Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 03. Feb. 2015 - 6a L 2012/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Antragsteller,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (6a K 5682/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 5. Dezember 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 5. Dezember 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragsteller nach Frankreich angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, vom 26. Juni 2013 (sog. „Dublin III-Verordnung“) die Französische Republik der für die Durchführung der Asylverfahren der Antragsteller zuständige Staat. Da die Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in Frankreich den ersten Asylantrag gestellt haben und aus Frankreich in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig
9und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Hier ist gemäß Art. 25 VO (EU) Nr. 604/2013 davon auszugehen, dass Frankreich dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben hat, da Frankreich über das dort am 12. November 2014 eingegangene Wiederaufnahmegesuch der Antragsgegnerin nicht innerhalb der nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vorgeschriebenen Zweiwochenfrist geantwortet hat. Ungeachtet dessen hat die Französische Republik mit an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 11. Dezember 2014 die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Antragsteller auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
10Die Antragsgegnerin ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in der französischen Republik systemische Mängel aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRC) mit sich bringen, dass mit anderen Worten Flüchtlingen in Frankreich in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
11Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 –, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris.
12Systemische Mängel im oben genannten Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 EU-GRC bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt – also systemisch – vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
13Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 13 L 1502/14.A –, juris.
14Dies zugrunde gelegt geht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken in Bezug auf die Französische Republik – trotz derzeit vorhandener Probleme, ausreichende Unterbringungskapazitäten für die massiv angestiegene Zahl an Asylbewerbern bereit zu stellen – davon aus, dass letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende Mängel bestehen.
15Ebenso in jüngerer Zeit VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 10. September 2014 – 7a L 1301/14.A –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 13 L 1502/14.A –, juris ; VG München, Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2014 – M 21 K 14.30320 –, juris; VG Bremen, Beschluss vom 4. August 2014 – 1 V 798/14 –, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 12. Januar 2015 – Au 7 S 14.50364 –, juris.
16Eingehende und aktuelle Informationen über das französische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen bietet etwa der von der Organisation „Forum réfugiés-Cosi“ und dem Europäischen Flüchtlingsrat erstellte „National Country Report France“ (Stand: Mai 2014), abrufbar in der Datenbank „aida“ (www.asylumineurope.org), und der Bericht „Towards A New Beginning – Refugee Integration in France“ des UNHRC, abrufbar unter http://www.refworld.org/docid/524aa9a94.html.
17Der Vortrag der Antragsteller, sie hätten in Frankreich mehrere Monate auf der Straße gelebt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Insoweit bestehen Diskrepanzen zwischen diesem Vortrag und der Kernaussage der im vorliegenden Verfahren in Kopie vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der französischen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 12. Januar 2015, deren Angaben sich allein auf den Antragsteller zu 1. beziehen. Auch die Schreiben betreffend die Bemühungen der Antragsteller um eine Unterkunft, auf die in der eidesstattlichen Versicherung Bezug genommen werden, haben die Antragsteller nicht vorgelegt. Zudem dürfte sich aus der vorgelegten Bescheinigung des D. Hospitalier V. de S. vom 21. August 2014 ergeben, dass die Antragstellerin zu 2. im August 2014 – kurz vor ihrer Ausreise aus Frankreich – noch eine Unterkunft hatte. Selbst wenn aber nach dem Vorbringen der Antragsteller zeitweise die Gefahr einer Obdachlosigkeit drohen mag, resultiert daraus nicht automatisch das Vorliegen systemischer Mängel.
18Vgl. insoweit VG Karlsruhe, Beschluss vom 9. April 2013 – A 7 K 832/13 –.
19Den vorgenannten Datenbanken ist zu entnehmen, dass sich die Unterbringungssituation in den Departements in Frankreich sehr unterschiedlich darstellt. Ferner nimmt der französische Staat die gegebenen Umstände keinesfalls tatenlos hin. So sind unter anderem Notaufnahmeprogramme entwickelt worden, um die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen zu ergänzen. All dies spricht gegen eine beachtliche Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen.
20Vgl. insoweit VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2014 – 2 L 55/14.A –, juris; VG Bremen, Beschluss vom 4. August 2014 – 1 V 798/14 –, juris.
21Ob in Frankreich auch die von den Antragstellern angesprochene Therapie mit dem kürzlich zugelassenen neuen Medikament „Sofosbuvir“ verfügbar ist, ist unerheblich. Denn auch wenn in Frankreich ausschließlich die (hoch entwickelte) Standardtherapie erhältlich wäre, würde dies keine „systemischen Mängel“ des französischen Asylsystems begründen. Dass der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. gerade auf das genannte neue Medikament angewiesen sind, haben weder der Antragsteller zu 1. noch die Antragstellerin zu 2. behauptet. Ob die etwaige Notwendigkeit einer Behandlung der Abschiebung nach Armenien entgegensteht, ist von den für das Asylverfahren der Antragsteller zuständigen französischen Behörden zu entscheiden.
