Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 21. Nov. 2018 - 3 A 2506/17 HGW
Gericht
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 22. März 2018 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.831,68 Euro nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 6. Dezember 2017 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist wegen Ziffer 2) und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes auf dem F 1. Das Grundstück grenzt an den H-L-Weg. Der Beklagte baute die Straße H-L-Weg im Jahr 2003 aus. Die Ausbaumaßnahme wurde im Jahr 2003 abgeschlossen. Die Schlussrechnung für die Baumaßnahme stammte vom 16. Februar 2004 (Blatt 50 der Beiakte). Mit Schreiben vom 9. Mai 2005 erteilte die T. GmbH dem Beklagten eine Gutschrift für maßnahmebezogene Kosten in Höhe von 2.127,12 Euro. Die Straße H-L-Weg verläuft auf einer Fläche von etwa 30 m2 über Grundstücke, die nicht im Eigentum der Stadt A-Stadt stehen. Ein Eigentumserwerb durch die Stadt A-Stadt kam nicht zustande. Am 12. Oktober 2016 beschloss die Stadtvertretung der Stadt A-Stadt, die Satzung der Stadt A-Stadt über die Abweichung von § 9 der Straßenausbaubeitragssatzung im Rahmen der Beitragserhebung H-L-Weg (Abweichungssatzung H-L-Weg - AS-HLW). § 1 Abs. 2 AS-HLW sieht vor, dass abweichend von § 9 der Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SAS) für den im Jahr 2003 durchgeführten Ausbau des H-L-Weges bestimmt wird, dass die grundbuchrechtliche Durchführung des Grunderwerbs an den Flurstücken F 2, F 3 und F4, keine Voraussetzung für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ist. Nach ihrem § 2 sollte die Satzung am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft treten. Die Satzung wurde in der St. Zeitung vom 19. November 2016 veröffentlicht. Mit Bescheid vom 10. Januar 2017 zog der Beklagte den Kläger zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrages für den H-L-Weg in Höhe von insgesamt 6.831,68 Euro heran, den der Kläger vollständig zahlte. Gegen diesen Heranziehungsbescheid erhob der Kläger am 25. Januar 2017 Widerspruch.
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Am 5. Dezember 2017 hat der Kläger Klage erhoben und zunächst beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die bereits gezahlten 6.831,68 Euro an den Kläger zu erstatten. Der Kläger ist der Auffassung, der Bescheid des Beklagten sei rechtswidrig. Nach der Straßenausbaubeitragssatzung habe der Beitragsanspruch noch nicht entstehen können, da diese den Abschluss des Grundstückserwerbs als Merkmal des Entstehens der Beitragspflicht vorsehe. Die Abweichungssatzung H-L-Weg berechtige ebenfalls nicht zur Beitragserhebung. Die Satzung sei schon nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Die vorgenommene Veröffentlichung der Abweichungssatzung entspreche weder den Bestimmungen der Hauptsatzung noch des Kommunalrechts. Zudem entstehe nach der Abweichungssatzung die Beitragspflicht mit der Fertigstellung der Anlage, also spätestens mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung. Dies sei im Jahr 2004 gewesen. Dieser Zeitpunkt sei jedoch von der Änderungssatzung nicht erfasst. Eine nachträglich in Kraft getretene Satzung könne die Beitragsberechtigung nicht nachträglich begründen. Messe man der Abweichungssatzung Rückwirkung bei, sei wegen des Beitragsanspruchs zwischenzeitlich Festsetzungsverjährung eingetreten. Selbst bei angenommener Unwirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung sei die Beitragsforderung nicht gerechtfertigt, da dann überhaupt keine Satzung vorläge.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2017 über die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 6.831,68 Euro in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2018 aufzuheben und
