Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Feb. 2016 - 6a K 266/14.A
Tenor
Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 1. und ihre am 00.00.0000 geborene Tochter, die Klägerin zu 2., aserbaidschanische Staatsangehörige, reisten nach eigenen Angaben am 11. Februar 2012 auf dem Landweg aus C. in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 14. Februar 2012 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylanträge. Zur Begründung führte die Klägerin zu 1. bei ihrer persönlichen Anhörung am 5. März 2012 an, ihr Ehemann sei als Architekt regelmäßig drei bis sechs Monate abwesend gewesen. Am 7. April 2011 habe er zu ihr gesagt, sie solle auf ihre Tochter aufpassen. Am 9. April 2011 hätten dann drei Polizisten und eine Person in Zivil vor der Tür gestanden und ihren Mann gesucht. Sie hätten das gesamte Haus durchsucht und sie beschimpft, aber ihr weder einen Gerichtsbeschluss gezeigt noch hätten sie ihr auf Nachfrage gesagt, weshalb ihr Mann gesucht werde. Über die Durchsuchungsmaßnahme der Polizei habe sie sich nicht beschwert. Nachdem sie wieder gegangen seien, hätten sie, die Klägerinnen, eine Woche lang das Haus nicht mehr verlassen. Als sie eine Woche später ihre Tochter zur Schule gebracht habe, sei ein schwarzes Auto an ihnen vorbei und absichtlich durch eine Pfütze gefahren, so dass ihre Kleidung verschmutzt worden sei. Zwei Männer seien aus dem Auto ausgestiegen und sie habe gefragt, warum sie so etwas machten. Einer der Männer habe geantwortet, sie sage ihm ja auch nicht, wo ihr Mann sich aufhalte, und sie könne ja die Rolle ihres Ehemannes einnehmen. Sie solle ihrem Mann sagen, wenn er jetzt nicht komme, werde ihr und ihrer Tochter etwas zustoßen. Der Mann habe gedroht, mit dem Schraubenzieher, den er in der Hand gehalten habe, auf sie einzustechen und sie vor den Augen ihrer Tochter zu vergewaltigen. Sie seien dann weggelaufen und sie habe sich an einem Freund ihres Mannes gewandt, über den dieser immer Geld geschickt habe. Dieser habe sie nach N. gebracht, wo sie bis zum 22. November 2011 geblieben seien. Dort habe ihr Ehemann sie besucht und gesagt, er werde ihnen helfen. Ihr Mann sei am 24. November 2011 wieder weggegangen, seit dem hätten sie ihn nicht mehr gesehen. Der Freund ihres Mannes habe sie dann in ein anderes Versteck gebracht, wo sie sich bis zu ihrer Ausreise am 28. Januar 2012 aufgehalten hätten. Aus Angst um das Leben und die Sicherheit ihrer Tochter seien sie nicht in einen anderen Teil Aserbaidschans gezogen.
2Mit Schreiben ihrer vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 gaben die Klägerinnen im Wesentlichen weiter an, bereits in den 90er Jahren habe die Klägerin als Angehörige einer Familie von Regimegegnern zum Schutz ihres Lebens und des Lebens ihrer Familie Aserbaidschan verlassen und in Russland gelebt. Die Klägerin zu 1. und ihre Familie hätten sehr häufig unangekündigte Besuche der Polizei mit gewillkürten Verhören und Morddrohungen erhalten. In Russland seien sie ausfindig gemacht worden und hätten Morddrohungen erhalten, nachdem die Klägerin zu 1. bei einem Radiosender angerufen und über die politischen Verhältnisse und groben Menschenrechtsverletzungen und von ihrer persönlichen Betroffenheit in Aserbaidschan berichtet habe. Bereits im Jahr 1999 habe die deutsche Botschaft in Moskau ein Asylgesuch der Klägerin zu 1. abgelehnt. Dann sei in ihre Wohnung eingebrochen worden und ihre Papiere seien gestohlen worden. Sie und ihre Familie hätten neue Papiere beantragen müssen. Bei der Wiedereinreise nach Aserbaidschan im August 2001 sei die Klägerin zu 1. kurz vor der Grenze gezwungen worden, mit der Polizei mitzugehen. Sie sei in einen Verhörraum gebracht worden, wo sie stundenlang von Polizeibeamten verhört worden sei. Danach sei sie an eine andere Stelle gebracht worden, wo sie nach acht Stunden Wartezeit erneut – unter Anwendung von Gewalt und Folter – verhört worden sei. Danach sei sie für zehn Tage weggesperrt worden und nach der Zahlung einer Geldsumme wieder auf freien Fuß gekommen. Man habe ihr gedroht, man werde sie und ihre Familie ausrotten, wenn sie jemandem von diesen Verhören erzähle und den Kontakt zu dem bekannten Regimegegner N1. C1. aufrechterhalte, mit dem sie in Russland in Verbindung getreten sei. Nachdem sie neue Ausweispapiere erhalten hätten, seien sie aus Sorge um nahe Angehörige, die noch in Aserbaidschan gelebt hätten, trotz der Gefahren wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt. Die Familie sei wegen des schikanösen Verhaltens des Regimes und seiner Sympathisanten immer wieder nach Russland geflohen und dort ausfindig gemacht und bedroht worden. Zuletzt hätten sie von 2008 bis 2011 in Russland gelebt, nachdem sie seitens der Regierung ohne Ankündigung ausgebürgert worden seien. Im Jahr 2011 hätten zwei Männer und eine Frau vor der Wohnungstür gestanden. Sie hätten sich gewaltsam Eintritt verschafft und sie – begleitet von Schlägen und Morddrohungen – verhört. Nachdem der Bruder der Klägerin zu 1. nach Morddrohungen zu Tode geprügelt worden sei, sei die Familie 2011 ein letztes Mal nach Aserbaidschan zurückgekehrt, da sie auch in Russland nicht mehr sicher gewesen sei. Der Ehemann der Klägerin zu 1. und enge Verwandte gälten derzeit als vermisst.
3Durch Bescheid vom 7. Januar 2014 (Az.: 5533976-425) lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab (Ziffer 3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 4.). Es forderte die Klägerinnen unter Androhung der Abschiebung nach Aserbaidschan auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Ziffer 5.).
4Die Kläger haben am 17. Januar 2014 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, den das Gericht durch Beschluss vom 14. Februar 2014 abgelehnt hat (6a L 74/14.A). Auf weiteren Eilantrag der Klägerinnen hin hat das Gericht durch Beschluss vom 4. März 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (6a L 1985/14.A).
5Zur Begründung der Klage hat die Klägerin zu 1. mit Schriftsatz vom 14. Juli 2014 erstmals vorgetragen, sie sei Mitglied der Musavat-Partei. Zudem hat sie eine Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 64 bis 66 der Gerichtsakte Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 haben die Klägerinnen dann vorgetragen, sie hätten bislang nicht alles vorgetragen, was sie hätten vortragen müssen und sollen, da die Klägerin zu 1. im Zeitpunkt der persönlichen Anhörung beim Bundesamt große Angst um ihre weitere Tochter gehabt habe, die sich in Russland aufhalte. Ihr richtiger Name sei A. B. . Sie sei mit Herrn O. B1. verheiratet. Diesen habe sie am 24. November 2011 zum letzten Mal gesehen. Sie habe keine Kenntnis über sein Schicksal, sei aber der Auffassung, er sei verhaftet worden. Ihre weitere Tochter heiße J. B2. und lebe in M. in Russland. Am 27. Februar 2014 sei der Ehemann ihrer Tochter auf ein aserbaidschanisches Auslieferungsgesuch hin verhaftet und nach Aserbaidschan ausgeliefert worden und sei seitdem dort in Haft. Hintergrund der Verhaftung sei, dass ihr eigener Ehemann ein enger Freund des Herrn S. H. sei, der als Vorsitzender der Musavat-Partei als Staatsfeind von Aserbaidschan betrachtet werde. Ihr Ehemann, der der Klägerin zu 1., sei lange Zeit abwesend gewesen. Sie vermute ebenfalls, dass es um Ölgeschäfte gegangen sei. Herr H. verfüge über große Geldmengen, die er vermutlich auch aus Ölgeschäften erhalten habe. Sie, die Klägerin zu 1., vermute, dass sie als die Ehefrau gefasst werden sollte. Sie habe Informationen darüber, dass ihr Schwiegersohn nur deswegen verhaftet worden sei, weil man auf sie, die Klägerin zu 1., keinen Zugriff habe nehmen können.
6Im Hinblick auf den Verbleib ihres Parteiausweises trägt die Klägerin zu 1. unter Verweis auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, dieser sei im Jahr 2006 gestohlen worden. Dass sie Mitglied der Musavat-Partei sei, gehe aus dem bereits vorgelegten Schreiben der Partei hervor. Sie legt zur weiteren Bestätigung ihrer Parteimitgliedschaft eine Bescheinigung des Europäischen Koordinationszentrums der Musavat-Partei vom 25. Januar 2016 vor. Ihre Mitgliedschaft könne auch durch Herrn N1. C1. und Herrn N2. D. , in dessen Radiosender sie gesprochen habe, bestätigt werden. Aufgrund der Unterdrückungsmaßnahmen durch die Regierung sei derzeit zudem die Ausstellung von Parteiausweisen für die Musavat-Partei nicht möglich.
7Schließlich macht sie ein erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis geltend. Sie leide unter HWS-Syndrom und psychischen Erkrankungen und sei nicht reisefähig. Am 5. Mai 2014 habe sie versucht, sich mit Schlaftabletten das Leben zu nehmen. Die Klägerin zu 1. legt in diesem Zusammenhang zwei Bescheinigungen des Arztes Dr. B3. vom 13. und vom 24. November 2014, eine Bescheinigung des Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 und eine Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie Dr. N3. aus X. vom 16. September 2015 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 54 bis 57, 90 f. und Blatt 125 der Gerichtsakte Bezug genommen. Eine Behandlung sei bei dem katastrophalen Gesundheitssystem in Aserbaidschan nicht möglich.
8In der mündlichen Verhandlung, in der die Klägerinnen Gelegenheit erhalten haben, ausführlich zu ihrem Klagebegehren vorzutragen, haben sie die Klage zurückgenommen, soweit sie bislang die Anerkennung als Asylberechtigte begehrt hatten.
9Die Klägerinnen beantragen nunmehr,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, den Klägerinnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
11hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. und 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, ihnen subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen,
12hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2014 zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschan besteht.
13Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
14die Klage abzuweisen.
15Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den angegriffenen Bescheid und führt weiter aus, das vorgelegte Attest vom 6. Mai 2014 lasse nicht erkennen, dass weiterhin eine ernsthafte lebensbedrohliche Gefährdung der Klägerin vorliege. Auch die Bescheinigung der Musavat-Partei führe nicht zu einer Abänderung der Entscheidung. Bereits die Namensschreibweise sei abweichend. Zudem fehlten Angaben dazu, wie die Klägerin, die ihren Asylantrag bereits 2012 gestellt habe, gerade nunmehr in den Besitz der Bescheinigung gelangt sei. Die Angaben in der Bescheinigung seien vage und es sei nicht erkennbar, woher der Aussteller der Bescheinigung seine Kenntnisse habe. Nicht nachvollziehbar sei schließlich, dass die Klägerin zu 1. weder in der persönlichen Anhörung noch bis zur Entscheidung des Bundesamtes eine Parteimitgliedschaft oder parteipolitische Betätigung erwähnt habe. Der Inhalt der Bescheinigung widerspreche zudem den zuvor gemachten Angaben, wonach die Klägerin zu 1. sich in den Jahren 2008 bis 2011 in Russland aufgehalten habe. Das Vorbringen der Klägerin zu 1. sei nicht geeignet, vom Wahrheitsgehalt ihres Vorbringens zu überzeugen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6a K 266/14.A, 6a L 74/14.A und 6a L 1985/14.A sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (Az.: 553376-425) Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Umfang der teilweisen Klagerücknahme einzustellen.
19Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 VwGO durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 10. November 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2016 entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist.
20Soweit die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiterverfolgen und unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Januar 2014 die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären internationalen Schutzes und – wiederum hilfsweise – die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehren, ist ihre Klage zulässig, aber unbegründet. Auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung verletzt der Bescheid des Bundesamtes vom 7. Januar 2014 – soweit er noch angegriffen wird – die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid vom 7. Januar 2014, denen es folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – einem Ausländer dann internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2 lit. a)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2 lit. b)).
22Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die (Nr. 1) auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder (Nr. 2) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG können als Verfolgung unter anderem gelten (Nr. 1) die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, (Nr. 2) gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, (Nr. 3) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, (Nr. 4) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, (Nr. 5) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 fallen, (Nr. 6) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
23Ausgehen kann die Verfolgung nach § 3c AsylG (Nr. 1) von dem Staat, (Nr. 2) von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (Nr. 3) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
24Schutz vor Verfolgung kann gemäß § 3d AsylG nur geboten werden (Nr. 1) vom Staat oder (Nr. 2) von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten. Der Schutz muss nach § 3d Abs. 2 AsylG wirksam sein und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
25Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist nach § 3e AsylG bei internem Schutz ausgeschlossen, wenn der Ausländer (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
26Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 (in Verbindung mit § 3b AsylG) genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verbindung bestehen.
27Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn sie aufgrund der im Herkunftsland des Klägers gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, BVerwGE 146, 67; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, www.nrwe.de.
29Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
30Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2013 – 8 A 2632/06.A – und vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, jeweils www.nrwe.de.
31Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) – sog. Qualifikationsrichtlinie – privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
32Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 – 10 C 11.09 –, vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 – und vom 1. Juni 2011 – 10 C 10.10 und 10 C 25.10 –; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 – 3 A 352/09 –; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 – 4 LB 5/11 –.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen steht den Klägerinnen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG wegen ihrer – hier allein in Betracht zu ziehenden – politischen Überzeugung zu. Vorliegend haben die Klägerinnen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bereits nicht im oben dargelegten Sinne glaubhaft gemacht. Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, aufgrund des (partei)politischen Engagements der Klägerin zu 1. bzw. der Zugehörigkeit der Klägerin zu 1. zur Musavat-Partei bzw. wegen der Tätigkeiten und der Nähe des Ehemannes der Klägerin zu 1. zu dem Oppositionspolitiker S. H. verfolgt zu werden.
34Das Gericht glaubt der Klägerin zu 1., dass sie im August 2001 von den aserbaidschanischen Behörden einige Tage lang festgehalten und befragt wurde. Das entsprechende Geschehen im Zusammenhang mit der Wiedereinreise der Klägerin zu 1. nach Aserbaidschan im August 2001 hat die Klägerin zu 1. detailliert und umfassend geschildert, wenn auch einzelne Schilderungen betreffend das Randgeschehen – etwa, wie die Personaldokumente der Klägerin zu 1. und ihrer Familie abhanden gekommen sein sollen und ob die Klägerin zu 1. die Reise allein angetreten hat oder begleitet wurde – Widersprüche aufweisen. Die in besonderem Maße emotionale und aufgewühlte Schilderung der Geschehnisse durch die Klägerin zu 1., die während der gesamten mündlichen Verhandlung einen aufgeregten Eindruck gemacht hat, hat die Überzeugung des Gerichts, dass sie insoweit im Wesentlichen von selbst Erlebtem berichtet, verstärkt. Dass die Klägerin zu 1. in den Jahren 1998 bis 2000 oder 2001 mehrfach bei dem Radiosender Radio G. angerufen und sich regimekritisch geäußert haben mag, kann zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden. Dies und die von der Klägerin zu 1. geschilderten Erlebnisse bei ihrer Wiedereinreise nach Aserbaidschan können indes nicht als ursächlich für die Ausreise der Klägerinnen aus ihrem Heimatland Anfang des Jahres 2012 angesehen werden. Nicht nur sind zwischen diesen Vorkommnissen und der Ausreise der Klägerinnen aus ihrem Heimatland mehr als zehn Jahre vergangen, so dass die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Ausreise bereits in zeitlicher Hinsicht mehr als fernliegt; die Klägerinnen sind vielmehr nach ihren eigenen Angaben noch im Jahr 2001 wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt und haben dort bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2012, wenn auch möglicherweise mit Unterbrechungen, gelebt. Dass sie dort wegen der regimekritischen Haltung der Klägerin zu 1. und ihrer Reden bei dem Radiosender Radio G. Schwierigkeiten mit den aserbaidschanischen Behörden oder Sicherheitskräften gehabt hätten, haben die Klägerinnen nicht substantiiert vorgetragen.
35Auch die von der Klägerin zu 1. geltend gemachte Mitgliedschaft in der Musavat-Partei führt nicht zu Gunsten der Klägerinnen zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Insoweit kann die Behauptung der Klägerin zu 1., Mitglied der Musavat-Partei zu sein, als wahr unterstellt werden. Ungeachtet der Zweifel des Gerichts, dass es sich bei der vorgelegten Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 um ein inhaltlich der Wahrheit entsprechendes Dokument handelt, können auch die Angaben in dieser Bescheinigung und in der Bescheinigung des Europäischen Koordinationszentrums der Musavat-Partei vom 25. Januar 2016 insoweit zu Gunsten der Klägerin zu 1. als wahr unterstellt werden, als darin die Mitgliedschaft der Klägerin zu 1. in der Musavat-Partei attestiert wird. Denn nach der Auskunftslage ist es unwahrscheinlich, dass eine Person allein aufgrund ihrer Aktivitäten für die Musavat-Partei, die eine legale Oppositionspartei in Aserbaidschan ist, Repressalien seitens der Behörden oder Sicherheitskräfte ausgesetzt ist.
36Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Bayreuth vom 18. März 2011; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30. Juni 2015 – 6a K 1834/13.A –, www.nrwe.de.
37Dass der Klägerin zu 1., die nach ihren eigenen insoweit durchweg pauschalen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Regierung kritisiert und an Demonstrationen teilgenommen haben will, sich sonst aber selbst als einfaches Mitglied der Partei bezeichnet hat, entgegen dieser Auskunftslage – auch unter Berücksichtigung des Inhalts des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 29. April 2015 und verschiedener, unter anderem im Internet abrufbarer Berichte über die Behandlung von Oppositionsmitgliedern in Aserbaidschan – politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG droht, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Ihrer Teilnahme an Demonstrationen der Musavat-Partei hat die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung im Übrigen selbst keinerlei verfolgungsrelevante Bedeutung zugemessen. Insoweit hat sie angegeben, dort seien Tausende von Menschen, zwischen denen man gar nicht auffalle. Dass sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Demonstrationen Probleme mit staatlichen Stellen gehabt habe, hat die Klägerin zu 1. auch nicht behauptet.