22Die Abschiebung der Antragsteller nach Frankreich kann auch durchgeführt werden, § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Insbesondere stehen die von den Antragstellern geltend gemachten Erkrankungen ihrer Überstellung nach Frankreich nicht entgegen. Dass den Antragstellern deswegen in Frankreich konkrete Gefahren für Leib oder Leben drohen, haben sie nicht hinreichend konkret dargelegt. Insoweit ist stets eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist. Die Pflicht der Antragsteller zur Mitwirkung an der Erforschung des Sachverhalts folgt aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und § 74 Abs. 2 AsylVfG und gilt in besonderem Maße für Umstände, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen, wie etwa Erkrankungen. Insoweit muss von einem Kläger, der sich zur Begründung eines Abschiebungshindernisses auf eine Erkrankung beruft, ein Mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches Attest belegtem Vortrag erwartet werden.
23Vgl. dazu nur VG München, Urteil vom 24. Februar 2012 – M 22 K 10.30780 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 11. Februar 2014 – 6a K 2325/12.A – und vom 17. Juli 2012 – 6a K 4667/10.A –, jeweils juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2012 – 13 A 2586/11.A –, juris; Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, § 74 AsylVfG Rdnr. 25 ff.
24Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich unter anderem nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
25Grundlegend zu den Anforderungen BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff., und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
26Die von den Antragstellern im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Atteste genügen den vorgenannten Anforderungen nicht. Soweit der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. geltend machen, an Hepatitis C zu leiden, sind die vorgelegten Atteste nicht aussagekräftig. Dem im Hinblick auf den Antragsteller zu 1. vorgelegten Attest des D. Hospitalier V. de S. vom 6. August 2012 dürfte bereits aufgrund des Umstands, dass es vor gut zweieinhalb Jahren ausgestellt worden ist, keine hinreichende Aussagekraft mehr zukommen. Zwar wird in dem Attest die Diagnose Hepatitis C gestellt, allerdings ist ausweislich dieses Attests „un traitement [est] en cours de discussion“, eine Behandlung also lediglich in der Diskussion. Ob der Antragsteller zu 1. tatsächlich behandlungsbedürftig ist und welcher Art der Behandlung er bedarf, geht daraus nicht hervor. In dem hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. vorgelegten Attest des D. Hospitalier V. de S. vom 21. August 2014 wird lediglich ausgeführt, dass die Klägerin dort in Behandlung ist, dass diese Behandlung in ihrem Heimatland nicht erhältlich ist und ein Ausbleiben der Behandlung außergewöhnlich schwere Konsequenzen hätte. Wegen welcher Erkrankung die Antragstellerin zu 2. in Behandlung gewesen ist und um welche Art von Behandlung es sich handelt, geht aus dem Attest nicht hervor. Sollte es sich – worauf die Worte „Pôle visceral Service d´Hépato-gastroentérologie“ hindeuten könnten – um eine Lebererkrankung der Antragstellerin zu 2. handeln, dürfte dieses Attest im Übrigen belegen, dass die Antragstellerin zu 2. in Frankreich durchaus wegen ihrer Erkrankung Zugang zu medizinischer Behandlung gehabt hat. Aus welchen Gründen dies nach einer Rückkehr nach Frankreich nicht mehr der Fall sein sollte, ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt im Hinblick auf den Antragsteller zu 1.
27Auch im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Erkrankungen fehlt es an der Vorlage eines aussagekräftigen Attests.
28Schließlich stehen die geltend gemachten Erkrankungen des Antragstellers zu 3. einer Rückführung der Antragsteller nach Frankreich nicht entgegen. Dass die Erkrankungen des Antragstellers – Mittelohrentzündung und Leistenhoden –, die in dem vorgelegten Entlassbrief des Evangelischen Krankenhauses I. gGmbH vom 8. Dezember 2014 diagnostiziert werden, in Frankreich nicht behandelbar sein könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ungeachtet der Frage, ob der Antragsteller zu 3. überhaupt noch an einer Mittelohrentzündung leidet ist, handelt es sich bei beiden Erkrankung um keine ungewöhnlichen oder besonders schwer zu behandelnden Erkrankungen. Der Bescheinigung des Evangelischen Krankenhauses I. gGmbH vom 21. Januar 2015 ist bereits nicht zu entnehmen, aus welchem Grund sich der Antragsteller dort in stationärer Behandlung befindet.
29Für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit der Antragsteller vermag das Gericht vor diesem Hintergrund keine hinreichenden Anhaltspunkte zu erkennen.
30Soweit der Antragsteller zu 1. im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt schließlich angegeben hat, er wolle nicht, dass sein Antrag in Frankreich geprüft werde, da er dort verhaftet und nach Armenien zurückgebracht werde, führt dies auch nicht dazu, dass die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen. Soweit der Antragsteller zu 1. damit meint, für Dublin-Rückkehrer mit Ausreiseaufforderung sei in der Regel eine Unterbringung in einer Abschiebehafteinrichtung zum Zweck der Abschiebung vorgesehen, ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Antragsteller zu diesem Personenkreis gehören. Bei Familien wird eine solche Unterbringung nicht vollzogen.
31Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 9. April 2013 – A 7 K 832/13 –.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.