Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 03. März 2016 - 9 K 2050/14
Gericht
Tenor
Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung H. , Flur 00, Flurstück 687 (postalische Anschrift: H1.-----straße 11, 45°°° H. ). Der Beigeladene ist Eigentümer des östlich anschließenden Grundstücks Gemarkung H. , Flur 00, Flurstück 688 (postalische Anschrift: H1.-----straße 11a).
3Am 12. August 1994 wurde im Baulastenverzeichnis der Beklagten unter der Blattnummer 0001 aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom selben Tag für die damaligen Grundstücke Gemarkung H. , Flur 00, Flurstücke 77 und 80 eine Baulast mit folgendem Text eingetragen:
4„Die Eigentümer der Grundstücke Gemarkung H. , Flur 00, Flurstücke 77 und 80, verpflichten sich, hinsichtlich baulicher Anlagen und Einrichtungen auf den Grundstücken das öffentliche Baurecht so einzuhalten, als ob es sich um ein Grundstück handelt.“
5Die Verpflichtungserklärung nimmt Bezug auf den beigefügten Lageplan. Auf diesem ist das Flurstück 77 gänzlich und das Flurstück 80 zum überwiegenden Teil schraffiert dargestellt. Auf der östlichen Seite des Flurstücks 80 verläuft die Grenze der schraffiert dargestellten Fläche ausweislich der dargestellten Vermaßung „~ 5,40 m“ von der Bestandsbebauung auf dem östlich angrenzenden Flurstück 82 entfernt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 16 der Beiakte 2 Bezug genommen.
6Das bisherige Flurstück 80 wurde im Juli 1995 geteilt; die Teilflächen wurden unter den Flurstücksnummern 537 und 538 fortgeführt und im Grundbuch als selbständige Grundstücke eingetragen.
7Im Mai 1999 wurde das bisherige Flurstück 77 geteilt; die Teilflächen wurden unter den Flurstücksnummern 687, 688, 690, 696, 698 sowie 704 fortgeführt und im Grundbuch als selbständige Grundstücke eingetragen. Dabei erfolgte die Grundstücksteilung dergestalt, dass die bisherigen, in sich geschlossenen Wohneinheiten (H1.-----straße 11 und 11a) nunmehr auf unterschiedlichen Grundstücken liegen und an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Der östliche Streifen des bisherigen Flurstücks 77 wurde im Bereich des bisherigen Garagen-Überbaus in die Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 690, 696, 698 und 704 aufgeteilt. Ebenfalls im Mai 1999 wurde das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 537 in mehrere selbstständige Grundstücke (Flurstücke 689, 691 bis 695, 697, 699 bis 703 sowie 705) geteilt. Hinsichtlich der heutigen Grundstückssituation wird auf den nachfolgenden Kartenausschnitt Bezug genommen.
8Am 15. August 2012 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung, wobei das Vorhaben als „Anbau eines Balkons und Fassadenänderung“ bezeichnet wurde. Ausweislich der Bauvorlagen beabsichtigte der Beigeladene die Errichtung eines an der Rückseite des Gebäudes gelegenen Altans mit einer Höhe (Unterkante Kragplatte) von 4,60 m über der Geländeoberfläche, einer Breite von 3,65 m und einer Tiefe von 1,50 m. Der Abstand zu der klägerischen Grundstücksgrenze beträgt ausweislich der Bauvorlagen 2,00 m. Im Baugenehmigungsverfahren legte der Beigeladene der Beklagten zwei mit dem Text „bin mit Plan einverstanden“ und den Unterschriften der Kläger versehene Bauvorlagen („Grundriss“ und „Ansichten“) vor.
9Mit Bescheid vom 18. März 2013 erteilte die Beklagte unter dem Aktenzeichen 945-12-02 die begehrte Baugenehmigung einschließlich einer Abweichung von § 6 Abs. 1, 7 BauO NRW in Bezug auf die Nichteinhaltung der seitlichen Abstandfläche auf der Westseite. Die Aufgabe zur Post mittels einfachem Brief wurde in dem Verwaltungsvorgang für den 20. März 2013 vermerkt.