38Dass die Klägerin zu 1. über eine Teilnahme an verschiedenen Demonstrationen hinaus aktiv für die Musavat-Partei tätig gewesen ist, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Zwar hat sie behauptet, als Mitglied der Musavat-Partei immer die Regierung kritisiert und gegen Korruption und hohe Einzelhandelspreise und niedrige Löhne geredet zu haben. Davon, dass dies in einer Art und in einem Umfang geschehen sein könnte, der staatliche Stellen auf sie hätte aufmerksam machen und Verfolgungshandlungen hätte nach sich ziehen können, geht das Gericht indes nicht aus. Auf weitere Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. klargestellt, dass sie auf Demonstrationen keine Reden gehalten, sondern lediglich mit ihren Parteikollegen über politische Themen diskutiert habe. Dass die Klägerin zu 1. – wie ihr in der Bescheinigung der Musavat-Partei vom 26. Mai 2014 attestiert wird – in der Kampagne für die Unterschriftensammlung und beim Referendum im Jahr 2009 sowie in der Aktion für die Unterschriftensammlung zur Registrierung der Agitationsgruppe des Wahlblocks AXCP und bei den Treffen nach der Gründung der Agitationsgruppe ihr Bestes gegeben hat und dass sie wegen ihrer aktiven Teilnahme an Kundgebungen im Jahr 2011 seitens der Regierungsvertreter verfolgt wird, glaubt das Gericht der Klägerin zu 1. nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu 1. – hätte sie sich tatsächlich bei einer der vorgenannten Aktionen engagiert – dies auch spätestens auf die Nachfrage der Einzelrichterin nach ihren weiteren politischen Aktivitäten in der mündlichen Verhandlung angesprochen hätte, was indes nicht geschehen ist. Dass die Klägerin zu 1. sich wie in den vorgelegten Bescheinigungen beschrieben für die Musavat-Partei engagiert hat, glaubt das Gericht auch deswegen nicht, weil es andernfalls nicht zu erklären ist, dass die Klägerin zu 1. zwar eine sehr gute und präzise Erinnerung an die Geschehnisse im August 2001 hat, ihre Schilderungen im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in der Musavat-Partei indes äußerst vage und pauschal geblieben sind. So konnte sich die Klägerin zu 1. beispielsweise auch auf Nachfrage nur an eine einzige konkrete Demonstration erinnern, an der sie teilgenommen haben will. Dies soll im November 2010 gewesen sein, Anlass der Demonstration soll die Tötungen und Misshandlungen junger Soldaten in den aserbaidschanischen Streitkräften gewesen sein. Auch dass die Klägerin im Jahr 2011 an Kundgebungen teilgenommen haben soll und deswegen verfolgt wird, glaubt das Gericht nicht. Wäre dies der Fall gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin zu 1. zumindest eine konkrete Demonstration hätte benennen können, an der sie teilgenommen hat. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass die Klägerin zu 1. – wie in der mündlichen Verhandlung behauptet – auf Zuruf ihres Bruders an Demonstrationen der Oppositionspartei Musavat teilgenommen haben will, während sie zugleich glaubte, sich versteckt halten zu müssen (und sich tatsächlich außerhalb C2. versteckt gehalten haben will), weil sie glaubte, wegen der Mitgliedschaft in ebendieser Partei politisch verfolgt zu werden. Das damit einhergehende Risiko, entdeckt zu werden oder ihr Versteck zu verraten, wäre viel zu groß gewesen. Jedenfalls wäre aber zu erwarten gewesen, dass sich die Klägerin – trotz ihrer emotionalen Aufregung in der mündlichen Verhandlung – noch an die konkreten Umstände einer mit solchen Gefahren verbundenen Demonstrationsteilnahme erinnert hätte. Die Klägerin zu 1. hatte indes – so ihre Angabe in der mündlichen Verhandlung – keine Erinnerung an konkrete Demonstrationen im Jahr 2011. Der Frage des Gerichts nach weiteren konkreten Aktivitäten für die Musavat-Partei ist die Klägerin zu 1. ausgewichen und hat dann angegeben, sie sei nur ein einfaches Mitglied der Partei gewesen.
39Ungeachtet dessen hält das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen im Übrigen nicht zuletzt nach dem Gesamteindruck der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen für unglaubhaft, so dass nicht davon auszugehen ist, dass den Klägerinnen im Rückkehrfall wegen der politischen Überzeugung der Klägerin zu 1. seitens des aserbaidschanischen Staates etwas droht. Die Klägerinnen haben ihr Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens nicht nur gesteigert und nach ihrem Dafürhalten wesentliche Umstände ohne zureichende Erklärung erst spät in das Verfahren eingeführt. Ihr Vorbringen ist auch in wesentlichen Punkten betreffend das Kerngeschehen, aber auch in Bezug auf Nebenaspekte widersprüchlich und unplausibel.
40Die Klägerin zu 1. hat ihr Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens erheblich gesteigert, und dies ohne plausible Erklärung hierfür und teilweise durch miteinander unvereinbare Schilderungen. Insoweit wird beispielhaft angeführt: Ausweislich der Angaben der Klägerin zu 1. im Rahmen ihrer Anhörung beim Bundesamt soll ihr Ehemann in erster Linie Ziel der geschilderten polizeilichen Maßnahmen im April 2011 gewesen sein. Auch das Ziel der Männer, die ihr einige Zeit nach der polizeilichen Durchsuchung ihrer Wohnung auf der Straße gedroht haben sollen, war – ausgehend von der Darstellung der Klägerin zu 1. bei ihrer Anhörung beim Bundesamt – offensichtlich, den Ehemann der Klägerin zu 1. ausfindig zu machen. Mit Schreiben ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 haben die Klägerinnen demgegenüber vorgetragen, die Klägerin zu 1. selbst werde verfolgt, und zwar als politische Aktivistin und Regimegegnerin, die aus einer Familie von Regimegegnern stamme. Unter anderem habe sie wiederholt Morddrohungen erhalten und ihr Bruder sei im Jahr 2011 nach Morddrohungen zu Tode geprügelt worden. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin zu 1. dann erstmals geltend gemacht, Mitglied der Musavat-Partei zu sein. Wiederum später hat sie vorgetragen, der Ehemann ihrer älteren Tochter, die sie bislang nicht erwähnt hatte, sei am 27. Februar 2014 verhaftet und an Aserbaidschan ausgeliefert worden, wo er seitdem in Haft sei. Grund dafür sei die enge Freundschaft ihres eigenen Ehemannes zu Herrn S. H. , der als Vorsitzender der Musavat-Partei als Staatsfeind von Aserbaidschan betrachtet werde. Sie vermute, dass eigentlich sie als die Ehefrau habe gefasst werden sollen und dass ihr Schwiegersohn verhaftet worden sei, weil man auf sie, die Klägerin zu 1., keinen Zugriff habe nehmen können. In der mündlichen Verhandlung schließlich hat die Klägerin zu 1. darüber hinaus vorgebracht, auch ihre ältere Tochter und ihr in Haft befindlicher Schwiegersohn seien politische Aktivisten. Auch ihr Vorbringen im Hinblick auf die Umstände ihrer Freilassung aus dem Gewahrsam der aserbaidschanischen Sicherheitskräfte im August 2001 hat die Klägerin zu 1. ohne ersichtlichen Grund gesteigert. Während sie im Juli 2013 behauptet hatte, gegen eine Geldzahlung freigelassen worden zu sein, will sie ihrer Schilderung in der mündlichen Verhandlung zufolge zusätzlich noch eine Erklärung unterschrieben haben, in der sie sich verpflichtet haben will, nichts mehr gegen die Regierung und den Präsidenten zu sagen.
41Ein Grund dafür, dass die Klägerin zu 1. ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens gesteigert und insbesondere die Umstände, dass sie Mitglied der Musavat-Partei sein und eine ältere Tochter haben will, relativ spät in diesem Verfahren erstmals vorgetragen hat, ist nicht ersichtlich. Die Erklärung der Klägerin zu 1., sie habe Angst um ihre Tochter gehabt, überzeugt insoweit nicht. Es ist bereits nicht feststellbar, um welche ihrer Töchter sie Angst gehabt haben will. Die Angaben der Klägerin zu 1. widersprechen sich insoweit. Der – mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 abgegebenen – Erklärung, „die Klägerin hat bei ihrer Anhörung am 5.3.2012 sehr große Angst um eine weitere Tochter gehabt, die sich in Russland aufhält“, ist eindeutig zu entnehmen, dass dabei allein die ältere Tochter der Klägerin zu 1. gemeint gewesen sein kann. In der mündlichen Verhandlung hingegen hat die Klägerin zu 1. erklärt, sie habe Angst um ihre andere Tochter – die Klägerin zu 2. – gehabt, da die Person, die sie nach Deutschland gebracht habe, gedroht habe, sie dürften nicht über Aserbaidschan sprechen, sonst werde jemand Säure ins Gesicht der Klägerin zu 2. werfen. Sollte die Klägerin zu 1. mit ihrem Vorbringen betreffend ihre ältere Tochter tatsächlich zum Ausdruck bringen wollen, sie habe wegen der Verhaftung ihres Schwiegersohnes Angst um diese Tochter gehabt, kann sich dies denklogisch weder auf ihre Anhörung beim Bundesamt am 5. März 2012 noch auch auf ihr Vorbringen aus Juli 2013 beziehen, denn die angebliche Verhaftung des Schwiegersohnes der Klägerin zu 1. soll sich erst eine beträchtliche Zeit danach zugetragen haben. Ungeachtet dessen überzeugt die Erklärung, Angst um eine Tochter gehabt zu haben, auch in der Sache nicht. Die Klägerin zu 1. hat sich von der angeblichen Angst um ihre Tochter nämlich von Anfang an nicht davon abhalten lassen, über Aserbaidschan zu sprechen, sei es – bei der Anhörung beim Bundesamt – über angebliche polizeiliche Drohungen, sei es – im Schriftsatz ihrer vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 17. Juli 2013 – über Morddrohungen und schikanöses Verhalten seitens des Regimes und dessen Sympathisanten.
42Ebenso wenig überzeugt die Erklärung der Klägerinnen, ihre vormalige Verfahrensbevollmächtigte habe ihnen gesagt, sie würden im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit bekommen, alles zu erzählen. Denn die Klägerinnen haben durch ebendiese Verfahrensbevollmächtigte bereits im Jahr 2013 vorgetragen, dass Grund für ihre Verfolgung das politische Engagement der Klägerin zu 1. sei. Aus welchen Gründen sie in diesem Zusammenhang nicht auch die Mitgliedschaft der Klägerin zu 1. in der Musavat-Partei und die ältere Tochter der Klägerin zu 1. angeführt haben, erschließt sich dem Gericht nicht.
43Schließlich hält das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen auch wegen der Vielzahl nicht auflösbarer Widersprüche für unglaubhaft. So weichen bereits die durch ihre vormalige Verfahrensbevollmächtigte im Juli 2013 vorgebrachten Angaben der Klägerinnen, an welchen Orten sie Familie sich zwischen den 1990er Jahren und Januar 2012 aufgehaltern haben und die Gründe hierfür, deutlich von ihrem Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung ab. Während die Klägerinnen im Juli 2013 vorgetragen haben, sie und ihre Familie seien in den 1990er Jahren aus Aserbaidschan nach Russland ausgewandert, da sie als Regimegegner in Aserbaidschan verfolgt worden seien, hat die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Grund für ihre Ausreise nach Russland im Jahr 1997 sei, dass ihr Ehemann wegen seiner Tätigkeit für Herrn S. H. seinen Arbeitsplatz verloren und seine bevorstehende Verhaftung befürchtet habe. In Bezug die Jahre 2001 bis 2008 haben die Klägerinnen im Juli 2013 vorgetragen, sie hätten sich mal in Aserbaidschan, mal in Russland aufgehalten, bis sie in Russland wieder aufgespürt und bedroht worden seien, dann seien sie wieder nach Aserbaidschan gegangen. Demgegenüber wollen die Klägerinnen – ausweislich der Angaben der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung – von 2001 bis 2008 durchgängig in Aserbaidschan gelebt haben. Hatten die Klägerinnen im Juli 2013 weiter noch behauptet, im Jahr 2008 nach Russland ausgereist und erst im Jahr 2011 wieder nach Aserbaidschan zurückgekehrt zu sein, will die Klägerin zu 1. ausweislich ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung bereits im November 2010 in C. an einer Demonstration teilgenommen haben und ausweislich der von ihr vorgelegten Bescheinigungen insbesondere in den Jahren 2009 bis 2011 äußerst aktiv für die Musavat-Partei tätig gewesen sein.
44Auch in Bezug auf den Verlust ihrer Personaldokumente im Jahr 2001 und die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Wiedereinreise nach Aserbaidschan im August 2001 weisen die Angaben der Klägerinnen Widersprüche auf. Ausweislich ihres Vorbringens aus dem Juli 2013 sollen die Ausweispapiere bei einem Wohnungseinbruch gestohlen worden sein. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen vorgetragen, die Papiere habe eine ihnen bis dahin unbekannte Frau entwendet, die die Klägerinnen – was das Gericht für durchgreifend unglaubhaft hält, da dies jeglicher Lebenserfahrung widerspricht – zuhause aufgesucht haben und sich dort – ohne sich richtig vorgestellt zu haben – gut neun Stunden aufgehalten und Fragen gestellt haben soll. Widersprüchlich sind auch die Angaben der Klägerin zu 1. zu den Umständen ihrer Reise nach Aserbaidschan im August 2001. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, dabei von ihrer Schwester begleitet worden zu sein und zwei DIN A4-Seiten mit vorformulierten regimekritischen politischen Reden dabei gehabt zu haben, die den Reden entsprochen haben sollen, die sie bereits in Russland im Radio G. gehalten habe. Im Juli 2013 hatte sie hingegen vorgetragen, bei ihrer Einreise nach Aserbaidschan ein Ablehnungsschreiben der deutschen Botschaft in Moskau zu ihrem ersten Asylgesuch an die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1999 und eine Liste mit Namen und Adressen von Regimegegnern bei sich getragen zu haben. Dass die Klägerin zu 1. bei ihrer Rückreise zudem von ihrer älteren Schwester begleitet worden sein will, hat die Klägerin zu 1. im Juli 2013 mit keinem Wort erwähnt. Im Gegenteil hatte sie damals vorgetragen, „Um nicht die gesamte Familie in Gefahr zu bringen, wurde beschlossen, dass nur die Antragstellerin zu 1) zurück nach Aserbaidschan reisen sollte.“ Eine plausible Erklärung für diese Ungereimtheiten vermag das Gericht nicht zu erkennen.
45Schließlich ist das Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf ihre ältere Tochter und die Verhaftung und Inhaftierung ihres Schwiegersohnes unplausibel und nicht geeignet, die Annahme einer bei einer Rückkehr in ihr Heimatland den Klägerinnen drohenden Verfolgung zu rechtfertigen. Soweit die Klägerin zu 1. die Verhaftung ihres Schwiegersohnes auf dessen – von den Klägerinnen nicht näher umschriebenen – oppositionspolitischen Aktivitäten zurückführt, sind Anhaltspunkte dafür, dass deswegen auch den Klägerinnen Verfolgung droht, weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch die Erklärung der Klägerinnen, dass der Schwiegersohn der Klägerin zu 1. verhaftet und nach Aserbaidschan ausgeliefert worden sein soll, weil der Ehemann der Klägerin zu 1. ein enger Freund des als Staatsfeind betrachteten Herrn S. H. sein soll bzw. dessen Arbeitskollege / Arbeitnehmer gewesen sein soll und weil man der Klägerin zu 1. nicht habe habhaft werden können, hält das Gericht für durchgreifend unglaubhaft. Sie ist schlichtweg unplausibel. Die Argumentation der Klägerinnen gründet auf ihrer eigenen Vermutung, dass der finanzielle Reichtum des Oppositionspolitikers H. aus seiner möglicherweise kriminellen Tätigkeit im Bereich der Ölindustrie Aserbaidschans stammt und dass der Ehemann der Klägerin zu 1. möglicherweise darin verwickelt gewesen sein könnte. Bereits mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes im Jahr 1997 und seiner Ausreise aus Aserbaidschan endete – legt man die Angaben der Klägerin zu 1. aus der mündlichen Verhandlung zugrunde – die Verbindung des Ehemannes der Klägerin zu 1. zu Ölgeschäften in Aserbaidschan im Zusammenhang mit Herrn H. . Hätten die aserbaidschanischen Behörden tatsächlich die Klägerin zu 1. anstelle ihres Ehemannes verhaften wollen, hätte seit diesem Zeitpunkt mehr als zehn Jahre lang mehrfach die Gelegenheit dazu bestanden. Die Klägerin hatte nach eigenem Bekunden auch mindestens dreimal Kontakt mit den aserbaidschanischen Behörden bzw. Sicherheitskräften, ohne dass es – nach ihrer Schilderung – zu einer Verhaftung gekommen wäre, die in Zusammenhang mit ihrem Ehemann gebracht werden könnte: Dass die Klägerin zu 1. im August 2001 mehrere Tage lang von aserbaidschanischen Sicherheitskräften festgehalten wurde, hat sie mit ihrer eigenen politischen Überzeugung und ihrem politischen Engagement erklärt, nicht aber mit ihrem Ehemann in Verbindung gebracht. Hätten die aserbaidschanischen Behörden die Klägerin zu 1. tatsächlich verhaften wollen, hätten sie diese Möglichkeit zudem namentlich am 9. April 2011 – dem Tag, an dem die Polizei angeblich die Wohnung der Klägerinnen durchsucht und nach dem Ehemann der Klägerin zu 1. gesucht haben soll – und anlässlich des von den Klägerinnen geschilderten Vorfalls auf der Straße, der sich ebenfalls im Frühjahr 2011 zugetragen haben soll, gehabt.
46Vor diesem Hintergrund ist auch eine den Klägerinnen drohende Verfolgung wegen etwaiger krimineller Handlungen des Ehemannes der Klägerin zu 1. nicht ersichtlich. Die Klägerinnen, die sich ausweislich ihres Vorbringens seit dem Jahr 2001 bis Anfang des Jahres 2012 durchgehend bzw. immer wieder in Aserbaidschan aufgehalten haben, haben – abgesehen von den beiden Vorfällen im April 2011 – auch nicht vorgetragen, während dieser Zeit wegen des Ehemannes der Klägerin zu 1. bzw. wegen dessen Tätigkeiten Schwierigkeiten gehabt zu haben.