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den Beklagten zu verurteilen, die bereits gezahlten 6.831,68 Euro dem Kläger nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, die Beitragserhebung sei rechtmäßig erfolgt. Es seien mehrere Anläufe unternommen worden, die Frage der Überbauung privater Grundstücksflächen zu klären. Dies sei gescheitert. Die sachliche Beitragspflicht habe aufgrund des ursprünglich geltenden Satzungsrechts deshalb nicht entstehen können. Mit Inkrafttreten der Abweichungssatzung, die ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht worden sei und auf das Erfordernis des Grundstückserwerbs verzichte, sei das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht dann herbeigeführt worden. Der Vertrauensschutz des Klägers sei nicht verletzt worden, da die Voraussetzungen für eine Beitragsforderung zum Zeitpunkt der Baumaßnahme vorgelegen hätten. Lediglich die sachliche Beitragspflicht sei zu einem späteren Zeitpunkt herbeigeführt worden. Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts B-Stadt zu Ausbaumaßnahmen in satzungsloser Zeit sei hier nicht anwendbar. Diese Rechtsprechung gehe davon aus, dass für den Beitragsschuldner im Zeitpunkt der Fertigstellung der Anlage erkennbar sein müsse, dass und inwieweit Beiträge erhoben werden könnten. Dies stehe einer Beitragserhebung hier nicht entgegen. Für den Kläger sei hier zu erkennen gewesen, dass Beiträge erhoben werden würden. Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts sei hier auch deshalb nicht anzuwenden, weil sie auf der Annahme beruhe, dass die rückwirkende Inkraftsetzung einer Beitragssatzung nur dann in Betracht komme, wenn vormals eine fehlerhafte Beitragssatzung in der Welt gewesen sei. Erschwerend komme hier hinzu, dass es der Kläger gewesen sei, der sich geweigert habe, die benötigten Straßengrundstücke an die Stadt A-Stadt zu veräußern. Der Kläger habe damit letztlich selbst verhindert, dass die Beitragspflicht nach Maßgabe der ursprünglichen Satzung entstehen konnte.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Heranziehungsbescheid vom 10. Januar 2017 zurück. Mit Schriftsatz vom 27. März 2018, der am 28. März 2018 beim Verwaltungsgericht einging, hat der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018 zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 21. November 2018 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage hat Erfolg; sie ist zulässig und begründet.
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1. Die Klage ist zulässig. Dass der Kläger die Klage vor erfolgslosem Abschluss des Vorverfahrens, § 68 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), erhoben hat, ist unschädlich. Denn die Prozessvoraussetzung des erfolglos durchgeführten Vorverfahrens kann bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über die Klage nachgeholt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.09.1983 - 7 C 97/81 -, juris Rn. 10). Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat nach Erhebung der Klage am 5. Dezember 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018, den der Kläger am 28. März 2018 zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht hat, den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 10. Januar 2017 zurückgewiesen. Sofern nicht bereits ein gesetzliche Einbeziehung des nach Klagerhebung erlassenen Widerspruchsbescheides in das laufende Verfahren eintritt (so wohl Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 75 Rn. 26 und 21), stellt die Einbeziehung des Widerspruchsbescheides jedenfalls eine nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässige Klageänderung dar. Die Einbeziehung des Widerspruchsbescheides in das laufende Klageverfahren ist sachdienlich. Der Beklagte hat sich zudem nach erfolgter Einbeziehung widerspruchlos auf die geänderte Klage eingelassen.
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2. Die Klage ist begründet.
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a) Der angefochtene Beitragsbescheid des Beklagten vom 10. Januar 2017 ist auch in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018 gefunden hat, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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aa) Der Beitragsbescheid des Beklagten kann, entgegen der Ansicht des Beklagten, nicht auf die Straßenausbaubeitragssatzung vom 19. Oktober 2012 (SAS) in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung vom 18. Dezember 2012 (1. Änderungssatzung) in Verbindung mit der Abweichungssatzung H-L-Weg gestützt werden.
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bb) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung hat das Gericht nicht. Weder werden vom Kläger Gründe, die zur Unwirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung führen können, geltend gemacht noch drängen sie sich dem Gericht auf.
