Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Feb. 2016 - 6a K 266/14.A
Gericht
Tenor
Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 1. und ihre am 00.00.0000 geborene Tochter, die Klägerin zu 2., aserbaidschanische Staatsangehörige, reisten nach eigenen Angaben am 11. Februar 2012 auf dem Landweg aus C. in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 14. Februar 2012 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylanträge. Zur Begründung führte die Klägerin zu 1. bei ihrer persönlichen Anhörung am 5. März 2012 an, ihr Ehemann sei als Architekt regelmäßig drei bis sechs Monate abwesend gewesen. Am 7. April 2011 habe er zu ihr gesagt, sie solle auf ihre Tochter aufpassen. Am 9. April 2011 hätten dann drei Polizisten und eine Person in Zivil vor der Tür gestanden und ihren Mann gesucht. Sie hätten das gesamte Haus durchsucht und sie beschimpft, aber ihr weder einen Gerichtsbeschluss gezeigt noch hätten sie ihr auf Nachfrage gesagt, weshalb ihr Mann gesucht werde. Über die Durchsuchungsmaßnahme der Polizei habe sie sich nicht beschwert. Nachdem sie wieder gegangen seien, hätten sie, die Klägerinnen, eine Woche lang das Haus nicht mehr verlassen. Als sie eine Woche später ihre Tochter zur Schule gebracht habe, sei ein schwarzes Auto an ihnen vorbei und absichtlich durch eine Pfütze gefahren, so dass ihre Kleidung verschmutzt worden sei. Zwei Männer seien aus dem Auto ausgestiegen und sie habe gefragt, warum sie so etwas machten. Einer der Männer habe geantwortet, sie sage ihm ja auch nicht, wo ihr Mann sich aufhalte, und sie könne ja die Rolle ihres Ehemannes einnehmen. Sie solle ihrem Mann sagen, wenn er jetzt nicht komme, werde ihr und ihrer Tochter etwas zustoßen. Der Mann habe gedroht, mit dem Schraubenzieher, den er in der Hand gehalten habe, auf sie einzustechen und sie vor den Augen ihrer Tochter zu vergewaltigen. Sie seien dann weggelaufen und sie habe sich an einem Freund ihres Mannes gewandt, über den dieser immer Geld geschickt habe. Dieser habe sie nach N. gebracht, wo sie bis zum 22. November 2011 geblieben seien. Dort habe ihr Ehemann sie besucht und gesagt, er werde ihnen helfen. Ihr Mann sei am 24. November 2011 wieder weggegangen, seit dem hätten sie ihn nicht mehr gesehen. Der Freund ihres Mannes habe sie dann in ein anderes Versteck gebracht, wo sie sich bis zu ihrer Ausreise am 28. Januar 2012 aufgehalten hätten. Aus Angst um das Leben und die Sicherheit ihrer Tochter seien sie nicht in einen anderen Teil Aserbaidschans gezogen.
2Mit Schreiben ihrer vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 gaben die Klägerinnen im Wesentlichen weiter an, bereits in den 90er Jahren habe die Klägerin als Angehörige einer Familie von Regimegegnern zum Schutz ihres Lebens und des Lebens ihrer Familie Aserbaidschan verlassen und in Russland gelebt. Die Klägerin zu 1. und ihre Familie hätten sehr häufig unangekündigte Besuche der Polizei mit gewillkürten Verhören und Morddrohungen erhalten. In Russland seien sie ausfindig gemacht worden und hätten Morddrohungen erhalten, nachdem die Klägerin zu 1. bei einem Radiosender angerufen und über die politischen Verhältnisse und groben Menschenrechtsverletzungen und von ihrer persönlichen Betroffenheit in Aserbaidschan berichtet habe. Bereits im Jahr 1999 habe die deutsche Botschaft in Moskau ein Asylgesuch der Klägerin zu 1. abgelehnt. Dann sei in ihre Wohnung eingebrochen worden und ihre Papiere seien gestohlen worden. Sie und ihre Familie hätten neue Papiere beantragen müssen. Bei der Wiedereinreise nach Aserbaidschan im August 2001 sei die Klägerin zu 1. kurz vor der Grenze gezwungen worden, mit der Polizei mitzugehen. Sie sei in einen Verhörraum gebracht worden, wo sie stundenlang von Polizeibeamten verhört worden sei. Danach sei sie an eine andere Stelle gebracht worden, wo sie nach acht Stunden Wartezeit erneut – unter Anwendung von Gewalt und Folter – verhört worden sei. Danach sei sie für zehn Tage weggesperrt worden und nach der Zahlung einer Geldsumme wieder auf freien Fuß gekommen. Man habe ihr gedroht, man werde sie und ihre Familie ausrotten, wenn sie jemandem von diesen Verhören erzähle und den Kontakt zu dem bekannten Regimegegner N1. C1. aufrechterhalte, mit dem sie in Russland in Verbindung getreten sei. Nachdem sie neue Ausweispapiere erhalten hätten, seien sie aus Sorge um nahe Angehörige, die noch in Aserbaidschan gelebt hätten, trotz der Gefahren wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt. Die Familie sei wegen des schikanösen Verhaltens des Regimes und seiner Sympathisanten immer wieder nach Russland geflohen und dort ausfindig gemacht und bedroht worden. Zuletzt hätten sie von 2008 bis 2011 in Russland gelebt, nachdem sie seitens der Regierung ohne Ankündigung ausgebürgert worden seien. Im Jahr 2011 hätten zwei Männer und eine Frau vor der Wohnungstür gestanden. Sie hätten sich gewaltsam Eintritt verschafft und sie – begleitet von Schlägen und Morddrohungen – verhört. Nachdem der Bruder der Klägerin zu 1. nach Morddrohungen zu Tode geprügelt worden sei, sei die Familie 2011 ein letztes Mal nach Aserbaidschan zurückgekehrt, da sie auch in Russland nicht mehr sicher gewesen sei. Der Ehemann der Klägerin zu 1. und enge Verwandte gälten derzeit als vermisst.