10In der Folge errichtete der Beigeladene an der Rückseite seines Hauses eine gegenüber dem umliegenden Gelände erhöhte Terrassenfläche nebst hierauf aufgeständerter Terrassenüberdachung. Der gebäudenahe Teil der Terrassenüberdachung bildet zugleich die Bodenplatte des darüber liegenden überdachten Altans. Die Stützen des Altans sind gegenüber der erteilten Baugenehmigung nach außen an die Ecken der Bodenplatte verschoben worden. Der Altan ist im oberen Bereich, d.h. über der Brüstung, an allen Seiten verglast, wobei die gartenseitige Verglasung verschiebbar ist. Die Überdachung des Altans besteht aus kippbaren Glaslamellen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Lichtbild Blatt 21 der Beiakte 2 ergänzend Bezug genommen.
11Am 17. Juli 2013 reichte der Kläger Bauvorlagen ein, die zusätzlich zu dem genehmigten Altan eine Überdachung zeigen. Ein diesbezüglicher schriftlicher Bauantrag findet sich in den Verwaltungsvorgängen nicht. Mit Bescheid vom 7. November 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter dem Aktenzeichen 981-13-02 eine bauaufsichtliche Genehmigung für das Vorhaben „Umbau der Doppelhaushälfte: Anbau eines Balkons und Fassadenänderung, Nachtrag zu Baugenehmig. v. 18.03.2013, Az.00945-12 hier: Errichtung einer Balkonüberdachung“. Die als Anlage zur Baugenehmigung bezeichneten Bauzeichnungen zeigen allein eine Überdachung des Altans mit Stützen. Zwei Zeichnungen, aus denen sich ergibt, dass der Altan nicht nur mit einem Dach aus Glaslamellen, sondern auch mit Glasflächen an allen Seiten umgeben werden sollte (vgl. die Zeichnungen Bl. 93 und 94 der Beiakte 1), sind nicht als zum Bauschein gehörig gekennzeichnet. Auf ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 1. April 2014 übersandte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 23. April 2014 erstmals die beiden Genehmigungsbescheide.
12Die Kläger haben am 29. April 2014 gegen die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 18. März 2013 nebst Nachtrag vom 7. November 2013 Klage erhoben.
13Zu ihrer Begründung machen sie geltend: Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet; insbesondere stehe § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Antrag nicht entgegen. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei erloschen, da der Beigeladene das Vorhaben abweichend von den Bauzeichnungen errichtet habe. Unterstelle man die Wirksamkeit der Baugenehmigung, erweise sich jedenfalls der Hilfsantrag als begründet; sie seien durch das Vorhaben in eigenen Rechten verletzt. Die eingetragene Vereinigungsbaulast stehe dem nicht entgegen. Ihre Eintragung führe nicht dazu, dass ihr Grundstück sowie das des Beigeladenen als ein Grundstück anzusehen seien.
14Die Kläger beantragen,
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1. festzustellen, dass die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) zum Anbau eines Balkons und Fassadenänderung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) zur zusätzlichen Errichtung einer Balkonüberdachung erloschen ist,
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2. hilfsweise die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) zum Anbau eines Balkons und Fassadenänderung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) zur zusätzlichen Errichtung einer Balkonüberdachung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
21Entscheidungsgründe:
22Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem die Kammer diesem das Verfahren durch Beschluss vom 11. Februar 2016 nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat.
23Die Klage hat mit ihrem Hilfsantrag Erfolg.
24Der Klageantrag zu 1., mit dem die Kläger die Feststellung begehren, dass die Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 erloschen ist, ist zulässig, aber unbegründet.
25Der Feststellungsantrag ist zulässig. Insbesondere stehen weder § 43 Abs. 1 noch Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Feststellungsbegehren entgegen. Nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Berechtigtes Interesse in diesem Sinne ist dabei jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern.
26Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 1996 – 8 C 19/94 –, BVerwGE 100, 271 = juris Rn. 20, und vom 27. Juni 1997 – 8 C 23/96 –, NJW 1997, 3257 = juris Rn. 21; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 43 Rn. 23.
27Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein die Feststellung begehrender Kläger an dem streitigen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. Es kann, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, auch die Feststellung verlangt werden, dass zwischen diesem oder der Beklagten und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe.
28Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 6 f., und vom 27. Juni 1997 –8 C 23/96 –, juris Rn. 17; vgl. weiterhin zu § 256 Abs. 1 ZPO BGH, Urteil vom 14. Mai 1990 – II ZR 125/89 –, LM § 256 ZPO Nr. 163 = juris Rn. 6.
29Den Klägern fehlt es im vorliegenden Fall hinsichtlich der hier begehrten Feststellung, dass die Baugenehmigung erloschen ist, nicht an einem solchen Feststellungsinteresse. Ob in diesem Zusammenhang ein Feststellungsinteresse eines Nachbarn nur dann anzunehmen ist, wenn dieser im Falle der Ausnutzung der Baugenehmigung auf jeden Fall in seinen Rechten verletzt wäre, dies jedenfalls möglich erschienen muss oder es einer solchen Einschränkung nicht bedarf,
30im letzteren Sinne wohl OVG NRW, Urteile vom 20. August 1993 – 7 A 368/92 –, Seite 9 des Entscheidungsabdrucks, und vom 30. April 1998 – 10 A 2981/96 –, Seiten 9 und 11 des Entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht,
31kann vorliegend offenbleiben. Im Fall der Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung wären die Kläger – wie nachfolgend ausgeführt – offensichtlich in ihrem subjektiven Recht aus § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW verletzt.
32Dem Feststellungsbegehren der Kläger steht auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen, wonach eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Die Möglichkeit der Anfechtung der Baugenehmigung steht der Erhebung der Feststellungsklage nicht entgegen. Insoweit ist vom Rechtsstandpunkt der Kläger, die die Baugenehmigung für erloschen halten, auszugehen. Für die Erhebung der Anfechtungsklage müssten die Kläger ihren Rechtsstandpunkt aufgeben und für den Fall, dass das Gericht ihre (ursprüngliche) Rechtsauffassung teilt, die Gerichtskosten tragen.
33Vgl. zu den insoweit identischen Erwägungen bei der Verpflichtungsklage: BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7, und vom 26. September 2012 – 8 C 26/11 –, BVerwGE 144, 211 = juris Rn. 19; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 43 Rn. 131; vgl. zur Anfechtungsklage auch: Duken, NVwZ 1990, 443, 444.
34Eine zu erhebende Verpflichtungsklage auf ordnungsbehördliches Einschreiten wäre nicht in gleichem Maße rechtsschutzintensiv wie eine Feststellungsklage. Mit ersterer könnten die Kläger nicht mit Sicherheit eine die Beteiligten nach § 121 Nr. 1 VwGO bindende Feststellung des Erlöschens der Baugenehmigung erreichen. Fehlt es nämlich, obgleich die Genehmigung erloschen ist, an nur einer weiteren prozessualen oder materiellrechtlichen Voraussetzung, bedürfte es keiner Erörterung, ob die Baugenehmigung erloschen ist und damit kein formeller Bestandsschutz mehr besteht.
35Vgl. hierzu OVG NRW, Urteile vom 20. August 1993 – 7 A 368/92 –, Seite 9 des Entscheidungsabdrucks, und vom 30. April 1998 – 10 A 2981/96 –, Seiten 10 f. des Entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht; vgl. zur Frage der Rechtskrafterstreckung nach § 121 VwGO auch BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7; Duken, NVwZ 1990, 443, 444.
36Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet.
37Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 ist im für die vorliegende Feststellungsklage entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung,
38vgl. diesbezüglich VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 18 K 8404/14 –, juris Rn. 17,
39auch unter Berücksichtigung der abweichenden Errichtung weder wegen Ablaufs der Geltungsdauer noch wegen Verzichts erloschen.
40Die Baugenehmigung erlischt nach § 77 Abs. 1 BauO NRW, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erteilung mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen worden ist. Dabei ist als Bauvorhaben in diesem Sinne allein das genehmigte Vorhaben zu verstehen. Errichtet der Bauherr hingegen eine als „aliud“ anzusehende bauliche Anlage, nutzt er die Baugenehmigung nicht aus.
41Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. März 1982 – 7 A 1634/79 –, BRS 39 Nr. 126, und vom 21. Dezember 2010 –2 A 1419/09 –, juris Rn. 69; Hess. VGH, Beschluss vom 10. Juli 2003 – 4 TG 1296/03 –, BRS 66 Nr. 162; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 77 Rn. 6; Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 77 Rn. 14.
42Dabei ist für die Frage des Ablaufs der Geltungsdauer nach § 77 Abs. 1 BauO NRW auf die Erteilung der ursprünglichen Baugenehmigung und nicht auf den Nachtrag abzustellen.
43Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 22. März 1984 – 2 B 82 A.301 –, BRS 42 Nr. 167; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 77 Rn. 7.
44Die Dreijahresfrist seit Erteilung der ursprünglichen Genehmigung ist noch nicht abgelaufen. Vorliegend hat die Beklagte entgegen dem Wortlaut des § 75 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW dem Beigeladenen keine Ausfertigung der Baugenehmigung zugestellt. Der Beginn der Geltungsdauer kann somit erst angenommen werden, wenn eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 9 Landeszustellungsgesetz NRW (LZG NRW) eingetreten ist.
45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. September 2014 – 9 K 3975/12 –, juris Rn. 32 f.
46Selbst wenn man hier zugunsten der Kläger sogar das Datum des Bescheides oder der Aufgabe zur Post zugrunde legte, liefe die Dreijahresfrist erst am 18. bzw. 20. März 2016 ab. Im Übrigen läuft die Erlöschensfrist des § 77 Abs. 1 BauO NRW aber auch solange nicht ab, sondern wird unterbrochen, wie der Nachbar die Baugenehmigung anficht. Hier haben die Kläger am 29. April 2014 Klage erhoben.
47Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2001 – 7 A 3553/00 –, juris Rn. 3, sowie Urteile vom 19. April 2010 – 7 A 2362/07 –, juris Rn. 46, und vom 21. Dezember 2010 – 2 A 1419/09 –, juris Rn. 72; Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 77 Rn. 16 ff.; Johlen, in: Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, BauO NRW, 11. Auflage 2011, § 77 Rn. 11.
48Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Baugenehmigung auch nicht durch die abweichende Errichtung des Altans im Sinne eines Verzichts erloschen. Hiervon wäre auszugehen, wenn das errichtete Vorhaben ein "aliud" zum Gegenstand und der Beigeladene (zusätzlich) zu erkennen gegeben hätte, an der Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung kein Interesse mehr zu haben.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 –, BRS 67 Nr. 169 = juris Rn. 5 ff., und Urteil vom 21. Dezember 2010 – 2 A 1419/09 –, juris Rn. 64.
50Eine solche Erklärung hat der Beigeladene weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben. Entgegen der Auffassung der Kläger kann der abweichenden Errichtung des Altans allein kein diesbezüglicher Erklärungswert beigemessen werden. Aus dem möglichweise bestehenden bautechnischen Aufwand eines Umbaus kann kein fehlender Wille zur Ausnutzung der erteilten Genehmigung gefolgert werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil ein solcher im Vergleich zu einem vollständigen Rückbau gleichwohl wirtschaftlich sinnvoll erscheinen und somit gerade im Angesicht etwaiger bauordnungsbehördlicher Maßnahmen noch in Erwägung zu ziehen sein kann.
51Der hilfsweise gestellte Klageantrag zu 2. ist zulässig und begründet.
52Der auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 gerichtete Antrag ist zulässig. Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs erhielten die Kläger erstmals im April 2014 Kenntnis von der Baugenehmigung nebst Nachtrag. Die Klageerhebung erfolgte am 29. April 2014.
53Den Klägern mangelt es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Zwar haben die Kläger dem Bauvorhaben durch ihre Unterschrift auf zwei Bauvorlagen zugestimmt und dadurch grundsätzlich auf Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung in der ursprünglichen Fassung vom 20. März 2013 verzichtet.
