr zur G...Straße aus. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 setzte die Beklagte gegen die Klägerin eine Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 14.713,61 Euro fest. Dabei berücksichtigte die Beklagte die Gebäudegrundfläche der Bootshäuser Nummer 10 bis 19, 22 bis 38 und 70 von 3.651 qm mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 und bezog sich zur Begründung insoweit auf § 5 Abs. 5 Nr. 2 Buchst. b der Satzung der Landeshauptstadt Schwerin über die Erhebung von Ausbaubeiträgen vom 14. Februar 2002 (Ausbaubeitragssatzung). Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 zurück. Am 3. März 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat den Bescheid vom 9. Oktober 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 mit Urteil vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – aufgehoben. Das Urteil wurde der Beklagten am 25. August 2011 zugestellt.

3

Der innerhalb der Frist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO am 23. September 2011 gestellte und ebenso fristgemäß (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) am 14. Oktober 2011 begründete Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – hat keinen Erfolg.

4

Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 –, NVwZ 2010, 634 [640] ; Beschl. v. 22.08.2011 – 1 BvR 1764/09 –, NVwZ-RR 2011, 963).

5

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls der Sache nach nicht vor.

6

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen etwa Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).

7

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. a.a.O.).

8

Nach diesen Maßstäben sind hier keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auch tragend auf die Erwägung gestützt, dass die anzuwendende Ausbaubeitragssatzung keine vorteilsgerechte Maßstabsregel für die Veranlagung des herangezogenen Grundstücks enthalte, weil sie die Einbeziehung nur von Teilflächen des Seegrundstückes der Klägerin, nämlich der Aufstandsflächen der Bootshäuser, in das Abrechnungsgebiet nicht erlaube. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage. Die nach Auffassung der Beklagten einschlägige Maßstabsregel des § 5 Abs. 5 Nr. 2 Buchst. b Ausbaubeitragssatzung gilt nur für „die Flächen nach § 4 Abs. 4 Satz 2“ der Satzung. Flächen in diesem Sinne sind aber „die Gesamtflächen berücksichtigungsfähiger Grundstücke“. Auf diese Fläche hat sich die Ermittlung des Nutzungsfaktors nach § 5 Abs. 5 Ausbaubeitragssatzung zu beziehen. Wegen dieser satzungsrechtlichen Bestimmung fehlt es an einer Maßstabsregel für Grundstücke im Außenbereich, die nur mit einer Teilfläche von der ausgebauten Anlage bevorteilt werden. Einen solchen Fall hat die Beklagte aber angenommen.

9

Soweit sich die Beklagte auf § 4 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung bezieht, führt das nicht weiter. Dort ist anders als in Absatz 4 von der „Gesamtfläche“ des Grundstücks nicht die Rede. Absatz 1 regelt zunächst nur, welche Grundstücke (im bürgerlich-rechtlichen Sinn, § 4 Abs. 2 Ausbaubeitragssatzung) in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, nicht jedoch deren flächenmäßige Beschränkung. Soweit die Beklagte etwas anderes vorträgt, erschöpft sich das Vorbringen in einer bloßen Behauptung, die dem Darlegungserfordernis aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt.

10

Im Übrigen bestehen auch aus anderen Gründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Dieses erweist sich jedenfalls als im Ergebnis richtig. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

11

Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 10 der Satzung der Landeshauptstadt Schwerin über die Erhebung von Ausbaubeiträgen vom 14. Februar 2002 (Ausbaubeitragssatzung) können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung von Maßnahmen begonnen worden ist. Der umlagefähige Aufwand wird dabei gemäß § 4 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung auf die Flächen der Grundstücke verteilt, von denen aus die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorausleistungsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Ausbaubeitragsatzung).

12

Das Grundstück der Klägerin ist auch mit den herangezogenen Teilflächen nicht in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen. Es wird von der ausgebauten Anlage nicht bevorteilt. Das Grundstück weist nicht die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf. Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist klargestellt, dass eine Beitragerhebung nur gerechtfertigt ist, wenn die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage vom betreffenden Grundstück aus rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Der durch den Straßenbaubeitrag abgegoltene Vorteil liegt in der einem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelten verbesserten Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (OVG Greifswald, Urt. v. 23.06.2010 – 1 L 34/06 –, juris Rn. 36). Daran fehlt es hier. Auf die von der Beklagten angeführte verbesserte Verpachtungsmöglichkeit der Wasserflächen kommt es beitragsrechtlich nicht an.

13

Hinsichtlich der mit den Bootshäusern Nummern 35 bis 38 (Nummerierung laut Flurkarte Bl. 19 der Gerichtsakte) überbauten Teilflächen trägt die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid selbst vor, dass diese von einem öffentlichen Schotterweg aus erreicht werden, der in nordöstlicher Richtung weiter bis zum Uferweg im benachbarten Plangebiet führt. Die Flächen sind mithin anderweitig als über die ausgebauten M...straße an das gemeindliche Verkehrsnetz angeschlossen. Bevorteilt wären sie daher allenfalls von dem genannten öffentlichen Weg, an den das klägerische Grundstück angrenzt. Der Schotterweg stellt sich ausbaubeitragsrechtlich nicht als unselbstständiger Bestandteil der ausgebauten Straße, sondern als eigenständige Anlage dar. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Ausdehnung der ausgebauten Anlage ist der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff. Daraus folgt, dass ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 KAG M-V ist, grundsätzlich darauf abzustellen ist, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt. Zwar ist für die Fallgruppe der Stichstraße (Sackgasse) in diesem Zusammenhang in der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt worden, dass eine öffentliche, für das Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art vorgesehene Sackgasse in der Regel nur als selbstständig zu qualifizieren ist, wenn sie entweder länger als 100 Meter ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtswinklig abknickt oder sich verzweigt (OVG Greifswald, Urt. v. 13.12.2011 – 1 L 170/08 –, juris Rn. 20). Um eine Sackgasse handelt es sich in diesem Bereich des Schotterweges aber nicht, weil sich dieser als Uferweg im nordöstlich angrenzenden Plangebiet fortsetzt.

14

Der benannte Weg ist auch deshalb kein unselbstständiger Bestandteil der ausgebauten Straße, weil er einer anderen Straßenkategorie im Sinne von § 3 Ausbaubeitragssatzung zuzuordnen ist. Die ausgebaute Anlage ist als Hauptverkehrsstraße nach § 3 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung abgerechnet worden, der Schotterweg dient demgegenüber als Anliegerstraße gemäß § 3 Abs. 3 Ausbaubeitragssatzung überwiegend dem Anliegerverkehr. Auch dieser Umstand zwingt aus rechtlichen Gründen zur Annahme einer eigenen Anlage. Straßenbaubeitragsrechtlich muss der mit einer unterschiedlichen Straßenfunktion verbundene unterschiedlich hohe Gemeindeanteil bei der Bestimmung der Anlage Berücksichtigung finden. Nur so kann gewährleistet werden, dass den Anliegern der jeweiligen Straße nur die ihnen jeweils durch das Ortsrecht zugedachte Vorteilsquote zugerechnet werden kann. Eine Hauptstraße und deren Stichstraße bilden deshalb straßenbaubeitragsrechtlich grundsätzlich selbst dann zwei selbstständige Anlagen, wenn es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um lediglich eine Anlage handeln würde (OVG Greifswald, Beschl. v. 10.02.2009 – 1 M 117/08 –, juris Rn. 27).