3Durch Bescheid vom 7. Januar 2014 (Az.: 5533976-425) lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab (Ziffer 3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 4.). Es forderte die Klägerinnen unter Androhung der Abschiebung nach Aserbaidschan auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Ziffer 5.).
4Die Kläger haben am 17. Januar 2014 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, den das Gericht durch Beschluss vom 14. Februar 2014 abgelehnt hat (6a L 74/14.A). Auf weiteren Eilantrag der Klägerinnen hin hat das Gericht durch Beschluss vom 4. März 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (6a L 1985/14.A).
5Zur Begründung der Klage hat die Klägerin zu 1. mit Schriftsatz vom 14. Juli 2014 erstmals vorgetragen, sie sei Mitglied der Musavat-Partei. Zudem hat sie eine Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 64 bis 66 der Gerichtsakte Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 haben die Klägerinnen dann vorgetragen, sie hätten bislang nicht alles vorgetragen, was sie hätten vortragen müssen und sollen, da die Klägerin zu 1. im Zeitpunkt der persönlichen Anhörung beim Bundesamt große Angst um ihre weitere Tochter gehabt habe, die sich in Russland aufhalte. Ihr richtiger Name sei A. B. . Sie sei mit Herrn O. B1. verheiratet. Diesen habe sie am 24. November 2011 zum letzten Mal gesehen. Sie habe keine Kenntnis über sein Schicksal, sei aber der Auffassung, er sei verhaftet worden. Ihre weitere Tochter heiße J. B2. und lebe in M. in Russland. Am 27. Februar 2014 sei der Ehemann ihrer Tochter auf ein aserbaidschanisches Auslieferungsgesuch hin verhaftet und nach Aserbaidschan ausgeliefert worden und sei seitdem dort in Haft. Hintergrund der Verhaftung sei, dass ihr eigener Ehemann ein enger Freund des Herrn S. H. sei, der als Vorsitzender der Musavat-Partei als Staatsfeind von Aserbaidschan betrachtet werde. Ihr Ehemann, der der Klägerin zu 1., sei lange Zeit abwesend gewesen. Sie vermute ebenfalls, dass es um Ölgeschäfte gegangen sei. Herr H. verfüge über große Geldmengen, die er vermutlich auch aus Ölgeschäften erhalten habe. Sie, die Klägerin zu 1., vermute, dass sie als die Ehefrau gefasst werden sollte. Sie habe Informationen darüber, dass ihr Schwiegersohn nur deswegen verhaftet worden sei, weil man auf sie, die Klägerin zu 1., keinen Zugriff habe nehmen können.
6Im Hinblick auf den Verbleib ihres Parteiausweises trägt die Klägerin zu 1. unter Verweis auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, dieser sei im Jahr 2006 gestohlen worden. Dass sie Mitglied der Musavat-Partei sei, gehe aus dem bereits vorgelegten Schreiben der Partei hervor. Sie legt zur weiteren Bestätigung ihrer Parteimitgliedschaft eine Bescheinigung des Europäischen Koordinationszentrums der Musavat-Partei vom 25. Januar 2016 vor. Ihre Mitgliedschaft könne auch durch Herrn N1. C1. und Herrn N2. D. , in dessen Radiosender sie gesprochen habe, bestätigt werden. Aufgrund der Unterdrückungsmaßnahmen durch die Regierung sei derzeit zudem die Ausstellung von Parteiausweisen für die Musavat-Partei nicht möglich.
7Schließlich macht sie ein erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis geltend. Sie leide unter HWS-Syndrom und psychischen Erkrankungen und sei nicht reisefähig. Am 5. Mai 2014 habe sie versucht, sich mit Schlaftabletten das Leben zu nehmen. Die Klägerin zu 1. legt in diesem Zusammenhang zwei Bescheinigungen des Arztes Dr. B3. vom 13. und vom 24. November 2014, eine Bescheinigung des Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 und eine Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie Dr. N3. aus X. vom 16. September 2015 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 54 bis 57, 90 f. und Blatt 125 der Gerichtsakte Bezug genommen. Eine Behandlung sei bei dem katastrophalen Gesundheitssystem in Aserbaidschan nicht möglich.
8In der mündlichen Verhandlung, in der die Klägerinnen Gelegenheit erhalten haben, ausführlich zu ihrem Klagebegehren vorzutragen, haben sie die Klage zurückgenommen, soweit sie bislang die Anerkennung als Asylberechtigte begehrt hatten.
9Die Klägerinnen beantragen nunmehr,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, den Klägerinnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
11hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. und 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, ihnen subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen,
12hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschan besteht.
13Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
14die Klage abzuweisen.
15Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den angegriffenen Bescheid und führt weiter aus, das vorgelegte Attest vom 6. Mai 2014 lasse nicht erkennen, dass weiterhin eine ernsthafte lebensbedrohliche Gefährdung der Klägerin vorliege. Auch die Bescheinigung der Musavat-Partei führe nicht zu einer Abänderung der Entscheidung. Bereits die Namensschreibweise sei abweichend. Zudem fehlten Angaben dazu, wie die Klägerin, die ihren Asylantrag bereits 2012 gestellt habe, gerade nunmehr in den Besitz der Bescheinigung gelangt sei. Die Angaben in der Bescheinigung seien vage und es sei nicht erkennbar, woher der Aussteller der Bescheinigung seine Kenntnisse habe. Nicht nachvollziehbar sei schließlich, dass die Klägerin zu 1. weder in der persönlichen Anhörung noch bis zur Entscheidung des Bundesamtes eine Parteimitgliedschaft oder parteipolitische Betätigung erwähnt habe. Der Inhalt der Bescheinigung widerspreche zudem den zuvor gemachten Angaben, wonach die Klägerin zu 1. sich in den Jahren 2008 bis 2011 in Russland aufgehalten habe. Das Vorbringen der Klägerin zu 1. sei nicht geeignet, vom Wahrheitsgehalt ihres Vorbringens zu überzeugen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6a K 266/14.A, 6a L 74/14.A und 6a L 1985/14.A sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (Az.: 553376-425) Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Umfang der teilweisen Klagerücknahme einzustellen.
19Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 VwGO durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 10. November 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2016 entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist.
20Soweit die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiterverfolgen und unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Januar 2014 die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären internationalen Schutzes und – wiederum hilfsweise – die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehren, ist ihre Klage zulässig, aber unbegründet. Auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung verletzt der Bescheid des Bundesamtes vom 7. Januar 2014 – soweit er noch angegriffen wird – die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid vom 7. Januar 2014, denen es folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – einem Ausländer dann internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2 lit. a)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2 lit. b)).
22Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (Nr. 1) auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder (Nr. 2) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG können als Verfolgung unter anderem gelten (Nr. 1) die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, (Nr. 2) gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, (Nr. 3) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, (Nr. 4) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, (Nr. 5) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 fallen, (Nr. 6) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
23Ausgehen kann die Verfolgung nach § 3c AsylG (Nr. 1) von dem Staat, (Nr. 2) von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (Nr. 3) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
24Schutz vor Verfolgung kann gemäß § 3d AsylG nur geboten werden (Nr. 1) vom Staat oder (Nr. 2) von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten. Der Schutz muss nach § 3d Abs. 2 AsylG wirksam sein und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
25Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist nach § 3e AsylG bei internem Schutz ausgeschlossen, wenn der Ausländer (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
26Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 (in Verbindung mit § 3b AsylG) genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verbindung bestehen.
27Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn sie aufgrund der im Herkunftsland des Klägers gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, BVerwGE 146, 67; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, www.nrwe.de.
29Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
30Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2013 – 8 A 2632/06.A – und vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, jeweils www.nrwe.de.
31Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) – sog. Qualifikationsrichtlinie – privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
32Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 – 10 C 11.09 –, vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 – und vom 1. Juni 2011 – 10 C 10.10 und 10 C 25.10 –; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 – 3 A 352/09 –; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 – 4 LB 5/11 –.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen steht den Klägerinnen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG wegen ihrer – hier allein in Betracht zu ziehenden – politischen Überzeugung zu. Vorliegend haben die Klägerinnen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bereits nicht im oben dargelegten Sinne glaubhaft gemacht. Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, aufgrund des (partei)politischen Engagements der Klägerin zu 1. bzw. der Zugehörigkeit der Klägerin zu 1. zur Musavat-Partei bzw. wegen der Tätigkeiten und der Nähe des Ehemannes der Klägerin zu 1. zu dem Oppositionspolitiker S. H. verfolgt zu werden.
34Das Gericht glaubt der Klägerin zu 1., dass sie im August 2001 von den aserbaidschanischen Behörden einige Tage lang festgehalten und befragt wurde. Das entsprechende Geschehen im Zusammenhang mit der Wiedereinreise der Klägerin zu 1. nach Aserbaidschan im August 2001 hat die Klägerin zu 1. detailliert und umfassend geschildert, wenn auch einzelne Schilderungen betreffend das Randgeschehen – etwa, wie die Personaldokumente der Klägerin zu 1. und ihrer Familie abhanden gekommen sein sollen und ob die Klägerin zu 1. die Reise allein angetreten hat oder begleitet wurde – Widersprüche aufweisen. Die in besonderem Maße emotionale und aufgewühlte Schilderung der Geschehnisse durch die Klägerin zu 1., die während der gesamten mündlichen Verhandlung einen aufgeregten Eindruck gemacht hat, hat die Überzeugung des Gerichts, dass sie insoweit im Wesentlichen von selbst Erlebtem berichtet, verstärkt. Dass die Klägerin zu 1. in den Jahren 1998 bis 2000 oder 2001 mehrfach bei dem Radiosender Radio G. angerufen und sich regimekritisch geäußert haben mag, kann zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden. Dies und die von der Klägerin zu 1. geschilderten Erlebnisse bei ihrer Wiedereinreise nach Aserbaidschan können indes nicht als ursächlich für die Ausreise der Klägerinnen aus ihrem Heimatland Anfang des Jahres 2012 angesehen werden. Nicht nur sind zwischen diesen Vorkommnissen und der Ausreise der Klägerinnen aus ihrem Heimatland mehr als zehn Jahre vergangen, so dass die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Ausreise bereits in zeitlicher Hinsicht mehr als fernliegt; die Klägerinnen sind vielmehr nach ihren eigenen Angaben noch im Jahr 2001 wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt und haben dort bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2012, wenn auch möglicherweise mit Unterbrechungen, gelebt. Dass sie dort wegen der regimekritischen Haltung der Klägerin zu 1. und ihrer Reden bei dem Radiosender Radio G. Schwierigkeiten mit den aserbaidschanischen Behörden oder Sicherheitskräften gehabt hätten, haben die Klägerinnen nicht substantiiert vorgetragen.