54Vgl. zum Verzicht auf Nachbarrechte durch Unterzeichnung der Bauvorlagen: OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2000 – 10 B 1145/00 –, BauR 2991, 89 = juris Rn. 5, und vom 30. März 2004 – 7 B 2430/03 –, juris Rn. 8 ff., sowie Urteil vom 20. Februar 2006 – 7 A 1358/04 –, juris Rn. 35; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 74 Rn. 121.
55Diese Nachbarzustimmung ist aber durch die nachträgliche Änderung des genehmigten Vorhabens gegenstandslos geworden. Die als „Nachtrag zur Baugenehmigung“ bezeichnete Genehmigung vom 8. November 2013 ist nicht zur ursprünglichen Baugenehmigung als weitere selbständige Genehmigung hinzugetreten, sondern hat diese abgeändert. Das ursprünglich geplante Vorhaben ist so nie realisiert worden. Durch die Nachtragsgenehmigung ist das Vorhaben in einer Weise abgeändert worden, die sich nachteilig auf die Belange der Kläger als Nachbarn auswirken kann, denn der Altan ist durch die genehmigte Überdachung um 2,56 m erhöht und im Übrigen in seiner Nutzbarkeit deutlich erweitert worden. Hierauf hat sich die Zustimmung aber unstreitig nie bezogen.
56Vgl. insoweit Thür. OVG, Urteil vom 30. August 2007 –1 KO 330/06 –, juris Rn. 47.
57Die Anfechtungsklage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist begründet. Dies ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Fall, wenn und soweit den Klägern ein Abwehrrecht gegen das Vorhaben des Beigeladenen zusteht. Dies setzt voraus, dass das Vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen Dispens ausräumbaren Weise gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden Vorschrift ergibt – die Kläger durch das Vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt werden. Ob das Vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im Klageverfahren hingegen nicht geprüft.
58Vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 –, BVerwGE 32, 173 = juris Rn 15; vgl. weiter BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn 35.
59Das Vorhaben des Beigeladenen verstößt zu Lasten der Kläger gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW müssen diese auf dem Grundstück selbst liegen. Dabei beträgt die Tiefe der Abstandfläche – so wie hier – jedenfalls 3 m, § 6 Abs. 5 Satz 5 BauO NRW. Hält ein Vorhaben gegenüber einem Grundstück die notwendige Abstandfläche nicht ein, kann der jeweils durch die auf seinem Grundstück liegende Abstandfläche betroffene Grundstückseigentümer diesen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW als nachbarrechtsverletzend geltend machen. Hier liegt die durch das Vorhaben geworfene Abstandfläche von 3 m angesichts des Grenzabstands von nur 2 m teilweise auf dem Grundstück der Kläger.
60Vgl. zum Nachbarschutz nur OVG NRW, Urteile vom 14. Januar 1994 – 7 A 2002/92 –, OVGE 44, 1, und vom 6. Juni 2014 – 2 A 2757/12 –, juris Rn. 80; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 6 Rn. 39 ff.; Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 6 Rn. 36.
61Hieraus folgt im vorliegenden Fall trotz eingetragener Vereinigungsbaulast im Sinne des § 4 Abs. 2 BauO NRW eine Rechtsverletzung zu Lasten der Kläger. Nach dieser Vorschrift ist ein Gebäude auf mehreren Grundstücken zulässig, wenn durch Baulast gesichert ist, dass keine Verhältnisse eintreten können, die den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderlaufen. Eine solche Vereinigungsbaulast, die sich auch auf die Abstandflächen auswirkt, ist vorliegend am 12. August 1994 für die damaligen Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 77 und 80 eingetragen worden. Sie setzt sich auch nach der Grundstücksteilung an den neu entstandenen Grundstücken fort.
62Vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 – 8 A 1760/13 –, juris Rn. 112; siehe auch Wenzel, Baulasten in der Praxis, Rn. 123.
63Die eingetragene Vereinigungsbaulast erweist sich allerdings als von Anfang an unwirksam. Dies ist (unter anderem) der Fall, wenn die der Beklagten gegenüber abgegebene, auf Übernahme einer Baulast gerichtete Erklärung nicht hinreichend genau und sicher erkennen lässt, welcher Teil des Grundstücks belastet werden sollte.