15

Hinsichtlich der übrigen berücksichtigten und mit den Bootshäusern Nummern 10 bis 19, 22 bis 34 und 70 überbauten Grundstücksflächen ist die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 21. April 2010 selbst davon ausgegangen, dass es sich insoweit um Teilflächen eines Hinterliegergrundstücks handelt. Der Senat muss für diese Entscheidung deshalb nicht klären, ob sich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht auch auf dem zwischen der ausgebauten M...straße und dem Seeufer liegenden Flurstück ... voraussichtlich eine Verkehrsfläche in Gestalt einer Fortsetzung des oben angesprochenen Weges in westlicher Richtung befinden wird. Für den Fall würde das oben Gesagte gelten: Auch dieser Weg wäre wegen der beitragsrechtlich von der ausgebauten Anlage verschiedenen Verkehrsfunktion als eigene Anlage anzusehen. Das hätte wiederum zur Folge, dass sich die Frage der Vorteils für die veranlagten Flächen nur mit Blick auf diese nächstgelegene Anlage stellen könnte, die den weiteren Zugang zum gemeindlichen Verkehrsnetz einschließlich der M...straße vermitteln würde.

16

Aber selbst wenn die ausgebaute Anlage im Verhältnis zu den vorstehend genannten Bootshausflächen die nächste erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung wäre, würden diese Grundstücksteile nicht am Vorteilsausgleich teilnehmen. Zwar kann auch ein Hinterliegergrundstück eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit zur ausgebauten Anlage haben. Da es sich bei dem beitragsrelevanten Vorteil um einen Dauervorteil handelt, setzt das allerdings voraus, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße rechtlich gesichert ist und die Möglichkeit der Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück deshalb voraussichtlich auf Dauer besteht (vgl. VGH München, Urt. v. 18.06.2010 – 6 BV 09.1228 –, juris Rn. 20). Der Klägerin steht aber keine Rechtsposition zur Seite, die ihr ein Überqueren des Flurstücks ..., soweit sich darauf keine öffentliche Verkehrsanlage befindet, oder der den Bootshäusern Nummern 19, 22 bis 34 und 70 südlich vorgelagerten Grundstücke erlauben würde. Auch die Beklagte konnte dafür nichts benennen. Soweit sie sich in ihrer Klageerwiderung auf die mit den Eigentümern der Bootshäuser abgeschlossenen Nutzungsverträge beruft, geben diese nichts für eine entsprechende rechtliche Befugnis her, weil sie sich nur auf die Wasserflächen und die darauf errichteten Anlagen beziehen, nicht jedoch auf die Grundstücke, die an der ausgebauten Anlage anliegen zudem auch nicht vollständig in der Verfügungsbefugnis der Pächter stehen. Die Einräumung eines Notwegesrechtes kann die Klägerin auch nicht mit Blick auf die Verpachtung der Wasserflächen verlangen (BGH, Urteil vom 05.12.2006 – V ZR 139/05 –, juris). Die Klägerin führt insoweit zu Recht aus, dass sie selbst auf eine Zuwegung auch gar nicht angewiesen ist.

17

Der darüber hinaus geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist schon nicht hinreichend dargelegt. Insoweit wären Darlegungen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dazu erforderlich gewesen, dass die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist. Hierzu gehört, dass die klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt. Der Antragsbegründung muss entnommen werden können, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer bestimmten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen und es deshalb erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt. Dazu bedarf es einer substantiierten Darlegung, aus welchen Gründen ein von dem Verwaltungsgericht eingenommener Rechtsstandpunkt bzw. die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen zweifelhaft geworden sind (ständige Rspr. des Senats, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2007 – 1 L 195/07 – und zuletzt etwa Beschl. v. 11.01.2011 – 1 L 145/07 –).

18

Zum einen benennt das Zulassungsvorbringen schon keine klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage, sondern beschränkt sich auf den Vortrag, der „Umgang mit den Bootshäusern“ sei auch für andere, beispielhaft benannte, „KAG-Maßnahmen von erheblicher Bedeutung“. Zudem fehlen Darlegungen dazu, dass sich in den genannten Sachverhalten fallübergreifende Rechtsfragen stellen. Die Zulassungsbegründung erwähnt dazu lediglich, dass auch an anderen Erschließungsanlagen Flächen für Bootshäuser, Marinas und Steganlagen anliegen würden. An diesem Anliegen fehlt es hier aber gerade. Schließlich wären mit Blick auf den Umstand, dass das Verwaltungsgericht die angefochtene Entscheidung auf drei unabhängig tragende Erwägungen gestützt hat, substantiierte Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit etwaiger Rechts- oder Tatsachenfragen erforderlich gewesen; an solchen fehlt es ebenfalls

19

Die Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), derzufolge das angefochtene Urteil von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1987 – 8 C 85/86 – abweichen soll, führt schließlich auch nicht zum Erfolg des Zulassungsantrages.

20

Eine Divergenz ist dargelegt, wenn der konkrete Nachweis geführt wird, welcher der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten, diese tragenden Rechtssätze zu einer Rechts- oder Tatsachenfrage einem Rechtssatz widerspricht, den eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in tragender Weise mit gegenteiligem Inhalt aufgestellt hat (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.01.2007 – 1 L 345/05 –; Beschl. v. 06.04.2000 – 1 M 24/00 –; Beschl. v. 21.09.1999 – 1 M 71/99 –; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 – 5 B 7.13 –; Beschl. vom 10.07.1995 – 9 B 18/95 –, NVwZ-RR 1997, 191 zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage, § 124 Rn. 11, § 132 Rn. 14). Eine Abweichung bzw. Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist dabei grundsätzlich nur anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in der Vorschrift genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 – 5 B 7.13 –; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 124 Rn. 158, 160; Kopp/Schenke, a.a.O., § 132 Rn. 15; OVG Greifswald, Beschl. v. 18.01.2007 – 1 L 345/05 –; Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).

21

Eine Divergenz scheidet hier schon deshalb aus, weil die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff des „Baulands“ in § 133 Abs. 1 BBauG (nunmehr § 133 Abs. 1 BauGB) ergangen ist. Diese Vorschrift betrifft das Erschließungsbeitragsrecht und war vom Verwaltungsgericht vorliegend nicht anzuwenden.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG und § 53 Abs. 2 GKG.

24

Hinweis:

25

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

26

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. September 2013 – 3 A 1741/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid des Beklagten für den Um- und Ausbau der Straße „P. 1. BA“ in der Gemeinde W. auf dem Darß.