47Ungeachtet der obigen Ausführungen weisen die von den Klägerinnen geschilderten Geschehnisse nicht die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderliche Verfolgungsdichte auf. Es fehlt an der für die Annahme einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylVfG erforderlichen Verfolgungsintensität im Hinblick auf die Art und den Umfang der geltend gemachten Verfolgungshandlungen. Diese beschränken sich im Wesentlichen auf die mehrtägige Inhaftierung im Jahr 2001 und die beiden Geschehnisse im April 2011, wobei kein Zusammenhang zwischen letzteren und den geschilderten Erlebnissen im August 2001 erkennbar ist. Die Klägerin zu 1. hat zudem im Juli 2013 lediglich pauschal Verfolgungen und Drohungen behauptet und in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Polizei habe sie psychisch unter Druck gesetzt und sei nach Hause gekommen. Genauer danach gefragt hat sie in der mündlichen Verhandlung – insoweit in Übereinstimmung mit ihren Schilderungen im Verwaltungsverfahren – als konkrete Vorfälle allein die polizeiliche Durchsuchung am 9. April 2011 und den anschließenden Vorfall mit den Männern in dem Auto auf der Straße genannt.
48Die Klage ist auch mit dem ersten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG. Sie haben keine Umstände substantiiert vorgetragen, die nahelegen könnten, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Asylgesetz (AsylG) droht.
49Schließlich ist die Klage mit dem zweiten Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid vom 7. Januar 2014 Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Auch die von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Erkrankungen und vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen rechtfertigen die Feststellung eines nationalen – erkrankungsbedingten – Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht.
50Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dem Ausländer dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder G. droht. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann allerdings auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 –, BVerwGE 105, 383; BVerfG, Beschluss vom 16. April 2002 – 2 BvR 553/02 –, juris.
52Eine entsprechende Gefahr kann sich auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung dort tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 –, DVBl. 2003, 463.
54Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstand vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf „optimale Behandlung“ einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren.
55Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 – 11 A 4518/02.A – und vom 30. Oktober 2006 – 13 A 2820/04.A –.
56Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
57Vgl. grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff.
58Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
59Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
60Gemessen daran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen entsprechen den vorgenannten Anforderungen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).
61In Bezug auf die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen des Dr. B3. aus E. vom 13. November 2014 und vom 24. November 2014 hat das Gericht bereits in seinem Beschluss vom 4. März 2015 in dem zugehörigen Eilverfahren ausgeführt:
62„Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen der Antragstellerinnen liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG). Die in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. vorgelegte Bescheinigung des Dr. B3. vom 24. November 2015 erschöpft sich in einer bloßen Angabe der Diagnosen und der verordneten Medikamente. Im Hinblick auf die festgestellte Depression der Antragstellerin zu 1. fehlt es zudem an einer Angabe der Grundlagen, aufgrund der diese Diagnose gestellt worden ist. Auch Angaben zu den Auswirkungen eines Behandlungsabbruchs fehlen. Bei der im Attest des Dr. B3. vom 13. November 2014 attestierten fehlenden Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. handelt es sich um ein im vorliegenden Asylverfahren nicht berücksichtigungsfähiges inländisches Abschiebungshindernis.“
63Hieran hält das Gericht nach erneuter Prüfung unter Beachtung des im vorliegenden Hauptsacheverfahren anzulegenden rechtlichen Prüfungsmaßstabs fest.
64Auch die Bescheinigung der Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 betreffend die Behandlung der Klägerin zu 1. aus Anlass eines Suizidversuchs führt nicht zu der Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungsverbots. Darin wird nicht einmal ein Behandlungsbedarf der Erkrankungen der Klägerin zu 1. festgestellt. Vielmehr wird dort angeführt, dass eine neurologische Untersuchung der Klägerin zu 1. keine Hinweise auf eine akute Suizidalität ergeben habe und dass die Klägerin zu 1. einen stabilen Allgemeinzustand aufweise.
65Schließlich rechtfertigt auch die Bescheinigung der Fachärztin Dr. N3. aus X. vom 16. September 2015 nicht die Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zum einen wird nicht klar dargelegt, auf welcher Grundlage die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung gestellt wird. Allein der pauschale Hinweis auf die Verwicklung der Klägerin zu 1. in politische Aktivitäten, das Verschwinden ihres Ehemannes und dass es ihr geglückt sei, sich und ihre Tochter zu retten, genügt insoweit nicht. Insbesondere bleibt unklar, seit wann und wie häufig sich die Klägerin zu 1. bei der attestierenden Ärztin in Behandlung befunden hat. Ein konkreter Therapieverlauf ist dem Attest ebenso wenig zu entnehmen wie Angaben über die Folgen eines Abbruchs der Behandlung. Die Bescheinigung verhält sich allein zu der Frage einer Ausweisung, ohne dass deutlich wird, ob bereits die Ausweisung an sich eine Exarcerbation der psychotischen Symptome, von der nach der Einschätzung der attestierenden Ärztin auszugehen ist, nach sich ziehen würde oder ob und inwieweit die Ärztin die Ausweisung möglicherweise stillschweigend mit einem Behandlungsabbruch gleichgesetzt hat.
66Das Gericht war nicht gehalten, dem mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 gestellten Hilfsbeweisantrag nachzukommen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu der Frage der Behandelbarkeit der Erkrankungen der Klägerin zu 1. bzw. zu der Frage, ob bei der Klägerin zu 1. eine psychische Erkrankung vorliegt, die dazu führt, dass bei einer erzwungenen Rückkehr nach Aserbaidschan die Gefahr einer Retraumatisierung vorliegt, zu erheben.
67Der Hilfsbeweisantrag ist abzulehnen, weil er nicht hinreichend substantiiert ist. Zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 –, beide juris; OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2012 – 13 A 1655/12.A –, www.nrwe.de.
69Wie oben bereits ausgeführt, entsprechen die vorgelegten Atteste den vorgenannten Anforderungen nicht. Auch die Gefahr einer drohenden Retraumatisierung wird in keiner der vorgelegten Bescheinigungen auch nur erwähnt.
70Vor diesem Hintergrund war das Gericht auch nicht gehalten, der Anregung des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Behandelbarkeit der Erkrankungen der Klägerin zu 1. in ihrem Heimatland einzuholen, nachzukommen.
71Schließlich handelt es sich bei der in der Bescheinigung des Evangelischen Krankenhauses V. vom 6. Mai 2014 und der Fachärztin für Psychiatrie Dr. N3. vom 16. September 2015 angesprochenen Frage der Suizidgefahr – ebenso wie bei der Frage der Transportfähigkeit der Klägerin zu 1. – um ein so genanntes inländisches Abschiebungshindernis, welches im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Berücksichtigung findet
72Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Feb. 2016 - 6a K 266/14.A
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Feb. 2016 - 6a K 266/14.A zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren wird abgelehnt.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (6a K 266/14.A) wird abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
3Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat ebenfalls keinen Erfolg.
4Die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Januar 2014 enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung hat gemäß § 75 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
5Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.
6Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
7Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 – 2 BvR 1429/98 -, Juris, vom 8. März 1995 - 2 BvR 2148/94 -, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 - 2 BvR 2709/93 -, DVBl. 1994, 921.
8Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2 des Bescheides), des subsidiären internationalen Schutzes (Ziffer 3 des Bescheides) und der nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 7. Januar 2014 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
9Dass eine Anerkennung der Antragstellerinnen als Asylberechtigte bereits wegen der Einreise über einen sicheren Drittstaat ausscheidet, liegt auf der Hand.
10Die Antragstellerinnen haben auch keine ihnen drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ebenfalls ausscheidet. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Vorliegend haben die Antragstellerinnen bei der Anhörung durch das Bundesamt schon keine Anhaltspunkte dafür benannt, dass die behaupteten Maßnahmen der Polizei am 9. April 2011 und der anderen Männer eine Woche später an ihre Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Gruppenzugehörigkeit angeknüpft haben.
11Die noch im Verwaltungsverfahren in dem Schriftsatz der früheren Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 17. Juli 2013 geschilderten Geschehnisse können der Prüfung nicht zugrunde gelegt werden. Sie stehen in eklatantem Widerspruch zu dem Vortrag der Antragstellerin zu 1. bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 5. März 2012. Die Antragstellerin zu 1. hat sich bei dieser Anhörung als Hausfrau präsentiert, die keinerlei Kenntnis über die genaue Tätigkeit ihres Mannes und die Hintergründe der nach ihrer Darstellung in erster Linie gegen ihren Mann gerichteten Maßnahmen im April 2011 gehabt haben will. Nach der Darstellung in dem Schriftsatz vom 17. Juli 2013 hingegen soll sie nicht nur einer Familie von Regimegegnern angehören, sondern auch selbst eine politische Aktivistin gewesen sein, die im russischen Radio über Menschenrechtsverletzungen durch den aserbaidschanischen Staat gesprochen hat. Die beiden Schilderungen lassen sich schlechterdings nicht in Einklang bringen. Die Einführung eines derart abweichenden Vortrags in das Asylverfahren hätte zumindest einer eingehenden Erläuterung bedurft, zumal der damaligen Bevollmächtigten, Rechtsanwältin N. , das Protokoll der Bundesamtsanhörung aufgrund der gewährten Akteneinsicht bekannt gewesen ist.
12Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar.
13Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Aserbaidschan nicht vorliegen, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Annahme eines entsprechenden Abschiebungsverbotes setzt grundsätzlich das Bestehen einer individuellen Gefahr voraus. Beruft der betreffende Ausländer sich hingegen auf eine allgemeine Gefahr in dem betreffenden Zielstaat, so kann ein Abschiebungshindernis nur angenommen werden, wenn der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in das Heimatland in eine lebensgefährliche Situation geriete.
14Vgl. Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 60 AufenthG Rdnr. 54.
15Eine entsprechende – individuelle oder allgemeine – Gefahr lässt sich vorliegend nicht feststellen. Abgesehenen von den erheblichen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Antragstellerinnen, die sich aufgrund der oben aufgezeigten Widersprüche, aber auch aufgrund der wenig substantiierten Schilderung der Geschehnisse bei der Anhörung durch das Bundesamt ergeben, vermag das Gericht nicht festzustellen, dass die Antragstellerinnen sich auch heute noch mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gravierenden Bedrohung in Aserbaidschan ausgesetzt sehen. Wenn sie – wie gegenüber dem Bundesamt vorgetragen – mit der Tätigkeit des Ehemannes der Antragstellerin zu 1. nichts zu tun haben, läge es nahe, sich gegebenenfalls der aserbaidschanischen Polizei mit eben diesem Vortrag anzuvertrauen.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG.
Tenor
1. Den Antragstellerinnen wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H. C. aus M. zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt.
2. Unter Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 14. Februar 2014 in dem Verfahren 6a L 74/14.A wird die aufschiebende Wirkung der Klage 6a K 266/14.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Januar 2014 angeordnet.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114, § 115 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Antragstellerinnen erfüllen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Einschränkung der Beiordnung folgt aus § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 3 ZPO.
3Der Beschluss des Gerichts vom 14. Februar 2014 in dem Verfahren 6a L 74/14.A ist dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der Klage 6a K 266/14.A angeordnet wird.
4Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jederzeit, d.h. ohne Bindung an Fristen, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten, einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ändern oder aufheben. Die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO kann ein Beteiligter nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO); aus neu vorgetragenen Umständen muss sich zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der früheren Eilentscheidung ergeben.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1999 – 11 VR 13/98 –, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 80 Rn. 196 ff.
6Vorliegend ändert das Gericht seinen Beschluss vom 14. Februar 2014 von Amts wegen. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Beschlusses auf Antrag eines Beteiligten liegen nicht vor:
7Im Hinblick auf die von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachte Mitgliedschaft in der N. -Partei dürfte bereits der Umstand, dass die Antragstellerin dort angeblich seit dem Jahr 2006 Mitglied ist, dagegen sprechen, dass es sich hierbei um einen veränderten oder jedenfalls im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umstand handelt.
8Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachten Erkrankung an einem HWS-Syndrom, Depression, Suizidalität und Verwirrtheit um veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände handelt – hiergegen dürfte die Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. aus E. vom 24. November 2014 sprechen, ausweislich der sich die Antragstellerin zu 1. bereits seit dem 25. September 2012 dort in nervenärztlicher Behandlung befindet –, führen diese Umstände nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
9Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. September 1997 – 9 C 48.96 –, BVerwGE 105, 383 ff., und vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 (36); Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11 –, juris.
11Um ein durch eine Erkrankung begründetes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist indes stets eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist.
12Vgl. dazu nur VG München, Urteil vom 24. Februar 2012 ‑ M 22 K 10.30780 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 11. Februar 2014 – 6a K 2325/12.A – und vom 17. Juli 2012 – 6a K 4667/10.A –, jeweils juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2012 – 13 A 2586/11.A –, juris; Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, § 74 AsylVfG Rdnr. 25 ff.
13Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung behauptet, ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
14Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
15Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen der Antragstellerinnen liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG). Die in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. vorgelegte Bescheinigung des Dr. B. vom 24. November 2015 erschöpft sich in einer bloßen Angabe der Diagnosen und der verordneten Medikamente. Im Hinblick auf die festgestellte Depression der Antragstellerin zu 1. fehlt es zudem an einer Angabe der Grundlagen, aufgrund der diese Diagnose gestellt worden ist. Auch Angaben zu den Auswirkungen eines Behandlungsabbruchs fehlen. Bei der im Attest des Dr. B. vom 13. November 2014 attestierten fehlenden Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. handelt es sich um ein im vorliegenden Asylverfahren nicht berücksichtigungsfähiges inländisches Abschiebungshindernis.
16Indes ist vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachten Mitgliedschaft in der N. -Partei und der Aktivitäten für diese Partei eine Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 14. Februar 2014 von Amts wegen angezeigt. Zwar kann aufgrund des bisherigen Vortrags der Antragstellerinnen noch keine endgültige Feststellung etwa im Hinblick auf die Frage einer drohenden politischen Verfolgung oder des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses getroffen werden. Nach der aktuellen Auskunftslage, ausweislich der „Mitglieder und Sympathisanten zahlreicher Oppositionsparteien (insbesondere der regimekritischen, von der Regierung als „radikale Opposition“ bezeichneten Parteien wie Volksfront, ADP und „Musavat“) […] im Alltag Benachteiligungen ausgesetzt sein“ können, wobei derartige Nachteile in Einzelfällen „ein solches Maß [erreichen], dass von staatlicher Repression gesprochen werden kann“,
17so Lagebericht Aserbaidschan des Auswärtigen Amtes vom 14. Februar 2014, S. 8,
18erscheint eine drohende politisch motivierte Diskriminierung oder gar Verfolgung bzw. das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses jedenfalls möglich. Die Klärung der vorgenannten Fragen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren wird abgelehnt.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (6a K 266/14.A) wird abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
3Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat ebenfalls keinen Erfolg.
4Die Klage gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Januar 2014 enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung hat gemäß § 75 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen.
5Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.
6Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
7Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 – 2 BvR 1429/98 -, Juris, vom 8. März 1995 - 2 BvR 2148/94 -, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 - 2 BvR 2709/93 -, DVBl. 1994, 921.
8Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2 des Bescheides), des subsidiären internationalen Schutzes (Ziffer 3 des Bescheides) und der nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 7. Januar 2014 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
9Dass eine Anerkennung der Antragstellerinnen als Asylberechtigte bereits wegen der Einreise über einen sicheren Drittstaat ausscheidet, liegt auf der Hand.
10Die Antragstellerinnen haben auch keine ihnen drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ebenfalls ausscheidet. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Vorliegend haben die Antragstellerinnen bei der Anhörung durch das Bundesamt schon keine Anhaltspunkte dafür benannt, dass die behaupteten Maßnahmen der Polizei am 9. April 2011 und der anderen Männer eine Woche später an ihre Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Gruppenzugehörigkeit angeknüpft haben.
11Die noch im Verwaltungsverfahren in dem Schriftsatz der früheren Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 17. Juli 2013 geschilderten Geschehnisse können der Prüfung nicht zugrunde gelegt werden. Sie stehen in eklatantem Widerspruch zu dem Vortrag der Antragstellerin zu 1. bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 5. März 2012. Die Antragstellerin zu 1. hat sich bei dieser Anhörung als Hausfrau präsentiert, die keinerlei Kenntnis über die genaue Tätigkeit ihres Mannes und die Hintergründe der nach ihrer Darstellung in erster Linie gegen ihren Mann gerichteten Maßnahmen im April 2011 gehabt haben will. Nach der Darstellung in dem Schriftsatz vom 17. Juli 2013 hingegen soll sie nicht nur einer Familie von Regimegegnern angehören, sondern auch selbst eine politische Aktivistin gewesen sein, die im russischen Radio über Menschenrechtsverletzungen durch den aserbaidschanischen Staat gesprochen hat. Die beiden Schilderungen lassen sich schlechterdings nicht in Einklang bringen. Die Einführung eines derart abweichenden Vortrags in das Asylverfahren hätte zumindest einer eingehenden Erläuterung bedurft, zumal der damaligen Bevollmächtigten, Rechtsanwältin N. , das Protokoll der Bundesamtsanhörung aufgrund der gewährten Akteneinsicht bekannt gewesen ist.
12Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar.
13Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Aserbaidschan nicht vorliegen, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Annahme eines entsprechenden Abschiebungsverbotes setzt grundsätzlich das Bestehen einer individuellen Gefahr voraus. Beruft der betreffende Ausländer sich hingegen auf eine allgemeine Gefahr in dem betreffenden Zielstaat, so kann ein Abschiebungshindernis nur angenommen werden, wenn der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in das Heimatland in eine lebensgefährliche Situation geriete.
14Vgl. Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 60 AufenthG Rdnr. 54.
15Eine entsprechende – individuelle oder allgemeine – Gefahr lässt sich vorliegend nicht feststellen. Abgesehenen von den erheblichen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Antragstellerinnen, die sich aufgrund der oben aufgezeigten Widersprüche, aber auch aufgrund der wenig substantiierten Schilderung der Geschehnisse bei der Anhörung durch das Bundesamt ergeben, vermag das Gericht nicht festzustellen, dass die Antragstellerinnen sich auch heute noch mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gravierenden Bedrohung in Aserbaidschan ausgesetzt sehen. Wenn sie – wie gegenüber dem Bundesamt vorgetragen – mit der Tätigkeit des Ehemannes der Antragstellerin zu 1. nichts zu tun haben, läge es nahe, sich gegebenenfalls der aserbaidschanischen Polizei mit eben diesem Vortrag anzuvertrauen.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG.
Tenor
1. Den Antragstellerinnen wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H. C. aus M. zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt.
2. Unter Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 14. Februar 2014 in dem Verfahren 6a L 74/14.A wird die aufschiebende Wirkung der Klage 6a K 266/14.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Januar 2014 angeordnet.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114, § 115 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Antragstellerinnen erfüllen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Einschränkung der Beiordnung folgt aus § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 3 ZPO.
