Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 17. Aug. 2015 - 6 K 3872/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
1
Der 1989 geborene Kläger erwarb im Juni 2008 in N. seine Hochschulzugangsberechtigung mit der Durchschnittsnote von 2,4. Anschließend nahm er ein Studium der Biochemie in N. auf, wechselte jedoch später zum Studiengang Maschinenbau, den er in L. , später in E. belegte. Auch dieses Studium hat er bislang nicht abgeschlossen.
2Im Mai 2014 nahm der Kläger am Test für medizinische Studiengänge (TMS) teil und erreichte einen Testwert von 102, entsprechend einem Notenäquivalent von 1,9.
3Am 11. Juni 2014 bewarb der Kläger sich bei der Beklagten um einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin für das Wintersemester 2014/15. Dabei gab er an, er wünsche eine Teilnahme an der Auswahl in der Wartezeitquote und im Auswahlverfahren der Hochschulen. Zudem stellte er einen Härtefallantrag, zu dessen Begründung er sich auf die im Bewerbungsformular der Beklagten benannte Fallgruppe 1.4 („Notwendigkeit der Aufgabe des bisherigen Studiums oder des bisherigen Berufs aus gesundheitlichen Gründen; eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit ist aus diesen Gründen nicht möglich“) bezog und ausführte: Er leide seit einigen Jahren an einer Depression, die durch die Krebserkrankung und den Tod seines Vaters (2006) ausgelöst worden sei. Er habe seine bisherigen Studiengänge gewählt, weil sein Vater als Chemiker in der Industrie tätig gewesen sei und er, der Kläger, gedacht habe, das sei auch etwas für ihn. Wirkliche Begeisterung habe er dafür aber nie empfunden; die Depression habe sich verstärkt. Erst als er sich in psychotherapeutische Behandlung begeben habe, habe er seine Studienwahl erstmals unabhängig von seinem verstorbenen Vater betrachten können und festgestellt, dass ein Medizinstudium zu seinen persönlichen Interessen passen würde. Er sei davon überzeugt, dass seine Depression ausheilen werde, wenn er gleich mit dem Studium beginnen könne. Andernfalls befürchte er, erneut in eine depressive Phase abzurutschen.
4Dem Härtefallantrag beigefügt war eine Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und für Psychotherapeutische Medizin Dr. X. aus N. vom 5. Juni 2014. Der Fachärztin zufolge ist der Kläger seit Juli 2013 wegen einer schweren Depression in ihrer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung. Im Laufe der zehnmonatigen Behandlung sei es zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes gekommen, wobei depressive Symptome immer noch bestünden. Zur Genese der Erkrankung sei zu sagen, dass der Kläger eine sehr enge Beziehung zu seinem Vater gehabt habe. Nach dessen Tod habe der Kläger in der Schule „noch einigermaßen funktionieren können“. Anschließend sei es dann psychisch immer mehr bergab gegangen. Bei seiner Studienwahl habe er versucht seinem Vater nahe zu sein und ein Maschinenbaustudium begonnen. Er habe am Studium aber keinerlei Freude oder Interesse empfunden. Als er in die Behandlung gekommen sei, hätte er schon längere Zeit keine Veranstaltung mehr besucht und sich völlig in sein Zimmer im Elternhaus zurückgezogen. Im Laufe der Behandlung sei klar geworden, dass der eigentliche Berufswunsch „Arzt“ ist, was immer mehr in den Mittelpunkt getreten sei, nachdem der Kläger nun nicht mehr darauf angewiesen sei, „für den Vater Maschinenbau zu studieren“. Es wäre eine große Härte, wenn der Kläger nicht unverzüglich mit dem Studium beginnen könnte, zumal er schon viele Jahre aus psychisch gut nachvollziehbaren Gründen mit einem für ihn sinnlosen Studium vergeudet habe. In diesem Falle sei mit einer Verschlechterung der depressiven Erkrankung zu rechnen.