2

Er ist Eigentümer des streitgegenständlichen Flurstücks G1, Gemeinde W., mit einer Größe von 1.317 qm, sowie des südlich angrenzenden Flurstücks G2, mit einer Größe von 1.317 qm, beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich. An die ausgebaute Straße grenzt das Flurstück G2, das Flurstück G1 liegt in nördlicher Richtung dahinter (Lageskizzen: Anlage K3, Bl. 16 d. GA.; Anlage K4, Bl. 82 d. GA.; Luftbild, Anlage K 5, Bl. 83 d. GA.; Skizze Abrechnungsgebiet Bl. 83 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G1 befinden sich zwei Gebäude, in denen der Kläger die „Pension R.“ betreibt, er vermietet Ferienzimmer und Ferienwohnungen (LiBi, Bl. 54 ff. d. GA.; Gewerbeanmeldung Bl. 157 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G2 sind sieben Stellplätze für Pensionsgäste angelegt, die Einfahrt erfolgt durch ein Tor von der ausgebauten Straße. Auf der nicht ausgebauten Straße „Nordseite“ ist ein Tor und eine Zufahrt zum Flurstück G1 vorhanden (LiBi., Bl. 63 u. 84 d. GA.). Am Abzweig P. verweist ein großes Werbeschild der Pension R. per Richtungspfeil auf die Zufahrt über die Straße P. (LiBi., Bl. 54 d. GA.). Unmittelbar an der Parkplatzzufahrt von der ausgebauten Straße weisen ein Werbeschild und ein Aufsteller auf die Pension R. hin (LiBi., Bl. 57 d. GA.). Ein Zaun ist zwischen den Grundstücken nicht vorhanden (LiBi., Bl. 63 d. GA.). Auf der Internetseite der Pension wird mit einem „ca. 2.600 qm großen Grundstück“ geworben (Internetauszug, Bl. 69 d. GA.).

3

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag für das Flurstück G1 in Höhe von 1.640,11 € heran. Bei der Berechnung wurde zu der Vollgeschossmesszahl von „1“ ein „Zuschlag für erhöhten Quell-/ Zielverkehr (Nutzungszuschlag)“ von „0,5“ addiert und so die beitragsfähige Fläche von 1.317 qm auf eine bewertete Fläche von 1.975 qm erhöht, die mit dem Beitragssatz multipliziert wurde.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22. November 2010 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, das Flurstück G1 habe keinen Vorteil von der ausgebauten Straße. Auf dem Flurstück G1 befänden sich zwei Wohnhäuser. Es werde nicht gewerblich genutzt. Der Zugang und die Zufahrt zu diesem Flurstück erfolge ausschließlich über die „Nordseite“. Das Flurstück G2 sei eine nicht bebaubare Erholungsfläche, Wiese, Grünland.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Hinterliegergrundstück sei in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen. Dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks werde ein beitragsrelevanter Vorteil geboten, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitze.

6

Am 28. Dezember hat der Kläger Klage gegen den Bescheid erhoben. Zur Begründung verweist er auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –). Von der ausgebauten Straße bestehe kein nennenswerter Vorteil der Inanspruchnahme durch das Flurstück G1. Das streitgegenständliche Flurstück sei ein „nicht gefangener Hinterlieger“, da es über eine eigenständige Erschließung von der Straße „Nordseite“ verfüge. Es bleibe daher bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes grundsätzlich unberücksichtigt, wenn es aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf diejenigen Anbaurechte ausgerichtet ist, an die es angrenze. Die einheitliche Nutzung als Betriebsgelände reiche nicht aus.

7

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der Eigentümer beider Grundstücke habe es jederzeit in der Hand, aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über beide Grundstücke die Erreichbarkeit des Hinterliegergrundstücks unter Benutzung des Anliegergrundstücks zu gewährleisten bzw. einen Zugang zu schaffen.

12

Mit Urteil vom 13. September 2013 hat das Verwaltungsgericht Greifswald – 3 A 1741/12 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: An der Wirksamkeit der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde Wieck vom 01. Oktober 2001 i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 als Rechtsgrundlage für den Bescheid bestünden keine Zweifel. Die Maßnahme sei auch beitragsfähig. Die Fahrbahn habe einen nach den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten, die Straßenbeleuchtung sei verbessert worden und entspreche erstmals der DIN 5044. Die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands sei fehlerfrei. Soweit die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands rechtsfehlerhaft sei, da die nur 4 m breite, ausgebaute Straße unzutreffend als Innerortsstraße (erst ab 5 m Breite) und nicht als Anliegerstraße eingestuft worden sei, begünstige das den Kläger, da bei dieser Einstufung die Anliegeranteile geringer seien. Die Bildung des Abrechnungsgebiets sei nicht zu beanstanden.

13

Das Flurstück G1 sei bei der Aufwandsverteilung mit der gesamten Fläche zu berücksichtigen. Wegen der Eigentümeridentität sei der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück gewährleistet und werde ausweislich des unwidersprochenen Vortrags des Beklagten und der vorliegenden Lichtbilder auch tatsächlich genutzt. Beide Grundstücke werden einheitlich wirtschaftlich genutzt. Auf dem Flurstück G2 befinden sich Parkplätze für die auf dem Flurstück G1 betriebene Pension R.. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von demjenigen, der der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt zugrunde liege.

14

Gegen das ihm am 30. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit seiner Antragsbegründung vom 27. November 2013 hat der Kläger vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Bei Hinterliegergrundstücken sei für den Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit nicht ohne Weiteres die Eigentümeridentität ausreichend. Die wenigen Parkplätze auf dem Flurstück G2, die durch Gäste der Ferienwohnungen auf dem benachbarten klägerischen Grundstück benutzt werden können, führten nicht zu einem beitragsrelevanten Vorteil. Die Parkflächen machen nur einen geringen Bruchteil der Gesamtfläche des Flurstücks aus. Es könne nicht von einer einheitlichen Nutzung der beiden Grundstücke ausgegangen werden. Die Straße sei vom Hinterliegergrundstück über das davor liegende Grundstück tatsächlich nicht erreichbar. Die Parkplätze stellten nur eine äußerst geringe und theoretische Ingebrauchnahmemöglichkeit von Gästen des Klägers dar. Die große Mehrheit der Feriengäste parke auf der Grundstücksseite, die über die Straße „Nordseite“ erschlossen werde.

15

Mit Beschluss vom 11. September 2014 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen.

16

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 21. September 2014 hat der Kläger die Berufung am 08. Oktober 2014 im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vortrags aus dem Berufungszulassungsverfahren begründet.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2010 zum Az. 1526.04 – Lfd. Nr. 28 – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 – aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13.09.2013 (Az. 3 A 1741/12) zurückzuweisen.

21

Eine objektive Wertlosigkeit der Inanspruchnahmemöglichkeit könne nicht angenommen werden. Die Parkplätze unmittelbar vor den Ferienwohnungen seien ein wesentlicher, wenn nicht sogar notwendiger Bestandteil der wirtschaftlichen Nutzung des Hinterliegergrundstücks. Die als Garten angelegte Fläche werde bauakzessorisch genutzt und gehöre zu dem Pensionsangebot der auf dem Hinterliegergrundstück befindlichen Ferienwohnungen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 05. November 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil auch die zulässige Klage unbegründet ist. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 19. Oktober 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 sind rechtmäßig und der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid kann sich in Gestalt der Satzung der Gemeinde Wieck über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01. Oktober 2001 (Straßenbaubeitragssatzung) i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen. Rechtsfehler der Satzung, die zu ihrer Gesamtunwirksamkeit führen könnten, hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

25

2. Auch die Rechtsanwendung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden.

26

Das streitgegenständliche Grundstück des Klägers gehörte zum Abrechnungsgebiet der Ausbaumaßnahme bzw. ist durch diese bevorteilt und war deshalb in die Aufwandsverteilung einzubeziehen. Nach § 5 Abs. 1 der Straßenbaubeitragssatzung bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Diese Regelung steht mit § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Einklang. Nach dieser Norm wird der Beitrag als Gegenleistung dafür erhoben, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile geboten werden.