35Auch die von der Klägerin zu 1. geltend gemachte Mitgliedschaft in der Musavat-Partei führt nicht zu Gunsten der Klägerinnen zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Insoweit kann die Behauptung der Klägerin zu 1., Mitglied der Musavat-Partei zu sein, als wahr unterstellt werden. Ungeachtet der Zweifel des Gerichts, dass es sich bei der vorgelegten Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 um ein inhaltlich der Wahrheit entsprechendes Dokument handelt, können auch die Angaben in dieser Bescheinigung und in der Bescheinigung des Europäischen Koordinationszentrums der Musavat-Partei vom 25. Januar 2016 insoweit zu Gunsten der Klägerin zu 1. als wahr unterstellt werden, als darin die Mitgliedschaft der Klägerin zu 1. in der Musavat-Partei attestiert wird. Denn nach der Auskunftslage ist es unwahrscheinlich, dass eine Person allein aufgrund ihrer Aktivitäten für die Musavat-Partei, die eine legale Oppositionspartei in Aserbaidschan ist, Repressalien seitens der Behörden oder Sicherheitskräfte ausgesetzt ist.
36Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Bayreuth vom 18. März 2011; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30. Juni 2015 – 6a K 1834/13.A –, www.nrwe.de.
37Dass der Klägerin zu 1., die nach ihren eigenen insoweit durchweg pauschalen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Regierung kritisiert und an Demonstrationen teilgenommen haben will, sich sonst aber selbst als einfaches Mitglied der Partei bezeichnet hat, entgegen dieser Auskunftslage – auch unter Berücksichtigung des Inhalts des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 29. April 2015 und verschiedener, unter anderem im Internet abrufbarer Berichte über die Behandlung von Oppositionsmitgliedern in Aserbaidschan – politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG droht, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Ihrer Teilnahme an Demonstrationen der Musavat-Partei hat die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung im Übrigen selbst keinerlei verfolgungsrelevante Bedeutung zugemessen. Insoweit hat sie angegeben, dort seien Tausende von Menschen, zwischen denen man gar nicht auffalle. Dass sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Demonstrationen Probleme mit staatlichen Stellen gehabt habe, hat die Klägerin zu 1. auch nicht behauptet.
38Dass die Klägerin zu 1. über eine Teilnahme an verschiedenen Demonstrationen hinaus aktiv für die Musavat-Partei tätig gewesen ist, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Zwar hat sie behauptet, als Mitglied der Musavat-Partei immer die Regierung kritisiert und gegen Korruption und hohe Einzelhandelspreise und niedrige Löhne geredet zu haben. Davon, dass dies in einer Art und in einem Umfang geschehen sein könnte, der staatliche Stellen auf sie hätte aufmerksam machen und Verfolgungshandlungen hätte nach sich ziehen können, geht das Gericht indes nicht aus. Auf weitere Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. klargestellt, dass sie auf Demonstrationen keine Reden gehalten, sondern lediglich mit ihren Parteikollegen über politische Themen diskutiert habe. Dass die Klägerin zu 1. – wie ihr in der Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 attestiert wird – in der Kampagne für die Unterschriftensammlung und beim Referendum im Jahr 2009 sowie in der Aktion für die Unterschriftensammlung zur Registrierung der Agitationsgruppe des Wahlblocks AXCP und bei den Treffen nach der Gründung der Agitationsgruppe ihr Bestes gegeben hat und dass sie wegen ihrer aktiven Teilnahme an Kundgebungen im Jahr 2011 seitens der Regierungsvertreter verfolgt wird, glaubt das Gericht der Klägerin zu 1. nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu 1. – hätte sie sich tatsächlich bei einer der vorgenannten Aktionen engagiert – dies auch spätestens auf die Nachfrage der Einzelrichterin nach ihren weiteren politischen Aktivitäten in der mündlichen Verhandlung angesprochen hätte, was indes nicht geschehen ist. Dass die Klägerin zu 1. sich wie in den vorgelegten Bescheinigungen beschrieben für die Musavat-Partei engagiert hat, glaubt das Gericht auch deswegen nicht, weil es andernfalls nicht zu erklären ist, dass die Klägerin zu 1. zwar eine sehr gute und präzise Erinnerung an die Geschehnisse im August 2001 hat, ihre Schilderungen im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in der Musavat-Partei indes äußerst vage und pauschal geblieben sind. So konnte sich die Klägerin zu 1. beispielsweise auch auf Nachfrage nur an eine einzige konkrete Demonstration erinnern, an der sie teilgenommen haben will. Dies soll im November 2010 gewesen sein, Anlass der Demonstration soll die Tötungen und Misshandlungen junger Soldaten in den aserbaidschanischen Streitkräften gewesen sein. Auch dass die Klägerin im Jahr 2011 an Kundgebungen teilgenommen haben soll und deswegen verfolgt wird, glaubt das Gericht nicht. Wäre dies der Fall gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin zu 1. zumindest eine konkrete Demonstration hätte benennen können, an der sie teilgenommen hat. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass die Klägerin zu 1. – wie in der mündlichen Verhandlung behauptet – auf Zuruf ihres Bruders an Demonstrationen der Oppositionspartei Musavat teilgenommen haben will, während sie zugleich glaubte, sich versteckt halten zu müssen (und sich tatsächlich außerhalb C2. versteckt gehalten haben will), weil sie glaubte, wegen der Mitgliedschaft in ebendieser Partei politisch verfolgt zu werden. Das damit einhergehende Risiko, entdeckt zu werden oder ihr Versteck zu verraten, wäre viel zu groß gewesen. Jedenfalls wäre aber zu erwarten gewesen, dass sich die Klägerin – trotz ihrer emotionalen Aufregung in der mündlichen Verhandlung – noch an die konkreten Umstände einer mit solchen Gefahren verbundenen Demonstrationsteilnahme erinnert hätte. Die Klägerin zu 1. hatte indes – so ihre Angabe in der mündlichen Verhandlung – keine Erinnerung an konkrete Demonstrationen im Jahr 2011. Der Frage des Gerichts nach weiteren konkreten Aktivitäten für die Musavat-Partei ist die Klägerin zu 1. ausgewichen und hat dann angegeben, sie sei nur ein einfaches Mitglied der Partei gewesen.