3Der Beschluss des Gerichts vom 14. Februar 2014 in dem Verfahren 6a L 74/14.A ist dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der Klage 6a K 266/14.A angeordnet wird.
4Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jederzeit, d.h. ohne Bindung an Fristen, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten, einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ändern oder aufheben. Die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO kann ein Beteiligter nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO); aus neu vorgetragenen Umständen muss sich zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der früheren Eilentscheidung ergeben.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1999 – 11 VR 13/98 –, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 80 Rn. 196 ff.
6Vorliegend ändert das Gericht seinen Beschluss vom 14. Februar 2014 von Amts wegen. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Beschlusses auf Antrag eines Beteiligten liegen nicht vor:
7Im Hinblick auf die von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachte Mitgliedschaft in der N. -Partei dürfte bereits der Umstand, dass die Antragstellerin dort angeblich seit dem Jahr 2006 Mitglied ist, dagegen sprechen, dass es sich hierbei um einen veränderten oder jedenfalls im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umstand handelt.
8Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachten Erkrankung an einem HWS-Syndrom, Depression, Suizidalität und Verwirrtheit um veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände handelt – hiergegen dürfte die Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. aus E. vom 24. November 2014 sprechen, ausweislich der sich die Antragstellerin zu 1. bereits seit dem 25. September 2012 dort in nervenärztlicher Behandlung befindet –, führen diese Umstände nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
9Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. September 1997 – 9 C 48.96 –, BVerwGE 105, 383 ff., und vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 (36); Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11 –, juris.
11Um ein durch eine Erkrankung begründetes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist indes stets eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist.
12Vgl. dazu nur VG München, Urteil vom 24. Februar 2012 ‑ M 22 K 10.30780 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 11. Februar 2014 – 6a K 2325/12.A – und vom 17. Juli 2012 – 6a K 4667/10.A –, jeweils juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2012 – 13 A 2586/11.A –, juris; Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, § 74 AsylVfG Rdnr. 25 ff.
13Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung behauptet, ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
14Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
15Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen der Antragstellerinnen liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG). Die in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. vorgelegte Bescheinigung des Dr. B. vom 24. November 2015 erschöpft sich in einer bloßen Angabe der Diagnosen und der verordneten Medikamente. Im Hinblick auf die festgestellte Depression der Antragstellerin zu 1. fehlt es zudem an einer Angabe der Grundlagen, aufgrund der diese Diagnose gestellt worden ist. Auch Angaben zu den Auswirkungen eines Behandlungsabbruchs fehlen. Bei der im Attest des Dr. B. vom 13. November 2014 attestierten fehlenden Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. handelt es sich um ein im vorliegenden Asylverfahren nicht berücksichtigungsfähiges inländisches Abschiebungshindernis.
16Indes ist vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin zu 1. geltend gemachten Mitgliedschaft in der N. -Partei und der Aktivitäten für diese Partei eine Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 14. Februar 2014 von Amts wegen angezeigt. Zwar kann aufgrund des bisherigen Vortrags der Antragstellerinnen noch keine endgültige Feststellung etwa im Hinblick auf die Frage einer drohenden politischen Verfolgung oder des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses getroffen werden. Nach der aktuellen Auskunftslage, ausweislich der „Mitglieder und Sympathisanten zahlreicher Oppositionsparteien (insbesondere der regimekritischen, von der Regierung als „radikale Opposition“ bezeichneten Parteien wie Volksfront, ADP und „Musavat“) […] im Alltag Benachteiligungen ausgesetzt sein“ können, wobei derartige Nachteile in Einzelfällen „ein solches Maß [erreichen], dass von staatlicher Repression gesprochen werden kann“,
17so Lagebericht Aserbaidschan des Auswärtigen Amtes vom 14. Februar 2014, S. 8,
18erscheint eine drohende politisch motivierte Diskriminierung oder gar Verfolgung bzw. das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses jedenfalls möglich. Die Klärung der vorgenannten Fragen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19.4.2007 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegt,
hilfsweise,
festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegen.
die Klage abzuweisen.
„Zusammenfassend führten starke Ängste, Schwindel und Panikattacken mit sich aufdrängenden Suizidphantasien zur stationären Aufnahme. Im medizinischen Diagnosemodell wäre eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.2) bei V.a. posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F42.1) zu beschreiben. Auf psychosozialer Ebene schien vor allem die schwierige Lebenssituation und die ständig im Hintergrund drohende Abschiebung in den Irak zu der aktuellen Symptomatik geführt zu haben.“
unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. März 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 645/07 - die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. April 2007 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vorliegen,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Irak vorliegen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
Gründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 21. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der am 12. März 1976 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Im vorliegenden Verfahren begehrt er die Anerkennung als Asylberechtigter und Flüchtling.
- 2
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 02. Oktober 2002 auf dem Luftwege aus Istanbul mit Zwischenstopp in Sarajewo über den Flughafen Düsseldorf in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Oktober 2002 sowie persönlich am 22. Oktober 2002 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem damaligen § 51 Abs. 1 AuslG. Zur Begründung führte er in seinem Antragsschreiben sowie in seiner Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) am 07. November 2002 aus, er habe sich nach Absolvierung seines Abiturs 1995 in Juni 1996 freiwillig der PKK angeschlossen. Er stamme aus einem sog. patriotischen Dorf in der Umgebung von Batman und habe schon früh Sympathie für die PKK gehabt. Nach seinem zusammen mit einem Freund vollzogenen Anschluss an die PKK sei er in ein Militärlager der PKK im Nord-Irak in der Region Haftanin gegangen und habe dort eine 15-tägige militärische Ausbildung erhalten. Weil man gerade Unterstützung im Kampf gegen die türkische Armee benötigt habe, sei seine Ausbildung dann unterbrochen worden. Er sei in eine mobile Einsatzgruppe von ca. 40 Mann - sog. Bewegungsgruppe - eingeteilt worden und so in das Gebiet Kato-Jirke gekommen. Er habe immer wieder andere Einheiten unterstützen müssen, die Hilfe benötigten, und auch Vorbereitungsarbeiten für den Winter wie etwa die Beschaffung von Proviant verrichten müssen. Den Winter habe er in einem Lager im Gebiet Gabar verbracht. Im Frühling 1997 sei seine Gruppe auch in Auseinandersetzungen mit türkischen Soldaten verwickelt worden. In demselben Jahr sei die mobile Einheit nach Besler beordert worden, um dort Kämpfer bei Auseinandersetzungen zu unterstützen. Nachdem sie in Besler vom türkischen Militär angegriffen worden seien, seien sie weiter in Richtung Nord-Irak nach Haftanin gezogen. Dort habe er im Gebiet Pirbela seine Ausbildung fortgesetzt und Arbeiten im Munitionslager, Stationierungsarbeiten sowie Wintervorbereitungen verrichtet. Im Frühjahr 1998 sei er zurück nach Cudi/Türkei gegangen und dort im Mai 1998 an Auseinandersetzungen mit türkischen Streitkräften beteiligt gewesen, bei denen eine große Anzahl von Mitkämpfern ums Leben gekommen seien und auch er verletzt worden sei. Anschließend sei er mit 30 Mitkämpfern in das Gebiet Catak in der Provinz Van gezogen und bis Anfang 1999 im Gebiet Catak-Gülpinar als stellvertretender Kommandant des Lagers - so der klägerische Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 - geblieben. Diese Funktion habe er bis zum Waffenstillstand im August/September 1999 inne gehabt, wobei es überall zu Kämpfen gekommen sei. Im Gegensatz zum türkischen Staat habe die PKK ihre Waffen jedoch ausschließlich zur Verteidigung eigener Kräfte sowie des Volkes verwendet und nicht gegen das zivile Volk gerichtet. In den Regionen Botan und Van hätten sie Proviant in Dörfern besorgt. Er sei mehrfach bei Auseinandersetzungen verletzt worden; so sei bei der Explosion einer Bombe ein Splitter in seinen Schädel eingedrungen, der sich immer noch dort befinde.
- 3
Nach Inkrafttreten des einseitigen Waffenstillstandes sei seine Einheit in den Iran abkommandiert worden, von wo aus sie nach kurzer Zeit in den Nord-Irak in die Region Kandil weitergezogen seien. Dort sei er bis 2001 im Lager Sehit Ayhan Gruppenkommandant gewesen. Er habe jedoch infolge der Beschlüsse des 7. PKK-Kongresses eine zunehmend kritische Haltung gegenüber der PKK eingenommen. Wie andere PKK-Genossen habe er erhebliche Zweifel an dem Sinn des einseitig ausgerufenen Waffenstillstandes gehabt, weil in dessen Folge viele Kameraden durch türkische Sicherheitskräfte getötet worden seien. Ein Fluchtversuch zusammen mit anderen Kameraden im September 2000 sei von der PKK entdeckt und vereitelt worden. Nachdem er schon im Lager Sehit Ayhan weitere Ausbildungen genossen habe, sei er 2001 zum Zwecke einer Sonderausbildung für Kader-Mitglieder, die Zweifel am Erfolg der PKK hatten, in das Lager Sehit Harun gekommen. Diese Ausbildung habe 1 ½ Monate gedauert. Danach sei er als Mitglied einer Sondereinheit nach Kala Türk beordert worden. Dort sei ihm angetragen worden, seine vorherige Aufgabe als Gruppenkommandant fortzusetzen, was er aus Angst vor negativen Konsequenzen einer Ablehnung akzeptiert habe. Als Kommandant der Sondereinheit in Kala Türk sei er für die Aufnahme neuer Guerillas, ihre Ausbildung in Theorie und an der Waffe sowie in anderen soldatischen Fähigkeiten verantwortlich gewesen. Am 15. Juni 2001 sei er dann aber mit seiner Waffe in das von den Leuten von Talabani kontrollierte Gebiet Ranya zu den Peshmerga geflüchtet. Er habe sich von der PKK abgesetzt, weil er der Zivilisation fast entfremdet gewesen sei und sich von dem Leben mit täglicher Todesfurcht und Kampf habe lösen wollen. Auch die Leute des Talabani hätten ihn jedoch nicht überzeugen können, weil Talabani mit Funktionären des türkischen Staates zusammengearbeitet und diesem schutzsuchende ehemalige PKK-Angehörige ausgeliefert habe. Zusammen mit anderen Genossen sei er deshalb weiter gezogen nach Süleymaniye sowie in die Region Zakho und von dort aus nach Syrien und weiter in den Libanon. Am 15. Oktober 2001 seien sie in Beirut angekommen und hätten sich einige Tage später bei der UN-Vertretung als Schutzsuchende gemeldet. Am 21. Januar 2002 sei er von UNHCR als politischer Flüchtling anerkannt und mit einem Reiseausweis versehen worden. Anschließend habe er sich 3 Monate lang in verschiedenen Stadtteilen von Beirut aufgehalten, wo er jedoch jeweils von der auch dort aktiven PKK aufgespürt, über die Gründe seiner Trennung von der Organisation zur Rechenschaft aufgefordert sowie um Spenden gebeten worden sei. Der UNHCR habe ihn nicht vor der Bedrohung durch die PKK beschützen können. Daraufhin habe er sich entschlossen, nach Europa auszureisen, was nur über die Türkei möglich gewesen sei. Er sei vom Libanon nach Syrien und von dort in Fahrzeugen bis zur türkischen Grenze bei Antakia gebracht worden, von dort weiter bis nach Istanbul gereist, wo er 7 Monate auf seine Ausreise aus der Türkei habe warten müssen. Er habe bei einem Neffen in Istanbul gewohnt und sich sehr vorsichtig bewegt, um nicht erkannt zu werden. Für Fälle einer Kontrolle habe er sich einen gefälschten Nüfus besorgt. Mit diesem Pass sei er mit einer Gruppe von Flüchtlingen am 02. Oktober 2002 von Istanbul nach Sarajewo geflogen, wo man ihnen jedoch die Einreise verweigert und sie in die Türkei habe zurückschicken wollen. Das Flugzeug habe auf seinem Weg nach Antalya einen Zwischenstopp in Düsseldorf eingelegt, um weitere Personen aufzunehmen; dort sei er durch den Korridor für die einsteigenden Fluggäste in das Flughafengelände gelangt und habe das Flughafengebäude an Passkontrollen vorbei unbemerkt verlassen können.
- 4
In Hamburg - Harburg sei er nach seiner Ankunft dort von PKK-Leuten, denen er folglich habe bekannt sein müssen, persönlich angesprochen und gemahnt worden, achtsam zu leben. Die PKK erlaube jedem seine Freiheit, jedoch nur im Rahmen des Erlaubten. Ihm sei für sein weiteres Leben alles Gute gewünscht worden.
- 5
Zwei seiner Freunde aus seinem Heimatdorf seien, wie er erfahren habe, vom türkischen Staat zu Freiheitsstrafen von jeweils 36 Jahren verurteilt worden. Ein solches Schicksal befürchte er im Falle einer Rückkehr auch für sich selbst. Türkische Soldaten hätten nach bewaffneten Auseinandersetzungen mit seiner Einheit deren Verstecke sichergestellt und Dokumente der Gruppe gefunden und mitgenommen. Seine Eltern seien von Sicherheitskräften aufgesucht und auf seine Aktivitäten bei der PKK angesprochen worden; sein Vater sei daraufhin schwer gefoltert und mit der Auflage versehen worden, er solle seinen Sohn finden und an die Sicherheitsbehörden ausliefern. Sein Vater sei letztlich infolge von Misshandlungen durch die türkischen Sicherheitskräfte gestorben.
- 6
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2003 wurde der Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen. Gleichzeitig stellte das Bundesamt fest, dass für den Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliege, im Übrigen seien jedoch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG gegeben. In der Begründung des Bescheides ließ das Bundesamt offen, ob Ansprüche nach Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entstanden seien, da die Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jedenfalls nach dem damaligen § 51 Abs. 3 Satz 2, 3. Alternative AuslG ausgeschlossen seien. Hinsichtlich des Klägers sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen habe, da er in die Struktur der vor Terror nicht zurückschreckenden Organisation PKK als Mitglied in besonders qualifizierter Weise eingebunden gewesen sei. Der Kläger habe durch seine Tätigkeiten als Guerillakämpfer Unterstützungshandlungen für terroristische Aktivitäten der PKK geleistet und sei auch eigener Gewaltbeiträge hinreichend verdächtig, da er als Mitglied einer mobilen Einheit der ARGK („Volksbefreiungsarmee Kurdistans“) Teil einer Kampfeinheit und mehrfach an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sei. Ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 4 AuslG sei dem Kläger jedoch zuzubilligen, weil auf Grund seines Vortrages Anhaltspunkte für eine Fahndungsnotierung bei den türkischen Sicherheitskräften vorlägen und der Kläger glaubhaft vorgetragen habe, nach dem Auffinden von Dokumenten in Verstecken durch türkische Sicherheitskräfte als Kämpfer identifiziert worden zu sein. Es könne unterstellt werden, dass er mit Haftbefehl gesucht werde und bei einer Rückkehr auf dem Flughafen mit einer Verhaftung zu rechnen habe. Ferner sei anzunehmen, dass den Sicherheitskräften bei Festnahme der dem Haftbefehl zu Grunde liegende Sachverhalt, dass er gewaltbereiter Aktivist der PKK gewesen sei, bekannt werde und er somit Gefahr laufe, nach seiner Festnahme Opfer schwerwiegender Übergriffe zu werden. Ihm drohe daher mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
- 7
Wegen der Ablehnung als Asylberechtigter und Flüchtling hat der Kläger am 11. November 2003 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag im Asylverfahren geltend gemacht, es sei trotz seiner Beteiligung an Auseinandersetzungen nicht ersichtlich, dass er die PKK während seiner etwa 5jährigen Zeit bei der Guerilla durch eigene Gewaltbeiträge unterstützt habe. Dem Kläger vorwerfbare strafbare Einzelsachverhalte seien auch von der Beklagten nicht dargelegt worden. Der Kläger habe seine inhaltliche Distanzierung von der PKK infolge der Beschlüsse des 7. Kongresses dargestellt. Er habe sich auch in Deutschland an keinerlei strafbaren Aktivitäten beteiligt. Auch seine Anerkennung als politischer Flüchtling durch den UNHCR im Jahre 2002 sei nur nach Ausschluss der Teilnahme an terroristischen Handlungen möglich gewesen.
- 8
Der Kläger hat beantragt,
- 9
die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 1 und 2 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 31. Oktober 2003 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.
- 10
Die Beklagte hat beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Zur Begründung hat sie auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Sie hat eine Stellungnahme des UNHCR (Vertretung in Deutschland) vom 05. Dezember 2003 eingereicht, wonach der Kläger am 23. Oktober 2001 im UNHCR-Büro Beirut registriert und aufgrund seiner Anhörung unter Verneinung von Ausschlusstatbeständen nach Art. 1 (F) GFK als Flüchtling anerkannt worden sei. Der Kläger habe im Rahmen der Anhörung glaubhaft seine ernsthafte und unwiderrufliche Distanzierung von Zielen und Aktivitäten der PKK im Juni 2001 versichert.
- 13
Mit Urteil vom 21. Februar 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung beziehungsweise für einen Flüchtlingsstatus erfülle, da in seinem Falle jedenfalls ein Ausschlussgrund nach § 60 Abs. 8 AufenthG, § 30 Abs. 4 AsylVfG (in der damaligen Fassung) vorliege. Aus diesem Grunde komme auch seine Anerkennung als Asylberechtigter nicht in Betracht. Der Kläger sei nicht nur ein Mitläufer, sondern ein aktiver, mit Waffengewalt kämpfender und an bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften beteiligter PKK-Guerillero und überdies als Kommandant einer Ausbildungssondereinheit in führender Position an der Waffenausbildung weiterer Kämpfer beteiligt gewesen. Auch die Voraussetzungen des in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeformten sogenannten „Terrorismusvorbehaltes“ für das Asylrecht lägen im Falle des Klägers vor. Im Übrigen sei, sofern eine weiterhin vom Kläger ausgehende Gefahr für rechtlich erforderlich gehalten werden müsse, dem Kläger auch nicht abzunehmen, dass er sich wegen einer inhaltlichen Distanzierung von der gewaltsamen Durchsetzung der Ziele der PKK von dieser Organisation getrennt habe. Seinem Vortrag sei vielmehr zu entnehmen, dass er persönlich des Schießens müde geworden sei und sich deshalb von der PKK abgesetzt habe.
- 14
Der Senat hat auf den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 12. Juli 2007die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 ist das Verfahren im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 251 ZPO bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtssache 10 C 46.07 ausgesetzt worden. Nach Ergehen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09. November 2010 - C - 101/09 - über den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2008 im vorgenannten Verfahren ist das hiesige Berufungsverfahren mit Beschluss vom 07. April 2011 wieder aufgenommen worden.