27

Das streitgegenständliche Grundstück ist durch die Ausbaumaßnahme in diesem Sinne bevorteilt; es weist die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf.

28

Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V stellt der Landesgesetzgeber – und in der Folge der kommunale Satzungsgeber – klar, dass es nicht darauf ankommt, dass die ausgebaute Straße vom in Rede stehenden Grundstück bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Betragspflicht tatsächlich in Anspruch genommen wird. Maßgeblich ist, ob die Inanspruchnahme rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Da es sich bei dem Beitrag im Sinne von § 7 KAG M-V um die Abgeltung eines Dauervorteils handelt, ist dabei auch die Lebensdauer der ausgebauten Anlage in den Blick zu nehmen. Dies zeigt, dass keine Unterscheidung danach vorgenommen werden kann, ob eine Inanspruchnahme zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich schon erfolgt, eine solche bereits geplant ist oder sich erst im Laufe der Zeit ergeben könnte. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Eigentümer subjektiv den Willen hat, während dieses Zeitraums die gebotene Möglichkeit tatsächlich zu nutzen. Denkbar ist nämlich, dass das Grundstück veräußert, versteigert, vererbt oder aus sonstigen Gründen übertragen wird und der neue Eigentümer andere Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks verfolgt. Das rechtfertigt es, darauf abzustellen, ob objektiv eine Inanspruchnahmemöglichkeit besteht.

29

Die objektive vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit haben straßenbaubeitragsrechtlich in erster Linie (Buch-)Grundstücke, die unmittelbar an die Straße angrenzen (sog. Anlieger- bzw. Vorderliegergrundstücke). Im Verhältnis zu anderen Grundstücken ist ihre Inanspruchnahmemöglichkeit betreffend die Straße, an der sie anliegen, schon deshalb qualifiziert und in straßenbaubeitragsrechtlich relevanter Weise vorteilhaft, weil aufgrund der offensichtlich räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage im Sinne der vorgenannten Bestimmungen in aller Regel angenommen werden kann, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, die nicht an ihr anliegen. Im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Grundstücks von der Anlage aus ist es für den Fall, dass eine Zuwegung nicht besteht, zur Begründung der Vorteilslage ausreichend, dass eine solche geschaffen werden und damit die Inanspruchnahmemöglichkeit realisiert werden kann.

30

Für das streitgegenständliche Grundstück als ein sog. Hinterliegergrundstück besteht vorliegend ebenfalls eine seine Beitragspflicht begründende Inanspruchnahmemöglichkeit.

31

Für Hinterliegergrundstücke gelten dabei zunächst im Ausgangspunkt keine anderen Maßstäbe als für Anliegergrundstücke. Nur solche Hinterliegergrundstücke sind bevorteilt, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Das bedeutet zunächst, dass vom betreffenden Hinterliegergrundstück rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit bestehen muss, die ausgebaute Anlage über ein Anliegergrundstück und ggf. weitere Hinterliegergrundstücke zu erreichen. Vorliegend bestehen keine tatsächlichen Umstände, die die Erreichbarkeit des Anliegergrundstücks Flurstück G2 vom in Anspruch genommen Hinterliegergrundstück Flurstück G1 hindern würde. Die rechtliche Befugnis zum Überqueren vermittelt der Umstand, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück denselben Eigentümer haben (sog. Eigentümeridentität).

32

Im Unterschied zu den Anliegergrundstücken ist allerdings bei Hinterliegergrundstücken die Annahme, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, nicht in gleicher Weise offensichtlich regelmäßig gerechtfertigt; sie liegen eben gerade nicht in gleicher Weise unmittelbar an der ausgebauten Anlage, ihre räumliche Beziehung zu ihr ist auf den ersten Blick offensichtlich weniger eng als diejenige der Anliegergrundstücke. Bei Hinterliegergrundstücken kann allerdings zwischen sog. „gefangenen“ und anderen („nicht gefangenen“) differenziert werden.

33

Bei „gefangenen“ Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die ausschließlich über die jeweils in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagerten Anliegergrundstücke eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, kann bei näherer Betrachtung wie bei den Anliegergrundstücken selbst in vergleichbarer Weise die erforderliche räumlich enge Beziehung und qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit bestehen. Sie besteht in aller Regel dann, wenn vom „gefangenen“ Hinterliegergrundstück aus über bzw. vermittelt durch das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Diese besteht grundsätzlich immer im Falle der Eigentümeridentität, also in den Fällen, in denen der Eigentümer von Anlieger- und Hinterliegergrundstück identisch und damit die Erreichbarkeit der Anlage vom Hinterlieger- über das Anliegergrundstück auch rechtlich gesichert ist. Weil das „gefangene“ Hinterliegergrundstück hinsichtlich des Zugangs zum gemeindlichen Verkehrsnetz darauf angewiesen ist, über das vorgelagerte Anliegergrundstück die wegemäßige Erschließung zu erfahren und in diesem Sinne ausschließlich auf die ausgebaute Anlage hin ausgerichtet ist, kann bei einer Eigentümeridentität in der Regel angenommen werden, die Anlage werde von ihm aus – wie von dem Anliegergrundstück – wegen seiner räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus. Auch bei Hinterliegergrundstücken kommt es dabei folgerichtig nicht auf eine aktuell bestehende tatsächliche Nutzung an. Es kommt somit insbesondere nicht darauf an, ob bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine Zufahrt vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück zur ausgebauten Straße tatsächlich besteht, sondern im Sinne der Inanspruchnahmemöglichkeit nur darauf, ob eine solche geschaffen werden könnte. Das ist sachgerecht, weil es beim Vorteilsbegriff nicht auf die häufig auch leicht änderbare oder schwer feststellbare tatsächliche Gestaltung der Grundstücksverhältnisse ankommt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 –, juris).

34

In den Fällen, in denen das Hinterliegergrundstück wie im vorliegenden Fall seinerseits an eine andere als die ausgebaute Straße angrenzt (sog. „nicht gefangenes“ Hinterliegergrundstück), kann demgegenüber der Umstand, dass für Anlieger- und Hinterliegergrundstück Eigentümeridentität besteht, für sich allein gesehen nicht als hinreichend für die Annahme eines Vorteils bzw. die Bejahung der erforderlichen qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit betrachtet werden. Vielmehr bedarf es als Korrektiv zusätzlich einer wertenden Betrachtung (so auch OVG Bautzen, Urt. v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris und Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 348/08 –, SächsVBl 2009, 40; VGH Kassel, Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 688/08 –, juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 -, KStZ 2007, 178; VGH München, Beschl. v. 24.03.2014 – 6 ZB 13.2465 –, juris; in diese Richtung auch VG Schwerin, Urt. v. 04.01.2013 – 4 A 420/09 –; a. A. OVG Weimar, Beschl. v. 17.03.2009 – 4 EO 269/07 –, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 -, NStN 2007, 186 = DVBl. 2007, 851; VG Greifswald, Urt. v. 22.11.2013 – 3 A 217/12 –, juris; vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht auch VGH Kassel, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 A 1884/12 – juris, das Revisionsverfahren hierzu ist beim BVerwG – 9 B 9/13 – anhängig). Auch bei einer Eigentümeridentität kann in diesen Fällen nicht ohne Weiteres vergleichbar mit den Anliegergrundstücken in der Regel angenommen werden, die Anlage werde vom „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück wegen ihrer räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus.