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Rechtsfehlerhaft ist zwar die Vorschrift in § 5 Abs. 5 Buchst. a) SAS über den Ansatz eines nutzungsbezogenen Artzuschlages. Soweit die Vorschrift den Ansatz des nutzungsbezogenen Artzuschlages an die Belegenheit des gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstückes in einem der dort genannten Baugebietstypen knüpft, ist dies nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 1 HS 1 KAG M-V noch mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 02.04.2015 - 3 A 196/14 -, juris Rn. 22). Allerdings wirkt sich dieser Rechtsfehler auf die Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung hier nicht aus. Es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass nach dem sogenannten Grundsatz der regionalen Teilbarkeit eine fehlerhafte Verteilungsregelung nur dann zur Unwirksamkeit der Beitragssatzung und damit zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss. (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 - 1 M 242/03 -, juris Rn. 46). Davon ist hier nicht auszugehen. Die Satzungsnorm ist hier nicht angewendet worden und ist auch nicht anzuwenden gewesen, da nach den Erkenntnissen des Gerichts keine gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke zu dem Abrechnungsgebiet gehören.
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Die Unwirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung folgt auch nicht daraus, dass die Vorschrift über den Beitragsmaßstab in § 5 Abs. 2 Nr. 4 SAS, wonach für bebaute Grundstücke im Außenbereich, § 35 Baugesetzbuch (BauGB) als Grundstücksfläche für den bebauten Teil die mit Gebäuden überbaute Fläche mit dem Vervielfältiger 5, höchstens aber die tatsächliche Grundstücksgröße, berücksichtigt wird, keine Definition der Lage der sogenannten Umgriffs- oder Abgeltungsflächen enthält. Der Grundsatz der Einmaligkeit des Beitrages gebietet zwar, dass feststehen muss, für welche Grundstücksfläche die Beitragspflicht abgegolten wird, und dass ein einmal entstandener Beitrag für dasselbe Grundstück nicht zu anderer Zeit und in anderer Höhe noch einmal entstehen kann, sodass die Beitragssatzung die Lage der Umgriffsflächen bestimmen muss (vgl. zum Anschlussbeitragsrecht m.w.N. OVG Greifswald, Beschl. v. 03.12.2002 - 1 L 127/02 -, juris Rn. 6). Allerdings führt das Fehlen einer Umgriffsflächenregelung nicht zur Fehlerhaftigkeit der Maßstabsregelung insgesamt. Die Maßstabsregelung gibt Auskunft über die auf das beitragspflichtige Grundstück entfallenden Beitragseinheiten. Solange sie diese Funktion in einer unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu beanstandenden Weise erfüllt, ist sie wirksam und löst die Folgen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht aus. Die Umgriffsflächenregelung ist mit der Maßstabsregelung zwar eng verknüpft. Ihr Fehlen oder ihre Fehlerhaftigkeit hat jedoch nicht die Unvollständigkeit der Beitragssatzung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V zur Folge. Denn die Zuordnung der auf Grundlage der Umgriffsflächenregelung ermittelten Beitragseinheiten dient nicht der Ermittlung der auf das betreffende Grundstück entfallenden Beitragseinheiten, sondern soll mit Blick auf den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung lediglich gewährleisten, dass die Teilfläche des Grundstücks, für die ein Anschlussbeitrag erhoben wird, bei einer Beitragserhebung für die Restfläche – z.B. nach einer Überplanung des gesamten Grundstücks – nicht nochmal berücksichtigt wird (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 27.04.2009 – 2 LB 64/08 –, juris Rn. 33 ff.). Die Flächezuordnung gehört damit nicht zur eigentlichen Maßstabsregel. Eine Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsregelung kann sich daher erst bei einer weiteren Beitragserhebung für das betreffende Grundstück auswirken (VG Greifswald, Urt. v. 05.05.2018 – 3 A 619/15 HGW –, juris Rn. 43). Zudem ist im Bereich des Straßenausbaubeitragsrechts ein Bedürfnis für eine derartige Vorschrift, die erst im Fall von Beitragsnacherhebungen zum Tragen kommt, nicht ersichtlich. Im Straßenausbaubeitragsrecht sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich sind, was spätere Änderungen rechtlicher oder tatsächlicher Art unbeachtlich erscheinen lässt (vgl. m.w.N. Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Anm. 1.7 zu § 8, Stand 07/2013).
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cc) Die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag für die Ausbaumaßnahme H-L-Weg ist dennoch nicht gerechtfertigt.
