Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 17. Dez. 2014 - 6a L 1837/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Antragsteller,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (6a K 5250/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17. November 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. November 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 17. November 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragsteller in die Niederlande angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 das Königreich der Niederlande der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in den Niederlanden den ersten Asylantrag gestellt haben und aus den Niederlanden in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat das Königreich der Niederlande mit Schreiben an das Bundesamt vom 5. August 2014 auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
9Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 S. 2 und 3 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in den Niederlanden in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
10Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris.
11Für entsprechende Mängel in Bezug auf das Königreich der Niederlande sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken keine hinreichenden Anhaltspunkte.
12Ebenso in jüngerer Zeit VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. November 2014 - 6a K 3256/14.A -, juris, und Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 9a L 1508/14.A -, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50263 -, juris.
13Eingehende und aktuelle Informationen über das niederländische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen bietet etwa der von der Organisation „Hungarian Helsinki Comitee“ und dem Europäischen Flüchtlingsrat erstellte „National Country Report: The Netherlands“ (Stand: März 2014), abrufbar in der Datenbank „aida“ (www.asylumineurope.org). Dort wird hinsichtlich der von den Antragstellern konkret angesprochenen medizinischen Versorgung von Asylbewerbern ausgeführt (S. 48 f.), dass ein Anspruch auf eine Basis-Gesundheitsversorgung ebenso sichergestellt ist wie die Behandlung im medizinischen Notfall. Die von der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller angedeutete These, dass eine wirksame Behandlung von Hepatitis C in den Niederlanden gar nicht möglich sei, trifft so nicht zu. Den etwa in der Datenbank des niederländischen „National Institute for Public Health and the Environment“ abrufbaren Publikationen zum Stichwort Hepatitis C lässt sich entnehmen, dass jedenfalls die Standardtherapie mit Ribavirin und Peg-Interferon auch in den Niederlanden regelmäßig angewendet wird (vgl. z.B.: „Real-life costs of hepatitis C treatment“ aus The Netherlands journal of medicine 2012, 70(3):145-53). Ob in den Niederlanden auch die von den Antragstellern angesprochene Therapie mit dem kürzlich zugelassenen neuen Medikament „Sofosbuvir“ verfügbar ist, ist unerheblich. Denn auch wenn in den Niederlanden ausschließlich die (hoch entwickelte) Standardtherapie erhältlich wäre, würde dies keine „systemischen Mängel“ des niederländischen Asylsystems begründen. Dass er gerade auf das genannte neue Medikament angewiesen ist, hat der Antragsteller zu 1. im Übrigen auch nicht behauptet. Ob die etwaige Notwendigkeit einer Behandlung der Abschiebung nach Georgien entgegensteht, ist von den für das Asylverfahren der Antragsteller zuständigen niederländischen Behörden zu entscheiden.
14In Bezug auf seine psychische Erkrankung hat der Antragsteller selbst angegeben, dass eine psychotherapeutische Behandlung in den Niederlanden erfolgt sei.
15Für eine Reiseunfähigkeit der Antragsteller sind ernsthafte Anhaltspunkte nicht erkennbar.
16Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.