35

Das Straßenausbaubeitragsrecht ist ausgerichtet auf einen Vorteilsausgleich; Grundstücke sollen sich an diesem Vorteilsausgleich beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Verkehrsanlage ein nennenswerter Vorteil zuwächst. Das Ausmaß des einem Grundstück vermittelten Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von ihm aus zu erwartenden (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage. Je weniger diese Anlage von einem Grundstück erfahrungsgemäß in Anspruch genommen werden wird, desto weniger wertvoll ist für dieses Grundstück die ihm gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage. Ist die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit für ein (Hinterlieger-)Grundstück objektiv wertlos, weil nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grundstück aus die ausgebauten Verkehrsanlage in einem relevanten Umfang in Anspruch genommen werden wird, hat dieses Grundstück aus der gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit keinen nennenswerten Vorteil, scheidet deshalb aus dem Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke aus (OVG Magdeburg, Urteil v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –, KStZ 2007, 178, zit. n. juris; so auch OVG Bautzen, Urteil v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 35, Rn. 24) und kann nicht mehr von einer „qualifizierten“ Inanspruchnahmemöglichkeit im Sinne der vorstehend erörterten Bestimmungen gesprochen werden. Eine mit Blick auf anderweitige Verbindungen oder Verbindungsmöglichkeiten des Hinterliegergrundstücks zum gemeindlichen Verkehrsnetz trotz Eigentümeridentität bloß theoretische, aber unwahrscheinliche Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht, weil daraus kein erwartbarer Vorteil im vorstehenden Sinne abgeleitet werden könnte. Denkbar ist, dass sich die Inanspruchnahmemöglichkeit als objektiv wertlos erweist, wenn das „nicht gefangene“ Hinterliegergrundstück eindeutig auf eine andere Straße hin ausgerichtet ist (vgl. VGH München, Urt. v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 –, juris und Beschl. v. 15.01.2010 – 6 ZB 09.545 –, juris). Das könnte beispielsweise der Fall bei einem „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück sein, das keine tatsächliche Zufahrt zum Vorderliegergrundstück hat und bei dem Eigentümeridentität besteht, wenn das im Außenbereich liegende Hinterliegergrundstück mit einem Wohnhaus (zum Beispiel der ehemaligen Hofstelle eines Landwirts) bestandsgeschützt bebaut und entsprechend genutzt wird und das Vorderliegergrundstück an einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zur entsprechenden Nutzung verpachtet ist.

36

Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Vorteil nicht nur theoretisch denkbar und eine gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit nicht objektiv wertlos, sondern (wirtschaftlich) werthaltig bzw. nennenswert ist, kann regelmäßig in der einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück erblickt werden. Denn bei einer solchen einheitlichen Nutzung spricht vieles dafür, dass das Hinterliegergrundstück vom Anliegergrundstück aus genutzt wird und umgekehrt. Die einheitliche Nutzung lässt nach Auffassung des Senats die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch vom Hinterliegergrundstück als hinreichend wahrscheinlich erwarten, sie lässt die Annahme zu, die Anlage, an der das vorgelagerte Anliegergrundstück liegt, werde auch vom Hinterliegergrundstück aus in Anspruch genommen werden. Somit strahlt der Vorteil der ausgebauten Straße für das an der Straße unmittelbar anliegende Grundstück auf das Hinterliegergrundstück aus; beide Buchgrundstücke werden neben der Eigentümeridentität über die einheitliche Nutzung mit der Folge „verklammert“, dass eine hinreichende räumlich enge Beziehung die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit in dem Sinne erwarten lässt, dass auch vom Hinterliegrundstück aus die Anlage intensiver beansprucht wird als von anderen Grundstücken aus. Da bei bestehender Eigentümeridentität nicht selten auch eine einheitliche Nutzung der Grundstücke vorliegen wird, dürfte in der Verwaltungspraxis die Forderung nach einem neben der bloßen Eigentümeridentität festzustellenden weiteren Anhaltspunkt für die Annahme der qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit in zahlreichen Fällen nicht zu anderen Ergebnissen führen, als wenn die Eigentümeridentität für sich gesehen bereits als insoweit ausreichend betrachtet werden würde.

37

So liegt der Fall hier. Die Flurstücke werden tatsächlich einheitlich wirtschaftlich genutzt und ein Zugang (nicht Zufahrt) über das Anliegergrundstück besteht tatsächlich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Flurstücke in gleichem Maße genutzt werden, vielmehr kann auch ein Grundstück die (Haupt)nutzung des anderen nur unterstützen. Es müssen also nicht auf beiden Grundstücken Ferienwohnungen vorhanden sein. Hier sind auf dem Anliegergrundstück Parkflächen und Gartenflächen vorhanden. Der Kläger bezeichnet selbst beide Grundstücke zusammen als „Betriebsgrundstück“ und verwendet in seinem Internetauftritt hierfür eine zusammenfassende Flächengrößenangabe von „ca. 2.600 qm“. Auch räumt der Kläger ein, dass auf dem Anliegergrundstück Parkplätze für Gäste seiner auf dem Hinterliegergrundstück betriebenen Ferienwohnungen vorhanden sind. Dabei ist der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass es sich um sieben Parkplätze handelt. Der Kläger hat hierzu nur erklärt, dass es „wenige“ seien. Warum für diese Parkplätze nach Ansicht des Klägers nur eine „theoretische“ Inanspruchnahmemöglichkeit bestehe, hat er nicht begründet. Ein dauernder Hinderungsgrund für die Nutzung der Parkplätze ist weder von ihm vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem werden die Feriengäste über das Hinweisschild mit dem Richtungspfeil sogar (vom Kläger) aufgefordert, die Zufahrt zur „Pension R.“ über die ausgebaute Straße „P.“ zu wählen und nicht etwa die Zufahrt über die Straße „Nordseite“.

38

Auch ist ein fußläufiger Zugang zum Hinterliegergrundstück gegeben. Auf eine Zufahrtsmöglichkeit mit dem Auto kommt es nicht an, zumal die Parkplätze an der rechten (östlichen) Seite des Anliegergrundstücks unmittelbar dem bis auf die Grenze zwischen den Grundstücken gebauten Gebäude vorgelagert sind, sodass zumindest dieses Gebäude leicht von diesen Stellplätzen aus erreicht werden kann.

39

In der Gesamtschau entlasten diese Parkflächen somit jedenfalls die Parksituation auf dem Hinterliegergrundstück und unterstützen somit die wirtschaftliche Ferienwohnungsnutzung des Hinterliegergrundstücks. Ob es sich dabei um baurechtlich notwendige Stellplätze handelt, kann hier dahinstehen bleiben.

40

Im Übrigen ist auch das restliche Anliegergrundstück als Gartenfläche für die „Pension R.“ nutzbar.