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(1) Auf Grundlage allein der Straßenausbaubeitragssatzung, die sich in der Fassung der 1. Änderungssatzung ihrerseits Rückwirkung ab dem 13. Mai 1991 beimisst, konnte die sachliche Beitragspflicht für die Ausbaumaßnahme H-L-Weg bisher nicht entstehen. Sie berechtigt deshalb nicht zur Beitragserhebung.
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Nach § 9 Satz 1 SAS entsteht die sachliche Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Das ist frühestens mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung der Fall (§ 9 Satz 2 SAS). Neben dem Abschluss der Baumaßnahme und dem Feststehen der Kosten stellt die Vorschrift mit der grundbuchrechtlichen Durchführung des Grunderwerbs zulässigerweise ein weiteres Entstehensmerkmal auf. Dem steht höherrangiges Recht nicht entgegen. Die Vorschrift des § 8 Abs. 5 KAG M-V, wonach die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung entsteht, ist insoweit nicht abschließend und steht der Bestimmung weiterer Entstehensmerkmale nicht entgegen. Insbesondere die Durchführung des Grunderwerbs kann der Ortsgesetzgeber als zusätzliches Merkmal für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bestimmen (vgl. m.w.N. OVG Greifswald, Urt. v. 27.01.2016 - 1 L 1/12 -, juris Rn. 29). Das Merkmal des erforderlichen Grunderwerbs ist dabei dahin zu verstehen, dass damit der Erwerb aller Flächen gemeint ist, über die die ausgebaute Anlage beziehungsweise Straße unmittelbar verläuft (vgl. OVG Greifswald a.a.O., Rn. 32).
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Zwischen den Beteiligten ist hier unstreitig, dass das Entstehensmerkmal der grundbuchrechtlichen Durchführung des erforderlichen Grunderwerbs für die Ausbaumaßnahme H-L-Weg nicht erfüllt ist. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass die Straße auf einer Fläche von etwa 30 m2 über Grundstücke (Flurstücke F 2, F 3, F4,) verläuft, die nicht im Eigentum der Stadt A-Stadt, sondern - jedenfalls teilweise - im Eigentum des Klägers stehen. Der erforderliche Grunderwerb ist damit bisher nicht durchgeführt worden. Das steht der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht entgegen. Zwar mag sich aus Sicht des Beklagten die Situation, dass das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht - und damit die Beitragserhebung insgesamt - an der Verweigerung der Anlieger, erforderliche Grundstücke zu veräußern, scheitert, als misslich darstellen. Allerdings steht die „Bösgläubigkeit“ der Grundstückseigentümer dem Eintritt der Rechtsfolge (Nichtentstehen der sachlichen Beitragspflicht) nicht entgegen. Maßgeblich ist allein die Frage, ob die Tatbestandsmerkmale der Entstehensregel erfüllt sind. Nicht maßgeblich sind indessen die Umstände, die zu deren Nichterfüllung geführt haben mögen.
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(2) Der Erlass der Abweichungssatzung H-L-Weg vom 12. Oktober 2016 berechtigt den Beklagten ebenfalls nicht zur Beitragserhebung für die hier in Rede stehende Ausbaumaßnahme.
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aaa) Es ist der Stadt A-Stadt zunächst nicht verwehrt, Maßnahmensatzungen zu erlassen, die von den allgemeinen Vorschriften ihrer Straßenausbaubeitragssatzung abweichende Regelungen in Bezug auf eine einzelne Ausbaumaßnahme treffen (vgl. Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., Anm. 1.3.1 zu § 8 sowie m.w.N. Driehaus in ders., Kommunalabgabenrecht - Band II, 9/2015, § 8 Rn. 444). Gegen den Erlass der Abweichungssatzung H-L-Weg ist deshalb im Grundsatz nichts einzuwenden. Dass diese maßnahmebezogene Satzung unter Abweichung von § 9 Satz 1 SAS auf das Merkmal der grundbuchrechtlichen Durchführung des Grunderwerbs für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht verzichtet, ist für sich genommen ebenfalls nicht bedenklich. Denn dieses Entstehensmerkmal darf - wie bereits ausgeführt - durch Satzung zulässigerweise geregelt werden, ist jedoch nicht von höherrangigem Recht geboten.