39Ungeachtet dessen hält das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen im Übrigen nicht zuletzt nach dem Gesamteindruck der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen für unglaubhaft, so dass nicht davon auszugehen ist, dass den Klägerinnen im Rückkehrfall wegen der politischen Überzeugung der Klägerin zu 1. seitens des aserbaidschanischen Staates etwas droht. Die Klägerinnen haben ihr Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens nicht nur gesteigert und nach ihrem Dafürhalten wesentliche Umstände ohne zureichende Erklärung erst spät in das Verfahren eingeführt. Ihr Vorbringen ist auch in wesentlichen Punkten betreffend das Kerngeschehen, aber auch in Bezug auf Nebenaspekte widersprüchlich und unplausibel.
40Die Klägerin zu 1. hat ihr Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens erheblich gesteigert, und dies ohne plausible Erklärung hierfür und teilweise durch miteinander unvereinbare Schilderungen. Insoweit wird beispielhaft angeführt: Ausweislich der Angaben der Klägerin zu 1. im Rahmen ihrer Anhörung beim Bundesamt soll ihr Ehemann in erster Linie Ziel der geschilderten polizeilichen Maßnahmen im April 2011 gewesen sein. Auch das Ziel der Männer, die ihr einige Zeit nach der polizeilichen Durchsuchung ihrer Wohnung auf der Straße gedroht haben sollen, war – ausgehend von der Darstellung der Klägerin zu 1. bei ihrer Anhörung beim Bundesamt – offensichtlich, den Ehemann der Klägerin zu 1. ausfindig zu machen. Mit Schreiben ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 haben die Klägerinnen demgegenüber vorgetragen, die Klägerin zu 1. selbst werde verfolgt, und zwar als politische Aktivistin und Regimegegnerin, die aus einer Familie von Regimegegnern stamme. Unter anderem habe sie wiederholt Morddrohungen erhalten und ihr Bruder sei im Jahr 2011 nach Morddrohungen zu Tode geprügelt worden. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin zu 1. dann erstmals geltend gemacht, Mitglied der Musavat-Partei zu sein. Wiederum später hat sie vorgetragen, der Ehemann ihrer älteren Tochter, die sie bislang nicht erwähnt hatte, sei am 27. Februar 2014 verhaftet und an Aserbaidschan ausgeliefert worden, wo er seitdem in Haft sei. Grund dafür sei die enge Freundschaft ihres eigenen Ehemannes zu Herrn S. H. , der als Vorsitzender der Musavat-Partei als Staatsfeind von Aserbaidschan betrachtet werde. Sie vermute, dass eigentlich sie als die Ehefrau habe gefasst werden sollen und dass ihr Schwiegersohn verhaftet worden sei, weil man auf sie, die Klägerin zu 1., keinen Zugriff habe nehmen können. In der mündlichen Verhandlung schließlich hat die Klägerin zu 1. darüber hinaus vorgebracht, auch ihre ältere Tochter und ihr in Haft befindlicher Schwiegersohn seien politische Aktivisten. Auch ihr Vorbringen im Hinblick auf die Umstände ihrer Freilassung aus dem Gewahrsam der aserbaidschanischen Sicherheitskräfte im August 2001 hat die Klägerin zu 1. ohne ersichtlichen Grund gesteigert. Während sie im Juli 2013 behauptet hatte, gegen eine Geldzahlung freigelassen worden zu sein, will sie ihrer Schilderung in der mündlichen Verhandlung zufolge zusätzlich noch eine Erklärung unterschrieben haben, in der sie sich verpflichtet haben will, nichts mehr gegen die Regierung und den Präsidenten zu sagen.