41

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –) zugrunde lag, nicht vergleichbar ist. Denn im dortigen Fall war in dem Bereich, in dem das Vorder- an das Hinterliegergrundstück angrenzt, das Vorderliegergrundstück vollständig mit einem Hotel überbaut und es gab nur einen Durchgang vom Hotel zur Tiefgarage auf dem Hinterliegergrundstück, der über einen Treppenschacht und ein Gitterrost führte und der als Fluchtweg aus brandschutzrechtlichen Gründen geschaffen wurde. Nach dem im dortigen Verfahren vom Verwaltungsgericht festgestellten (unstreitigen) Sachverhalt wurde diese Verbindung von den Hotelgästen nicht genutzt.

42

Hinsichtlich der Rechtsanwendung im Übrigen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Insbesondere bestehen gegen den Zuschlag für die „gewerbliche“ Nutzung des Grundstücks von 0,5 gemäß § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung keine Bedenken. Diese Vorschrift lautet:

43

„Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung wird der nach Abs. 2 festgelegte Faktor um 0,5 erhöht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen (…) ….gebietes liegt oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplangebietes überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise (z. B. Verwaltungs-, Schul-, Post-, Bahnhofsgebäude, Parkhäuser, Praxen für freiberufliche Tätigkeit; Museen) genutzt wird.“

44

Der Zuschlag wäre schon dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nicht nur Ferienwohnungen vermietet, sondern mit einem Pensionsbetrieb eine der gewerblichen Nutzung vergleichbare Nutzung i. S. v. § 6 Abs. 6 der Satzung ausübt. Für eine „Pension“ spricht neben dem Namen „Pension R.“ auch, dass der Kläger nach seiner Preisliste (auf seiner Internetseite auch im Jahr 2014) nach Absprache auch Frühstück (5 €/P.) anbietet und somit typische Pensionsleistungen bereit hält, die über die bloße Vermietung hinausgehen. Auch die Größe der Anlage (insgesamt 18-22 Betten laut Internetseite 2014) spricht ebenso dafür wie die „Gewerbe-Anmeldung“ nach der GewO vom 05.08.1996. Auch dort ist neben Zimmervermietung, Vermietung von Ferienwohnungen eine Fremdenpension (13 Betten) angegeben. Indiz dafür, dass nicht nur eine bloße Vermietung erfolgt, sondern die Gäste auch betreut werden, ist, dass nach der Gewerbeanmeldung die „Zahl der bei Geschäftsaufnahme tätigen Personen (ohne Inhaber)“ mit „Vollzeit: 1“ angegeben worden ist. Zwar hat der Kläger nach der Darstellung im Widerspruchsbescheid wohl eine Gewerbeummeldung am 25. Juli 2011 auf „Vermietung von Wohnraum“ vorgenommen. Diese Ummeldung erfolgte jedoch erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und wirkt nicht zurück.

45

Letztlich kann es jedoch dahinstehen bleiben, ob der Kläger eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet, weil die Vorschrift des § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung mit dem Begriff der Nutzung in einer „der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise“ nicht auf eine (privat-)wirtschaftlich einem Gewerbe ähnliche Nutzung abstellt, wie sich schon daran zeigt, dass in der Norm als Beispiele für eine solche Nutzung auch öffentliche Verwaltungseinrichtungen aufgezählt werden. Sinn und Zwecks des Zuschlagsfaktors ist es vielmehr, den gegenüber einer Wohnnutzung wie bei einem Gewerbe erhöhten Straßenverkehr zu berücksichtigen. Darauf weist auch die Formulierung „Grundstücke mit erhöhtem Ziel- und Quellverkehr“ in § 7 Abs. 7 Satz 3 1. Spiegelstrich der Straßenbaubeitragssatzung hin. Eine solche erhöhte Nutzung durch Feriengäste erfolgt sowohl bei Ferienwohnungsvermietung als auch bei einem Pensionsbetrieb durch einen erhöhten An- und Abreiseverkehr. Für diese erhöhte Straßennutzung ist es gleichgültig, ob für die Gäste neben der Übernachtungsmöglichkeit noch zusätzliche (Pensi-ons-)Leistungen wie Frühstück und Gästebetreuung erbracht werden. Allein die Anzahl von sieben Stellplätzen auf dem Anliegergrundstück und noch mehreren auf dem Hinterliegergrundstück weist auf diese erhöhte Verkehrsnutzung hin.

46

Die konkrete Ausnutzung des Grundstücks im vorliegenden Fall zeigt im Vergleich mit einer typischen Wohnnutzung anschaulich, dass die Satzungsregelung über die Erhöhung des Nutzungsfaktors mit einem Zuschlag von 0,5 – also um 50 % – nicht unangemessen ist.

47

Mit den in § 8 Abs. 2 c) der Straßenbaubeitragssatzung aufgeführten „Campingplätzen, Zeltplätzen, Wochenend- und Ferienhaussiedlungen oder Badestränden“ im Außenbereich, für die nur eine Messzahl von 1,0 festgelegt ist, ist die wirtschaftliche Nutzung der klägerischen Grundstücke auch durch Ferienwohnungsvermietung nicht vergleichbar. Camping- und Zeltplätze werden typischerweise saisonal und nicht ganzjährig genutzt, jedenfalls nicht in vollem Umfang, und weisen daher nicht ganzjährig eine erhöhte Verkehrsnutzung auf. Entsprechendes gilt für Ferienhaussiedlungen, die zwar ganzjährig genutzt werden können, bei denen es sich jedoch typischerweise um Grundstücke mit jeweils nur einem Ferienhaus handelt, sodass je Grundstück – anders als bei der Ferienwohnungsanlage des Klägers – nur ein oder nur wenige Nutzer vorhanden sind, die keinen wesentlich erhöhten Ziel- oder Quellverkehr ausmachen.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

50

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Straßenbaubeitrag für die Gemeindestraße „Am Seeufer“ in Waren (Müritz). Die Straße verläuft östlich der Binnenmüritz in nördliche Richtung. Sie beginnt an der Einmündung in die Papenbergstraße und verläuft dann in nördliche Richtung. Auf Höhe der Einmündung der Großen Gasse geht die Straße „Am Seeufer“ in die Müritzstraße über. Die Müritzstraße liegt im Geltungsbereich der Satzung der Stadt Waren Müritz über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „Südliche Innenstadt“ vom 05.01.1993. Durch Satzung vom 04.07.2002 wurde die Sanierungssatzung lediglich im Bereich westlich der Müritzstraße aufgehoben.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücks Flurstück G1 in einer Größe von 12.542.780 m², das aus dem Grundstück G2 hervorgegangen ist. Das Grundstück besteht überwiegend aus Wasserflächen der Müritz bzw. Binnenmüritz. Es liegt westlich des zwischen den Knoten Papenbergstraße und Große Gasse verlaufenden Abschnitts der Gemeindestraße „Am Seeufer“. Das Grundstück grenzt nicht an diese Straße an, sondern ist durch Grundstücke, die im Eigentum Dritter stehen, von der Straße getrennt.

3

Der nördliche Teil des Uferbereichs auf Höhe der Anliegergrundstücke Flurstücke G3 und G4 von den Nutzern dieser Grundstücke (Fischereibetrieb bzw. Marina) genutzt. Eine vertragliche Grundlage für die Nutzung besteht nach den Angaben der Klägerin nicht. In diesem Bereich des Ufers befinden sich Bootsschuppen und Freiterrassen. Die Zufahrt erfolgt über die Anliegergrundstücke Flurstücke G3 bzw. G4. Ein vertragliche Absicherung der Zufahrt besteht nicht.