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bbb) Die Abweichungssatzung H-L-Weg erweist sich aber als unwirksam, weil nicht feststellbar ist, dass sie ordnungsgemäße öffentlich bekanntgemacht worden ist.
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Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Kommunalverfassung (KV M-V) sind Satzungen, also auch Abgabensatzungen, öffentlich bekanntzumachen. Die öffentliche Bekanntmachung einer Satzungsnorm ist Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 08.10.2014 - 1 L 168/11 -, juris Rn. 25; Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., Stand 11/2015, Anm. 8.5 zu § 2). Unterbleibt die öffentliche Bekanntmachung oder erfolgt sie fehlerhaft, wird die Satzungsnorm nicht wirksam.
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Wie die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen zu erfolgen hat, insbesondere die Form, Fristen und das Verfahren, bestimmt die Gemeinde im Rahmen der auf Grundlage von § 174 Abs. 1 Nr. 2 KV M-V erlassenen Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO) in der Hauptsatzung (§ 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 KV M-V). Die Form der öffentlichen Bekanntmachung ist gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KV-DVO in der Hauptsatzung festzulegen. § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Hauptsatzung der Stadt A-Stadt vom 7. Mai 2015 (Hauptsatzung - HS) bestimmt, dass Bekanntmachungen von Satzungen der Stadt A-Stadt, soweit es sich nicht um solche nach dem Baugesetzbuch handelt, im Internet, zu erreichen über die Internetseite des Amtes St. Land über den Menüpunkt „Ortsrecht“, erfolgen. Darüber hinaus werden Satzungen im amtlichen Bekanntmachungsblatt „St. Zeitung“ veröffentlicht (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 HS). Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 HS ist die Bekanntmachung und Verkündung mit Ablauf des ersten Tages bewirkt, an dem die Bekanntmachung in der Form des Absatzes 1 im Internet verfügbar ist. Dieser Tag wird in der Bekanntmachung vermerkt. Für den hier gegebenen Fall der öffentlichen Bekanntmachung im Internet ordnet § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KV-DVO an, dass in der Hauptsatzung die Internetadresse anzugeben ist.
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Dass die Bekanntmachung in der von § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS bestimmten Form erfolgt ist, kann das Gericht hier nicht feststellen. Nach den Regelungen der Hauptsatzung soll eine rechtsfolgenauslösende (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; § 5 Abs. 5 Satz 1 KV M-V) öffentliche Bekanntmachung ausschließlich im Internet auf der Internetseite www. de erfolgen. Das ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 3 HS, der wegen der Bewirkung der Bekanntmachung auf die Verfügbarkeit der Bekanntmachung im Internet abstellt. Sowohl aus den von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgängen (Blatt 32 der Beiakte I) als auch aus dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 22. März 2018 ergibt sich indessen, dass eine Veröffentlichung in der St. Zeitung vom 19. November 2016 erfolgt ist. Von einer Bekanntmachung im Internet und noch dazu auf der in der Hauptsatzung genannten Internetseite ist hingegen keine Rede. Nichts anderes folgt auch aus dem mit Schriftsatz vom 13. September 2018 übersandten Screenshot. Auf diesem ist vermerkt: „am 19.11.2016 in der St. Zeitung erschienen, somit am 20.11.2016 bekannt gegeben“. Dass eine den Maßgaben des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS genügende öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, ist den Ausführungen des Beklagten indessen nicht zu entnehmen. Der Beklagte hat mit dem Schriftsatz vom 13. September 2018 selbst eingeräumt, dass in § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS angegebene Internetseite nicht mehr existiere und stattdessen eine Weiterleitung auf die Internetseite.de erfolge. Das entspricht gerade nicht den Maßgaben des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS. Seit wann dies der Fall ist und ob die Abweichungssatzung H-L-Weg jemals auf der Internetseite www. de eingestellt worden ist, hat er nicht erläutert. Soweit der Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Abweichungssatzung H-L-Weg die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS genannte Internetseite noch existiert