41Ein Grund dafür, dass die Klägerin zu 1. ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens gesteigert und insbesondere die Umstände, dass sie Mitglied der Musavat-Partei sein und eine ältere Tochter haben will, relativ spät in diesem Verfahren erstmals vorgetragen hat, ist nicht ersichtlich. Die Erklärung der Klägerin zu 1., sie habe Angst um ihre Tochter gehabt, überzeugt insoweit nicht. Es ist bereits nicht feststellbar, um welche ihrer Töchter sie Angst gehabt haben will. Die Angaben der Klägerin zu 1. widersprechen sich insoweit. Der – mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 abgegebenen – Erklärung, „die Klägerin hat bei ihrer Anhörung am 5.3.2012 sehr große Angst um eine weitere Tochter gehabt, die sich in Russland aufhält“, ist eindeutig zu entnehmen, dass dabei allein die ältere Tochter der Klägerin zu 1. gemeint gewesen sein kann. In der mündlichen Verhandlung hingegen hat die Klägerin zu 1. erklärt, sie habe Angst um ihre andere Tochter – die Klägerin zu 2. – gehabt, da die Person, die sie nach Deutschland gebracht habe, gedroht habe, sie dürften nicht über Aserbaidschan sprechen, sonst werde jemand Säure ins Gesicht der Klägerin zu 2. werfen. Sollte die Klägerin zu 1. mit ihrem Vorbringen betreffend ihre ältere Tochter tatsächlich zum Ausdruck bringen wollen, sie habe wegen der Verhaftung ihres Schwiegersohnes Angst um diese Tochter gehabt, kann sich dies denklogisch weder auf ihre Anhörung beim Bundesamt am 5. März 2012 noch auch auf ihr Vorbringen aus Juli 2013 beziehen, denn die angebliche Verhaftung des Schwiegersohnes der Klägerin zu 1. soll sich erst eine beträchtliche Zeit danach zugetragen haben. Ungeachtet dessen überzeugt die Erklärung, Angst um eine Tochter gehabt zu haben, auch in der Sache nicht. Die Klägerin zu 1. hat sich von der angeblichen Angst um ihre Tochter nämlich von Anfang an nicht davon abhalten lassen, über Aserbaidschan zu sprechen, sei es – bei der Anhörung beim Bundesamt – über angebliche polizeiliche Drohungen, sei es – im Schriftsatz ihrer vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 – über Morddrohungen und schikanöses Verhalten seitens des Regimes und dessen Sympathisanten.
42Ebenso wenig überzeugt die Erklärung der Klägerinnen, ihre vormalige Verfahrensbevollmächtigte habe ihnen gesagt, sie würden im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit bekommen, alles zu erzählen. Denn die Klägerinnen haben durch ebendiese Verfahrensbevollmächtigte bereits im Jahr 2013 vorgetragen, dass Grund für ihre Verfolgung das politische Engagement der Klägerin zu 1. sei. Aus welchen Gründen sie in diesem Zusammenhang nicht auch die Mitgliedschaft der Klägerin zu 1. in der Musavat-Partei und die ältere Tochter der Klägerin zu 1. angeführt haben, erschließt sich dem Gericht nicht.
43Schließlich hält das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen auch wegen der Vielzahl nicht auflösbarer Widersprüche für unglaubhaft. So weichen bereits die durch ihre vormalige Verfahrensbevollmächtigte im Juli 2013 vorgebrachten Angaben der Klägerinnen, an welchen Orten sie Familie sich zwischen den 1990er Jahren und Januar 2012 aufgehaltern haben und die Gründe hierfür, deutlich von ihrem Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung ab. Während die Klägerinnen im Juli 2013 vorgetragen haben, sie und ihre Familie seien in den 1990er Jahren aus Aserbaidschan nach Russland ausgewandert, da sie als Regimegegner in Aserbaidschan verfolgt worden seien, hat die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Grund für ihre Ausreise nach Russland im Jahr 1997 sei, dass ihr Ehemann wegen seiner Tätigkeit für Herrn S. H. seinen Arbeitsplatz verloren und seine bevorstehende Verhaftung befürchtet habe. In Bezug die Jahre 2001 bis 2008 haben die Klägerinnen im Juli 2013 vorgetragen, sie hätten sich mal in Aserbaidschan, mal in Russland aufgehalten, bis sie in Russland wieder aufgespürt und bedroht worden seien, dann seien sie wieder nach Aserbaidschan gegangen. Demgegenüber wollen die Klägerinnen – ausweislich der Angaben der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung – von 2001 bis 2008 durchgängig in Aserbaidschan gelebt haben. Hatten die Klägerinnen im Juli 2013 weiter noch behauptet, im Jahr 2008 nach Russland ausgereist und erst im Jahr 2011 wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt zu sein, will die Klägerin zu 1. ausweislich ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung bereits im November 2010 in C. an einer Demonstration teilgenommen haben und ausweislich der von ihr vorgelegten Bescheinigungen insbesondere in den Jahren 2009 bis 2011 äußerst aktiv für die Musavat-Partei tätig gewesen sein.
44Auch in Bezug auf den Verlust ihrer Personaldokumente im Jahr 2001 und die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Wiedereinreise nach Aserbaidschan im August 2001 weisen die Angaben der Klägerinnen Widersprüche auf. Ausweislich ihres Vorbringens aus dem Juli 2013 sollen die Ausweispapiere bei einem Wohnungseinbruch gestohlen worden sein. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen vorgetragen, die Papiere habe eine ihnen bis dahin unbekannte Frau entwendet, die die Klägerinnen – was das Gericht für durchgreifend unglaubhaft hält, da dies jeglicher Lebenserfahrung widerspricht – zuhause aufgesucht haben und sich dort – ohne sich richtig vorgestellt zu haben – gut neun Stunden aufgehalten und Fragen gestellt haben soll. Widersprüchlich sind auch die Angaben der Klägerin zu 1. zu den Umständen ihrer Reise nach Aserbaidschan im August 2001. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, dabei von ihrer Schwester begleitet worden zu sein und zwei DIN A4-Seiten mit vorformulierten regimekritischen politischen Reden dabei gehabt zu haben, die den Reden entsprochen haben sollen, die sie bereits in Russland im Radio G. gehalten habe. Im Juli 2013 hatte sie hingegen vorgetragen, bei ihrer Einreise nach Aserbaidschan ein Ablehnungsschreiben der deutschen Botschaft in Moskau zu ihrem ersten Asylgesuch an die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1999 und eine Liste mit Namen und Adressen von Regimegegnern bei sich getragen zu haben. Dass die Klägerin zu 1. bei ihrer Rückreise zudem von ihrer älteren Schwester begleitet worden sein will, hat die Klägerin zu 1. im Juli 2013 mit keinem Wort erwähnt. Im Gegenteil hatte sie damals vorgetragen, „Um nicht die gesamte Familie in Gefahr zu bringen, wurde beschlossen, dass nur die Antragstellerin zu 1) zurück nach Aserbaidschan reisen sollte.“ Eine plausible Erklärung für diese Ungereimtheiten vermag das Gericht nicht zu erkennen.