4

Der südlich daran anschließende Teil des Uferbereichs auf Höhe der Grundstücke Flurstücke G5 und G6 wird auf vertraglicher Grundlage von einem Angelsportverein genutzt, der dort sei ca. 100 Jahren eine Bootsschuppenanlage betreibt. Die Zuwegung erfolgt über das im Eigentum der Stadt Waren (Müritz) (künftig: Stadt) stehende Grundstück Flurstücke G5 und G6. Die Zuwegung ist durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Angelsportverein und der Stadt gesichert. Am 25.03.2008 bewilligte die Stadt ohne Mitwirkung der Klägerin die Eintragung eines Wegerechtes in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin für die Grundstücke Flurstücke G5 und G6, die in der Folgezeit im Grundbuch von Waren – Blatt … – eingetragen wurde.

5

Für den weiter südlich gelegenen Teil der Uferbereichs auf Höhe der Grundstücke Flurstücke G7, G8, G9, G10 und G11 besteht ein Nutzungsvertrag mit der Stadt, die dort einen Uferwanderweg anlegen will.

6

In dem Zeitraum 1997 bis 2005 ließ die Stadt die Straße „Am Seeufer“ in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung ging im Jahre 2006 beim Beklagten ein. Für die Baumaßnahme wurden Fördermittel aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Verbindung mit Mitteln des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ ausgereicht. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung liegt dem Beklagten seit dem 11.07.2008 vor.

7

Mit Änderungsbescheid zum Vorausleistungsbescheid vom 19.11.2007 hatte der Beklagte die Klägerin für den zwischen den Knoten Papenbergstraße und Große Gasse verlaufenden Abschnitt der Straße „Am Seeufer“ zu einer Vorausleistung (100 v.H.) auf den Straßenausbaubeitrag (Teileinrichtung Fahrbahn) i.H.v. 43.998,31 EUR herangezogen. Unter dem 27.11.2007 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.11.2007 ein, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2009 zurückgewiesen wurde.

8

Am 05.03.2009 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Das Grundstück Flurstück 1/33 sei Bestandteil einer Bundeswasserstraße und damit nicht bevorteilt. Ungeachtet dessen sei es aus Sicht des abgerechneten Abschnitts der Straße „Am Seeufer“ ein nicht bevorteiltes Hinterliegergrundstück. Die Benutzung der Anlage sei ohne dingliche Sicherung der vorhandenen Zuwegungen nicht auf Dauer gewährleistet. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit sei mangels einer entsprechenden Einigung der Beteiligten nicht entstanden. Ihre Eintragung im Grundbuch sei daher fehlerhaft. Ein Notwegerecht bestehe ebenfalls nicht, weil die Klägerin zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks nicht auf eine Straßenanbindung angewiesen sei. Bei dem Grundstück Flurstück G2 handele es sich nicht um ein gefangenes Hinterliegergrundstück, da es an das ebenfalls im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück Flurstück G12 angrenze. Auf diesem Grundstück (G.-Allee in W.) befinde sich die Außenstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes Lauenburg. Schließlich habe die Klägerin ein etwaiges Notwegerecht nicht geltend gemacht, so dass es an der für seine Entstehung erforderlichen Willenserklärung fehle.

9

Die Klägerin beantragt,

10

den Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er ist der Auffassung, die Heranziehung der Klägerin sei im Wesentlichen rechtmäßig. Das Grundstück der Klägerin sei von der abgerechneten Maßnahme bevorteilt, da zumindest die Zuwegung zur Straße „Am Seeufer“ über die Grundstücke Flurstücke G5 und G6 durch die beschränkt persönliche Grunddienstbarkeit dauerhaft gesichert sei. Deren Bestellung bedürfe nicht der Mitwirkung der Klägerin. Zudem sei der öffentliche Glaube des Grundbuchs zu berücksichtigen. Etwaige Fehler im Rahmen der Beitragsermittlung könnten im Rahmen des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheides behoben werden.

14

Mit Beschluss vom 12.01.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Vorausleistungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Der Vorausleistungsbescheid verstößt gegen § 7 Abs. 4 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V), da die sachliche Beitragspflicht für die Baumaßnahme an der Straße „Am Seeufer“ vor Erlass des Widerspruchsbescheides entstanden war (1.). Ungeachtet dessen ist die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in den Vorteilsausgleich fehlerhaft (2.).

17

1. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist. Daraus folgt, dass die Vorausleistung nicht mehr verlangt werden darf, wenn die Beitragsschuld nicht mehr „künftig“, sondern „aktuell“ ist. „Aktuell“ ist die Beitragsschuld, sobald die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Von diesem Zeitpunkt an ist der Erlass eines Vorausleistungsbescheides unzulässig.

18

Vorliegend ist die sachliche Beitragspflicht mit dem Eingang des Ergebnisses der Verwendungsnachweisprüfung für die für die Baumaßnahme ausgereichten Fördermittel am 11.07.2008 entstanden. Ausweislich des Eingangsstempels lag der diesbezügliche Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 08.07.2008 dem Beklagten seit diesem Zeitpunkt vor. Zwar entsteht die Beitragspflicht nach § 8 Abs. 5 erste Var. KAG M-V mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „endgültige Herstellung“ wird in § 9 Satz 1 der Satzung der Stadt Waren (Müritz) über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 16.08.2000 (Straßenbaubeitragssatzung – SBS). Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Dies ist nach Satz 2 l.cit. frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Allerdings führt das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht in allen Fällen zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Vielmehr gibt es nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (vgl. nur OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.10.2008 - 1 L 104/05 - n.V.; Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabenrecht, Stand Juli 2009, § 8 Anm. 1.7) über die in § 8 Abs. 5 KAG M-V unmittelbar bzw. ausdrücklich im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale hinausgehende - ungeschriebene - Tatbestandsmerkmale, die verwirklicht sein müssen, damit die sachliche Beitragspflicht. Bei der Gewährung von Zuwendungen, die - wie hier - auch den Beitragspflichtigen zu Gute kommen können, entsteht die sachliche Beitragspflicht erst, wenn der maßgebliche umlagefähige Aufwand bestimmt werden kann, also erst, wenn der Zuschussgeber mit dem Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung die endgültige Zuschusshöhe mitgeteilt hat. Dies ist vorliegend mit dem Bescheid vom 08.07.2008 erfolgt. Diesem Umstand trägt § 9 Satz 2 SBS mit der Wendung Rechnung, dass die Beitragspflichtfrühestens mit dem Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung entsteht. Damit ist die sachliche Beitragspflicht für die Baumaßnahme an der Straße „Am Seeufer“ am 11.07.2008 entstanden.