habe und die Abweichungssatzung H-L-Weg dort eingestellt worden sein soll, handelt es sich dabei um eine nicht näher substantiierte und nicht belegte Behauptung. Sie steht noch dazu nicht in Einklang mit dem früheren Vortrag des Beklagten in dem Schriftsatz vom 13. September 2018, wonach die Satzung am 9. November 2016 auf der Internetseite der Stadt A-Stadt eingestellt worden sein soll. Zudem ergibt, wenn denn die Satzung im Internet zutreffend zur Verfügung gestellt worden sein soll, der Vermerk auf dem übersandten Screenshot keinen Sinn. Der Screenshot selbst belegt die Behauptung ebenso wenig. Er mag eine Liste von irgendwo (im Internet) verfügbaren Satzungen zeigen, sagt aber nichts über eine § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS entsprechende Bekanntmachung auf der maßgeblichen Internetseite aus. Selbst wenn indessen eine Bekanntmachung auf der in § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS genannten Internetseite erfolgt sein sollte, sind die näheren Umstände der Bekanntmachung gleichermaßen nicht nachvollziehbar. Der von § 11 Abs. 1 Nr. 3 HS geforderten Vermerk über den Zeitpunkt der Bewirkung der öffentlichen Bekanntmachung im Internet ist nicht ersichtlich. Dasselbe gilt für die Einhaltung von § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 4 KV-DVO, wonach, wenn die öffentliche Bekanntmachung amtsangehöriger Gemeinden auf der Internetseite des Amtes erfolgt, der Internetnutzende abweichend höchstens mit zwei Mausklicks von Startseite in den Bereich des gemeindlichen Ortsrechts gelangen muss. Hierzu hat der Beklagte nichts dargelegt, da die Internetseite www. de nicht mehr existiere und er über keine Aufzeichnungen der Art und Weise der Bekanntmachung verfüge.
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Eine gegebenenfalls zeitlich nachfolgende erneute Veröffentlichung der Satzung auf der Internetseite .de ist für die Bewirkung der öffentlichen Bekanntmachung nicht ausreichend. Sie entspricht nicht den Bestimmungen der Hauptsatzung. Der Hauptsatzung kommt insoweit bestimmender und individualisierender Charakter zu, als dass durch die Angabe der einzig maßgeblichen Internetseite für jedermann klar erkenntlich sein muss, an welchem Ort eine rechtsfolgenauslösende öffentliche Bekanntmachung erfolgt. Allein dies wird auch § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KV-DVO gerecht, der die Angabe „der“ Internetadresse fordert. Die Sache liegt bei Bekanntmachungen im Internet insoweit nicht anders als in Fällen der Bekanntmachung mittels eines Bekanntmachungsblattes. Wenn die Gemeinde sich statt des bisherigen Bekanntmachungsblattes eines anders benannten Bekanntmachungsblattes bedienen möchte, wäre auch in diesem Fall aus Gründen der Bestimmbarkeit eine - zutreffende - namentliche Bezeichnung und eine Änderung der Hauptsatzung erforderlich (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KV-DVO).
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Für die Bewirkung der öffentlichen Bekanntmachung der Abweichungssatzung H-L-Weg ebenfalls unzureichend ist, dass die Abweichungssatzung H-L-Weg zusätzlich in der St. Zeitung veröffentlicht wurde. Aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 4 Satz 2 KV M-V und § 3 Abs. 2 Satz 1 KV-DVO, der jeweils davon spricht, dass „die Form der öffentlichen Bekanntmachung“ (Singular) in der Hauptsatzung zu bestimmen ist, ergibt sich, dass die Hauptsatzung grundsätzlich eine einzige Bekanntmachungsform zu bestimmen hat. Daraus folgt zugleich, dass - ungeachtet der Möglichkeit der Notbekanntmachung nach § 3 Abs. 3 KV-DVO und der Ersatzbekanntmachung nach § 4 KV-DVO - die öffentliche Bekanntmachung wirksam nur in der einen Form, die in der Hauptsatzung bestimmt ist, erfolgen kann. Diese Bestimmung ist hier - wie bereits dargelegt - mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 HS im Sinne einer öffentlichen Bekanntmachung im Internet getroffen. Die zusätzliche Veröffentlichung in der St. Zeitung, wird in § 11 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 HS zwar erwähnt und für den Sonderfall der Satzungen und Bekanntmachungen nach dem Baugesetzbuch in § 11 Abs. 4 HS speziell ausdrücklich geregelt. Dies gilt jedoch nicht für Satzungen, die nicht auf Grund des Baugesetzbuches erlassen werden. Für alle anderen Satzungen mag es sich bei der Veröffentlichung in der St. Zeitung um einen Service handeln. Er bewirkt aber keine öffentliche Bekanntmachung.