5Mit Bescheid vom 14. August 2014 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag mit der Begründung ab, der Kläger habe mit einer Wartezeit von einem Halbjahr die Auswahlgrenze nicht erreicht; für eine Zulassung seien zwölf Wartehalbjahre erforderlich gewesen. Den Härtefallantrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass ein Härtefall nur dann anerkannt werden könne, wenn die vom Bewerber nachgewiesenen Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderten.
6Der Kläger hat am 28. August 2014 die vorliegende Klage erhoben.
7Am 29. Januar 2015 hat der Kläger sich erneut um die Zulassung zum Medizinstudium beworben. Erneut stellte er einen Härtefallantrag und legte eine ergänzte fachärztliche Stellungnahme von Frau Dr. X. vom 14. Januar 2015 bei. Darin wird ausgeführt, nach der Ablehnung des Härtefallantrags zum Wintersemester sei es zu einer deutlichen Verschlechterung des depressiven Bildes gekommen. Erst in den letzten Wochen habe sich das Bild wieder etwas aufgehellt. Es sei davon auszugehen, dass das Maschinenbaustudium nicht weitergeführt werden könne, nicht etwa weil der Kläger keine Lust dazu hätte, sondern weil die ganze Studienfachwahl krankheitsbedingt gewesen sei. Eine erneute Ablehnung des Härtefallantrags, die für den Kläger ein endgültiges Scheitern seines Berufswunsches bedeuten würde, hätte eine erneute depressive Dekompensation zur Folge. Eine sofortige Aufnahme des Studiums sei medizinisch zwingend erforderlich, um eine solche Dekompensation zu verhindern. Medizinisch gesehen seien alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Es handele sich weder um eine Wiedergutmachung noch um ein Therapeutikum, sondern um den Berufswunsch eines Menschen, der krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, in früheren Jahren diesen Berufswunsch zu erkennen.
8Mit Bescheid vom 13. Februar 2015 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag abermals ab.
9Am 13. März 2015 hat der Kläger seine Klage unter Einbeziehung des vorgenannten Ablehnungsbescheides auf die Zulassung zum Sommersemester 2015 erweitert.
10Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren und die fachärztlichen Gutachten vor: Er könne sich auf krankheitsbedingte Gründe für eine sofortige Zulassung zum Studium berufen; ein Warten auf die Zulassung in der Wartezeitquote sei ihm nicht zumutbar. Erst nach dem Abklingen seiner schweren depressiven Erkrankung habe er seine krankheitsbedingt getroffene Fehlentscheidung erkennen können. Eine sofortige Zulassung sei auch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes angezeigt.
11Der Kläger beantragt,
121. die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 14. August 2014 zu verpflichten, ihn nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2014/2015 an der Universität O. zum Studium der Humanmedizin, erstes Fachsemester, zuzulassen,
132. die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 13. Februar 2015 zu verpflichten, ihn nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2015 an der Universität N1. zum Studium der Humanmedizin, erstes Fachsemester, zuzulassen,
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie macht zur Begründung geltend, der Härtefallantrag sei keine pauschale Entschädigungsmöglichkeit für im bisherigen Leben erlittene Nachteile. Psychische Erkrankungen seien in der Regel durch geeignete medikamentöse und therapeutische Maßnahmen zu behandeln. Die Gutachterin habe keine Gründe vorgebracht, warum der Kläger sein Maschinenbaustudium nicht fortsetzen könne.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
19Die Klage hat keinen Erfolg.
20Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Medizin nach den für das Wintersemester 2014/2015 oder nach den für das Sommersemester 2015 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen, so dass sich die Ablehnungsbescheide der Beklagten vom 14. August 2014 und vom 13. Februar 2015 als rechtmäßig erweisen und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Der Kläger erreicht mit einer Wartezeit von einem Halbjahr nicht die maßgebliche Auswahlgrenze. Für eine Auswahl in der Wartezeitquote (§ 14 VergabeVO) waren zum Wintersemester 2014/2015 mindestens zwölf, zum Sommersemester 2015 mindestens dreizehn Halbjahre erforderlich.
22Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 15 VergabeVO). Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 15 Satz 2 VergabeVO vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 6 VergabeVO zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten.
23Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, juris, und vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 27. März 2013 - 6z L 313/13 -, und vom 1. April 2015 - 6z L 425/15 -, juris; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1.
24Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen.
25Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, vom 27. März 2013 - 6z L 313/13 - und vom 30. November 2011 - 6z L 968/11 -, www.nrwe.de, mit weiteren Nachweisen; Berlin, in: Bahro/ Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1 ff.
26Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 15 VergabeVO vorliegend nicht dargetan.
27Festzustellen ist zunächst, dass der Umstand, dass der sofortige Studienbeginn der psychischen Stabilisierung des Klägers dienen könnte, eine Härtefallzulassung nicht tragen kann. Dass es sich – gerade bei Studienbewerbern mit psychischen Erkrankungen – im Rahmen der Therapie günstig auswirken würde, wenn das Studium sofort begonnen werden könnte, ist vor dem Hintergrund des vorstehend beschriebenen Zwecks der Härtefallregelung für sich genommen kein hinreichender Grund, einen Bewerber anderen Bewerbern vorzuziehen, die bereits länger auf einen Studienplatz warten.
28Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 4. Mai 2006 - 6 L 482/06 -, vom 7. April 2010 - 6 L 197/10 -, vom 22. Oktober 2012 - 6z L 1113/12 -, vom 27. März 2013 - 6z L 313/13 -, vom 27. Oktober 2014 - 6z L 1412/14 - und vom 1. April 2015 - 6z L 425/15 -, juris.
29Eine Zulassung gemäß § 15 VergabeVO kommt allerdings dann in Betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine Krankheit mit Tendenz zur Verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können (Ziffer 1.1 der von der Beklagten verwendeten Fallgruppen). Insoweit ist als Nachweis ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu diesen Kriterien hinreichend Stellung nimmt und Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthält.
30Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass ein Härtefall im Sinne der Fallgruppe D 1.1 vorliegt. Die von dem Kläger mit seinen Bewerbungsunterlagen eingereichten Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und für Psychotherapeutische Medizin Dr. X. vom 5. Juni 2014 und vom 14. Januar 2015 genügen den vorgenannten Anforderungen nicht. Die Gutachten enthalten zwar Angaben zur konkreten Erkrankung des Klägers und zu deren Ursachen. Die in den Gutachten enthaltenen Erklärungen zur Entwicklung der Arbeits- und Studierfähigkeit des Klägers und mithin dazu, inwieweit er die Belastungen des Studiums der Humanmedizin in Zukunft noch würde durchstehen können, sind jedoch vage und reichen für die Feststellung eines Härtefalls im Sinne der Fallgruppe 1.1 nicht aus. Insoweit verkennt das Gericht nicht, dass eine exakte Vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung eines Patienten wegen des stets individuellen Verlaufs einer jeden Erkrankung häufig kaum möglich sein wird. Dies dürfte für psychische Erkrankungen in besonderem Maße gelten. Dennoch erfordert § 15 VergabeVO, dass der Facharzt eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prognose abgibt. Entscheidend ist dabei vor allem, dass diejenigen Symptome, die für das Absolvieren des Studiums von besonderer Bedeutung sind und die Wahrscheinlichkeit ihres künftigen Auftretens im Gutachten konkret benannt werden. Angaben zu der Frage, welche Symptome in Zukunft nach statistischen Erkenntnissen oder nach der Erfahrung des Arztes mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die Unterbrechung des Studiums erzwingender Form und für einen mehr als unerheblichen Zeitraum einzutreten pflegen und inwieweit sie durch eine Therapie gelindert werden können, sind unverzichtbar, um die Voraussetzungen des Härtefalltatbestands feststellen und diejenigen Studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige Zulassung zur Wahrung der Chancengleichheit geboten ist.
31Vgl. nur VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, juris.