- 15
Die Berufung des Klägers wird wie folgt begründet:
- 16
Unter Berücksichtigung der Auslegung von Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof in dessen Urteil vom 09. November 2010 könne für den Kläger nicht davon ausgegangen werden, dass er einen der Ausschlusstatbestände des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG verwirklicht habe. Der Kläger sei lediglich als PKK-Kämpfer aktiv und als solcher in Mann-zu-Mann-Auseinandersetzungen mit dem türkischen Militär verwickelt gewesen. In seiner Person habe er keinerlei terroristische Aktionen ausgeübt. Der Kläger habe dieselben Funktionen wie tausende anderer aktiver PKK-Guerillas innegehabt. Er habe auch keine hervorgehobene, die Politik der Organisation mitbestimmende Position gehabt. Ganz im Gegenteil habe der Kläger eine für Zweifelnde gedachte Ausbildung absolvieren müssen. Die Stellung als Kommandant einer Unterrichtssondereinheit in Kala Türk sei ebenfalls nicht herausgehoben, sondern ausschließlich weisungsgebunden gewesen. Ein Kommandant einer Einheit sei allenfalls für 8 Personen verantwortlich und stehe auf der zweituntersten Ebene überhaupt innerhalb der PKK. Führungsaufgaben habe der Kläger nicht innegehabt. Eine individuelle Verantwortung für konkrete Handlungen sei ihm nicht nachzuweisen, ebenso wie eine persönliche Verantwortlichkeit des Klägers für Aktionen der PKK insgesamt unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen des EuGH nicht festzustellen sei.
- 17
Im Übrigen sei ein etwaiger Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung nach der Qualifikationsrichtlinie nicht auf eine Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs. 1 GG zu erstrecken, weil keine Verwechslungsgefahr mit der Rechtsstellung als Flüchtling bestehe. Unterschiede lägen etwa in der Struktur der gerichtlichen, insbesondere der verfassungsgerichtlichen Überprüfbarkeit und in den Ausschlusstatbeständen. Letztere seien nicht deckungsgleich. So setzten die bislang in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommenen immanenten Schranken des Art. 16 a GG voraus, dass auch in Zukunft eine sicherheitsgefährdende Betätigung des Betroffenen wahrscheinlich sei; eine aus der Vergangenheit abgeleitete Asylunwürdigkeit sei insoweit gerade nicht ausreichend.
- 18
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2011 hat der Kläger vorgetragen, er sei nie über die niederschwellige Position eines Gruppenkommandanten der PKK hinausgekommen. Dem türkischen Staat sei er definitiv als PKK-Kämpfer bekannt. Zudem sei von der Existenz eines Haftbefehls gegen ihn wegen Wehrdienstflucht auszugehen. Die Inhaftierung sowie Folter und Misshandlungen von Oppositionellen hätten in der Türkei im vergangenen Jahr erheblich zugenommen.
- 19
Der Kläger beantragt,
- 20
unter Abänderung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2007 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass in seiner Person ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegt.
- 21
Die Beklagte beantragt,
- 22
die Berufung zurückzuweisen.
- 23
Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die aktive Mitgliedschaft des Klägers in der PKK und seine Aktivitäten für die Organisation einen Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG darstellten. Bereits die Mitwirkung des Klägers an der Proviantbeschaffung für die PKK mittels Waffen erfülle den Straftatbestand der räuberischen Erpressung. Auf die Frage, ob daneben auch der Ausschlusstatbestand der Nr. 3 der vorgenannten Norm erfüllt sei, komme es daher nicht mehr an. Gleichzeitig sei, wie das Bundesverwaltungsgericht nunmehr in zwei Entscheidungen klargestellt habe, auch die Anerkennung als Asylberechtigter wegen Verwechslungsgefahr mit dem Status der Flüchtlingsanerkennung ausgeschlossen. Nicht entscheidend sei die Tatsache, dass der Kläger von UNHCR im Jahre 2001 unter Verneinung von Ausschlussgründen als Flüchtling anerkannt worden sei, weil die seinerzeit geprüften Tatbestandsvoraussetzungen nicht mit den derzeit geltenden Tatbestandsvoraussetzungen insbesondere nach der Rechtsprechung des EuGH identisch seien. Eine Wiederholungsgefahr für ausschlussbegründende Handlungen sei nach dem Urteil des EuGH gerade nicht erforderlich.
- 24
In dem Zeitraum der Mitgliedschaft des Klägers bei der PKK - 1996 bis 2001 - habe die PKK fraglos schwere nichtpolitische Straftat nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG verübt. Sie habe immer wieder mit terroristischen Methoden Angriffe gegen die Zivilbevölkerung geführt. Die PKK werde nach wie vor in der EU-Liste terroristischer Organisationen aufgeführt. Ihre terroristischen Akte aus dem relevanten Zeitraum seien dem Kläger auch zurechenbar, da dieser nicht nur untergeordneter Sympathisant oder Unterstützer, sondern Aktivist der PKK gewesen sei. Er habe nach seiner kurzen Ausbildung in einer mobilen Einheit kämpfende Einheiten der PKK unterstützt und sich damit auch räumlich immer in unmittelbarer Nähe zu solchen Kampfeinheiten befunden. Aufgrund der von ihm vorgetragenen Verletzungen aus Kämpfen in den Jahren 1998 und 1999 sei davon auszugehen, dass er auch an Auseinandersetzungen mit türkischen Sicherheitskräften teilgenommen und damit unmittelbar aktiv am Kampf beteiligt gewesen sei, wohl auch selbst von der Waffe Gebrauch gemacht haben dürfte. Soweit er logistische Aufgaben wie die Sammlung von Lebensmitteln und anderen Alltagsgegenständen ausgeführt habe, habe er dafür gesorgt, dass Teile der PKK zur Vornahme von Kampfhandlungen in der Lage gewesen seien. Soweit er hervorgehobene Funktionen wie der des stellvertretenden Lagerkommandanten und des Kommandanten einer Ausbildungseinheit der PKK ausgeübt habe, indiziere dies eine bewusste Unterstützung, zumindest aber die Kenntnis von terroristischen Aktivitäten der PKK. Sein kontinuierlicher Aufstieg in der Hierarchie der PKK verdeutliche eine entsprechende Identifikation mit den Zielen und Methoden dieser Organisation. Seine Beteiligung an der Vermittlung der Ideologie und Zielsetzungen der PKK an neue Kämpfer als Kommandant einer Ausbildungseinheit stelle ebenfalls einen erheblichen Beitrag zum bewaffneten Kampf der PKK dar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger allein oder hauptsächlich auf Druck der Organisation hin gehandelt habe; vielmehr habe seinem Handeln eine Überzeugung und ein Eintreten für die kurdische Sache und Ideologie der PKK zugrunde gelegen. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus seiner Zuteilung zu einer Sonderausbildung für Zweifelnde, da diese Ausbildungsmöglichkeit das ungebrochene Vertrauen der PKK in den Kläger verdeutlicht habe.
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Dem Kläger müsse auch keine konkrete Einzeltat im Sinne eines strafrechtlichen Vollbeweises zugeordnet werden. Es sei ausreichend, wenn schwerwiegende Gründe für seine Tatverantwortlichkeit sprächen, was auf Grund seiner langjährigen und vielfältigen Aktivitäten gegeben sei. In seiner Person sei die Vermutung individueller Verantwortung für von der Organisation begangene terroristische Aktivitäten wegen hervorgehobener Funktionen begründet. Die Loslösung des Klägers von der PKK sei nach den Kriterien des EuGH nunmehr unerheblich, weil es auf eine Wiederholungsgefahr für den Ausschluss vom Flüchtlingsstatus nicht ankomme.
- 26
Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Oktober 2011 Beweis erhoben durch ergänzende informatorische Anhörung des Klägers insbesondere zu dessen Aktivitäten für die PKK im Zeitraum von 1996 bis zum einseitigen Waffenstillstand der PKK im Herbst 1999. Der Kläger hat hierbei angegeben, er habe bereits 1996 und 1997 als Kämpfer verschiedene Einheiten der PKK unterstützt. Man müsse sich verteidigen, wenn man angegriffen werde und eine Waffe in der Hand habe. Des Weiteren habe er an der bewaffneten Proviantbeschaffung aus Dörfern mitgewirkt; dabei sei Vieh notfalls beschlagnahmt worden, teilweise hätten die Dorfbewohner Proviant aber auch aus Angst vor den Waffen der PKK-Leute hergegeben. Er habe Aktionen der PKK auch durch Verstecken von Munition, Lieferung von Kämpfern sowie in allgemeiner logistischer Form unterstützt. Auf die Frage nach einer Tätigkeit 1999 als stellvertretender Lagerkommandant hat der Kläger angegeben, er sei lediglich stellvertretender Kommandant einer Einheit aus 8 Personen, eines sog. „Manga“, gewesen. Zu den Entscheidungsträgern in den sog. praktischen Gebieten habe er nie gehört und auch keine Kontakte zu der obersten Führung der bewaffneten Kräfte der PKK gehabt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren, die Sitzungsniederschrift vom 6. Oktober 2011 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 28
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den teilweise ablehnenden Bundesamtsbescheid im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn dieser Bescheid erweist sich als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf seine Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling.
- 29
Für die gerichtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, Juris). Maßgeblich ist daher die seit dem 28. August 2007 geltende Fassung des Asylverfahrensgesetzes durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 2007, 1970) sowie nachfolgende Änderungen, zuletzt vom 23. Juni 2011 (BGBl. I 2011, 1266).
- 30
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach dieser Regelung darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2009 - 10 C 24/08 -, BVerwGE 135, 252). Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304, S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Damit ist auch zu prüfen, ob ein Antragsteller gem. Art. 8 der Richtlinie keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält (inländische Fluchtalternative, vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.2008 - 10 C 11/07 -, BVerwGE 131, 186). Im Rahmen der Flüchtlingsanerkennung nach der Qualifikationsrichtlinie kann allerdings eine Vorverfolgung nicht wegen einer zum Zeitpunkt der Ausreise bestehenden inländischen Fluchtalternative verneint werden; dem Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes wird aber nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie durch eine Verweisung auf eine zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung bestehende interne Schutzalternative Rechnung getragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.01.2009 - 10 C 52/07 -, BVerwGE 133, 55).
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Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 4 Ziff. c AufenthG begründet auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ein Abschiebungsverbot, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
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Aus den in Art. 4 RL 2004/83/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigen werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.08.2010 - 8 A 4063/06.A -, Juris; Senatsurt.
v. 03.12.2003 - 4 LB 75.99 -).
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Bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG ist, wie bei der Prüfung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe je nachdem, ob der Ausländer seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist, finden unter Geltung der Qualifikationsrichtlinie auf § 60 AufenthG keine Anwendung mehr. Nach § 60 Abs. 1 Satz 5, Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das ergibt sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG, der sich mit der Voraussetzung, dass der Antragsteller "tatsächlich Gefahr läuft", an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zur tatsächlichen Gefahr ("real risk") orientiert. Das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Unterschiedliche Prognosemaßstäbe hingegen konnten bei den Beratungen über die Qualifikationsrichtlinie nicht durchgesetzt werden. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten normiert Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. zu allem BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, Juris, sowie v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 -, BVerwGE 136, 377, OVG NRW, a.a.O.; Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -).
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger nach Überzeugung des Senats vor seiner Ausreise aus der Türkei keine Vorverfolgung durch staatliche Stellen erlitten und war auch nicht unmittelbar von derartiger Verfolgung bedroht. Die türkischen Behörden hatten nach seiner mehrjährigen Abwesenheit offenbar keine Kenntnis von seinem Aufenthalt in der Türkei. Der Kläger hielt sich dort unter falschen Personalien in Istanbul auf und bewegte sich zwar vorsichtig, immerhin jedoch auch in Cafés; auf staatliche Kontrollen hatte er sich - wie er in der Anhörung beim Bundesamt vorgetragen hat - mit einem gefälschten Nüfus vorbereitet. Dass er in diesem Stadium durch in Hand der türkischen Behörden befindliche Dokumente zu seiner Person gefährdet gewesen sei, hat er nicht geltend gemacht und er trägt auch keine andere Art der Vorverfolgung vor.
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Asylrelevante Verfolgungsmaßnahmen sind nach der Erkenntnislage jedoch für den Fall einer Rückkehr des Klägers in die Türkei beachtlich wahrscheinlich. Der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Gefährdung von Unterstützern kurdischer oppositioneller Organisationen zum einen davon ausgegangen, dass Personen, die von den türkischen Sicherheitsbehörden als Sympathisanten und Unterstützer der PKK eingestuft werden, vor Verfolgung nicht hinreichend sicher sind, auch wenn es sich nicht um exponierte Akteure handelt (Senatsurt. v. 09.02.2010 - 4 LB 9/09 -, Juris, v. 20.06.2006 - 4 LB 25/02 -, v. 23.05.2000 - 4 L 21/94 -, Senatsbeschl. v. 10.06.2008 - 4 LB 4/06 -, Juris; v. 16.04.2009 - 4 LA 14/09 -, v. 20.03.2009 - 4 LA 16/09 -). An der im Anschluss an die Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19.04.2005 – 8 A 273/04.A – und vom 26.05.2004 – 8 A 3852/03.A-, Juris) getroffenen Bewertung, dass nach wie vor vom Fortbestehen von Folter und Misshandlungen in der Türkei auszugehen sei und daher jedenfalls keine hinreichende Verfolgungssicherheit (in der Terminologie des vor Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie gültigen rechtlichen Maßstabes) für vermutete Mitglieder oder Unterstützer der PKK bestehe (Urteil vom 20.06.2006 – 4 LB 25/02 -), hat der Senat noch mit Urteil vom 09. Februar 2010 - 4 LB 9/09 - festgehalten. Dabei hat er sich auf die aktuelle Auskunftslage zu zwischenzeitlichen Reformbemühungen der Türkei im Strafrecht und bei dem Problem staatlicher Folter und Misshandlungen bezogen und auf die fortbestehenden, sich eher verschärfenden Spannungen in der Kurdenfrage, auf strafrechtliche Verfolgungen von positiven Aussagen zur PKK, Verhaftungen von PKK-Unterstützern, fortbestehende Berichte über Folter und Misshandlungen sowie die Problematik der Straflosigkeit von Tätern in Folterfällen verwiesen (vgl. im Einzelnen die Auswertung der Auskunftslage im Urteil v. 09.02.2010 - 4 LB 9/09 -, Juris). Zum anderen besteht nach bisheriger Senatsrechtsprechung (nur) unter besonderen individuellen Voraussetzungen eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung nach Rückkehr in die Türkei, nämlich für politisch aktive, sich erkennbar von der Masse gleichartiger Betätigungen abhebende und damit überhaupt erst in das Blickfeld der vom türkischen Staat organisierten Überwachung der kurdischen Opposition geratende Unterstützer der PKK und vergleichbarer Organisationen, nicht dagegen für „niedrig profilierte“ politisch-oppositionell aktive Unterstützer (vgl. Senatsbeschl. v. 16.04.2009 - 4 LA 14/09 -, Senatsurt. v. 20.06.2006 - 4 LB 56/02 -, v. 25.07.2000 - 4 L 147/95 - m.w.N.).
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Daran ist auch unter Auswertung der aktualisierten Auskunftslage festzuhalten (vgl. bereits Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -). Das Auswärtige Amt geht weiterhin davon aus, dass sich die Sicherheitsbehörden bei einer Einreise in die Türkei mit türkischen Staatsangehörigen befassen, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 08.04.2011, S. 18). Auch nach aktueller Einschätzung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Bericht v. 20.12.2010 über die aktuelle Situation der Kurden, S. 19) riskieren politisch aktive Kurden Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in der verbotenen PKK. Kamil Taylan berichtete in einem Gutachten für das OVG Saarland vom 11. Februar 2011 (S. 5), dass die Staatsanwaltschaft Diyarbakir im April 2010 ein Strafverfahren gegen 30 Rückkehrer aus dem Nordirak wegen des Vorwurfs der Propaganda für eine Terrororganisation bzw. Planung und Durchführung von Verbrechen im Auftrag einer solchen Organisation eingeleitet habe; dieselbe Staatsanwaltschaft führe einen Massenprozess gegen PKK-Unterstützer. An anderer Stelle führt Taylan allerdings aus, dass keine Verfahren gegen Rückkehrer wegen Unterstützungshandlungen in den 90’ger Jahren bekannt seien (ebd. S. 4). Was die Gefahr von Folter und Misshandlungen anbelangt, so ist auch nach den seit dem Senatsurteil vom 09. Februar 2010 hinzugekommenen Erkenntnissen weiterhin von einer nicht auszuschließenden, insgesamt nicht spürbar reduzierten Gefährdungslage auszugehen. Das Auswärtige Amt berichtet für das Jahr 2010 von einer erheblichen Anzahl von Fällen von Folter und Misshandlungen, die bei anerkannten Menschenrechtsorganisationen registriert seien. Es sei der Regierung nach wie vor nicht gelungen, solche Misshandlungen vollständig zu unterbinden; Straflosigkeit der Täter sei weiterhin ein ernstzunehmendes Problem (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 08.04.2011, S. 21). Die EU-Kommission stellt in ihrem Fortschrittsbericht vom 09. November 2010 (Turkey 2010 Progress Report, SEC (2010) 1327, S. 18) zwar insgesamt einen positiven Trend bezüglich der Verhütung von Folter und Misshandlungen, gleichzeitig aber weiterhin ein verbleibendes, besorgniserregendes Problem unangemessener Gewaltanwendung seitens der Sicherheitsbehörden fest. Beispiele für auch noch 2010 geschehene Folter führt auch Kaya (Gutachten an OVG Greifswald v. 14.06.2010, S. 11 ff.) auf. Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe hält staatliche Folter in der Realität immer noch für verbreitet, wobei zunehmend an unbeobachteten Orten - außerhalb von Polizeistationen und Gefängnissen - gefoltert werde (SFH, Türkei: Die aktuelle Situation der Kurden, 20.12.2010, S. 13; Türkei: Risiken bei der Rückkehr eines verurteilten PKK-Mitglieds, 26.05.2010, S. 1 f.).