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b) Der Kläger hat ferner Anspruch auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 6.831,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit.
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Hebt das Gericht einen bereits vollzogenen Verwaltungsakt auf, so kann es nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Die Voraussetzungen des prozessualen Vollzugsbeseitigungsanspruchs liegen vor. Der Kläger hat den festgesetzten Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.831,68 Euro an den Beklagten gezahlt, sodass der Verwaltungsakt schon vollzogen wurde, wobei der Beitrag nach den vorstehenden Ausführungen zu Unrecht gezahlt worden ist. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 262 Satz 1 ZPO und §§ 291 Satz 1 und 2, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie § 90 Satz 1 VwGO, § 187 Abs. 1 BGB (an.).
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3. Für den Fall einer erneuten Heranziehung des Klägers nach einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Abweichungssatzung weist die Kammer vorsorglich darauf hin, dass ein rückwirkendes Inkrafttreten der Satzung für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht erforderlich ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die Abweichungssatzung mit Wirkung für die Zukunft („ex-nunc“) in Kraft tritt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Im Straßenausbaubeitragsrecht entsteht die sachliche Beitragspflicht nach § 8 Abs. 5 Var. 1 KAG M-V mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Der Begriff der Herstellung ist nicht (nur) in einem tatsächlichen Sinn, sondern im beitragsrechtlichen Sinn zu verstehen. Neben dem tatsächlichen Abschluss der im Ausbauprogramm vorgesehenen Maßnahme (Bauabnahme) und ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen, die verwirklicht sein müssen, damit die sachliche Beitragspflicht entsteht (etwa das Vorliegen der letzten Unternehmerrechnung), kann das Ortsrecht - wie bereits ausgeführt - zusätzliche Merkmale, wie etwa den Grunderwerb als Herstellungsmerkmal, fordern.
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Überdies geht das OVG Greifswald davon aus, dass Straßenbaubeiträge nur dann erhoben werden dürfen, wenn der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht im zeitlichen Geltungsbereich einer wirksamen Beitragssatzung liegt. Es reicht damit nicht aus, dass eine wirksame Satzung ohne Rückwirkung der Vorteilslage nachfolgt (Beschl. v. 29.07.1997 - 6 M 93/97 -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 09.06.1999 - 1 L 307/98 -, juris Rn. 27 ff.). Daran hält das OVG Greifswald in ständiger Rechtsprechung fest (Beschl. v. 20.03.2018 - 1 L 292/15 -, juris Rn. 16). Lediglich der Begriff „Vorteilslage“ wird wegen seiner erstmaligen Verwendung in § 12 Abs. 2 Nr. 1 KAG M-V in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 2016 (GVOBl. M-V S. 584) in dem hier in Rede stehenden Sinnzusammenhang nicht mehr gebraucht (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 17.04.2018 - 1 L 389/15 -, juris Rn. 16).