32Diesen Anforderungen genügen die vorgelegten Gutachten nicht. Die Fachärztin führt zunächst pauschal aus, für den Fall der Ablehnung rechne sie mit einer erneuten depressiven Dekompensation. Sodann erklärt sie, eine erneute Ablehnung würde für den Kläger „ein endgültiges Scheitern seines genuinen Berufswunsches bedeuten, d.h. es wäre zu befürchten, dass dann die depressive Dekompensation nicht mehr so schnell wie jetzt erfolgreich bearbeitet werden könnte“; es sei davon auszugehen, dass der Kläger „dann weder arbeits- noch studierfähig wäre“. Diese Ausführungen sind aus Sicht der Kammer in sich widersprüchlich oder jedenfalls sehr unklar, weil letztlich offen bleibt, ob der Kläger „endgültig“ studierunfähig wäre und bliebe oder ob die Depression nur „nicht mehr so schnell“ behandelt werden könnte. Eben dies ist aber eine für die Härtefall-Zulassung entscheidende Frage, denn es wäre zu belegen, dass „mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden“ können. Diesen Beleg erbringt das Gutachten letztlich nicht. Auch der anschließende Absatz in dem Gutachten vom 14. Januar 2015 mit den Erklärungen, der Kläger habe „keine Kompensationsmöglichkeiten mehr“ und es seien „alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft“, ermöglicht eine große Bandbreite an Deutungen. Dass die bislang erfolgreich angewendeten Behandlungsmöglichkeiten im Falle einer erneuten Ablehnung nicht mehr zur Stabilisierung des Klägers führen würden, so dass ein endgültiges Scheitern des Berufswunsches aus medizinischen Gründen anzunehmen wäre, vermag die Kammer auch diesem Absatz des Gutachtens nicht zu entnehmen.
33Der Kläger selbst hat sich zur Begründung seines Antrages auf die Fallgruppe D 1.4 der auf den Internetseiten der Beklagten genannten Regelbeispiele begründeter Anträge berufen. Die Anerkennung eines Härtefalls nach der Fallgruppe D 1.4 kommt in Betracht, wenn bei dem Bewerber aus gesundheitlichen Gründen die Aufgabe des bisherigen Studiums notwendig war und aus diesen Gründen eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit nicht möglich ist. Fraglich ist bereits, ob der Kläger sein Studium aus gesundheitlichen Gründen hat aufgeben müssen. Soweit die Fachärztin Dr. X. in ihrem Gutachten vom 14. Januar 2015 erklärt, das Maschinenbaustudium könne nicht weiter geführt werden, „weil die ganze Studienfachwahl krankheitsbedingt war“, vermag die Kammer ihren Gedankengang nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Dass der Kläger aufgrund seiner psychischen Verfassung bedauerlicherweise nicht in der Lage war, zu einem früheren Zeitpunkt den seinen Interessen am besten entsprechenden Studiengang zu identifizieren, bedeutet nicht zwingend, dass er den gewählten Studiengang nicht zum Abschluss bringen könnte, zumal er eine ganze Reihe der erforderlichen Studienleistungen bereits erfolgreich erbracht hat. Nicht ersichtlich ist jedenfalls, warum der Kläger die Wartezeit nicht sinnvoll sollte überbrücken können. Eine Vielzahl von Bewerbern um einen Medizinstudienplatz überbrückt die Wartezeit durch Ausbildung und Tätigkeit in einem medizinnahen Beruf wie Krankenpfleger, Rettungsassistent, Labortechniker etc. Dies gibt dem Bewerber die Gelegenheit, seine Studienfachwahl zu überprüfen und wertvolle Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Gesundheitsversorgung zu erlangen. Darüber hinaus ist eine entsprechende Ausbildung und Berufstätigkeit geeignet, die Chance auf eine Studienzulassung im Auswahlverfahren der Hochschulen an etlichen Hochschulen zu verbessern. Dass dem Kläger dieser Weg aufgrund seiner Erkrankung nicht offen steht, hat die Fachärztin nicht plausibel gemacht.
34Nachdem dem Kläger kein Studienplatz im Fach Humanmedizin zugeteilt werden kann, erübrigen sich Ausführungen zu dem ebenfalls gestellten Antrag auf bevorzugte Berücksichtigung des ersten Studienortswunsches (Ortsantrag A).
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.