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Die Wahrscheinlichkeit für Rückkehrer, bei der Einreise festgehalten, verhört und ggf. an weitere Sicherheitsbehörden überstellt zu werden, hängt nach im Wesentlichen übereinstimmenden Auskünften nach wie vor davon ab, ob ein Strafverfahren gegen den Rückkehrer anhängig ist oder war und ob er seine Wehrpflicht erfüllt hat. Ist beides nicht der Fall, so ist nach Auskunft von Kaya (an das VG Freiburg vom 01.07.2010) eine Ingewahrsamnahme an der Grenze nicht zu erwarten. Wird bei der Einreise jedoch festgestellt, dass der Wehrdienst noch nicht abgeleistet wurde, wird der Betreffende nach Auskunft von Kaya (Gutachten an VG Freiburg vom 11.06.2008) festgenommen und in Begleitung von Polizisten oder Gendarmen zwecks Musterung und Einberufung der nächstgelegenen Militärdienstbehörde überstellt. Taylan hält eine Situation des vorherigen jahrelangen Nichterscheinens bei der Musterung mit der Möglichkeit, dass darüber ein Aufenthalt des Wehrpflichtigen im Ausland bei der PKK bekannt geworden sein könnte, und den fehlenden Beleg der entstandenen Auslandszeiten mit einem von türkischen Behörden anerkannten Status bei der Einreise für sehr gefährlich, weil er in aller Regel zu einer intensiveren Untersuchung führe (Taylan, Gutachten an VG Sigmaringen
v. 21.12.2007). Für eine derartige Konstellation ist auch Aydin in einem Gutachten an das VG Sigmaringen vom 20. September 2007 von einer Gefährdung des betreffenden Rückkehrers durch Misshandlung oder Folter ausgegangen. Oberdiek teilt in seinem Gutachten an das VG Sigmaringen vom 15. August 2007 ebenfalls die Einschätzung, dass zurückkehrende Nichtwehrdienstleistende einer Überprüfung hinsichtlich des Grundes ihrer zwischenzeitlichen Abwesenheit und eines möglichen Verdachts der Zusammenarbeit mit der PKK unterzogen werden, ohne jedoch eine klare Aussage zu den hierdurch zu befürchtenden Folgen für den Rückkehrer zu treffen (vgl. dort S. 15). Die österreichische Organisation ACCORD berichtet über ungeklärte Todesfälle auch von Kurden während des Wehrdienstes (ACCORD, KurdInnen in der Türkei, Juni 2009, S. 41); Erkenntnisse, dass es sich hierbei um ein in seiner Dimension greifbares und verbreitetes Phänomen handelt, liegen allerdings nicht vor.
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Auf dieser Erkenntnisgrundlage geht der Senat davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Nachteile seitens des türkischen Staates erleiden würde. Dabei sind die Angaben des Klägers zugrunde zu legen, die er im Verlauf seines Asylverfahrens sowie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zuletzt im Rahmen der informatorischen Anhörung in der mündlichen Berufungsverhandlung, gemacht hat. Eine Gefährdung besteht für den Kläger unabhängig davon, ob ihm im Zuge einer Strafverfolgung wegen aktiver Beteiligung an terroristischen Taten der PKK eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende, härtere Behandlung als sonst üblich drohen würde (sog. Politmalus, vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.04.2009 - 2 BvR 78/08 -, NVwZ 2009, 1035 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.12.2009 - OVG 10 N 70.09 -, Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.2007 - 8 A 2632/06.A, Juris). Da der Kläger noch keinen Wehrdienst geleistet hat, würde er - unabhängig von der Frage, ob gegen ihn bereits ein Haftbefehl existiert - beachtlich wahrscheinlich schon deshalb bereits bei der Einreise von den Sicherheitsbehörden in Gewahrsam genommen und von diesen oder den Militärbehörden, an die er zwecks Musterung überstellt werden würde, einer eingehenderen Untersuchung unterzogen, in deren Zuge er nicht in der Lage wäre, die seit seinem 21. Lebensjahr entstandenen Abwesenheitszeiten aus dem Zugriff der Wehrdienstbehörden in einer zufriedenstellenden, für die Behörden unverdächtigen Weise zu erklären. Nachforschungen erfolgen in einem derartigen Fall der Untersuchung eines wehrdienstpflichtigen Rückkehrers u.a. in dessen Heimatregion (amnesty international, Auskunft an OVG Saarland v. 31.01.2011), wo noch bekannt sein wird, dass sich der Kläger nach Beendigung seiner Schulausbildung gemeinsam mit einem Freund der PKK angeschlossen und sich seither nicht mehr in der Heimatregion aufgehalten hat. Zum anderen aber geht auch das Bundesamt davon aus, dass dem türkischen Staat bei einer militärischen Auseinandersetzung Dokumente in die Hände gefallen sind, die den Kläger als Mitglied einer bewaffneten Einheit bzw. als gewaltbereiten Aktivisten der PKK identifizieren können, weshalb ihm ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG (heute: § 60 Abs. 5 AufenthG) zuerkannt worden ist. Seine nachfolgend erlangten Funktionen bei der PKK als stellvertretender Gruppenkommandant in Catak-Gülpinar während der Zeit schwerer Kämpfe vor Ausrufung des einseitigen Waffenstillstandes sowie die Stellung als Kommandant einer Sondereinheit u.a. für die militärische Ausbildung von Kämpfern im Nordirak haben dem Kläger zumindest eine gewisse Führungsposition auf einer mittleren Ebene verschafft. Nimmt man die nach dem Vortrag beider Beteiligter beim türkischen Staat über ihn vorhandenen, ihn als Kämpfer identifizierenden Dokumente sowie die Tatsache hinzu, dass er seiner Wehrpflicht seit vielen Jahren nicht nachgekommen ist, so rückt ihn dies bei einer Gesamtbetrachtung im Vergleich zu lediglich niedrig profilierten kurdischen Aktivisten stärker in das staatliche türkische Blickfeld und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch Folter und Misshandlung nach seiner Einreise.
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Demgegenüber ist eine Verfolgung des Klägers durch nichtstaatliche Akteure - hier die PKK - für den Fall einer Wiedereinreise in die Türkei nicht beachtlich wahrscheinlich; sie ist von ihm bislang im Zuge seines Asylverfahrens weder in der Anhörung durch das Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht worden. Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem eigenen Vortrag des Klägers in der mündlichen Berufungsverhandlung davon aus, dass der Kläger die Türkei auch bezüglich asylrelevanter Maßnahmen seitens der PKK (oder anderer Kräfte) als nichtstaatlichem Akteur unverfolgt verlassen hat. Der Kläger hat zwar berichtet, nach seiner Loslösung von der PKK selbst im Libanon noch von Unterstützern der PKK ausfindig gemacht worden, zu den Gründen seiner Trennung von der Organisation befragt und zu Geldzahlungen angehalten worden zu sein. Dass ihm Maßnahmen der Organisation mit asylerheblicher Intensität angedroht worden seien, hat er allerdings nicht hinreichend konkret dargelegt; für den Zeitraum nach seiner Einreise in die Bundesrepublik hat er vielmehr vorgetragen, dass ihm von PKK-Funktionären oder -Mitgliedern in Deutschland ein gewisser Aktionsradius „im Rahmen des Erlaubten“ zugestanden und alles Gute für sein weiteres Leben gewünscht worden sei. Befürchtungen, dass die PKK im Falle einer Wiedereinreise in die Türkei ihre ihm gegenüber tolerante Haltung aufgeben werde, lassen sich seinem Vortrag nicht entnehmen. Auch die Erkenntnislage gibt in seinem Fall keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung (vgl. dazu Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -).
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Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung als Flüchtling wegen drohender staatlicher Verfolgung scheidet jedoch wegen eines entgegenstehenden Ausschlussgrundes gemäß § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 2 AsylVfG aus. Danach ist die Anerkennung u.a. dann ausgeschlossen, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Betreffende vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebietes begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder dass er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dasselbe gilt nach Satz 3 der Regelung für Ausländer, die andere zu solchen Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben. Mit diesen seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes nunmehr im Asylverfahrensgesetz (früher: § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG / § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG) geregelten Ausschlussgründen hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG, der seinerseits auf die schon in Art. 1 Abschnitt F Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aufgeführten Ausschlussgründe zurückgeht, umgesetzt (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss v. 14.10.2008 - 10 C 48/07). Ihre Auslegung hat sich maßgeblich an den entsprechenden Regelungen in Art. 12 der Qualifikationsrichtlinie zu orientieren.
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Die einen Ausschlussgrund gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie verwirklichenden Handlungen müssen nicht definitiv im Sinne eines für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Beweisstandards erwiesen sein; ausreichend ist vielmehr ein gegenüber der nach § 108 VwGO erforderlichen Überzeugungsgewissheit abgesenktes Beweismaß (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A - Juris, m.w.N.). Die Annahme der Verwirklichung von Handlungen im Sinne eines Ausschlussgrundes ist aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt, wenn hierfür Anhaltspunkte von erheblichem Gewicht vorliegen; dies ist in der Regel der Fall, wenn klare und glaubhafte Indizien für die Begehung der jeweils genannten Handlungen bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10 -, Juris).
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Die Anwendung der auf Art. 12 Abs. 2 und 3 der Qualifikationsrichtlinie zurückgehenden Ausschlussgründe setzt eine Einzelfallwürdigung der - bekannten - genauen tatsächlichen Umstände in Bezug auf die Handlungen und die Lage des betreffenden Ausländers, der im Übrigen die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung erfüllt, voraus. Allein der Umstand einer Mitgliedschaft in einer anerkanntermaßen an terroristischen Handlungen beteiligten Organisation hat nicht automatisch den Ausschluss der betreffenden Person von der Anerkennung als Flüchtling zur Folge. Erforderlich ist vielmehr eine dem Beweisniveau der Annahme aus schwerwiegenden Gründen genügende Zurechnung eines Teils der Verantwortung für Handlungen, die von der Organisation im Zeitraum der Mitgliedschaft begangen wurden. Eine solche individuelle Verantwortung für die Verwirklichung der Handlungen der Organisation ist anhand sowohl objektiver als auch subjektiver Kriterien zu beurteilen, wobei die tatsächliche Rolle der betreffenden Person bei der Verwirklichung der fraglichen Handlungen, ihre Position innerhalb der Organisation, der Grad der Kenntnis, die sie von deren Handlungen hatte oder haben musste, sowie etwaige Pressionen oder andere verhaltensbeeinflussende Faktoren zu berücksichtigen sind. Hatte die betreffende Person eine hervorgehobene Position innerhalb der Organisation inne, so kann eine individuelle Verantwortung für von dieser Organisation im relevanten Zeitraum begangene Handlungen vermutet werden; dennoch bleibt eine Prüfung sämtlicher erheblicher Umstände erforderlich (vgl. EuGH, Urt. der Großen Kammer v. 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285). Zu diesen gehört auch die altersbedingte Einsichtsfähigkeit des betreffenden Ausländers zur Zeit der zurechenbar begangenen Handlungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.12.2010 - 11 LA 495/10 -, AuAS 2011, 70, m.w.N.). Ein Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung setzt weder eine gegenwärtige Gefahr für den Aufnahmemitgliedstaat noch eine auf den Einzelfall bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung des Ausschlusses unter erneuter Beurteilung des Schweregrades der begangenen Handlungen voraus; die Schwere der begangenen Handlungen ist vielmehr bereits bei der Prüfung des Vorliegens von Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie einzubeziehen und muss von einem solchen Grad sein, dass die betreffende Person nicht in berechtigter Weise Anspruch auf den Schutz erheben kann (vgl. EuGH, a.a.O.).
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Die für die Auslegung des Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie maßgeblichen Ausführungen des EuGH haben klargestellt, dass aufgrund der reinen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Rahmen des Ausschlussgrundes für die Flüchtlingseigenschaft keine automatische Zurechnung von Handlungen der Organisation erfolgen kann. Ebenso wenig reicht nach dem Urteil des EuGH eine Beteiligung des betreffenden Schutzsuchenden an den Handlungen der Organisation im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/475 vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung einschließlich Bereitstellung von Informationen oder materiellen Mitteln oder durch jegliche Art der Finanzierung ihrer Tätigkeit mit dem Wissen, dass diese Beteiligung zu den strafbaren Handlungen der terroristischen Vereinigung beiträgt) in jedem Falle aus, um einen Ausschlussgrund im Sinne der Qualifikationsrichtlinie zu verwirklichen. Eine ideologische Verinnerlichung der von der Organisation insgesamt angewandten Ziele – auch derjenigen der Gewaltanwendung – allein bewirkt ebenfalls noch keinen Ausschluss. Die nach objektiven und subjektiven Kriterien vorzunehmende Zurechnung von Verantwortung i.S.v. Art. 12 der Qualifikationsrichtlinie muss sich vielmehr spezifisch auf Handlungen der Organisation in dem Zeitraum der Mitgliedschaft des jeweiligen Antragstellers richten, die für sich genommen einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung begründen können. Eine Zurechenbarkeit terroristischer Handlungen kann deshalb nicht bereits aus der aktiven Unterstützung einer generell auf terroristische Handlungen ausgerichteten Organisation abgeleitet werden (vgl. aber OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 – 11 A 1439/07.A -, DVBl. 2011, 719, Juris Rn. 56). Soweit nicht bereits gewichtige Anhaltspunkte für eine persönliche Beteiligung des Betreffenden am bewaffneten Kampf der Organisation vorliegen, die im Rahmen der geforderten Einzelfallprüfung eine objektive und subjektive Zurechenbarkeit schwerer nichtpolitischer Gewalttaten der Organisation rechtfertigen, wird eine persönliche Verantwortlichkeit im Sinne eines Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie regelmäßig einen wesentlichen sonstigen (logistischen, organisatorischen oder auch unmittelbar ideologischen, d.h. zu terroristischen Taten aufrufenden) Beitrag zur Durchführung entsprechender Verbrechen im Bewusstsein von deren Erleichterung voraussetzen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 11.08.2010 – 11 LB 405/08).
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Terroristische Handlungen, die durch ihre Gewalt gegenüber Zivilbevölkerungen gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden, müssen als schwere nichtpolitische Straftaten i.S.d. Art. 12 Abs. 2 Ziff. b der Qualifikationsrichtlinie (vgl. EuGH, a.a.O.) und damit auch § 3 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 AsylVfG angesehen werden. Allerdings ist bei der Prüfung des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 07. Juli 2011 (10 C 26.10, Juris Rn. 38, und 10 C 27.10, Juris Rn. 32) zu berücksichtigen, dass die vom EuGH geforderte individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne in Anlehnung an Regeln des nationalen Strafrechts zur Täterschaft und Teilnahme - wenngleich unter Beachtung des abgesenkten Beweismaßes der „Annahme aus schwerwiegenden Gründen“ - erfordert. Durch den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 AsylVfG werden (anders als bei den Ausschlussgründen der Ziff. 1 und 3 dieser Norm, vgl. ebd. sowie BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10 -, a.a.O.) nur strafrechtlich als Täter, Anstifter oder Gehilfen einer schweren nichtpolitischen Straftat anzusehende Personen erfasst. Das Gewicht des Tatbeitrages eines Gehilfen als „in sonstiger Weise Beteiligtem“ muss dem einer schweren nichtpolitischen Straftat i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entsprechen, da diese auf Art. 12 Abs. 3 der Qualifikationsrichtlinie zurückgehende Formulierung lediglich das unterschiedliche Verständnis der Mitgliedstaaten im Hinblick auf strafrechtliche Beteiligungsformen berücksichtigen, nicht jedoch den Ausschlussgrund des Art. 1 F GFK erweitern sollte (BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, Juris Rn. 38 bzw. 32).
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Nach diesen Maßstäben, insbesondere infolge der Weiterführung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die jüngsten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2011 (a.a.O.), ergibt sich ein Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung des Klägers nicht bereits aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wegen einer Täterschaft oder strafrechtlich relevanten Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat. Zwar sind im Rahmen der Aktivitäten der PKK im Zeitraum der Mitgliedschaft des Klägers von 1996 bis 2001 jedenfalls bis zum einseitigen Waffenstillstand der Organisation im August / September 1999 zahlreiche Straftaten begangen worden, die schwere nichtpolitische Straftaten im Sinne dieses Ausschlusstatbestandes darstellen können. Das Auswärtige Amt hat in seinen Lageberichten von 1996 bis 1999 über zahlreiche Anschläge der PKK auch gegen die Zivilbevölkerung berichtet. Die Organisation drangsaliere, erpresse und töte auch Zivilisten, wenn sie die geforderte Unterstützung verweigerten (Lagebericht v. November 1996, S. 5, v. März 1997, S. 5, v. März 1998, S. 7, v. September 1998, S. 7, v. September 1999, S. 18). Auch bereits 1996 richteten sich die Aktionen der PKK verstärkt gegen Zivilpersonen (Lagebericht AA vom März 1997, S. 5). Bei Anschlägen der PKK sollen 1996 157 Zivilisten, 1997 mindestens 115 Zivilisten getötet worden sein (Lagebericht vom November 1997, S. 7). Die Organisation Human Rights Watch berichtete ebenfalls über Drangsalierungen und Menschenrechtsverletzungen der PKK gegenüber der Zivilbevölkerung sowie gegen Touristen: So seien bei einem Selbstmordattentat 1996 neben Soldaten auch Zivilisten getötet worden. Im März 1997 seien Anschläge gegen Zivilisten und Touristen angedroht und von Mai bis August 1997 mehrere Attentate mit zivilen Todesopfern in Cardakli, Eruh und Van verübt worden (vgl. Human Rights Watch, World Report 1998 - Turkey v. 01.01.1998, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8a814.html). 1998 seien weitere Zivilisten von der PKK exekutiert worden, die der Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden „verdächtigt“ worden seien; im Juli 1998 seien zwei 4- bzw. 14-jährige Mädchen in einem Dorf getötet und im August 1998 bei einem Bombenanschlag der PKK in Istanbul sieben Menschen getötet und über hundert Menschen verletzt worden (World Report 1999 - Turkey v. 01.01.1999, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8b48.html).
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Auch die von der Universität Maryland im Internet publizierte „Chronologie der Kurden“ (http://www.cidcm.umd.edu/mar/chronology.asp?groupId=64005) weist für den Zeitraum 1996 bis 1999 unter anderem (nebst gewalttätigen Auseinandersetzungen mit türkischen Streitkräften) zahlreiche Anschläge auf die Zivilbevölkerung aus. Am 20. August 1996 töteten nach dieser Aufstellung PKK-Kämpfer drei Zivilisten entlang der irakischen Grenze, am 1. Oktober 1996 töteten PKK-Rebellen vier türkische Grundschullehrer; am 22. Oktober 1997 wurden bei einem der PKK zugeschriebenen Autobombenattentat in der Nähe der türkisch-iranisch-irakischen Grenze eine Person getötet und 19 verletzt. Am 3. Juni 1998 schossen PKK-Rebellen 11 Zivilisten bei Tunceli nieder; im Juli 1998 töteten sie zwei Kinder. Anfang Juli 1999 wurden vier Zivilisten in Elazig von PKK-Mitgliedern erschossen (vgl. dazu auch Human Rights Watch, World Report 2000 - Turkey v. 01.12.1999, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a8cb0.html), zwei Tage später wurden 25 Menschen in Istanbul bei einem Autobombenattentat verletzt. Nach Informationen des United Kingdom Home Office war die PKK 1997 für die Tötung von mindestens 130 unbewaffneten Zivilisten verantwortlich (United Kingdom Home Office, Country Assessment - Turkey v. 01.04.2000, www.unhcr.org/refworld/docid/3ae6a6ae0.html). In der ersten Jahreshälfte 1999 begingen PKK-Terroristen nach Informationen des US State Department zahlreiche Anschläge in der Türkei, einschließlich eines Selbstmordattentats in Adana im Juli 1999, bei dem 17 Menschen verletzt wurden, und einem Bombenanschlag auf ein Kaufhaus in Istanbul im März 1999, bei dem 13 Menschen getötet wurden (United States State Department,1999 Country Report on Human Rights Pracitices - Turkey v. 25.02.2000,www.state.bov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/turkey.html).