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Diese Rechtsprechung ist auf die nachträgliche Modifikation der Herstellungsmerkmale einer wirksamen Straßenausbaubeitragssatzung durch Erlass einer Maßnahmesatzung nicht übertragbar. Neben systematischen Erwägungen nennt das OVG Greifswald als Grund für das Rückwirkungserfordernis unter anderem im Anschluss an eine vergleichbare Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 23.08.1989 - 9 L 153/89 -, juris) den Gedanken des Vertrauensschutzes (vgl. OVG Greifwald, Beschl. v. 29.07.1997 - 6 M 93/97 -, juris Rn. 29). Der Bürger darf darauf vertrauen, dass Maßnahmen beitragsfrei bleiben, die vor Inkrafttreten der Satzung beendet worden sind (vgl. OVG Greifswald a.a.O.). Damit sind die Fälle erfasst, in denen Maßnahmen in satzungsloser Zeit oder zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind, in denen lediglich eine rechtswidrige und damit unwirksame Straßenausbaubeitragssatzung Geltung beansprucht hat. Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Die Maßnahme ist - wie dargelegt - auch gegenwärtig nicht abgeschlossen. Die Straßenausbaubeitragssatzung, auf deren Grundlage die sachliche Beitragspflicht entstehen kann, ist - wie ebenfalls dargelegt - wirksam. Lediglich die darin definierten Voraussetzungen für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht liegen nicht vor. Bei dieser Sachlage kann ein Vertrauen darauf, dass die Maßnahme beitragsfrei bleibt, nicht entstehen. Der Fall ist vielmehr vergleichbar mit Fällen, in denen eine beitragsfähige Anlage nicht vollständig, sondern nur in einem Teilabschnitt oder nicht in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausgebaut wird und deshalb die sachliche Beitragspflicht zunächst nicht entstehen kann. Auch hier entsteht sie erst mit der Fassung des Abschnittsbildungs- oder Kostenspaltungsbeschlusses (§§ 7 Abs. 3 und 8 Abs. 4 KAG M-V), ohne dass dem ein Vertrauenstatbestand entgegen gehalten werden kann.
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Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Erwägungen nicht folgt und der Auffassung ist, dass auch die Abweichungssatzung zum Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage gelten muss. Denn auch diesen Maßgaben genügt ein bloßes „ex-nunc“-Inkrafttreten der Abweichungssatzung. Es ist nämlich zu beachten, dass erst mit dem Inkrafttreten der Maßnahmesatzung für den H-L-Weg das in der Straßenausbaubeitragssatzung normierte Herstellungsmerkmal „erforderlicher Grunderwerb“ entfällt, so dass auch erst dann die sachliche Beitragspflicht entsteht. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass bei einem Wegfall des genannten Herstellungsmerkmals die sachliche Beitragspflicht bereits mit dem Eingang der Gutschrift vom 9. Mai 2005 entstanden ist, so dass ein „ex-nunc“-Inkrafttreten der Maßnahmesatzung nicht ausreicht. Denn dieser Einwand verkennt, dass bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Maßnahmesatzung die Straßenausbaubeitragssatzung auch für den H-L-Weg in unveränderter Form gilt und die Vorteilslage somit nicht eintreten kann. Dies ändert sich erst mit dem Inkrafttreten der Maßnahmesatzung, denn zeitgleich entsteht auch die Vorteilslage.
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Abweichendes folgt schließlich nicht aus dem Umstand, dass der Begriff der Vorteilslage nunmehr in § 12 Abs. 2 Nr. 2 KAG M-V verwandt wird. Damit wird insbesondere kein vom Regelungsgehalt der Beitragssatzung unabhängiger Zeitpunkt festgelegt, so dass dieser auch nicht vor dem Inkrafttreten der Maßnahmesatzung liegen kann. Dies folgt aus dem Regelungszweck der Vorschrift: Mit dem Eintritt der Vorteilslage in diesem Sinne wird der Lauf der aus dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit folgenden 20-jährigen Festsetzungshöchstfrist ausgelöst. Da diese Frist unabhängig vom Bestehen der sachlichen Beitragspflicht ist, kann es bei dem Merkmal der Vorteilslage im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 1 KAG M-V nicht um den Zeitpunkt gehen, zu dem eine Straßenausbaubeitragssatzung unter Berücksichtigung der darin normierten Herstellungsmerkmale gelten muss, um das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auszulösen. Demgemäß verwendet das OVG Greifswald diesen Begriff in Bezug auf den erforderlichen Inkrafttretenszeitpunkt nicht mehr (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 17.04.2018 - 1 L 389/15 -, juris Rn. 16).
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die sonstigen Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben unberührt. Diese Wirkungen sowie alle Wirkungen, die durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts an die Anstellung, Mitteilung oder gerichtliche Anmeldung der Klage, an die Ladung oder Einlassung des Beklagten geknüpft werden, treten unbeschadet der Vorschrift des § 167 mit der Erhebung der Klage ein.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.