45Schließlich ist das Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf ihre ältere Tochter und die Verhaftung und Inhaftierung ihres Schwiegersohnes unplausibel und nicht geeignet, die Annahme einer bei einer Rückkehr in ihr Heimatland den Klägerinnen drohenden Verfolgung zu rechtfertigen. Soweit die Klägerin zu 1. die Verhaftung ihres Schwiegersohnes auf dessen – von den Klägerinnen nicht näher umschriebenen – oppositionspolitischen Aktivitäten zurückführt, sind Anhaltspunkte dafür, dass deswegen auch den Klägerinnen Verfolgung droht, weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch die Erklärung der Klägerinnen, dass der Schwiegersohn der Klägerin zu 1. verhaftet und nach Aserbaidschan ausgeliefert worden sein soll, weil der Ehemann der Klägerin zu 1. ein enger Freund des als Staatsfeind betrachteten Herrn S. H. sein soll bzw. dessen Arbeitskollege / Arbeitnehmer gewesen sein soll und weil man der Klägerin zu 1. nicht habe habhaft werden können, hält das Gericht für durchgreifend unglaubhaft. Sie ist schlichtweg unplausibel. Die Argumentation der Klägerinnen gründet auf ihrer eigenen Vermutung, dass der finanzielle Reichtum des Oppositionspolitikers H. aus seiner möglicherweise kriminellen Tätigkeit im Bereich der Ölindustrie Aserbaidschans stammt und dass der Ehemann der Klägerin zu 1. möglicherweise darin verwickelt gewesen sein könnte. Bereits mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes im Jahr 1997 und seiner Ausreise aus Aserbaidschan endete – legt man die Angaben der Klägerin zu 1. aus der mündlichen Verhandlung zugrunde – die Verbindung des Ehemannes der Klägerin zu 1. zu Ölgeschäften in Aserbaidschan im Zusammenhang mit Herrn H. . Hätten die aserbaidschanischen Behörden tatsächlich die Klägerin zu 1. anstelle ihres Ehemannes verhaften wollen, hätte seit diesem Zeitpunkt mehr als zehn Jahre lang mehrfach die Gelegenheit dazu bestanden. Die Klägerin hatte nach eigenem Bekunden auch mindestens dreimal Kontakt mit den aserbaidschanischen Behörden bzw. Sicherheitskräften, ohne dass es – nach ihrer Schilderung – zu einer Verhaftung gekommen wäre, die in Zusammenhang mit ihrem Ehemann gebracht werden könnte: Dass die Klägerin zu 1. im August 2001 mehrere Tage lang von aserbaidschanischen Sicherheitskräften festgehalten wurde, hat sie mit ihrer eigenen politischen Überzeugung und ihrem politischen Engagement erklärt, nicht aber mit ihrem Ehemann in Verbindung gebracht. Hätten die aserbaidschanischen Behörden die Klägerin zu 1. tatsächlich verhaften wollen, hätten sie diese Möglichkeit zudem namentlich am 9. April 2011 – dem Tag, an dem die Polizei angeblich die Wohnung der Klägerinnen durchsucht und nach dem Ehemann der Klägerin zu 1. gesucht haben soll – und anlässlich des von den Klägerinnen geschilderten Vorfalls auf der Straße, der sich ebenfalls im Frühjahr 2011 zugetragen haben soll, gehabt.
46Vor diesem Hintergrund ist auch eine den Klägerinnen drohende Verfolgung wegen etwaiger krimineller Handlungen des Ehemannes der Klägerin zu 1. nicht ersichtlich. Die Klägerinnen, die sich ausweislich ihres Vorbringens seit dem Jahr 2001 bis Anfang des Jahres 2012 durchgehend bzw. immer wieder in Aserbaidschan aufgehalten haben, haben – abgesehen von den beiden Vorfällen im April 2011 – auch nicht vorgetragen, während dieser Zeit wegen des Ehemannes der Klägerin zu 1. bzw. wegen dessen Tätigkeiten Schwierigkeiten gehabt zu haben.
47Ungeachtet der obigen Ausführungen weisen die von den Klägerinnen geschilderten Geschehnisse nicht die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderliche Verfolgungsdichte auf. Es fehlt an der für die Annahme einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylVfG erforderlichen Verfolgungsintensität im Hinblick auf die Art und den Umfang der geltend gemachten Verfolgungshandlungen. Diese beschränken sich im Wesentlichen auf die mehrtägige Inhaftierung im Jahr 2001 und die beiden Geschehnisse im April 2011, wobei kein Zusammenhang zwischen letzteren und den geschilderten Erlebnissen im August 2001 erkennbar ist. Die Klägerin zu 1. hat zudem im Juli 2013 lediglich pauschal Verfolgungen und Drohungen behauptet und in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Polizei habe sie psychisch unter Druck gesetzt und sei nach Hause gekommen. Genauer danach gefragt hat sie in der mündlichen Verhandlung – insoweit in Übereinstimmung mit ihren Schilderungen im Verwaltungsverfahren – als konkrete Vorfälle allein die polizeiliche Durchsuchung am 9. April 2011 und den anschließenden Vorfall mit den Männern in dem Auto auf der Straße genannt.