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Allerdings erlauben es weder die Angaben des Klägers noch die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse, diese terroristischen Taten dem Kläger in einer strafrechtlich relevanten Weise konkret zuzuordnen. Woher die jeweiligen Täter kamen, wer sie waren und von welchem Stützpunkt der PKK aus sie agierten, lässt sich den genannten Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Der Kläger selbst hat sich in allgemeiner Form dahingehend eingelassen, er sei an terroristischen Aktivitäten nicht beteiligt gewesen, sondern habe lediglich an Mann-zu-Mann-Kämpfen gegen türkische Militärs mitgewirkt. Schwerwiegende Gründe für die Annahme zumindest einer „sonstigen Beteiligung“ i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG an solchen Taten erfordern zwar keinen vollen strafrechtlichen Nachweis einer Beteiligung, jedenfalls aber die Darlegung klarer und glaubhafter Indizien für eine Begehung solcher, im Rahmen des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG auch konkret zu benennender Straftaten in dem räumlich-organisatorischen Einflussbereich des betreffenden Antragstellers zum Zeitpunkt der jeweiligen Tat. Davon entbindet auch nicht eine Vermutung zugunsten einer individuellen Verantwortlichkeit für Handlungen der Organisation aufgrund einer hervorgehobenen Position des Antragstellers. Anhaltspunkte für eine tatsächliche Verbindung der Aktivitäten des Klägers im damaligen Zeitraum zu einzelnen von der PKK begangenen, in Erkenntnisquellen nachgewiesenen schweren nichtpolitischen Straftaten sind für den Senat aber nicht erkennbar, zumal kein Strafurteil vorliegt und der Kläger nichts Entsprechendes vorträgt. Auch aufgrund der vom Kläger eingeräumten allgemeinen Vorgehensweise der bewaffneten Proviantbeschaffung aus Dörfern im Südosten der Türkei lässt sich seine Beteiligung an einer konkreten, schweren nichtpolitischen Straftat nach den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ableiten, zumal der Kläger angegeben hat, es sei dabei niemals zu einem tatsächlichen Waffeneinsatz gegenüber der Dorfbevölkerung gekommen.
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Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger ist jedoch nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG ausgeschlossen. Die für den Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG maßgeblichen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen werden in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt (vgl. EuGH, a.a.O.). In der Präambel wie in Art. 1 der Charta wird das Ziel formuliert, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Kapitel VII der Charta (Art. 39 bis 51) regelt die zu ergreifenden Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen. Nach Art. 39 der Charta obliegt dem Sicherheitsrat die Feststellung, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass der Sicherheitsrat, indem er Resolutionen aufgrund von Kapitel VII der Charta beschließt, nach Art. 24 der Charta die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist. Das schließt die Befugnis des Sicherheitsrats ein zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt (EuGH, Urt. der Großen Kammer vom 03.09.2008 - C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat - Slg. 2008 Rn. 294). Zu den Akten der Vereinten Nationen, die entsprechend dem 22. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen konkretisieren, gehören auch die Resolutionen 1373 (2001) und 1377 (2001) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, denen die Auffassung des Sicherheitsrates zu entnehmen ist, dass Handlungen des internationalen Terrorismus allgemein und unabhängig von der Beteiligung eines Staates diesen Zielen und Grundsätzen zuwiderlaufen. Daher kann der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 12 Abs. 2 Ziff. c der Qualifikationsrichtlinie auch auf eine Person als nichtstaatlichen Akteur angewendet werden, wenn sie im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu einer im Anhang des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union 2001/931 aufgeführten Organisation an terroristischen Handlungen mit einer internationalen Dimension beteiligt war (vgl. EuGH, Urt. v. 09.11.2010, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 31.03.2011 - 10 C 2/10, Juris Rn. 38, sowie Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 -, Juris Rn. 28, und - 10 C 27.10 -, Juris Rn. 22; OVG NRW, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A -, Juris).
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Der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG setzt, anders als dessen Nr. 2, nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus, da nach den einschlägigen UN-Resolutionen Handlungen des Terrorismus allgemein und unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen. Somit können von diesem Ausschlussgrund auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Dennoch ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, a.a.O. Rn. 39 bzw. 33).
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Nach diesen Maßstäben liegen Anhaltspunkte von erheblichem Gewicht dafür vor, dass der Kläger während seiner Tätigkeit für die PKK Handlungen im Sinne des Ausschlussgrundes des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG im Zeitraum von seinem Beitritt 1996 bis zum Inkrafttreten des einseitigen Waffenstillstandes 1999 jedenfalls durch „Beteiligung in sonstiger Weise“ verwirklicht hat. Die PKK ist nach gesicherter obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. V. 30.03.1999 – 9 C 23/98 -, BVerwGE 109, 12; Urt. v. 15.03.2005 – 1 C 26/03 -, BVerwGE 123, 114; Beschl. v. 07.12.2010 - 1 B 24/10 -, Juris; Vorlagebeschluss an den EuGH v. 25.11.2008 – 10 C 46/07 -, NVwZ 2009, 592; BGH, Urt. v. 28.10.2010 – 3 StR 179/10, BGHSt 56, 28; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.07.2010 - 11 S 541/10 -, ZAR 2010, 329, Juris Rn. 34 ff.) wie auch nach der Einstufung der Europäischen Union (vgl. zuletzt Beschuss 2011/70/GASP des Rates vom 31.01.2011, ABl. L 28/57, Anhang Ziff. 2.16) gerade aufgrund von Gewalttaten gegenüber der Zivilbevölkerung als terroristische Organisation zu bewerten (vgl. bereits Senatsurt. v. 01.09.2011 - 4 LB 11/10 -). Ihre Handlungen weisen aufgrund ihrer langjährigen und auch in dem hier relevanten Zeitraum bis 1999 geübten gewalttätigen Vorgehensweise in mehreren europäischen Staaten (vgl. nur zur Gewaltausübung in der Bundesrepublik OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.06.2000 - 8 A 609/00 -, InfAuslR 2001, 29 ff., Juris Rn. 35 ff.; KG Berlin, Urt. v. 23.01.2008 - (1) 2 StE 6/07 - 6 (6/07), Juris Rn. 30 ff.) eine internationale Dimension auf, die Voraussetzung für den Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung für Repräsentanten nichtstaatlicher Akteure ist (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 07.07.2011 - 10 C 26.10 und 10 C 2710 C 27.10 -, a.a.O., Rn. 28 bzw. 22). Terroristische Aktivitäten einer Organisation liegen jedenfalls dann vor, wenn sie gemeingefährliche Mittel einsetzt und zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verübt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.12.2010 - 1 B 24/10 -, Juris; Urt. v. 14.10.2008 - 10 C 48.07 - Rn. 20; BayVGH, Urt. v. 21.10.2008 - 11 B 06.30084 -, Juris Rn. 48 ff.). In der Resolutionspraxis der Vereinten Nationen werden als unbeteiligte, „unschuldige“ Personen, die Opfer von Taten im Sinne des gesicherten Kernbereichs terroristischer Handlungen einer Organisation geworden sind, jedenfalls Personen verstanden, die sich weder als Kombattanten an einem bewaffneten Konflikt beteiligen noch Repräsentanten des staatlichen Systems sind oder als solche wahrgenommen werden können (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 48 m.w.N.). Ob im Gegenschluss die Beteiligung an bewaffneten Angriffen auf staatliche Sicherheitskräfte aus dem Bereich von Handlungen entgegen den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG auszugrenzen ist, folgt hieraus noch nicht zwingend, kann vorliegend jedoch offen bleiben.
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Wie oben dargelegt, sind für den hier interessierenden Zeitraum von 1996 bis 1999 Terrorakte gegen unbeteiligte Zivilisten nachgewiesen. Der Kläger hat durch seine vielfältigen Aktivitäten zugunsten der PKK in diesem Zeitraum jedenfalls individuelle Beiträge im Sinne von Unterstützungshandlungen im Vorfeld terroristischer Akte geleistet, indem er unmittelbar an bewaffneten Auseinandersetzung jedenfalls mit Sicherheitskräften beteiligt war, darüber hinaus durch Munitionsbeschaffung und Zuführung von Kämpfern Aktionen der Organisation vorbereitete und unterstützte, logistische Tätigkeiten wie die Vorbereitung des Winterlagers und die bewaffnete Beschaffung von Proviant und Alltagsgegenständen für die jeweiligen Einheiten ausübte. Die Angaben des Klägers zur Proviantbeschaffung stimmen mit der Erkenntnislage überein, wonach solche Sammlungen auch im relevanten Zeitraum regelmäßig mit massiven Pressionen gegenüber den um Proviant angegangenen Zivilisten einhergingen (vgl. z.B. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.09.1999, S. 18 sowie v. 18.09.1998, S. 7). Durch seine aktiven Beiträge hat er auch die gewaltsamen Aktionsmöglichkeiten der Organisation gegenüber der Zivilbevölkerung abgesichert und ermöglicht. Dabei schlägt sein individueller Beitrag in Form der Teilnahme am bewaffneten Kampf in wertendem Vergleich mit dem Gewicht der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 AsylVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.07.2011, a.a.O. Rn. 39 bzw. 33) besonders stark zu Buche. Bereits seine eigenen Angaben stellen hinreichend schwer wiegende Gründe für die Annahme dar, dass der Kläger selbst zumindest eine beihilfeähnliche Unterstützung in Bezug auf die Tötung von Menschen im Verlauf von Aktionen der PKK geleistet hat, die jedenfalls zum Teil auch als Angriffshandlungen und nicht lediglich als Verteidigung gegen Angriffe türkischer Sicherheitskräfte unternommen wurden. Der Kläger hatte im Asylverfahren vor dem Bundesamt angegeben, „Aktionen“ mit vorbereitet und in vielfältige „Kämpfe“ verwickelt gewesen zu sein, ohne diese als Verteidigungshandlungen zu kennzeichnen. Sofern seine Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass man sich bei Angriffen auch verteidige, wenn man eine Waffe in der Hand habe, mittelbar darauf zielen sollten, eine eigene Beteiligung an Angriffshandlungen auszuschließen, nimmt der Senat dem Kläger diese Einschränkung nicht ab. Sie wäre angesichts der aus den oben genannten Erkenntnismitteln ersichtlichen offensiven Vorgehensweise der PKK in dem Zeitraum vor August/September 1999 für einen in der PKK mehrere Jahre lang aktiv tätigen Kämpfer auch nicht zu realisieren gewesen. Zudem hatte der Kläger die Position des einfachen Kämpfers mit seinem Aufstieg zum stellvertretenden Gruppenkommandanten 1999 bereits verlassen. Allerdings hat sich seine schriftsätzliche Angabe zu Beginn des Asylverfahrens, er sei stellvertretender Kommandant eines PKK-Lagers gewesen, nach den insoweit glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht bestätigen lassen. Der Senat geht daher nicht davon aus, dass eine individuelle Verantwortung des Klägers für PKK-Taten aufgrund einer herausgehobenen Funktion vermutet werden kann.
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Insgesamt kommt nach alledem den Unterstützungshandlungen des Klägers für den bewaffneten Kampf der Organisation bei wertender Gesamtbetrachtung ein der Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entsprechendes Gewicht zu.
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Hat der Kläger durch seine Aktivitäten zugunsten der PKK einen Ausschlussgrund i.S.d. § 3 Abs. 2 AsylVfG verwirklicht, so ist er über § 30 Abs. 4 AsylVfG gleichermaßen von der Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen. Danach ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen. Mit dieser Norm ist der deutsche Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur innerstaatlichen Umsetzung von Art. 3, 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG nachgekommen, die der Gewährung eines mit der Rechtsstellung des Flüchtlings im Sinne der Qualifikationsrichtlinie verwechselbaren Schutzstatus bei Eingreifen eines Ausschlusstatbestandes für die Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen. Eine solche Verwechslungsgefahr ist bei der derzeitigen einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Status eines Asylberechtigten nach Art. 16 a GG zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011, a.a.O. Rn. 50 ff.; Urt. v. 07.07.2011, a.a.O., Rn. 33 ff. bzw. 23 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.03.2011 - 11 A 1439/07.A -, Juris Rn. 117 ff., 120). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstreckung des Ausschlussgrundes für die Flüchtlingsanerkennung auf die Anerkennung als Asylberechtigter bestehen unabhängig davon, ob damit die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden verfassungsimmanenten Grenzen des Asylrechts im Hinblick auf den Terrorismusvorbehalt zutreffend nachgezeichnet werden, so lange nicht, wie die Rechtsprechung des EuGH einen wirksamen Grundrechtsschutz auch in Bezug auf das Asylrecht gewährleistet. Davon ist derzeit angesichts der Gewährleistung des Asylrechts in Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der dem Schutzstandard der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichteten Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie auszugehen mit der Folge, dass wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gegenüber nationalem Recht die Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie auch in Bezug auf das Grundrecht aus Art. 16 a GG auf Asyl beachtlich sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.2011, a.a.O., Rn. 54 sowie Urt. v. 07.07.2011, a.a.O., Rn. 33 bzw. 27).
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Die Berufung war daher mit den sich aus § 83b AsylVfG und § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolgen zurückzuweisen.
- 55
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 56
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die 1981 in C. geborene Klägerin ist aserbaidschanische Staats- und Volksangehörige und muslimischer Religionszugehörigkeit. Sie reiste ihren eigenen Angaben zufolge mit einem Schengen Visum am 23. Juni 2012 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 27. Juni 2012 ihre Anerkennung als Asylberechtigte in O. .
3Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 8. August 2012 machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie käme aus einer Familie von Oppositionellen und sei nach ihrem Medizinstudium Mitglied der N. -Partei geworden. Anlässlich einer Kundgebung am 22. April 2012 sei sie von zwei Sicherheitsbeamten massiv geschlagen worden. Am Folgetag habe sie sich ins Krankenhaus begeben müssen. Sie habe zahlreiche Blutergüsse gehabt und ihre Nase sei gebrochen gewesen. Diese sei erst später am 16. Mai 2012 operiert worden. Während dieser Zeit habe sie sich vom Dienst als °°°°ärztin im Krankenhaus beurlauben lassen, da sie Angst gehabt habe, ihre Arbeitsstelle zu verlieren wenn ihre Demonstrationsteilnahme dort bekannt geworden wäre. Kurz nach der Kundgebung habe sie eine Vorladung für den 28. April 2012 erhalten, zu der sie auch erschienen sei. Dort sei sie von dem Vernehmer massiv bedroht worden, insbesondere mit dem Vorwurf man werde eine von ihr begangene Straftat fingieren. Desweiteren legte die Klägerin beim Bundesamt eine ärztliche Stellungnahme der städtischen Poliklinik Nr. ° der Stadt C. über eine dort am 23. April 2012 erfolgte Erstversorgung wegen einer Nasenfraktur und blauer Flecke um die Augen vor, einen Zeitungsartikel vom 20. Juni 2012, aus dem unter Verwendung ihres Namens und eines Fotos ihres verletzten Gesichts über ihre Demonstrationsteilnahme und die dort erlittene Misshandlung berichtet werde, einen Bericht einer online-Zeitung vom 26. Dezember 2012 demzufolge nach der Klägerin gesucht werde und die Kopie zweier polizeilicher Vorladungen.
4Mit Bescheid vom 13. März 2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen und forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Aserbaidschan zur Ausreise auf.
5Dagegen hat die Klägerin am 3. April 2013 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihren Vortrag aus der Anhörung vertieft und unter Vorlage einer Mitgliedsbescheinung der N. -Partei und Bestätigung ihrer diesbezüglichen Aktivitäten sowie der Kopie einer parteilichen Auszeichnung und einer Bescheinigung des aserbaidschanischen Komitees gegen Folterungen ergänzend vorgetragen neben der in der Anhörung erwähnten Demonstrationsteilnahme auch an weiteren regimekritischen Aktivitäten teilgenommen zu haben.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2013 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
8hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2013 zu verpflichten, ihr subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen,
9hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2013 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans besteht.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Klage abzuweisen.
12Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die angefochtene Entscheidung.
13Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes zur Echtheit der beiden vorgelegten polizeilichen Vorladungen und der vorgelegten Bestätigung der N. Partei vom 18. Juli 2013 sowie durch Zeugenvernehmung der Mutter der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 9. Dezember 2014 und 30. März 2015 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2015 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 22. April 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind.
16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 13. März 2013 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO.
17Die Klägerin hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
18Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt in diesem Sinne ist derjenige, dessen Leib, Leben oder persönliche Freiheit in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, an seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (sog. asylerhebliche Merkmale), gefährdet oder verletzt werden. Es muss sich um gezielte Rechtsverletzungen handeln, die den Einzelnen ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Ob eine in diesem Sinne spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines Asylmerkmales erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der objektiv erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen. Die Verfolgungsmaßnahme kann dem Einzelnen oder einer durch ein asylerhebliches Merkmal gekennzeichneten Gruppe – und dort allen Gruppenmitgliedern oder dem Einzelnen wegen seiner Gruppenzugehörigkeit – gelten.
19Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, BVerfGE 74, 51 ff., vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 -, BVerfGE 80, 315 (333 ff.) und vom 23. Januar 1991 - 2 BvR 902/85, 515 u. 1827/89 -, BVerfGE 83, 216 ff. = InfAuslR 1991, 200 ff.; Bergmann/Dienelt/Röseler, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 16a GG RdNrn. 40 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2008, RdNrn. 1625 f., 1629 ff.; Marx, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2009, § 1 RdNrn. 12 ff., 52 ff.
20Politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG ist dabei grundsätzlich staatliche Verfolgung. Die Verfolgung muss daher von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgehen, der der Verletzte unterworfen ist („unmittelbare staatliche Verfolgung“). Asylrechtsrelevante Verfolgung kann allerdings auch von Vereinigungen ausgehen, die Machtbefugnisse und Einflüsse in einem Umfang ausüben, die letztendlich hoheitlicher Gewaltausübung entsprechen („quasi-staatliche“ oder „staatsähnliche“ Stellung). Darüber hinaus kommen auch Verfolgungsmaßnahmen Dritter als politische Verfolgung in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind („mittelbare staatliche Verfolgung“). Eine von nichtstaatlicher Seite, also insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen, ausgehende Verfolgung wird dabei dem Staat zugerechnet, wenn er die Verfolgung billigt oder fördert, ferner, wenn er nicht willens oder – trotz vorhandener Gebietsgewalt – nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe zu schützen.
21Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 24. März 1995 - 9 B 747.94 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 177; Bergmann/Dienelt/Röseler, a.a.O., Art. 16a GG RdNrn. 34 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1627 f.; Marx, a.a.O., § 1 RdNrn. 21 ff.
22Da das Asylgrundrecht darauf gerichtet ist, dem vor politischer Verfolgung Flüchtenden Zuflucht und Schutz zu gewähren, setzt es ferner grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus („Vorverfolgung“). Nachfluchtgründe können demgemäß nur eingeschränkt Berücksichtigung finden, vgl. § 28 Abs. 1 AsylVfG.
23Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. November 1986 - 2 BvR 1058/85 -, a.a.O., und vom 1. Dezember 1993 - 2 BvR 1119/93 -; Bergmann/ Dienelt/Röseler, a.a.O., Art. 16a GG RdNrn. 49 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1634 f.
24Selbst bei Vorliegen sämtlicher der vorgenannten Voraussetzungen ist der Anspruch auf Schutzgewährung nach Art. 16a Abs. 1 GG allerdings ausgeschlossen, wenn dem Asylbewerber eine zumutbare inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht. Zumutbar ist eine Fluchtalternative dabei dann, wenn der Asylsuchende an dem betreffenden Ort verfolgungssicher ist und ihm dort auch ansonsten keine Gefahren drohen. Insbesondere muss dort sein wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet sein. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Nicht mehr zumutbar ist die Fluchtalternative demgegenüber dann, wenn der Asylsuchende an dem verfolgungssicheren Ort bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 1 B 128.02, 1 PKH 24.02 -, InfAuslR 2002, 455 f.; Bergmann/Dienelt/Röseler, a.a.O., Art. 16a GG RdNrn. 66 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1641 ff.; Marx, a.a.O., § 1 RdNrn. 60 ff.
26Die vom Gericht anzustellenden Prognoseerwägungen haben sich dabei an folgenden Maßstäben zu orientieren: Hat der Asylsuchende das Schicksal politischer Verfolgung schon einmal erlitten, besteht Anspruch auf Asyl bereits dann, wenn an seiner Sicherheit vor erneut einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat ernstliche Zweifel bestehen, d. h. die Möglichkeit abermals einsetzender Verfolgung nicht ganz entfernt erscheint („herabgestufter Prognosemaßstab“). Ist der Asylbewerber hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Anerkennung nur, wenn ihm auf Grund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht („gewöhnlicher Prognosemaßstab“). Dazu reicht es nicht aus, wenn eine Verfolgung nur im Bereich des Möglichen liegt; vielmehr müssen bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Sachverhalts die für eine landesweite politische Verfolgung bei Rückkehr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht als die dagegen sprechenden Tatsachen besitzen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände die Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dabei ist die Schwere des befürchteten Eingriffs in die Betrachtung einzubeziehen.
27Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Juli 1987 - 2 BvR 467, 992/86 -, BVerfGE 76, 143, 167, und vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/87 u. a. -, BVerfGE 80, 315, 333 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1990 - 9 C 60.89 -, BVerwGE 87, 52 (53); Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1636 ff.; Marx, a.a.O., § 1 RdNrn. 67 ff.
28Die asylbegründenden Tatsachen müssen zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden. Für den Nachweis des individuellen Schicksals in der Heimat, aus dem der Asylbewerber seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet, genügt wegen der häufig bestehenden sachtypischen Beweisschwierigkeiten in der Regel eine Glaubhaftmachung. Dazu reicht auch in tatsächlich zweifelhaften Fällen ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit aus, der Zweifeln schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind. Insoweit kommt naturgemäß dem persönlichen Vorbringen des Asylbewerbers besondere Bedeutung zu. Der Asylbewerber ist gehalten, seine Gründe für das Vorliegen einer politischen Verfolgung schlüssig mit genauen Einzelheiten vorzutragen. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine substantiierte, im Wesentlichen widerspruchsfreie und nicht wechselnde Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch zu tragen.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. März 1983, - 9 C 68.81 -, Buchholz 402.24 § 28 AuslG, Nr. 44, vom 16. April 1985 - 9 C 109.84 -, InfAuslR 1985, 244 (245 f.), und vom 12. November 1985 - 9 C 27.85 -, InfAuslR 1986, 79, sowie Beschlüsse vom 21. Juli 1989 - 9 B 239.89 -, NVwZ 1990, 171, und vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, NVwZ-RR 1990, 379 (380).
30Gemessen an diesen Vorgaben ist im vorliegenden Fall eine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG nicht festzustellen. Die Klägerin beruft sich im Kern darauf, im Zusammenhang mit einer Teilnahme an einer Demonstration im April 2012 in den Fokus der aserbaidschanischen Sicherheitskräfte geraten zu sein und bei einem Verhör wegen ihrer Demonstrationsteilnahme im April 2012 Opfer von sexuellen Übergriffen geworden zu sein. Ausreiseursächlich sei dann der Erhalt einer weiteren Vorladung zu einem erneuten Verhör im Juni 2012 auf derselben Polizeidienststelle durch denselben Ermittler gewesen. Diesen geschilderten Geschehensablauf hält die Einzelrichterin für in wesentlichen Teilen unglaubhaft.
31Die Einzelrichterin geht auf Grund des gewonnenen Gesamteindrucks nach ausführlicher Befragung der Klägerin in drei mündlichen Verhandlungsterminen davon aus, dass die Klägerin im Zusammenhang mit einer Demonstration am 22. April 2012 von Sicherheitskräften so massiv geschlagen wurde, dass sie sich deshalb in ärztliche Behandlung begeben musste. Dieses Geschehen hat die Klägerin äußerst detailreich und widerspruchsfrei geschildert. Dem von der Klägerin vorgelegten Ausschnitt aus der Zeitung H. vom 20. Juni 2012, in dem über ihre Teilnahme an der Demonstration unter Verwendung eines Fotos berichtet wird, misst die Einzelrichterin hingegen zum Nachweis der Teilnahme keinerlei Beweiswert zu, da dieser Artikel in anderen Teilen erkennbar nicht den Tatsachen entspricht. In diesem Zeitungsartikel wird ebenfalls über die Teilnahme der Tante der Klägerin an der Demonstration berichtet, obwohl diese nach ihrem eigenen Bekunden im Asylverfahren und den Angaben der Klägerin gar nicht an dieser Demonstration teilgenommen hat. Auf die Frage, wie dieser Artikel entstanden ist, vermochte die Klägerin auch keine überzeugende Antwort zu geben, sondern hat sich darauf beschränkt zu behaupten, dass sei nicht ihre Schuld. Das habe der Korrespondent so geschrieben.
32Den weiteren, bis zur Ausreise am 23. Juni 2012, geschilderten Geschehensablauf hält die Einzelrichterin indes wegen zahlreicher Widersprüche für durchgreifend unglaubhaft, sodass nicht davon auszugehen ist, dass der Klägerin im Rückkehrfall wegen dieser Demonstrationsteilnahme seitens des aserbaidschanischen Staates heute noch etwas droht. Erhebliche Zweifel bestehen bereits, ob die Klägerin überhaupt, wie von ihr behauptet, Mitglied der N1. Partei war. Schon bei bloßer Inaugenscheinnahme der Bescheinigung der N1. Partei vom 18. Juli 2013 fällt auf, dass diese Bescheinigung in Aufmachung und Wortwahl exakt der von der Tante der Klägerin in deren Asylverfahren vorgelegten Bestätigung der N1. Partei entspricht. Zudem wird der Klägerin in dieser Bescheinigung unter anderem eine Teilnahme an einer Demonstration am 2. April 2011 und nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, im April 2012 bestätigt. Erst in einer später vorgelegten Bescheinigung der N1. Partei nach Durchführung der ersten mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2014 findet die angeblich das spätere ausreiseursächliche Geschehen auslösende Demonstrationsteilnahme der Klägerin am 22. April 2012 Erwähnung. Dieser Eindruck wird durch die Auskunft des Auswärtigen Amtes bestätigt. Zu der vorgelegten Bescheinigung der N1. Partei vom 18. Juli 2013, führt das Auswärtige Amt in seiner eingeholten Auskunft vom 9. Dezember 2014 aus, dass die Echtheit dieser Bescheinigung nicht bestätigt werden könne und die Klägerin im Übrigen weder dem Parteivorsitzenden noch anderen aktiven Mitgliedern der Partei persönlich bekannt sei. Die Einzelrichterin hat keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Auskunft. Aus anderen Asylverfahren ist bekannt, dass das Auswärtige Amt über entsprechende Kontakte zu Mitgliedern der N1. Partei verfügt, da in anderen Fällen nach Recherche oftmals eine Mitgliedschaft und sogar konkrete Parteiaktivitäten bestätigt werden konnten. Anhaltspunkte aus welchen Gründen die Partei eine Mitgliedschaft der Klägerin leugnen sollte, wo sie eine Mitgliedschaft der Tante der Klägerin offensichtlich bestätigt hat, sind weder geltend gemacht noch sonst erkennbar. Soweit die Klägerin dem nur entgegenhält, es könne nicht sein, dass sie bei der N1. Partei nicht bekannt sein, da ihre Mutter persönlich mit dem aktuellen und dem ehemaligen Parteivorsitzenden bekannt sei, ist darauf hinzuweisen, dass aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes lediglich hervorgeht, dass die Klägerin dort nicht persönlich bekannt ist. Inwieweit die Mutter und Schwester der Klägerin für die N1. Partei aktiv sind, was nicht Gegenstand der Anfrage an das Auswärtige Amt. Den Angaben der Mutter der Klägerin bei ihrer Vernehmung als Zeugin zu einer Mitgliedschaft der Klägerin in der N1. Partei und Aktivitäten der Klägerin für diese Partei sowie die Behauptung, ihre jüngere Tochter, die Klägerin, müsse dem Parteivorsitzenden bekannt sei, weil sie ihre beiden Töchter von Kindheit an mit zu Parteiveranstaltungen genommen habe, glaubt die Einzelrichterin nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zeugin ihrer Tochter im Asylverfahren hilfreich sein wollte, was besonders bei ihrer Zeugenbekundung zu dem angeblich ausreisursächlichen Kerngeschehen nach der Demonstrationsteilnahme erkennbar wird, da sie dieses dramatisch gesteigert schildert. Auch auf den von der Zeugin mitgebrachten Fotografien mit dem ehemaligen Parteivorsitzenden H1. ist die Klägerin niemals zu sehen. Der Versuch der Klägerin dies damit zu erklären, dass ihre Mutter und Schwester die Aktiveren gewesen seien, die Fotos auch von Dritten aufgenommen worden seien und ihr nie so wichtig gewesen sei, auf diesen Aufnahmen zu erscheinen, überzeugt nicht ansatzweise. Auf den vorgelegten Fotos, Blatt °°°° der Gerichtsakte, ist deutlich erkennbar, dass es sich um Fotos handelt, die bei offiziellen Anlässen gefertigt wurden und sich die Betreffenden -teilweise mit Flugblättern- in Position gestellt haben. Die Frage der Parteimitgliedschaft konnte letztlich offenbleiben. Da es nach der Auskunftslage unwahrscheinlich ist, dass eine Person allein wegen ihrer Aktivitäten für die legale Oppositionspartei N1. Repressalien seitens der Behörden oder Sicherheitskräfte ausgesetzt ist.
33Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Bayreuth vom 18. März 2011.
34Den weiteren von der Klägerin geschilderten Geschehensablauf nach der Demonstrationsteilnahme im April 2012 bis zur Ausreise hält die Einzelrichterin wegen zahlreicher Unstimmigkeiten und Widerspüche für durchgreifend unglaubhaft. Von der Klägerin, einer Hochschulabsolventin und berufstätigen Ärztin wäre zu erwarten gewesen, dass sie in der Lage gewesen wäre, den konkreten Geschehensablauf bis zur Ausreise chronologisch zu schildern. Dazu war die Klägerin indes nicht in der Lage, sondern hat sich häufig auf vage Formulierungen zurückgezogen oder behauptet, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Beispielsweise vermochte sie nicht anzugeben, wann sie nach ihrer Nasenoperation wieder angefangen hat zu arbeiten. Den Termin der Nasenoperation hingegen vermochte sie genau anzugeben. Ausreiseursächlich soll nach dem Vortrag der Klägerin eine Vorladung zur Polizei für den 27. Juni 2012 gewesen sein, weil sie befürchtet habe, wieder Opfer sexueller Übergriffe seitens der sie verhörenden Polizisten zu werden wie bei einem vorangegangenen Verhör am 28. April 2012 und/oder ihr werde eine Straftat „untergeschoben“. Zum Beweis dafür legte die Klägerin zwei Vorladungen vor. Die Einzelrichterin glaubt jedoch weder, dass es ein erstes Verhör am 28. April 2012 gab noch, dass ein weiteres Verhör für den 27. Juni 2012 anstand. Bereits der Vortrag der Klägerin, wie sie in den Besitz dieser Vorladungen gekommen sein will, ist widersprüchlich. Während sie zunächst angegeben hatte, die Vorladungen seien mit der Post gekommen, hat sie später behauptet, die Polizei sei zweimal bei ihr zu Hause gewesen, um die Vorladungen vorbei zu bringen. An anderer Stelle hingegen hat sie von der angeblich ausreiseursächlichen zweiten Vorladung gar nichts berichtet, sondern auf mehrfache gerichtliche Nachfrage, ob zwischen ihrer Nasenoperation Mitte Mai 2012 und ihrer Ausreise noch etwas passiert sei, angegeben, es sei nur auf ihrer Arbeitsstelle angerufen worden. Die als Zeugin vernommene Mutter der Klägerin hat hingegen die angeblichen Vorfälle im Anschluss an die erste Vorladung, die die Mutter übrigens auf den 24. oder 25. April 2012 datiert hat, erkennbar in dem Bemühen ihrer Tochter zu helfen, dramatisch gesteigert und bekundet, die Polizei sei häufiger zu ihnen nach Hause gekommen. Manchmal sei ihre Tochter zugegen gewesen, manchmal sei sie nicht zu Hause gewesen. Zum Teil hätten sie schriftliche Ladungen mitgebracht, zum Teil hätten sie die Tochter nur mündlich vorgeladen. Auffällig ist, dass - ähnlich wie bei der Bestätigung der N2. - die Klägerin und ihre Tante wiederum zwei ‑ sich nur in den Namen der Vorgeladenen und des Vorladungsdatums unterscheidende - Vorladungen vorgelegt haben. Ohne dass es darauf im vorliegenden Zusammenhang ankäme, erscheint auch wenig plausibel, dass sowohl die Tante als auch die Klägerin selbst auf ein Polizeirevier in O. vorgeladen worden sein sollen, obwohl weder die Tante noch die Klägerin in diesem Vorort wohnen, beide wohnen sogar in verschiedenen Stadtbezirken, und auch die Demonstration nicht in diesem Vorort stattgefunden hat. Die Erklärung der Klägerin dazu, die sie bei der Demonstration misshandelnden Sicherheitskräfte seien aus O. gewesen, könnte bestenfalls die Vorladung der Klägerin nach O. plausibel erscheinen lassen, jedoch nicht die ihrer Tante, die gar nicht an der Demonstration teilgenommen hat. Entscheidende Bedeutung misst die Einzelrichterin indes der zur Echtheit der vorgelegten Vorladungen eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes bei, wonach die Echtheit nicht bestätigt werden konnte. Das Auswärtige Amt hat in seiner Auskunft vom 9. Dezember 2014 und einer weiteren ergänzenden Auskunft vom 30. März 2015 nachvollziehbar ausgeführt, wie es zu dieser Einschätzung gelangt ist. In dem Text der Vorladungen wird eine Abteilung der Polizeibehörde O. genannt, die so nicht existiert. Es handelt sich bei der Bezeichnung Untersuchungs- und Ermittlungsabteilung der Bezirkspolizeibehörde O. vielmehr um die Kombination zweier eigenständiger Abteilungen, die auch jeweils unterschiedliche leitende Ermittler haben. Weder die Tante noch die Klägerin befinden sich der eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes zur Folge unter den Personen, gegen die die Polizeidienststelle des O. S. im Jahre 2012 ermittelt hat. Der Einwand der Klägerin, sie sei über diese Auskünfte schlicht empört. Bei ihrer Vorlage sei sie davon ausgegangen, dass diese einer Überprüfung standhielten, sie habe gar keine Möglichkeit an gefälschte Haftbefehle zu gelangen, vermag das die Zuverlässigkeit der Auskunft des Auswärtigen Amtes genau so wenig in Frage zu stellen wie die pauschale Kritik, dass das Auswärtige Amt seine Quellen nicht benenne. Das erscheint dem Gericht vor dem Hintergrund des Schutzes der jeweiligen Informanten in den Herkunftsländern durchaus vertretbar.
35Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – einem Ausländer dann internationaler Schutz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen.
36Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, vom 10. Mai 2011 - 3 A 133/10.A -, vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A ‑, und vom 3. November 2014 - 18 A 2638/07.A -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen und unter maßgeblicher Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.
37Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) - sog. Qualifikationsrichtlinie - privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
38Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11.09 -, vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, und vom 1. Juni 2011 - 10 C 10.10 u. 10 C 25.10 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 352/09 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 -.
39Im Übrigen folgt aus den in Art. 4 RL 2011/95/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu muss er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht.
40Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 RL 2004/83/EU: OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -.
41Ausgehend von diesen Grundsätzen steht der Klägerin kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG zu. Die Klägerin wurde – wie sich aus den Ausführungen zum Asyl ergibt – nicht wegen eines flüchtlingsrelevanten Merkmals in Aserbaidschan verfolgt.
42Der Klägerin ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylVfG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist Schutz zu gewähren. Bei der Prüfung, ob der Klägerin im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, gilt ebenfalls der oben dargelegte Prüfungsmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
43Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Gefahr ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den dem Gericht aktuell vorliegenden Erkenntnissen über die Situation in ihrem Heimatland.
44Auch die Voraussetzungen eines (zielstaatsbezogenen) Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG vermag das Gericht nicht festzustellen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.