64Vgl. zur Bestimmtheit von Baulasterklärungen: OVG NRW, Urteile vom 29. September 1978 – XI A 112/78 –, BRS 33 Nr. 156, und vom 23. November 1988 – 7 A 2361/86 –, Seite 8 des Entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht; Wenzel, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 83 Rn. 54.
65Die Baulasterklärung vom 12. August 1994 ist in nicht aufzulösender Form in sich widersprüchlich. Nach dem Text der Baulasterklärung sollte die Vereinigungsbaulast die Flurstücke 77 und 80 umfassen. Eine Einschränkung hinsichtlich etwaiger nicht erfasster Grundstücksteile enthält der Text nicht. Der vorliegend in der Baulasterklärung ausdrücklich in Bezug genommene Lageplan umfasst im Gegensatz zu der textlichen Erklärung neben dem Flurstück 77 nur den westlichen Teil des Flurstücks 80. Eine Teilfläche am östlichen Rand des Flurstücks, die dem ein Jahr später geschaffenen Flurstück 538 entspricht, ist nicht schraffiert. Dieser Widerspruch kann angesichts der Eindeutigkeit beider Erklärungsteile auch nicht im Wege der Auslegung in Deckung gebracht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine solche Beschränkung textlich ohne weiteres zu formulieren gewesen wäre. Wird aber eine solche naheliegende textliche Einschränkung des Baulastumfangs nicht erklärt, spricht dies erst recht dafür, dass die Baulasterklärung umfassend zu verstehen ist.
66Vgl. zu diesem Aspekt bei der Auslegung einer Baulasterklärung: OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1992 – 11 A 890/91 –, juris Rn. 34; Nds. OVG, Urteil vom 27. September 2001 – 1 LB 1137/01 –, BRS 64 Nr. 130 = juris Rn. 27.
67Der bestehende Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW kann nicht durch eine Abweichung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW beseitigt werden. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW kann die Genehmigungsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn diese unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Gemäß Satz 2 sind Abweichungen von § 6 insbesondere zulässig, wenn durch das Vorhaben nachbarliche Interessen nicht oder nur unwesentlich stärker beeinträchtigt werden als bei einer Bebauung des Grundstücks, die nach § 6 BauO NRW zulässig wäre.
68Im Zusammenhang mit Abweichungen von § 6 BauO NRW sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW restriktiv auszulegen. Das in § 6 BauO NRW geregelte, in sich geschlossene System der Abstandflächenvorschriften enthält Regel- und Ausnahmetatbestände, so dass die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Interessen betroffener Grundstücksnachbarn sowie die relevanten öffentlichen Belange regelmäßig schon durch diese Vorschrift in einen gerechten Ausgleich gebracht werden. Insoweit bedarf es einer atypischen Grundstückssituation, um eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Maß dessen, was der Nachbar hinnehmen muss, rechtfertigen zu können. Nur eine grundstücksbezogene Atypik – insbesondere Besonderheiten im Zuschnitt der Nachbargrundstücke oder im topografischen Geländeverlauf – kann eine Abweichung rechtfertigen, nicht aber außergewöhnliche Nutzungswünsche eines Eigentümers, die eine noch stärkere Ausnutzung seines Grundstücks erfordern als nach § 6 BauO NRW 2006 ohnehin schon zulässig ist.
69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2007 – 10 B 275/07 –, juris Rn. 20, und Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 A 2757/12 –, juris Rn. 94; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 73 Rn. 19 ff.
70Eine solche atypische Grundstückssituation ist vorliegend nicht ansatzweise erkennbar. Im Gegenteil beruht die Lage des Vorhabens nur 2,00 m von der Grundstücksgrenze entfernt ausweislich der Bauvorlagen erkennbar darauf, das bodentiefe Fenster als Zugang für den Altan nutzen zu können.
71Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Satz 1, 159 Satz 2 VwGO. Hinsichtlich der Kostenquote geht die Kammer für den gestellten Feststellungsantrag von einem Wert aus, der halb so hoch wie der des entsprechenden Anfechtungsantrags ist. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären. Dieser hat sich mangels eigenem Antrag auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt, § 154 Abs. 3 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
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die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,
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die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und - 2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.