48Die Klage ist auch mit dem ersten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG. Sie haben keine Umstände substantiiert vorgetragen, die nahelegen könnten, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Asylgesetz (AsylG) droht.
49Schließlich ist die Klage mit dem zweiten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid vom 7. Januar 2014 Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Auch die von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Erkrankungen und vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen rechtfertigen die Feststellung eines nationalen – erkrankungsbedingten – Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht.
50Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dem Ausländer dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder G. droht. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann allerdings auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 –, BVerwGE 105, 383; BVerfG, Beschluss vom 16. April 2002 – 2 BvR 553/02 –, juris.
52Eine entsprechende Gefahr kann sich auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung dort tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 –, DVBl. 2003, 463.
54Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstand vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf „optimale Behandlung“ einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren.
55Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 – 11 A 4518/02.A – und vom 30. Oktober 2006 – 13 A 2820/04.A –.
56Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
57Vgl. grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff.
58Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
59Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
60Gemessen daran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen entsprechen den vorgenannten Anforderungen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).
61In Bezug auf die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen des Dr. B3. aus E. vom 13. November 2014 und vom 24. November 2014 hat das Gericht bereits in seinem Beschluss vom 4. März 2015 in dem zugehörigen Eilverfahren ausgeführt:
62„Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen der Antragstellerinnen liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG). Die in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. vorgelegte Bescheinigung des Dr. B3. vom 24. November 2015 erschöpft sich in einer bloßen Angabe der Diagnosen und der verordneten Medikamente. Im Hinblick auf die festgestellte Depression der Antragstellerin zu 1. fehlt es zudem an einer Angabe der Grundlagen, aufgrund der diese Diagnose gestellt worden ist. Auch Angaben zu den Auswirkungen eines Behandlungsabbruchs fehlen. Bei der im Attest des Dr. B3. vom 13. November 2014 attestierten fehlenden Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. handelt es sich um ein im vorliegenden Asylverfahren nicht berücksichtigungsfähiges inländisches Abschiebungshindernis.“
63Hieran hält das Gericht nach erneuter Prüfung unter Beachtung des im vorliegenden Hauptsacheverfahren anzulegenden rechtlichen Prüfungsmaßstabs fest.
64Auch die Bescheinigung der Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 betreffend die Behandlung der Klägerin zu 1. aus Anlass eines Suizidversuchs führt nicht zu der Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungsverbots. Darin wird nicht einmal ein Behandlungsbedarf der Erkrankungen der Klägerin zu 1. festgestellt. Vielmehr wird dort angeführt, dass eine neurologische Untersuchung der Klägerin zu 1. keine Hinweise auf eine akute Suizidalität ergeben habe und dass die Klägerin zu 1. einen stabilen Allgemeinzustand aufweise.
65Schließlich rechtfertigt auch die Bescheinigung der Fachärztin Dr. N3. aus X. vom 16. September 2015 nicht die Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zum einen wird nicht klar dargelegt, auf welcher Grundlage die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung gestellt wird. Allein der pauschale Hinweis auf die Verwicklung der Klägerin zu 1. in politische Aktivitäten, das Verschwinden ihres Ehemannes und dass es ihr geglückt sei, sich und ihre Tochter zu retten, genügt insoweit nicht. Insbesondere bleibt unklar, seit wann und wie häufig sich die Klägerin zu 1. bei der attestierenden Ärztin in Behandlung befunden hat. Ein konkreter Therapieverlauf ist dem Attest ebenso wenig zu entnehmen wie Angaben über die Folgen eines Abbruchs der Behandlung. Die Bescheinigung verhält sich allein zu der Frage einer Ausweisung, ohne dass deutlich wird, ob bereits die Ausweisung an sich eine Exarcerbation der psychotischen Symptome, von der nach der Einschätzung der attestierenden Ärztin auszugehen ist, nach sich ziehen würde oder ob und inwieweit die Ärztin die Ausweisung möglicherweise stillschweigend mit einem Behandlungsabbruch gleichgesetzt hat.
66Das Gericht war nicht gehalten, dem mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 gestellten Hilfsbeweisantrag nachzukommen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu der Frage der Behandelbarkeit der Erkrankungen der Klägerin zu 1. bzw. zu der Frage, ob bei der Klägerin zu 1. eine psychische Erkrankung vorliegt, die dazu führt, dass bei einer erzwungenen Rückkehr nach Aserbaidschan die Gefahr einer Retraumatisierung vorliegt, zu erheben.
67Der Hilfsbeweisantrag ist abzulehnen, weil er nicht hinreichend substantiiert ist. Zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 –, beide juris; OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2012 – 13 A 1655/12.A –, www.nrwe.de.
69Wie oben bereits ausgeführt, entsprechen die vorgelegten Atteste den vorgenannten Anforderungen nicht. Auch die Gefahr einer drohenden Retraumatisierung wird in keiner der vorgelegten Bescheinigungen auch nur erwähnt.
70Vor diesem Hintergrund war das Gericht auch nicht gehalten, der Anregung des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Behandelbarkeit der Erkrankungen der Klägerin zu 1. in ihrem Heimatland einzuholen, nachzukommen.
71Schließlich handelt es sich bei der in der Bescheinigung des Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 und der Fachärztin für Psychiatrie Dr. N3. vom 16. September 2015 angesprochenen Frage der Suizidgefahr – ebenso wie bei der Frage der Transportfähigkeit der Klägerin zu 1. – um ein so genanntes inländisches Abschiebungshindernis, welches im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Berücksichtigung findet
72Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.