19

Der Vorausleistungsbescheid vom 19.11.2007 ist zwar vor diesem Zeitpunkt erlassen worden, der Widerspruchsbescheid datiert jedoch vom 09.02.2009 und ist nach der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erlassen worden. Er ist daher fehlerhaft. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle der Anfechtungsklage gegen einen beitragsrechtlichen Vorausleistungsbescheid der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.11.2010 – 9 S 29.10 – juris [zum Erschließungsbeitragsrecht] und VG Magdeburg, Beschl. v. 10.05.2010 – 9 B 435/09 – juris [zum Anschlussbeitragsrecht]). Der Auffassung, wonach maßgeblicher Zeitpunkt bereits der des Erlasses des Ausgangsbescheides ist (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8, Rn. 133, 142), folgt das erkennende Gericht nicht (noch offen gelassen von VG Greifswald, Urt. v. 19.08.2011 – 3 A 309/09 – juris Rn. 23). Denn sie übersieht, dass Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Damit sind Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Vorauszahlungsbescheids bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids zu berücksichtigen.

20

Abweichendes folgt auch nicht aus § 7 Abs. 4 Satz 3 KAG M-V. Nach dieser Vorschrift ist die Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht endgültig beitragspflichtig ist. Zwar betrifft die Bestimmung (nachträgliche) Veränderungen in der Person des Beitragspflichtigen, ohne danach zu differenzieren, ob die Veränderungen vor oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingetreten sind. Allerdings ist ihr Anwendungsbereich auf den Fall des Eigentümerwechsels bzw. den Wechsel des dinglich Berechtigten (§ 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 KAG M-V) beschränkt. Für die hier interessierende Fragestellung gibt die Bestimmung nichts her.

21

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten darf das Grundstück der Klägerin nicht als Hinterliegergrundstück in den Vorteilsausgleich einbezogen werden. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 SBS. Danach bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Dies trifft auf das Grundstück Flurstück 1/30 nicht zu.

22

Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

23

Dabei kann auch sog. Hinterliegergrundstücken eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Allerdings liegt eine Inanspruchnahmemöglichkeit - sofern Anlieger- und Hinterliegergrundstücke (wie hier) im Eigentum verschiedener Personen stehen - nur dann vor, wenn die Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück voraussichtlich auf Dauer besteht (zum Erschließungsbeitragsrecht vgl. BVerwG, Urt. v.08.05.2002 - 9 C 5/01 - NVwZ-RR 2002, 770), denn bei dem beitragsrelevanten Vorteil handelt es sich um einen Dauervorteil. Daher ist es erforderlich, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße rechtlich gesichert. Diese Sicherung kann regelmäßig durch eine Grunddienstbarkeit oder die Eintragung einer Baulast erfolgen. Weiter kann die erforderliche Absicherung der Zugangsmöglichkeit durch ein Notwegerecht im Sinne des § 917 BGB vermittelt werden (VG Greifswald, Urt. v. 16.09.2002 - 3 A 1621/01 - juris Rn. 15).

24

Vorliegend fehlt es an der erforderlichen Sicherung. Eine entsprechende Baulast existiert unstreitig nicht. Die im Grundbuch von Waren – Blatt 10041 – für das Grundstück Flurstücke G5 und G6 eingetragene beschränkt persönliche Dienstbarkeit (Wegerecht der Klägerin) ist unwirksam (a.). Ein Anspruch der Klägerin auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit oder beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an dem Grundstück Flurstücke G5 und G6 nach § 116 Abs. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) besteht ebenso wenig (b.) wie ein Notwegerecht nach § 917 BGB (c.).

25

a. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit i.S.d. § 1090 Abs. 1 BGB ist bereits deshalb nicht entstanden, weil es an der zu ihrer Entstehung erforderlichen (dinglichen) Einigung der Klägerin und der Stadt i.S.d. § 873 Abs. 1 BGB fehlt. Unstreitig hat die Klägerin an der Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht mitgewirkt. Daher fehlt es an einer entsprechenden Willenserklärung der Klägerin. Eine einseitige Erklärung des Eigentümers reicht lediglich dann aus, wenn nur ein Eigentümerrecht – eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Eigentümers des belasteten Grundgrundstücks – begründet werden soll. So liegt der Fall hier aber nicht. Der Hinweis des Beklagten auf den „öffentlichen Glauben des Grundbuchs“ hilft ihm ebenfalls nicht weiter, denn die Richtigkeitsvermutung der Grundbucheintragung (§ 891 Abs. 1 BGB) ist vorliegend widerlegt.

26

b. § 116 Abs. 1 SachenRBerG bietet ebenfalls keine Anspruchsgrundlage, die eine dauerhafte Sicherung der Zuwegung zu dem klägerischen Grundstück bieten könnte. Dabei kann dahin stehen, ob das Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Ansehung der Zuwegung zu der Bootsschuppenanlage überhaupt Anwendung findet, denn der Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit oder beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG würde nur dem Anglerverein, nicht aber der Klägerin zustehen. Die Entstehung der Vorteilslage für ein Hinterliegergrundstück setzt aber voraus, dass der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks die Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück dauerhaft nutzen kann.

27

c. Schließlich steht der Klägerin weder gegen die Stadt noch einen anderen Eigentümer eines an die Straße „Am Seeufer“ gelegenen Grundstücks ein Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts zu. Nach § 917 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer den Zugang zu seinem Grundstück über ein fremdes Grundstück nur verlangen, wenn er zur ordnungsgemäßen unmittelbaren Nutzung seines Grundstücks hierauf angewiesen ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin trägt vor, dass sie zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks nicht auf eine Anbindung zur Straße am Seeufer angewiesen ist. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks G.- Allee in W. Dieses Grundstück verfügt über einen unmittelbaren Zugang zur Müritz.

28

Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin vertraglich eine Teilfläche der Binnenmüritz an einen Angelsportverein überlassen hat, der dort eine Bootsschuppenanlage unterhält. Dabei kann dahin stehen, ob eine ordnungsgemäße Verbindung unter heutigen Verhältnissen voraussetzt, dass diese Anlage mit Pkw erreichbar ist (für Bootshäuser bejaht vom OLG Rostock, Urt. v. 04.11.1999 – 7 U 361/98 – juris Rn. 7). Denn jedenfalls ist das Bestehen eines Notwegerechts über das Grundstück Flurstücke G5 und G6 entsprechend § 918 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Vorschrift bestimmt, dass die Verpflichtung zur Duldung des Notweges nicht eintritt, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. Sie enthält nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Notwegerecht nicht mit einem Zustand begründet werden kann, den der Eigentümer durch Maßnahmen auf seinem Grundstück erst herbeiführt (Urt. v. 05.05.2006 – V ZR 139/05 – juris Rn. 13 m.w.N.). Daher ist der Umstand, dass ein Nutzungsvertrag mit dem Angelsportverein besteht, von vornherein nicht geeignet, ein Notwegerecht zu begründen. Die vorstehenden Ausführungen geltend entsprechend für die Fläche, die von dem mit der Stadt geschlossenen Nutzungsvertrag erfasst wird. Mit den übrigen Nutzern des Areals (Fischereibetrieb, Betreiber der Marina) hat die Klägerin nach eigenem Bekunden keine ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen geschlossen.

29

3. Auf die Frage, ob die Teilflächen des Grundstücks Flurstück G2, für die der Beklagte die Vorausleistung erhoben hat, Bestandteile der Bundeswasserstraße Müritz (vgl. Nr. 35 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 und § 2 Abs. 2 Bundeswasserstraßengesetz – WaStrG) sind und damit von der wegerechtlichen Widmung in § 1 Abs. 1 Nr. WaStrG erfasst werden, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

30

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.